LFI Magazin 6/2017 D

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AU G U ST | S E P T E M B E R

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L E I C A F O T O G R A F I E I N T E R N AT I O N A L

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Brix & Maas Stanley Greene Clara Vannucci Johnny Pigozzi

Frédéric Stucin


Mehrfacher Gewinner des TIPA-Awards

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96 | Lfi . Galerie

8 0 | L e i c a TL 2

Das Palette-Gear-System verhilft zu einem effizienten Workflow beipräsender Über 20 000 Fotografen tieren in der LFI-Galerie über Bildbearbeitung und in vielen anderen Bereichen. Das System umfasst 300 000 Bilder. In diesem Heft: in verschiedene Module, mit denen man die unterschiedlichsten Funktionen Sonne, Strand und Meer Lightroom oder Photoshop bedienen kann.

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Unknown, 1988: aus dem Buch Pool Party von Johnny Pigozzi

1 0 8 | Au s st e l lu n g e n Tobias Zielony, Wuppertal; Josef Koudelka, Berlin; Herlinde Koelbl, Ulm; Alec Soth und Peter Bialobrzeski, Hamburg

Frédéric Stucin 6 | Diane

Besuch auf der Galopprennbahn schreit Art.-Nr.:Ein 31514388 Art.-Nr.: 49998146 in Chantilly Art.-Nr.: 49994722 nach extravaganten Outfits. Eine Porträtserie Rounflash RingSpider Pro COOPH T-Shirts

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Johnny Pigozzi

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Langsam steigt das Wasser wieder im Aralsee. Ein Segen für die Fischer und das Leben an den Ufern

Stanley Greene

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Coverfoto: Frédéric Stucin,

aus der Serie Diane

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LF I - b l o g

s ta rt me u p E i n m u s i k a l i s c h e r F o t o Sc h at z

Europa-Auftakt der Tattoo You-Tour der Stones. Rotterdam, 2. Juni 1982

Mit der 1981 in den USA gestarteten Tattoo You-Tour setzten die Rolling Stones in puncto Rock-Show und -Vermarktung neue Maßstäbe. Zum Auftakt der Europa-Etappe im Sommer 1982 reiste der Fotograf Udo Weger nach Rotterdam, um Bilder für die Vorberichterstattung zum Konzert in Hannover zu machen. Ausgerüstet mit einer Leica R3 und einer R4 war Weger damals einer von 70 akkreditierten Fotografen. Wie üblich konnten sie drei Songs lang vom Bühnengraben aus fotografieren. Durch einen glücklichen Zufall gepaart mit einer Portion Unerfahrenheit und Neugier gelangte Weger jedoch in den Innenraum der Bühne. Dort schoss er gleich beim ersten Song, Under My Thumb, spektakuläre Aufnahmen von Mick Jagger, die er vom Graben aus nie hätte machen können. Diese bisher unveröffentlichten Fotografien und ein Interview mit dem Fotografen sehen Sie jetzt auf dem LFI-Blog. lfi-online.de/blog

Contributor

Durch einen Freund erfuhr der niederländische Fotograf Lieven Engelen von dem Staudamm am Kleinen Aralsee, der das Wasser langsam wieder steigen lässt. Schnell war klar, dass er diese Geschichte fotografisch begleiten wollte. Mit seiner Leica war er ganz nah dran am Alltag der Fischer in dem Dorf Tastubek. Das manuelle Scharfstellen der Kamera hat ihm die Arbeit erleichtert: „Es erlaubt dir, sich ganz in dem zu verlieren, was vor dir geschieht und nicht abgelenkt zu werden.“ 4 |

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J e a n „ J o h n n y“ P i g oz z i Den Bildern in seinem Fotobuch Pool Party hat Johnny Pigozzi eine faksimilierte Liste der Dinge vorangestellt, die ihn zum Swimmingpool, den seine Eltern auf dem Anwesen der Familie im südfranzösischen Antibes 1953 ausheben ließen, eingefallen sind: Bikinis, Reggae, Eistee, Tauchen, aufblasbares Spielzeug, italienisches Essen, Freunde, Geburtstage, Mai, Juni, Juli, August, September, Flip-Flops, Ferien, Roséwein, wasserdichte Kameras etc. Der Sommer kann kommen!

C l a ra Va n n u cc i

In Eritreas Hauptstadt Asmara kann man sich wie im Italien der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fühlen. Das ging Clara Vannucci nicht anders: „Als ich angekommen war, bemerkte ich sofort, dass das Straßenpflaster exakt das gleiche war wie in den Dörfern der Versilia, der toskanischen Küstenlandschaft, in der ich als Kind die Ferien verbracht habe. Das war die erste Ähnlichkeit, die ich in einer Stadt bemerkt habe, die so weit von zu Hause weg ist, aber gleichzeitig doch so nah.“

Fotos: © Didier Bizet, © Jean Pigozzi, © Michele Fossi

L i E ve n E n ge l e n


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L e i cA S

Frédéric Stucin Diane

Seit 1843 wird auf der Galopprennbahn von Chantilly um den Prix de Diane gekämpft. Bis heute ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem Pferdesport auf höchste modische Extravaganz trifft. Eine Mode-Safari.





Nur einen Tag hatte Frédéric Stucin Zeit auf der Galopprennbahn von Chantilly: „Mich interessieren nur die Menschen. Aber erst das Rennen machte es mir überhaupt möglich, die gut gekleideten Besucher zu treffen.“

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Es waren natürlich die Damen, die bei dieser Parade mehr Mut für extravagante Kopfbedeckungen zur Schau stellten – die Männer waren zumeist nur dezente Begleiter oder gar graue Staffage, die, Kleidung und Hüte betreffend, sich distinguierte Zurückhaltung auferlegten

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Frédéric Stucin Der französische Fotograf hat ein Auge für das besondere Porträt – ganz gleich ob Politiker, Star oder vorbeieilender Passant auf einem Bahnhof. Ihn interessiert immer zuerst der Mensch, das Individuelle, ein spezifischer Ausdruck. 1977 in Nizza geboren, absolvierte er ein Studium der Fotografie an der École nationale supérieure Louis Lumière. Heute lebt er in Paris und ist u. a. an dem Projekt La France vue d’ici beteiligt.

frede r i cstu c i n .co m LFI -O nl i n e .D E / B log : Ein Bild und seine geschichte

Equipment: Leica S007 mit

Apo-Macro-Summarit-S 1:2.5/120 mm; Profoto B1 Blitz und Beauty Dish

Vermutlich dürften die meisten Liebhaber von Pferderennen den Verdacht weit von sich weisen, dass sie nur deshalb auf dem Rennplatz seien, weil sie exklusive Kopfbedeckungen präsentieren wollten. Schaut man allerdings auf die Serie des französischen Fotografen Frédéric Stucin, so scheint dieser Verdacht nicht allzu weit hergeholt zu sein. Die porträtierten Damen und Herren stehen in einer langen Tradition, denn Pferderennen und Hüte gehören zusammen, und das gilt, seit vielen Jahrzehnten, ganz besonders auch für Frankreich. Beginnend mit Henri Meurisse oder den drei Séeberger-Brüdern, die Anfang des 20. Jahrhunderts für ihre exklusiven Society-Porträts berühmt wurden, waren die Pferderennbahnen seither begehrte Plätze für Reportagen über die feine Gesellschaft. Nur allzu gerne ließen sich vor allem die Damen in ihren üppigen Roben und neuesten Kreationen ablichten – mit den ersten Aufnahmen aus den bevorzugten Revieren der Hautevolee entstand so bereits im 19. Jahrhundert neben der Reportagefotografie fast nebenher auch das Genre der Modefotografie. Allerdings noch gänzlich ohne professionelle Models, sondern mit Repräsentanten der oberen Klasse, die sich in eigenen Kleidern ablichten ließen. Bis heute stellen sich bei den passenden Gelegenheiten die gleichen Fragen: Wer hatte den schrägsten Einfall? Wer trägt den kreativsten Entwurf? Aber vor allem: Wer sorgt für die größte Aufmerksamkeit? Geblieben ist den Akteuren das Vergnügen zu (re-) präsentieren, die Lust an der Pose und dem großen Auftritt. Der Prix de Diane gehört zu den bekanntesten Pferderennen in Frankreich. Es wird jedes Jahr im Juni in Chantilly ausgetragen. Seit 1843 steht dieses Ereignis schon in den Terminkalendern der Liebhaber des Pferdesports, doch nicht nur dieser Personenkreis wird magisch von dem Namen der römischen Göttin der Jagd, Diana, angezogen, denn schon immer war die Rennbahn von Chantilly geprägt vom Zusammentreffen sportlicher Leistung und modischer Eleganz.

Und so fand auch Frédéric Stucin hier das perfekte Jagdrevier für seine Porträtserie, die 2016 als Teil des kollektiven Fotografieprojekts La France vue d’ici entstand. Die Pferderennen sind nur der Anlass für rund 30 000 Gäste, zum Prix de Diane zu pilgern, denn der gepflegte Rasen wird auch für üppige Picknicks oder Konzerte genutzt. Ein idealer Ort für Selbstdarsteller also, sich vor amüsiertem Publikum in Szene zu setzen. Ganz zwanglos konnte sich der Fotograf unter die Gäste mischen: „Ich wählte die Personen nach dem Hut aus, aber vor allem auch nach dem Gesicht, dem Blick. Fand ich sie interessant, habe ich sie um ein Porträt gebeten. Es war reiner Instinkt.“ Ob üppiger, mit enormen Rosenbouquet gekrönter Hut oder transparente Organza-Haube, ob ausladender Paradehut oder schlichtes Strohgeflecht, ob verspieltes Schleierhütchen oder Rehbock-Geweih: Die Vielfalt extravaganter Ideen war überwältigend. Das Aufnahmeprocedere war dann sehr schnell vollzogen, denn Stucin benötigte für sein Freiluftstudio nur einen weißen Hintergrund. Nach ein oder zwei Minuten war die Aufnahme mit einer Leica S007 gemacht. Die Leute hatten Spaß, sich an dem Spiel zu beteiligen: „Es gab viele reiche Leute, aber nicht nur. Auch Menschen mit bescheideneren Mitteln nutzten das Ereignis, um einmal im Mittelpunkt zu stehen und ein wenig Ruhm zu erhaschen. Es war sehr berührend.“ Der Kontext des Pferderennens ist auf Stucins Motiven komplett ausgeblendet, denn für ihn zählt nur das Porträt. Und so schauen sie uns nun an: direkt, eher reserviert und ein wenig skeptisch. Kaum ein Lächeln, aber mit großer Würde und Eleganz im Bewusstsein eines besonderen Augenblicks. Herausgelöst aus dem Trubel des Events, werden die Porträts so zu zeitlosen Facetten individueller Grandezza in einem großen Panorama modischer Inszenierung. Ulrich Rüter

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Johnny Pigozzi

pool pa rt y


Die Prominentendichte an der Côte d’Azur dürfte eine der höchsten der Welt sein, aber zu Gesicht bekommt man die Reichen und Schönen nur selten. Es sei denn, man heißt Johnny Pigozzi und besitzt einen Pool …

Von oben im Uhrzeigersinn: Caroline Grimaldi (Prinzessin), Bernardo Bertolucci (Regisseur) und Fanny Ardant (Schaupielerin) 1990; David Geffen (Multi-Entrepreneur) und Allen J. Grubman (Anwalt) 1972; Kristen McMenamy (Model) 1991. Vorherige Seite: Elle „The Body“ Macpherson (Model) 1991

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Von links oben im Uhrzeigersinn: die Musiker The Edge, Michael Hutchence und Bono 1994; Shep Gordon (Agent), Jean „Johnny“ Pigozzi, Michael White (Produzent) und The Lovely Hawaiian Tropic Models 1993; die Schauspielerinnen Sharon Stone und Mimi Craven 1992 – Selfieposen gab’s schon lange vor dem Smartphone

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Von links im Uhrzeigersinn: Was haben wir gelacht … Helmut Newton (Fotograf) und Mick Jagger (Musiker) 1990; Michael Douglas (Schauspieler) 1990; zwei Unbekannte von 1994. Vorherige Seite: Xin Li 2009. Das frühere Model ist heute stellvertretende Leiterin des Asiengeschäfts von Christie’s

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Von oben im Uhrzeigersinn: Agent Irving Paul „Swifty“ Lazar mit Ehefrau Mary als Hahn im Korb 1982; Willy Rizzo (Fotograf, Designer), Ahmet Ertegün (Musikmanager) und Nan Kempner (Salonlöwin) 1988; Charles Saatchi (Kunsthändler) 1989

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Der amerikanische Fashion-Fotograf Bill King und Model Yasmin Le Bon bei einem Shooting für die Vogue 1986. Die Britin war eines der Supermodels der 1980er-Jahre

je a n „ J o h n n y“ P i g o z z i Geboren 1952 als Sohn des französisch-italienischen Autofabrikanten Henri Pigozzi. Er lebt als Unternehmer, Philanthrop und Kunstsammler in Paris, New York und Panama. Seit 1972 tritt der frühere Filmproduzent und Freund vieler Stars auch als Fotograf in Erscheinung. Zumeist in Schwarzweiß nimmt Pigozzi sein Umfeld und seinen prominenten Freundeskreis auf, die er in Ausstellungen und Fotobüchern präsentiert.

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LFI: Herr Pigozzi, was ist das Besondere an diesem Swimmingpool, dass Sie ihn zum Protagonisten eines Fotobuches erkoren haben? Johnny Pigozzi: Ich habe meine ganze Kindheit an diesem Pool verbracht, den meine Eltern vor 65 Jahren ausheben ließen. Ich habe unentwegt am Beckenrand fotografiert. Vor zwei Jahren habe ich gesagt, dass ich mit diesen Aufnahmen ein Buch machen sollte. Das Faszinierende daran ist, dass der Pool auf allen Bildern des Buches präsent ist. Stets sieht man die Kacheln und Linien am Boden. Die Bilder wirken dadurch sehr konzeptionell. Die Menschen kommen und gehen, aber der Pool bleibt immer gleich. Er ist wie eine Bühne. Den Bildern haben Sie eine Liste all der Dinge vorangestellt, die Ihnen zu dem Pool eingefallen sind: FlipFlops, Reggae, Rotwein … Ist der Pool für Sie ein Symbol der Leichtigkeit des Lebens? Er steht für ein sommerliches Lebensgefühl in Südfrankreich. Man spricht am Pool nicht über Geschäfte, Hightech oder Politik. Man spricht einzig über Ferien. Und die sind dort wirklich nicht ohne, glauben Sie mir!

Fotos: © Jean „Johnny“ Pigozzi

Der Swimmingpool ist seit Jahrzehnten ein wichtiges Emblem der Pop-Kultur, man denke nur an Filme wie La Piscine oder Swimming Pool. Ja, das ist ein riesiges Filmthema. Es gibt auch einen berühmten Film mit Burt Lancaster, The Swimmer, der in Connecticut durch jeden Pool schwimmt, der ihm in die Quere kommt, bis er zu Hause ist. Oder denken Sie an David Hockney. Der Pool ist ein wichtiges Motiv seiner Gemälde. Hockney hat einmal gesagt, dass es eine Herausforderung sei, das Licht auf den sich verändernden Wasseroberflächen zu malen. Wie ist das, wenn man dieses Licht in das Medium Fotografie übersetzt?

In meinem Fall war das nicht so schwer. Ich habe nichts inszeniert. Und ich fotografiere meist Schwarzweiß. Ich mag den harten Kontrast von Beckenrand und Wasser. Schaut man genauer hin, hat man den Eindruck, das Ganze sei eine einzige große Fläche. Ich sehe gern auf Wasser. Es gibt nicht zwei Wellen, die gleich wären. Das macht es für mich interessant. Was brachte Sie zum Fotografieren? Mein Vater schenkte mir zum neunten Geburtstag meine erste Leica. Sie war eine echte Herausforderung für mich. Man musste bei der alten Kamera das Objektiv herausziehen, das vergaß ich immer wieder. Es war das gleiche Model, das auch Cartier-Bresson während des Zweiten Weltkriegs genutzt hatte. Sie war schwer zu bedienen. Später hatte ich eine M2 und eine M6. Ich liebte sie, aber auf meinen Reisen wurden viele Filme am Flughafen zerstört. Eines Tages dachte ich, es sei genug, und stieg auf eine digitale Leica um. 1972 eröffnete Ihre erste Ausstellung und Sie lernten in jener Zeit Andy Warhol kennen. Hat er Ihre Idee der Fotografie beeinflusst? Damals fotografierte Warhol unentwegt. Er lehrte mich eine neue Freiheit beim Erstellen der Bilder – eine noch größere Freiheit, als ich sie ohnehin schon verspürte. Ich lernte von ihm, die Dinge nicht zu ernst zu nehmen. Man fotografiert nur, um Spaß zu haben. Und man sollte auch kein Kunstprojekt daraus machen, wenn es funktioniert, funktioniert es, wenn nicht, ist es auch O.K. Und er brachte mir bei, möglichst kleine Kameras zu verwenden. Paparazzi nutzen große Kameras. Aber die ängstigen die Leute. Greift man zu einer kleinen Kamera, wird dein Gegenüber nicht nervös. Ein anderer Ihrer Freunde, Helmut Newton, tauchte oft auf Ihren PoolPartys auf. Haben Sie mit ihm über Fotografie gesprochen? Sicher, auch Helmut brachte mir bei, die Fotografie nicht zu ernst zu nehmen. Man sollte sie nicht mit Malerei oder Zeichnen vergleichen. Erinnern

Sie sich an das Buch A Gun for Hire? So ungefähr sah Helmut die Sache mit der Fotografie. Ich mochte auch, dass er stets einfache Kameras nutzte. Und seine Bilder nahm er nur aus dem Grund auf, weil sie ihm Spaß machten. Dennoch hat er stets auf die Details geachtet. War links im Bild auch nur eine winzige Blume zu sehen, hat er sie eliminiert. Er bat dann das Model, etwa den Arm ein wenig nach links zu heben. Ich fotografiere komplett anders. Bei mir ist nichts gestellt, ich mag „natürliche“ Bilder. Ich nutze zum Beispiel niemals künstliches Licht – schon aus dem einfachen Grund, dass ich gar nicht weiß, wie man das macht. Vielleicht war mein eigentlicher Einfluss Robert Frank. Wirklich? Ist Frank jemals auf eine Ihrer Partys gekommen? Nein. Ich habe ihn nur einmal kurz während meines Studiums in Harvard getroffen. Er ist mein Lieblingsfotograf. Er ist mit einer kleinen Leica durch die ganze USA gereist. Auf seinen Bildern kann man regelrecht spüren, wie nah er den Menschen kam. Er nutzt zum Beispiel niemals Teleobjektive. Er tritt direkt in Kontakt und schafft eine Verbindung. Ich glaube, man sieht es, ob ein Fotograf Leica oder Nikon nutzt. Letztere verwenden oft lange Brennweiten, viele Leica-Fotografen dagegen 35- oder sogar 28-mmObjektive. Das ist eine vollkommen andere Art der Fotografie. Keines der Bilder in meinem Buch ist mit langer Brennweite aufgenommen worden. Den Menschen ist also stets bewusst, dass ich sie fotografiere. Ich stehe ihnen einen Meter gegenüber. Man kann mit einer Leica sehr schnell sein. Ich denke, das ist der wesentliche Unterschied. Interview: Ralf HANSelle LFI-On lin e.DE /B log: Slideshow mit weiteren Bildern vom Pool Joh n n y Pigozzi: pool Part y

192 Seiten, ca. 135 Farb- und Schwarzweißabbildungen, 18,6 × 23,2 cm, englisch, Rizzoli

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Brix & Maas Te p h r a

Raue Landschaftsaufnahmen, die auf Lanzarote und Fuerteventura entstanden sind, kombiniert das Fotografenduo Aglaja Brix und Florian Maas mit Beauty Shots aus ihrem Studio in Berlin. Damit schufen sie ein Beispiel dafßr, wie gut sich Gegensätze anziehen.


„Malerei, speziell aus der Epoche der Renaissance und dort wiederum von da Vinci, inspiriert uns – vor allem was Posen oder Lichtszenerie betrifft.“

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„Wir hören oft, dass unsere Bilder etwas Filmisches haben, worüber wir uns immer sehr freuen. Denn unseren Stil beschreiben wir selbst gern als cineastisch.“

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„Wir probieren immer gern verschiedene Stilelemente aus und mischen sie auch oft innerhalb einer Strecke, um damit Vielfalt oder Spannung aufzubauen.“

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„Tephra ist unsere erste Arbeit, die konzeptionell bewusst an zwei verschiedenen Settings entstanden ist und deren Teile direkt kombiniert wurden.“

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Ag l a j a B r i x Florian Maas Brix, Jahrgang 1990, und Maas, Jahrgang 1987, sind gebürtige Hamburger. Sie sind in der Stadt aufgewachsen und dort lernten sie sich auch im KommunikationsdesignStudium kennen. 2014 erwarben sie ihren Bachelor mit dem Schwerpunkt Fotografie. „Anfangs haben wir uns gegenseitig bei Fotoarbeiten assistiert. Dabei haben wir schnell gemerkt, wie gut wir uns ergänzen.“

br i xa n dmaas.co m LFI -O nl i n e .D E / B log : Slideshow mit weiteren Bildern aus der serie

Styling: Aglaja Brix HaARE & Make-Up: Lena Schleweis MODEL & MUSe: Josefin Herrmann Equipment: Leica SL mit Vario-Elmarit-SL 1:2.8–4/24–90 mm Asph

Eine nahezu menschenleere Mondlandschaft mit vor Urzeiten in sich zusammengesackten Vulkankratern. Über der roten Erde inszenieren Wind und Wolken ein schnell wechselndes Licht- und Schattenspiel. Daneben das Close-up eines geöffneten Mundes, die Lippen teils in einem Korallenton geschminkt, an einen Krater erinnernd. Ein glänzend schwarz geschminktes blaues Auge neben einem von dunklem Vulkangestein eingefassten Wasserloch. Oder ein Dreiviertelporträt mit Blick auf über Felsen aufschäumende Gischt, beides in Schwarzweiß – in ihrer von Kontrasten durchzogenen Serie Tephra bringen Aglaja Brix und Florian Maas mehrere Gegensätze unter einen Hut: die herbe Natur der Kanarischen Inseln und die ebenmäßige Harmonie in den Zügen einer jungen Frau, in diesem Fall des Models Josefin Herrmann. Kern der Geschichte bilden die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft. Tephra ist aus zwei Serien zusammengestellt, eine Premiere in der Arbeitsweise der beiden. „Die besondere Eigenheit dieser Strecke ist, dass die Bilder an unterschiedlichen Orten getrennt voneinander entstanden sind“, erklärt Brix. „Die Naturaufnahmen haben wir auf Lanzarote und auf Fuerteventura produziert, die BeautyAufnahmen hingegen etwas später in unserem Berliner Studio.“ Im Vorfeld der Produktion flossen etliche Gedanken der Fotografen in ihr jeweiliges kreatives Konzept, ohne jedoch den Raum für spontane Einfälle zu sehr einzuschränken. „Während wir auf den Kanaren die Naturmotive fotografiert haben, wussten wir aber bereits, dass wir später dazu Beauty-Motive fotografieren wollten, die mit Elementen und Kompositionen aus den Landschaftsaufnahmen spielen. Dieses erstmals von uns umgesetzte Konzept der Gegenüberstellung der Fotomotive war im Vorwege geplant“, erläutert Maas. „Eigentlich war der Anlass für unseren einwöchigen Fototrip auf die Kanaren, ein Musikvideo für die Band Nachtschaden zu drehen, das auf der Website des S Magazins veröffentlicht wurde“, berichtet er.

Videodrehs sind eine Passion des Duos. Zu seiner Strecke Don’t Care (veröffentlicht im S Magazin 9 Lookbook) drehten sie eine Filmsequenz, die, wie das Nachtschaden-Video, mit der SL entstanden ist. Im Zuge der Beschäftigung mit den jeweiligen Grenzen und Vorzügen von Bewegtbildern und Fotografien kristallisierte sich für die beiden Folgendes heraus: „Richtige Fotos können eigentlich auch Stills sein. Das Entscheidende wird mit der Location erzielt oder mit der Kleidung. Die Reihenfolge der Story, das Zusammenspiel ist wichtig“, sagt Maas. „Aus einer Filmsequenz ein Motiv auszuwählen ist okay, aber es kommt auf das Framing an“, erklärt er weiter und Brix ergänzt: „Bei Fotos gibt es diesen einen Frame, auf den das Konzept hinausläuft.“ Bei der Konzeption seiner Strecken holt sich das Duo gern Inspiration bei dem britischen Mode- und Dokumentarfotografen Nick Knight, der für seine aufwendigen Inszenierungen im Bereich Modefotografie und die Covershoots für Popgrößen wie Björk und David Bowie bekannt ist. Auch der surreale, märchenhafte Stil des Briten Tim Walker oder die eklektizistischen Strecken des Spaniers Txema Yeste bringen die Fotografen auf neue Ideen. „Natürlich gibt es auch noch andere, die nicht unbedingt aus der Modefotografie kommen müssen, die uns inspirieren. Beispielsweise Andreas Feininger, dessen Einfluss besonders auf den Stills, die wir immer wieder gern in unsere Strecken einbauen, zu erkennen ist. Auch Man Ray und die Künstler des Dadaismus können uns beeinflussen.“ Eine der größten Inspirationsquellen überhaupt sind jedoch die jeweiligen Locations, an denen Brix und Maas ihre Produktionen planen, oder die sie auf Reisen zufällig entdecken. „Die Natur ist immer ein toller Ort, wir mögen aber auch urbane, architektonische oder industrielle Szenerien – Hauptsache der Ort inspiriert uns!“ Carla Susanne Erdmann

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Clara Vannucci C i n em a i m p e r o

Eritrea, das kleine Land am Horn von Afrika, ist eines der ärmsten des Kontinents. Die Hauptstadt Asmara jedoch fasziniert durch ein besonderes Erbe: Italienische Kolonialarchitekten errichteten dort ein Ensemble moderner Architektur, das bis heute seinen, wenn auch maroden, Charme nicht verloren hat.

In Asmara gibt es neun Lichtspielhäuser: der Zuschauerraum des Cinema Roma, 1935 und 1944 von Roberto Cappellano und Bruno Sclafani erbaut

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Von links oben im Uhrzeigersinn: das Cinema Impero, ein Kino im Art-déco-Stil; Besucher des Cinema Odeon; der Markt von Asmara, 1938–1952 von Ferruccio Mazzanti, Giuseppe Arata und Guido Ferrazza erbaut; nächtliches Treiben auf der Straße und in einer Bar lFI

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Straßenszene in Massawa, die eritreische Hafenstadt wurde während des Äthiopienkriegs vollständig zerstört


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Von links oben im Uhrzeigersinn: Eine Frau bereitet im Markt einer Karawanserei eine Gewürzmischung zu; orthodoxe Hochzeit in Massawa; Marktszene in einer Karawanserei, 1915 von Italienern als Handelsplatz für fahrende Händler in Asmara errichtet; Brautpaar in Massawa lFI

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Das ehemalige italienische Restaurant Il Fungo in Asmara, ein bekanntes Lokal mit Panoramasicht über die zentrale Stadtanlage der eritreischen Hauptstadt

C l a r a Va n n u cc i Die 1985 geborene Italienerin studierte zunächst Architektur, bevor sie sich in ihren fotografischen Arbeiten dem Strafrechtssystem widmete. Sie verfasste u. a. die Reportage Crime and Redemption in Volterra sowie eine Arbeit über das Frauengefängnis Rikers Island Jail im Bundesstaat New York. Neben ihrer Tätigkeit als Fotografin für Magazine und Zeitungen arbeitet sie als Dozentin für Fotografie für Inhaftierte im Hochsicherheitsgefängnis in Mailand.

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Es ist eine Zeitreise. Zurück in ein Italien aus der ersten Hälfe des 20. Jahrhunderts. Herrschaftliche Bauten, mondäne Kinos, Hotels und Cafés. In fast jeder Bar in Asmara steht eine auf Hochglanz polierte Kaffeemaschine mit dampfenden Düsen. Dort werden Cappuccino und süß gefüllte Bomboloni serviert, in zahlreichen Restaurants stehen Pizza und Pasta auf der Speisekarte. Rein geografisch ist Italien allerdings weit weg. Knapp 4000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem südeuropäischen Land und der Hauptstadt von Eritrea. Und doch ist das italienische Erbe in der einstigen Kolonie im Nordosten Afrikas kaum zu leugnen. Die Kolonialherrschaft währte von 1890 bis 1941, als sich die Italiener am 1. April den Briten in Asmara geschlagen geben mussten. Dort, in Asmara hat Clara Vannucci ihre Serie realisiert. Nachdem die Italiener Asmara 1911 zur Hauptstadt Eritreas gemacht hatten, verfünffachte sich binnen kurzer Zeit ihre Einwohnerzahl – vor allem durch eine stete Zuwanderung aus Italien. Der folgende Bauboom hinterließ deutliche Spuren: Die Mitte der 1930er-Jahre entworfenen Gebäude sind im Art déco, im neoklassizistischen Stil, viele auch im Stil des Rationalismus gehalten. Mit dieser dichten und intakten Ansammlung von Gebäuden der klassischen Moderne bewirbt sich Asmara gerade um die Aufnahme in das Unesco-Weltkulturerbe. Vannucci zeigt auch diese Ausprägungen, dokumentiert die kühne und kühle Bauweise, deren mit bekanntestes Beispiel das von Mario Messina 1937 realisierte Cinema Impero ist. Cinema Impero nennt Vannucci auch ihre Serie, doch ihre Absicht ist es nicht, diese imperialistische Architektur zu zeigen, die sich – über traditionelle Strukturen jeglicher Art hinwegsetzend und die Rassentrennung propagierend – damals etablierte und heute große Teile der Stadt im Sinn des Wortes „beherrscht“.

Vielmehr versucht die Fotografin, ein vielschichtiges Gesamtbild dieser verblüffenden afrikanischen Metropole zu skizzieren – mit nur wenigen Nahaufnahmen, meist aus der Totalen. „70 Jahre nach dem Ende der Kolonialzeit versuche ich mit meinem Fotoprojekt die Situation eines Landes zu beschreiben, eines kaum bekannten Landes, aus dem bereits Millionen Menschen nach Europa geflüchtet sind. Es ist ein Land, das nicht nur durch seine Architektur, die das beste Beispiel für die Stilbewegungen des Futurismus und des Rationalismus ist, sondern auch die alten Traditionen der italienischen Kultur am Leben erhält.“ Entstanden ist ein aktuelles Stadtporträt. Eines, das von dem italienischen Erbe erzählt, von seinen Traditionen genauso wie vom Alltag in der Gegenwart. Eines, in dem die Mobiltelefone noch kaum Einzug gehalten haben, eines, in dem die Männer in den Cafés sitzen, während die Frauen den Haushalt führen, eines, in dem Strom und Wasser täglich nur ein paar Stunden verfügbar sind. Eines, in dem christlich-orthodoxe Hochzeiten gefeiert werden und junge Männer in Nachtclubs feiern gehen, eines, in dem die rege bespielten Kinos mit ihren teilweise riesigen Zuschauersälen noch der zentrale soziale Treffpunkt sind. Asmara, so erzählen Vannuccis Aufnahmen, ist eine Stadt, in der die Gelassenheit regiert. Wo man gemütlich durch wenig befahrene Straßen schlendern kann. Friedlich und ruhig sieht es hier aus und ein bisschen aus der Zeit gefallen. Im Februar 2016 war Vannucci drei Wochen lang vor Ort, auf den Spuren ihres Großvaters, ein Arzt, der in den 1920er-Jahren nach Eritrea gezogen war. Lange hatten die Fotografien von damals im Schrank gelegen, bis Vannucci sie wiederentdeckte. Sie weckten nicht nur die Neugier der Fotografin, sondern auch ihre Reiselust und die Sehnsucht, diesem fernen, nahezu unbekannten Land mit der eigenen Kamera, einer Leica Q, nachzuspüren. „Ich fand es wichtig, das Land aus einem anderen Blickwinkel heraus zu beschreiben. Natürlich, ohne dabei

die Geschichte zu vergessen. Weder die italienische, die äthiopische oder die eritreische.“ Dass sie Italienerin ist, hat ihr bei dieser fotografischen Bestandsaufnahme geholfen. In Asmara befindet sich mit 1200 Schülern die größte italienische Schule außerhalb Italiens. Die meisten Menschen sprechen noch oder wieder die Sprache ihrer einstigen Kolonialherren. Und dennoch reagierten einige misstrauisch, erinnert sich Vannucci: „Schließlich sind Menschen, die Fragen stellen und Fotos machen, in einer Diktatur nicht gern gesehen.“ Denn, was man beim Betrachten der Aufnahmen, die in ihrer eleganten Beiläufigkeit ein fast ungetrübtes Dolce Vita in Afrika suggerieren, leicht vergisst: Heute gilt Eritrea als Nordkorea Afrikas. Pressefreiheit besteht praktisch nicht. Die Infrastruktur liegt am Boden, Menschenrechtler klagen über Folter, das Nachbarland Äthiopien bleibt Feindbild Nummer eins. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Vereinten Nationen entschieden, die Provinz Eritrea dem größeren Nachbarn anzugliedern. Der Krieg um die Unabhängigkeit endete erst 1991, er hatte 30 Jahre gedauert. Die Ereignisse der Vergangenheit werden für immer kaum greifbare Zwischentöne bilden, die sich jeder fotografischen Dokumentation entziehen. Jahrzehntelang von Krieg und Notstand gebeutelt, ist Eritrea heute eine der ärmsten Nationen der Welt. Es ist aber – als würde es damit allem Elend und aller Willkür trotzen wollen – auch ein Land mit einer faszinierenden Hauptstadt. In der sich Leben, Alltag und Kino bescheiden vereinen: irgendwo zwischen Improvisation und imperialistischen Insignien. katrin ullmann

claravan n u cc i.com LFI-On lin e.DE /B log: Ein Bild und seine geschichte Equipment: Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm Asph

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Lieven Engelen A new Spring h a s a r r i ved

Das Verlanden des Aralsees ging als eine der größten Umweltkatastrophen in die Geschichte ein. Nun erweckt ein Staudamm den kasachischen Teil des Sees zu neuem Leben. Auch die Fischerfamilien können nun wieder ihrer früheren Tätigkeit nachgehen.

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Noch immer muss man eine Weile fahren, um das flache Ufer zu erreichen. Und das Wasser bleibt flach. Fährt man mit dem Auto am Ufer weiter, tauchen irgendwann die Schiffe auf, die wie gestrandete Wale auf dem Grunde des ausgetrockneten Sees liegen. Wenn man Pech hat, weht ein starker Wind und treibt einem den giftigen Staub in Augen, Nase und Ohren. Ist das der Platz, an dem ein Wunder geschieht? Ja, das ist er. Genau hier. Einst war der Aralsee der viertgrößte Binnensee der Erde, halb in Kasachstan, halb in Usbekistan. Die Industrie an seinen Ufern florierte und die Menschen lebten vom Fischfang: Die Männer gingen fischen und die Frauen verarbeiteten den Fang in den Fabriken. Dann entwickelte sich genau hier eine Umweltkatastrophe biblischen Ausmaßes. Für die Bewässerung der neu angelegten Baumwollfelder zapften die Sowjets die Zuflüsse des Sees an – mit verheerenden Folgen. Der See trocknete langsam aus, die zehn Prozent verbliebenes Wasser waren so salzig, dass kein Fisch außer der Flunder überlebte. Zurück blieb Staub, mit Pestiziden versetzt, der die Menschen in seiner Umgebung krankmachte. Wer konnte, floh in die Städte oder ans Meer. Diese Geschichte kannte ich. Dann erzählte mir ein Freund eine andere: Ein Staudamm erweckt den kasachischen Teil des Sees zu neuem Leben – das Wasser kehrt zurück und mit ihm die Fischer. Diese Geschichte sollte erzählt werden, das war mein erster Gedanke. Es waren wir Menschen, die den See zerstört haben, aber es waren auch wir Menschen, die ihn wieder zum Leben erweckt haben. Damit war die Idee geboren, das zu dokumentieren. Tatstubek ist ein Dorf in der nördlichen Region des Aralsees, etwa 20 Häuser stehen dort. Lediglich eine Straße führt hindurch und nach einer etwa zwanzigminütigen Autofahrt stehe ich am See. Eine weite Reise liegt hinter mir. Ich habe ein Flugzeug von Amsterdam nach Paris genommen, von dort flog ich weiter nach Astana und Qysylorda. Nun trennte mich noch eine siebenstündige Zugfahrt von Aral, von wo aus ich dann weiter nach Tatstubek reisen konnte. Obwohl es sich dabei nur um 90 Kilometer Entfernung handelt, braucht es dafür annähernd vier Stunden. Es geht über holprige Spuren durch das ehemalige Bett des Aralsees. Wo früher Wasser war, ist heute eine Staubwüste. Im Winter wäre die Reise beschwerlich, erzählt man mir. →

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Rechts: Ainur ist die Schwägerin von Nurzhan Seitbenbetova. Ohne fließendes Wasser bereitet sie das Essen für Familie und Gäste vor. Auf dem Speiseplan steht Kamelfleisch mit hausgemachten Pasta; links: morgens um zehn in der Nähe von Tastubek. Nach drei Tagen Wind und Sturm können es die Männer kaum erwarten, endlich wieder fischen zu gehen


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Von rechts oben im Uhrzeigersinn: Die Kinder genießen die Zeit im Freien. Schon von klein auf lernen sie, ihren Instinkten zu trauen. Ein Kamel kreuzt die Straßen in Tastubek. Im Durchschnitt besitzt jede Familie acht bis zwölf Kamele, ihr Fleisch wird für fast jedes Gericht verwendet. Mit dem Motorrad ist das Ufer des Sees über die holprigen Pisten schnell erreicht. Die Hauptstraße des Dorfes Zhalanash, ein ehemaliges Fischerdorf. Früher reichte das Wasser bis zum Ortsrand

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Eine Autopanne im Nirgendwo. In diesem Fall hilft nur hoffen, dass bald Hilfe vorbeikommt. Werkstätten gibt es nicht in der Nähe von Tastubek. Die Bewohner sind es gewohnt, alle anfallenden Arbeiten selbst zu erledigen

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Von rechts oben im Uhrzeigersinn: Akerka in einer ruhigen Minute – manchmal macht sie sich Sorgen, was die Zukunft bringt. Der frische Fisch wird zur lokalen Fischfabrik gebracht, wo er konserviert und für den Transport nach Aral vorbereitet wird. Die gestrandeten Boote standen als Symbol für die ökologische Katastrophe, die sich am Aralsee ereignete – heute sind sie verschwunden, der Metallschrott wird recycelt. Die Kinder wissen noch nichts von der schweren Vergangenheit

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Die Fischer holen den Fang ein. Auch ihre Vorfahren sind Fischer gewesen – vor der großen Umweltkatastrophe. Notgedrungen mussten sich ihre Nachkommen mit anderen Jobs durchschlagen, bis das Wasser zurückkehrte

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Heute können Nurzhan und Yerkin ihren Lebensunterhalt wieder mit dem Fischen verdienen (unten). Das Wasser im Kleinen Aral steigt dank des Staudamms kontinuierlich. Von einigen Dörfern, die früher direkt am Seeufer lagen, kann man schon wieder das Wasser sehen. Auf usbekischer Seite jedoch bleibt der See trocken. Am Zufluss wird dort weiter das wichtige Exportgut Baumwolle angebaut. Es gibt Pläne, auf dem Grund des ausgetrockneten Sees nach Öl und Erdgas zu bohren

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L i eve n E n ge l e n Geboren 1965 in Geel, Belgien. Grafikdesign-Studium an den Kunsthochschulen in Brüssel und Hasselt, dann für Agenturen tätig. 2011 widmete er sich verstärkt der Fotografie mit dem Fokus auf Landschaft und Porträt. Sein Studium an der Fotovakschool Amsterdam schloss er 2016 summa cum laude ab. Heute arbeitet er für verschiedene Klienten und Magazine sowie an freien Projekten.

l i even e n ge l e n .co m LFI -O nl i n e . D E/ B lo g : Bilder hinter den kulissen finden sie auf dem blog

Equipment: Leica M9 mit Summicron-M 1:2/50 mm Asph

Ich wohne bei Nurzhan Seitbenbetova, einem Fischer und Bekannten von Serik Dusenbayev, meinem Führer vor Ort. Mein Vorsatz lautet, mich den Gewohnheiten und dem Rhythmus der Familie anzupassen und es macht mich stolz, ihr Gast sein zu können. Dazu gehört, auf einem Teppich auf dem harten Boden zu schlafen. Zum Frühstück einen Tee mit Süßigkeiten oder Keksen zu sich zu nehmen und dem morgendlichen Geplänkel zu lauschen. Am Abend esse ich mit den Fischern. Kamelfleisch ist ein Grundnahrungsmittel und gehört in fast jedes Gericht. Als Gast bekomme ich die fettigsten Stücke, die besser schmecken. Aus Höflichkeit probiere ich. Jede Mahlzeit endet mit einer großen Schüssel Kamelmilch, ebenfalls nichts für schwache europäische Mägen. Aber ich bin zu Gast im Hause der Familie Seitbenbetova und möchte ihren Alltag kennenlernen. Und der besteht zum Großteil aus Tragen und Hämmern, sieht man einmal vom Fischen ab. Es gibt keine Werkstätten und auch keine Restaurants oder Bars. Das Leben ist einfach. Nach dem Frühstück fahren die Männer zum See und werfen die Netze aus, sie holen den Fang ein und pflegen die Netze. Danach wird gegessen und nach einer kleinen Pause werden am Abend die nötigen Reparaturen durchgeführt. Jeder Bolzen und noch der kleinste Schnipsel Metall werden wieder verarbeitet. Viele schrauben an ihrem WAZ herum, einem russischen Jeep, der einen auch durch das holprige Bett des Sees trägt, in andere Dörfer, die früher nur per Schiff erreichbar waren. Teilweise sind sie so weit entfernt vom Wasser, dass die Fischer aus diesen Orten für Wochen nicht heimkehren, da der Weg zu lang und beschwerlich wäre. Für die Männer in Tatstubek ist es eine komfortable Situation, wenn sie abends heimkehren können zu ihren Familien. Seit dem Bau des Damms vor zwölf Jahren gibt es in ihrem Ort Elektrizität. Fließendes Wasser hingegen bleibt ein Problem. Auch der Klimawandel bereitet Sorgen: Die Sommer werden heißer, im Winter ist das Fischen auf dem zugefrorenen See gefährlicher, weil das Wetter unberechenbarer wird. Vergangenes Jahr brachen drei Fischer mit ihrem WAZ ins Eis ein, als sie ihre Netze einholten. Das Leben dort birgt Gefahren, trotz der Chancen, die sich plötzlich wieder auftun. Doch das hält die Menschen nicht davon ab, ihr Leben wieder aufzunehmen. Manchmal sah ich den vollkommen in ihr Spiel versunkenen Kindern zu. Für sie spielt der Rest der Welt keine Rolle und auch nicht die Bedingungen, unter denen sie leben. Die Menschen spüren, dass sie Glück gehabt haben. Der salzige, giftige Staub, der an die Fenster weht, erinnert an die Katastrophe, die sich genau an dieser Stelle ereignete und der sie knapp entkommen sind. Er kann Kehlkopfkrebs und Asthma verursachen. Doch wie er ihrer Gesundheit weiter zusetzt wird die Zukunft zeigen. Wichtig ist jetzt, dass die Fischer in die Fußstapfen ihrer Vorfahren treten, so wie es ihnen bestimmt war. Die Lebensweise ihrer Vorfahren existiert in Teilen wieder, trotz aller Schwierigkeiten, denen sie ausgesetzt waren. Serik Dusenbayev, mein Führer vor Ort, erklärt es mir so: „Wie Seemöwen folgen sie dem Fisch. Wohin immer der Fisch gehen wird, sie werden ihm folgen, so wie es auch ihre nomadischen Vorfahren getan haben.“ Nun sind sie zurück am Aralsee. aufgezeichnet von katrin iwanczuk

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Stanley Greene i n M em o r i a M

Standhafter Dokumentarist, rastloser Zeuge: Die Fotografie führte Stanley Greene in die Krisengebiete der Welt. Den Tschetschenienkriegen und ihren Folgen widmete er sich wiederholt – das Schicksal der Kaukasusrepublik ist eng mit seiner eigenen Geschichte verbunden. Auch seine letzte Reise führte ihn in das geschundene Land. Am 19. Mai ist Greene in Paris verstorben. Stanley Greene am San Francisco Art Institute – hier begann er auf Anraten von W. Eugene Smith sein Fotografiestudium



Die Arbeit in Tschetschenien hat das Gesamtwerk, aber auch das Leben von Stanley Greene geprägt. Immer wieder reiste er in das Land am Kaukasus, um dort die Schrecken der Kriege und die Folgen der Menschenrechtsverletzungen in seinen Bildern festzuhalten. Die Geschichte Tschetscheniens ist von Konflikten gezeichnet, insbesondere mit Russland. 1991 erklärte der damalige tschetschenische Regierungschef Dschochar Dudajew die Unabhängigkeit Tschetscheniens von Russland, die Moskau aber nicht anerkannte. 1994 entsandte Russland Truppen nach Tschetschenien – ein blutiger Krieg begann, erst im August 1996 einigte man sich auf einen Waffenstillstand. Nur zwei Jahre später spitzte sich die Lage erneut zu, als tschetschenische Rebellen die Nachbarrepublik Dagestan angriffen. Gleichzeitig gab es in Russland Anschläge, für die tschetschenische Terroristen verantwortlich gemacht wurden. Im Oktober 1999 drang die russische Armee erneut in Tschetschenien ein und eroberte die Hauptstadt Grosny. Ein weiterer Guerillakrieg entbrannte, dessen Folgen bis heute spürbar sind. Im September 2016 hielt Greene nach der Rückkehr von einer Reise seine Gedanken und Reflexionen über seine Motivation und über die Lage in der Kaukasusregion in einer ausführlichen Nachricht fest – in der Hoffnung, damit auch seine eigenen Erinnerungen zu verarbeiten. LFI veröffentlicht diese Nachricht in leicht gekürzter Form. Diese Reise führte mich über einen Zeitraum von viereinhalb Monaten von Syrien in die Kaukasusrepubliken Dagestan, Inguschetien und schließlich nach Tschetschenien. Ich suchte nach Hinweisen, was der Bevölkerung in zwei blutigen Kriegen zugestoßen ist – eine investigative fotografische Reise, aber auch eine persönliche, weil ich meine Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, wieder öffnete.

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In Tschetschenien sah ich, mehr als zehn Jahre nach dem Krieg, dass das Land aus der Asche wiederauferstanden ist. Aber das ist nur Fassade und dahinter versteckt sich eine andere Realität. Diese Sammlung von Bildern wirft ein deprimierend kleines Licht auf das Ausmaß des Leids, das mit dem Tschetschenienkonflikt zusammenhängt, auf das sinnlose Blutvergießen. Kriegsfotografie schien mir ein Weg zu sein, mich immer wieder selbst zu testen, immer auf Messers Schneide zu existieren und so ständig den Beweis zu haben, am Leben zu sein. Heute ist die Konfliktberichterstattung für mich einfach eine Form von Protest. Ich bin Zeuge von Vielem geworden und kann sagen, dass der Schrecken der tschetschenischen Situation wenige Vergleiche kennt. Auch auf die Gefahr hin, von Kollegen als nachgiebig tituliert zu werden, habe ich versucht, die menschliche Seite der Geschichte einzufangen. Die Situation dort ist verschwommen und ich wollte herausfinden, was Fakt und was Fiktion ist. Der Versuch, das an einem Ort zu tun, der mir selbst Wunden zugefügt hat, kann ein großes Unterfangen sein. Doch Fotografien sind die bildliche Erinnerung daran, wie Politik scheitert. Mit dem Tod Einzelner ist die Grenze zwischen Moral und Aktion erreicht und es wird unmöglich, das Scheitern einfach weiter zu ignorieren. Die Laissez-faire-Attitüde des Einzelnen sollte uns fürchten lassen, dass wir niemals eine Zukunft erreichen werden, die es wert wäre, sie zu erreichen. In allen Kriegen ist es essenziell für Journalisten, ungehindert die einzigen Waffen zu nutzen, die sie kennen. Unsere Kameras, Notebooks und Stimmen machen uns zu einer unwillkommenen Plage von Angreifern. Zeugen sind unbequem. Dennoch würden viele meiner Kollegen zustimmen, wenn ich sage, dass aus Gebieten wie dem Kaukasus schwerer zu berichten ist. In der Welt der schnellen Nachrichten wollen Magazine nicht mehr für lange Aufträge in unübersichtlichen Gebieten zahlen. →

„Kriegsfotografie schien mir ein Weg zu sein, mich immer wieder selbst zu testen, immer auf Messers Schneide zu existieren und so immer den Beweis zu haben, am Leben zu sein. Heute ist die Konfliktberichterstattung für mich einfach eine Form von Protest.“


Von oben im Uhrzeigersinn: Eine Gruppe Sufis beim Dhikr, einer meditativen Übung zur Vergegenwärtigung Gottes. Normalerweise dürfen bei diesem Ritual keine Fremden anwesend sein – für Stanley Greene machten sie eine Ausnahme. Die Hände von Greenes Fahrer, aus Furcht vor dem Kadyrow-Regime möchte er nicht fotografiert werden. Porträt einer Frau in ihrem Zuhause in Grosny

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Grosny im Jahr 2013: Die Jungen spielen Krieg mit ihren Holzgewehren. Den wahren Krieg kennen sie nur aus den Erzählungen ihrer Eltern und deren Freunden. Doch seine Folgen sind noch immer sicht- und spßrbar


Eine alte Frau hängt die Plastikplanen zum Trocknen auf, die sonst vor ihren Fenstern hängen. Durch die Kriege wurden große Teile von Grosny zerstört und mithilfe russischer Steuergelder wiederaufgebaut und modernisiert


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Von oben im Uhrzeigersinn: In diesem Haus versteckten sich Zivilisten und Journalisten, unter ihnen Greene, bei Artilleriebeschuss – zufällig entdeckte er das zerstörte Gebäude später wieder. Die Frau möchte ihren Namen nicht nennen – sie denkt an ihre entführten Schwestern. Die Umstände der Entführung sind unklar – ihr Schwager war ein Regierungsgegner. Grosny ist heute eine moderne Großstadt

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Fotos: © Stanley Greene/Noor

„Fotografien sind die bildliche Erinnerung daran, wie Politik scheitert. Mit dem Tod Einzelner ist die Grenze zwischen Aktion und Moral erreicht und es wird unmöglich, dieses Scheitern einfach weiter zu ignorieren.“

Autoritäten blockieren den Zugang, mangelnde Infrastruktur und fehlende persönliche Sicherheit machen die Logistik zum Albtraum. Ungeachtet aller Schwierigkeiten kann der Versuch einen Unterschied bewirken und diese raren Momente hören niemals auf, dich in einer Profession zu befriedigen, die sonst einsam, fordernd und undankbar ist. Journalismus belohnt dich mit langen Tagen und noch längeren Nächten. Du machst keine Bilder an sicheren Orten und oftmals packst du deine Gefühle in einen Koffer, bis du zurückkommst in die „Realität“. Frisch zurück aus einer Grube wirst du an jeder Ecke mit kraftloser Ignoranz konfrontiert und es wird schwer, nicht den Provokateur zu spielen. Du möchtest die Apathischen daran erinnern, dass die schneidenden Geräusche einer hektischen Großstadt tatsächlich ersetzt werden können durch wahllose Raketenattacken auf elende Löcher – und das nur ein paar Flugstunden entfernt. Einige Kollegen, die in diesem fortwährendem emotionalen Durcheinander leben, schaffen es trotzdem, eine Beziehung zu führen, Geld auf der Bank zu haben und vielleicht sogar ihre Gesundheit zu erhalten. Wenn du jedoch bist wie der Rest von uns, bist du nicht unter diesem Stern geboren worden. Aber du wirst niemals aufhören, es zu versuchen. 2013 machten zwei tschetschenische Brüder, Dschochar and Tamerlan Zarnajew, internationale Schlagzeilen als des Attentats auf den Boston-Marathon Verdächtige. Der tschetschenische Präsident – und frühere Rebell – Ramsan Kadyrow, nutzte den Moment, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu drängen, ihm die Autorität zu verleihen, Aufständische aufzuspüren – in einem Gebiet, das auch das benachbarte Dagestan mit einschließt sowie Inguschetien, wo die Rebellen seit mehr als einem Jahrzehnt kämpfen. Wie sein Vater, der frühere tschetschenische Präsident Achmat Kadyrow, der 2004 ermordet wurde, hat sich Kadyrow bei den Russen eingeschmeichelt. Sowohl er als auch sein Vater

waren früher Rebellen, die die Seiten wechselten, um ihre Dienste der russischen Regierung anzubieten. Seine regionalen Bestrebungen machten viele Menschen nervös, sie befeuerten die Spekulationen, dass ein neuer Konflikt im Kaukasus bevorstehe. „Kadyrows Pläne sind sehr gefährlich“ fasst Gregory Shvedov die Lage am Telefon zusammen, Chefredakteur der Nachrichten-Webseite Kawkaski Usel (Kaukasischer Knoten), die in Moskau sitzt. „Sie könnten zu ethnischen Kämpfen und schließlich zum Krieg führen.“ Im April 2014 führten tschetschenische Kräfte einen grenzüberschreitenden Vorstoß bis Inguschetien aus. 2013 und früher, 2010, hatten sie bereits Operationen an der Grenze zu Dagestan und dem kaspischen Meer nach Osten hin ausgeführt, so Kawkaski Usel. Alle drei Regionen grenzen an Georgien, das 2008 einen Fünf-Tage-Krieg mit Russland führte. Doch selbst ohne Putins explizite Unterstützung machen die Ambitionen des tschetschenischen Anführers seine Nachbarn nervös. Dagestan, etwa drei Mal so groß wie Tschetschenien und mehr als zwei Mal so bevölkerungsreich, warnte Kadyrow davor, Sicherheitsoperationen auf seinem Gebiet ohne vorherige Zustimmung auszuführen, so erklärt es Zikrula Iljasow, der Außenminister. „Jede Operation muss die speziellen Charakteristika der jeweiligen Region berücksichtigen“, sagte Iljasow am Telefon von Machatschkala aus, der Hauptstadt, am 27. Mai 2014. „Ohne Koordination mit lokalen Autoritäten, ist das Vorgehen ein großer Fehler.“ Auch die Republik Inguschetien (Russische Föderation) warnte Kadyrow hinsichtlich seiner regionalen Ambitionen, nachdem Tschetschenien im vergangenen Jahr Anspruch auf zwei Grenzregionen erhoben hatte. „Versuche von jeder Seite, existierende Grenzen ohne Gründe und →

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außerhalb des legalen Rahmens zu überprüfen, könnten eine Kettenreaktion territorialer Ansprüche bewirken und neue Konflikte entfesseln“, warnte das Pressebüro des Präsidenten Inguschetiens, Junus-bek Jewkurow. Auf diese Spannungen aufmerksam geworden und noch immer mit dem Bestreben, die Nachwirkungen dieses Konflikts zu verstehen, habe ich den Status der Flüchtlinge untersucht, die noch immer außerhalb von Tschetschenien leben, in Gegenden wie der Republik Inguschetien, die während der zwei Kriege eine große Flüchtlingswelle auf sich zurollen sahen. Noch immer leben dort annähernd 8000 Tschetschenen, die meisten noch immer in Lagern. Mich hat es auch nach Dagestan gezogen, das in dieser Zeit wegen des Attentats in Boston häufig in den Nachrichten war. Dort habe ich meine investigative fotografische Reise fortgesetzt, indem ich mich mit Religion und Geschichte befasst habe. Beide liegen wie eine Decke über dem Kaukasus und die Geheimnisse schlafen darunter. Die Augen der Welt sind in puncto Nordkaukasus seit Jahrzehnten auf die Katastrophe Tschetscheniens fokussiert. Jetzt, da Grosny langsam auftaucht aus den Jahrzehnten des Chaos, schärft auch Dagestan sein internationales Profil. Bei einer Bevölkerung von rund drei Millionen Menschen leben in Dagestan über 40 ethnische Gruppen. Ethnische Russen machen nur viereinhalb Prozent der Population aus, während die politische Macht von den zwei größten Gruppen gehalten wird, den Awaren und Darginern. Sie sind Anhänger des Sufismus oder der in der Region üblichen Ausprägung des Islam. In letzter Zeit hat sich der Salafismus, eine sittenstrenge Form des Islam, wie er in Saudi-Arabien praktiziert wird, vorgedrängt und verkompliziert das bereits verworrene politische und religiöse Bild.

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Schließlich kam ich nach Tschetschenien, wo ich schon viele Male den Konflikt dokumentiert habe, der das Land und seine Bevölkerung zerreißt. Nach dem jüngsten Bericht der Europäischen Union sind geschätzt 30 000 Tschetschenen vertrieben worden. Ich wollte nach den Überresten suchen, den Spuren und versteckten Wunden der Kriegsjahre. Ich habe die Verwundeten getroffen, die Witwen, die Vertriebenen und die Aktivisten, die Tag für Tag ihr Leben riskieren, wenn sie die Menschenrechtsverletzungen durch Präsident Ramsan Kadyrow und seiner Männer aufzeigen. Ich habe dem neuen Grosny viel Aufmerksamkeit geschenkt, mit seinen Rekonstruktionen, den gläsernen Wänden mit den Porträts von Kadyrow, den offiziellen Schulzeremonien und Fußballspielen. Ich habe einen flüchtigen Blick auf die neuen politischen Figuren geworfen und versucht, den wachsenden islamischen Einfluss im Stadtbild einzufangen. Doch ich möchte auch diese Rekonstruktionspolitik Moskaus und seines Partners, Kadyrow, infrage stellen: Kann jemand die Seele der Menschen so wieder aufbauen wie das Land? Die Bilder, die ich im heutigen Tschetschenien gemacht habe, reflektieren die Stimmung der Gegenwart und zeigen zugleich ein Stück Vergangenheit. Alles scheint in der Zeit verloren. Ich habe das in der Kultur der Männer gespürt, als sie den Dhikr ausübten, eine meditative Übung zur Vergegenwärtigung Gottes. Ich habe mich gefühlt als würde ich aus dem Fenster buchstäblich auf die Vergangenheit schauen – eine alte Frau wäscht ihre Plastikfenster. Ich habe es in einem verlassenen Labor gefühlt, wo noch immer toxische Materialien auf dem Tisch lagen. Und ich wurde davon überwältigt, als ich ein Gebäude fand, in dem ich einst Zuflucht im Krieg suchte. Ich hatte keine Ahnung, wie schwer es noch zerbombt wurde. Wenn ich an diese Bilder denke, reflektieren sie, was ich bei meiner Rückkehr nach Tschetschenien einzufangen versuche: das Heute und das Gestern. stanley greene

S ta n l e y G r ee n e Geboren 1949 in Brooklyn. Als Elfjähriger bekam er seine erste Kamera. 1971, Greene war bereits Mitglied der Black Panther Party und Teil der Anti-VietnamkriegBewegung, überzeugte ihn sein Freund W. Eugene Smith vom Fotografie-Studium. Erst als ein Freund an Aids starb, fand Greene einen Weg aus der eigenen Heroinsucht und konzentrierte sich fortan auf die Fotografie, die ihn in Kriegs- und Krisengebiete rund um die Welt führte. Seinen letzten Auftritt hatte Greene, der die Agentur Noor mitbegründet hat, im April bei der Verleihung der World Press Photo Awards als Redner bei der traditionellen Sem Presser Lecture. Am 19. Mai starb Stanley Greene im Alter von 68 Jahren in Paris. n oorimages.com Equipment: Leica M9 und Leica M Mono-

chrom mit Summicron-M 1:2/28 mm Asph und Summicron-M 1:2/35 mm Asph


f/ s top – Le i c a TL 2 – M M o n o c h r o m V S . M 1 0 – S L - F i r m wa r e 3 –

d i e l e i c a t l 2 : w i n z i ge Ä n de r u n ge n be i m D es i g n , t ec h n i k au f de r H ö h e de r z e i t – P r oz ess o r , i s o, se n s o r , au to f o k u s

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f o r m f o l lows v i s i o n Leica tl2

Als die Leica T vor acht Monaten den neuen Namen TL annahm, gab es darüber hinaus nur marginale Änderungen bei dem 2014 vorgestellten Kamerasystem. Die Generalüberholung der inneren Werte erfolgte nun bei der Leica TL2.

Beginnen wir mit ein paar technischen Daten: Bei der Leica TL2 tritt ein 24-Mega-pixel-APS-C-Sensor an die Stelle des 16-MP-Sensors der T/TL; der Empfindlichkeitsbereich des neuen Sensors erstreckt sich von ISO 100 bis 50 000; es gibt nun Focus Peaking, also die farbige Hervorhebung scharfer Konturen zur Unterstützung der manuellen Fokussierung, beispielsweise mit adaptierten M- oder auch R-Objektiven; Dateien lassen sich auch allein als DNG statt zwangsweise nur zusammen mit Jpeg speichern; der Autofokus soll beinahe dreimal so schnell arbeiten wie bei den Vorgängerinnen und es gibt nun 49 statt 9 AF-Felder; die Einschaltzeit soll spürbar verringert sein; der Touchscreen soll bis zu achtmal schneller auf die Wischbe80 |

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fehle des Nutzers reagieren. Hinzu kommen noch ein paar weitere technikkosmetische Maßnahmen, mit denen Leica alles in allem die TL2 auf die Höhe der Zeit gebracht hat im Vergleich zu den Wettbewerbern im Segment der spiegellosen APSKamerasysteme. Die haben in den vergangenen Jahren einen beachtlichen Boom erfahren, ist in ihnen doch ein sehr günstiges Verhältnis von Bildqualität, Handlichkeit, Vielseitigkeit und Kosten verwirklicht. Obige Aufzählung spiegelt auch wieder, worin einige der Hauptkritikpunkte am TL-System bestanden, das im Jahr 2014 mit großen Erwartungen gestartet war, damals noch unter dem Namen T. Die Umbenennung des Systems erfolgte im vergangenen November zusammen mit der Vorstellung

der TL, deren wesentliche Neuerung in der Aufstockung des internen Bildspeichers von 16 auf 32 GB bestanden hatte, und sollte das mit der Leica SL geteilte L-Bajonett betonen – und damit auch die Tatsache, dass sich neben den derzeit sechs TL-Objektiven auch SL-Objektive nutzen lassen würden, inklusive deren Bildstabilisierung, die den TL-Objek­tiven fehlt. e i nz i ga rt i g e s d e si g n­.

Die großen ­Erwartungen, von denen gerade die Rede war – sie machten sich nicht zuletzt am außergewöhnlichen Designkonzept der Kamera fest, dessen Kernstück die erwähnte TouchscreenSteuerung ist. Alle fotografisch relevanten Parameter lassen sich über eine kachelförmig angeordnete Menüstruktur per Fingertipp

und Wischbewegungen einstellen und beeinflussen, so wie man es auch von einem Smartphone her kennt. Hinzu kommen zwei beiläufig ins Gehäuse integrierte Drehräder, deren Belegung sich je nach Belichtungsmodus ändert und zum Teil auch über das Menü zu bestimmen ist. Erst dieses Touchscreenkonzept, realisiert auf einem sehr großzügigen 3,7-Zoll-Display, hat es ermöglicht, das G ­ ehäuse in einer solch stromlinienförmig minimalistischen Eleganz zu gestalten, die im Kameradesign ohne Beispiel ist. Wohltuende Glattheit, wo sonst eine Orgie von Steuerungselementen vorherrscht. Wie stolz Leica auf diese Kamera war, unterstrich ein Imagefilm, der zeigte, dass der Body nicht nur aus einem einzigen Stück →


Die Leica TL2 erscheint in Silber und Schwarz, nicht mehr wie die TL auch in Titan. Ein 24-Megapixel-Sensor und diverse das ­Arbeitstempo deutlich steigernden Maßnahmen zählen zu den wichtigsten Neuerungen. Ein Durchblicksucher gehört nicht dazu – Design und Steuerungskonzept sind gleich geblieben

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Warum nicht die Systemfarben Silber und Schwarz kombinieren? Sieht schick aus. Sechs TLObjektive decken fast alle Wünsche ab

Adapter zum Anschluss von Rund M-Objektiven – den M-Adapter gibt’s jetzt auch in Silber

Den Visoflex-Aufstecksucher braucht, wer ungern aus einer Armlänge Distanz fotografiert. Mit dem TL-Holster verträgt er sich frelich nicht

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Aluminium gefräst ist, sondern jeweils auch eine Dreiviertelstunde lang von Hand poliert wird. Was ja irgendwie durchaus im Einklang mit der Fertigungs­tradition steht – aber die angepeilten Zielgruppen nicht die Bohne interessierte. Oder zumindest nicht genug, um ein ausschlaggebendes Kaufargument abzugeben. Denn nach allem, was man hört, ist das TL-System bislang nicht gerade das, was man einen Renner nennen kann. Und ein wesentlicher Grund zumindest für den Teil der anvisierten Klientel, der zu den „klassisch“ orientierten ambitionierten Leica-Liebhabern zählt, dürfte sein: Es gibt keinen elektronischen Durchblicksucher. Über dessen Fehlen der als Zubehör angebo­tene Visoflex-Aufstecksucher kaum hinwegtröstet – schließlich beeinträchtigt er merklich die elegante Silhouette der Kamera, er erschwert deren Verstauen in der Fototasche, und inkonsequenterweise sehen ja auch die zum System angebotenen Trage­lösungen – wie der „Holster“ – nicht wirklich vor, dass der Aufstecksucher in die Fotografiepraxis rund und schlüssig integriert würde. Das wurde schon bei den X-Kame­ras als Manko vielfach beklagt, und später hätte auch der äußerst große Erfolg der Leica Q – den dem Vernehmen nach ­Leica selbst so nicht erwartet hatte – leicht dar­auf schließen lassen ­können, dass die ­Leica-Klientel es nun einmal nicht schätzt, beim ­Fotografieren die Kamera eine Armlänge vom Auge entfernt zu halten, sondern eben gern durch

e­ inen ­genuin zur ­Kamera gehörenden Sucher das Bild kontrolliert. Und so blieb es denn nicht aus, dass auch als die ersten Gerüchte über ein Redesign der T aufpoppten, die Hoffnung geäußert wurde, eine TL2 würde rückwärtig so umorganisiert sein, dass auch Platz für einen Sucher geschaffen würde. Bei allen relevanten konkurrierenden System­kameras ist dieser ja schließlich auch vorhanden, und das mit guten foto­ grafischen Gründen. Böte eine neue T dieses Feature, ich würde sie sofort kaufen, so war in einschlägigen Foren ein ums andere Mal zu lesen. p u r i sm us vo r praxi s?

Allein, das ist nicht der Fall: Die TL2 ist in dieser Hinsicht ihrem ursprünglichen Konzept treu geblieben, und das kann man natürlich auch als den Ausweis einer konsequenten Strategie verstehen: Es ist die Reinheit der Idee, des ineinandergreifenden Ensembles von Steuerungskonzept und Gehäusedesign, das es aus Leicas Sicht zu bewahren galt, und nur in den fundamentalen technischen Daten galt es, das Kamerasystem auf die Höhe der Zeit zu bringen. Alles Übrige bleibt dann wohl eine Frage der Kommunikation: Für wen ist das TL-System wirklich ­gemacht? In der Tat peilt Leica mit der TL2 explizit eine Klientel an, die zum Fotografieren deshalb gekommen ist, weil ihr Smartphone derlei kann. Und die aber irgendwann entschieden hat, mehr zu wollen. Menschen, für die sich eine Kamera in ein Gesamten-


semble erlesener Dinge einfügt, mit d ­ em sie ihrem Lebensstil symbolisch Ausdruck verleihen können. Dieser Lebensstil ist zum Beispiel dadurch gekennzeichnet, dass so jemand Tyler Brûlé nicht für eine französische Süßspeise hält, diese Süßspeise aber durchaus zu schätzen weiß. Sie verstehen? Das TL-System – ein High-Quality- und High-Design-Accessoire für eine sich kosmopolitisch ­gebende Stil-Elite, für die das fotografische Festhalten dessen, was sie bewegt, zwar wichtig ist, aber so wichtig nun auch wieder nicht, und die aber als Instrument dafür eben auch nicht irgendwas nimmt, sondern etwas, das in einer Empfehlungsliste für den Leser von

Lei c as n e u e ve r m a r kt u n gs st rat eg i e f ü r das t l-syst em z i e lt expli z it au f st i l­be wusst e me n sc h e n, d ie ü ber das sma rtphone die fotografie für sich entdeckt haben.

Wall­paper oder Monocle ganz vorn auftauchen könnte. Fotografieren aus einer Armlänge Distanz ist hier nichts, worüber man die Nase rümpft – aber Fotografieren mit einem schreiend schönen System, welches zugleich Bildergebnisse liefert, die qualitativ ganz und gar ­state of the art sind, das könnte wiederum für den erhofften Distinktions­ gewinn sorgen. m a r k e a ls m e ssag e .

Gegen eine solche Produktstrategie ist eigentlich nichts einzuwenden, auch wenn der traditionsbewusste ­Leica-Fotograf damit erst einmal nicht so viel anfangen kann – warum sollte Leica nicht den Nimbus der Marke auf diese Weise

blog So viele Bilder und so begrenzt der Platz? Mehr Bilder, mehr Interviews, mehr Rezensionen und mehr Hintergrundberichte finden Sie online im LFI-Blog. Aktuell, überraschend und informativ!

ausspielen, um mit einem fraglos attraktiv designten Produkt aktive ImageExpansion zu betreiben? Wenn das zur Persistenz eines Konzepts beiträgt, bei dem man sich noch viele kreative Weiterentwicklungen vorstellen kann, beispielsweise solche, die den Touchscreen-Gedanken fortführen zu einer intuitiven Gestensteuerung der Belichtung, statt einstweilen nur anders zu sein, aber nicht unbedingt besser als die klassische Kamerabedienung, so kann uns das nur recht sein. In der nächsten Ausgabe berichten wir, wie es sich wirklich arbeiten lässt mit der Leica TL2 – aus, zugegeben, klassischer Leica-FotografenSicht. olaf stefanus

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z w e i e r l e i g rau M M o n o c h r o m v s . M 1 0 - Ko n v e r t i e r u n g e n

Wer mit dem digitalen M System schwarzweiß fotografieren möchte, für den liegt die Lösung auf der Hand: die Leica M Monochrom. Und wie ist es mit der Leica M10? Ein impressionistischer Vergleich.

Etwa drei Jahre Entwicklungszeit liegen zwischen dem Sensor der M Monochrom und jenem der M10. Dass Letzterer wesentliche Fortschritte in puncto ­Architektur, Ausleseverfahren und Fertigungstechnologie verkörpert, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass er sich in seiner elektronischen Signalverstärkung bis auf ISO 50 000 herauftreiben lässt, und auch wenn dieser Empfindlichkeits-­ Extremwert noch immer nicht wirklich praxisrelevant sein mag – das allgemeine Rauschniveau ist ­allemal viel niedriger als in allen digitalen M-Generationen zuvor. Allein schon dieser Aspekt macht es n ­ aheliegend, zu erkunden, wie sich die M10 denn gegenüber der M Monochrom verhält, also in ihrem Potenzial als hoch detailauflösende Schwarzweißkamera. Ist das überhaupt eine legitime Fragestellung? ­Sicherlich nicht aus puris84 |

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tischer Perspektive, in der ein Graustufenbild, dem ein Farbbild zugrundeliegt, unter Fake-Verdacht steht – denn womöglich hat der ­Fotograf ja ursprünglich gar kein Schwarzweiß im Sinn gehabt, und nur wer bewusst in Graustufen antizipierend sein Bild gestaltet und seines Arbeitsmittels wegen auch gar nicht anders kann, kommt zu konsequenten, überzeugenden Ergebnissen. Nun, darin steckt Wahrheit, und deswegen gibt es ja die M Monochrom, die sich konstanter Beliebtheit erfreut. rein heit vs. f reih e i t.

Andererseits ist das natürlich eine teuer erkaufte Festlegung, die sich auch kaum mit der Liebe zum Schwarzweißfilm vergleichen lässt – schließlich hatte man zu analogen Zeiten immerhin die Wahl, in ein und dieselbe Kamera mal einen Tri-X, dann wieder einen Kodachrome

einzulegen. Und was die digitale Fotografie betrifft, so ist ja einer ihrer großen prinzipiellen Vorzüge, Fake hin, Fake her, dass sich aus dem einmal erzeugten Pixelbild ein nahezu beliebiges Ergebnis hervorrufen lässt – eben auch eine Monochrom-Umsetzung. Und das in einer wesentlich höheren Flexibilität der Übersetzung von Farbwerten in Graustufen, als es mit dem Schwarzweißfilm je möglich war und auch mit der M Monochrom möglich ist. Man kann das nebensächlich finden, weil man argumentiert, dass Schwarzweißfotografie ohnehin stets eine Abstraktion von der Wirklichkeit ist; man kann sogar sagen, dass die Praxis der reinen Schwarzweißfotografie paradoxerweise eine bewusstere Auseinandersetzung mit der Farbigkeit des Sujets befördert – sei es, dass man sehen lernt, wie ein Motiv beschaffen sein muss, um in

Graustufen gut auszusehen, und wie man es dann gestaltet, sei es, dass man von Fall zu Fall zu einem bestimmte Wellenlängen betonenden, andere ausschließenden Farbfilter greift; doch solche Filter wirken ihrerseits natürlich global, und wenn man keinen dabei hatte, dann war es eben Pech. Deshalb hat sich die digitale Konvertierung auf Basis von Farbdaten ja als so attraktiv erwiesen –man kann antizipierend so tun, als fotografiere man schwarzweiß, auch wenn man in Wirklichkeit in Farbe sieht und auch ein Farbbild entsteht, und man kann hochselektiv die Graustufenverteilung so steuern, wie man meint, das Motiv gesehen zu haben, kann diese dem menschlichen Farbempfinden anpassen, beispielsweise ein originales Orange heller leuchtend erscheinen lassen als ein Mittelblau, was ein Schwarzweißfilm respektive -sensor


annähernd gleich grau wiedergeben würde – einfach, indem man etwa in Lightroom oder Photoshop die Regler für die Farbwerte entsprechend justiert. Die Abstraktion bleibt, aber mit ihrer Ausprägung muss man sich nicht abfinden. vorteil m monochrom.

Doch ein wesentliches Argument für die M Monochrom ist ja auch der Auflösungs- und Schärfevorteil ihres Schwarzweißsensors: Jedes einzelne Sensor­pixel bekommt die volle Portion Helligkeitsinformationen spendiert, weswegen die Grundempfindlichkeit des Sensors der M Monochrom bekanntlich 320 ISO beträgt. Wohingegen bei ­einem Sensor mit BayerMatrix aus Rot, Blau und zweimal Grün das einzelne Pixel nur etwas mehr als ein Drittel des Lichts empfängt (es ist nicht komplett jeweils nur für Rot, Blau oder Grün empfänglich) und die realen Farbwerte benachbarter Pixel in einem aufwendigen Demosaicing-Verfahren im Raw-Konverter errechnet werden müssen; dabei kann es bei Feinstnuancen systematisch zu Fehlinterpretationen kommen, die sich in →

Echt versus Fake? Aber ja, ein Schwarzweißbild im strengen ­Sinne entsteht nur, wenn die Pixel nichts als Helligkeits­informatio­ nen ­e mpfangen, so wie bei der M Monochrom. Doch e ­ ntscheidend ist, was hinten rauskommt. Und aus der M10 kommt guter Stoff

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Leica M Monoc h ro m

I S O 4 0 0 u n d 1 2  5 0 0

Le i c a M 1 0

Diffuses Licht und auch in F­arbe ein Motiv, bei dem Grau überwiegt – ideal, um Feinabstufungen ohne harten Kontrast zu erzeugen. Jeweils oben: eine Bearbeitung, wie sie uns gefällt,

Jeweils links: ISO 400. Jeweils rechts: ISO 12 500. Die extreme Ausschnittvergrößerung offenbart den Detailauflösungs­

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vorteil der M Monochrom: Hier ließe sich selbst bei ISO 12 500 noch die Uhrzeit auf der Turmuhr ablesen.

I S O 4 0 0 u n d 1 2  5 0 0

jeweils unten: die „unbearbeitete“ Version: Das Bild aus der M Monochrom mit allen Lightroom-Werten auf null und das Bild aus der M10 als StandardGrauwertkonvertierung

Die untere Reihe demonstriert ebenfalls einen Vorsprung des reinen Schwarzweißsensors gegenüber jenem der M10: Die

Feinststukturen irritieren diesen und provozieren Moiré, während die M Monochrom die Lamellen sauber abbildet


Leica M Mon o c h ro m

D i ff e r e n z i e r u n g

Le i c a M 1 0

D i ff e r e n z i e r u n g

Auch hier diffuses Licht, aber auch eine Menge Farbreize zusätzlich zu Textur und Struktur. Die M Monochrom erzeugt wie erwartet eine nuancenreiche Interpretation der Szenerie

Allerdings, weil sie ja nur Luminanzen aufzeichnet, interpretiert sie manche Farbwerte anders, als sie dem menschlichen Empfinden entsprechen; und im Bild gehen diese unter

Auch wenn es bei diesem Motiv nicht entscheidend sein mag – nur aus den Farbdaten der M10 lässt sich in Grauwerten differenzierend rekonstruieren, was Orange und was Blau war

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Leica M Monoc h ro m

Zu guter Letzt ein Motiv bei strahlend blauem Himmel. Das Bild aus der M Monochrom ­erfreut mit einer knackigen und zugleich fein differenzierten Zeichnung von Details

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i n t e r p r e tat i o n


Leica M 10 i n t e r p r e tat i o n

Das Bild aus der M10 steht dem kaum nach, doch erlauben die Farbdaten, dem Himmel mehr Dramatik zu verleihen und die Farbigkeit des Turms (Gold, GrĂźn) herauszuarbeiten

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hohe Au f lösu n g oder f e in st e d if f e r e n z ie ru n g von ton we rt e n – s owohl M m on oc hrom a l s au c h m 1 0 ­er m ög l ic he n je auf ihre art h o c h w e r t i ges schwarzweiss.

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Moirémustern niederschlagen. Die ganze Demosaicing-Anstrengung fällt natürlich weg bei Dateien aus der M Monochrom, und das Resultat ist die ex­orbitante Klarheit in der Differenzierung von Feinstdetails. Genau aus diesem Grund hat sich die M Monochrom etabliert als Werkzeug für Puristen, die sich nicht nur am selbst­auferlegten Zwang zur reinen Gestaltung mit Licht und Schatten, Form, Struktur und Textur erfreuen, sondern d ­ abei auch die Gewissheit zu schätzen wissen, stets ein Quäntchen mehr Qualität aus den Daten zu gewinnen, als es sonst in der digitalen Kleinbildfotografie üblich ist. die vielseitige M10.

www.monochrom.com 90 |

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Doch wie gesagt: Den fortschrittlicheren Sensor hat die M10, und es wäre also inter­essant zu sehen, wie praxis­relevant der immanente Vorsprung der M Monochrom noch ist, oder ob nicht vielmehr die M10 auch als Schwarzweißkamera state of the art ist. Um dieser Frage nachzugehen,

haben wir ein paar Motive fotografiert, von denen wir annahmen, dass sie eine interessante Spannbreite von Grauabstufungen enthalten würden. Dabei zeigte sich: Es gibt ­Situationen, da spielt die M Monochrom sichtlich ihre exklusiven Eigenschaften aus, vor allem wenn man den ISO-Regler nach oben dreht; in anderen Situatio­nen wieder­um zeigt sich, dass nach menschlichem Ermessen die Qualitätsunterschiede praktisch irrelevant sind, man sich aber mit der M10 an den Beeinflussungsmöglichkeiten erfreuen kann, die die Verfügbarkeit von Farbdaten mit sich bringt. Wer weiß, dass digitale Schwarzweißfotografie genau sein Ding ist, hat also nach wie vor Anlass genug, der M Monochrom den Vorzug zu geben, zumal es hier nur wenig Bearbeitung bedarf, um wahlweise f­ eine Graustufen oder druckvollen Kontrast mit satten Schwärzen zu erhalten; wer sich alle Optionen offenhalten will, kommt aber mit der M10 sehr nah an die M Monochrom heran. Ach, wie toll wäre es, müsste man sich nicht gleich für eine komplette ­Kamera entscheiden, sondern wäre es dereinst möglich, per noch zu erfindenden ­technischen Kniff mal die F ­ arbmatrix vorschalten, mal den Lumi­ nanzsensor nutzen zu können. Auch wenn dann ­wieder die F ­ rage Farbe oder Schwarzweiß schon vorab entschie­den wäre. olaf stefanus


Schon gewusst ? Egal ob Farb­filter, Zweitakku oder Kameratasche – im LFI-Shop finden Sie eine große Auswahl an original Leica-Zubehör.

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Foto: Josef Koudelka/Magnum Photos/Agentur Focus

Üblicherweise gilt das zentrale Bilddrittel als der wesentliche Bereich der Komposition. Doch diesem Ort hat Josef Koudelka hier das „Nichts“ überantwortet. Auf den ersten Blick gleichen seine Kompositionen komplexen Formeln, die nicht aufgehen. Das tun sie aber, immer, denn er weiß genau, wie er die Elemente ausbalancieren muss. Hier liegt die Priorität auf der Peripherie – merken Sie, wie diese Technik unser Auge dazu bringt, einen Tanz aufzuführen, der von einem interessanten Punkt zum nächsten springend das Bild umkreist? Einerseits führen Leichtigkeit und Präzision, mit der die Elemente platziert sind, zu einem Bild der Ruhe, andererseits spiegelt die beständige Bewegung unserer Augen die Ruhelosigkeit wider, die wir im Blick des Kindes wahrnehmen. Natürlich kann eine Aufnahme nicht nichts zeigen. Auf einer Fotografie befinden sich überall Informationen. Wenn man Koudelkas Spiel ebenfalls spielen will, ist es wesentlich, dass die Bereiche des „Nichts“ das Ganze unterstützen. Bei diesem Bild steht der Schatten (oder die Spur) eines Männerkopfs im Zentrum. Indem sie diese Spur einer Spur zentriert, wirkt es so, als spielte die Komposition augenzwinkernd mit dem Medium selbst. Denn das „Nichts“ ist die harte Währung der Fotografie. Sie befasst sich nur mit Spuren des Realen.

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Fa s t e i n e n e u e S l s l - F i r m wa r e 3 . 0

Die Firmware 3.0 der Leica SL ist kein gewöhnliches Update, das nur ein paar Fehler behebt, sondern eine generalüberholte Version, die neue Features, höhere Leistung und mehr Konfigurierbarkeit bringt.

Die Einstellräder können jetzt ihre Rolle tauschen – nur eine von mehreren Verbesserungen bei der Konfigurierbarkeit der Bedienelemente

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Es versteht sich, dass die neue Firmware für die Leica SL auch einige Fehler behebt, aber der Fokus dieses Updates liegt auf tiefgreifenderen Änderungen. Wenn Sie das Verhalten der SL manchmal irritierend fanden – das ist nun behoben. Wenn Ihnen weitergehende Benutzeranpassungen fehlten, dann gibt es sie jetzt. Falls Sie erwartete Features vermissten, dann hat Leica sie nachgerüstet. Von der Leistung her konnte sich die SL von Anfang an sehen lassen, aber auch in dieser Hinsicht bringt das Update Verbesserungen. ka rt e nt r i c ks. Die Leica SL hat zwei Steckplätze für SD-Karten, von denen einer UHS II und I, der andere nur UHS I unterstützt. Wenn in beiden eine Karte steckt, konnte die SL entweder auf beide Karten parallel schreiben, sodass man ein Backup hat, oder erst auf die eine und, wenn diese voll ist, auf die zweite Karte umschalten. Die FirmwareVersion 3.0 fügt die Option hinzu, die größeren DNGDateien auf der potenziell schnelleren UHS-II-Karte zu sichern und die Jpegs auf der UHS-I-Karte. Der wichtigste Trick, den die SL mit Firmware 3.0 gelernt hat, ist, schneller zu speichern und den hohen Durchsatz zu unterstützen, den schnelle Karten erlauben. In unseren Tests haben wir einen 60 bis 70 Prozent höheren Durchsatz mit UHS-II-kompatiblen Transcend-Karten gemessen. Wenn die SL im Serienbildmodus DNG-Dateien speichert, kann sie die hohe Bildfrequenz von 11 Bildern/s für vier weitere


Aufnahmen aufrecht erhalten. Da die Kamera schneller auf die Karte schreibt, macht sie auch schneller wieder Platz im Pufferspeicher, sodass dort mehr Bilder in Folge untergebracht werden können. Auch wenn der Puffer dann doch gefüllt und es die Schreibgeschwindigkeit auf die Karte ist, die die Serienbildfrequenz begrenzt, erreicht die SL noch eine rund 65 Prozent höhere Geschwindigkeit als mit Firmware 2.2. Letzteres gilt auch für die Speicherung im DNG- und Jpeg-Format. Die Illustrationen auf Seite 94, die auf Tonaufnahmen der Verschlussgeräusche basieren, zeigen, welche Geschwindigkeit in der Praxis Anzeige möglich ist.LFI_EDDYCAM_Neu.pdf Wohlgemerkt beschränken sich die Vor-

züge einer höheren Schreibgeschwindigkeit nicht auf den Serienbildmodus; in jedem Modus ist die SL schneller, weil die Bilder in kürzerer Zeit gespeichert sind. im fokus behalten. Die

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Leica SL hat von Anfang an einen schnellen, kontrastbasierten Autofokus, dessen Geschwindigkeit kaum zu wünschen übrig lässt. Die neue Firmware verbessert vor allem die Motivverfolgung. Der Fokus folgt geschmeidig den Bewegungen eines einmal erfassten Motivs, und zwar in allen drei Dimensionen. Auch bei Zoomfahrten während Videoaufnahmen verliert der AF nicht das Motiv. 27.01.17 14:04 Einige der Verbesserungen im AF-Bereich beruhen

Standardmäßig ist das Menü auch beim Blick durch den Sucher zugänglich. Wer das Menü nur auf dem rückwärtigen Display sehen möchte, kann die Taste links oben deaktivieren

auf den Objektiven – das Vario-Elmarit-SL 24–90 f/2.8– 4 Asph und das Apo-VarioElmarit-SL 90–280 f/2.8–4 werden ebenfalls aktualisiert. Schließen Sie eines dieser Objektive an, wird deren Firmware auf den neuen Stand gebracht. →

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Ser ienbilDfrequen z

auf die e igene art. Bei

den meisten Kameras lassen sich die Funktionen des vorderen und hinteren Rändelrads vertauschen, und das erlaubt nun auch die SL. Welche Funktion jeweils zugewiesen ist, zeigt das Statusdisplay an. Darüber hinaus sind noch weitere Konfigu-

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rationsoptionen hinzu gekommen. Die AE-/AF-LockTaste kann für eine visuelle Überprüfung des Fokus konfiguriert werden. Auf jeder Texteingabeseite kann die virtuelle OK-Taste nun per Antippen betätigt werden. Die Auswahl der Video-Auflösung und -Framerate

Dank der stark verkürzten Speicherzeit ist die Serienbildgeschwindigkeit der SL mit Firmware 3.0 zwischen 60 und 70 Prozent höher, nachdem der Buffer gefüllt ist. Das gilt sowohl im DNG- als auch im DNG+Jpeg-Modus

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lässt sich dem FavoritenMenü hinzufügen. Die Option, das Menü beim Blick durch den Sucher mit der Taste links oben vom Display einzublenden, ist jetzt standardmäßig ausgewählt. So lassen sich die Menüeinstellungen ändern, ohne den Blick vom Sucher-

Die aktuelle Ausgabe der LFI – und alle anderen seit 2003 –, News aus der Welt der Fotografie, Videos zu den Reportagen und ausgewählte Bereiche der Lesergalerie: die LFI-App für iOS und Android.


okular zu nehmen. Wer zu denjenigen gehört, die das Menü versehentlich mit der Nase aufrufen, kann diese Option abschalten. das ist noch nic ht al l e s. Leicas ursprüngli-

ches Konzept war, dass alle Belichtungseinstellungen sowohl für den Foto- wie den Videomodus gelten sollten. In der Praxis erfordern beide Modi jedoch oft unterschiedliche Einstellungen – dem trägt Firmware 3.0 Rechnung. Die Belichtungsoptionen für Foto- und Videoaufnahmen lassen sich nun unabhängig voneinander setzen. Im Videomodus steht die Bildfrequenz 24 Bilder/s jetzt auch für die UHS-Auflösung von 3840 × 2160 Pixel zur

Wahl; bisher war sie auf die 4096 × 2160 Pixel des Kinofilms beschränkt. Die Blitz-Voreinstellung des Weißabgleichs berücksichtigt nun das Einstelllicht einer Studioblitzanlage. Zoomt man im Wiedergabemodus in ein Bild hinein, merkt sich die SL die gewählte Position. Beim nächsten Mal führt das Zoom wieder zur gleichen Stelle im Bild, sodass sich der Fokus in einer Serie gleichartiger Bilder bequem überprüfen lässt. Die Leica SL hat schon bisher einen elektronischen Verschluss für Belichtungszeiten bis 1/16 000 s unterstützt, aber für Zeiten bis 1/8000 s hat sie den mechanischen Schlitzverschluss genutzt. Die neue Firm-

ware lässt die Wahl, den elektronischen Verschluss nur zur Erweiterung des Verschlusszeitenbereichs oder für alle Zeiten von 1 bis 1/16000 s zu verwenden. Manche Veränderungen sind eher kosmetischer Natur. Die Halbautomatik mit Verschlusszeitpriorität hieß bisher „T“ (für „time“), wird jetzt aber wie üblich als „S“ (für „shutter speed“) bezeichnet. Das sollte man im Sinn behalten, wenn man zwischen den neuen Optionen für die Belichtungssimulation wählt. Wenn diese eingeschaltet ist, zeigt Live View ein Bild auf Basis der automatisch oder manuell gewählten Werte von Blende und Verschlusszeit, sobald man den Auslöser halb durchdrückt. Die Option

„PASM“ aktiviert die Belichtungssimulation für alle Modi, „PAS“ dagegen beschränkt sie auf die Belichtungsautomatiken. „PAS“ empfiehlt sich für Blitzaufnahmen. Bevor der Blitz bei der eigentlichen Aufnahme zündet, reichen die manuell gewählten Belichtungswerte meist nicht für eine ausreichende Belichtung, und es würde irritieren, wenn sich der Sucher beim Antippen des Auslösers abdunkelte. Hier fehlt der Platz für eine Beschreibung aller Veränderungen, die die neue Firmware für die SL mit sich bringt, aber es sollte offensichtlich sein, dass sich deren Installation lohnt. Nehmen Sie sich die Zeit, alle Verbesserungen zu entdecken. michael j. hussmann

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F o r eve r yo u n g „Es war ein sonniger, aber windiger Nachmittag, als ich am Strand Landschaftsaufnahmen machen wollte. Dort traf ich diese Jungs, die sich am Meer verabredet hatten, um einen Geburtstag zu feiern. Sie luden mich ein, mitzufeiern und zu fotografieren. Ich habe den ganzen Nachmittag mit ihnen verbracht.“ Derlin Zhang Leica M240 mit Noctilux-M 1:0.95/50 mm Asph

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l ig h t box


ein bad i n h ua h i n „Dieses Bild habe ich in unserem Urlaub in Hua Hin, dem ältesten Seebad Thailands, aufgenommen. Ich versuche immer, alle guten Erinnerungen festzuhalten, und dieses Bad in dem privaten Swimmingpool, der zum Apartment gehörte, haben meine Frau und ich sehr genossen.“ Pongsathorn Leelaprachakul Leica M9-P mit Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph

E i n h e i sse r s o mme r ta g „Während der großen Hitzewelle Anfang Juni 2017 habe ich mich in Boston aufgehalten. Das Bild entstand am frühen Abend, als die Sonne bereits sehr tief am Himmel stand. Mir gefielen die Silhouetten der Menschen, die bei annähernd 40 Grad Celsius Abkühlung im Wasser suchten.“ Howard Yang Leica M8 mit Elmar-M 1:3.8/24 mm Asph

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e i n M o r ge n in la Coruña „Ich fotografiere ausschließlich auf der Straße. An diesem Morgen ging ich den Paseo Marítimo in La Coruña entlang und war fasziniert von dieser Frau ganz in Schwarz. Ich pirschte mich so nah wie möglich heran und drückte auf den Auslöser, als sie gerade den Kopf zur Seite drehte.“ Jorge Núñez Orjales Leica X Vario, Vario-Elmar 1:3.5–6.4/18–46 mm Asph

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h i tz e in Tokio „Es war ein brüllend heißer Juni-Nachmittag in Tokio. Wie so oft schlenderte ich mit meiner Kamera durch die Straßen, als mir diese Reisegruppe ins Auge fiel. Zwei der Teilnehmerinnen versuchten sich mit ihrem aufgeklappten Reiseführer vor der Sonne zu schützen.“ Takanori Tomimatsu Leica M Monochrom (CCD) mit Summilux-M 1:1.4/24 mm Asph

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se q u e n ce fluid 06 „Während meines Fotostudiums erhielt ich im ersten Semester einmal die praktische Aufgabe, innerhalb eines Tages eine Sequenz zu fotografieren. Das ist das letzte Bild meiner Lösung – mein Sohn, der aus dem Wasser im Schwimmbad St. Ruprecht in Raab/Österreich auftaucht.“ Niki Schreinlechner Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm

S w e at And Swing „Dieser Teil von Santa Monica Beach ist der Muscle Beach, an dem die Fitness-Bewegung in den 1930ern ihren Anfang nahm. Ich fotografiere dort sehr gern, die Gelegenheiten sind fast unendlich – was auch diese Komposition eindrucksvoll unter Beweis stellt.“ Dotan Saguy Leica M Monochrom (CCD) mit Summilux-M 1:1.4/24 mm Asph

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c i cc i o h at S pa S S „Diesen Tag haben wir mit der Familie auf Sizilien am Meer verbracht. Die Aufnahme zeigt meinen Enkel Ciccio in einem Moment, in dem er sich gerade vollkommen ausgelassen freute. Für mich ist das Bild eine wunderbare Erinnerung.“ Giuseppe Antonio R. Navarria Leica D-Lux109, DC Vario-Summilux 1:1.7– 2.8/10.9–34 mm Asph

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p h oto – b ü c h e r – Au ss t e l l u n ge n – f es t i va l s – Awa r ds –

Spiel mit deutschen Klischeebildern: Andreas Mühe, Betty (2012), aus der Serie Obersalzberg; rechts oben: Empfang Antonio Puri Purini, Italienische Botschaft (2009)

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L at i f A l A n i Historischer Blick auf den Irak: Der Band präsentiert das Werk Latif Al Anis (*1932), der heute als Gründungsvater der irakischen Fotografie gilt. Wie kein anderer dokumentierte er von den 1950er- bis 70er-Jahren Alltag und Kultur eines weltoffenen Landes im Übergang zur Moderne. Eine Wiederentdeckung.

C l au d i u s S c h u l z e

176 Seiten, 113 Abb., 29 × 25 cm, englisch, Hatje Cantz

Fotos: © Andreas Mühe/VG Bildkunst Bonn (2); © Claudius Schulze; © Latif Al Ani und Arab Image Foundation; © Stefano de Luigi

S tat e o f N at u r e

Über viele Jahre hat der deutsche Fotograf (*1984) an seinem Projekt gearbeitet, ist mit Großbildkamera und einem Kranwagen durch Europa gereist, rund 50 000 km, um seine Serie monumentaler Landschaftsbilder zusammenzutragen. Die Motive des großformatigen und aufwendig gestalteten Bildbandes belegen eindrücklich, wie sehr Schutz vor Naturkatastrophen heute ein selbstverständlicher Teil der europäischen Landschaft geworden ist. Denn was gern als malerische Idylle wahrgenommen wird, ist oft Teil einer hochtechnologischen Umgestaltung weiter Regionen: Alpenpanoramen werden von Lawinenwänden zerschnitten, die Nordseeküste ist zerfurcht von Wellenbrechern. Sicherheit vor den drohenden Naturgefahren sollen Murengalerien, Steinschlagfangnetze, Lawinenverbauungen, Wildbachbefestigungen und Auffangkapazitäten in Stauseen schaffen. Die Hilfe moderner Technologie in Design und Bau ermöglicht es, die gewaltigen Kräfte der Natur weitgehend einzuhegen. Doch es geht in diesem Projekt nicht darum, die Grenze zwischen Kultur und Natur zu problematisieren. Im Gegenteil: Die Fotografien verdeutlichen, wie sehr beide Sphären einander durchdringen. Entstanden sind die Motive in vielen europäischen Ländern, sie verdeutlichen das Privileg dieser reichen Industrienationen, sich dem Klimawandel stellen zu können, denn der Rest der Welt bleibt den Veränderungen oft völlig schutzlos ausgeliefert. 172 Seiten, 74 Abb., 30 × 36 cm, englisch/deutsch, Hartmann Books

S t e fa n o de L u i g i I D YSSEY

Auf Odysseus’ Spuren ist der Italiener (*1964) durch den Mittelmeerraum gereist. Angeregt von der Antike, erzählt er von den Umbrüchen unserer Gegenwart, fotografiert hat er mit dem iPhone. Ungewöhnlich ist auch die detailreiche Buchgestaltung. 52 S., 52 Abb., 28,5 × 20,5 cm, engl., Edition 500 Ex., Éditions Bessard

A n d r e as M ü h e Pat h o s A l s D i s ta n z

Er ist ein Geschichtenerzähler und in seinem neuen Bildband versucht der Fotograf (*1979) nichts weniger als die Vorstellung eines Deutschlandsbilds. Versammelt ist eine Auswahl präziser analoger Aufnahmen der letzten zwölf Jahre, darunter bekannte, zum Teil viel diskutierte Bilder aus den Serien Neue Romantik, Obersalzberg oder A.M., aber auch neue, nie gezeigte Arbeiten aus Wald oder Jagd. Viele der Arbeiten von Mühe beschäftigen sich mit Stimmungsklischees der Deutschen. Ob Prominentenporträts oder Arbeitszimmer von Politikern, ob Häuser der DDR-Granden in Wandlitz oder ein Bild der italienischen Botschaft in Berlin (oben), immer geht es um Überhöhungen und Brechungen der Macht. Das oft kaum erträgliche Pathos seiner Inszenierungen ist das perfekte Vehikel, um die Bilder provokant infrage zu stellen. Mit begleitenden Auszügen aus Florian Illies’ Collageroman 1913 – Der Sommer des Jahrhunderts ergibt sich eine zusätzliche spannende Ebene, die auf unterschwellige Parallelen zwischen 1913 und 2017 aufmerksam machen will. 260 Seiten, 150 Farbabbildungen, 23 × 28,8 cm, Kehrer Verlag

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He r l i n de Ko e l b l S ta d t h a u s U l m

C/O Berlin

Flucht: Verlassen und Ankommen, Fremde und Neuanfang – das Thema ist nicht neu in der Menschheitsgeschichte. In der Zeit des Kalten Krieges reiste 1970 der Tschechoslowake Josef Koudelka mit einem drei Monate gültigen Visum aus seiner 1968 durch die UdSSR und ihre Verbündeten besetzten Heimat aus. Er blieb im Westen und erhielt in Großbritannien Asyl als politischer Flüchtling. 20 Jahre war er ohne festen Wohnsitz und und besaß kaum mehr als seine Kamera. „Nachdem ich die CSSR verlassen hatte, entdeckte ich die Welt um mich herum“, sagt er. „Nichts drängte mich mehr, als zu reisen, um Fotos machen zu können.“ Das Exil prägte sein fotografisches Werk. In den 20 Jahren, die er unterwegs war, schuf er Bilder von Landschaften, Menschen und ihrem Alltag in Ländern wie Italien, Spanien, Portugal oder Irland. Vergangenheit, Traditionen und Riten: Koudelka, der Nomade, interessierte sich für die ethnischen und sozialen Gruppen, die von Vertreibung oder Aussterben bedroht sind. Sein Blick auf diese „Randgesellschaften“ war zugleich ein Blick auf sich selbst und sein eigenes Leben. C/O in Berlin widmet nun – erstmals nach 30 Jahren in Deutschland – dem Magnum-Fotografen eine Ausstellung. Die Retrospektive Invasion / Exiles / Wall umfasst drei wesentliche Schaffensphasen Koudelkas, präsentiert etwa 120 Fotografien und reicht von der Besetzung der Tschechoslowakei über seine Zeit im Exil bis zu den großformatigen Fotografien der von Israel an der Grenze zum Westjordanland errichteten Mauer. Neun Meter hoch und 700 Kilometer lang: Die Serie Wall ist Koudelkas persönlicher Appell an die Freiheit. 13. Juli — 10. September 2017, Foto: Josef Koudelka, Frankreich 1987

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1. Juli — 18. Sept. 2017; Foto: Herlinde Koelbl, Wohnzimmer von Walter Eckhard und Irmgard L. aus Ein deutsches Wohnzimmer (1978–1980)

To b i as Z i e lo n y V o n d e r H e y d t- K u n s t h a l l e , W u pp e r ta l

Das Haus der Jugend ist kein wirklicher Ort, sondern ein Lebensalter. In Ost und West fotografierte Zielony 1997 bis 2005 deutsche Jugendliche in ihrem Ringen um Selbstbewusstsein und Identität. Neuere Werke zeigen die queere und Techno-Szene im postrevolutionären Kiew 2013. 10. September 2017 — 14. Januar 2018 Foto: Tobias Zielony, aus der Serie Maskirovka, 2017

AL E c S OTH P E T E R B IALO B RZ E S KI deichtorhallen, Hamburg

Alec Soth sucht mehr als das Offensichtliche. In seinen Porträts liegt das Wesen über dem Sein, die Geschichte hinter dem visuellen Narrativ. Emotionen, Schicksale, Sehnsüchte – mit 65 Aufnahmen gibt Gathered Leaves einen Einblick in die amerikanischen Ideale von Unabhängigkeit, Freiheit, Individualität. Die zweite Heimat von Peter Bialobrzeski führt in Städte wie Bottrop, Haßloch oder Meißen, vor allem aber ist sie eine Reise durch das Dazwi-

schen. Garagentore, Laternen, Tankstellen, Leerstellen – diese „Erforschung der sozialen Oberfläche Deutschlands“ ist zugleich eine fotografische Bestandsaufnahme deutscher Befindlichkeiten. 8. Sept. 2017 — 7. Jan. 2018; Fotos: Alec Soth, Charles, Vasa, Minnesota 2002; Sleeping by the Mississippi (oben). Peter Bialobrzeski: Haßloch, 2014; Die zweite Heimat, 2011–2016

Fotos: © Josef Koudelka/Magnum Photos, © Herlinde Koelbl, © Tobias Zielony/KOW, Berlin, © Alec Soth/Magnum Photos/Agentur Focus, © Peter Bialobrzeski

J o se f Ko u de l ka

Arbeiter, Künstler, Bundeskanzler: Koelbl fotografiert Menschen im privaten und beruflichen Kontext. Oft zeigt sich dabei ihr unterschiedlicher Auftritt im privaten und im öffentlichen Raum. Mein Blick. Werke 1980–2016 präsentiert eine umfangreiche Auswahl von Bildern aus ihren verschiedenen Serien.


V i s a p o u r l’ Im age Pe r p i g n a n

Fotos: © Daniel Berehulak für die New York Times; © Ferhat Bouda/Agence VU

preisgekrönter fotojournalismus

Vom 2. bis 17. September 2017 findet im französischen Perpignan das internationale Festival für Fotojournalismus statt. Zur Professional Week vom 4. bis 9. September werden Fotografen, Journalisten und Redakteure aus aller Welt in der Stadt erwartet. Im Vorfeld wandte sich Festival-Leiter JeanFrançois Leroy mit der Bitte an die Fotografen, ihre Arbeit vor dem Festivalbesuch und den Portfolioreviews straff und sinnvoll zu editieren: „Wir brauchen euch, bitte enttäuscht uns nicht.“ Nach diesen Maßstäben hat er selbst auch die Ausstellungen in zirka 20 Veranstaltungsorten in der ganzen Stadt ausgewählt, die für die Festivalbesucher kostenfrei zugänglich sind. Ferhat Bouda konnte im Vorjahr den Pierre & Alexandra Boulat Award ge-

winnen. Seine Arbeit über das Leben und die Kultur der Berber in Marokko ist nun erstmals als Ausstellung zu sehen – Schwarzweißbilder einer verschwindenden Welt. Die Fotografin Isadora Kosofsky hat jugendliche Straftäter und ihre Familien in den USA begleitet und wirft einen kritischen Blick auf das amerikanische Justizsystem und seine Auswirkungen auf die

Heranwachsenden. Daniel Berehulak hat sich in seiner Serie They Are Slaughtering Us Like Animals mit der Antidrogenkampagne des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte beschäftigt, in der er gnadenlos gegen Drogenkriminalität vorgeht. Noch mehr Bilder gibt es bei den abendlichen Screenings im ehemaligen Kreuzgang Campo Santo zu sehen, bei denen zahlreiche bedeutende Preise wie der Carmignac Photojournalism Award oder der Getty Images Grant verliehen werden. Oben: aus der Serie They Are Slaughtering Us Like Animals von Daniel Berehulak; unten: zum ersten Mal ausgestellt – Ferhat Boudas Arbeiten zur Berberkultur in Marokko www.visapourlimage.com

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C h i n e s i s c h e Ta l e n t e u n d S a m m l e r i m F o k u s

Von oben im Uhrzeigersinn: Lillian Bassman, Tunic Suit, Sunny Harnett, 1955; Fan Xi, The Tree No. 2, 2015; Li Ya’nan: Waiting, Fushun, Provinz Liáoníng, China 2016. www.photofairs.org/shanghai

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Fotos: Courtesy of Camera Work and Lillian Bassman Estate (oben); Courtesy of the artist (links); Courtesy of Gallery Yang (rechts)

PHOTOFAIR S | S h a n g h a i

Bereits zum vierten Mal öffnet die Messe Photofairs Shanghai ihre Türen. Vom 8. bis zum 10. September 2017 dreht sich im Shanghai Exhibition Center alles um Fotografie – zahlreiche Galerien zeigen ein abwechslungsreiches Programm. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf neuen und etablierten Talenten aus China wie Fan Xi (Gallery Yang, Peking), Peng Yung (Vanguard Gallery, Shanghai) und Zeng Fanzhi ShanghArt Gallery (Shanghai, Peking & Singapur). International wird es mit Bildern von Henri Cartier-Bresson (Time Space Gallery, Peking), Alexander Rodtschenko (Books and Photographs, Paris) und Lillian Bassmann (Camera Work, Berlin). Erstmals öffnen Sammler aus China ihre Archive und zeigen in einer Ausstellung u. a. Werke von Wolfgang Tillmans, Cindy Sherman, Araki, Yang Fudong und Geng Jianyi. Leica ist ebenfalls in Shanghai zu Gast. In einer Galerie in Halle 10 sind Höhepunkte der Leica-Fotografie zu sehen, darunter Elliott Erwitt mit Personal Best und humorvolle Street Photography von Magnum-Fotograf Matt Stuart. Ebenfalls zu sehen sind Bilder von Joel Meyerowitz, der 2016 in die Leica Hall of Fame aufgenommen wurde. Abgerundet wird das Programm von Bildern des chinesischen Fotografen Li Ya’nan, dessen Arbeiten zwischen Street und Dokumentarfotografie changieren. Mit seiner Kamera ist er sowohl auf den Straßen in China als auch in Krisengebieten wie Afghanistan unterwegs. Neben den zahlreichen Ausstellungen können sich die Besucher auch mit der Zukunft der Fotografie befassen: Im Rahmen der Plattform Staged werden Künstler die Grenzen der Fotografie in Verbindung mit anderen Kunstformen untersuchen.


S MAGAZIN AUSGABE 9 20

Le i c a G a l e r i e n deutschland

Portugal

We t z l a r

Porto

Huber, Umbach, von Schweinitz

Pedro Matos: Heirs of Slavery

Am Leitz-Park 5, 35578 Wetzlar 5. September — 10. November 2017

Rua de Sá da Bandeira, 48/52, 4000-427 Porto 1. Juli — 13. September 2017

Frankfurt

Fotografien aus der Sammlung Großer Hirschgraben 15, 60311 Frankfurt am Main 7. August — 30. September 2017 N ü r n be r g

Graf Castell: Chinaflug Obere Wörthstr. 8, 90403 Nürnberg 8. Juli — 23. September 2017

Türkei

Ahmet Polat: The Myth of Men Bomontiada – Merkez, A, Birahane Sk. No:1, 34381 Şişli/İstanbul 7. September — 2. Dezember 2017 USA

Heidi und Robert Mertens: Das andere Sehen

L o s A n ge l es

Am Bahnhof 1, 18374 Zingst 21. September — 13. Dezember 2017

8783 Bever­ly Boulevard, West Hollywood, CA 90048 3. August — 31. August 2017

Salzburg

Wuales #002: Nude Silhouettes Gaisbergstr. 12, 5020 Salzburg 11. August — 14. Oktober 2017

O O K

Arthur Meyerson: The Journey

B

Alain Laboile: Quotidian 74 Arlington Street, Boston, MA 02116 31. August — 29. Oktober 2017

O

brasilien

S ão Pau l o

Aktuelle Ausstellung stand bei Redaktionsschluss nicht fest

wien

Rua Maranhão, 600 Higienópolis, 01240–000 São Paulo

Walfischgasse 1, 1010 Wien 18. Juli — 27. September 2017 i ta l i e n

Mailand

Michael Ackermann Via Mengoni, 4, 20121 Mailand 25. Juli — 16. September 2017

Ja pa n

Julian Lennon: Cycle – Life Cycle 6-4-1 Ginza, Chuo-ku, Tokio 16. Juni — 17. September 2017

Singapur

w a r sc h a u

Bogdan Dziworski: f/5.6

·

Julian Lennon: Cycle – River Life

Prag

polen

K

Kyoto

tschechien

Školská 28, 110 00 Prag 1

O

Tokio

570–120 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku, Kyoto 23. Juni — 17. September 2017

Wegen Umbau geschlossen

STATE-OF-THE-ARTFOTOGRAFIE VON

Boston

Arenbergstr. 10, 5020 Salzburg 6. August — 3. November 2017

Manfred Baumann: The Collection

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S c h l o ss A r e n be r g

Eva Andessner: … look at me!

SEITEN · 9,90

i s ta n b u l

Z i n gs t

österreich

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FOTOGRAFEN

Singapur

Fulvio Bugani: A Personal Vision The Fullerton Hotel, 1 Fullerton Square, #01-07 17. August — Mitte September 2017

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Enrique Badulescu Joachim Baldauf Brix & Maas Bil Brown Arved Colvin-Smith Anna Daki Rui Faria Christian Geisselmann Esther Haase Marie Hochhaus Benjamin Kaufmann James Meakin Monica Menez Hector Perez Elizaveta Porodina René & Radka Christian Rinke Tristan Rösler Takahito Sasaki SPECIAL

GUEST

Ellen von Unwerth

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Mysia 3, 00–496 Warschau 8. September — 22. Oktober 2017

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„W i r z e i ge n da s ve r lo r e n e u n d ve r gesse n e .“ i n t e rv i e w

Seit 30 Jahren präsentiert das Backlight Photo Festival in Tampere internationale Reportage- und Kunstfotografie. Direktorin Tuula Alajoki spricht über das Festival und die Besonderheiten der Fotoszene in Finnland.

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LFI: In diesem Jahr wird das Backlight Photo Festival 30. Erzählen Sie von der Geschichte dieser Triennale. Tuula AlajokI: Backlight wurde 1987 zu einer Zeit ins Leben gerufen, als in Finnland noch kaum internationale Fotografie gezeigt wurde und der Begriff so noch gar nicht geläufig war. Unsere Wurzeln liegen in der Dokumentarfotografie und wir konzentrieren uns noch immer auf aktuelle soziale Themen. Backlight ist die älteste Veranstaltung dieser Art in Finnland.

Juuso Westerlund. Die Ausstellung war schon in Ungarn, Österreich und Slowenienzu sehen und sie wandert weiter nach Kroatien, Lettland, Litauen und in die Slowakei. Sie ist Teil der 100-Jahr-Feiern in Finnland 2017. LFI: Sie zeichnen auch Portfolios aus.

Was steht heute, verglichen mit früheren Backlight-Festivals, in Ihrem Fokus, politische oder eher künstlerische Fotografie? AlajokI: Für uns gab es da nie einen Unterschied. Mit dem Start von Backlight im Jahr 1987 existierte so etwas wie künstlerische Fotografie, wie wir sie heute kennen, gar nicht, zumindest nicht in Finnland. Auch Farbfotografie war damals ein neues Phänomen. Ich denke, Kunst ist politisch. Ich denke, dass wir immer beide oder auch mehrere Seiten zeigen, ist wichtiger, als sich Gedanken über die Definition von Genres oder Techniken zu machen.

Foto links: © Bénédicte Vanderreydt; Fotos rechts: © Sonja Hamad, © Tito Mouraz, © Nina Korhonen

LFI: Was ist so besonders an Backlight?

AlajokI: Das Festival lebt davon, dass wir zwar fernab der Metropolen, aber nah an den Inhalten sind. Ich denke, seine Geschichte und Tradition führt ebenso zu einer bestimmten Erwartungshaltung wie die Tatsache, dass es sich um eine Triennale handelt. Jede Ausgabe von Backlight ist einzigartig, mit unterschiedlichen Themen, unterschiedlichen internationalen Partnern und einer neuen Jury. Sie, zusammen mit den teilnehmenden Künstlern, machen das Event aus. Wir laden neue Künstler, Partner und Fotoenthusiasten aus der ganzen Welt mit offenen Armen ein, ihre Projekte und Ideen für neue Kooperationen vorzuschlagen. Wir interessieren uns für Dinge, die oft ein Schattendasein führen. Wir wollen einen interkulturellen Dialog anstoßen, indem wir das Vergessene und das Verlorene zeigen. LFI: Welche besonderen Aktivitäten sind für das elfte Backlight geplant? Finnland feiert außerdem den 100. Jahrestag der Staatsgründung. AlajokI: Wir hatten für dieses Jahr das Motto Independence ausgerufen. Wir zeigen hier in Tampere die Arbeiten von 22 Künstlern aus zwölf Ländern und Independence Through the Lenses, eine Wanderausstellung mit sieben finnischen Künstlern: Juha Arvid Helminen, Sara Hornig, Jaakko Kahilaniemi, Riitta Päiväläinen, Harri Pälviranta, Juha Suonpää und

LFI: Was sind die Charakteristika

Von oben: Sonja Hamad, kurdische Kämpferinnen aus der Serie Jin – Jiyan – Azadi; Tito Mouraz, The House of Seven Women, ein Mythos aus Beira-Alta/Portugal; Anna the American Granny – Nina Korhonen erzählt von ihrer Großmutter. Links: I Am 14 – Teenagerporträts von Bénédicte Vanderreydt

der finnischen Fotoszene, warum ist die Helsinki School so berühmt? AlajokI: An der Helsinki School kommt niemand vorbei. Aber ich würde sagen, dass der Grundstein noch tiefer in früheren Generationen liegt – an den Kunstschulen gibt es eine sehr gute Ausbildung im Bereich Fotografie. Und finnische Künstler sind auch immer selbst sehr aktiv, um sich international zu vernetzen, dafür gibt es auch finanzielle Unterstützung. Als Backlight ins Leben gerufen wurde, haben die Museen hier keine Fotografie gezeigt. Aber schaut man sich heute die Programme der größeren Häuser an, wird dort regelmäßig Fotografie ausgestellt und niemand hinterfragt noch, ob Fotografie Kunst ist. LFI: Was wünschen Sie den heutigen

T uu la Ala joki Geboren 1975 Rovaniemi/ Finnland. Seit 2001 für das Backlight-Festival tätig, seit 2012 dessen Direktorin. Alajoki hat an der Universität Aalto einen MA in Kunst erworben, unterrichtet Fotografie in Tampere und schließt derzeit ein Studium der Kunstpädagogik an der Universität Helsinki ab.

Fotografen im allgemeinen? AlajokI: Bleibt euch treu und bewahrt eure Eigenheiten. Interview: Carla Susanne Erdmann

Bac kligh t Ph oto Festival: 30-jähriges Jubiläum; 9. September bis 29. Oktober 2017; Tampere, Finnland; www.backlight.fi

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Leica Fotografie I n t e r n at i o n a l

Pe t e r B i a lo b r z es k i mein Bild

Der Engländer liebt Tee, Pferderennen und Traditionen. Diese jungen Frauen haben sich fürs Derby in Schale geworfen – gelebtes Klischee oder feinsinnige Ironie?

69. Jahrgang | Ausgabe 6. 2017

LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Springeltwiete 4, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de Chefredaktion Inas Fayed, Frank P. Lohstöter (V.i.S.d.P.) A rt Direction Brigitte Schaller REDA KTION Carla S. Erdmann, Michael J. Hußmann, Katrin Iwanczuk, Bernd Luxa, Edyta Pokrywka, David Rojkowski, Holger Sparr, Olaf Staaben, Olaf Stefanus, Katrin Ullmann Fotoredaktion Reportage Carol Körting layout Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Henry Carroll, Ralf Hanselle, Katja Hübner, Ulrich Rüter Geschäftsführung Frank P. Lohstöter, Anja Ulm A nzeigenleitung & M arketing Kirstin Ahrndt-Buchholz, Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: buchholz@lfi-online.de holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 45 vom 1.1.2017

Give my Regards to Elizabeth, Epsom 1992

Es war im Frühsommer 1992. Seit etwas mehr als einem halben Jahr fotografierte ich schon für meine Diplomarbeit an der Folkwangschule Essen. Give my Regards to Elizabeth, so der spätere Titel der Arbeit, sollte eine Bestandsaufnahme, aber auch eine Anklage gegen die Selbstzufriedenheit der englischen Mittelschicht sein. Nicht lange nachdem Premierministerin Margaret Thatcher die Regierungsgeschäfte an den farbund glücklosen John Major abgegeben hatte, begann ich meine Reise in London und Umgebung. Seit 1780 wird in Epsom in der Grafschaft Surrey „Das Derby“, eines der ältesten englischen Pferderennen ausgetragen. Die jungen Frauen, mit denen ich zunächst ein wenig geplaudert hatte, haben sich, wie es schon viele Jahre Tradition ist, fürs Picknick aufgebrezelt. Oder ist das Outfit doch ironisch gemeint? Peter Bialobrzeski, 1961 in Wolfsburg geboren, studierte Fotografie an der Essener Folkwangschule und am LCP in London. Zahlreiche Publikationen, Auszeichnungen und Ausstellungen weltweit. Seit 2002 ist er Professor für Fotografie an der UdK in Bremen.

LFI 7/ 2 0 1 7 e r s c h e i n t a m 2 2 . S e p t e m b e r 2 0 1 7

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REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt A BO-Bezugsbedingungen LFI erscheint achtmal jähr­lich in deutscher und englischer Sprache. Jahresabonnement (inkl. Ver­sandkosten): Deutschland: 58 € Belgien, Österreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz: 63 € weltweit: 69 € LFI ist auch als App im Apple iTunes Store und bei Google Play erhältlich LFI-A boservice Postfach 13 31, D-53335 Meckenheim Telefon: 0 22 25/70 85-3 70 Telefax: 0 22 25/70 85-3 99 E-Mail: lfi@aboteam.de Für unverlangt eingesandte Fotos und Texte übernimmt die Redak­tion keine Haftung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber­ rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla­ges unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Leica – eingetragenes Warenzeichen.


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