LFI Magazin 8/2017 D

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N OV E M B E R | D EZ E M B E R

D 7,50 € A 8,50 € L 8,70 € I 8,80 € CHF 13,20

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Gaël Turine Emil Gataullin Lisl Steiner Jarle Hagen

L E I C A F O T O G R A F I E I N T E R N AT I O N A L

Ralph Gibson


© Stefan Müller

HELMUT NEWTON FOUNDATION / BERLIN BIS 19. NOVEMBER 2017 MARIO TESTINO / UNDRESSED HELMUT NEWTON / UNSEEN JEAN PIGOZZI / POOL PARTY AB 1. DEZEMBER 2017 GUY BOURDIN / IMAGE MAKER HELMUT NEWTON / A GUN FOR HIRE ANGELO MARINO / ANOTHER STORY HELMUT NEWTON FOUNDATION MUSEUM FÜR FOTOGRAFIE JEBENSSTRASSE 2, 10623 BERLIN Di, Mi, Fr, Sa, So 11-19, Do 11-20 Uhr www.helmutnewton.com


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p o rt f o l i o l i gh t b ox

F / s to p

1 0 2 | Lf i . G a l e r i e

8 4 | L e i c a CL

Über 23 000 Fotografen präsentieren in der LFI-Galerie über 300 000 Aufnahmen. In dieser Ausgabe: Menschen, Städte, Straßenszenen

Die Leica TL2 hat eine Schwester bekommen: die Leica CL. Die wichtigsten technischen Parameter sind identisch, doch das Design ist klassisch. Ebenfalls neu: das superflache Elmarit-TL 1:2.8/18 mm Asph

Ph oto

90 | Thambar

112 | bücher

Die Geschichte einer Wiedergeburt: Das Weichzeichnerobjektiv Thambar 1:2.2/9 cm ist, nach seiner Ersteinführung 1935, nun mit M-Bajonett wieder auf dem Markt

Aktuelle Bücher von: Álvaro Laiz, Gianluca Galtrucco, Guy Bourdin, Sam Contis und Raymond Depardon

96 | Limoland Das erste Sondermodell der Sofortbildkamera aus Wetzlar ist da: die Leica Sofort „Limoland by Jean Pigozzi“. Herzlich willkommen, Mr Limo!

Emil Gataullin: Dalmatiner, Moskau 2011

1 1 4 | Au s st e l lu n g e n

Ralph Gibson 6 | The Vertical Horizon

Mehr Spannung, mehr Dynamik: Ralph Gibsons Lobgesang auf das Hochformat

Emil Gataullin 20 | bis zum Horizont

Poetische Sammlung von „Momenten des Lebens“ – aufgenommen im ländlichen Russland

Fast die gleiche Silhouette wie die erste Leica: die neue CL mit APS-C-Sensor

Gaël Turine 36 | En bas la ville

Fotografien aus dem krisengeschüttelten Haiti: eine Liebeserklärung an das Leben

George Tatakis 5 2 | G r i e c h i s c h e B räu c h e

Rituale mit Tradition: fotografische Reise zu irdischen Hochzeiten und himmlischen Namenstagen

Robert Frank, Wien; Matthew Rolston, Berlin; Martin Parr, München; Blicke, die bleiben, Aachen; Sabine Weiss, Berlin 116 | Leica Galerien Der Überblick über das Programm der Leica Galerien weltweit. Mit dabei sind u. a. Oskar Anrather, Marc Riboud, Ahmet Polat und Craig Semetko 1 1 8 | i n t e rv i e w Ein Gespräch mit Douglas So über Hongkong als Ort der Begegnung von Ost und West, das F11 Foto Museum und die Galerie f22 foto space 122 | mein Bild Handwerk mit Tradition: Während der Arbeit an seiner Serie The Afghans porträtierte Jens Umbach einen Bäcker 122 | impressum

Jarle Hagen 62 | A Proud SÁmi

Entstanden im kargen Licht Nordnorwegens: eindrucksvolle Porträts der Samen

Lisl Steiner 7 2 | I m p r o v i s at i o n : D i e l e t z t e F r e i h e i t

Von Fidel Castro, Richard Nixon bis Martin Luther King: legendäre Bilder und ihre Entstehungsgeschichte

Coverfoto: aus der

Serie The Vertical Horizon von Ralph Gibson

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L F I -Wo r k s h o p s

LFI -Wo r k sh o p s 2 0 1 8 das n e u e P r o g ra m m

Im März wird Danny Wilcox Frazier in Hamburg sein Wissen weitergeben

Mit neuem fotografischen Wissen ins Jahr 2018 starten – mit den LFI-Workshops im kommenden Frühjahr. Vom Dreh kleiner Videosequenzen über das Anfertigen eines guten Porträts, von Street Photography über die Bewertung durch einen professionellen Bildredakteur: Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Den Auftakt macht Ragnar Axelsson, der im Januar von seiner Arbeit in der Arktis berichten wird. Uwe Martin wird die Teilnehmer im Februar anleiten, mit kleinen Videosequenzen und Bildern eine Geschichte rund um den Hamburger Hafen zu erzählen. Im März wird Danny Wilcox Frazier zu Gast sein und sein Wissen weitergeben: ganz nah dran an den Menschen, die er in den Mittelpunkt der Bilder rückt. Die Teilnehmerzahl ist auf zwölf begrenzt, auch Studentenplätze sind im Angebot. Alle Workshops finden in Hamburg statt. Das komplette Frühjahrsprogramm finden Sie in Kürze unter lfi-online.de/workshop

Contributor

Seine Leica hat er immer dabei. Doch besonderes Augenmerk sollte bei diesem Spiegelporträt vor allem auf die vertikal ausgerichtete Kamera gelegt werden. Kein Zufall, wird diese Perspektive doch von dem US-amerikanischen Fotografen besonders bevorzugt. Die auf unserem Titelbild und in diesem Heft gezeigte Serie The Vertical Horizon, die in den letzten zwei Jahren entstanden ist, belegt die Meisterschaft Gibsons, Farbe, Form und Inhalt spannend zusammenzubringen. 4 |

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Lisl Steiner „Das Auge macht das Bild, nicht die Kamera.“ Und dieses Auge – normalerweise hinter dem Sucher der Leica verborgen – hat die Welt gesehen. Mit Weitblick, aber auch mit Humor und Leidenschaft hat die in Österreich geborene und heute in New York lebende Fotografin über viele Jahrzehnte US-amerikanische Größen aus Musik und Literatur, aus Politik und Gesellschaft für renommierte Magazine festgehalten. Bis heute ist sie eine begnadete und kurzweilige Geschichtenerzählerin.

Gaël Turine

Ursprünglich wollte der belgische Fotograf eine fotojournalistische Arbeit über das Leben in der Hauptstadt Haitis umsetzen – doch die Aufenthalte in Port-au-Prince mit einem befreundeten Schriftsteller veränderten seinen Blick auf die Stadt und seine Arbeitsweise. „Ich musste meine Komfortzone verlassen“, erzählt er. Immer wieder ist er nach Haiti gereist und hat dort an seinem Projekt gearbeitet. 2018 plant er nun, die Bilder genau dort, wo sie entstanden sind, auszustellen.

Fotos: Danny Wilcox Frazier/2017, VII Photo Agency LLC; H. S. Kim, Seoul, 2016; Aldo Sessa; Loïc Delvaulx

Ra l p h G i b s o n


LEICA. DAS WESENTLICHE.

Leica TL2 Ein Statement. Die neue TL2 erweitert Ihren kreativen Spielraum mit zahlreichen Innovationen. Ein APS-C-Sensor mit 24-MP und der Prozessor der Maestro-II-Serie ermöglichen ein Plus an Brillanz und Schärfe, auch Serienaufnahmen mit bis zu 20 Bildern in der Sekunde und Videos in 4K-Qualität sind hier verfügbar. Auf dem hochauflösenden 3,7" Touchscreen navigieren Sie intuitiv durch individualisierbare Menüs und können sich schnell wieder auf das Wesentliche konzentrieren: das Fotografieren selbst. Informieren Sie sich jetzt auf tl2.leica-camera.com. LEICA TL-SYSTEM. Selbstbewusst anders.

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NEU


t h e v e r t i c a l 6 |

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h o r i z o n

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Ralph Gibson



Fast zwei Jahre arbeitet Ralph Gibson schon an seiner Serie im Hochformat – in New York oder Los Angeles, Deutschland oder Brasilien, Korea oder Norwegen. Die Orte dienen der Inspiration, doch „die Bilder sehen alle aus, als könnten sie bei meinem Studio in New York gleich um die Ecke entstanden sein.“

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Vor allem Farbe und Licht bestimmen viele der Motive der Serie The Vertical Horizon. Gemeinsam ist den einzelnen Aufnahmen die Reduktion auf wenige Details, eine stimmige grafische Gestaltung und nicht zuletzt die dynamische Komposition. So fĂźgen sich Motive zu einer spannenden Bildfolge zusammen

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Für den Fotografen gibt es drei Schritte beim Betrachten einer Arbeit: Am Anfang steht die Aufmerksamkeit, „die in meinem Fall durch die grafische Wirkung meiner Arbeit entsteht. Dann folgt das Interesse und, nachdem man das Werk eine Weile studiert hat, schließlich die bewusste Erkenntnis“, erläutert Gibson

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„Farbe spiegelt das Zeichensystem einer Gesellschaft wider, die Sprache der Zeichen, Formen und Symbole. Schwarz und Weiß tendieren stärker zur Abstraktion und sind sofort dramatischer. Wenn Leute mich fragen, ob ich Schwarz und Weiß oder Farbe bevorzuge, antworte ich, dass ich alle drei mag“, so Gibson

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Ralph Gibson entdeckte die Fotografie während seiner Militärzeit bei der US-Marine. 1939 in Los Angeles geboren, studierte er 1956 bis 1962 am San Francisco Art Institute. Danach arbeitete er als Assistent von Dorothea Lange und Robert Frank. 1969 gründete Gibson den Verlag Lustrum Press; mittlerweile hat er über 40 Bücher veröffentlicht. Gibson lebt und arbeitet in New York.

ra l phg i b s o n .co m LFI -O nl i n e .D E / B log : Slideshow mit weiteren Bildern Aus der Serie

Equipment: Leica M10, Leica M240, Leica M Monochrom246 mit Apo-Telyt 1:3.4/135 mm

Im Werk von Ralph Gibson ist die Farbe noch immer eine Entdeckung, denn berühmt geworden ist er vor allem durch seine monochromen Fotografien. Die Arbeiten zeichnen sich durch eine perfekte Komposition von Linien, Flächen, Licht und Schatten aus. Seine Bildsprache ist in unzähligen Büchern, Serien und Motiven längst stilbildend geworden und nicht zuletzt seine eleganten Aktaufnahmen haben dem Fotografen eine enorme Aufmerksamkeit verschafft. Seit vielenJahrzehnten hat Gibson immer mit einer Leica gearbeitet, war allerdings lange Zeit überzeugt, dass sich die digitale Fotografie nicht mit der analogen messen lassen könne. Doch mit dem ehrenvollen Angebot einer „Ralph Gibson Edition“ der Leica M Monochrom, die 2013 entwickelt wurde, änderte er seine Meinung (LFI 2/2014). „Ich war schon sehr skeptisch gegenüber dem digitalen Bildverfahren. 60 Jahre Dunkelkammer prägen. Doch die unmittelbaren Ergebnisse mit dem Prototyp der Monochrom überzeugten mich, dass es eine spezielle Sprache gibt, die dem digitalen Lexikon innewohnt und ich wollte meinen Wortschatz gern erweitern. Ich war bereit, eine neue Sprache zu lernen“, erinnert sich der Fotograf. Als wichtigen Punkt stellt Gibson heraus, dass für ihn „jede Form der digitalen Verarbeitung eine Verdichtung bedeutet. Das hat sich in der Musik, beim Kino- und Videobild, im Mobilfunk, im Bankwesen etc. als wahr erwiesen. Ich habe bemerkt, dass das 50-mm-Objektiv den Eindruck erzeugte, mit einer etwas längeren Brennweite aufgenommen zu sein. Ich glaube, eine wesentliche Komponente der digitalen Sprache ist die perspektivische Verkürzung.“ Mit der Serie The Vertical Horizon schlägt Gibson nun ein neues Kapitel seiner Erfahrungen mit den digitalen Möglichkeiten auf. Sein technischer Ausgangspunkt für die Serie war ein Apo-Telyt 1:3,4/135 mm an einer Leica M. Für Gibson ist die visuelle Verkürzung ein Vorgehen, das er mit musikalischen Erfahrungen assoziiert: „Ich stelle mir vor, dass die Lichtstrahlen während der Belichtung kom-

primiert werden. Diese Idee ist jenem Musiker nicht unvertraut, der eine intensive Beziehung zu seinem Instrument hat.“ Anzumerken ist an dieser Stelle, dass Gibson neben der Fotografie auch ein Faible für Musik und insbesondere die Gitarre hat: „Mein kreatives Leben verteilt sich auf das Komponieren für die Gitarre und das Produzieren neuer Bilder. Beides gehört zusammen. Was in der Fotografie die Realität ist, ist in der Musik die Melodie.“ So wird deutlich, warum Gibson, trotz aller Reduktion und Abstraktion die Wiedererkennbarkeit der dargestellten Objekte wichtig bleibt. „Ich möchte keine Fotografien aufnehmen, die so abstrakt sind, dass man das Thema nicht mehr erkennt. Dabei ist die Wirklichkeit ein Vorwand für meine Bemühungen, Klarheit zu erzielen.“ Titelgebend, aber dennoch ungewöhnlich bei The Vertical Horizon ist die konsequente Verwendung des Hochformats. „Ich habe bereits vor Jahren entdeckt, dass ich eine große Spannung und damit mehr Dramatik mit der vertikalen Komposition erzielen kann. Ich entferne mich dabei mehr und mehr von der Konvention der Dokumentarfotografie. Ich will insbesondere nicht den horizontalen Rahmen, da er mich zu sehr an das Kino, die Narration und die Allegorie erinnert. Der vertikale Rahmen dekonstruiert gewisse Voreinstellungen über das Verhältnis des Goldenen Schnitts. Die Vertikale deutet immer mehr auf eine monokulare Sicht hin.“ Mit großer Konsequenz hat Gibson vor zwei Jahren dieses Projekt gestartet und nun stehe es kurz vor der Vollendung. Eine erste Auswahl der Serie war bereits in diesem Sommer in der Pariser Galerie Thierry Bigaignon zu sehen und nun soll bald eine Ausstellung in New York folgen. Begleitend soll es dann auch ein neues Buch geben. Über weitere Details lässt sich Gibson allerdings noch nicht aus. Wir bleiben gespannt. Ulrich Rüter

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Emil Gataullin Bis zum Horizont

Die Bilder von Emil Gataullin haben keine Titel, oft weiß der Betrachter nicht mehr, als dass der Fotograf seine Motive bevorzugt im ländlichen Russland entdeckt. Sie beherbergen keine Information, kein Ereignis, nur die Einladung an den Betrachter, sich den Sinn eines Bildes selbst zu erschließen.

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e m i l G atau l l i n Geboren 1972 in JoschkarOla, etwa 750 Kilometer östlich von Moskau. Studium der Monumentalmalerei am Moskauer Kunstinstitut Surikow. Kurz nach der Jahrtausendwende begann er, sich für Fotografie zu interessieren, und fand im Fotografietheoretiker Alexander Lapin seinen Lehrer und Mentor. Seine Liebe gehört der Schwarzweißfotografie, aber mit zunehmend häufigeren Ausflügen in die Welt der Farbe. Gataullin lebt in Koroljow bei Moskau.

emi lgatau l l i n.ph oto she lt e r.co m Equipment: Leica M7 mit Summicron 1:2/35 mm und Summicron 1:2/50 mm E mi l Gatau l l i n: B i s zu m H o rizo n t

Das Buch ist 2016 im Verlag Lammerhuber erschienen (256 Seiten mit 129 Fotos, Texte auf Deutsch, Englisch und Russisch)

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Emil Gataullins Werk, wenn man von einem Werk denn schon sprechen kann, war noch weitgehend unbelichtet im Westen, als es 2014 der Jury des Alfred-Fried-Award auffiel: Gataullin hatte einige Schwarzweißfotografien aus dem russischen Dorfleben eingeschickt, Bilder von stiller, leicht wehmütiger Poesie. Sein Foto zweier Jungen, kopfstehend auf einer Schaukel, wurde das Bild des Jahres bei diesem Wettbewerb. Und lange dauerte es nicht mehr, bis der Erste sagte, Gataullin sei ein russischer CartierBresson. Das ist ein großes Wort und es liegt sogar nahe beim Blick auf die Kunst, auch das Unscheinbare so zu zeigen, dass der Betrachter den Blick kaum abwenden kann. Dass er meint, ein Geheimnis zu sehen, gepackt von einer schwer zu entschlüsselnden Emotion. Nur: Bevor man einen Menschen hinter einem Denkmal versteckt, sollte man ihn kennenlernen. Wer ist dieser Emil Gataullin, zurückhaltend, schmal, mit leicht ergrautem Haar, geboren 1972, dem bei Begegnungen anzumerken ist, wie fern ihm die Aufregungen der internationalen Fotografenszene noch sind? Gataullin ist leise, wenn er von seinem Leben erzählt, das 750 Kilometer östlich von Moskau begann, in JoschkarOla, an einem Nebenfluss der Wolga. Der Vater: Sänger. Die Mutter: Musiklehrerin. Doch auch als die Familie in die Millionenstadt Kazan zog, behielt der Junge seine Neigung zur Provinz, zum kleinstädtischen, zum dörflichen Kosmos, wo er fast alle Ferien bei seinen Großeltern verbrachte. „Es war die schönste Zeit meines Lebens“, sagt

Gataullin; es ist ein Schlüsselsatz zum Verständnis seiner fotografischen Rückkehr ins Dorf, seiner Flucht aus Moskau, wo er mit Frau und Tochter in einer peripheren Trabantensiedlung aus der Chruschtschow-Ära lebt. In Kazan studierte Gataullin an der Kunsthochschule, später am Moskauer Kunstinstitut Surikow. Sein Studienfach, Monumentalmalerei, klingt nach pompösem Sowjetrealismus, nach heldenhaften Werktätigen in Öl, aber es waren vor allem die zarten Stillleben des Italieniers Giorgio Morandi, es waren dann auch Matisse, Monet und Cézanne, die Gataullin begeisterten. Und die ihn selbst zu einem Maler machten, der bis heute von dieser Profession lebt, nicht aber von der Fotografie. Dass die dennoch in sein Leben trat, hat mit einer Zenit-Kamera zu tun, die ihm sein Onkel schenkte, als Gataullin 16 Jahre alt war. Stillleben fotografierte der Junge mit ihr, auch Landschaften, an Menschen aber wagte er sich noch nicht heran. Eine Begegnung mit Alexander Lapin, dem großen alten Mann der russischen Fototheorie, änderte das. 2003 und 2004 besuchte Gataullin Fotokurse bei ihm, lernte bei ihm die Komposition und die Sprache von Bildern. Lernte, wie er selber sagt, „die visuelle Wahrnehmung“, nachdem er zuvor nur voller Fragen gewesen war. Sogar der, wohin er denn gehen sollte. In die Reportagefotografie, die dokumentarische Fotografie, die künstlerische? Dass Gataullin Josef Koudelka, Sebastião Salgado und tatsächlich auch Henri Cartier-Bresson, der ja ebenfalls die Malerei studiert hatte, als seine Vorbilder bezeichnet, beantwortet die Frage noch nicht. Selbst wenn sie seine Vorliebe für die Schwarzweißfotografie bestimmt haben dürften. Und auch die russischen Kollegen, die er als jene benennt, die ihn beeinflusst haben, Wladimir Semin, Gennady Bodrow und Walery Shekoldin, sind schlecht in einem Lager zu verorten. Allesamt nur haben sie die russische Provinz zum Thema. Mal in unpolitischen, elegischen Alltagsbildern. Mal, wie bei Shekoldin, alles Elend in zerstörten Gesichtern zeigend.


Die Verhältnisse anzuklagen, ist Gataullins Absicht jedenfalls nicht. Es sind private Reisen, die Gataullin unternimmt, wenn er – meist ohne Auftrag – in die Dörfer geht. Die Stadt, in der er wohnt, gefällt ihm nicht. Ihr Tempo ist ihm fremd, ihm behagt das politische Moskau nicht, er geht nicht gerne durch die Türen von Redaktionen. Moskau ist für Gataullin „unaufrichtig“ und „prahlerisch“. Kein Resonanzboden für das, was ihn bewegt. Also das Dorf. Jener Ort, den Iwan Bunin, der erste russischsprachige Nobelpreisträger für Literatur, als tragische Bühne menschlicher Niedertracht und Habsucht, Verzweiflung und Grausamkeit im vorsowjetischen Zeitalter beschrieben hatte. Jener Ort im Schatten der Moderne, an dem Bunin in einer seiner Anfang des 20. Jahrhunderts erschienenen Erzählungen einen Mann sagen ließ: „Wir Russen verstehen es nicht zu lieben.“ Jener Ort, an dem der 2015 verstorbene Heldenautor der russischen Dorfprosa, Valentin Rasputin, in Abschied von Matjora den Mut und die Würde, die Geduld und den Glauben eines bäuerlichen Volkes feierte. Und jener Ort, an dem die russische Seele allzu oft in Wodka ertrinkt – so dramatisch, dass die durchschnittliche Lebenserwartung russischer Männer bis heute näher an 60 als an 70 Jahren liegt. In ihrem Buch Wodka – Trinken und Macht in Russland hat Sonja Margolina in einer Chronologie des tragischen Besoffenseins das als eine Konstante des russischen Alltags von der Zeit Nikolaus II. bis über Gorbatschow hinaus beschrieben.

Verklärt Gataullin? Er weiß um „die armen Leute da draußen“. Er weiß um die Industriebrachen und zuwachsenden Straßen, die Abwanderung der Jungen und Aktiven, den Kollaps der Stromversorgung und kommunalen Heizwerke, er weiß um das Frieren im arktischen Wind, um die erstarrte Wäsche an den Leinen, um die lichtlose Unwissenheit. Aber er sieht da fern von Moskau auch „diese Klarheit, diese Ehrlichkeit, diese Echtheit“. Er sucht eine andere Zeit, die verlangsamte, in seinen Bildern, die keine Idylle vorgeben, aber andererseits ohne Aggressivität auskommen. Emil, schrieb sein Lehrmeister Lapin über

ihn, gehe es nicht um die russischen Helden, nicht um Rettung, nicht um Antworten auf die Standardfragen zu Russland. Und von hier, von der politischen Askese, führt noch einmal eine Spur zu jenem Maler Morandi, den Gataullin in seinem Studium verehrte. Zu Morandi, der immer nur Stillleben malte, und um den sich noch bis zu einer Documenta in Kassel die Diskussion entspann, ob ein Künstler nicht Stellung beziehen müsse, ob sein apolitisches Werk in politischen Zeiten das Zeichen eines illegitimen Rückzugs war. Oder, im Gegenteil, die Verteidigung der Kunstfreiheit. Gataullin will „offene Bilder“, dem Betrachter nichts oktroyieren. Deshalb verweigert er sich der Vereinnahmung für eine Position. Deshalb nimmt er kaum je einen fotografischen Auftrag an, deshalb bleibt er ein Einzelgänger. Im Alter von 18 ließ er sich taufen. 2006 begann er, Gläubigen auf ihren Prozessionswegen bei Kirow, Jaroslawl und Wologda zu folgen. Er beobachtete die Menschen, kam ihnen näher, versuchte, in Fotos ihr Innenleben zu

erspüren. Die, die Abbuße taten; die, die Erlösung erhofften; die, die einen letzten Wunsch verfolgten. So wie er im und rings um das Haus seiner Großmutter einst Feuerholz fotografierte, Obstgärten, Ernten, so ist er auch jetzt der Fotograf „des Einfachen“. Über seine Kamera, inzwischen eine Leica, sucht er das stille Einverständnis. Die Kamera macht ihn reden. Sonst schweigt er gerne. „Man nähert sich auf leisen Sohlen, auch wenn es sich um Stillleben handelt. Auf Samtpfoten muss man gehen … Ein Wort kann alles verderben“: Das ist eine Art Arbeitsanleitung von Cartier-Bresson, die auch Gataullins Credo sein könnte. Aber warum vermeidet er Farbe? Weil, sagt Gataullin, die russische Provinz keine Farben habe, Russland sei nicht Brasilien. Weil, sagt er, Schwarzweiß dem Betrachter die Freiheit lasse, sich Farben dazuzudenken. Weil er, sagt er, so wenig wie möglich vorschreiben möchte. Seine Bilder beherbergten keine Information, kein Ereignis, nur die Einladung an den Betrachter, den Sinn eines Bildes selbst zu finden. Nicht das Fotografierte sei wichtig, sagt er, und das ist der Künstler in Gataullin, sondern die Art, in der es zu sehen sei. Als „Interaktion der Elemente“, die zu einer Harmonie finden sollten. Wie ein Text von der Betonung der Wörter lebe, so lebe ein Foto in seinem Rahmen von der „Beziehung der Elemente zueinander“, von jener Geometrie, die Beiläufiges zu einer Geschichte verdichte. Gataullin sagt, er wolle „ein Licht anmachen“, selbst wenn nichts oder vermeintlich nichts geschehe auf seinen Bildern. Nur innig sollen sie sein. Und das sind sie. Gataullins Bilder haben die Kraft, festzuhalten. Festzuhalten, was er „Momente des Lebens“ nennt. peter-matthias gaede war von 1994 bis 2014 Chefredakteur der Geo, zudem Chefredakteur, später Herausgeber von Geo Wissen, Geolino, der Specials und weiterer Ableger.

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GaĂŤl Turine

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Willkommen in Haiti, willkommen in Port-au-Prince. Gaël Turine hat den krisengeschüttelten Karibikstaat besucht. Noch immer sind die Folgen des Erdbebens von 2010 sichtbar, doch seine farbenprächtigen Bilder gehen weit über eine Bestandsaufnahme des Elends hinaus: Gleichzeitig sind sie eine Liebeserklärung an das Leben.

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2010 erschütterte ein Erdbeben die Region und zerstörte Haitis Hauptstadt Port-au-Prince. Geschätzt 230 000 Menschen kamen bei dem Beben ums Leben, unzählige wurden obdachlos. Nur wenige Hilfsgelder erreichten das Land. Noch immer erinnern verfallene und zerstörte Gebäude an die Katastrophe

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Das Spiel mit Licht und Schatten, Farbe und Kontrast charakterisiert die Arbeit von Gaël Turine: „Viele Farben bestimmen diese Region, sie sind sehr intensiv und vielseitig.” Seit drei Jahren reist er regelmäßig nach Haiti und arbeitet dort, neben seiner Tätigkeit als Workshopleiter, an seinem freien Projekt

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Auf dem Weg in Port-au-Princes Geschäftsviertel trifft man auf viele Menschen, die sich in verlassenen Gebäuden eingerichtet haben – zahlreiche dieser Häuser wurden beim Erdbeben 2010 beschädigt

Gaël Turine Geboren 1972 in Nieuport, Belgien. Studium der Fotografie in Brüssel. 2006 gewann er den Golden Clover Award und konnte mit dem Preisgeld sein Projekt über Voodookult fertigstellen. Sein erstes Buch Aveuglément über erblindete Menschen in Westafrika erschien 2001 – zahlreiche weitere Buchprojekte folgten. Die Bilder aus Haiti sind 2017 im Verlag Le Bec en l’air unter dem Titel En Bas la Ville erschienen. Turine ist Mitglied im Fotografenkollektiv Maps.

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Fotos: Gaël Turine/Maps

„Die Sonne scheint auf die türkisblaue Fassade der kleinen Kirche, ein Gitter wirft seinen geometrischen Schatten auf den blanken Betonboden, der rote Putz des Hauses leuchtet und strahlt: Die Farben in Haiti erzählen viel über die Komplexität des Landes. Farbe, Licht und Schatten spiegeln das Chaos, aber auch die poetischen Aspekte des Lebens dort wider. Und diese Aspekte haben nichts mit der puren Schönheit exotischer Farben zu tun – im Gegenteil. Die Hauptstadt des karibischen Inselstaates Haiti, Port-au-Prince, zu besuchen, ist eine ganz eigene Erfahrung. Die Stadt hat etwa 1,3 Millionen Einwohner, ein Großteil von ihnen lebt in Slums an den Hängen der Stadt. Durch das schwere Erdbeben 2010, das etwa 230 000 Menschen das Leben kostete, sind schätzungsweise 1,85 Millionen Einwohner des Landes obdachlos geworden. Die großen offiziellen Lager sind verschwunden, doch viele Menschen leben nach wie vor in Notunterkünften. Sie haben sich in Ruinen eingerichtet und warten dort darauf, dass sich ihr Alltag wieder zum Besseren fügt. Wie kann man erklären, dass dieses Land, diese Stadt noch nicht explodiert ist? Wie schaffen es so viele Menschen, keinen Bürgerkrieg vom Zaun zu brechen? Das Versagen des Staates, all die sozialen Ungerechtigkeiten könnten eine Eskalation leicht erklären. Woher nehmen diese Menschen die Energie und die Hoffnung, um dem zu widerstehen? Das sind die Fragen, die ich mir stelle. Denn das Leben in dem krisengebeutelten Inselstaat ist so schwierig – besonders in der Hauptstadt, wo sich für Hundertausende die Träume ins Gegenteil verkehrt haben. Sie sind vom Land in die Stadt geflohen und leben dort nun unter schrecklichen Bedingungen. Ich kenne diesen Inselstaat. In den letzten drei Jahren habe ich regelmäßig Workshops für junge haitianische

Fotografen gegeben. Daneben habe ich auch an meinem persönlichen Projekt in Port-au-Prince gearbeitet. Auch für meine Reportage über den Voodoo-Kult hatte ich die Gegend bereits bereist. So wusste ich, wie ich mich als Fotograf, aber auch als Mensch verhalten sollte. Viele Leute dort reagieren beim Anblick eines Fotografen wütend, denn so viele internationale Reporter sind mittlerweile dort gewesen und haben den Inselstaat als Hölle beschrieben. Dabei gibt es mehrere Seiten. Jedes Mal, wenn ich nach Port-auPrince komme, drängt sich mir der Eindruck einer Stadt wie im Fieber auf. Die Wahrnehmung der Realität verschwimmt und alle Sinne sind auf Alarm geschaltet. Alles kann jederzeit und an jedem Ort geschehen. Ich bin gelaufen, gelaufen, gelaufen. Das ist die beste Art, die Atmosphäre einer Stadt zu erkunden. Die meiste Zeit hatte ich einen meiner Studenten oder einen Freund an meiner Seite, die mit den Menschen sprechen konnten und mein fotografisches Anliegen erklärten. Ich verstehe zwar kreolisch, doch in vielen Situationen ist es besser, wenn ein Einheimischer handelt. Aber natürlich habe ich auch viel Zeit damit verbracht, mit den Menschen auf den Straßen zu reden, zu lachen, zu spielen und mich mit ihnen zu streiten. Als ich anfing, mein Projekt in Portau-Prince zu planen, wollte ich eine fotojournalistische Serie produzieren. Dann besuchte ich die Insel mit Laurent Gaudé, einem französischen Romanautor. Das hat die Art, wie ich auf die Stadt schaue, verändert. Und es hat die Art verwandelt, wie ich die Stadt und ihre Menschen fotografiere. Plötzlich sah ich mich gezwungen, meine Gewohnheiten infrage zu stellen. Ich habe mich selbst herausgefordert und meine Komfortzone verlassen, um einer neuen visuellen Sprache Platz zu machen, die sehr gut zu Port-au-Prince passt. Ich war nun davon überzeugt, dass es einen anderen Weg gibt, von dieser Stadt und ihrer Atmosphäre und Stimmung zu erzählen. Dabei hatte ich schnell

das Buchprojekt im Sinn. Die Idee, das Buch als Leporello zu gestalten, kam von der Grafikdesignerin. Als sie mir diesen Vorschlag machte, war ich sofort überzeugt: Es war wie ein Echo meiner eigenen Gefühle, die ich bis dahin noch nicht umsetzen konnte. Die Leica war mir auf meinen Reisen ein perfekter Begleiter. Sie ist diskret und ich bin auf den Straßen nicht als einer der Pressefotografen aufgefallen. Das M-System kombiniert für mich wichtige Eigenschaften: Diskretion, Effizienz, Stabilität, Einfachheit und Wendigkeit. Auch die Farben konnte ich so perfekt einfangen. Wie wird es nun weitergehen? Für 2018 plane ich eine Outdoor-Austellung mit Postern, die ich in den Vierteln aufhängen möchte, in denen ich fotografiert habe. Ich habe noch keine Idee, ob die Menschen dort positiv oder negativ auf die Bilder reagieren werden. Wir werden mit Menschen sprechen, die die Bewohner vielleicht positiv beeinflussen können. Leider muss ich sagen, dass ich die Zukunft Haitis nicht so optimistisch sehe. Die politische und ökonomische Elite lässt keine Anzeichen für Besserung durchblicken. Natürlich, die Zivilbevölkerung kämpft lautstark und viele Organisationen fordern die Obrigkeiten zu mehr Vision, Courage und Unternehmertum auf. Doch gleichzeitig wachsen auch die soziale und politische Spannung und die Armut. Vergleichbares gilt für das Unwesen der Korruption. Ich habe Angst, dass die Situation und die Art, wie die Regierung mit diesen Problemen umgeht, das Land noch weiter nach unten zieht – mit den unvermeidlichen Folgen.“ aufgezeichnet von katrin iwanczuk

gaeltu rin e.com LFI-On lin e.DE /Blog: behind-thescenes-Bilder finden sie auf dem Blog Equipment: Leica M240 mit Summicron-M 1:2/35 mm und 50 mm Asph

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George Tatakis G r i e c h i s c he B r äu c he

Tatakis erkundet heimatliche Bräuche und Traditionen, die zum Teil auf die archaische Zeit zurückgehen. Ihr Ursprung mag sich im Nebel der Vergangenheit verloren haben, aber auf den Inseln der südlichen Ägäis ist die Folklore bis heute besonders lebendig geblieben.

Einen Tag vor der Hochzeit tragen Frauen in traditionellen Trachten die Mitgift der Braut zur Präsentation durch das Dorf. Insel Karpathos, Olympos

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Links unten: Der Bräutigam macht Musik und singt mit seinen Freunden vor dem Haus seiner zukünftigen Ehefrau. Die Instrumente von links nach rechts: Laouto, Lyra und Dudelsack. Alles aufgenommen auf Karpathos, Olympos Alle anderen Abbildungen: Der Transport der Mitgift am Verlobungstag 24 Stunden vor der Hochzeit zählt zu den zentralen Elementen einer griechischen Hochzeit

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Diese und die vorherige Doppelseite: Auf der 77 Quatdratkilometer großen Insel Sifnos gibt es 235 Kapellen. An jedem Namenstag einer oder eines Heiligen sieht die Tradition ein großes Fest zu ihren Ehren vor. Der Prophet Elias, Profitis Ilias, wird am 19. Juli in vielen Kapellen der Insel gefeiert. Nicht zu vergessen die Tänze, die bis zum nächsten Morgen gehen können. Alle Aufnahmen entstanden im Kloster des Heiligen Elias auf Sifnos

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Oben: Um das Kloster des heiligen Johannes zu erreichen, müssen der Priester und die Kirchgänger eineinhalb Stunden zu Fuß gehen. Pater Johannes zieht sich seinen Talar an. Unten: Tanzen bis zum Sonnenaufgang. Alles aufgenommen in Vrykous, Karpathos

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ge o r ge Tata k i s Geboren 1981 in Athen. In Edinburgh studierte er Technik und Elektrotechnik. Von seinem ersten Gehalt als Ingenieur und Vertriebsleiter einer Solaranlagenfirma kaufte Tatakis sich eine Kamera, mit der er auf seinen Geschäftsreisen experimentierte. Der Autodidakt studierte Bildbände, nahm Zeichenstunden und verwandelte sein Schlafzimmer in eine Dunkelkammer. Er ist Mitbegründer des Fotografenkollektivs Reflex und der Web-Plattform Pculiar.

tata ki s.co m, pc u l ia r.co m, r e f l ex ph oto g ra p hers.co m LFI -O nl i n e .D E / B log : Slideshow mit weiteren Bildern Equipment: Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm Asph

LFI: Wie vertraut sind Ihnen als einem jüngeren Griechen alte Traditionen und Bräuche ihres Landes? George Tatakis: In Griechenland gibt es eine große Bandbreite an Traditionen und Bräuchen, da habe ich Glück. Viele vereinen Einflüsse aus dem östlichen Mittelmeerraum oder sind von Riten und alten christlichen Traditionen abgeleitet. Mir sind sie insofern vertraut, als dass ich aktiv nach ihnen suche. Mir bereitet es Vergnügen, eigentümliche Veranstaltungen aufzuspüren und ich entdecke mehr und mehr davon.

Aus welchen Gründen bevorzugen Sie dabei Schwarzweiß? Es hat sich richtiger angefühlt. Ich verwende viel Energie auf den Ausschnitt und die Komposition. Ich glaube, dass Schwarzweiß bestimmte Qualitäten hervorhebt, die mir wichtig sind, darunter Formen und Umrisse. Darüber hinaus lässt es den Betrachter aktiv am Bild mitwirken, weil man ihn dazu bringt, die Szene gedanklich mit Farben anzureichern. Der Surrealismus von Schwarzweiß ist ein weiterer Vorteil. Ich stelle sogar den digitalen Sucher auf Schwarzweiß.

Was empfanden Sie bei Ihren Entdeckungen als das Eigentümlichste? Ostern in Olympos. Das ist ein ziemlich abgeschiedener Ort auf der Insel Karpathos, in dem sich die Traditionen nur wenig verändern. Die Menschen dort verstehen sich als Nachfahren des Byzantinischen Kaiserreichs; Olympos ist einer der wenigen Plätze, an denen man noch byzantinische Traditionen erleben kann.

Warum haben Sie ausschließlich mit vorhandenem Licht gearbeitet? Es entspricht meinem Charakter. Ich mag keine kontrollierten Umgebungen und will auch nicht alles um mich herum kontrollieren, sondern lasse mich gerne überraschen. Natürliches Licht zwingt dich, im Vorfeld mehr nachzudenken, aber dann schneller zu handeln. Ich schätze, ich löse gerne knifflige Aufgaben. Ab und zu benutze ich einen Blitz. Ich mag Blitze, die direkt auf der Kamera sitzen. Ich mag das Spontane, das dadurch im Bild entsteht. Ich mag auch nichts Glattgebügeltes. Ich glaube, das, was man in der Fotografie macht, muss wie eine bewusste Entscheidung wirken und nicht wie eine Wissenslücke.

In welchen Regionen sind Sie der guten alten Zeiten nachgegangen? Ich habe Sifnos und Olympos auf Karpathos für mein Langzeitprojekt ausgewählt. In Olympos beispielsweise habe ich mehr als zwei Monate verbracht, weil ich gesehen habe, dass die Menschen dort so intensiv an ihren Traditionen festhalten. Ihre Fotografie steht offensichtlich in der Tradition des Humanismus. Erzählen Sie etwas über Ihre Weise des Herangehens. Die Bilder, die man macht, enthalten auch den Fotografen an sich. Alles, was man gehört, gelesen oder erfahren hat, soziopolitische Ideen und das ganze Leben haben einen Einfluss darauf, wie man die Welt um sich herum wahrnimmt und wie man sie sieht. So fotografiert man auch. Fotografie bedeutet für mich, mit der Welt zu kommunizieren. Ich versuche zu erreichen, dass das Ergebnis dann unmittelbar von der Szenerie erzählt. Das Ergebnis enthält somit auch meine Sicht auf die Welt.

Wie hat sich die griechische Gesellschaft in den letzen Jahren hinsichtlich der politischen und ökonomischen Situation verändert? Vieles hat sich verändert, seit die Krise da ist. Aber meiner Wahrnehmung nach betrifft das vor allem die Städte. Orte, die vom Tourismus leben, sind weniger oder gar nicht in Mitleidenschaft gezogen. In den Städten kämpfen die Menschen um Arbeitsplätze und die Gehälter sind dramatisch gesunken, während die Lebenshaltungskosten steigen. Es ist traurig, dass viele unter der Armutsgrenze leben. interview: Carla Susanne erdmann

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L e i c A SL

Jarle Hagen A PROU D S Á MI

Für Jarle Hagen zogen die Samen, die im äußersten Norden Norwegens leben, die traditionelle Kleidung ihres Volkes an. Entstanden sind einfühlsame Porträts, die von der Stärke und der Verletzlichkeit der indigenen Menschen zugleich erzählen.







„In der modernen Welt entfernen wir uns immer weiter von der Natur“, stellt Jarle Hagen fest, der zwei Wochen unter indigenen Rentierzüchtern lebte. Nur ein bis zwei Stunden Tageslicht blieben dem Fotografen für seine Porträts der Samen – eine Zeitspanne, in der das Summilux-SL 1:1.4/50 mm Asph seine Lichtstärke voll unter Beweis stellen musste


Auch die samische Musikerin Elle Márjá ließ sich in der leuchtenden, traditionellen Winterkleidung ihres Volkes abbilden. Die Porträts sind von einer fragilen Schönheit und erzählen von der Verbundenheit der Samen mit der Natur

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J a r l e H a ge n Der gebürtige Norweger startete seine Laufbahn als Assistent für Fotografie im Norsk Maritimt Museum. Heute wird er vor allem als Auto-, Reise-, Food-, Lifestyle- und People-Fotograf gebucht. Inspirieren lässt er sich von der skandinavischen Kultur und ihren Traditionen, von grafischen Gestaltungsideen und immer wieder von der Natur. Zu seinen Kunden gehören Unternehmen wie BMW, Toyota, Lexus und Leica.

ja r l ehagen .no LFI -O nl i n e .D E / B log : sehen sie ein video vom shooting

Equipment: Leica SL mit Summilux-SL 1:1.4/50 mm Asph; Lichtformer von Broncolor; Elinchrome Octa Softbox

Wenn es sie gibt, die Ränder der Welt, dann liegt ein Rand in Kautokeino. Etwa 3000 Einwohner zählt die Gemeinde in der nordnorwegischen Provinz Finnmark. 3000 Einwohner und 100 000 Rentiere. Gegründet zu Beginn des 16. Jahrhunderts als Siedlung der indigenen Bevölkerung, leben noch heute überwiegend Samen auf dem größten Hochplateau Norwegens und setzen in der weiten Landschaft ihre traditionelle Lebensweise als Rentierzüchter fort. Mit den Schneemobilen und Motocrossmaschinen hielt die Moderne zwar Einzug in die Einsamkeit des Nordens, dennoch haben sich die Einwohner der Kommune ihre Verbundenheit zu Tier und Natur bewahrt. Hier, im äußersten Norden Skandinaviens, hat Jarle Hagen die indigenen Menschen seines Landes besucht und sie vor der Kulisse der Tundra porträtiert. Als Kind der 70er- und 80er-Jahre war der norwegische Fotograf wie seine Freunde früh angetan von den bunten und abenteuergeladenen Geschichten über die Indianer Amerikas. „Dabei wohnte ich in einem Land, in dem bis heute ebenfalls indigene Menschen leben“, erzählt Hagen. „Es ist seltsam, wie wenig wir darüber in der Schule erfuhren.“ Ein wunder Punkt in der Geschichte Norwegens: Nach der Durchsetzung der Reformation wurden die schamanisch lebenden Samen gewaltsam bekehrt und zwangschristianisiert. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs ging die Regierung auf ihre Autonomiebestrebungen ein, wenn auch nur zögerlich. Mittlerweile gibt es offizielle samische Interessenvertretungen in den regionalen und nationalen Parlamenten sowie ein sogenanntes Gewohnheitsrecht bei der Nutzung der Weideflächen, die rein rechtlich dem Staat Norwegen gehören. Aber auch heute treten noch immer Konflikte auf, wenn die Regierung Infrastrukturprojekte in den Siedlungsgebieten der Samen durchsetzen will oder der Abbau von Bodenschätzen lukrative Geschäfte verspricht. Von den Ungerechtigkeiten, die dem indigenen Volk in der Vergangenheit widerfahren waren, erfuhr Hagen erst,

als er das erste Mal nach Kautokeino gereist war. Vor zwei Jahren bebilderte er für ein norwegisches Magazin einen Artikel über Rentierzucht. „Während dieser Reise lernte ich unglaublich sympathische Menschen kennen. Ich wollte unbedingt noch einmal hinfahren, mehr über sie und ihre Lebensweise erfahren.“ Es waren in erster Linie die jahrhundertealte Tradition und die enge Verbundenheit der Samen zur Natur, die den Fotografen faszinierten. Also plante er eine weitere, diesmal einwöchige Reise nach Kautokeino – am Ende waren es zwei Wochen, die er blieb. Als stolze Menschen wollte der Fotograf die Bewohner Kautokeinos porträtieren. Zeitlos sollten die Bilder sein und von einer klassischen Schönheit wie die feinsten Gewänder des Volkes. „Die Porträts der samischen Sängerin Elle Márjá stehen für ihn stellvertretend für dieses Vorhaben. „Sie hat eine unglaubliche innere Stärke, die in ihren Augen sichtbar wird. Aber dieselben Augen sind es auch, die etwas Verwundbares offenbaren.“ Von Wunden und Verletzbarkeit erzählen selbst die Kleider, die in den Porträts eine besondere Rolle einnehmen. Márjá trägt auf einigen Bildern einen Hornhut. Noch vor wenigen Jahrhunderten wurde das traditionell hölzerne Horn unter dem roten Stoff von den Frauen der Samen getragen – bis christliche Missionare die auffällige Kopfbedeckung verurteilten, glaubten sie doch, der Teufel persönlich lebe im oberen Teil der Mütze. Die meisten Hornhüte wurden kurzerhand verbrannt, einige Frauen sogar für das Tragen der Hüte getötet. „Bis heute wecken die Hüte gemischte Gefühle unter den Samen“, weiß Hagen. „Auch davon wollte ich in dieser Serie berichten.“ Und so erzählt sein poetisches Porträt über die Samen und ihr Leben am Rande der Welt auch von der Unterdrückung einer Minderheit, die sich bis in ihre traditionelle Kleidung eingeschrieben hat. jana kühle

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LeicA Klassiker

Lisl Steiner IMPROVI S ATION : D I E L E TZT E FR E I H E IT

Sie ist eine der ungewöhnlichsten Persönlichkeiten in der Geschichte der Fotografie: Lisl Steiner, in Wien geboren und heute bei New York lebend, ist weit gereiste Bildjournalistin, Zeichnerin, Dichterin, Muse. Jedes ihrer Bilder hat seine Geschichte – als Hommage zu Steiners 90. Geburtstag präsentieren wir hier eine Auswahl.

Ein Missgeschick führte zur Doppelbelichtung mit Fidel Castro, Buenos Aires 1959. Nächste Seite: Extra-Ausgaben am 22. November 1963 auf dem Times Square, NYC 1963. Alle Bilder im Anschluss kommentiert die Fotografin selbst

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Im Fish Room. So sah es damals im Weißen Haus aus. Wir saßen auf Stühlen oder auf dem Boden. Rechts am Rednerpult steht Jody Powell, der Pressesprecher von Jimmy Carter. Ein Kettenraucher. Ab und zu habe ich ihm seine Zigaretten weggenommen und damit eine Assemblage gemacht. Washington, D.C. 1979

Richard Nixon und seine Frau Pat im Waldorf Astoria Hotel. Es schaut irgendwie aus, als würden sie gerade zu tanzen beginnen. Es ist sehr lustig. Er war eigentlich ein lieber Kerl. Aber die sind alle lieb im Privatleben und dann machen sie Sachen, die ich nicht verstehen kann und will. New York 1960

Herbert Matthews von der New York Times hat Fidel Castros Revolution maßgeblich beeinflusst, indem er in die Sierra Maestra auf Kuba gefahren ist und festgestellt hat, Castro lebt. Das war der Wendepunkt. Ab diesem Zeitpunkt war Castro die Revolution und das Licht. New York 1960

Während wir gemeinsam bei der Uno gearbeitet haben, kam Alfred Eisenstaedt, der Mann, der mehr als 100 Life-Titelblätter fotografiert hat, auf mich zu, um zu fragen: „Welche Belichtung wählst du in dieser Situation?“ New York 1965

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Die Ladybirds spielten oben ohne in einem Club namens The Blue Angel, also „Der Blaue Engel“. Genauso wie die meist männlichen Besucher kam jeden Abend auch die Polizei und hat die Damen für eine Stunde verhaftet. Das war dann das Zeichen für die Männer, mit dem Zug nach Hause zu fahren. New York, Mitte der 1960er-Jahre

Das sind die Shoe-Shine-Boys aus Rio de Janeiro. Die Mutter war eine Prostituierte auf dem Morro. Dort wurde der Film Orfeu Negro gedreht. Ich habe eine Woche bei der Prostituierten gewohnt. Diese Kinder hatten keine Kindheit. Sage ich genug? Rio de Janeiro 1962

Das ist der Portier vom Jockey Club in Buenos Aires. Ich behauptete immer, er sollte der Präsident Argentiniens sein. Leute wie er und Taxichauffeure wissen alles. Im Mittelalter sind die Männer aufs Pferd gestiegen und haben sich erkundigt, was in der Stadt los ist. Heute sollen es die Taxichauffeure und die Portiere sein, die eine Meinung über alles haben, eine Meinung, die fast immer fabelhaft ist. Besser als diese Politiker, die da herumschwärmen. Buenos Aires 1958

Einweihung von Brasilia. Oscar Niemeyer vor einer der für seine Arbeit so typischen Säulen: „Kurven sind die Essenz meiner Arbeit, denn Kurven sind die Essenz Brasiliens, pur und schlicht.“ Brasilia 1960

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Mit Norman Mailer habe ich für die Village Voice gearbeitet. Das Bild zeigt ihn mit seiner Mutter. Ich habe ihm das Bild geschickt und er hat zurückgeschrieben: „Endlich einmal sieht es so aus, als sagte ich meiner Mutter, was Sache ist – normalerweise ist es aber genau umgekehrt.“ Miami Beach 1968

B.B. King in einem Motel-Zimmer. Ich klopfte an seine Türe und er sitzt im Bett, ist gerade aufgewacht und ich fotografiere ihn. Ich habe mich zu ihm aufs Bett gesetzt. Wir hatten ein sehr schönes Morgengespräch. Pennsylvania 1967

Das ist der Moment, kurz bevor Martin Luther King auf dem Parteitag der Demokraten eine Rede hält. Irgendwie schaut er mich an, als ob er mit mir etwas haben wollte. Er hat aber nicht geflirtet. Er war ein Ladies’ Man. Ich hatte ja eine Kamera vor meinem Gesicht. Ich habe also auch nicht geflirtet. Aber er schaut mich irgendwie so an … Miami Beach 1968

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Fotos: © Lisl Steiner, courtesy Edition Lammerhuber

In der Kabine von New York Cosmos. Normalerweise voll nackter Männer, was mich immer sehr erfreut hat. Mit Pelé bin ich seit damals befreundet. New Jersey 1976


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Ein Bild mit Geschichte: Die damals 32-jährige Bildreporterin Lisl Steiner begleitet den Besuch von Fidel Castro am 2. Mai 1959 in Buenos Aires. Sie will ganz nah dabei sein, folgt dem Revolutionsführer von Termin zu Termin. Die Bedingungen sind denkbar schlecht: Immer gibt es Menschenmengen, unzählige Kameraleute und Fotografen, die um das beste Bild buhlen, nie sind die Lichtbedingungen gut. Zum Mittagessen ist Castro im Haus seines Onkels Gonzalo Castro Argil verabredet und auch hier warten die Massen. Steiner hat bereits einen Kodak Tri-X in ihrer Leica M2 verschossen, dann erhält auch sie Eintritt in die Villa. Nur den nächsten Film muss sie noch einlegen, doch im Gedränge verwechselt die Fotografin die Patrone und der bereits belichtete Film wird ein zweites Mal benutzt. Aus diesem Missgeschick resultiert eines der spannendsten Bilder: Die Menschenmasse, vor dem Haus fotografiert, verschmilzt mit dem Doppelporträt der beiden Männer im Innenraum. Unzählige Menschen, ihre Geschichten und ihre Emotionen verdichten sich zu einem Motiv, das weit über den ursprünglichen Auftrag hinausgeht und Steiner Glück bringen wird. Wer heute diese Geschichte in ihren Worten hört, hat nicht das Gefühl, das seither fast 60 Jahre vergangen sind. Aus gutem Grund wählte die Fotografin für ihren großen retrospektiven Bildband Lisl Baby den Untertitel Ich bin die Scheherazade der Fotografie. Wie einst die kluge, mutige Frau aus 1001 Nacht, weiß auch sie zu jeder ihrer Aufnahmen eine kurzweilige Geschichte zu erzählen. Unzählbar die Präsidenten, Politiker, Schauspieler, Musiker und andere Prominente, die sich in ihrem Werk versammeln. Schon die erste Aufnahme, die ihr den Weg in die großen US-amerikanischen Magazine eröffnete, war ein Coup: 1957 hatte sie den argentinischen Präsidenten Pedro

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Eugenio Aramburu, Nachfolger des Diktators Peron, in einer eher privaten Situation beim Angeln fotografieren können. Dieses Bild – mit ihrer ersten Leica aufgenommen – ließ sich gut an die Agenturen verkaufen, die Life druckte es und so begann ihre Karriere als Bildreporterin, die für verschiedene Magazine aus Südamerika berichtete. Dabei hatte sie doch schon nach ihrem Kunststudium in Buenos Aires in der argentinischen Filmindustrie Fuß gefasst, doch die Fotografie verhieß die größere Freiheit. Aus der Autodidaktin wurde eine Reporterin mit sicherem Gespür für das Bild. „1960 war mir klar, dass es Zeit war, nach New York zu ziehen“, und hier wurde das Leben noch turbulenter. Dabei war es nicht leicht, sich als eine der wenigen Frauen in der Arena der Bildjournalisten durchzusetzen, doch mit dem ihr bis heute eigenen Charme und der nötigen Beharrlichkeit ging es weiter: „Ausdauer und Humor, so wie ich damals gearbeitet habe, wäre es heute nicht mehr möglich.“ In New York war sie auch bei der Uno akkreditiert und in den folgenden Jahren fotografiert sie die berühmten, manchmal auch berüchtigten, aber einflussreichsten Menschen ihrer Zeit. Gibt es ein Resümee ihres Lebens? „Das Unbekannte hat mich immer inspiriert. Es brachte mich immer in Situationen, die mich von einem Ort zum anderen getrieben haben. Von einer Erfahrung, einem Menschen oder einem Platz zum nächsten, dieser unentwegte Antrieb offenbart die Schönheit des Lebens.“ Oft half Steiner der Zufall und brachte sie an den richtigen Ort zur richtigen Zeit. Und sie besitzt ein hohes Maß an Spontaneität und Improvisationstalent, ganz im Sinne des spanischen Malers Juan Gris, dessen Motto sie sich zu eigen gemacht hat: Improvisation, die letzte Freiheit. „Ich bin Autodidakt, kein Techniker, Dunkelkammerarbeit hat mich nie interessiert, ich improvisiere, ich lasse die Dinge geschehen. Und ich liebe Irrtümer.“ Dass dabei oft die besten Bilder entstehen können, hat Steiner eindrücklich bewiesen. Ulrich Rüter

Lisl Steiner

geboren am 19. November 1927 in Wien. Die Familie emigriert 1938 über Triest nach Buenos Aires. Nach dem Kunststudium arbeitete Steiner in der Filmindustrie und war an der Produktion von über 50 Dokumentarfilmen beteiligt. Nachdem sie die Fotografie für sich entdeckt hatte, lebte sie zwei Jahre in Brasilien, 1960 übersiedelte sie nach New York und arbeitete u. a. für Time, Newsweek, die New York Times, Life und Associated Press. Anfang der 1970er-Jahre zog sie mit ihrem Mann, dem Psychiater Michael Meyer Monchek, nach Pound Ridge im Staat New York, wo Lisl Steiner auch heute noch lebt. Einen Teil ihres künstlerischen und fotografischen Werks hat Steiner der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien übergeben.

lisl stein er.com LFI-On lin e.DE /Blog: Behind-theScenes-bilder finden sie im blog Ausstellu n g: bis zum 5. Dezember im

Rahmen des Monats der Fotografie im Österreichischen Kultur Forum in Bratislava, Slowakei. rakuskekulturneforum.sk Bu c h: Der Bildband Lisl Baby wurde in einer Auflage von 1000 Stück in der Edition Lammerhuber 2015 publiziert und ist bereits vergriffen.


f/ s top – Le i c a CL – Th a m b a r - M – Le i c a S o f o r t L i m o l a n d –

D i e n e u e Le i c a CL: INT E G RI E RT E R S u c he r m i t 2 , 3 6 MP, AP S - C-S e n s o r , INNOVATIV E B E D I E NUN G UN D KLA S S I S C H E S D E S I G N

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k l a ss i s c h , m o de r n Leica cl

Als Reaktion auf den Boom der spiegellosen APS-C-Systeme kommt sie vielleicht ein bisschen spät – aber sie ist ohne Zweifel eine tolle Bereicherung des Leica-Familie: die Leica CL als „klassisches“ und dennoch zeitgemäßes Kamerakonzept.

Formulieren wir einmal eine Pro­gnose: Fast jeder, der die Leica CL zu Gesicht bekommt, wird sagen, dass sie die Kamera von Leica sei, auf die er schon lange gewartet habe, und fragen, warum sie erst jetzt komme. Nun, immerhin ist dem Unternehmen aus Wetzlar damit eine ausgesprochen hübsche Herbstüberraschung geglückt und, um gleich noch eine weitere Pro­gnose zu wagen: Der CL wird nicht passieren, was der T und TL zu Anfang widerfahren ist, nein, sie wird mindestens so ein Renner werden wie die Q. Wetten? Leica sel bst ver st eht

die CL als eine „Ergänzung“ zur TL2, das L kennzeichnet ja schon, dass sie sich mit dieser (und auch mit der großen SL) das Bajonett teilt und somit auch den mitt84 |

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lerweile sehr ansehnlichen Objektivefuhrpark, welcher übrigens auch gleich noch Zuwachs erhalten hat durch ein superflaches („Pancake“) Elmarit-TL 1:2.8/18 mm Asph. Ganz zu schweigen von der Adaptierbarkeit von M- und R-Objektiven. E in e „ E rgä n zu n g“ inso-

fern, als man bei Leica die Überzeugung gewonnen hat, dass das Segment der spiegellosen APS-C-Kameras ein Wachstumsmarkt ist, der gut und gern noch ein weiteres Modell verträgt, zwecks Ausdifferenzierung des Angebots und der Befriedigung unterschiedlicher Nutzerbedürfnisse. Wobei der TL2 bei diesen Überlegungen der Part der „progressiven“, der CL hingegen jener der „klassischen“, ja „konventionellen“ Lösung zugedacht ist.

Es spricht in der Tat einiges dafür, in der Sensorklasse APS-C, also 23,6 mal 15,7 mm, eine ideale digitale Basis zu sehen, sowohl hohe Bildqualität als auch besonders kompakte Bauform angesichts der zwingenden Integration von Autofokusmechanik und -motorisierung miteinander zu kombinieren. Bekanntlich war Leica in dieser Hinsicht, der Realisierung einer Kamera von Barnack’schen Dimensionen, Pionier – vor acht Jahren, mit der X1. Wobei die X-Familie freilich leider keine Systemlösung wurde und sich Leica in den folgenden Jahren von Herstellern wie Sony und Fuji hat den Schneid abkaufen lassen. Womöglich aber ist jedenfalls die Mutmaßung legitim, dass Oskar Barnack, der Erfinder der Leica, wäre er heute vor die Aufgabe

gestellt, gemäß seinem Motto „kleine Negative, große Bilder“ eine Kamera zu konzpieren, beim Format APS-C als dem zeitgemäßen „Kleinbild“-Format angekommen wäre. D i e X-Ka m e ras würden

dann gewissermaßen der Leica I A mit fester Brennweite entsprechen – die X Vario außen vorgelassen –, denn einen Sucher, abgesehen von einem aufsteckbaren Zubehörteil, hatten sie ebenfalls nicht zu bieten. Dieser fehlende eingebaute Sucher übrigens trug stets dazu bei, dass die Kameras der X-Familie, wie gelungen für sich genommen auch immer sie waren, nie die erhoffte breite Akzeptanz im Markt gefunden haben – ganz abgesehen natürlich davon, dass sie die Lücke umso sichtbarer →


Eine APS-C-Systemkamera mit ­Bajonett für TL-Objektive, integriertem elektronischen ­Sucher und mit einer Gehäuse­ gestaltung, die schwer an die Barnack’sche Tradition des ­Kameradesigns ­erinnert – das ist die neue Leica CL

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Ein kleines Display auf der Deckkappe ruft schon beim Einschalten der CL auf einen Blick die ­zentralen Einstellungen in Erinnerung. Der Formfaktor der CL: Leica-klassisch

Das untere Bild zeigt die Rückseite der TL2. Das Display der CL ist um 0,7 Zoll kleiner, die Steuerungselemente sind „konventioneller“. ­Dafür besitzt die CL einen 2,36-MP-Sucher

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werden ließen, die die Abwesenheit einer LeicaSystem­lösung unterhalb der Leica M bedeutete. Dass so etwas aber unbedingt wünschenswert wäre – dieser Gedanke geisterte schon seit Langem nicht nur durch die Entwicklungslabore, sondern auch durch die Gemeinschaft der M-Liebhaber. Praktisch seit ungefähr 1980, als eine im Jahr 1973 in Kooperation mit Minolta entwickelte Kamera auslief. Sie hieß – Leica CL. Und war eine besonders kompakte Sucherkamera mit eingebauter Belichtungsmessung, geschaffen in der Hoffnung, den Amateurmarkt nachhaltig zu erschließen, zu einer Zeit, da das M-System in eine tiefe Krise geraten und das Leica-Reflexsystem noch nicht aus den Puschen gekommen war. Dass Leica, angesichts inhärenter Schwächen der Ur-CL wie angesichts des sowieso schon puristischen Konzepts des – bald schon wiedererstarkten – Markenkerns M lange Zeit keinen Weg sah, eine niedrigschwellige Systemlösung zu denken, die den selbstgesetzten Qualitätsansprüchen genügen würde, ist mehr als nachvollziehbar. Und wahrscheinlich erschien auch zu der Zeit, als die X1 auf den Markt kam, das Risiko noch zu groß, ein echtes System zusätzlich zu M und S zu lancieren. Erst einmal galt es, die Königsklassen zu konsolidieren. D e n S c h luss, den Leica aber dann ein paar Jahre später aus der eher verhaltenen Resonanz auf die XFamilie – im Sinne von: Wo bleibt die systemische Flexibilität? – zog, war wieder-

um ein anderer als von vielen erwartet: Wenn schon ein weiteres System, dann nur eines, das konsequent digital durchdacht wäre, vom Design der Objektive bis zum Interface. Und dabei dürften ruhig noch mehr Zöpfe abgeschnitten werden, die an die traditionelle Vorstellung von einem Fotoapparat erinnerten. Man beauftragte also Audi Design, und heraus kam die Leica T. E i n a m bi t i o ni e rte s

Konzept, dessen hervorstechendstes Attribut ein schreiend schöner Korpus ist, wie es ihn in seiner Klarheit und Reduziertheit noch nie gegeben hat. Wie zuletzt in LFI 7/2017 beschrieben, verdankt sich die Realisierbarkeit dieses Konzepts der Integration eines riesigen Touchscreens, der eine hybride Steuerung der Kamera erlaubt: Alle Parameter sind per Wisch-undKlick einstellbar, aber auch die – allesamt ungravierten – Funktionsräder spielen ihre Rolle, als angedeutete haptische Reminiszenz an das Gewohnte. Das funktioniert super, ist schlüssig implementiert – und dennoch zieht das Konzept Kritik auf sich, weil das Potenzial eines Touchscreens dann eben doch nicht so visionär in die Tat umgesetzt ist, wie es sein könnte. Aber auch deswegen, weil es viele Stimmen gibt, die mit gutem Recht der Auffassung sind, dass eine Kamera sich nur dann optimal handhaben lässt, wenn sie einen Sucher hat. Und zwar schon von sich aus, nicht als extra zuzukaufendes Accessoire, mit dem die Kamera dann womöglich nicht in die Tasche passt. Oder ins Holster.


Und so mag die TL2 also den „progressiven“ Part im Leica-Sortiment spielen – der Autor dieser Zeilen aber glaubt, dass sich Leica den allergrößten Gefallen seit Vorstellung der Q getan hat, indem die Firma nun eine Kamera präsentiert, die sie selbst als „konventionell klassisch“ einordnet. Und nicht nur sich, sondern auch der Kundschaft. Dass die Kame ra „CL“

heißt, markiert natürlich die Einbindung in eine Traditionslinie: Besonders kompakte Sucherkamera mit Wechselobjektiven, wie geschaffen nicht nur für Gelegenheitsfotografen, sondern für alle Gelegenheiten, die einen Fotografieliebhaber reizen können. Während

aber die Ur-CL wohl niemals einen Designpreis gewonnen hätte, wird man das bei der neuen Leica CL nicht ausschließen wollen. Sie ähnelt in vielerlei Hinsicht der X, und diese wiederum hatte ja schon viel gemein mit der Barnack-Kamera. Nur wenige Millimeter größer als diese ist die CL, ihre Silhouette von oben und von vorn ist vergleichbar, Anzahl und Verteilung der Funktionselemente sind von eleganter Reduziertheit, die Gestaltung mit Deckkappe, beledertem Korpus und Bodendeckel atmet insgesamt den ganzen Schatz der LeicaDesigntradition. Und zu der muss man ja sagen: Sie hat nie aufgehört, auf ihre Weise beispielgebend, wenn nicht gar „progressiv“ zu wirken.

Zeitgleich mit der Vorstellung der Leica CL erscheint auch ein neues Objektiv: das superflache Elmarit-TL 1:2.8/18 mm Asph, in silberner und in schwarzer Ausführung. Preis: 1190 Euro

In diesem Sinne sticht die Leica CL, trotz ihrer gewollt „konventionellen“ Verortung, auch unter den Konkurrenzprodukten bei den APS-C-Systemkameras hervor durch, ja, singuläre Schönheit. Schon deswegen entstand dieser Text mit einem gewissen →

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Gefühl der Wehmut, haftet der Leica CL doch nun, im Jahr 2017, ein bisschen an, eine Zuspätkommerin zu sein: Nun, da die Investitionen getätigt sind in die Entwicklung eines Objektivparks , der sich wahrlich sehen lassen kann, soll sie herausreißen, was sub-

2490 Euro wird die Leica CL ­kosten. Zum Start gibt es auch zwei Set-Angebote: mit dem 18er-Pancake für 3490 Euro, mit dem 18–55er für 3650 Euro

optimal gelaufen ist in der Kommunikation für ein Konzept, das womöglich ein bisschen zu progressiv war für die angepeilte Klientel und dabei zentrale fotografische Bedürfnisse unterschätzt hat. Wahrscheinlich, so eine vorsichtige Vermutung, wäre es erfolgsträchtiger gewesen, von Anfang an eine Kamera in der Art der CL zum Kern des Systems zu machen und die TL irgendwann, „progressiv“ gedacht, als Ergänzung zu bringen. Aber das anfangs Prognostizierte gilt – die Leica CL wird sehr gut beim anvisierten Publikum ankommen. U nd w i e h a ndh a bt sich

die neue Kamera denn nun? Den eingebauten 32-Gigabyte-Speicher hat Leica der

TL2 vorbehalten, in die CL muss man stets eine Speicherkarte stecken – sei’s drum. Das wichtigste Merkmal der CL ist der 2,36 Megapixel auflösende integrierte elektronische Sucher, der sich durch ex­ zellente Klarheit auszeichnet. Und der einen einfach jederzeit in dem Gefühl bestärkt, es mit einer rundum überzeugenden digitalen Systemkamera zu tun zu haben. Selbst wenn man hin und wieder das drei Zoll große Display zum Komponieren verwenden sollte. Ähnlich wie das Display der Leica Q weist auch das der CL ein paar TouchFunktionen auf, namentlich die Setzung des Fokuspunkts sowie das komfortable Touch-and-Click-

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Auslösen sowie das Auslösen der Wiedergabe der bis zum Qualitätslevel 4K reichenden Videos, ist aber sonst ein konventionelles Display zum Durchsuchen der Funk­tionsmenüs. Zw ei zentral e – ungravierte – Einstellräder gibt es, die zugleich einen Druckpunkt aufweisen. Drückt man kurz das linke, dann lässt sich daraufhin per Raddrehung wählen, ob man Zeit-, Blenden-, Programmautomatik, Totalautomatik inlusive Auto-ISO, manuelle Einstellung oder Video verwenden möchte. Sofern man das linke Rad einfach nur dreht, lässt sich mit ihm die Einstellung eines EVWerts besorgen. Drückt man kurz das rechte Rad, dann

wählt man zwischen weiteren Menüs von Aufnahmeparametern, deren Zusammensetzung man zuvor im Hauptmenü bestimmt hat. Beispielsweise lässt sich hier festlegen, ob das rechte Rad für ISO, für den Weißabgleich, für den Wechsel zwischen Einzel- oder Serienbildern, für den Belichtungsmessmodus, den Autofokusmodus und so weiter dienen soll. Der Rezensent empfand es als äußerst komfortabel, ohne die Kamera vom Auge nehmen zu müssen durch kurzes Antippen des rechten Rades die ISO-Reihe im Sucher eingespiegelt zu bekommen und sodann durch Drehen des Rades den gewünschten Wert einzustellen. Entsprechendes gilt für die

Erg on om is c h g rossa rt ig ­u m gese tz t e f u n kt ion e n in e in e m k lassis c h in s p ir ie rt e n ­geh äuse – d ie Leic a CL ist e in e tol l e Ka m e ra gewor den .

EV-Korrektur. Top gelöst. Irritierend war vielleicht die Erfahrung, dass die EV-Korrektur vom linken auf das rechte Rad wanderte, sobald von Zeit- auf Blendenautomatik gewechselt wurde, aber das mag auch dem frühen Stadium der Firmware geschuldet sein. A l l e s i n a l l e m aber

gilt: Die Leica CL ist eine in sämtlichen Belangen großartige Bereicherung der Systemfamilie des L-Bajonetts geworden, von der äußeren Gestaltung bis zum Funktionsumfang und seiner ergonomischen Realisierung, und es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn diese wunderbare ­Kamera nicht vom Start weg viele Fans gewönne. olaf Stefanus

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l a n ge n i c h t gesehe n Thambar-M 1:2. 2/90 mm

Eines der ungewöhnlichsten Objektive für die Leica, das jemals entwickelt worden ist, erlebt seine Wiedergeburt: das Weichzeichnerobjektiv Thambar 1:2.2/9 cm. Jetzt mit M-Bajonett statt Schraubgewinde, aber sonst nahezu originalgetreu.

Auch 1935, als es auf dem Markt erschien und in der Folge in relativ geringer Stückzahl von 2984 Exemplaren gefertigt wurde, stach es heraus: Das Thambar 1:2.2/9cm schien so gar nicht dem Programm zu entsprechen, mit dem Max Berek, genialer Konstrukteur der ersten Leica-Objektive, die Tauglichkeit des Kleinbildformats und damit der Leica für die Erzeugung hochwertiger, und das heißt gestochen scharfer Negative zu untermauern trachtete. Andererseits gab es auch eine Art ästhetischen Trend, dessen Protagonisten dem nüchtern-sezierenden Blick der Fotografie misstrauten, die diesem einen malerisch inspirierten Impuls entgegensetzen wollten, auch und gerade in der Porträtfotografie. Durch absichtsvolle Weichzeichnung. 90 |

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Diesen Effekt zu erzeugen, gibt es mehrere Wege, und Berek entschloss sich, dafür gezielt das Leitz’sche Wissen um die Natur und die Beherrschung optischer Abbildungsfehler einzusetzen, indem er ein zwar im Prinzip scharf abbildendes Objektiv entwarf, aber eines, das in dosierter Weise die sphärische Aberration bildwirksam werden ließ. Sphärische Aberra­ tion heißt, dass die als Ausschnitt einer Kugel definierte Form einer Linse die am Rand einfallenden Strahlen in einem anderen Brennpunkt vereint als die achsnah auftreffenden Strahlen. Das lässt Objektpunkte in der Abbildung nicht punktförmig erscheinen, sondern gewissermaßen als Fleck mit von innen nach außen abnehmender Intensität. Während man im Optik-

design normalerweise diesen Effekt durch geschickte Anordnung von Linsen unterschiedlicher Krümmung und/oder Brechkraft zu eliminieren versucht, war es beim Thambar gewollt, den Halo-Effekt des von Streulicht überstrahlten Bildpunkts zum bildwirksamen Prinzip zu machen. Indem die Lichter in die Schatten überstrahlen, erzeugt das Thambar eine einzigartig „sonnige“ Bildwirkung, die trotz aller Duftigkeit noch erkennen lässt, dass die Details eine Grundschärfe aufweisen, sodass das Bild niemals so wirkt, als sei es mit einer „fehlerhaften“ Optik entstanden. Eine einschraubbare Zentralblende wirkt dabei so, dass sie die achsnahen, also relativ am schärfsten abbildenden Strahlen von der Bildentstehung ausschließt

und die Weichzeichung noch mehr betont. Abgeblendet und ohne Zentralblende hingegen erzeugt das Thambar ein knackscharfes Bild. Im vergangenen Jahr hat Leica damit begonnen, eine Serie historischer optischer Designs neu aufzulegen, als erstes erschien das Summaron-M 1:5.6/28 mm. Die Idee hinter diesem Programm ist: zum einen die Kontinuität der Optikentwicklung herauszustreichen und zum anderen gerade die Digitalfotografie um Ausdrucksmöglichkeiten zu bereichern, die in der spürbar rein optischen Tradition wurzeln. Die Anmutung dieser tief in der Markenidentität verankerten Optiken erlaubt gerade auch in ihrer wohldosierten Unvollkommenheit, eine signalsetzende ästhetische Handschrift zu platzieren.


Nun also das Thambar-M 1:2.2/90 mm. Gegenüber dem Original ist es, wie angedeutet, nur geringfügig modifiziert. Das betrifft die Fassung, die geradliniger ausgeführt ist oder, wie Leica es formulieren würde, „auf das Wesentliche reduziert ist“. Entscheidender für Sammler in spe könnte sein: Die Linsen sind einfach vergütet, um sie vor Umwelteinflüssen zu schützen, im Gegensatz zur gänzlich unvergüteten Ausführung des Originals im Urzustand. Das alte Thambar gehört nicht nur aufgrund der relativ geringen Stückzahl, in der es produziert wurde, zu den begehrteren Objekten im Leica-Sammlermarkt. Die Gegenlichtblende und die Zentralblende des Thambar waren Komponenten, die nur in Verbindung mit dem Objektiv geliefert wurden und sonst im Leica-System nicht anzutreffen waren. Hinzu kommt, dass viele Exemplare nachträglich mit einer Vergütung versehen wurden. Ein Thambar im vollständigen Originalzustand ist kaum zu finden. Leica-Historiker Lars Netopil (siehe Interview, Seite 93) geht davon aus, dass auch das →

Der Blendenring des Thambar-M 1:2.2/90 mm lässt sich stufenlos verdrehen, um den Weichzeichnungseffekt besonders feinfühlig steuern zu können. Die rot gravierten Blendenziffern markieren den Bereich, in dem sich die Zentralblende verwenden lässt

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Ungewöhnlich gemäldeartiges Bokeh, traumhafte Überstrahlungseffekte – aber trotzdem eine feine Herausarbeitung von Details zeichnen das Thambar aus

neue Thambar-M aufgrund der zu erwartenden Stückzahlen dereinst als sammlungswürdige Rarität angesehen werden wird – allerdings erst, wenn es bei Leica nicht mehr erhältlich sein wird. Das zeige etwa das Beispiel des Tri-Elmar-M 1:4/28-3550 mm Asph in silbern verchromter Ausführung: „Das Objektiv war ganz regulär im Handel erhältlich, ohne dass es sich dabei um eine limitierte Edition gehandelt hat. Die nach Jahren insgesamt erreichte Stückzahl war aber doch so gering, dass es in der Rückschau betrachtet eine echte Rarität 92 |

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Das Original-Thambar 1:2.2/9 cm, Thambar-M, stabiler Lederköcher für die Aufbewahrung des Thambar inklusive Zentralblende

ist und auf dem Markt heute in der Regel zu Preisen gehandelt wird, die über dem seinerzeitigen UVP liegen.“ Wie das Original weist auch das Thambar-M einen, verglichen mit aktuellen Designs, ungeheuer langen Fokussierhub auf. Um den Blendenring zu verstellen, empfiehlt es sich, das Objektiv an der Fassung festzuhalten, da sie sich sonst mitdrehen würde. Die gewohnte Rastblende gibt es nicht – der Clou ist gerade die stufenlose Verdrehung des Blendenrings, um den Weichzeichnungseffekt besonders fein steuern zu

können. 20 Blendenlamellen sorgen für eine stets kreisrunde Erscheinung des Zerstreuungskreises, und das Bokeh, das das Thambar erzeugt, zählt deswegen auch zu den zauberhaft-seltsamsten aller Leica-Objektive. Betrachtet man die Veränderung der Bildwirkung beim Abblenden mit Live View an einer digitalen M, kann man auch sehr leicht an der Verdunklung des Zentrums erkennen, wann die Zentralblende entfernt gehört. Am Objektiv selbst zeigt das die rote und weiße Skala an: Nur bis Blendenwert 6.3 sollte die Zentral-

blende eingeschraubt sein, sonst gäbe es einen dunklen Fleck in der Mitte. Doch um den Zauber des Thambar zu entfalten, würde man es doch am liebsten ohnehin stets aufgeblendet und mit Zentralblende verwenden, um den lieblichen Effekt auszukosten, wenn die Lichter in die Schatten überstrahlen – einen Effekt, der sich auf diese Weise beim digitalen Weichzeichnen nie und nimmer nachahmen ließe. olaf stefanus


LFI: Herr Netopil, was mag sich Leitz, was mag sich der Konstrukteur Max Berek seinerzeit gedacht haben bei der Entwicklung des Thambar? Lars Netopil: Von Max Berek ist eine ganze Reihe an Unterlagen überliefert. Das betrifft insbesondere seine technischen Aufzeichnungen, Berechnungen etc., aber meines Wissens keine, in denen er sich – etwa in einem Brief – an Kollegen wendet und Gedanken zu der Entwicklung des Thambar mitteilt. Auch Zeitzeugen sind schon lange nicht mehr greifbar. Wir sind insoweit auf Spekulationen angewiesen. Auf der anderen Seite sprechen Sie den entscheidenden Punkt schon in Ihrer Frage an: „ästhetische Strömung“. In verschiedenen Epochen der Fotografie bestand der Trend, von der naturalistischen, voll scharfen Abbildung der fotografischen Objektive durch Weichzeichnen bewusst abzuweichen. In den 1930er-Jahren war das regelrecht Mode. Wie kam das Thambar bei der Klientel an, und wer hat damit fotografiert? Lars Netopil: Vom Thambar wurden insgesamt nur knapp 3000 Exemplare gefertigt und verkauft. Man kann aber deshalb nicht sagen, dass es bei der Kundschaft schlecht ankam. Diejenigen, die ein Thambar erwarben, taten das aus guten Gründen und waren mit den Bildergebnissen mit Sicherheit sehr zufrieden. Zahlreiche Bildbeispiele in zeitgenössischen Fotobüchern und Zeitschriften zeugen heute noch davon. Mit Sicherheit wurde

R o m a n t i c Lo o k I n t e rv i e w

Über das Thambar-M sprachen wir mit Lars Netopil, Vizepräsident des Leica Historica e. V. sowie Eigentümer des Leica Store Wetzlar, und Jesko von Oeynhausen, Produktmanager für das M-System.

Jesko von Oeynhausen (links) und Lars Netopil fachsimpeln in der Altstadt von Wetzlar über das neue Thambar-M

ein gewisser Anteil an professionelle Studio- und Porträtfotografen, aber auch an Fotokünstler geliefert. Nie zu unterschätzen war und ist bei Leitz/Leica allerdings der Anteil der anspruchsvollen Amateure. Herr von Oeynhausen, können Sie kurz erläutern, welcher Systematik Leicas Klassik-Linie folgt? Jesko von Oeynhausen: Wir haben bei den beiden bisherigen Produkten jeweils ein Objektiv ausgewählt, das in seiner Charakteristik sowohl optisch als auch haptisch einzigartig ist. In der Anwendung bieten diese Objektive Eigenschaften, die wir mit dem modernen Portfolio nicht abdecken. Beide Objektive könnten unterschiedlicher nicht sein, jedoch ist der Grad der Modifikation bei beiden Modellen der gleiche: eine moderne Anpassung der äußerlichen Details wie die Ausführung der Rändelungen, Gravurschriften und Bezeichnungen, sonst aber die Übernahme des originalen optischen Designs und damit der Erhalt der ursprünglichen Bildwirkung und auch die weitgehende Übernahme der mechanischen Konstruktion. Welche Botschaft wollen Sie heutigen M-Fotografen mit einem Objektiv wie dem Thambar, bei dem optische Fehler geradezu Programm sind, vermitteln? Auf welche Weise kommt der Weichzeichnereffekt genau zustande? Jesko von Oeynhausen: Die Charakteristik dieses Objektivs würde nach den „normalen“ Bewertungskriterien für ein modernes → lFI

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Objektiv natürlich ganz anders ausfallen. Heute werden Abbildungsfehler auf ein Minimum reduziert, dadurch erreicht man ein sehr brillantes, klares und detailreiches Bild, welches nahezu frei von optischen Nebeneffekten ist. Der spezielle Charakter jedes Objektivs macht sich eher im Hintergrund bemerkbar durch sein Bokeh, die Schärfentiefe und die Detailzeichnung im nahen Fokusbereich. Bei einem klassischen Objektiv wie dem Thambar ist die einzigartige Bildwirkung viel offensichtlicher. Das Objektiv erzeugt vor allem in den gröberen Strukturen und Flächen Überstrahlungen, die die Farben förmlich ineinanderlaufen lassen. Dennoch bietet es die

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Möglichkeit, feine Details sichtbar zu machen, sogar bei offener Blende. Diese Eigenschaften ermöglichen schmeichelhafte Porträts mit einem romantischen, verträumten Look, der unter Kennern eindeutig dem Thambar zuzuordnen ist. Dieser Effekt ist sehr charakteristisch und lässt sich durch eine digitale Filterung nicht nachahmen. Zustande kommt der Weichzeichnereffekt durch eine bewusste Erhaltung des sphärischen Fehlers, der durch komplexere optische Rechnungen normalerweise korrigiert wird. Der sphärische Fehler wird durch die äußeren Randstrahlen des Objektivs verursacht, deshalb wird dieser auch durch Abblenden minimiert. Die auf-

schraubbare Zentralblende des Thambar bietet also sogar den gegenteiligen Effekt des Abblendens, da sie die mittleren Strahlen abschattet und nur die Randstrahlen durchlässt. Wie sieht es bei den inneren Werten aus? Konnten Sie das optische Design ganz und gar beibehalten, womöglich gar die klassischen Glassorten verwenden? Was ja auch implizieren würde, auf eine Vergütung zu verzichten? Jesko von Oeynhausen: Ja, das optische Design des Original-Thambar wurde vollständig übernommen, dadurch konnte auch die optische Charakteristik des Objektivs vollständig beibehalten werden. Beim Ver-

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gleich mit einem Thambar aus den 1930er-Jahren könnte man kaum einen Unterschied feststellen, vorausgesetzt, dieses Objektiv befindet sich in einem guten Zustand. Thambar-Objektive in einem einwandfreien Zustand – frei von Ablagerungen und Pilzbefall – sind allerdings heute kaum noch zu finden. Um die langfristige Haltbarkeit des Objektivs sicherzustellen, haben wir uns entschieden, die Linsen des neuen Thambar mit einer einfachen Vergütung zu versehen. Das verändert die Bildwirkung des Objektivs in normalen Lichtsitua­tionen nicht und die Antireflex-Wirkung fällt schwächer aus als bei modernen Objektiven. Bei ­Gegenlicht ist ein unver-

Die aktuelle Ausgabe der LFI – und alle anderen seit 2003 –, News aus der Welt der Fotografie, Videos zu den Reportagen und ausgewählte Bereiche der Lesergalerie: die LFI-App für iOS und Android.


gütetes Thambar praktisch überhaupt nicht zu gebrauchen, da große Reflexe in strahlendem Weiß das ganze Bild überlagern. So bietet das neue Thambar in der Anwendung neben seinem neuwertigen Zustand einen weiteren sichtbaren Vorteil. Was genau besagen die rote und die weiße Skala? Wie entscheide ich als Fotograf am Sinnvollsten, wann und auf welche Weise ich die Zentralblende einsetze? Auf welche Lichtsituation sollte ich besonders achten, um die spezielle Bildwirkung des Thambar bestmöglich zur Geltung zu bringen? Jesko von Oeynhausen: Die rote Skala markiert die effektiven Blendenzahlen,

die bei der Verwendung der Zentralblende gelten. Da die Zentralblende das Strahlenbündel abschattet, ist die effektive Blende kleiner, also die Blendenzahl größer. Sie zeigen auch an, bis zu welcher Blendeneinstellung die Verwendung der Zentralblende überhaupt zulässig ist. Wenn man nämlich die Zentralblende bei zu weit geschlossener Blende verwendet, wird sie als dunkler Punkt in der Bildmitte sichtbar. Man sollte die Zentralblende deshalb nur dann einsetzen, wenn die weiche, verwaschene Bildwirkung im Vordergrund stehen soll und feine Objektdetails nicht das wichtigste Bildelement sind. Auch ohne Verwendung der Zentralblende ist die Bildwirkung des

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Thambar außerordentlich weich. Besondere Aufmerksamkeit sollte man auf den Objektkontakt legen. Sind die Lichter des Bildes stark überbelichtet, so überstrahlen diese sehr weit in die benachbarten Bildbereiche, das kann zu unerwünschten Effekten führen, kann aber bei gezieltem Einsatz im wahrsten Sinne „traumhafte“ Effekte erzeugen. Und zu guter Letzt: Was bedeutet eigentlich die Bezeichnung „Thambar“? Lars Netopil: Einige Wortsilben innerhalb der Objektivnamen von Leitz und Leica sind aus dem Griechischen oder Lateinischen entlehnt. So steht die Vorsilbe „Sim“ – wie auch entsprechend „Sym“, „Sam“ oder

„Sum“ – für das Zusammenkommende, das Sämtliche oder die Summe. Bei Summar, Summitar, Summarit, Summicron, Summilux können wir uns daher erklären, dass man bei diesen, jeweils in ihrer Zeit besonders lichtstarken Objektiven mit dem Gebrauch dieser Vorsilben im Objektivnamen auf die Summe des Lichts Bezug nehmen wollte, die mit ihnen „eingefangen“ werden konnte. Das griechische Wort „thambo“ dagegen bedeutet „unscharf“ oder, als Verb (thambono) verwendet, etwas unscharf aussehen lassen. Im übertragenen Sinne bedeutet es redensartlich „von Schönheit geblendet sein“ (me thambose me teen omorfia tis). interview: olaf stefanus

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B u n t m u ss es se i n Leica sofort limoland

Die erste Sonderedition der Sofortbildkamera aus Wetzlar ist da: die Leica Sofort „Limoland by Jean Pigozzi“. Der Fotograf, Entrepreneur und Kunstsammler versetzt die Sofort mit Mr Limo, dem Logo seines Modelabels, in den Farbrausch.

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Jean Pigozzi, für viele seiner unzähligen, im Laufe eines umtriebigen Lebens erworbenen Bekannten und Freunde auch „Johnny“, ist der Namensgeber der ersten Sonderedition der Leica Sofort – der „Limoland by Jean Pigozzi“. Rückblickend eine fast logisch zu nennende Entwicklung, aber der Reihe nach. Pigozzi, Jahrgang 1952, erhielt seine erste Kamera als Siebenjähriger, und als er zehn war, schenkte ihm sein Vater, der italienisch-französische Automobilindustrielle Henri Théodore Pigozzi (geboren

als Enrico Teodoro), Gründer der Marke Simca, seine alte Leica. Nach dem Tod des Vaters fotografierte Pigozzi mit dessen M2 weiter: „Seither habe ich auch mit allen anderen M-Modellen gearbeitet. Die erste Leica CL besaß ich ebenfalls, eine schöne kleine Kamera, mit der ich gern fotografiert habe.“ Pigozzis Begeisterung für die Fotografie hat auch einen sehr persönlichen Hintergrund: „Ich bin Legastheniker und meine Handschrift ist grauenhaft. Wenn ich mir etwas aufschreibe, kann ich es später

„O bwoh l ic h fast aus c h l iess l ic h in S c hwa rzweiS S fotog raf ie r e , l ie b e ic h d ie Fa r b e . L im oland ist ein Label f ü r r e ic he a lt e M ä n n e r , d ie k e in Beige t rage n . ”

Aufnahmen, die Jean Pigozzi mit der Leica Sofort in seiner Villa in Cap d’ Antibes angefertigt hat: Links oben einer seiner Weimaraner, rechts unten der berühmte Pool mit den unvermeidbaren Wassertieren

nicht mehr lesen. Das hat sich erst durch den Computer geändert. Deshalb habe ich sehr früh angefangen, mein Leben in Bildern zu dokumentieren. Ich habe alles fotografiert, was mir vor die Linse kam, mein Essen, meine Hunde, meine Freunde, einfach alles.“ Trotz seiner Lese- und Rechtschreibstörung konnte Jean Pigozzi ein Studium in Harvard aufnehmen, zunächst im Bereich Wirtschaftswissenschaften, aber er wechselte schon bald zu den Fächern Film und Fotografie. Nachdem er 1974 seinen Bachelor gemacht hatte, war er für den französischen Filmkonzern Gaumont, weltweit das älteste noch heute aktive Filmproduktionsunternehmen, und die 20th Century Fox tätig. Schon während des Studiums machte Pigozzi, der jede Gelegenheit nutzte, um in die quirlige New Yorker Szene einzutauchen, die Bekanntschaft vieler Fotografen, Pop-Stars und anderer Prominenter und fotografierte sie. Eine Tätigkeit, die er während seiner Zeit in der Filmindustrie natürlich nicht unterbrach, sondern eher noch weiter intensivierte. Besonders während der Filmfestspiele von Cannes ist Pigozzis Villa Dorane in Cap d’ Antibes ein Treffpunkt der internationalen Stars aus der Kunst-, Filmund Musikszene. Dort fotografiert er bevorzugt am Pool, sein aus diesem Material zusammengestelltes Buch Pool Party haben wir in einem Portfolio in der LFI 6/2017 vorgestellt. →

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Jean Pigozzi fotografiert mit einer Leica Sofort Limoland im C/O Berlin – im Hintergrund eine Aufnahme von William Klein (Foto: Steffen Keil). Rechts die Rückseite der Kamera, darunter der von Artisan& Artist produzierte Tragegurt mit dem Mr-Limo-Logo

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Pigozzi ist nicht nur Fotograf, sondern auch Kunstsammler. Unter anderem besitzt er die größte Sammlung zeitgenössischer afrikanischer Kunst, CAAC, die Contemporary African Art Collection. Aus einer der Arbeiten von George Lilanga (1934–2005) vom Stamm der Makonde in Tansania, der im Westen besonders auf Keith Haring eine prägende Wirkung hatte, lizenzierte Pigozzi ein „happy face“, das er als Logo für seine Modelinie Limoland verwendet. Das Thema Mode interessiert Pigozzi aus mehreren Gründen. Obwohl er fast ausschließlich Schwarzweiß fotografiert, liebt er Farbe. Er findet es deprimierend, wenn viele Menschen ausschließlich in Schwarz herumlaufen. Genauso frustriert es den 1,93-Meter-Mann, wenn er in einem Schaufenster ein Kleidungsstück sieht, das ihm gefällt, das dann aber in seiner Größe nicht zu haben ist. Deshalb gründete er 2007 sein eigenes Label für „reiche alte Männer, die kein Beige tragen wollen“. Oft erinnern Stücke aus der Limoland-Kollektion an die Malerei Lilangas.

Mit einem Jackett, auf dessen Rückseite das Mr-LimoLogo prangte, besichtigte Pigozzi im vergangenen Jahr den Wetzlarer LeitzPark – bei dieser Gelegenheit entstand die Idee für die Leica Sofort Limoland by Jean Pigozzi. Bei der auf wenige Tausend Exemplare limitierten Kamera handelt es sich um ein gegenüber der Serie technisch nicht verändertes Modell, das auf der Vorder- und Rückseite mit einer hochwertigen Limoland-Folie versehen ist. Zum Lieferumfang gehört ein passender Tragegurt, der von Artisan&Artist produziert wird. Die Kamera wurde in Europa am 19. Oktober im Pariser Concept Store „Colette“ zusammen mit dem neuen Fotobuch von Pigozzi – der sich augenzwinkernd als Erfinder des Selfies sieht – Me + Co – The Selfies: 1972–2016 (erschienen bei Artbook) vorgestellt. In den USA wird die Limoland-Sofort auf der Vernissage einer Pool PartyAusstellung in der Leica Galerie L. A. am 9. November präsentiert. bernd luxa


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we n i ge r i s t m eh r B i l dk o mp o si t i o n

Perfektion ist nicht alles – erst d e r g e ko n n t e E i n s at z v o n U n s c h ä r f e erweckt viele bilder zum Leben.

Foto: Paolo Pellegrin/Magnum Photos/Agentur Focus

Fotografie hatte schon immer ein Perfektionismusproblem – gerade auch heute, in der digitalen Ära, in der der technische Fortschritt Perfektion so mühelos erreichen lässt. Für den oberflächlichen Fotografen bilden Schärfe, Belichtung und Zeichnung die Messlatte für ein gutes Foto. So ein Fotograf ist Paolo Pellegrin nicht. In seinen unkonventionellen, unscharfen Aufnahmen zeigt er uns, dass sich gesellschaftliche Umbrüche nicht einfangen lassen, wenn man stets nach „Perfektion“ strebt. Hier, im Arabischen Frühling, mitten in einer Demonstration gegen Mubarak in Kairo, gelang ihm eine Komposition, die die Wut der Menschen regelrecht ins Schwingen bringt. Die kontrollierte Unschärfe einer langen Belichtung schneidet quer durchs Bild, ohne dass die Gesichter ihre Identität verlören. Pellegrin sah seine Aufgabe darin, zivilen Ungehorsam zu zeigen – nicht durch Klarheit, sondern durch Konfusion. Bewegungsunschärfe ist ein komplexer Teil der Bildsprache und man muss wissen, wie und wo man sie einsetzt. Pellegrin zeigt uns ihre emotionalen und metaphorischen Implikationen; je nachdem, wie man sie einsetzt, führt sie zu völliger Abstraktion oder streicht einen flüchtigen Moment besonders heraus. „Perfekte“ Bilder zu machen ist einfach – viel schwerer ist es die Unvollkommenheit zu meistern.

Jetz t b est ellen:

l f i - o n l i n e . de/sho p He n ry C a r ro l l ist Autor der Buchreihe Big Shots,

in der er die Geheimnisse ikonischer Fotografien lüftet, erschienen im Midas Verlag.

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b es t o f LFI . G a l l e r y

D e v i l’ s Pe a k „Diese Aufnahme entstand auf einem Ausflug zum Devil’s Peak in New Kowloon, Hongkong. Auf dem Gipfel des Hügels in einer Höhe von 222 Metern befinden sich die Ruinen eines Forts der britischen Armee. Dorthin läuft der Mann gerade, denn von dem alten Fort hat man einen guten Panoramablick auf den östlichen Teil Kowloons.“ Debby Kwong Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm

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Bnei Brak, Is r a e l „Das Purimfest erinnert an die Rettung der persischen Juden. Zu den Bräuchen an diesem Tag gehört auch, sich zu verkleiden und an Umzügen teilzunehmen. Mein Ziel war es aber, Bilder zu machen, die nicht den Kontext enthüllen, in dem sie entstanden sind.“ Felix Lupa Leica D-Lux, DC VarioSummilux 1:1.7–2.8/10.9– 34 mm Asph

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Fes t i va l D e C a n n es , 2 0 1 6 „Während der FestivalWoche in Cannes sieht man viele interessante Menschen, auch wenn man einfach nur über die Croisette bummelt: Junge und alte Festivalbesucher vermischen sich mit Touristen, mit Leuten, die noch Karten suchen oder darauf hoffen, auf eine Berühmtheit zu treffen.“ Nicole Struppert Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm

F o gg y Pe a k „Im vergangenen Jahr rief mich ein Freund an, abends um zehn, wir sollten unbedingt auf den Victoria Peak in Hongkong fahren, wegen der nebligen Atmosphäre. Es war ein toller Ausblick, die Nebelschwaden zogen durch die Stadt. Die Aufnahme habe ich mit Stativ und 1/32 Sekunde bei ISO 400 gemacht.“ Jem Wong Leica M240 mit Elmarit-M 1:2.8/ 28 mm Asph

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Silhouetten Und Linien „Dieses Bild gehört zu einer Serie über Menschen, die mit geometrischen Formen interagieren. Es entstand an dem Denkmal, das in Manhattan an die große Hungerkatastrophe in Irland 1845–1849 erinnert. Bei dieser Serie ist es mir wichtig, dass die Personen nicht inszeniert werden.“ Vadim Krisyan Leica M Monochrom246 mit Elmarit-R 1:2.8/135 mm

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Im Transit „Als ich in einer RERStation in Paris auf meinen Zug wartete, fiel mir dieses Arrangement der drei Farben Blau, Grün und Rot ins Auge. Als ich noch über die Komposition nachdachte, trat die junge Frau in der roten Jacke ins Bild. Ich habe sofort auf den Auslöser gedrückt und habe ihr ein stummes ‚Danke schön!‘ nachgerufen.“ Lu Wenpeng Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm

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HamarikyuPa r k „Den ‚Kaiserlichen Garten der Hama-Residenz‘ im Bezirk Chuo habe ich im Rahmen eines Projekts besucht, bei dem ich mich neun Tage in Tokio aufgehalten habe, um die Stadt und die Menschen zu fotografieren. Aus dieser Serie ist ein Kalender entstanden.“ Jan Scheffner Leica M9 mit Summicron 1:2/35 mm


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Ox f o r d S t r ee t „Diese Aufnahme habe ich auf einem meiner sonntäglichen Street-Photography-Ausflüge in London gemacht. Normalerweise konvertiere ich alle meine Fotografien in Schwarzweiß, aber gerade auf diesem Bild sehen die Farben der Q einfach fantastisch aus.“ Stephen Swain Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm

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p h oto – b ü c he r – Au ss t e l l u n ge n – f es t i va l s – Awa r ds –

Aus Gianluca Galtruccos neuem Bildband For Your Consideration: Hinter den Kulissen Hollywoods

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G i a n lu c a G a lt r u c c o f o r y o u r c o n s i d e r at i o n

G uy B o u r d i n Fotos: © Gianluca Galtrucco, © Guy Bourdin, © Álvaro Laiz/Dewi Lewis Publishing, © Sam Contis/courtesy of the artist and Mack, © Raymond Depardon/Magnum Photos

Untouched

„Lieber fünf Minuten Glück, als ein Leben in Anpassung“, notierte Guy Bourdin (1928–1991) auf einem Selbstporträt von 1955. Er stand am Anfang seiner grandiosen Karriere, sollte er doch einer der wichtigsten, am meisten bewunderten, aber auch berüchtigten Werbe- und Modefotografen des 20. Jahrhunderts werden, der mit radikalen und sexuell aufgeladenen Bildinszenierungen und mit intensiver Farbästhetik die Modefotografie revolutionierte. Erst vor wenigen Jahren wurde sein Frühwerk entdeckt: eine Sensation. Unscheinbare Umschläge mit aufgeklebten Kontaktprints enthielten unzählige Schwarzweißmotive, die das Gespür für die grafische Form und präzise Gestaltung schon in dieser frühen Werkphase verdeutlichen. So boten die Straßen von Paris unzählige Motive, werden die Plätze, Brücken und Ladeneingänge sowie die Passantenporträts durch Perspektive und spätere Ausschnitte zu dichten, oft dunklen Stimmungsbildern. Untouched zeigt das Frühwerk; insgesamt sind acht Bände zum Gesamtwerk geplant, die der Sohn und Nachlassverwalter Samuel Bourdin mit Pascal Dangin und dem Steidl Verlag veröffentlicht. Der erste widmet sich den Jahren 1949 bis 1955 – 1955 erhielt Bourdin den ersten Auftrag von der Vogue France: elegante Hutmode vor der Auslage einer Schlachterei, Haute Couture im Naturalismus des Fleischmarkts. Bourdin hatte verstanden, wie Aufmerksamkeit zu erzielen ist. Die Karriere konnte beginnen. 256 Seiten, 200 Vierfarbabb., 24,5 × 30 cm, englisch, Steidl

Fatamorgana, Filmset, Realität: im Wüstenklima von Los Angeles ist das oft nicht unterscheidbar. Der in der kalifornischen Metropole lebende italienische Fotograf nimmt uns mit auf Entdeckungsreise zwischen Mythos, Alltag und Inszenierung: skurril, schräg, aber auch trist und manchmal ziemlich melancholisch. 108 Seiten, 45 Farbabbildungen, 30,5 × 29 cm, englisch, Hatje Cantz

Sa m C o n t i s D e e p Sp r i n g s

Ein Wüstental, Sierra Nevada – hier startete vor 100 Jahren ein elitäres Collegeprojekt. Harte Arbeit kombiniert mit theoretischer Ausbildung. Zugelassen: nur Männer. Die kalifornische Fotografin (*1982) mischt historische mit eigenen Aufnahmen, die den Ort, seinen Mythos und maskuline Identität umkreisen. 52 Seiten, 48 Farb- und 51 DuotoneAbb., 24 × 28,8 cm, englisch, Mack

Á lva r o L a i z The Hunt

Das sorgfältig gestaltete Buch des spanischen Fotografen (*1981) erzählt von den UdegeJägern in Ostsibirien, die im Einklang mit der Natur leben. Besonderen Status hat der Tiger: Wer ihn missachtet, muss mit tödlichen Konsequenzen rechnen. Ein visueller Krimi, rätselhaft und spannend. 104 Seiten, 45 Farbabb., 24 × 18 cm, englisch, Dewi Lewis Publishing

Ray m o n d D e pa r d o n BOLI V IA

Zwischen 1997 und 2015 war der französische MagnumFotograf (*1942) fünfmal in Bolivien. War sein erster Urlaub noch ein Kulturschock, entwickelte er über die Jahre eine intensive Beziehung zum Land und seinen Bewohnern. Gezeigt wird die harte Lebensrealität der Bolivianer, gleichzeitig die karge Schönheit weiter Landschaften. 144 S., 75 Abb., 20,8 × 28,7 cm, franz., engl., span., Fondation Cartier

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MARTIN PARR V e r s i c h e r u n g s ka m m e r K u lt u r s t i ft u n g , M ü n c h e n

Albertina, Wien

Robert Frank zählt zu Recht zu den bedeutendsten Fotografen weltweit. Über 60 Jahre umfasst sein Werk, das nun in einer Retrospektive in der Wiener Albertina mit 110 Arbeiten ausgestellt wird – von frühen in Europa entstandenen Fotografien bis hin zu seinem späten, introspektiven Œuvre. Seine Serien erzählen von Menschen in einem Wohnhaus in Manhattan, von Bankern und Armen in London, vom Straßenleben in Paris. Oder von Bergarbeitern in Wales. Ben James lebt nicht mehr, aber sein Gesicht ist in die Fotogeschichte des 20. Jahrhunderts eingegangen. Zerfurcht, verdreckt, erschöpft – aber stolz. Man schrieb das Jahr 1953, als der gebürtige Schweizer Fotograf Robert Frank dem Minenarbeiter James begegnete. Wochenlang begleitete er ihn, ging mit ihm unter Tage, besuchte ihn in seinem Zuhause. Die daraus entstandene Serie Welsh Miners beschreibt den harten Arbeitsalltag der Bergleute – und zugleich auch den Job des Fotografen. Dieser ist mehr als nur Annäherung und Ästhetik, er bedeutet: Geduld, Mut und Empathie. Die wohl bekannteste seiner Reihen ist The Americans, eine „visuelle Studie der Zivilisation“, wie Frank sie einst nannte. Vor allem aber ist sie eine Dokumentation eines ganzen Landes, ein Konvolut aus 28 000 Bildern, das charakteristische Aspekte der US-amerikanischen Gesellschaft mit einem subjektiven, von eigenen Erfahrungen geprägten Blick abbildet: Patriotismus, Rassismus, Religion, Kultur. Ein fotografisches Meisterwerk. Robert Frank, Exzentriker und Lebensliebhaber, wird am 9. November 93 Jahre alt. 25. Oktober 2017 — 21. Januar 2018 Foto: Robert Frank, Rodeo, Detroit 1955

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11. Oktober 2017 — 28. Januar 2018 Foto: Martin Parr, Knokke Le Zoute, Belgium, 2001

Sa b i n e W e i ss Galerie Hilaneh v o n Ko r i e s , b e r l i n

Françoise Sagan liegend vor ihrer Schreibmaschine, zwei Paare, die sich küssen, ein Trinker auf einer Bank. Sabine Weiss sagt: „Ich fotografiere, um ein Bild zu bewahren, das im nächsten Moment vergangen sein wird: Gesten, Haltungen und Objekte, die Zeugen unserer Reise sind.“ In Berlin werden nun ausgewählte Arbeiten der 93-jährigen Grand Dame der Humanistischen Fotografie

Blicke, die bleiben S u e r m o n dt- Lu dw i g M u s e u m , Aac h e n

Die Porträts aus der Sammlung Fricke umfassen 100 Schwarzweißfotografien aus den 1920er-Jahren bis heute. Berühmte und unbekannte Menschen werden zu Objekten zwischen Idealisierung und Verfremdung. Mit Arbeiten von August Sander, Robert Lebeck und Lotte Jacobi. 21. Oktober 2017 — 14. Januar 2018 Foto: Wilhelm Schürmann, Plaza, Aachen 1973

gezeigt. Un regard personnel – Eine eigene Sicht vereint Aufnahmen aus Paris, von Reisen in die USA, Straßenszenen, Künstlerporträts, Bilder von Kindern. Die Fotografien aus den 50er- und 60er-Jahren zeigen Weiss’ Interesse für das Wechselspiel von Licht und Schatten, für Vororte, Kneipen und das Leben zu Zeiten von Bonjour Tristesse. 7. Okt. 2017 — 26. Jan. 2018; Fotos: Sabine Weiss, Françoise Sagan, Paris 1954 und Amoureux, Paris 1954

Fotos: © Robert Frank, © Martin Parr/Magnum Photos, © Wilhelm Schürmann, © Sabine Weiss

R o b e rt F ra n k

Belgien, Italien, Frankreich, Deutschland: Der britische Fotograf reist durch Europa und bringt immer ein Foto mit. Souvenir – A Photographic Journey erzählt von Konsum, Tourismus und Identität. Nicht frei von Klischees beleuchtet Martin Parr das Banale und manchmal auch Abgründige im Alltäglichen.


Foto: © Matthew Rolston

Hollywood ist Traumfabrik und Tinseltown, Action und Fiction. Wer es in dieses Glitzerschloss schafft, der trinkt entweder Champagner oder trägt eine goldene Krone. In seiner Serie Hollywood Royale: Out of the School of Los Angeles hat der Amerikaner Matthew Rolston die berühmtesten Hollywood-Persönlichkeiten der 80er-Jahre porträtiert: Drew Barrymore, Isabella Rosselini, Jodie Foster, Sylvester Stallone, Steven Spielberg, Don Johnson, Sade, Michael Jackson. Über 50 Werke werden bei Camera

M at t hew R o l s to n CAMERA WORK , B e r l i n

Work präsentiert, eine Reise mit Schwarzweißaufnahmen durch eine Zeit ohne Selfie und Smiley, dafür aber mit um so mehr Glamour. Rolstons Porträts sind Kunstbilder, abstrakt und zeitlos zugleich. Sie zeigen die Stars als elitäre Vertreter der High Society, als Erhabene in dem Hofstaat namens Hollywood und in einer Rolle, die sie

darin spielen. Ob Surreale, Könige, Narren, Stummfilm- oder Fantasiegeschöpfe – Hollywood avanciert in den Arbeiten zum kreativen Raum, in dem die Stars selbst zu Kunst werden. Matthew Rolstons ästhetisch anspruchsvolles und historisches Zeugnis über die Hollywoodkultur der 1980erJahre hat der teNeues-Verlag in einem Fotobuch zusammengefasst. 21. Oktober — 2. Dezember 2017 Foto: Matthew Rolston, Drew Barrymore, Portrait as a Boy, Los Angeles 1991

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Os k a r A n r at he r Leica GAlerie Salzburg

Dass der Fotograf den Ehrentitel „Doyen der Salzburger Pressefotografen“ trägt, ist einer glücklichen Fügung zu verdanken: Vor über 50 Jahren hatte Oskar Anrather (1932–2016) den Mut, seine Leica-Aufnahmen bei der Redaktion des Leica Magazins einzureichen. Denn neben seinem Beruf als Herrenschneider im Salzburger Maßatelier seiner Eltern, war er leidenschaftlicher Amateurfotograf. Der damalige Redaktionsleiter Heinrich Stöckler erkannte das Talent Anrathers, widmete ihm in Heft 5/1967 eine immerhin zehnseitige Bildstrecke und nahm ihn als ersten Amateur in die 116 |

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Reihe der „Meister der Leica“ auf. Dabei war die Bildzusammenstellung durchaus speziell: vom röhrenden Hirsch über Porträts des Schauspielers Kurt Heintel und von Königin Sirikit beim Salzburg-Besuch bis hin zur eingestürzten Autobahnbrücke. Ein weiterer Glücksfall war dann Gandolf Buschbeck, Intendant am Salzburger Landestheater, der ihn als Fotograf für das Theater engagierte. 1969 verließ Anrather den elterlichen Betrieb und war drei Jahrzehnte Fotograf am Institut für Kunstgeschichte der Universität Salzburg. Er arbeitete als Pressefotograf für Tageszeitungen,

darunter die Salzburger Nachrichten, und auch als Bildautor zahlreicher Bücher sollte er sich einen Namen machen. Die feine Ausstellung Mein Salzburg. Mein Leben in der Leica Galerie Salzburg ist eine Wiederentdeckung und gleichzeitig eine wunderbare Hommage an den letztes Jahr verstorbenen Fotografen. Ulrich Rüter Fotografien: Model am Kitz­s teinhorn; Drei Nonnen auf dem Kapitelplatz, beide Aufnahmen Salzburg 1967 19. Oktober 2017 — 6. Januar 2018, Leica Galerie Salzburg, Gaisbergstr. 12, 5020 Salzburg, www.leica-galerie-salzburg.com


S MAGAZIN AUSGABE 9 20

Le i c a G a l e r i e n deutschland

i ta l i e n

Wetzlar

Mailand

Kurt Hutton

Bei Drucklegung nicht bekannt

Am Leitz-Park 5, 35578 Wetzlar 29. November 2017 — Ende Februar 2018

Via Mengoni, 4, 20121 Mailand

Frankfurt

Magnum Photos at 70: Past, Present, Future Großer Hirschgraben 15, 60311 Frankfurt am Main 24. November — 2. Dezember 2017

NR W

Lars Beusker Mies-van-der-Rohe-Weg 1, 59302 Oelde-Stromberg 16. September 2017 — 13. Januar 2018

Portugal

Porto

228

FOTOGRAFEN SEITEN · 9,90

L O

Bei Drucklegung nicht bekannt Rua d. Sá da Bandeira, 48/52, 4000-427 Porto Türkei

O

i s ta n b u l

Ahmet Polat: The Myth of Men Bomontiada – Merkez, A, Birahane Sk. No:1, 34381 Şişli/İstanbul 8. September — 2. Dezember 2017

K

Nürnberg

Craig Semetko: Funny Business Obere Wörthstr. 8, 90403 Nürnberg 3. Dezember 2017 — 24. Februar 2018

Z i n gs t

Heidi und Robert Mertens Am Bahnhof 1, 18374 Zingst 21. September — 13. Dezember 2017 österreich

Salzburg

Oskar Anrather Gaisbergstr. 12, 5020 Salzburg 19. Oktober 2017 — 6. Januar 2018

S c h l o ss A r e n b e r g

Lambert Creyghton: Hindenburgline Project

USA

L o s A n ge l es

Jean Pigozzi: Johnny’s Pool 8783 Bever­ly Boulevard, West Hollywood, CA 90048 9. November 2017 — 9. Januar 2018

Boston

Jim Marshall: Jazz Festival

brasilien

Bei Drucklegung nicht bekannt Rua Maranhão, 600 Higienópolis, 01240–000 São Paulo

wien

Tokio

Per-Anders Pettersson: African Catwalk

Marc Riboud: The World of Marc Riboud

Walfischgasse 1, 1010 Wien Mitte Oktober — Mitte Dezember 2017

6-4-1 Ginza, Chuo-ku, Tokio 22. September 2017 — 14. Januar 2018

Ellen von Unwerth Školská 28, 110 00 Prag 1 14. September — 19. November 2017

O

S ão Pau l o

Ja pa n

Prag

O

74 Arlington Street, Boston, MA 02116 2. November — 31. Dezember 2017

Arenbergstr. 10, 5020 Salzburg 12. November 2017 — 20. Januar 2018

tschechien

B

Kyoto

Marc Riboud: Japanese Women as seen by Marc Riboud 570–120 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku, Kyoto 23. September 2017 — 18. Januar 2018

K · 2 0

wa r s c h a u

Paweł Jaszczuk: Yesus Mysia 3, 00–496 Warschau 27. Oktober — 3. Dezember 2017

Ian Teh

FOTOGRAFIE VON

Enrique Badulescu Joachim Baldauf Brix & Maas Bil Brown Arved Colvin-Smith Anna Daki Rui Faria Christian Geisselmann Esther Haase Marie Hochhaus Benjamin Kaufmann James Meakin Monica Menez Hector Perez Elizaveta Porodina René & Radka Christian Rinke Tristan Rösler Takahito Sasaki SPECIAL

Singapur

GUEST

Ellen von Unwerth

polen

Singapur

STATE-OF-THE-ART-

1

The Fullerton Hotel, 1 Fullerton Square, #01–07 9. November — Anfang Dezember 2017

7

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„ I c h wo l lt e e i n e n e i n z i g a rt i ge n O rt f ü r F o to g ra f i e ! “ i n t e rv i e w

Der fotografiebegeisterte Anwalt Douglas So gründete 2014 in Hongkong das F11 Foto Museum. Nun folgt die Galerie f22. Außerdem sammelt So Leica-Raritäten. Ein Gespräch über Fotografie an der Schnittstelle zwischen Ost und West.

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Fotos: © Jing Huang (2), © F11 Foto Museum

LFI: Was macht Hongkong zu einem guten Ort für Fotografie? Douglas so: Hongkong ist ein Symbol für das Aufeinandertreffen von Ost und West. Hongkong stand 150 Jahre lang unter britischer Herrschaft und der westliche Einfluss ist überall sichtbar. Die Bevölkerung hingegen ist vornehmlich chinesisch, deshalb werden lokale Traditionen respektiert und gepflegt. Kunst und Kunstsammeln entwickeln sich stark in Asien, besonders in China. Dennoch hinkt dabei die Fotografie etwas hinterher und es ist

noch viel Luft nach oben, wenn es darum geht, Interesse für das Medium als Kunstform zu schaffen. Ich hoffe inständig, dass bald mehr Veranstaltungen rund um die Fotografie stattfinden, Ausstellungen, Weiterbildung, Messen, und dass internationale Galerien mit Schwerpunkt Fotografie nach Hongkong kommen. So könnte in meinen Augen das „Osten trifft Westen“ der lokalen Fotoszene positives und wichtiges Wachstum bringen, von dem dann wiederum die weltweite Szene profitieren kann. 2014 gründeten Sie das Fotografiemuseum F11 in Hongkongs Stadtteil Happy Valley. Wie sind Sie auf die Idee für dieses Museum gekommen? so: Immer wenn ich in den größeren Städten Europas und Nordamerikas unterwegs war, war es möglich, das ganze Jahr über qualitativ hochwertige Fotoausstellungen zu genießen. Vor einigen Jahren habe ich mich dann gefragt, warum es ein solches Angebot nicht auch in Hongkong, auch eine LFI:

Linke Seite und oben: Aus der Serie Colorless and Tasteless von Jing Huang. Der aufstrebende chinesische Fotograf schafft mit seinen poetischen Impressionen einen visuellen Kommentar zum Großstadtleben Unten links: in der Ausstellung Classics We Love, feierte F11 die Fotografie und die Fotografen, denen im letzten Jahrhundert bedeutende Aufnahmen gelungen sind

internationale Stadt, gibt. Ich entschied, eine der Fotografie gewidmete Fläche zu schaffen. Durch Ausstellungen und andere Aktivitäten hoffe ich, Liebhabern aus der ganzen Welt erstklassige Fotografie bieten zu können und dafür zu sorgen, dass sich die Community durch Besuche und Social Media vernetzt. F11 hat sich in den letzten drei Jahren seit der Gründung ganz gut entwickelt, wir haben mehr als ein Dutzend Ausstellungen organisiert und viele Kurse angeboten. →

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Das Internet und die sozialen Netzwerke sind von Bildern regelrecht überflutet. Wo sehen Sie in diesem Zusammenhang die Fotografie, was ist ihr Zweck? so: Wir müssen uns ständig fragen, was gute Fotografie ist und gezielt danach Ausschau halten. Und sie dann mit unseren Freunden teilen und darüber diskutieren. Das ist der direkteste Weg, Fotografie zu entdecken und wertzuschätzen. LFI:

Ihr Museum ist in Hongkong das erste seiner Art, das neben Prints auch rare historische Kameras ausstellt. Welches Konzept steht dahinter? so: Als ich die Vision und die Mission von F11 entwickelte, wollte ich einen einzigartigen Ort für Fotografie schaffen. Die Kombination aus Fotografie, Kameras und Erbe soll nicht nur Besucher ansprechen, die sich für Fotografie, sondern auch für das Equipment interessieren, mit dem viele ikonische Bilder entstanden sind. LFI:

„W i r h o f f e n , de n E r h a lt des ku lt u r e l l e n E r b es z u f ö r de r n . “

Was sind die herausragendsten Stücke unter den raren Leica-Kameras, die Sie ausstellen? so: Wir zeigen eine Reihe von LeicaKameras, angefangen bei der Leica I Anastigmat aus dem Jahr 1925 bis hin zu modernen Klassikern wie dem M60-Set von 2014. In unserer Vitrine befinden sich auch einige Prototypen und seltene klassische Stücke. Auch Kameras, die von berühmten Fotografen wie Elliott Erwitt benutzt wurden, sind Bestandteil der Kollektion. LFI:

Ausstellungen im F11: ein Blick in Hong Kong 1952 mit Arbeiten des Schweizers Werner Bischof (oben) und eine Ansicht aus Great Performers, der ersten Einzelausstellung des Italieners Paolo Pellegrin in Hongkong (unten), beide von Magnum Photos vertreten

Ganz oben: Aus der Serie Colorless and asteless von Jing Huang, oben: In der Ausstellung China Since 1973 zeigte das F11 Werke des französischen Magnum-Fotografen Bruno Barbey. Im Bild ist das Arrangement in einer Austellungsvitrine zu sehen

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Welche Linie steht hinter der Print-Sammlung im F11? so: Der ursprüngliche Fokus lag auf Dokumentarfotografie, aber zusätzlich haben wir jetzt auch Kunst, Fashion und andere zeitgenössische Arbeiten dazugenommen. LFI:

Im F11 haben Sie bereits Arbeiten von Robert Capa, Elliott Erwitt, Werner Bischof, Bruno Barbey und Paolo Pellegrin ausgestellt. Haben Sie diese Ausstellungen auch selbst kuratiert? so: Wir haben Verschiedenes ausprobiert, ich habe einige Ausstellungen LFI:


mit Fachleuten aus Übersee kuratiert. Die nächste Ausstellung im F11 über Alexander Rodtschenko werden Jean Martini aus Paris und ich kuratieren. Bei jeder Ausstellung engagieren wir auch Designer, damit die Arbeiten professionell und mit erfrischender Perspektive gezeigt werden. Was haben Sie zukünftig als Ausstellungsprogramm vor? Werden Sie auch chinesische Fotografen zeigen? so: Neben so bekannten Fotografen wie Rodtschenko werden wir Arbeiten chinesischer Fotografen zeigen, darunter Jing Huang, Simon Go, Yan Kellon, und wir sind auch daran interessiert, neue talentierte Fotografen aufzuspüren. Es ist mein Traum für das F11, dass wir renommierte Fotografen „importieren“ und im Gegenzug bei f22 foto space und internationalen Fotomessen aufstrebende junge Talente in die Welt „exportieren“. LFI:

Leica Rope Straps Alles, was für die Berge gemacht wird, muss robust sein. In der jüngsten Zusammenarbeit zwischen Leica und COOPH wurden Bergsteigerseile genommen und daraus Tragriemen entwickelt. Ein Zubehör mit Charakter, um Ihre Kamera sicher und bequem zu transportieren.

f22 heißt die Fotogalerie, die Sie in diesem Jahr im Stadtteil Wanchai eröffnet haben. Welche Ziele verfolgen Sie dort im Vergleich zum F11? so: Während es bei F11 um klassische Fotografie und die Erhaltung des kulturellen Erbes geht, dreht sich bei f22 foto space alles um Fotokunst und zeitgenössisches Design. Als erste Ausstellung zeigen wir derzeit Jing Huangs III III II II. Das bedeutet auf Chinesisch kleine Dinge. Dann folgt Hong Kong Old Shops von Simon Go, die ähnlich attraktiv und interessant ist. Die sich anschließenden Ausstellungen sind alle zeitgenössisch und decken eine große Bandbreite ab, aber Design wird in jeder eine größere Rolle spielen. Bleiben Sie dran! LFI:

Fotos: © Jing Huang, © F11 Foto Museum (3)

Interview: Carla Susanne Erdmann

D o u g las S o Der in Hongkong, England und

Wales zugelassene Anwalt, geboren 1964 in Hongkong, ist Gründer und Direktor des F11 Foto Museums. Er organisierte bereits Ausstellungen mit Arbeiten von Robert Capa, Elliott Erwitt, Bruno Barbey und Paolo Pellegrin. Neben Kameras sammelt er auch Fotobücher. f2 2 foto s pac e : Simon Go, Hong Kong

Old Shops, 20. November 2017 – 6. Januar 2018, Wanchei/Hongkong; f22.com; f11.com

j e tzt Best e lle n :

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Leica Fotografie I n t e r n at i o n a l

J e n s U m b ac h mein Bild

Ehrliches Handwerk: Den Fokus auf Leben und Alltag der afghanischen Bevölkerung gerichtet, porträtierte Umbach einen Bäcker in seinem traditionellen Wirkungsfeld.

69. Jahrgang | Ausgabe 8. 2017

LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Springeltwiete 4, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de Chefredaktion Inas Fayed, Frank P. Lohstöter (V.i.S.d.P.) A rt Direction Brigitte Schaller REDA KTION Carla S. Erdmann, Michael J. Hußmann, Katrin Iwanczuk, Bernd Luxa, Edyta Pokrywka, David Rojkowski, Holger Sparr, Olaf Staaben, Olaf Stefanus, Katrin Ullmann Fotoredaktion Reportage Carol Körting layout Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Henry Carroll, Peter-Matthias Gaede, Katja Hübner, Jana Kühle, Ulrich Rüter Geschäftsführung Frank P. Lohstöter, Anja Ulm A nzeigenleitung & M arketing Kirstin Ahrndt-Buchholz, Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: buchholz@lfi-online.de holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 45 vom 1.1.2017

Bäcker in Mazar-e Scharif, Afghanistan 2014

Im Herbst 2014 arbeitete ich an The Afghans, einem Projekt, bei dem ich Alltag und Leben der Bevölkerung im Einsatzgebiet der Bundeswehr um Mazar-e Scharif im Norden Afghanistans dokumentierte. Eines Morgens kamen wir an dieser kleinen Bäckerei vorbei. Sie liegt gegenüber einer ehemaligen russischen Brotfabrik, die mit 14 Stockwerken eines der größten Gebäude in Mazar ist. Diese Bäckerei ist offensichtlich viel bescheidener. Links vom Inhaber ist die afghanische Version eines Tandurs aus Lehm zu sehen. Im unteren Teil steht die Gasflasche, die den Ofen beheizt. Der Teig der „Naan“ genannten Fladenbrote wird zum Backen an die Wände des Ofens gedrückt. Wenn das Brot fertig ist, wird es mit einem Eisenhaken aus dem Ofen geholt, in den Korb gelegt und entweder direkt verkauft oder zum Markt gebracht. Jens Umbach, 1973 in Homberg/Efze geboren, erhielt 1999 sein Diplom an der FH Darmstadt. Noch während des Studiums zog er 1997 nach New York. Sein Fokus liegt auf redaktionellen Porträts und Werbeaufnahmen. Seit 2009 lebt er in Hamburg und New York.

LFI 1/2018 erscheint am 15. Dezember 2017

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REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt A BO-Bezugsbedingungen LFI erscheint achtmal jähr­lich in deutscher und englischer Sprache. Jahresabonnement (inkl. Ver­sandkosten): Deutschland: 58 € Belgien, Österreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz: 63 € weltweit: 69 € LFI ist auch als App im Apple iTunes Store und bei Google Play erhältlich LFI-A boservice Postfach 13 31, D-53335 Meckenheim Telefon: 0 22 25/70 85-3 70 Telefax: 0 22 25/70 85-3 99 E-Mail: lfi@aboteam.de Für unverlangt eingesandte Fotos und Texte übernimmt die Redak­tion keine Haftung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber­ rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla­ges unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Leica – eingetragenes Warenzeichen.


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Foto aus der Serie „Parkour Motion“, © Ben Franke


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