Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht Gesamtdarstellung für die betriebliche Praxis Ergänzungsheft zum HomeofficeMaßnahmenpaket
von
o. Univ.-Prof. Dr. Franz Schrank
Stand: 1.4.2021
Zitiervorschlag (Beispiel) Schrank, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht Kap. 8 Rz 47.
LexisNexis Verlag ARD Orac GmbH & Co KG, Wien Wien 2021 • www.lexisnexis.at
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 52 Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice A. Das Dienstverhältnis von Hausgehilfen ................................................................................... 1. Grundlegendes, auch zur besonderen Pflegebetreuung in Privathaushalten ................ 2. Arbeitsrechtliche Besonderheiten der Hausgehilfen und Pflegebetreuungskräfte in Privathaushalten ................................................................................................... 3. Sozialversicherungsrechtliche Hinweise ........................................................................... 4. Geringfügige Beschäftigungen mit Dienstleistungsscheck ............................................. B. Heimarbeitsverhältnis und seine wichtigsten Regelungen ................................................... 1. Organisatorisches ................................................................................................................. 2. Entlohnung ........................................................................................................................... 3. Feiertagsentgelt .................................................................................................................... 4. Urlaub und Urlaubsentgelt .................................................................................................. 5. Krankenstand ........................................................................................................................ 6. Pflegeverhinderung .............................................................................................................. 7. Sonderzahlungen.................................................................................................................. 8. Betriebsrätewesen ................................................................................................................ 9. Mutterschutz, Elternansprüche .......................................................................................... 10. Diskriminierungsschutz....................................................................................................... 11. Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses ........................................................................ 12. Abfertigung ........................................................................................................................... 13. Strafbestimmungen.............................................................................................................. C. Sozialversicherungsrechtliche Hinweise ................................................................................. D. „Homeoffice“ – Was gilt nunmehr? .......................................................................................... 1. Was ist „Homeoffice“, was unterscheidet es von „Heimarbeit“? ..................................... 2. Arbeitsrechtliches Homeoffice-Paket 1.4.2021: Struktur und Inhalte ........................... 3. Schriftliche Vereinbarungen ............................................................................................... 4. Aufwandersatz ...................................................................................................................... 5. Dienstnehmerhaftpflicht ..................................................................................................... 6. Arbeitsschutz und Arbeitszeitschutz ................................................................................. 7. Sozialversicherung ............................................................................................................... 8. Beendbarkeit der Homeoffice-Vereinbarung? ................................................................... 9. Altvereinbarungen: Übergangsfragen ................................................................................
Schrank, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, 87. Lfg (Mai 2021), LexisNexis
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice
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C. Sozialversicherungsrechtliche Hinweise Heimarbeiter unterliegen wie Betriebsarbeiter der Pflichtversicherung.
Bis zur normalen Geringfügigkeitsgrenze sind sie nur unfallversichert (allenfalls zusätzlich die besondere Dienstgeberabgabe), darüber vollversichert, in welchem Falle sie auch in den Genuss des Pflegeverhinderungsgeldes bei der Krankenkasse kommen. Auch für Heimarbeiter gilt die Anmeldepflicht vor Arbeitsantritt sowie die DienstgeberVerpflichtung, von jeder An- und Abmeldung dem Dienstnehmer unverzüglich eine bestätigte Durchschrift auszufolgen, da Auftraggeber sozialversicherungsrechtliche Dienstgeber sind und für den Bereich des Meldewesens auch die Heimarbeiter als Dienstnehmer anzusehen sind. Auch die seit 1. 1. 2019 greifende Verpflichtung zu monatlichen Beitragsgrundlagenmeldungen (siehe Kapitel 22 Pkt. D) gelten.
D. „Homeoffice“ – Was gilt nunmehr? 1. Was ist „Homeoffice“, was unterscheidet es von „Heimarbeit“? Heimarbeit zu erbringen ist rechtlich etwas anderes, als die betriebliche Arbeit teilweise oder auch ganz zu Hause zu leisten. Daher findet auf dieses Arbeiten zu Hause das HeimAG keine Anwendung. Heimarbeiter i.S.d. HeimAG sind nämlich mit der Herstellung, Verarbeitung oder Verpackung von Waren beauftragt, bekommen letztere ausgefolgt oder zugestellt, ohne dass dem Auftraggeber eine über die terminliche Seite der Ausgabe (Zustellung) und Übernahme (Abholung) hinausgehende direkte Einflussnahme in die Arbeitsabläufe zusteht. Insofern haben Heimarbeiter die Autonomie über ihre Heimarbeit. Demgegenüber geht es bei Arbeit im Homeoffice, für die per 1. 4. 2021 ein besonderes gesetzliches „Homeoffice-Paket“ gilt, schlicht um eine vereinbarte Verlegung der je nach Vereinbarung geschuldeten Arbeit oder Dienste in den privaten Wohnbereich des Arbeitnehmers, also typischerweise nur um die örtlich dislozierte Leistung bzw. Weiterleistung ihrer Dienste (oder eines Teils davon). Wie bei Heimarbeit wird aber auch bei dienstlicher Arbeit zu Hause die Wohnung nicht zum betriebsorganisatorischen Einfluss- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Er ist daher auch nicht befugt, diese wie seine Betriebs- oder Arbeitsstätten einzurichten. Abgesehen davon, dass dem Arbeitgeber kein, sei es auch beschränktes, einseitiges Zutrittsrecht zum Homeoffice zusteht (dieses bleibt Wohnung und Homeoffice des Arbeitnehmers), bleibt allerdings das betriebliche Kommunikations-, Arbeitsgestaltungs-, Gewichtungs- und Prioritätensetzungsband während der vereinbarten Arbeitszeit aufrecht, verlagert auf die Fernkommunikation. Dieses betriebliche Band ist und bleibt – selbst bei dauerhaft oder langfristig vereinbartem Homeoffice in Fällen fehlender Homeoffice-Kündbarkeitsvereinbarung – so stark, dass die Homeoffice-Vereinbarung als solche bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Letzten eines Kalendermonats auflösbar ist (§ 2h Abs. 4 AVRAG), sodass es dann zur ausschließlichen Arbeit im Betrieb kommt, solange das Arbeitsverhältnis nicht beendet und keine neue Homeoffice-Vereinbarung getroffen ist.
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice Enthält die Homeoffice-Vereinbarung eine Befristung oder eine normale Kündigungsklausel, bedarf es bei Zeitablauf bzw. normaler Kündigung des Homeoffices für dieses Ergebnis selbstverständlich keines wichtigen Grundes. Dafür spricht auch die hohe HO-Freiwilligkeitssicherung durch § 2h AVRAG.
Ob sich die Wohnung für die Erfüllung der Dienstpflicht eignet oder nicht, hängt (auch) von der Art der Arbeitsleistung und den dazu benötigen Betriebsmitteln und Betriebsstrukturen ab, insbesondere aber auch von der fernkommunikativen Erreichbarkeit während der Arbeitszeit, da die arbeitsbezogene Organisationsbefugnis als solche ebenso wenig „gekappt“ ist wie das dem Arbeitgeber zur Umsetzung in Arbeitsverhältnissen zustehende arbeitsvertragliche Gestaltungs- und Weisungsrecht zu Ablauf, Gewichtungen und Rückkoppelungen. Auch muss sich die Arbeit für ihre dislozierte Erbringung eignen. Arbeiten oder Arbeitsleistungen, welche wegen unmittelbarer körpernaher Teamarbeit, infrastruktureller Anforderungen oder gar arbeitsschutzrechtlicher Gefährlichkeit im konkreten Wohnungsbereich – aus welchen Gründen auch immer – nicht oder schlicht nicht effizient erbracht werden können, werden daher von vornherein ausscheiden.
2. Arbeitsrechtliches Homeoffice-Paket 1.4.2021: Struktur und Inhalte
Optisch bestechen die Gesetzestexte durch Knappheit und Fehlen eines abschreckenden Volumens. Manch Auslegungsgewichtiges musste freilich in die Materialien, also in den Ausschussbericht (AB), manches dort geht über die beschlossenen Inhalte hinaus. Die individualrechtliche Substanz ist in § 2h AVRAG in vier kurzen Absätzen und in § 2 DHG in einem Absatz 4 verankert. Betriebsverfassungsrechtlich genügte eine Ermächtigung in § 97 Abs. 1 Z 27 ArbVG für Betriebsvereinbarungen zur Festlegung von Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice, unter Wahrung aller bestehenden Mitbestimmungsrechte. Der Arbeitsschutz als solcher findet sich nur als Beiwerk in Erläuterungen. Die einzige Regelung gibt es in § 4 Abs. 10 ArbIG. Die Arbeitsinspektoren sind zur Durchführung ihrer Aufgaben nicht berechtigt, Wohnungen im Homeoffice zu betreten. Dies betont den Privatwohnungscharakter auch bei fremdbestimmter Homofficearbeit. Es dominiert – wichtig für die Privatsphäre und den Persönlichkeitsschutz – weiterhin der private Wohnzweck. Die Harmonisierung des Arbeits- und Wegunfallversicherungsschutzes ist nunmehr ASVG-Dauerrecht, gleichgezogen haben die Beitragsbefreiungen mit dem Lohnsteuerrecht (siehe den Überblick von Prof. Mayr, Editorial RdW 3/2021, 124). Welche Inhalte fallen bei näherer Analyse auf?
Alles fokussiert auf Homeoffice, also auf Arbeit (auch oder allein) in der Privatwohnung. Nichts belastet die vorgesehene zweijährige Evaluierungsphase mit darüber hinausgehenden Arbeitsformen wie Mobile Office, Remote Work etc. Deren höhere Komplexität sollte den Regelungseinstieg offenbar nicht verkomplizieren. Der Auslegung steht für solche aber die Analogie zur Verfügung, wo erforderlich und passend.
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice
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Stark ausgeprägt ist das Einvernehmlichkeitsprinzip. Auch die nötige Schriftlichkeit „aus Beweisgründen“ – bei Bedarf auch einklagbar – ist allemal vernünftiger als ein rechtsgeschäftliches Formerfordernis. Betriebsvereinbarungen können weder Ansprüche auf Homeoffice noch Einschränkungen der Einvernehmlichkeit normieren. Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice betreffen nicht das „Ob", nur das „Drum-Herum“. Das Konsenserfordernis ist weitgehend auf Dauer angelegt. Die Homeoffice-Vereinbarung kann daher kraft Gesetzes von jeder Arbeitsvertragspartei aus wichtigem Grund mit einem Monat zum Letzten eines Kalendermonats gelöst werden. Dieses in § 2h Abs. 4 erster Satz AVRAG verankerte Teilkündigungsrecht – sich von objektiv nicht mehr passender Homeofficearbeit befreien zu können, ohne das Arbeitsverhältnis als solches beenden zu müssen, was arbeitgeberseitig infolge Kündigungsschutz-Bestimmungen nicht so leicht oder bisweilen gar nicht geht – ist ein Novum im Arbeitsrecht. Dennoch kann die Homeoffice-Vereinbarung eine (sie betreffende) Befristung sowie Kündigungsregelungen beinhalten, auch grundlose (aber wohl mit angemessener Frist). Auch bei langen Bindungen steht aber jeder Seite als „Reißleine“ die Teilkündigung aus wichtigem Grund zu. Etwa die Änderung der persönlichen bzw. familiären Verhältnisse aber auch der Wohnverhältnisse, auf Arbeitgeberseite werden es primär arbeitsbezogene und betriebliche Gründe bzw. Veränderungen sein. Die Abgrenzung wird nicht immer einfach sein, umso wichtiger ist die Möglichkeit, Befristungen oder (auch) grundlose Kündigungsregelungen für das Homeoffice zu vereinbaren. Zu Kostentragungen und Aufwandersatz stellt § 2h Abs. 3 AVRAG die kostenlose Arbeitsmittelbeistellung durch den Arbeitgeber in Bezug auf die erforderliche IKT-Ausstattung klar also insb betreffend die IT-Hard- und Software, die Datenverbindung und erforderlichenfalls ein Diensthandy. Auch dazu gilt das Vereinbarungsprinzip: Einigt man sich auf Beistellung durch den Arbeitnehmer (weil er zB über alles Wesentliche verfügt), muss der Arbeitgeber die angemessenen und erforderlichen Kosten dafür tragen. Diese können auch pauschaliert abgegolten werden, solange die Kernanforderung der Angemessenheit erfüllt ist. Insofern sind auch Vorbehalte zu erwägen, auf die Zurverfügungstellung der digitalen Arbeitsmittel „umsteigen“ zu können. Zum Ersatz sonstiger Infrastrukturkosten schweigen AVRAG und AB. Der Steuergesetzgeber geht offenbar davon aus, dass Homeoffice keinen Anspruch auslöst. Freilich kann ein solcher aus dem vertragsdispositiven § 1014 ABGB folgen. Daher wäre sicherheitshalber die Abgeltung schon vorsorglich (zB durch gesondertes Aufwandspauschale) zu vereinbaren, selbstverständlich deutlich begrenzt auf die Homeoffice-Zeitphase. Nicht über seinen Schatten gesprungen ist der Gesetzgeber hinsichtlich der Verantwortlichkeiten für den Arbeitsschutz und Arbeitszeitschutz. Nach dem AB sollen die meisten Bestimmungen des ASchG, so jene zur Arbeitsplatzevaluierung, Information, Unterweisung und Präventivdienstbetreuung, auch bei Homeoffice gelten, nicht hingegen der arbeitsstättenbezogene Arbeitsschutz. Trotzdem seien Belichtung und Temperatur in der Arbeitsplatzevaluierung zu berücksichtigen. Wie das mit der Privatsphäre zu vereinbaren ist, lässt der AB offen. Hier wird das meiste wohl durch Fragenbeantwortungen, Beratungen, Anweisungen und Unterweisungen umzusetzen sein. Für Homeofficearbeit sind, so der AB, AZG und ARG (zutreffend) uneingeschränkt anzuwenden. Sollte auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit gemeint sein, bei der Klarstellungen, Belehrungen und Weisungen dem notwendigen betrieblichen Vorbeugungs- und Schrank, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, 87. Lfg (Mai 2021), LexisNexis
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice Kontrollsystem nie und nimmer genügen, ist dem entschieden zu widersprechen, fehlen im Homeoffice doch direkte Kontrollmöglichkeiten. Elektronische Überwachungen in der Freizeitphase sind jedenfalls unzulässig, so zutr. OGH 9 ObA 120/19s, und 8 ObA 67/19i zu den Persönlichkeitsrechten. Gleiches gilt für die entgeltrechtliche Zurechnung. Schlüssigkeit durch Nichtsehen-Können und Kontrollverbot wird nicht vorliegen. Vertrauen allein? Was sonst? Eine ausgewogene Beurteilung bzw. der Regeln dafür bleibt wohl der Judikatur vorbehalten. Das Gesamtpaket ist gleichwohl grundvernünftig, auch deshalb.
3. Schriftliche Vereinbarungen a) Homeoffice-Einzelvereinbarung
Regelmäßige Arbeit im Homeoffice – also in der Wohnung (§ 2h Abs. 1 AVRAG) – ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber „aus Beweisgründen schriftlich zu vereinbaren“. Damit stellt der Gesetzgeber zwingend klar, dass objektiv-rechtliche Ansprüche auf Verlagerung der im Arbeitsverhältnis übernommenen Arbeiten in den eigenen Wohnbereich weiterhin nicht bestehen. Aus der konkreten Einzelvertragspartnerbezogenheit, Abs. 4 erster Satz und § 16 AVRAG folgen zugleich, dass solche Ansprüche oder Verpflichtungen auch die Betriebsvereinbarung oder der Kollektivvertrag nicht normieren kann. Da weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber auf das mit einer Frist von einem Monat zum Monatsletzten versehene besondere Teilkündigungsrecht aus wichtigem Grund im Vorhinein wirksam verzichten können, bedarf es auch nach Einigung insoweit eines dauerhaften rechtlich erforderlichen wechselseitigen Individualkonsenses.
Arbeit im Homeoffice umfasst die Arbeitsleistungen in der Privatwohnung der Arbeitnehmer, aber nicht etwa in einem öffentlichen Coworking Space, so der AB. Der Begriff Wohnung umfasst auch ein Wohnhaus, eine Wohnung (Wohnhaus) in einem Nebenwohnsitz oder die Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten. Hotelzimmer etc. werden von einer Homeoffice-Vereinbarung nicht abgedeckt sein. Welche, allenfalls auch parallele, Wohnungen jeweils als Homeoffice vereinbart sind, wäre in die Homeoffice-Vereinbarung adressmäßig aufzunehmen, zumal auch die arbeitsschutzrechtliche Evaluierung der Eignung bzw. noch notwendiger Maßnahmen die konkrete Einschätzung erfordert. Ebenso – v.a. bei gänzlichem Homeoffice – wäre(n) auch der bzw. die betriebliche(n), allenfalls nur subsidiäre(n) Arbeitsort(e) in der Vereinbarung zu verankern, damit Wege in letztere nicht zu Dienstwegen bzw. Dienstreisen werden, aber auch, um in Fällen, in denen von Anfang an Homeoffice vereinbart ist, den Arbeitsort nach einer Kündigung oder Teilkündigung des Homeoffice aus wichtigem Grund vertraglich fixiert zu haben. Arbeit im Homeoffice bedeutet freilich nicht nur Arbeitsleistungen unter Verwendung von IKT, sondern auch Arbeitsleistungen mit anderen Mitteln wie zB Papierunterlagen. Auch auf die Bezeichnung Homeoffice oder einen anderen Begriff (z.B. Telearbeit) kommt es nicht an, solange es sich beim/bei den Arbeitsort(en) um eine oder mehrere private Wohnungen und damit der Sache nach um Homeofficearbeit handelt. Aus all dem folgt, dass das aktuelle Gesetzes-Paket mit seinen konkreten Bestimmungen und Vorschriften grundsätzlich nur regelmäßige Homeofficearbeit erfasst, nicht jedoch Arbeits-
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formen wie Mobile Office, Remote Work etc., die nicht im Wesentlichen für die Privatwohnung vereinbart sind, insbesondere nicht, wenn es dem Arbeitnehmer überlassen bleibt, von wo immer aus er jeweils arbeiten will. Wo Regelungen fehlen und die Homeoffice-Regelungen sachlich passen, sind sie allenfalls auf die nicht geregelten Konstellationen analog anzuwenden. Probleme wird es – ausgenommen bei konkret umzusetzenden Arbeitsaufträgen – vor allem zum Unfallversicherungsschutz bei Wegunfällen und Umfeldunfällen geben. Hier kann es durchaus der Fall sein, dass teils (noch) kein Unfallschutz besteht. Ansprüche auf oder Verpflichtungen zur Arbeit im Homeoffice lassen sich auch aus umfassenden örtlichen Versetzungsvorbehalten nicht ableiten. Diese meinen infolge des Wesens des Arbeitsverhältnisses, persönlich abhängige Arbeit im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers zu erbringen, im Zweifel nur Versetzungen in andere betriebliche Strukturen des Arbeitgebers, sieht man von allfälligen Not- oder besonderen Treuepflichtsituationen ab. Auch vereinbarte Homeoffice-Versetzungsvorbehalte des Arbeitgebers wären angesichts des Einvernehmlichkeitsgebots nichtig, so auch der Ausschussbericht (AB).
Selbst in der aktuellen Coronapandemie-Bekämpfung bestand und besteht trotz zahlreicher Sonderbestimmungen, welche die Prüfung der Möglichkeit einer solchen Verlagerung verlangen, (sinnvoller Weise) keine einzige verbindliche Norm, Homeoffice anbieten oder annehmen zu müssen. Soweit zu sehen, geht es auch dabei nur um das vernünftige Interesse an der Verringerung der Ansteckungsgefahr und der Abwendung volkswirtschaftlicher Schäden, sei es auch darum, sonst notwendige Förderungen von Freistellungen zur Finanzierbarkeit in Grenzen zu halten; Homeoffice erspart aber Unternehmen und Arbeitgebern nichts, außer die Begrenzung von Arbeitsausfällen, Förderungen erhalten sie jedoch wegen ihrer Akzeptanz von Homeoffice nicht, da Entgelte für Arbeitsleistungen mangels Arbeitsausfalls nicht erstattungsfähig sind, auch bei Homeoffice-Arbeit in Quarantänen nicht, da (sonstiges) Entgelt auf den Quarantäne-Entgeltfortzahlungsregress anzurechnen sind (§ 32 Abs. 5 EpidemieG). Zulässig werden aber bei vereinbartem teilweisem Homeoffice einseitige Vorbehalte zur Festlegung der zeitlichen Lage der Homeoffice-Tage oder Uhrzeiten sein, da solche Vorbehalte weder das Ob noch den Umfang der Homeofficearbeit betreffen und deren Ausübung durch billiges Ermessen sachgebunden sind. Auch Rotationsmodelle können sinnvoll sein und zulässig vereinbart werden. Homeoffice-Arbeit bedarf seit 1. 4. 2021 einer konkreten schriftlichen Einzelvereinbarung. Frühere mündliche oder schlüssige Einigungen sind mangels besonderer Übergangsbestimmungen (im Bedarfsfall einklagbar) in schriftliche Einigungen umzuwandeln bzw. wechselseitig schriftlich als vorher erzielte Einigung zu bestätigen. Fehlen der Schriftlichkeit führt nicht zur Nichtigkeit der beweisbar mündlich oder schlüssig erzielten Vereinbarung. Auch bedarf es, so der parlamentarische AB, keiner Unterschrift in der Vereinbarung, diese kann im elektronischen Weg (betriebliche IT-Tools, Handy-Signatur, E-Mail) zustande kommen. Falls möglich oder aufgrund heikler Vereinbarungen sinnvoll (zB Pauschalierungen oder Kündigungsregelungen), werden Unterschriften jedoch möglichst anzustreben sein. Weder genügt für regelmäßige Homeofficearbeit eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat noch benötigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Zustimmung des Betriebsrats.
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice Homeoffice bewirkt richtigerweise auch keine Versetzung iSd § 101 ArbVG. Sollte dies anders gesehen werden, kann in einer solchen (tendenziell begünstigenden bzw. zumindest neutralen) Vereinbarung jedenfalls keine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen iSd § 101 ArbVG liegen.
Inhaltlich kann jede Homeofficevereinbarung gänzliche Homeofficearbeit zum Gegenstand haben, ebenso auf grds. bestimmte Teile der Arbeitszeit beschränkte Mischformen, hier mit bestimmten oder bestimmbaren oder hinsichtlich der zeitlichen Lage einseitig dem Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten zur jeweils näheren Einteilung vorbehalten sein. Auch eine Vereinbarung, die Anzahl der Homeoffice-Tage (damit das Ausmaß offen zu lassen) jeweils im Anlassfall zu vereinbaren, wird dem gesetzlich geforderten Einvernehmen noch entsprechen, wenn die Anzahl zB jeweils spätestens in der Vorwoche zwischen Betrieb und Arbeitnehmer abzustimmen ist, da dies ja das jeweilige Einvernehmen voraussetzt. Allerdings kann eine so offene Textierung zu Schwierigkeiten bei Nichteinigung führen: Welche Anzahl soll dann gelten? Keine? 1 Tag? 2 Tage? 3 Tage? 4 Tage oder gar 5 Tage? Die gerundete Durchschnittszahl der Einigungen der letzten 3 Monate? Ein Vorbehalt der einseitigen Festlegbarkeit der Anzahl durch den Betrieb entspräche dem Einvernehmlichkeitsprinzip wohl höchstens bei einer Notlösungsbeschränkung auf wenige Wochen. Notwendig und sinnvoll wäre es daher, für den Fall der Nichteinigung eine eher im unteren oder mittleren Tagebereich (aber nicht bei 0) liegende feste Zahl je Woche zu vereinbaren, die bei Einvernehmen zwar überschritten, aber einseitig nicht unterschritten werden kann, damit das Einvernehmlichkeitsgebot nicht zur einseitigen Aushöhlung oder zum Extrem eines gänzlichen Homeoffice führen kann.
Aufzunehmen in die Vereinbarung sind, wie bereits oben angesprochen, jedenfalls auch die Adresse bzw. Adressen des Homeoffice, aber auch das Festhalten, dass vertraglich parallel zur Erbringung der Arbeitsleistung auch einer oder mehrere konkrete betriebliche(r) ständige(r) Arbeitsort(e) als vereinbart gelten, sowohl während der Homeofficezeiten als auch nach Ende der Homeofficevereinbarung. Dies erspart während der HO-Zeiten grundsätzlich die Bewertung der (bisherigen) Wegzeiten zwischen beiden als Dienstreise samt Reisezeitvergütungen und nach deren allfälligem Ende unnötigen Streit über geschuldete betriebliche Arbeitsorte.
Klarzustellen bzw. zu vereinbaren wären auch die Arbeitsmittelbeistellung bzw. allfällige diesbezügliche oder sonstige Abgeltungsvereinbarungen. Siehe dazu unten Pkt. 4 Rz 85, 86. Insofern kann in der Einzelvereinbarung auch auf Betriebsvereinbarungen oder diesbezügliche z.B. neue Vorstands- oder Geschäftsführungsrichtlinien in ihrer jeweils geltenden Fassung verwiesen werden.
Von großer Bedeutung und daher wichtig sind auch Vereinbarungen zur Dauer bzw. zu Kündbarkeit der Homeoffice-Vereinbarung als solcher: Mit der gesetzlichen Teilkündigung aus wichtigem Grund wird im beiderseitigen Interesse regelmäßig nicht das Auslangen zu finden sein. Deshalb stellt § 2h Abs. 4 zusätzlich klar, dass die Vereinbarung eine Befristung sowie Kündigungsregelungen beinhalten kann. Klar muss beiden Seiten nur sein, dass – was immer hier einzelvereinbart wird – das gesetzliche Teilkündigungsrecht aus wichtigem Grund als zwingende Möglichkeit jeder Seite offensteht, allerdings nur bei Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes, was immer darunter letztlich zu verstehen sein wird, was vor allem auf betrieblicher Seite rechtlich viel heikler sein wird
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als bei persönlich-familiären Gründen. Arbeitgeber sollten sich daher nicht mit dieser gesetzlichen Rechtsfolge begnügen. Homeofficearbeit kann daher auch befristet vereinbart sein, bloß angemessen oder auch auf lange Zeit, mit oder ohne Verlängerung oder Verlängerungsautomatik. Bei längeren Befristungen können auch bloß frist- oder termingebundene Kündigungen schon der befristeten Homeofficevereinbarung (vor und unbeschadet ihres Zeitablaufs) vereinbart werden (analoge „Höchstbefristungen“). Zulässig sind – auch außerhalb von Befristungen – schlichte (grundlose) wechselseitige Kündbarkeitsklauseln, wohl nicht aber mehr jederzeitige einseitige Widerrufsklauseln zu Lasten des Arbeitnehmers, da in unserer Rechtssprache Kündigungsregelungen typischerweise mit Fristen und Terminen verbunden werden und eine Ermächtigung zu Widerrufsvorbehalten fehlt. Wie Befristungen hätten seit 1.4.2021 wohl auch die das Arbeitsverhältnis aufrecht lassende Kündigungen beide Seiten zu erfassen und vereinbarte angemessene Fristen und Termine zu umfassen. Dies unter dem Aspekt, dass nicht einmal die gesetzliche Teilkündigung des Homeoffice aus wichtigem Grund fristlos zusteht und auch bei Homeoffice die fristlose Entlassung aus wichtigen Verhaltensgründen ebenso wie der vorzeitige Austritt aus wichtigen Gründen selbstverständlich wie sonst zur Verfügung stehen, um sich aus einem unzumutbar gewordenen Arbeitsverhältnis zu befreien. Eine Bindung an vereinbarte Gründe ist zwar möglich, doch in der Praxis regelmäßig nicht sinnvoll, zumal die HO-Kündigung ja das Arbeitsverhältnis als solches aufrecht lässt und damit nur zur betrieblichen Arbeit führt. Zwar besteht keine zwingende Bindung an bestimmte Fristen und Termine, sie können daher kürzer oder auch deutlich länger sein als ein Monat zum Monatsletzten, sollten es aber der anderen Seite ermöglichen, sich auf die neue Situation eines beendeten Homeoffice angemessen einzustellen. Auch eine solche Kündbarkeitsklausel schließt selbstverständlich anlassbezogene einvernehmliche Teil- oder Vollaussetzungen oder Sistierungen des Homeoffice nicht aus.
Auch ausreichend bestimmte oder bestimmbare Anlässe für nur vorübergehende Sistierungen können wohl wirksam vorausvereinbart werden. Wirksame einseitige Homeoffice-Kündigungen beenden immerhin die Homeofficevereinbarung, ohne dass auf die spätere Fortsetzung ein Anspruch besteht, sofern anlässlich der Beendigung keine andere Vereinbarung getroffen oder Zusage getätigt wurde. Sistierungen hätten diese Nachteile immerhin nicht, was neben dem starken gesetzlichen Konsensprinzip für ihre Zulässigkeit spricht. Dies übrigens wohl auch in Betriebsvereinbarungen über Homeoffice Rahmenbedingungen, da Sistierungen auf kurze Zeit ja nicht das Ob der HO-Vereinbarung betreffen. Die HO-Vereinbarung kann, so der parlamentarische Ausschussbericht, auch datenschutzrechtliche Fragestellungen im Homeoffice berücksichtigen: – Festlegung der datenschutzrechtlichen Verantwortung für Datenverarbeitung und Datensicherheit im HO, insbes. wenn mit digitalen Arbeitsmitteln des AN gearbeitet wird; – Auflagen zur sicheren Verwahrung von Zugangsdaten und Passwörtern zu digitalen Geräten im Homeoffice;
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice – Vorgaben für die sichere Verwahrung des digitalen Gerätes sowie von Datenträgern und Ausdrucken; – sichere Löschung personenbezogener Daten auf den digitalen Geräten des AN; – Verwendung externer Datenträger und deren Absicherung (zB Verschlüsselung); – Hinweise auf die ebenso im Homeoffice geltende Meldepflicht für Datenschutzverletzungen sowie die Haftung für Schäden.
Darüber hinaus kann die Homeoffice-Vereinbarung alle Materien regeln, die im bzw. für das Homeoffice vertragsrechtlich zulässig sind, etwa auch individuelle zulässige Abweichungen von der Arbeitszeitverteilung sowie besondere Maßnahmen zur Sicherung der Einhaltung der Arbeitszeitbedingungen. Sachlichen Sinn könnte insbesondere folgendes Arbeitszeit-Einhaltemodul machen: „Ausmaß und zeitliche Lage der Arbeitszeit bleiben während des vereinbarten Homeoffice unberührt und unverändert. Dies gilt sowohl für die Art und Zahl der Arbeitstage als auch die zu erbringenden Arbeitsstunden. Mehr- bzw. Überstunden bedürfen ausnahmslos einer vorherigen Mailbewilligung. Eine solche Bewilligung ist und wird für Zeiträume der auch im Homeoffice geltenden gesetzlichen täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten keinesfalls erteilt. Gleiches gilt für eigenmächtige Uhrzeitverschiebungen, ausgenommen zulässige und arbeitsmäßig vertretbare Normalarbeitszeiten im Gleitzeit- bzw. sonstigen Normalarbeitszeitrahmen ohne Entstehen von Zusatzentgelten. Dieser wird wie folgt in Erinnerung gerufen: ……../ Dieser wird für Homeoffice-Normalarbeitstage wie folgt einvernehmlich geöffnet bzw. verändert: ….. (Zutreffendes belassen und ausfüllen, Unzutreffendes streichen) Die Arbeitszeitaufzeichnungen bzw. deren Ausdrucke sind kalendertäglich zeitrichtig zu führen und zeitnahe, spätestens wöchentlich, mit ausdrücklichem Richtigkeitsvermerk vom Arbeitnehmer bestätigend zu unterfertigen und zu übermitteln. Für den Fall von nicht nachträglich zumindest mailgenehmigten Eigenmächtigkeiten in Ausmaß und zeitlicher Lage gilt infolge fehlender Kontrollmöglichkeit im Homeoffice subsidiär ausdrücklich vereinbart, dass jeweils (nur) jenes Entgelt gebührt, das bei vertrags-, betriebsvereinbarungs- und gesetzeskonformen Zeitverhalten geschuldet war. Ort/Datum
Unterschriften Arbeitgeber und Arbeitnehmer“
b) Rahmenbedingungen-Betriebsvereinbarung
Dem seit 1. 4. 2021 geltenden neuen fakultativen Betriebsvereinbarungstatbestand sind folgende Klarstellungen des parlamentarischen Ausschussberichts zur Mitbestimmung des Betriebsrats auch bei Homeoffice voranzustellen: Sofern Homeofficearbeit Betriebsvereinbarungstatbestände des ArbVG berührt, können bzw. müssen Regelungen zum Homeoffice durch Betriebsvereinbarung getroffen werden: Eine Arbeitszeit-Betriebsvereinbarung gem. § 97 Abs. 1 Z 2 ArbVG (auch Gleitzeitbetriebsvereinbarung gem. § 4b AZG) kann Sonderregelungen für Homeoffice enthalten (disponibel erzwingbare bzw. erzwingbar notwendige Betriebsvereinbarung, ausgenommen echte Einzelfälle); Regelungen zur Kostentragung im Zusammenhang mit Homeoffice können mit § 97 24
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice
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Abs. 1 Z 12 ArbVG getroffen werden (fakultative bzw. freiwillige Betriebsvereinbarung); Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, bedürfen einer Betriebsvereinbarung iSd § 96 Abs. 1 Z 3 ArbVG (notwendige Betriebsvereinbarung) oder bei Fehlen eines Betriebsrats der (nicht erzwingbaren) Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer gemäß § 10 Abs. 1 AVRAG; der Einsatz von technischen Systemen zur Erfassung von Arbeitnehmer-Daten unterliegt der Zustimmung des BR (§ 96a Abs. 1 ArbVG, erzwingbar notwendige Betriebsvereinbarung). Zu den Kontrollmaßnahmen des § 96 Abs. 1 Z 3 ArbVG gilt es Folgendes zu beachten: Nach jüngster Persönlichkeitsschutz-Judikatur des OGH (LE-AS 9.8.3.Nr.1 und Nr.2) dürfen sie – etwa GPS- oder Videoüberwachungen – sich jedoch nicht auf vorgesehene Freizeiten oder die Privatsphäre (räumlich und vor allem Umstände oder Personen, die dieser zuzurechnen sind, so wird insbes. der bloße Verdacht der Erbringung von Arbeitsleistungen diese Zurechnung nicht durchbrechen) erstrecken. Auch die Erfassung von Arbeitnehmer-Daten darf daher nur Dienstliches betreffen, nicht auch Privates. „Darüber hinaus können allgemeine Rahmenbedingungen durch Betriebsvereinbarungen geregelt werden, wenn (und insoweit) der Kollektivvertrag die Betriebsvereinbarung dazu ermächtigt (§ 29 ArbVG). Der neue Betriebsvereinbarungstatbestand des § 97 Abs. 1 Z 27 ArbVG zur „Festlegung von Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice“ gilt indessen unabhängig von einer etwaigen Kollektivvertragsregelung und somit für sämtliche Branchen.
Er ermöglicht eine Regelung von Homeoffice auf betrieblicher Ebene; dazu gehören auch jene Aspekte, die sonst unter andere freiwillige Betriebsvereinbarungstatbestände fallen, wie die Regelung des (pauschalen) Kostenersatzes. Unter „Rahmenbedingungen“ sind insbes. folgende Regelungsgegenstände zu verstehen: Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren (allfällige) private Nutzung, das (allfällige, mE für Arbeitgeber eher zu vermeidende) Rückkehrrecht vom Homeoffice (gemeint wohl in die betriebliche Arbeit, den Arbeitnehmer nur berechtigend, ihn aber nicht verpflichtend, da hier ja das Einzelvertragsprinzip gilt) und Regelungen zum (allenfalls auch pauschalen) Kostenersatz. Unberührt bleiben bestehende notwendige Betriebsvereinbarungen (§§ 96, 96a ArbVG), etwa für Kontrollmaßnahmen iZm Homeoffice, aber auch ein Homeoffice-System betreffend personenbezogene Daten des Arbeitnehmers. Die neue Betriebsvereinbarung soll für Einzelvereinbarungen gem. § 2h AVRAG eine Grundlage bilden können (daher mE mehr eben nicht, daher sind weder Rechtsansprüche auf Homeoffice noch deren Begrenzung wirksam regelbar). Bestehende Betriebsvereinbarungen zu ArbVG-Tatbeständen (z.B. Arbeitszeitmodell) bleiben im Homeoffice unberührt und daher grundsätzlich weiter anwendbar.“ In Bezug auf das Ob einer Arbeit im Homeoffice steht die Einzelvereinbarung klar „über“ einer Betriebsvereinbarung, die dieses Thema mangels Ermächtigung ja nicht regeln kann. In Bezug auf die Rahmenbedingungen der Arbeit im Homeoffice steht eine allfällige (echte) Betriebsvereinbarung insofern über der Einzelvereinbarung, als das Günstigkeitsprinzip nach § 3 Abs. 2 ArbVG gilt. Für den Arbeitnehmer ungünstigere Einzelvereinbarungen werden durch die zwingende Wirkung einer echten HO-Rahmenbedingungen-Betriebsvereinbarung verdrängt. Soweit diese ihre Ermächtigung überschreitet, kommt es darauf an, ob es sich um durch
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice Anwendung vertraglich verfestigte schlüssige Einzelvereinbarungen handelt, die grundsätzlich (außer bei Gleichbehandlungswidrigkeit) durch jede neue jüngere Einzelvereinbarung verdrängt werden kann. Was spricht für oder gegen solche neuen Betriebsvereinbarungen?
– Betriebsvereinbarungen haben eine höhere de-facto-Autorität und erleichtern die Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen, soweit diese sinnvoll oder gerechtfertigt sind. Bei Betriebsvereinbarungen sind aber Abweichungen immer nur nach oben hin möglich. – Bloße Rahmenbedingungen-Betriebsvereinbarungen sind zwar einseitig kündbar, haben diesfalls jedoch gesetzliche Nachwirkung (§ 32 Abs. 3 ArbVG), sofern diese nicht in der Betriebsvereinbarung ausdrücklich ausgeschlossen ist. – Sinnvoller können überschaubar befristete Betriebsvereinbarungen sein, seien es auch solche mit Verlängerungsautomatik, falls eine schriftliche Nichtverlängerungserklärung innerhalb einer bestimmten Frist vor Zeitablauf unterbleibt. – Betriebsratsrechte über das Gesetz hinaus können nicht wirksam vereinbart werden. – Begrenzung von Homeofficearbeit auf bestimmte AN-Gruppen? Wäre bloßes Signal, aber nicht wirklich erfolgreich rechtlich begrenzend. – Befristungen und Kündigungsregelungen für konkretes Homeoffice? Derartiges ist mE mit Betriebsvereinbarung mE nicht wirksam machbar, da § 2h Abs. 4 auf seinen Abs. 2 verweist. Auch betreffen derartige Regelungen als solche sachlich eher das Ob von Homeoffice als das Wie. Rechtlich sicherer – v.a. für Arbeitgeber – sind solche Regelungen daher in der (insofern unbedingt schriftlichen) Homeoffice-Einzelvereinbarung! – Auch wenn eine Betriebsvereinbarung bereits die Rahmenbedingungen festlegt, sind dennoch Homeoffice-Einzelvereinbarungen mit den jeweiligen Mitarbeitern notwendig, nicht nur dann, wenn eine Einzelvereinbarung von den betriebsvereinbarten Rahmenbedingungen abweicht Zum „Ob“ ist eine schriftliche Einzelvereinbarung immer nötig! – Macht es einen Unterschied in den Wirkungen, wenn die regelbaren Dinge nur in der einzelvertraglichen HO-Vereinbarung oder auch in einer HO-Betriebsvereinbarung geregelt sind? Antwort: Der Arbeitgeber kann mit einer Einzelvereinbarung nicht mehr unter den Betriebsvereinbarungsstandard! – Was meint die Zulässigkeit von „Rückkehrrechten“ (in den Betrieb?) im AB? Betrifft zwar wohl nicht § 2h Abs. 4 AVRAG, doch kann ein solches Recht diese Teilkündigung zugunsten Arbeitnehmers teils aushebeln (z.B. Rückkehrrecht ohne wichtigen Grund), daher eher Vorsicht, außer die Einzelvereinbarung umfasst ohnedies ein vergleichbares grundloses Teilkündigungsrecht des Arbeitnehmers! Alternative zur Rahmenbedingungen-Betriebsvereinbarung?
Da die neue Möglichkeit von Betriebsvereinbarungen betreffend die Festlegung von Rahmenbedingungen rechtlich nicht notwendig und systematisch den bloß freiwilligen bzw. fakultativen Betriebsvereinbarungen zugeordnet ist, spricht rechtlich nichts gegen (leichter anpassbare und keine dauerhaften echten Mindeststandards begründende) bloße HomeofficeVorstandsrichtlinien, auf die in ihrer jeweils geltenden Fassung dann in den jeweiligen HOEinzelvereinbarungen dynamisch verwiesen wird.
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4. Aufwandersatz a) IKT-Ausstattung Besonders geregelt ist im Homeoffice-Paket per bzw. seit 1. 4. 2021 nur die Bereitstellung der für das regelmäßige Arbeiten im Homeoffice erforderlichen digitalen Arbeitsmittel, also der IKT-Ausstattung, also insbesondere der IT-Hard- und Software, die Datenverbindung und erforderlichenfalls ein Diensthandy:
Diese muss der Arbeitgeber, wie bei Arbeit im Betrieb, nach § 2h Abs. 3 AVRAG kostenlos bereitstellen (d.h. er muss sie dem Arbeitnehmer auch im Homeoffice verfügbar machen, aber keine Eigentumsübertragung an den Arbeitnehmer vornehmen; im Bedarfsfall muss er sie für die dienstlichen Erfordernisse auch anpassen bzw. ergänzen). Auch dazu gilt aber das Vereinbarungsprinzip, welches es ermöglicht, sich mit dem Arbeitnehmer auf die Beistellung der digitalen Arbeitsmittel für die Arbeitserbringung durch diesen zu einigen. Dazu wird der Arbeitnehmer meist nur bereit sein, wenn er über diese bereits ausreichend verfügt. Der Arbeitgeber wird nur einwilligen, wenn diese digitalen Arbeitsmittel erforderlich sind, sich für die effiziente Arbeitserbringung eignen und den digitalen Sicherheitsstandards des Arbeitgebers entsprechen. Für die vereinbarte Beistellung durch den Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber allerdings zwingend die angemessenen und erforderlichen Kosten tragen und diese dem Arbeitnehmer, sei es auch pauschaliert (z.B. IKT-HO-Pauschale) abgelten bzw. ersetzen. Infolge der besonderen gesetzlichen Pauschalierungsermächtigung wird – anders als bei der betraglich im Detail nachvollziehbaren strikten Deckungs- bzw. Günstigkeitsprüfung bei Überstundenpauschalvereinbarungen – angesichts der besonderen praktischen und technischen Schwierigkeiten der Berechnungs- und allfälligen Privatnutzungsbewertung samt z.B. der Stromkosten für die ausreichende und damit notgedrungen „grobere“ Pauschalabgeltung genügen, dass und solange die vereinbarte Pauschalabgeltung die Kernanforderung der Angemessenheit erfüllt. Die Pauschalvereinbarung wäre vorsorglich auf die Dauer der Nutzung zu beschränken. Insofern ist aber auch die Vereinbarung eines Vorbehalts des Arbeitgebers zu erwägen, auf die gesetzliche Arbeitsmittelbeistellung jederzeit bzw. in situationsangemessener Zeit umzustellen, mit der Folge des Entfalls der Kostenabgeltung und der diesbezüglichen Pauschalierung.
b) Infrastrukturkosten Was gilt für die Tragung sonstiger Teilkosten aus der Nutzung der Privatwohnung für die Arbeit, etwa Miete, Lichtstrom, Heizung, Mobiliar (z.B. ergonomischer Arbeitssessel)? Der Steuergesetzgeber geht durch besondere Werbungskostenanerkennung (siehe dazu unter Pkt. 7.a Rz 96) mE davon aus, dass Homeoffice als solches weiterhin in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt und daher keinen zwingenden Anspruch auf infrastukturellen Kostenersatz verschafft, insbesondere auch unter dem Aspekt der mit dem Homeoffice verbundenen sonstigen Einsparungen und Vorteile. Auch § 2h AVRAG geht damit konform und sieht dafür keinen Kostenersatz vor, schließt aber einen allfälligen vertragsdispositiven Anspruch aus § 1014 ABGB nicht aus. Grundsätzlich können davon aber nur echte arbeitsbedingte Mehrkosten des Arbeitnehmers erfasst sein. Da Ansprüche aus § 1014 ABGB aber durch Einzelvereinbarung rechtlich abdingbar sind (eine Betriebsvereinbarung könnte in eines solchen eventuellen gesetzlichen Anspruch wohl
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice nicht eingreifen, wäre also „wackelig“), wäre auch die, sei es auch bloß vorsorglich, Abdingung in Erwägung zu ziehen (z.B. durch Gewährung eines besonderen betraglichen Anerkennungsaufwands und/oder einvernehmlicher Saldierung mit sonstigen Einsparungen und Vorteilen bzw. Abdeckung auch mit einem überkollektivvertragliches Gehalt), außer bei Sittenwidrigkeit, die aber kaum erfolgreich argumentierbar sein würde. Eine Mitpauschalierung im IKT-Kontext scheint zwar rechtlich nicht ausgeschlossen, doch sprechen die besseren Argumente wohl für die Trennung von der funktionell andersartigen Arbeitsmittel-Pauschalierung. Die Anschaffung allfälliger sonstiger notwendiger Arbeitsmittel wird aber grundsätzlich vom Arbeitgeber zu tragen bzw. dem Arbeitnehmer zu ersetzen sein. Bei Investitionen des Arbeitnehmers, die auch über den konkreten Homeoffice-Bedarf hinaus für den Arbeitnehmer auch privat nutzbar sind, wird der Kostenersatz auch von der Nutzungsdauer bzw. vom Umfang einer Privatnutzung abhängen. Auch hier empfehlen sich insoweit angemessene Vereinbarungen. An sich genügt auch für alle Arbeitsmittel die bloße Beistellung durch den Arbeitgeber, unter Wahrung seines Verfügungsrechts. Dies macht zugleich Kostenersätze und steuerlich relevante Geldflüsse an den Arbeitnehmer überflüssig, kann aber dennoch Sachbezugsbewertungen auslösen, wenn damit auch (sinnvolle) Privatnutzung verbunden ist.
5. Dienstnehmerhaftpflicht
Da Arbeitnehmer für Schäden, die sie Arbeitgebern direkt oder indirekt im Zusammenhang mit der Erbringung ihrer Arbeit zufügen, bei Fahrlässigkeit (auffallende Sorglosigkeit oder minderer Grad des Versehens nur nach Maßgabe der Beschränkungen des DHG haften bzw. bei entschuldbaren Fehlleistungen gar nicht, wurden diese Vorteile für den Arbeitnehmer samt Begrenzung des Klagerechts des Arbeitgebers bei leichten Fahrlässigkeiten auf sechs Monate nunmehr auch auf Schäden durch im gemeinsamen Haushalt lebende Personen durch die in § 2 Abs. 4 normierte analoge Anwendung des DHG erstreckt. Dazu weisen die parlamentarischen Materialien darauf hin, dass das DHG bereits bisher für durch den Dienstnehmer begangene Verletzungen der Aufsichtspflicht gegenüber (unmündigen) Kindern und Haustieren gelte, die Schäden an den im Homeoffice verwendeten digitalen Arbeitsmitteln oder abgespeicherten Arbeitsergebnissen (zB. Bauplänen) verursachen. Mit der Neuregelung sollen nunmehr vom DHG auch Beschädigungen dieser Arbeitsmittel und Arbeitsergebnisse erfasst werden, die haushaltsangehörige Personen herbeigeführt haben.
6. Arbeitsschutz und Arbeitszeitschutz a) Arbeitnehmerschutzrechtliches
Die Arbeit im Homeoffice erfolgt im privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers. Dieser unterliegt als solcher nicht dem Einflussbereich des Arbeitgebers und ist daher auch der Betretung durch ihn oder Vorgesetzte oder Arbeitskollegen entzogen. Seit 1.4.2021 bestimmt zudem § 4 Abs. 10 ArbIG, dass Organe der Arbeitsinspektion zur Durchführung ihrer Aufgaben nicht berechtigt sind, Wohnungen von Arbeitnehmern im Homeoffice zu betreten. 28
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Der Ausschussbericht weist allerdings darauf hin, dass ein Betreten mit Zustimmung des Arbeitnehmers zulässig sei, weshalb Arbeitsinspektionsorgane auf Verlangen des Arbeitnehmers einen Homeoffice-Arbeitsplatz vor Ort besichtigen dürfen, was mE aktives, der Kontrolle vorangehendes Verhalten voraussetzt, womit die erst bei einer unangemeldeten Kontrolle eingeholte Zustimmung nicht genügt. Diese Einschränkung des Betretungsrechts der Arbeitsinspektoren gelte aber nicht, wenn eine Wohnung gewerblich genutzt werde, ebenso nicht, wenn es sich um arbeitgeberseitig zur Verfügung gestellte Wohnräume oder Unterkünfte handle oder wenn Arbeitnehmer von Unternehmen andere Arbeiten als Homeoffice in Wohnungen durchführen (z.B. Baustellen). Arbeitsschutzrechtlich gelte allerdings die Homeoffice-Privatwohnung, so der Ausschussbericht, ohne aber eine konkrete Regelung vorzuschlagen, als auswärtige Arbeitsstelle gemäß § 2 Abs. 3 letzter Satz ASchG.
Die meisten Bestimmungen des ASchG samt deren Verordnungen gelten daher gemäß dem parlamentarischen Ausschussbericht auch bei Homeoffice, so die Bestimmungen zur Arbeitsplatzevaluierung, Information, Unterweisung und Präventivdienstbetreuung. Arbeitsstättenbezogener Arbeitsschutz gilt hingegen nicht. Trotzdem seien Themen wie Belichtung und Temperatur in der Arbeitsplatzevaluierung zu berücksichtigen. Zur Umsetzung dieser Grundsätze darf man nicht vergessen, dass beim Homeoffice der Hauptzweck der auch grundrechtlich geschützten Wohnung immer noch ein zutiefst persönlicher und privater ist. Die untergeordnete dienstliche Nutzung kann daher zumutbarerweise – für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber – nicht zur Veränderung ihres Rechtscharakters noch zu bautechnischen Maßnahmen führen. Zu solchen ist der Arbeitgeber weder berechtigt noch verpflichtet. Da sich dem ASchG bzw. dem Ausschussbericht des Homeoffice-Pakets kein einseitiges Zutrittsrecht des Arbeitgebers, von Vorgesetzten, der Präventivdienste oder der Betriebsräte oder von Arbeitskollegen entnehmen oder sonst ableiten lässt (umso weniger, als sogar den Arbeitsinspektoren kein Betretungsrecht zusteht), werden selbst die verbleibenden Arbeitsschutzpflichten modifiziert zu sehen sein. Arbeitgeber werden aber jedenfalls zu prüfen haben, was von den Erforderlichkeiten außerhalb der Homeoffice-Privatwohnung erlaubt erledigt werden kann, sodass heikles „Buhlen“ um Betretungseinladungen unterlassen werden kann. Wichtige Schutzschritte wie relevante Evaluierungsfragen, erforderliche Maßnahmen der Gefahrenverhütung wie Anweisungen und Unterweisungen, werden daher Arbeitgeber und Präventivfachkräfte im Betrieb mit dem jeweiligen Arbeitnehmer durch arbeitnehmerseitiges Ausfüllen geeigneter Fragebögen zu klären und zu setzen haben. Besichtigungs- oder Auskunftsablehnungen durch den Arbeitnehmer werden in Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten zu dokumentieren sein. Reale Kontrolle der Einhaltung samt entsprechendem „Druckaufbau“ ist aber so gut wie nicht möglich! Auch vorbeugendes „Winken“ mit sonstigem Beenden des Homeoffice oder gar die Kündigung der Homeoffice-Vereinbarung wird wegen der hochsensiblen Privatsphäre nicht angeraten sein. Dass die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel des Arbeitgebers allen arbeitsschutz- und sicherheitstechnischen Anforderungen entsprechen müssen, liegt freilich auf der Hand.
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice Direkte elektronische Überwachungen im Homeoffice bedürfen – ausgenommen arbeitnehmerseitig betätigte elektronische gesetzliche Arbeitszeiterfassungen – jedenfalls einer Betriebsvereinbarung (§ 96 Abs. 1 Z 3, 96a Abs. 1 Z 1 ArbVG bzw. ohne Betriebsrat der Zustimmung des Arbeitsnehmers nach § 10 Abs. 1 AVRAG. Auch dies ist jedoch nur während der Arbeitszeit zulässig, nicht jedoch in der bzw. für die Freizeit und soweit sie sonst das Privatleben z.B. videoerfassen. Siehe dazu die „GPS-Judikate“ des OGH aus 2020 (Kap. 44/E Rz 56 ff). Die bloße Vermutung, ein Arbeitnehmer könnte in der Freizeit arbeiten oder sich an erforderliche Arbeitsschutzmaßnahmen nicht halten, kann am Persönlichkeitsschutz nichts ändern und daher auch kein wie immer geartetes heimliches Video-„Eindringen“ rechtfertigen. Arbeitsinspektoren können jedoch in im Betrieb aufzubewahrende Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente samt Evaluierungen etc. Einsicht oder deren Ausfolgung verlangen.
b) Arbeitszeitrechtliches
Da die Arbeitszeitbestimmungen grundsätzlich nicht ortsgebunden sind (siehe § 2 Abs. 2 erster Satz AZG sowie die Reisebewegungssonderbestimmungen), ändert Arbeit im Homeoffice, so auch der parlamentarische Ausschussbericht zum Homeoffice-Paket, nichts an ihrer Geltung bzw. Weitergeltung bei dem Arbeitgeber zurechenbarer dienstlicher Arbeit in der HomeofficeWohnung. Arbeitgeberseitig sind daher alle Höchstgrenzen und Mindestruhezeiten auch bei Arbeit im Homeoffice einzuhalten. Auch die Weiteranwendung der gewählten Normalarbeitszeitmodelle und der konkreten Verteilung ist möglich und vielfach selbstverständlich. Zulässig sind aber auch im gesetzlichen und kollektivvertraglichen Rahmen vereinbarte Abweichungen.
Wie bei betrieblicher Arbeit hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitregelungen besonders den Arbeitnehmern im Homeoffice klar zu kommunizieren und auf die Einhaltung der Zeitplanungen und Schutzbestimmungen zu drängen, vor allem aber auch auf korrekte Arbeitszeitaufzeichnungen (je nach Situation Regelfallaufzeichnungen bzw. zumindest Saldoaufzeichnungen [§ 26 Abs. 5 AZG]). Rechtswidrige Arbeitszeitgenehmigungen oder gar solche Weisungen sind unbedingt zu unterlassen, getroffene Zeitverschiebungs- oder Überstundengenehmigungen wären klar zu dokumentieren, auch ihre Grenzen und Voraussetzungen, dies aus Arbeitszeit- und auch aus Entgeltbemessungsgründen.
Das Problem ist freilich, welche erlaubten Vorkehrungen der Arbeitgeber zu deren Einhaltung auch durch den Arbeitnehmer treffen kann, um nicht strafbar zu werden oder eigenmächtigen privaten Verschiebungen in den eigenen vier Wänden durch Zulagen und Zuschläge etc., die es betrieblich nicht gegeben hätte, entgelt- und verwaltungsstrafrechtlich ausgeliefert zu sein, es sei denn, er hätte Abweichungsweisungen, Abweichungsgenehmigungen oder Ähnliches erteilt. Bloßes Dulden kann hier nicht ausreichen, wenn die Zeitverschiebungen arbeitgeberseitig weder gesehen werden noch erlaubter Weise einsehbar oder sonst überwachbar sind, also wenn die elektronische Zeiterfassung vom Arbeitnehmer nicht zeitaktuell betätigt wird. Selbst wenn der Arbeitgeber sie im Nachhinein erfährt, wie sollte er sie im Vorhinein effizient abstellen?
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Das scheint auch dem Gesetzgeber des § 26 Abs. 3 AZG 2015 bewusst gewesen zu sein, sonst hätte es des gesetzgeberischen Wegschauens durch die Abschwächung der Arbeitszeitaufzeichnungspflichten auf ausschließliche (bloße) Saldoaufzeichnungen, welche die Einhaltung der Ruhezeitanforderungen in ihrer zeitlichen Lage unüberprüfbar macht, nicht bedurft. Auch die Anforderungen für das Sich-Freibeweisen von Verschulden (§ 5 VStG), sei es noch so geringes Verschulden, für das der VwGH in ständiger Rechtsprechung ein effizientes betriebliches Vorbeuge- und Kontrollsystem verlangt, ist im Homeoffice praktisch und auch rechtlich unerfüllbar, müsste er doch die vorgesehene Freizeit überwachen können, um die Übertretungen zu erkennen. Gerade derartiges darf er insbesondere nicht in der Privatwohnung, ist doch schon ein GPS-Ortungssystem für die Freizeit – obwohl es nur um den Standort eines Sachbezugsfahrzeugs geht, ja schon dies ist zu viel – auch durch Vereinbarung nicht sanierbar (siehe jüngst OGH LE-AS 9.8.3.Nr.1 und Nr.2). Auch in einer privaten Homeoffice-Wohnung kann es daher keine Verantwortlichkeit durch (verstecktes bzw. unsichtbares) Dulden geben.
Dies hätte der Gesetzgeber freilich stärker als nur mittelbar mit der bloßen Saldoarbeitszeiterfassung bei überwiegendem Homeoffice zum Ausdruck bringen sollen. Dass sich der Gesetzgeber zu notwendigen Modifikationen nicht durchringen konnte, kann jedoch nicht dazu führen, vom Arbeitgeber faktisch unmögliche oder rechtswidrige Vorbeuge- und Kontrollmaßnahmen zu verlangen. Dies aber wäre bei undifferenziertem Festhalten der Strafbarkeitsjudikatur des VwGH zu Arbeitszeitübertretungen auch bei Homeoffice der Fall, würde er bei seinen bisherigen Anforderungen an ein verschuldensentlastendes Vorbeuge- und Kontrollsystem (§ 5 VStG) bleiben. Auch ein Vorbeuge- und Kontrollsystem hat daher seine Anforderungen und Grenzen am rechtlich Erlaubten und praktisch Möglichen zu orientieren. Bei Homeofficearbeit und den mit ihr verbundenen ungleich leichteren unsehbaren zeitlichen Eigenmächtigkeiten von Arbeitnehmern sind die notwendigen Einflussnahmen auf die Einhaltung der Arbeitszeiten deutlich geringer und auf ein sonstiges Bündel von erlaubten möglichen und zumutbaren Maßnahmen beschränkt. Solche könnten aber sein: •
Mit Richtigkeitsvermerk unterschriebene Arbeitszeit-Regelaufzeichnungen statt bloßer Saldoaufzeichnungen verlangen?
•
Einloggen-, Ausloggen-Ausdruck mit Richtigkeitsvermerk unterzeichnen lassen?
•
Zusätzlich tabellarische inhaltlich-zeitliche Arbeitsberichte?
•
Untersagungen von Arbeit außerhalb der vorgegebenen Normalarbeitszeit
•
Systematische zeitliche Sichtung dienstlicher E-Mailverkehre etc.?
•
Elektronische Sperre der betrieblichen digitalen Arbeitsmittel für die Freizeit (z.B. außerhalb des Gleitzeitrahmens; oder des gesetzlichen Mindestwochenendes oder Feiertages)?
•
Schlichtes Vertrauen auf die Richtigkeit der Arbeitszeit-Regelaufzeichnungen? Verstärkt durch entsprechende An- und Unterweisungen?
Diese Kombination sollte auch der Judikatur jedenfalls genügen, wenn der Gegenbeweis ihrer Unrichtigkeit und deren Veranlassung oder Erkennbarkeit durch den Arbeitgeber nicht erbracht ist. Vertrauen-Dürfen ist gerade bei gesetzlich gefördert vorgesehenem Homeoffice mE auch eine beachtenswerte Rechtskategorie! Siehe dazu auch den Vereinbarungsvorschlag „Arbeitszeit-Einhaltemodul“ oben Rz 78.
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Hausgehilfen, Heimarbeiter und Homeoffice Immerhin ist Arbeit im Homeoffice mit den betrieblichen Vor-Ort-Möglichkeiten zurecht nicht vergleichbar. Damit bleibt diese Aufgabe vernünftiger ex-ante-Differenzierungen den Behörden und der Strafbarkeitsjudikatur überantwortet, entgeltrechtlich der Arbeitsgerichtsjudikatur, die Vertrauen in diesem besonderen Kontext nicht als Blankoduldung deuten wird (können).
7. Sozialversicherung a) Besondere Beitragsfreiheit
Rückwirkend ab 1. 1. 2021 ist nach der neuen Ziffer 31 des § 49 Abs. 3 ASVG der Wert der digitalen Arbeitsmittel, die Dienstnehmern für die berufliche Tätigkeit unentgeltlich überlassen werden, ausdrücklich beitragsfrei, ebenso ein Homeoffice-Pauschale, wenn und soweit dieses nach § 26 Z 9 lit. a EStG nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehört, also lohnsteuerfrei ist. Nach Prof. Mayr, Das Homeoffice ist im EStG angekommen, Editorial RdW 3/2021, S. 157, ist dies der Fall bei bis zu 3 € pro Homeoffice-Tag, für höchstens 100 Homeoffice-Tage im Kalenderjahr, wobei die Homeoffice-Tage im Lohnkonto und am Lohnzettel (L 16) zu erfassen sind, für das erste Halbjahr 2021 auch im Wege der Schätzung. Stellt der Arbeitgeber die digitalen Arbeitsmittel nicht zu Verfügung, kann der Arbeitnehmer diese als Werbungskosten absetzen, allerdings hat eine Kürzung um das etwaige Homeoffice-Pauschale zu erfolgen (§ 16 Abs. 1 Z 7a lit. a EStG). Zahlt der Arbeitgeber kein oder ein niedrigeres Homeoffice-Pauschale, kann der Arbeitnehmer die Differenz als Werbungskosten absetzen (§ 16 Abs. 1 Z 7a lit. b EStG). Daneben können Arbeitnehmer nunmehr auch Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar absetzen; § 16 Abs 1 Z 7a lit a EStG sieht dafür vor: •
Ergonomisch geeignetes Mobiliar: Das Gesetz erwähnt Schreibtische, Drehstühle und Beleuchtungskörper; die Erläuterungen führen noch weitere ergonomisch sinnvolle Gegenstände wie Fußstützen an.
•
Der Arbeitnehmer muss im Kalenderjahr zumindest 26 Tage ausschließlich im Homeoffice leisten.
•
Der jährliche Höchstbetrag beträgt 300 €, wobei ein Überschreitungsbetrag in die Folgejahre vorgetragen werden kann.
•
Ausgaben im Jahr 2020 können bis zu einem Höchstbetrag von 150 € geltend gemacht werden, wobei diese Ausgaben dann den Höchstbetrag von 300 € für das Jahr 2021 vermindern (insgesamt für die Jahre 2020 und 2021 daher höchstens 300 €; § 124b Z 374 EStG). Für das Jahr 2020 wird dafür ein eigenes Formular zur Verfügung gestellt sowie in FinanzOnline eine eigene Kennzahl bzw eine einfache (nachträgliche) technische Berücksichtigung im Wege von § 295a BAO vorgesehen.
Im Lichte der sich verändernden Arbeitswelten gelten die steuerlichen Neuerungen befristet bis 2023 und sollen nach den Erläuterungen evaluiert werden. Beitragsrechtlich haben alle diese Werbungskosten keine Auswirkung, da in der Sozialversicherung die Bruttoentgelte zählen.
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b) Unfallversicherungsschutz Die weitgehende Gleichstellung von Homeofficearbeit im Unfallversicherungsschutz ist nunmehr im ASVG-Dauerrecht verankert, also weder pandemieabhängig noch befristet.
Angesichts der schwierigen Kausalitätsfragen, die sich bei Unfällen im privaten Bereich, insbes. auch in der Wohnung, erfahrungsgemäß stellen, wie hg. Judikatur zeigt, stellt § 175 Abs. 1a und 1b ASVG idF per 1.4.2021 nun immerhin klar: (1a) Arbeitsunfälle sind auch Unfälle, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung in der Wohnung (Homeoffice) ereignen. (b) Die Wohnung nach Abs. 1a gilt für den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes als Arbeitsstätte im Sinne des Abs. 2 Z 1 und 2 sowie 5 bis 8 und 10. Anders als bis Ende März 2021 kommt es auf den bloßen Aufenthaltsort nicht mehr an, sondern auf die Definition des Homeoffice in § 2h Abs. 1 AVRAG. Daher können sich bei mobileren Arbeitsformen als dem Homeoffice Schutzprobleme vor allem bei den Wegen ergeben. Zu § 175 Abs. 1b iVm Abs. 2 Z 7 ASVG stellt der Ausschussbericht folgendes klar:
Wie bei der Arbeit am Betriebsort werden jene Wege eines Dienstnehmers geschützt, die zur Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse in der Nähe der Wohnung dienen, sowie auch die Befriedigung dieser Bedürfnisse selbst. Einkäufe zum Mittagessen im Supermarkt bzw. der Besuch eines Gasthauses sind unfallversicherungsrechtlich auch dann geschützt, wenn diese vom Homeoffice aus angetreten werden. Einkäufe zum Mittagessen im Supermarkt bzw. der Besuch eines Gasthauses sind unfallversicherungsrechtlich auch dann geschützt, wenn diese vom Homeoffice aus angetreten werden. Nicht erfasst sind daher – entsprechend der allgemeinen Regel – solche Unfälle, die sich erst nach Beendigung der Arbeit bzw. in den Arbeitspausen etwa bei Erledigung des Tages- oder Wocheneinkaufs ereignen. Zu den §§ 175 Abs. 1b iVm Abs. 2 Z 10 ASVG stellt der Ausschussbericht klar: Wege zur oder von der Kinderbetreuungseinrichtung, Tagesbetreuung oder Schule sind selbstverständlich auch dann geschützt, wenn sie vom Homeoffice aus angetreten werden oder wieder dorthin zurückführen. Geschützt sind iSd § 175 Abs. 2 Z 1 auch Wege in den oder vom Betrieb), 2 (gemeldete Arztwege), 5 bis 8 (z.B. Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgeräts; Inanspruchnahme der Arbeiterkammer oder Gewerkschaft. Damit sind Unfälle im zeitlichen und ursächlichen, also im inneren, Zusammenhang mit der Arbeitserbringung geschützt, nicht aber weiterhin Privates wie Schlafen, Aufstehen, Duschen, Waschen, Rasieren, Kosmetik, Anziehen, häusliche Kinderbetreuung, private Telefonate etc. oder bloße Außerhauswege für private Einkäufe und Erledigungen.
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8. Beendbarkeit der Homeoffice-Vereinbarung?
Insofern ist jedenfalls zwischen der Beendigung bloß des Homeoffice und jener des Arbeitsverhältnisses als solcher zu unterscheiden. Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten sämtliche gesetzlichen und kollektivvertraglichen Beendigungsbestimmungen einschließlich des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes, für ersteres so gut wie immer das Recht auf fristgemäße Kündigung bloß der Homeofficevereinbarung aus wichtigem Grund. Dazu ist aber bzw. zusätzlich Folgendes zu beachten:
Ist eine Homeofficevereinbarung befristet und zur Beendigung sonst nichts vereinbart, endet sie von selbst erst mit Ablauf der Befristung, doch kann sie selbstverständlich jederzeit einvernehmlich vorzeitig beendet werden. Die einseitige Beendigung steht diesfalls jedoch nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit einer Frist von einem Monat zum Monatsletzten zu (§ 2h Abs. 4 erster Satz AVRAG, siehe oben Rz 66, 75, 82). Das Fehlen eines aktuellen beweisbaren Grundes bzw. dessen rechtliches Ausreichen kann bei arbeitgeberseitiger Teilkündigung arbeitnehmerseitig letztlich auch arbeitsgerichtlich bekämpft werden, etwa mit Klage auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes der Homeofficevereinbarung oder auf Schadenersatzansprüche. Beendet werden kann selbstverständlich wie sonst auch das Arbeitsverhältnis und damit zugleich das Homeoffice, sofern die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgreich angefochten oder als unwirksam bekämpft wurde. Die dafür geltenden gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen sind durch eine Homeofficevereinbarung jedenfalls weder aufgehoben noch mittels Vereinbarung aufhebbar. Auf den Standard der Beendbarkeit bloß des Homeoffice wirken sie sich jedoch nicht aus. Diese zumindest v.a. für Arbeitgeber noch eher unsichere Rechtssituation haben (siehe oben RZ 75) zur Empfehlung geführt, auch die Vereinbarung normaler Kündigungsregelungen für die Homeofficevereinbarung als solche zu erwägen, allenfalls auch die Vereinbarung vorübergehender Sistierbarkeit des Homeoffice, oben Rz 76.
Sind normale Kündigungsregelungen (§ 2h Abs. 4 zweiter Satz AVRAG) vereinbart, sind diese zwar für die einseitige Beendigung einzuhalten, doch bedarf es für die Kündigung des Homeoffice keiner besonderen Gründe. Diskriminierungen werden aber auch hier unzulässig und entsprechend den dazu nach dem GlBG bzw. BEinstG bestehenden Wahlrechten zwischen Anfechtung und allfälligem Vermögensschadenersatz bekämpfbar sein. Einvernehmliche Beendigungen sind unbeschadet der nur für die Teilkündigung geltenden Fristen auch hier immer möglich. Auch das Abwarten des Ablaufs einer vereinbarten Befristung kann, abhängig von der noch offenen Dauer, Sinn machen. Für jede erfolgte (wirksame) Beendigung ist jedoch zu beachten:
Die Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Homeoffice bedarf einer neuen Vereinbarung. Eine Homeoffice-Beendigungserklärung ist daher ebenfalls nicht einseitig rücknehmbar.
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9. Altvereinbarungen: Übergangsfragen Was gilt für bisherige schriftliche, mündliche oder schlüssige Einzelvereinbarungen ab 1. 4. 2021? Soweit ihre Inhalte rechtlich noch passen, wären diese zu verschriftlichen (zumal dies auch einklagbar wäre) und Fehlendes aufzunehmen oder gleich eine Neuvereinbarung anzustreben. Kommt es zu keiner solchen Vorgangsweise, wäre in Bezug auf nunmehr rechtswidrige Altinhalte allenfalls ein einseitiger Teil-Ungültigkeitshinweis an den Arbeitnehmer bis zur Einigung zweckmäßig. Auch bisherige Betriebsvereinbarungen sollte man vor allem unter folgenden Gesichtspunkten inhaltlich prüfen: •
Was ist in echten Betriebsvereinbarungen über 31. 3. 2021 hinaus vorhanden (Materielles zum Aufwandersatz [IT, Sonstiges]?), was kann bleiben, was ist sinnvollerweise anders zu regeln?
•
Verhandlungen über Anpassungen oder neue Betriebsvereinbarung? Beides ist rechtlich möglich.
•
Inhalte? Was in echten Alt-Betriebsvereinbarungen nun inhaltlich unzulässig ist, bleibt bzw. wird nichtig (teilnichtig). Insofern bedarf es keiner Einigung mit dem Betriebsrat, wohl aber allenfalls entsprechender Hinweise an ihn. Chance einer sinnvollen Neuvereinbarung?
•
Vorhandene „freie Betriebsvereinbarungen“: Was davon ist übungsbedingter Einzelvertragsinhalt geworden (Entgelte, Aufwandsersätze), was nicht (Betriebsratsrechte zB nicht, ebenso nicht Regelungen über Ansprüche auf Homeoffice).
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