KMU_LIFE_06_2011

Page 1

06 / 2011

Krise als Chance

Finanzbranche vor dem Umbruch • Kommunikationswelten verändern sich • Auf dem Weg zur grünen Flotte


Die Magie von Weihnachten erleben 17.11.2011– 31.12.2011 Zßrich-Oerlikon | Offene Rennbahn

www.swisschristmas.com Hauptsponsor

Co-Sponsoren

Sponsoren & Partner

Medienpartner

Vorverkauf


EDITORIAL

Liebe leserin und lieber leser

I

nzwischen sind die ersten Zelte wieder abgeräumt und einige Plätze wieder leer. Trotzdem, die These sei hier gewagt, werden soziale Bewegungen, die unter dem Stichwort «Occupy» in den letzten Monaten für Aufsehen gesorgt haben, in einigen Ländern noch an Schubkraft gewinnen. Sie treffen den Nerv der Zeit – zum Beispiel in den USA. Solange sich beide politischen Lager paralysieren und bei den Themen Schulden und Verteilungsfragen nicht weiter kommen, werden die Proteste gegen die Finanzbranche, an der Spitze die Wall Street Boys, zunehmen. Der Name «Wall Street» steht symbolisch für eine Finanzbranche, die in den letzen Jahrzehnten weltweit an Bedeutung gewonnen hat, inzwischen aber aus dem Ruder gelaufen ist. Nach der Krise 2008 überboten sich die Beteiligten mit Vorschlägen, wie die Branche aus den Fehlern lernen könnte. Heute wissen wir, dass das Finanzpoker mit Hochrisikopapieren, um hohe Renditen zu erzielen, bereits wenige Monate später ungebremst weitergegangen ist. Inzwischen hat die Reputation der gesamten Branche gelitten. Zusätzlich belastet wird die Situation durch die Eurokrise und die Verschuldungskrise in den USA. In der Schweiz hat man manchmal den Eindruck, auf einer Insel der Seeligen zu wohnen. Allerdings kommen die Einschläge näher und jeder Geschäftsverantwortliche tut gut daran, einen Plan B in der Tasche zu haben.

Fragen wir nach den konkreten Reaktionen: Am 9. November 2011 besuchte ich die Women’s Business Conference. Dort gab es unter dem Titel «Geld und Innovation» auch ein Bankenpanel. Die UBS-Vertreterin hatte mit ihrer These, Banken, insbesondere ihr Haus, müssten weniger an Produkte, sondern eher an ihre Kunden denken, keinen einfachen Stand. Mit solchen selbstverständlichen Banalitäten kann heute niemand mehr in der Businesswelt reüssieren. Klarere Strategien haben hier demgegenüber die Raiffeisen Bank und die Basler Kantonalbank, die auch in unserem Themenschwerpunkt vertreten sind. Zudem begrüssen wir in unserem Themenschwerpunkt Dr. Konrad Hummler. Er ist nicht nur erfolgreicher Banker, sondern liefert mit seinen Anlagekommentaren pointierte Szenarienanalysen, die jede hochstehende Diskussion bereichern und von denen die liberale Weltsicht gerade heute noch einige mehr bräuchte. Wir veröffentlichen einige zentrale Thesen Hummlers aus den letzten Jahren.

Solche ungewöhnlichen Zeiten erfordern auch ungewöhnliche publizistische Aktivitäten. Wir haben aus diesem Grund einen Themenschwerpunkt zusammengestellt, der neben Krisenanalysen auch positive Alternativen präsentieren will. In der griechischen Philosophie gibt es den Begriff «Kairos». Er steht für den günstigen Zeitpunkt einer Entscheidung, dessen ungenütztes Verstreichen nachteilig sein kann. In dieser Situation befinden wir uns. Eine Krise kann auch eine Chance sein. Die Finanzbranche wird in einigen Teilbereichen, wie beispielsweise dem Investment Banking, schrumpfen. Gleichzeitig sind die Verantwortlichen gefragt, neue Innovationen für ihre Kunden zu präsentieren.

Georg Lutz Chefredaktor KMU LIFE g.lutz@lifemedien.ch

KMU LIFE · 06/2011

1


Inhalt

2

06

24

30

Den Knopf drücken

Im Wandel

Effizienter werden

Ganze Gesellschaften werden von der Volatilität der Finanzmärkte durcheinandergeschüttelt. Einige wenige Geldvermögensbesitzer können Jubeln. Dagegen leidet der Mittelstrand in dieser Situation. An Kredite zu kommen, ist vorsichtig formuliert, nicht gerade einfach und auch das private Anlageportfolio wird immer wieder kräftig durchgeschüttelt. Es ist Zeit einen Neustart mit innovativen Ideen zu wagen.

Der globale Telekommunikationsmarkt ist im Umbruch. Unvorhersehbare Entwicklungen stellen zurzeit die ganze Branche auf den Kopf. Nur wer sich rechtzeitig den neuen Gegebenheiten anpasst, wird den Anschluss nicht verlieren. Wir veröffentlichen die strategischen Positionierungen von zwei Marktteilnehmern.

Der hindernisfreie Zugang zu einer virtualisierten ERP-Welt ist für KMU immer noch mit einigen Hürden verstellt. Doch es gibt Lösungen auf dem Markt. Ralph M. Stucki, CEO von europa3000, und Oliver Schalch, CEO von Bison IT Services, wie sie dabei vorgegangen sind und wie sie die Erwartungen der KMU-Kunden an eine über das Web bereitgestellte Software erfüllen wollen.

KMU LIFE · 06/2011


XXXXXXXXXXXXX

Rubriken Editorial Kommentar Das Thema Aussenwirtschaft Kommunikation Software Dokumentenmanagement

01 05 06 20 24 30 46

Green-IT Marketing Recht Mobilität Human Ressource Gadgets Impressum

50 52 56 60 64 78 80

42

60

69

Die grüne Flotte

The Age of Less

Kultur im Unternehmen

Grüne Mobilität ist kein Selbstläufer. Verschiedene Akteure haben unterschiedliche Interessen. In der Praxis steht das grüne Flottenmanagement, beispielsweise was die E-Mobilität betrifft, noch in den Kinderschuhen. KMU LIFE war an einer Podiumsdiskussion.

Unsere Wachstumsvorstellungen richten sich noch immer am klassischen Bruttosozialprodukt aus. Dort geht es um reine Quantität. Qualität ist kein Kriterium. Für David Bosshart, Leiter des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI) geht das Zeitalter des reinen Zahlenwachstums zu Ende. In seinem neuen Buch «Age of Less» fordert er aber keinen Ausstieg, sondern einen Umstieg.

Die meisten Unternehmen haben erkannt: Unser künftiger Erfolg hängt weitgehend von unserer Fähigkeit zur Innovation ab. Nur wenige haben aber bisher in ihrer Organisation eine Kultur geschaffen, die Kreativität und Innovation fördert.

KMU LIFE · 06/2011

3


Für jede Ladung. Und jedes Budget. Der Ford Transit bietet neben seinem grossen und vielseitig nutzbaren Laderaum sensationell tiefe Betriebskosten. Bei Fr. 0.27/km all-inclusive, einem Serviceintervall von sagenhaften 50’000 km/2 Jahre und einem Verbrauch ab 6.5 l/100 km bietet der Transit Transportkapazitäten, von denen andere nur träumen können. Natürlich erfüllen alle Ford Transit Modelle die Euro-5-Abgasnorm und sind schnell verfügbar.

TRANSIT

ford.ch/transit

TRANSIT START-UP AB FR.

FR./KM

18’990.- 0.27 1

2

Nettopreise exkl. MWST für gewerbliche Kunden mit Handelsregistereintrag. Angebot bei teilnehmenden Händlern gültig bis 31.12.2011. 1 Transit 260S Start-up, 100 PS/74 kW, 6-Gang. 2 Business Partner Angebot: Finanzierung mit 3.9% (48 Monate/25’000 km/Jahr) inklusive Wartung/Verschleiss, Versicherung, Reifen.

ford.ch


KOMMENTAR

Unsere Rendite – besondere Momente

D

von Dr. Pierin Vincenz

er häufigste Kontakt zwischen Kunde und Bank besteht aus 27 Ziffern. So lang ist auf dem Einzahlungsschein nämlich die Referenznummer, die wir monatlich in unserem E-Banking eintippen. Wie soll man mit 27 Ziffern eine Nähe schaffen, die eine Marke zu einer Vertrauten macht. Bankgeschäfte sind im Alltag eine sehr nüchterne Angelegenheit. Und das ist auch gut so. Trotzdem braucht es gerade in der heutigen Zeit neue Anstösse. Für unsere Gruppe liegen sie schon in unserer Geschichte begründet. Der Schlüssel zur Emotionalisierung eines Brands sind gemeinsame Erlebnisse: Das haben bereits unsere Gründerväter verstanden, als sie vor über 100 Jahren die Generalversammlungen unserer genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbanken zum Leben erweckten. Damals wie heute trifft sich dort alt und jung und man engagiert sich gemeinsam für die gleiche Sache: Aus der Region – für die Region. Hilfe zur Selbsthilfe ist kein längst überholtes Konzept. Im Gegenteil. In einer Zeit, in der sich gesellschaftliche Strukturen in Auflösung befinden, übernehmen die Generalversammlungen und die Mitgliedschaft immer auch eine identitätsstiftende Funktion. Und was man nicht vergessen darf: Mit 400’000 Teilnehmenden und 328 solchen Veranstaltungen zwischen Januar und Mai ist Raiffeisen einer der grössten Eventveranstalter der Schweiz. Die Wanderung durch den verwunschenen Arvenwald, die Schiffahrt auf dem dunkelgrünen See oder die atemberaubende Zugfahrt quer durch den Eiger hinauf auf das Jungfraujoch: Anlässlich unseres 100-Jahr-Jubiläums hatten wir vor elf Jahren die Idee, unseren Mitgliedern die Schweiz näherzubringen; jedes Jahr eine andere Region. Das passt zu Raiffeisen, denn die Vielfalt der Schweiz ist auch die Vielfalt unserer Bankengruppe. Der Erfolg gab uns recht. Zehntausende Familien reisen jedes Jahr durch das Land – mit dem Zug, wie es sich für uns Schweizer gehört – und geniessen die Zeit. Und es erfüllt uns mit Stolz, dass Raiffeisen – auf eine besondere Art und Weise – immer mit dabei ist. Zeitgleich lancierten wir den Museumspass. So ermöglichen wir unseren Mitgliedern, Kunst und Kultur zu geniessen, ohne etwas dafür bezahlen zu müssen. Seit diesem Jahr gibt es noch mehr zu jubeln für unsere Mitglieder. Staunende

Kinderaugen im Zirkus Knie, befreiendes Lachen bei Clown Dimitri oder der erste Kuss einer frischen Liebe am Lenny Kravitz-Konzert: Bei rund 600 vergünstigten Veranstaltungen kommt man fast gar nicht drum herum, mit Raiffeisen einen besonderen Moment zu erleben. Genau das sind unbezahlbare Werte für eine Marke. «Memberkonzepte» sind hochmodern; aber machen sie auch immer Sinn? Wenn es sich nur um einen Marketinggag handelt, sind solche Massnahmen wenig glaubwürdig und nicht nachhaltig. Raiffeisen aber ist kein Club, sondern eine Familie aus 1.7 Millionen Familienmitgliedern. Die Mitgliedschaft ist quasi genetisch vorbestimmt, sie wird von Generation zu Generation weitergegeben. Genossenschafter zu sein, ist ein Bekenntnis für die Bank vor Ort. Raiffeisenbanken lassen – statt Dividenden an Aktionäre auszuschütten – die Region an ihrem Erfolg teilhaben, mit lokalen Sponsorings und Veranstaltungen. Denn was wird wohl mehr Kundenbindung schaffen: Eine Vier-Prozent-Bonuskarte oder ein altes Foto, das Sie in Ihrer Kindheit auf dem heimischen Fussballplatz zeigt, den Pokal in der Hand und auf der stolzgeschwelten Brust das Raiffeisen-Logo? Wer als Mitglied ein solches Bekenntnis zur lokalen Bank abgibt, soll auch belohnt werden – bei Raiffeisen mit einer einzigartigen Rendite: Gemeinsame Erlebnisse, damit unsere Bank mehr ist als 27 Ziffern.

Weitere Informationen

Dr. Pierin Vincenz ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der Raiffeisen Gruppe.

KMU LIFE · 06/2011

5


Neuanfang wagen Die transnationale Finanzbranche ist unter Druck von Georg Lutz

Über dreissig Jahre hat die Finanzbranche von der Globalisierung profitiert. Ihre Produkte wurden immer ausgefeilter, aber auch risikoreicher. In den letzten Jahren hat ihre Reputation gewaltig gelitten. Inzwischen ist sie im Keller. Ganze Gesellschaften werden von der Volatilität der Finanzbranche durcheinandergeschüttelt. Es braucht einen Neuanfang. Dazu brauchen wir aber zunächst einen Überblick, was in den letzten drei Dekaden passiert ist.

6

KMU LIFE · 06/2011


DAS THEMA

S

eit einigen Monaten ist eine Meinungswende zu beobachten. Der Protest gegen die Finanzkrise und ihre Akteure wird nicht mehr nur dem linken Lager überlassen. Es trifft auch bei gestandenen liberalen Ökonomen und bürgerlichen Leitmedien auf einen positiven Resonanzboden. Es scheint ein Umdenken einzusetzen. Dagegen gelten die Hochrisikopapiere bei vielen in der Finanzbranche selbst immer noch als der Gipfel ökonomischer Effizienz. Das Gedächtnis scheint allerdings sehr kurz zu sein. Nur durch massive staatliche Bürgschaften und Finanzspritzen für Banken, ganz im Widerspruch zur vorherrschenden Lehre, konnte 2008 ein Finanzcrash vermieden werden. Jetzt stehen einige europäische Banken wieder vor grossen Schwierigkeiten. Zudem stehen Staaten selbst in einer immer schwierigeren Schuldensackgasse, durchaus auch durch eigens Mitverschulden. Ob die verantwortlichen Politiker oder die Manager der Finanzbranche mehr Verantwortung tragen, darüber tobt eine heftige Meinungsschlacht. Eines ist aber klar: Die analytische Hilflosigkeit der Politiker, aber auch der Wirtschaftswissenschaftler und Branchenvertreter, ist mit Händen zu greifen. Man rettet sich von einem Krisengipfel zum nächsten. Bei all den Diskussionen geht die folgende zentrale Frage oft unter: «Warum beherrschen die Finanzmanager und ihre Lobbyisten, die durch die Erfahrungen der letzten Jahre völlig diskreditiert sein sollten, nach wie vor die politische Diskussion über die Regulierung und den Reformdiskurs ihrer eigenen Branche?» Inzwischen konstatieren ja viele unabhängige Experten aus Wirtschaftsforschungsinstituten, dass Markt-

versagen auf den Finanzmärkten eher Regel denn Ausnahme ist. Die hohe Volatilität ist ein Stressfaktor für die gesamte Gesellschaft, da sie nicht im Verhältnis zum geschaffenen Mehrwert der Branche steht und nur wenigen nützt. Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat die Profiteure der Finanzbranche in den USA mit einem Prozent beziffert. Das gab der Protestbewegung ihren Slogan: «We are 99 Procent.» Wie konnte es soweit kommen? Drei Blicke in die Geschichte Wer verstehen will, wie es zu dieser Situation kam, muss mindestes drei Blicke in die Geschichte werfen. Der erste Blick führt uns in die Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Damals endete die Hochphase des Akkumulationsregimes der starren Fliessbandproduktion, die den Aufschwung der fünfziger und sechziger Jahre geprägt hatte. Die Produktivität der industriellen Branchen erlahmte und die Investoren suchten aus diesem Grund neue Anlagemöglichkeiten. Zudem wollten die vermehrt auftretenden «Petrodollars» untergebracht werden. Gleichzeitig verlor der regulative Rahmen der Bretton Woods Nachkriegsordnung an Bedeutung. Die sogenannten Eurogeldmärkte, die jenseits nationalstaatlicher Rahmen agierten, boten mit ihren neuen Anlagemöglichkeiten vollkommen neue Dimensionen für die Finanzbranche. Die freien Bankenzonen setzten die internationalen Kreditbeziehungen auf ein neues Niveau. Auf der einen Seite führte dies zu hohen Verschuldungsprozessen, in erster Linie in den Staaten der Dritten Welt, was wir nun in Europa erst seit einigen Jahren beobachten können. Auf der anderen Seite kam es zu günstigen Verwertungsbedingungen für das Anlegerkapital. Die Wall Street oder die Fi-

«Der gesellschaftliche Mehrwert moderner Finanzinstrumente ist schwer erkennbar.»

Dani Rodrik Ökonom an der Harvard University, hat lange vor der Finanzkrise 2008 den Nutzen unregulierter globaler Kapitalströme angezweifelt – zu Zeiten, als der ökonomische Mainstream diese noch als Segen ansah. Finanzmärkte neigten zu Übertreibungen und Volatilität, so Rodrik. So fordert er mehr Mut zur Regulierung; zum Beispiel in Form von Kapitalverkehrskontrollen.

nanzdistrikte in London, Zürich, Frankfurt, New York, Tokio und Dublin profitierten von dieser Zeitenwende der achtziger Jahre. Aktienanleger erfreuten sich in den letzten dreissig Jahren, über den langen Zeitraum gesehen, von steigenden Kursen und selbst die Trickel-down-These, nach der auch der einfache Bürger profitieren kann, schien sich zu bewahrheiten. Irland wandelte sich vom Armenhaus Nordeuropas zum keltischen Tiger. Grossbritannien ist dafür das deutlichste Beispiel. Die eiserne Lady Maggie Thatcher brachte es mit dem Stichwort TINA («There is no Alternative») auf den Punkt. Für sie gab es nur Individuen und keine Gesellschaft mehr. Diese Politik führte zur Hegemonie des Finanzsektors, nicht nur in Grossbritannien. Das hatte aber einen fatalen Preis. Heute hat die britische Regierung gewaltige Probleme, da es im Unterschied zur Schweiz kaum mehr produktive industrielle Kerne gibt, die international wettbewerbsfähig sind. Die Politik ist jetzt der Finanzbranche ausgeliefert. Mit dem Ende des Kalten Krieges ging der Konkurrent um die bessere Ideologie verloren. Man musste jetzt immer weniger Rücksicht auf soziale Verteilungseffekte nehmen. Das stärkte zusätzlich die Stellung der Finanzbranche. Allerdings erreichte die Dynamik der Entwicklung erst in den neunziger Jahren ihre heutige Qualität. Das beweist ein zweiter Blick: Verbriefung ist dabei ein zentraler Knackpunkt. Noch in der Schuldenkrise vieler Staaten der sogenannten Dritten Welt in den achtziger Jahren waren die Forderungen der Banken noch nicht verbrieft. Banken mussten in der Krise, unter Vermittlung internationaler Organisationen

«Die nützlichste Finanzinnovation der letzten Jahrzehnte war der Geldautomat.»

Paul Volcker hat als US-Notenbankchef Anfang der achtziger Jahre zweistellige Inflationsraten gebändigt. Der Entwicklung immer neuer Finanzprodukte steht er ablehnend gegenüber. Als Berater von US-Präsident Barack Obama empfahl er, Banken den riskanten Handel mit Wertpapieren auf eigene Rechnung zu verbieten und Geschäfts- und Investmentbanking zu trennen. Leider zog er gegen die Wall Street-Boys auch bei Obama den Kürzeren.

KMU LIFE · 06/2011

7


DAS THEMA

wie des Pariser Clubs, ihre Kredite direkt mit den Ländern verhandeln. Durch die Verbriefung werden demgegenüber seit den neunziger Jahren die Schulden weitergereicht und immer mehr in Pakete gebündelt und verschachtelt. Diese Pakete sind wiederum Gegenstand von Wetten. Im Fachjargon wird dies unter dem Begriff «designte Produkte» zusammengefasst. Länderforderungen sind dann zum Beispiel mit Papieren von Immobilienfinanzierern angereichert. Derartige liberalisierte und transnationale Finanzprodukte führen zu einem globalen Geschäft. Die Papiere sind aber nur solange attraktiv, wie die verbrieften Forderungen auch tatsächlich erfüllt werden. Das kennen wir von der Immobilienblase in den USA, die 2008 platzte. In Mexico kam es aber bereits 1994 genau zu solch einem Crash. Die Fachwelt wusste schon damals Bescheid. Der damalige IWFChef Michael Camdessus sprach schon von der «ersten Finanzkrise des 21. Jahrhunderts». Solche Warnungen blieben aber folgenlos. Zu der Verbriefung und Verschachtelung kommen aber noch weitere heikle Probleme. Banken arbeiten mit immer mehr Fremdkapitalanleihen. Im klassischen Bankgeschäft nimmt ein Unternehmen bei einer Bank einen Kredit auf und erzeugt damit Güter und Dienstleitungen. Heute nehmen Banken selbst Kredite auf und spekulieren damit auf globalen Märkten, um eine Rendite oberhalb der üblichen Zinsrate zu erzielen. Das mag mikroökonomisch gerechtfertigt sein, aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es langfristig gefährlich, da der Finanzsektor, im Vergleich zu produktiven Sektoren, sich immer weiter aufbläht und Überschuldung auf der Agenda steht. Schon mit Basel II versuchte man – also die Banken mit einem Mindestanteil

von Eigenkapital – diese Entwicklung einzuhegen. Vergeblich, denn durch die Ausgliederung in Zweckgesellschaften, beispielsweise in der Karibik oder auf den Kanalinseln, tauchen die Pakete nicht mehr in den Bilanzen auf. Offshore gibt es noch weniger Steuern und Auflagen. Jetzt gibt es zwar höhere Renditen und Boni, allerdings ging der realen Wirtschaft die Puste aus. Die Folge ist eine Schieflage, mit der wir in den letzten Jahren zu kämpfen haben. Den letzten historischen Blick kann man vom Datum her genau fixieren. Es ist der 15. Dezember 2008. Die Investmentbank Lehman Brothers hatte den Konkurs angemeldet. Die ganze Branche stand unter Schock. Die Gefahr eines globalen Dominoeffekts war ein realistisches Szenario. Die Staaten reagierten und pumpten Geld in die Branche und verstaatlichten einige Bad Banks. So konnten sich die Banken wieder aufrichten. Staatsmänner, wie der französische Präsident Nicolas Sarkozy, lehnten sich auf internationalen Foren wie dem WEF weit aus dem Fenster und forderten ein radikales Umdenken in der Branche. Jetzt, drei Jahre später wissen wir: Auch dies war eine folgenlose Worthülse. Das gleiche Spiel von vorne In dieser Situation hatte jeder erwartet, dass staatliche Akteure an multinationalen Treffen wie der G20 Initiativen ergreifen und in der Branche klare Leitplanken durchsetzen. Doch es blieb bei verbalen Ankündigungen. Seit dem Frühjahr 2009 hat das gleiche Spiel von vorne begonnen: Investoren setzten wieder auf Teufel komm raus auf möglichst viele Assets und trieben die Preise hoch. Nur dadurch können die Investmentabteilungen der Banken hohe Gewinne melden und die Welt scheint

«Es braucht eine wirklich unabhängige Aufsicht zur Kontrolle der Finanzmärkte.»

Jagdish Bhagwati Professor für Politik und Wirtschaft an der Columbia University, gilt als Vordenker der Globalisierung. Während er die Globalisierung im Bereich der Realwirtschaft befürwortet, sieht er sie im Finanzbereich skeptisch. An den Finanzmärkten gebe es dramatischere Abwärtsrisiken als in der Realwirtschaft. Man sei bei der Deregulierung zu optimistisch gewesen, sagt er. Nun brauche es eine wirklich unabhängige und kritische Aufsicht zur Überwachung.

8

KMU LIFE · 06/2011

wieder in Ordnung. Goldman Sachs schüttete bereits im zweiten Quartal 2009 Boni wie in alten Zeiten aus. Josef Ackermann, inzwischen abgelöster Chef der Deutschen Bank spricht wieder von seiner berühmt-berüchtigten Eigenkapitalrendite von 25 Prozent. Aber diese Gewinne entstehen in der gleichen Art Spekulation, die schon die grosse Krise des Jahres 2008 ausgelöst hat. Ein Teil der Gewinne, die in Investmentbanken gemacht werden, ist übrigens nicht intelligenten und hochkomplexen Handelstrategien zuzuschreiben, sondern dem Verhalten von Lemmingen, mit dessen Hilfe die Finanzmärkte temporäre Knappheiten schaffen, statt sie, wie auf normalen Märkten, zu beseitigen. Der vollautomatisierte Computerhandel tut sein übriges dazu. Das ist Gift für die Wirtschaft. – Die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln, wie Mais, die sich dann arme Menschen in Lateinamerika, Afrika und Asien kaum mehr leisten können ist ein besonders abstossendes Beispiel. Eine der wenigen praktischen Hoffungsschimmer und Regulierungsversuche läuft unter der Überschrift Basel III. Der Basel-Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) fährt wie bei Basel II weiter die Strategie, erhöhte Eigenkapitalvorschriften zum Entschleunigungsinstrument zu entwickeln. Das Basel III-Regelwerk setzt auf einige wenige Prozentpunkte mehr Eigenkapital und bietet auch noch grosszügige Übergangsfristen. Und schon bei Basel II taten sich, wie gezeigt, Schlupflöcher auf. Das Gefühl, ausgeliefert zu sein Die fallende Reputation und fehlende Regulierung der Finanzbranche lässt sich in unse-

«Banken müssen ihre Kernkapitalquote verdoppeln – acht Prozent sind notwendig.»

Hans-Werner Sinn Chef des ifo Instituts in München hat seine Positionen verschoben. Lange war er ein glühender Befürworter des liberalen Mainstreams. Er sieht in der Erhöhung von Eigenkapitalpuffern die Schlüsselstrategie für eine Gesundung der Branche. Im Fokus steht die Kernkapitalquote – also das Eigenkapital einer Bank dividiert durch alle Risikopositionen. Banken müssten ihre Kernkapitalquote verdoppeln. Griechenland empfiehlt er den Austritt aus dem Euro.


DAS THEMA

rer Medienwelt auch an Köpfen festmachen. Anhand von markanten Beispielen von «Bad Boys» tut sich ein Abgrund von fehlender Kontrolle und falscher Unternehmensphilosophie auf. Der letzte Tag von Nick Leeson als Beschäftigter in einer Bank endete banal. Er klebte einen Post-it an seinen Bildschirm. Auf diesem Stand der banale Satz «I’m sorry». Dann verliess er seinen Schreibtisch, fuhr mit seiner Frau an den Flughafen und eröffnete ihr am Pool eines Resorts in Borneo, dass er die geschichtsträchtige englische Barings Bank vermutlich in den Sand gesetzt hat. Er hatte in grossem Stil auf steigende Kurse beim Yen gesetzt. Dieses Strategiemuster löste sich mit dem Erdbeben in Kobe buchstäblich in Luft auf. Die Bank kollabierte dann auch tatsächlich im Februar 1995, nachdem die USD 1.4 Milliarden Verluste im Derivatehandel, die Leeson verursacht hatte, richtig in den Büchern auftauchen. Barings wurde für den symbolischen Preis von einem englischen Pfund an die niederländische ING weitergereicht. Jérôme Kerviel hatte keine einfache Kindheit. Aus einfachen Verhältnissen stammend, ernährte er sich von Burgern und Softdriks. Die Folge: Er bekam den Spitznamen «Doppelzenter». 2008 hatte der 33-jährige einen neuen Namen. Man nannte ihn «Finanzterrorist». Mitten in der Finanzkrise hatte er bei der renommierten Bank Société Générale USD 6.7 Milliarden verzockt. Eine Summe, die sich niemand bildlich vorstellen kann. Die zweitgrössste französische Bank stand am Abgrund. In den letzten Tagen als Trader jonglierte Kerviel mit knapp USD 50 Milliarden. Das ist mehr als das

Anderthalbfache des Eigenkapitals der renommierten Bank. Im Prozess gegen Jérôme Kerviel benötigte das Gericht eine ganze Woche, nur dafür die Grundbegriffe der Aktiendealereien des Angeklagten im Ansatz verstehen zu können – und dazu brauchte es noch externe Hilfe. Nach diesen und vielen anderen Fällen betonten die Verantwortlichen der nichtbetroffenen Geldhäuser, dass ihre Kontrollmechanismen wasserdicht seien. Sind sie aber nicht. Der gerade abgelöste UBS-Boss Oswald Grübel bemerkte vor einem knappen Jahr: «Wir wissen, was wir tun, und wir werden uns nie damit rausreden, dass wir von Risiken überrascht werden.» Im Sommer dieses Jahres wurde er eines besseren belehrt. Kweku Adoboli aus London musste sich wie Leeson und Kerviel an dem gleichen Standort hocharbeiten. Sie alle kannten die Kontrollmechanismen und waren intelligent genug, die internen Schutzmechanismen zu knacken. Zudem gelten, je nach Profit, andere Grundsätze. Solange ein Händler Gewinne macht, schauen die Vorgesetzten und Kontrolleure nicht so genau hin. Das wird in der Öffentlichkeit selbstverständlich lautstark bestritten. Wer wird denn einen Star auf dem digitalen Parkett anpöbeln, wenn er die Boni der ganzen Abteilung nach oben treibt. Die Normalbürger fühlen sich solchen Typen schlicht ausgeliefert. Sie verstehen die Mechanismen nicht. Allerdings schenkten sie genau diesen Typen sehr lange Vertrauen. Ihr Portfolio war mit supergünstigen isländischen Papieren vollgestopft, die dann einige Jahre später auf Null gesetzt wurden. Es geht folglich nicht darum, Feinbilder zu pflegen, sondern die Mitverantwortung

«Die Banken haben total versagt.»

Joseph Stiglitz ist Wirtschaftsnobelpreisträger und eine intellektuelle Inspirationsquelle für die Protestbewegung. Für ihn haben die Banken die Schieflage selbst heraufbeschworen. Und warum? Weil die Banken ihr eigenes Geschäft nicht verstanden haben. Weil sie sehr, sehr schlechte Risikoanalysen zu dessen Grundlage gemacht haben.

zu thematisieren. Es gilt auch hier der Leitsatz: «It takes two to tango.» Schon aus diesem Grund greifen Schlagworte wie «Die Gier der Banker» viel zu kurz. Extreme Schieflage und Antworten aus einem anderen Blickwinkel Das globale Finanzsystem ist ohne Frage in einer extremen Schiefklage. In den USA beträgt die Gesamtverschuldung der Bürger, des Staates und der Industrie bereits 400 Prozent des Bruttoinlandprodukts – das ist historisch einmalig. Das führt dazu, dass ein grosser Teil dessen, was die Bürger erwirtschaften, für Zinsdienste abfliesst. Diese Zinsen werden in der Regel nicht wieder in die Wirtschaft investiert, sondern stapeln sich bei denjenigen, die bereits sehr viel besitzen. Solche Analysen haben nichts mit linker Politik zu tun, was viele Finanzlobbyisten suggerieren, sondern sind schlicht dem analytischen Blick geschuldet. Auf der anderen Seite haben einige private Haushalte viel Vermögen akkumuliert. Aber das Geld ist sehr ungleich verteilt. Die Tendenz ist eindeutig: Die Schere der Einkommensverteilung öffnet sich immer weiter. Das geht so lange gut, bis die Masse die Zinslast nicht mehr tragen kann, bis sie den Gürtel nicht mehr enger schnallen und der Staat keine Leistungen mehr streichen kann. Eine erste theoretische Antwort auf dieses Versagen kann uns ein etwas anders gestrickter Klassiker geben: John Maynard Keynes. Er glaubte, dass menschliche Stimmungen die Wirtschaft stark beeinflussen. Bürgerinnen und Bürger sind keineswegs die rational handelnden Individuen, wie sie die neoklassischen und liberalen Theorien darstellen. Das Mainstream

«Die unmittelbare Gefahr liegt in der Eurozone, aber sie kann ausstrahlen auf die ganze Welt.»

Beatrice Weder di Mauro ist die international bekannteste Volkswirtschaftlerin der Schweiz. Sie ist Wirtschaftsweise der Bundesregierung in Deutschland und sieht als liberale Ökonomin die Hauptverursacher der Finanz- und Verschuldungskrise bei den Staaten. Ein radikaler Abbau der Schulden sei alternativlos, sagte die Wirtschaftsweise. Sie übersieht aber, dass Länder wie Griechenland gleichzeitig eine Perspektive brauchen, sonst ist eine Rezession nur eine Frage der Zeit.

KMU LIFE · 06/2011

9


DAS THEMA

det, will er unbedingt vermeiden. Auch er hat erkannt, dass die Investmentbanker wie die von Goldman Sachs eben doch nicht die «Masters of Universe» sind, als die sie sich jahrelang abfeiern liessen. Oliver Stone hat mit Gordon Gekko dazu die prototypische Idealfigur geformt: Banken und Staaten kommen in Krisen, eine Rezession droht, aber das Privatvermögen wächst weiter. Buffet hat erkannt, dass er seine Strategie ändern muss. Es geht nicht mehr um immer komplexere Finanztitel, sondern das Gebot der Stunde heisst: Wir müssen die Wirtschaft und die Gesellschaft stützen. Eigentlich könnte Barack Obama von seinem Typ her einen neuen Kurs einschlagen. Aber auch er hat sich wie seine Vorgänger Bill Clinton und George W. Bush mit Wall Street-Boys wie Robert Rubin, Hank Paulson oder Larry Summers umgeben, die in den letzten 20 Jahren den Finanzsektor von jedem regulativen Rahmen befreit haben. Aus diesem Grund findet selbst ein Warren Buffet kaum Gehör.

Nicht nur die Aktien und der Euro tauchen zu oft und zu tief ab.

der Wirtschaftstheorie hat aber rationale Individuen und freie Märkte in den letzten Jahrzehnten zu einem Dogma erhoben. Der Blick und das Verständnis für Strukturkrisen, die sich jenseits von Konjunkturzyklen bewegen, sind dabei verloren gegangen. Die Schönwetterwährung Euro krankt seit ihrer Entstehung an diesem Bild. Den Neustart wagen Es muss in den nächsten Jahren schlicht zu einer Umverteilung von oben nach unten kommen. Die letzten Jahre war es ja bekanntlich umgekehrt. Das wird ein Heulen und Zähneklappern bei den Geldvermögensbesitzern geben. Die historischen Beispiele sind aber eindeutig. Wir brauchen wieder Luft und strategische Möglichkeiten für Volkswirtschaften. Solche Prozesse sind auch nicht ohne Risiko und tun weh. Griechenland ist ein drastisches und aktuelles Beispiel. Ein Schuldenschnitt oder gar eine Staatspleite ist ein harter Crash. Historisch gesehen kann dies aber auch ein Neuanfang sein. Vor zehn Jahren ist Argentinien genau diesen Weg gegangen und steht heute besser da. Inflation ist eine weitere Möglichkeit. Der neue Chef der europäischen Zentralbank setzt sie

10

KMU LIFE · 06/2011

sogar strategisch ein. Auch eine Währungsreform ist beim Euro bereits auf der Agenda einiger Experten. Denkbar ist auch eine fiskalische Lösung, etwa durch hohe Spitzensteuersätze wie sie während des New Deal im Amerika der dreissiger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts eingeführt wurden. Ein Milliardär will mehr Steuern zahlen Manchen Superreichen ist inzwischen ein Licht aufgegangen. Gerade in den USA haben sich einige Milliardäre organisiert und bitten darum, endlich mehr Steuern zahlen zu müssen. Warren Buffet lehnt sich weit aus dem Fenster und rechnet seinem Publikum vor, dass er von seinem Millioneneinkommen prozentual nur halb so viel abführen muss, wie ein normaler Angestellter. Warum kommt er damit heute und nicht schon vor zehn Jahren? Buffet hat nicht plötzlich sein Herz für karitative Projekte entdeckt. Er denkt strategisch in etwas längeren Zeiträumen. Er weiss, dass die Millionäre in den USA früher oder später abgeben müssen. Buffet favorisiert aber einen kontrollierten Verlust, der einen stärkeren und effizienteren Staat braucht. Den unkontrollierten Verlust, der im möglichen Szenario eines Crashs mün-

Langer Weg der Umorientierung Moral und das Denken in längeren Zeithorizonten lassen sich bekanntlich nicht verordnen. Wir alle müssen wieder lernen, dass ein Zusammenhang zwischen Real- und Finanzwirtschaft besteht. Risiko und Rendite stehen in einem Verhältnis. Es liegt an uns, ob Banken undurchsichtige und verschachtelte Produkte kreieren oder sinnvolle Projekte von innovativen Jungunternehmen finanzieren. Eine Mindestanforderung bezieht sich auf die Abspaltung der hochriskanten Abteilungen, die dann auch ihr Risiko wieder selbst tragen müssen. Ethische Banken und Nachhaltigkeitsfonds haben Zulauf, wenn auch von einem vergleichsweise niedrigem Niveau aus. Das ist ein gutes Zeichen. Aber ansonsten hat die Finanzbranche noch einen langen Weg vor sich, bevor sie zu neuen Selbsterkenntnissen und in ein neues Gleichgewicht kommt. Derweil müssen wir das Casino der transnationalen Finanzmärkte, beispielsweise durch eine Kapitaltransaktionssteuer, abbremsen und regulative Leitplanken setzen.

Georg Lutz ist Chefredaktor bei KMU LIFE


ZWEI FRANKEN MEHR. TÄGLICH.

CIC VORSORGEKONTO 3A 2,15 % Das CIC Vorsorgekonto 3A vergütet seit über 10 Jahren den höchsten, durchschnittlichen Zinssatz der Schweiz und trägt zusätzlich zum Zinseszins wesentlich mehr für Sie ein. Mit dem CIC Vorzugszins erhalten Sie so im Vergleich zu anderen Anbietern täglich über 2 Franken mehr*. Berechnen Sie Ihre Mehrleistung online unter www.cic.ch/3a oder rufen Sie uns gebührenfrei an: 0800 242 124.

Die Bank der Privat- und Geschäftskunden www.cic.ch * Annahme: 35 Beitragsjahre mit CHF 30 000.– Startkapital zu heutigen Konditionen. Quelle: VZ Vermögenszentrum, Stichtag 1.9.2011


Fundierte Kommentare Pointierte Positionierung in der Finanzbranche von Dr. Konrad Hummler

Viele Privatbankiers wollen diskret im Hintergrund bleiben. Ganz anders ist dies bei Dr. Konrad Hummler. Seit 1990 publiziert er als überzeugter Liberaler im Rahmen der Anlagekommentare seine Sicht auf das wirtschaftspolitische Zeitgeschehen. Vor einigen Monaten sind diese neu in Buchform unter dem Titel «Versuch, Irrtum, Deutung» erschienen. Wir publizieren ausgewählte Auszüge aus den Anlagekommtaren von Dr. Konrad Hummler, geschäftsführender Teilhaber von Wegelin & Co. Privatbankiers mit Hauptsitz in St. Gallen. Die Auszüge beziehen sich auf die Kernpunkte der aktuellen Debatten. Liberale Positionen stehen zur Zeit unter Druck. Hummlers Argumentationsfiguren müssen sich aber vor keiner Diskussion verstecken.

12

KMU LIFE · 06/2011


DAS THEMA

«Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Wertschriftenhandel aufgrund der wachsenden Industrie und der damit verbundenen grösseren Liquidität stetig an Bedeutung zunahm und die bisherige Haupttätigkeit im KontokorrentGeschäft ergänzte, entschied sich Firmeninhaber Hermann Wegelin-Hauser zur Herausgabe eines gedruckten Zirkulars. […] Der Ursprung des Anlagekommentars datiert gemäss internen Recherchen auf das Jahr 1909. […] Unterschiedliche Autoren, unterschiedliche Formen und unterschiedliche Inhalte kennzeichnen die Weiterentwicklung der Wegelin-Publikation. Die Intentionen dieser Autoren und ihrer Erzeugnisse jedoch waren stets dieselben: durch Information eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen, zugleich aber auch eine Standortbestimmung vornehmen; die Betonung einer transparenten Geschäftspolitik und die Partizipation am öffentlichen Diskurs zu wichtigen Themen standen dabei ebenso im Vordergrund wie die Unterhaltung guter Beziehungen zu den Kunden.»

Dr. Konrad Hummler, 2010, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Wegelin Anlagekommentars.

Der Ostblock in Auflösung «Die weltpolitische Stabilität hat sich seit zwei, drei Jahren durch die Auflösungserscheinungen im Ostblock nicht etwa erhöht, wie das oft geglaubt wird, sondern wesentlich vermindert. […] Grundsätzlich hatten der in sich weitgehend geschlossene Ostblock und die Bipolarität der Machtblöcke während mehr als 40 Jahren eine sehr stabilisierende Wirkung, desgleichen das durch die USA und die UdSSR kontrollierte nukleare Gleichgewicht. […] Es ist durchaus denkbar, dass die Welt nach der gegenwärtigen Umstrukturierung in eine Phase erhöhter Stabilität und Prosperität eintritt. Vorderhand fehlen für die Bestätigung einer solchen positiven Entwicklung aber noch die Anzeichen. Unseres Erachtens wird nebst der Frage nach der weltpolitischen diejenige nach der gesellschaftspolitischen Stabilität viel zu wenig gestellt. Wenn man sich überlegt, was es denn ei-

gentlich wirklich ausmacht, dass es dem einen Land besser geht als dem anderen, so sind es eben nicht die Rohstoffe, nicht die Verkehrslage, nicht die Meistbegünstigung im Handel mit den USA, nicht die stolze Geschichte und auch nicht das Vorhandensein einiger hervorragender Köpfe, die in einem Land zu Wohlstand führen, sondern letztlich wohl immer das Mass an gesellschaftspolitischem Frieden. Es will uns scheinen, dass im Westen das kaum überschätzbare Aktivum der gesellschaftlichen Stabilität in letzter Zeit stark in Frage gestellt und damit einer der wesentlichsten Wohlstandsfaktoren gefährdet wird.»

(1990, Anlagekommentar Nr. 136)

Was ist eigentlich Geld? «Geld, Spiegelbild unserer realen Welt und unseres realen Wirtschaftens, dazu geschaffen, dass uns der Austausch und die Wertaufbewahrung im realen Leben leichter fallen, ist auf diese eine, einzige Qualifikation angewiesen: Glaubwürdigkeit. Denn Geld darf eben nur Spiegelbild sein, nicht mehr, aber auch nicht weniger. […] Wenn nicht mehr geglaubt werden kann, dass für einen Geldschein oder für ein Kontoguthaben oder für den Gegenwert einer Staatsobligation morgen, übermorgen oder in einem Jahr ein Kilo Brot, eine Arztrechnung oder der Erwerb eines Hauses bezahlt werden können, dann hat die Inhaltslosigkeit des Götzen Mammon obsiegt. Das Hauptproblem unserer Zeit liegt aus unserer Sicht genau in der Verselbständigung der Entität Geld, die zwingend in der Demaskierung der Inhaltslosigkeit enden muss.»

(2011, Anlagekommentar Nr. 278)

Über die Kundenorientierung der Grossbanken «Die moderne, computergestützte Rindviehhaltung sieht eine mittels Sonden erhobene Auswertung des Milchflusses jeder einzelnen Kuh während der ganzen Melkdauer vor. […] Jede Kuh erhält massgeschneidert genau das

Futter genau zu dem Zeitpunkt in genau der Menge, die sich für die Milch und Fleischproduktion als optimal erweist. […] Die Fütterung im Kuhstall gemäss genaustens erhobenen Milchwertdaten entspricht ziemlich genau dem Bild von sogenannt individuellem Private Banking, wie es derzeit von grossen Institutionen geübt wird. […] Und weil eine Grossbank dann doch nicht hunderttausende von Individualkühen halten kann, erfolgt aufgrund dieser Information eine rigorose Kategorisierung. […] Das Futter für die solchermassen kategorisierten Kunden besteht in Anlagefonds und nur Anlagefonds, selbstverständlich aus eigener Produktion. Die für dieses Segment tätigen Berater haben im Wesentlichen die Aufgabe, die Klientschaft bei Laune zu halten, ihnen auf alle erdenkliche Weise glaubhaft zu machen, wie bekömmlich das Futter für sie sei. […] Die Beschreibung mag etwas grotesk-überzeichnet klingen. Wenn man aber die Szene im Vermögensverwaltungsgeschäft weltweit verfolgt, dann sind so ziemlich alle grösseren Institutionen daran, ihr Stallsystem und die Verfütterungsparameter zu perfektionieren.»

(1999, Anlagekommentar Nr. 194)

Druck auf das Schweizer Bankgeheimnis «Die Schweiz, während langer Zeit und namentlich auch in schwierigen Phasen wie dem Zweiten Weltkrieg sozusagen unanfechtbare Garantin gegenüber konfiskatorischen Ansprüchen aus der näheren oder weiteren Umgebung, sieht sich vor die Herausforderung gestellt, mit weidwunden und deshalb auch immer unberechenbarer werdenden Stakeholdern umgehen zu müssen, der fiskalisch angeschlagenen westlichen Staatenwelt. Soviel sei vorweggenommen: Ohne ein genügendes Mass an hoheitlich wahrgenommener Eigenständigkeit wird es in dieser Konstellation keinen genügend glaubwürdigen Eigentumsschutz geben. Und ohne letzteren hat ein Finanzplatz Schweiz keine Existenzgrundlage mehr.»

(2011, Anlagekommentar Nr. 279)

KMU LIFE · 06/2011 13


DAS THEMA

Das grundlegende Problem der EU «Friede ist nicht mehr Alleinstellungsmerkmal der westlichen Staatenwelt; Investitionssicherheit gibt es seit einiger Zeit und in immer grösserem Ausmasse auch an anderen Orten der Welt. […] Der Wettbewerb um Wettbewerbsfähigkeit greift um sich. Anspruchsdenken, Forderungen an den fürsorglichen Staat, Vorstellungen über Freizeit und Ferien, wie sie

Drei Szenarien für den Euroraum «Das Staatsschuldenproblem beschränkt sich bei weitem nicht mehr nur auf das insgesamt unbedeutende Griechenland, sondern hat nun auch ‹Kerneuropa› erfasst. […] Nüchtern betrachtet ergeben sich […] die folgenden Szenarien für die weitere Entwicklung in Europa: a) Es gelingt, entgegen unserer Prognose und mit viel geschickter Rhetorik, die Märkte und

«Geld darf eben nur Spiegelbild sein, nicht mehr, aber auch nicht weniger.»

in Europa üblich sind, haben in diesem Kontext einen immer schwereren Stand. […] Unseres Erachtens steht Europa vor der Frage, ob der Vektor in Richtung von mehr ‹Einheit› und ‹Zusammenhalt› wirklich der richtige ist beziehungsweise ob am Ende die Friedensordnung nicht durch solcherart Fortschritt mehr gefährdet würde als durch deutlich dezentralere Varianten. Das Projekt des Euro, nun selbst vom früher eher unskeptischen ‹Spiegel› als ‹romantisch› bezeichnet […], weist auf die Gefahren von zuviel Zentralismus in Europa hin. […] Das Problem liegt darin, dass innerhalb Europas Führung notwendig wäre. […] Aber wer würde denn diese Führung übernehmen? […] Die Deutschen oder die Franzosen?»

(2011, Anlagekommentar Nr. 279)

14

KMU LIFE · 06/2011

die europäischen Bürger von der Fortführung der ‹Rettung› zu überzeugen. Im Lichte überraschend positiver Konjunkturdaten beruhigen sich die Märkte; aller Unkenrufe zum Trotz überraschen die Peripherieländer Europas durch handfeste Resultate ernsthafter Sparanstrengungen. b) Infolge von eintretender und nicht mehr aufzuhaltender Zahlungsunfähigkeit einzelner Mitgliedsländer ergibt sich eine Absetzbewegung aus der Eurozone. Dies kann entweder ‹top-down› erfolgen, das heisst von den zahlungsfähigeren Staaten ausgehend, oder ‹bottom-up›, indem sich die hochverschuldeten Länder verabschieden. Beide Varianten könnte man sich einigermassen geordnet vorstellen; Chaos ist aber auch nicht ausgeschlossen. c) Die Eurozone wird rasch zu einem zentral geführten Bundesstaat umgebaut. Deutschland

saniert und befiehlt. Oder Deutschland saniert und Frankreich befiehlt. Subvariante: Die Governance folgt demokratischen Prinzipien. Der Rest der EU formiert sich neu.»

(2011, Anlagekommentar Nr. 279)

Klares Fazit «Aufmerksamen Lesern dürfte während der Lektüre […] nicht entgangen sein, dass den drei aufgezeigten Handlungssträngen ein Element gemeinsam ist: jenes der Geringschätzung der realen Ressourcen. Ob wir nun fahrlässig unsere Umwelt verschmutzen oder ob wir zu Schandpreisen wertvolles Öl aus dem Boden pressen, um es zu verbrennen (und damit wiederum die Umwelt schädigen) oder ob wir einem System vertrauen, in welchem laufend immer weniger haltbare Versprechungen emittiert werden – alles ist Raubbau. Die vergangenen 20 Jahre, das heisst seit der Zinswende von 1991, galten an den Finanzmärkten den in zunehmendem Masse illusionären Versprechungen, den Nominalwerten. Der Raubbau an der Glaubwürdigkeit von Staatsschuldnern, Notenbanken und dem Finanzsystem ganz allgemein, neigt seinem Ende zu.Der Aufstieg von Realwerten ist unabwendbar.»

(2011, Anlagekommentar 267)

Weitere Informationen

Dr. Konrad Hummler ist geschäftsführender Teilhaber von Wegelin & Co. Privatbankiers in St. Gallen.

www.wegelin-anlagekommentar.ch


DAS THEMA

Versuch, Irrtum, Deutung Erstmals liegen Dr. Konrad Hummlers Kommentare nun gesammelt vor. Ob Ostblock in Auflösung, schwindende Bedeutung der Politik, Corporate Governance oder Zukunft des Bankgeheimnisses: Alle relevanten Themen der letzten 20 Jahre kommen zum Zug. Pointiert formuliert, erschliessen sich die komplexen Zusammenhänge auch dem Laien im Nu. Versuch, Irrtum, Deutung Anlagekommentare 1990-2010 Ausgewählt, bearbeitet und eingeleitet von Hans-Christoph Kesselring Autor: Konrad Hummler Verlag: Orell Füssli, 2011 371 Seiten ISBN 978-3-280-05424-6 CHF 69


Kein Ertrag mit hohen Risiken Vorsorge im Zeichen der internationalen Turbulenzen

von Herbert Brändli

Unsere geniale Zweite Säule geniesst noch immer weltweit Anerkennung. Seit 1985 führt sie der Regulator mit dem BVG in den Abgrund. Höchste Zeit, der Politik die Steuerung der Pensionskassen wieder zu entziehen und diese auf eine unabhängige, marktwirtschaftliche Basis zu stellen.

M

assgebend für den hervorragenden Erfolg der betrieblichen Vorsorge in der Schweiz sind das Kapitaldeckungsverfahren sowie Nähe und gleichzeitig rechtliche Unabhängigkeit zum Arbeitgeber. In einem wachsenden gesamtwirtschaftlichen Umfeld ist die Kapitaldeckung zudem unabhängig von Umverteilungen – im Kollektiv spart jeder Einzelne für sich und zehrt davon im Alter – ein zentraler Faktor. Während der langen Sparphase bleibt ausreichend Zeit für die Vorfinanzierung der bekanntlich zunehmenden Rentenlaufzeiten – benötigt wird ein zusätzlicher Ertrag von einem viertel bis einem halben Prozent. Dank Zugang zum weltweiten Anlageuniversum wäre eine freie Zweite Säule auch weitgehend unabhängig von demografischen Eigenheiten, Überalterung und Generationenkonflikten einzelner Volkswirtschaften. Im Gegenteil, unabhängige, kapitalgedeckte Pensionskassen sind hervorragend geeignet zum Abfedern von wirtschaftlichen Schwankungen und biometrischen Unebenheiten zwischen Jahrgängen und Geschlechtern.

16

KMU LIFE · 06/2011

Nicht die zunehmende Lebenserwartung und das momentan niedrige Zinsniveau sind Ursache des grassierenden Abbaus der betrieblichen Vorsorge, wie uns wirtschaftliche und politische Interessengruppen ständig weismachen. Sie selbst nagen an der Zweiten Säule und wollen an das Geld der Arbeitnehmer. Mit staatlichen Eingriffen und Einschränkungen wird die Marktwirtschaft in Frage gestellt und werden die Wertschöpfungsprozesse der Vorsorgeeinrichtungen lahmgelegt. Die politische Planwirtschaft degradiert das Kapitaldeckungs- zum Umlageverfahren, wie es der Ersten Säule eigen ist. Dieses krankt an der abnehmenden Erneuerung und der zunehmenden Lebenserwartung der Bevölkerung und der damit verbundenen Überalterung. Die Systemrisiken der AHV werden politisch auf die berufliche Vorsorge übertragen, welche dafür Effizienz und Effektivität preisgeben muss. Nicht zum Vorteil der Arbeitnehmer Heute, in der Schuldenkrise, verteidigt die Politik Finanzmarktteilnehmer, die unbe-

stritten, aber auch mit sehr hohen Risiken, viel zum Wohlstand der Schweiz beigetragen haben. Mit Eigeninteressen und horrenden Managerlöhnen verringern die Finanzintermediäre die von Vorsorgeeinrichtungen theoretisch erzielbaren Erträge (Dividenden, Mieten und Zinsen) teils bis ins Negative. Via Versicherer, Banker, Fondsmanager und Berater weisen Politiker und Regulatoren mit konstruierten Anlageinstrumenten wie Hedgefunds, Indices, ETFs, Derivaten und Verbriefungen das berufliche Volksvermögen nicht immer zum Vorteil der Arbeitnehmer dem Basisanlageuniversum zu Mickrige Erträge und hohe Risiken Besonders hohe Kosten und Risiken verursachen die vom Staat gehätschelten Lebensversicherer, wie kürzlich eine Kostenstudie offenbart hat. Neben den hohen Verwaltungskosten schlagen noch viel einschneidender Opportunitätskosten in Form von verpassten Erträgen zu Buche. Statt in ertragsstarke Unternehmen verordnet die Politik die Sparguthaben in eigene, unergiebige Schuldenlöcher. Anlagen in Staatsanleihen werden mithilfe von Wirtschaftsprofessoren und Experten als risikofrei, sprich mündelsicher ausgegeben und sollen dem Schutz der Zwangssparer dienen. Tatsächlich bringen diese Anlagen nur mickrige


DAS THEMA

Erträge und bergen immense Risiken, wie zahlreiche frühere und neu angesagte Staatspleiten offenbaren. Nur das beherzte Eingreifen der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank haben verhindert, dass Griechenland noch nicht zahlungsunfähig ist. Aber nicht nur Griechenland hat momentan Bonitätsprobleme, sondern auch Länder wie Portugal, Irland, Spanien und Italien sind betroffen, und die Kreditwürdigkeit der USA wurde ebenfalls zurückgestuft. Dort haben bereits mehrere Städte ihre Zahlungen eingestellt. Zahlungsausfälle im Gemeinwesen haben mittlerweile eine so hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen der Notenbanken trotz allen gegenteiligen Bemühungen ansteigen werden und Obligationeninhaber immer stärker fallende Kurse in Kauf nehmen müssen. Das Beispiel Griechenland illustriert, wie schnell eine vermeintlich risikolose Staatsanleihe zu hohen Verlusten führen kann. 2009 hatte die griechische Obligation Helenic Republic einen Kurs von annähernd 100 mit einem Zinssatz von 4.7 Prozent. Heute notiert die Anleihe bei

33.8, was einem Zinssatz von 18.8 Prozent entspricht. Der Zinsanstieg um 14.1 Prozent hat den Investoren herbe Kursverluste von 66 Prozent beschert. Schleichende Einführung des Umlageverfahrens Weil Staatsanleihen trotz dieser immensen Risiken keine genügenden Realerträge liefern, demontiert die Politik kurzerhand das Leistungsvermögen der Zweiten Säule. Soeben hat der Bundesrat auf Geheiss der Lebensversicherer den BVG-Zinssatz auf 1.5 Prozent reduziert. Das ist weniger als Private auf Sparkonti bei der Post erhalten. Auch eine weitere Senkung des Umwandlungssatzes soll in Bälde wieder auf das Tapet kommen. So werden die beruflichen Zwangssparer für dumm verkauft. Zur Untermauerung der Perversion halten sich Branchenvertreter und Bürgerliche an Generationenkonflikte und preisen die den Arbeitnehmern aufgebrummten massiven Leistungsreduktionen als Stop des Rentenklaus der Rentner (ASIP, Konrad) an. Damit

beschwören sie die schleichende Einführung des Umlageverfahrens in der Zweiten Säule. Unter dem Vorwand des Generationenkonflikts sollen später auch noch laufende Renten nachträglich weggenommen werden. Derartige Zerlegungen sind einem frei funktionierenden Kapitaldeckungsverfahren fremd. Investitionen in erfolgversprechende Unternehmen und Immobilien würden stattdessen Pensionskassen befähigen, kaufkraftwahrende Renten aufzubauen, zu erhalten und gegen die drohende Inflation zu schützen.

Weitere Informationen

Herbert Brändli ist Verwaltungsratspräsident und Gründer der B+B Vorsorge AG.

www.bb-vorsorge.ch

KOSTENSPAREN DURCH ENERGIEEFFIZIENZ das

U M K modell*

044 404 80 31

www.kmu-modell.ch

*SO GEHT DAS KMU-MODELL: 1. VOR-ORT ENERGIE CHECKUP

2. ERARBEITUNG EINES MASSNAHMENKATALOGS

3. ZIELVEREINBARUNG UND MONITORING

„Ressourceneffizienz heisst Kosteneinsparung. Darum arbeiten wir mit dem KMU-Modell. “ Marc Wegmüller Geschäftsführer / Wegmüller AG Attikon

4. KLIMASCHUTZLABEL

Ihr Partner für wirtschaftlichen Klimaschutz


DAS THEMA

Finanzierungen von KMU

D

von Christoph Schmid

ass den Kleinen und Mittleren Unternehmungen (KMU) für die Schweizer Volkswirtschaft eine zentrale Bedeutung zukommt, ist bekannt. Die daraus entstehende Innovationskraft und Wertschöpfung sind immens und leisten gerade für die Schweiz einen namhaften Beitrag zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Schon schlicht aus diesem Grund sind KMU für die Basler Kantonalbank ein zentrales Kundensegment. Nebst der Sicherstellung einer qualitativ einwandfreien, zeitgerechten Abwicklung des Zahlungsverkehrs steht für viele Unternehmen die Vorfinanzierung von eigenen Leistungen, Wareneinkäufen und Produktionsmitteln im Vordergrund. Die Basler Kantonalbank bietet dafür individuell auf den Bedarf abgestimmte Finanzierungsmodelle an. Nebst der klassischen Betriebs- und Anlagemittelfinanzierung stehen den Kunden im Rahmen von BKB-KMUimpuls besondere Finanzierungsmöglichkeiten in den Bereichen Gründung, Wachstum/Kommerzialisierung und Nachfolgeregelung zur Verfügung. Besonders der Bereich Nachfolgefinanzierung hat in den vergangenen Jahren aufgrund der hohen Anzahl an KMU, bei denen ein Generationenwechsel bevorsteht, stark an Bedeutung gewonnen. Die Basler Kantonalbank bietet für bestehende und neue Kunden individuelle, auf die optimale Nachfolgeregelung ausgerichtete Finanzierungslösungen an. Dabei ist die sorgfältige Abstimmung auf persönliche, rechtliche und steuerliche Anforderungen ein zentrales Element. Die Finanzierungsleistung bezieht sich auf die Vergabe von Fremdkapital, dessen Rückzahlung innert angemessener Frist als realisierbar erscheint. Dies setzt künftige Erträge voraus, welche die entsprechende Verzinsung und Amortisation einer Ausleihung gewährleisten. Eine diesbezügliche Beurteilung beinhaltet letztlich primär betriebs- und marktwirtschaftliche Kriterien und Aussichten. Im Weiteren ist auch die Verhältnismässigkeit von Eigen- und Fremdkapital von Bedeutung. Primär steht der Unternehmer für Chancen und Risiken aus seinem Geschäftsbetrieb ein, was sich in finanzieller Hinsicht auch auf den Umfang von Kreditlimiten ohne Sicherheiten auswirken soll. In der Regel liegt deshalb die Höhe von Blankokreditlimiten im Rahmen von 30 bis 50 Prozent des wirtschaftlichen Eigenkapitals. Last but not least sind es natürlich die Charaktere und Fähigkeiten der Unternehmer selbst oder deren Vertreter in der Geschäftsleitung, die den Erfolg massgeblich beeinflussen. Entsprechend wird diesen sogenannten «weichen» Faktoren bei

18

KMU LIFE · 06/2011

der Beurteilung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Vertrauen, Verlässlichkeit und ein proaktives, zeitgerechtes Informationsverhalten sind die Grundlage für eine langjährige Partnerschaft zwischen Kunde und Bank. Geschäftsbeziehungen, die auf ein tiefes Vertrauensverhältnis gründen, dürfen auch in finanziell schwierigen Phasen mit angemessener Unterstützung rechnen. Umgekehrt wird sich der zufriedene Kunde von der Basler Kantonalbank kaum abwenden. Im Gegenteil – bei finanziellem Erfolg entstehen neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, auf geschäftlicher wie auch privater Basis. Turbulenzen einzelner Volkswirtschaften in Europa, aber auch grundsätzliche, internationale Veränderungen und Verlagerungen in der Welthandelsorganisation stellen speziell auch die KMU seit einigen Jahren vor besondere Herausforderungen. Die Möglichkeiten, sich veränderten Marktbedingungen zeitgerecht anzupassen, beschränkten sich auf Innovativität und Flexibilität. Gerade diese Bereiche stellen erfreulicherweise eine grosse Stärke unserer KMU dar, was sich bisher in einer gewissen Krisenresistenz ausgedrückt hat. Dennoch ist der Druck gross und wird durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus unserer Sicht noch zunehmen. Besonders belastet sind exportorientierte Branchen sowie der Tourismus, welche unter dem anhaltend starken Schweizer Franken leiden und deren strukturelle Möglichkeiten zunehmend ausgeschöpft sind. Über die erwähnten Kriterien hinaus hat sich an der Kreditvergabepolitik der Basler Kantonalbank auch mit der Verschärfung der Eigenmittelvorschriften (Basel I-III) nichts verändert. Mit unserem Förderprogramm BKB-KMUimpuls und unserer Beteiligung an der BTG Mezzfin AG, welche die Gewährung sogenannter Mezzanine-Finanzierungen (Fremdkapital mit Eigenkapitalcharakter) ermöglicht, ist die Basler Kantonalbank in der Lage, KMU bedarfsgerecht zu unterstützen.

Weitere Informationen

Christoph Schmid ist Abteilungsleiter KMU Kunden und Mitglied der Direktion der Basler Kantonalbank.

christoph.schmid@bkb.ch


WERBEANSTALT.CH

Wasserspender von Oxymount liefern erfrischendes Trinkwasser direkt vom Wasserhahn. Still, oder angereichert mit Kohlensäure und Sauerstoff. Oxymount Wasserspender sind die ökologische und ökonomische Lösung für mehr Power und längeren Atem Ihrer Mitarbeiter. Testen Sie das passende Gerät für Ihren Betrieb jetzt einen Monat lang gratis und franko. Mehr Informationen unter www.oxymount.ch oder 044 783 86 66.


AUSSENWIRTSCHAFT

Aussenhandelswege unterliegen strengen Vorschriften.

Es drohen Strafen in Millionenhöhe Automatisiertes Trade Compliance Management von Thomas Kofler

Jedes Unternehmen muss sich an die geltenden Gesetze halten. Das heisst, es sollte «compliant» sein. Wie kann ein KMU sicherstellen, dass es alle Handelsvorschriften einhält? Wie kann ein Spediteur verhindern, dass er sich mitschuldig an Sanktionsverstössen macht, da der Verlader über kein effizientes Exportkontrollsystem verfügt? Die meisten international tätigen Schweizer KMU leben gefährlich. Sie verfügen über kein ausreichendes Compliance Management.

B

eschaffungs- und Distributionslogistik bei Schweizer Unternehmen sind in immer grösserem Umfang grenzüberschreitend respektive interkontinental. Damit berühren sie unterschiedliche nationale Rechtsordnungen. In Europa ist neben dem nationalen Recht das EU-Recht zu beachten, gegebenenfalls auch US-amerikanisches Recht. Waren mit Ursprung USA, Mindestanteil Ursprung USA, US-Technologie und Software

20

KMU LIFE · 06/2011

unterliegen weltweit den US-amerikanischen Export Administration Regulations (EAR) und kommen daher auch gegenüber Schweizer Firmen zur Anwendung. Für Speditionen ist es unerheblich, dass sie nur im Auftrag handeln. Sie können in den USA selbst dann belangt werden, wenn die Waren über Dritte, von einer Person oder Firma, auf einer sogenannten Schwarzen Liste in ihre Hände

gelangt sind. Auch Veredlungsverkehre, Mustersendungen und Blaupausen sind betroffen. Der Dienstleister geht meist davon aus, dass der Produzent die notwendigen Kontrollen macht und Genehmigungen einholt. Doch er kann und darf sich nicht darauf verlassen. Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (AEO – Authorised Economic Operator) sollten auf jeden Fall alle Kundendaten, Lieferadressen und Informationen über Partner und Agenten mit den gängigen Sanktionslisten abgleichen. Die Bedeutung eines umfassenden Compliance Managements und die Gefahren eines Nichteinhaltens bestehender Gesetze wird in der Schweiz nach wie vor in Industrie und Handel, insbesondere von KMU, unterschätzt. Die meisten verzichten auf ein IT-unterstütztes, automa-


AUSSENWIRTSCHAFT

Wie funktioniert die Trade Compliance Software? Die Namen und Adressen von Kunden und Lieferanten (Stammdaten) werden mit einer Datenbankdatei verglichen. Allerdings gibt es im Schriftarabisch nur Konsonanten, so dass bei der Übertragung in europäische Sprachen unterschiedliche Schreibweisen entstehen. Diese, abweichende Hausnummern und Ähnliches machen den Namens- und Adressabgleich schwierig. Wenn Übereinstimmungen oder sogenannte Treffer geortet werden, bleiben häufig Zweifel, ob es sich bei dem möglichen Kunden/Lieferanten um einen effektiven «Treffer» handelt oder nicht. Qualitativ höherwertige Produkte wie die Trade Compliance-Lösung von Amber Road unterstützen eine bestmögliche Treffsicherheit mit Methoden der Fuzzy-Logik (Handhabung unscharfer Begriffe), Phonetik (Berücksichtigung unterschiedlicher Schreibweisen gleich oder ähnlich klingender Namen), Schreibfehleranalyse (Vergleich von Schreibweisen), Abkürzungsanalyse (str. = Strasse) et cetera und erreichen somit den höchsten Grad an Treffsicherheit (False/Positive Match) in der Branche.

Bei Dual-Use-Produkten ist besondere Sensibilität gefragt.

tisiertes Screening ihrer Handelspartner. Aber auch Spediteure (die Mehrzahl sind KMU) und Banken (beispielsweise bei der Exportfinanzierung) müssen bei ihren Transaktionen prüfen, ob zentrale exportrechtliche Handlungspflichten eingehalten werden. Immer häufiger werden Spediteure bei Ausschreibungen aufgefordert, einen Nachweis über ein effektives Compliance Management-System zu erbringen. Teures Non-Compliance Nach der Krise ist vor der Krise. Der Druck, Rohstoffe und Halbwaren noch günstiger einzukaufen oder Kunden zu finden, die bereit sind, mehr für Produkt/Service zu zahlen, wächst. Doch dies kann teuer werden, wenn der Geschäftspartner auf einer Boykottliste steht. Bei Nichteinhalten von Handels- und Zollvorschriften drohen saftige Geldbussen, aber auch Gefängnisstrafen. 2009 wurde der international tätige Logistikdienstleister DHL/DPWN vom US-Department of Commerce Bureau of Industry & Security (BIS) und vom US Department of Treasury’s Office of Foreign Assets Control (OFAC) mit einer Strafe in Höhe von USD 9.44

Millionen für Sanktionsverstösse in Verbindung mit der Verbringung von Waren in den Sudan, Iran und nach Syrien belegt. Auch die in Basel domizilierte Gondrand und andere bekannte europäische Speditionen wurden in den letzten Jahren für ähnliche Delikte in den USA verurteilt. Wie weit der Arm amerikanischer Gesetze reicht, zeigte die Anklage gegen die Gruppe Ofer-Brüder Mitte dieses Jahres in den USA. Der israelische Konzern soll der staatlichen iranischen Reederei (IRISL) im vergangenen Jahr über eine Tochtergesellschaft unter anderem ein Tankschiff für USD 8.65 Millionen verkauft und damit gegen das Iran-Embargo verstossen haben. Gefährlicher Markt Iran Auch rein Schweizer oder innereuropäische Transporte sowie Beförderungsleistungen in Drittländer wie die Türkei oder Dubai fallen unter das Iranembargo, wenn sich aus den Unterlagen oder sonstigen Quellen ergibt, dass Endbestimmungsort der Iran ist. Gleiches gilt für die Organisation solcher Transporte. War früher nur das Exportieren bestimmter Waren in Embargo-

länder strafbewehrt, ist es mittlerweile verboten, bestimmte Güter «unmittelbar oder mittelbar an iranische Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder zur Verwendung im Iran zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder auszuführen». Das bedeutet, dass beispielsweise ein Transport von unter das Embargo fallender Waren von der Schweiz an den Flughafen Frankfurt am Main oder zum Hafen Rotterdam genauso unter das Embargo fällt wie ein Transport von Basel in die Türkei, wenn der Endbestimmungsort der Iran ist und der Transporteur/Organisator des Transports dies wissen müsste. Auch die Ablieferung von bestimmter Ware bei einem Schweizer Endempfänger ist vom Iran-Embargo betroffen, wenn es sich bei diesem zum Beispiel um eine Gesellschaft handelt, an der eine natürliche oder eine juristische Person, Organisation oder Einrichtung im Iran eine Mehrheitsbeteiligung hält. In der Schweiz wurden bereits mehrfach Produzenten – wie man Tageszeitungen entnehmen konnte – wegen Verstössen gegen Exportkontrollen, Embargos oder Antiterrorlisten mit Millionenbussen belegt.

KMU LIFE · 06/2011 21


AUSSENWIRTSCHAFT

Persönliche Haftung Zu den direkten Kosten kommen indirekte wie der Entzug der Exportbewilligung, Reputationsschäden, Kunden- und Marktverluste hinzu. Manager in den Unternehmen, die keine Compliance-Massnahmen getroffen haben, setzen sich zudem einem persönlichen Haftungsrisiko aus. Auch wenn Geschäftsführer keinen detaillierten Einblick in die Entscheidungsstrukturen der nachgeordneten Ebenen haben, können sie für Entscheide verantwortlich gemacht werden. Umso wichtiger ist es, durch klar definierte Regelungen und Arbeitsprozesse das Haftungsrisiko möglichst gering zu halten. Die Strafen richten sich zudem gegen den Ausfuhrverantwortlichen und den Exportleiter (und eventuell gegen den handelnden Exportsachbearbeiter). Unternehmen können auch bestraft werden, wenn Tochterunternehmen, Handelsvertreter oder Direktkunden ohne ihre Kenntnis ihre Güter in ein Embargoland oder an eine Person auf der Antiterrorliste weitergeliefert haben. Dass sie davon keine Kenntnis hatten, ist irrelevant, solange sie dieses durch eine straffe Organisation hätten möglicherweise verhindern können. Es ist daher empfehlenswert, mit Tochtergesellschaften, Handelsvertretern und Direktkunden Verträge abzuschliessen, um das Risiko einer sensitiven Weiterleitung abzuwenden. Sichere internationale Lieferketten Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen, die ihre Aufgaben im internationalen Warenverkehr langfristig mit wirtschaftlichem Erfolg erfüllen wollen, regelmässig die gesamte, länderübergreifende Wertschöpfungskette auf mögliche Gesetzes- und Regelverstösse (Non-Compliance) untersuchen, und zwar upstream (bis hin zur Rohstoffbeschaffung) und downstream (bis hin zur Kundenbelieferung), und die Ergebnisse dokumentieren. Bei Transporten muss unbedingt der Endempfänger geprüft werden. Das Thema Compliance sollte in eine Risikomanagementstrategie eingebettet sein und zumindest vor Leistungsbesprechungen mit Lieferanten innerhalb des Unternehmens zur Sprache kommen.

22

KMU LIFE · 06/2011

Neben der wachsenden Liste von Ländern, die von der UN mit Sanktionen belegt sind, gibt es weltweit über 200 verschiedene «Schwarze Listen» mit Firmen- und bis zu 120’000 Personennamen, mit denen kein Handel betrieben werden darf. International tätige Industrie-, Handels- und Speditionsfirmen sehen sich mit einem Wust von Vorschriften, Export-, Importund Handelsabkommen sowie Listen gesperrter Handelspartner, komplexen Namenslisten et cetera konfrontiert, die das Einhalten geltender Gesetze bei besten Vorsätzen äusserst schwierig machen. Zukunftsorientierte Automation Unternehmen, die pro Jahr nur wenige Waren ins Ausland spedieren, können manuell prüfen, ob sie nicht gegen irgendwelche Aussenhandelsgesetze verstossen. Doch bei einem höheren Sendungsaufkommen wird die Automatisierung von Kontrollmechanismen unerlässlich. Insbesondere dann, wenn es sich um Dual-UseProdukte (Waren mit potentiell militärischem Nutzen wie beispielsweise Computerchips, Flugzeugteile und so weiter) handelt. Zahlreiche Softwarehäuser bieten Lösungen für das automatisierte Monitoring von Kunden und Lieferanten an. Diese Lösungen eignen sich aber vor allem für die Eigenkontrolle. Bisher haben überwiegend grössere Hersteller mit komplexen internationalen Beschaffungsstrategien in Trade Compliance-Technologie investiert, obwohl auch international tätige KMU und Speditionen einem hohen Risiko ausgesetzt sind. Dabei könnten letztere Compliance-Kontrollen als mehrwertschaffende Zusatzservices anbieten und sich so als Premium-Logistikdienstleister positionieren. In der Schweiz nutzen gegenwärtig KMU und Grossunternehmen unter anderem aus der Bluttransfusions-, Maschinenbau- und Pharmaindustrie Trade Compliance-Lösungen. KMU müssen die Software nicht kaufen, sondern können die Leistungen je nach Bedarf («on demand») auf Transaktionsbasis über eine IT-Schnittstelle in Anspruch nehmen – einfach und flexibel.

Neun Fragen an Anbieter von Trade Compliance Software: • Kann die Software je nach Bedarf («on demand») auf Transaktionsbasis über eine IT-Schnittstelle genutzt werden (interessant für KMU)? • Kann die Screening-Software in die unternehmenseigenen CRM-, ERP- und Logistiksysteme integriert werden? • Wird ein Training angeboten? • Gibt es ein 24-Stunden-Helpdesk? • Welche Daten sind hinterlegt? • Wie häufig werden die Daten über Export-, Import- und Handelsabkommen, gesperrte Handelspartner, Quoten und so weiter aktualisiert? • Wie werden die Updates geliefert (webbasiert oder auf CD-ROM)? • Welche Tools werden angeboten, um die Treffsicherheit zu erhöhen? • Können Sie Referenzkunden nennen?

Amber Road Amber Road, vormals Management Dynamics Inc. (bis Oktober 2011), ist der führende Anbieter von Internet- und EDI-basierten Global Trade Management-Lösungen. Diese automatisieren, synchronisieren und rationalisieren den Informationsfluss zwischen Handelspartnern, unterstützen Lieferkettenentscheide und straffen Import- und Exportprozesse, um die Einhaltung von Vorschriften zu gewähren und die mit grenzüberschreitenden Transaktionen assoziierten Kosten und Risiken zu senken. Die bewährten Lösungen werden weltweit von über 14’000 Firmen genutzt.

Weitere Informationen

Thomas Kofler ist Leiter Verkauf der Amber Road Switzerland AG.

www.AmberRoad.com


FÜR LEISTUNGSSPORTLER UND FITNESSBEWUSSTE Für mehr Informationen

WWW.FIGHTLIFE.NET Fight Life AG // Schwerzistrasse 6 // 8807 Freienbach // info@fightlife.net


KOMMUNIKATION

Zeitbrüche und Reaktionsmuster Das Kommunikationsdenken der Unternehmen verändert sich von Ulrich Blatter

Der globale Telekommunikationsmarkt ist im Umbruch. Unvorhersehbare Entwicklungen stellen zurzeit die ganze Branche auf den Kopf. Nur wer sich rechtzeitig den neuen Gegebenheiten anpasst, wird den Anschluss nicht verlieren. Wir publizieren einige strategische Kernthesen von Ulrich Blattner, dem Managing Director von Aastra Telecom Schweiz AG, zur aktuellen Entwicklung im globalen Telekommarkt.

K

ein Zweifel, der Telekommarkt befindet sich im Umbruch. Die gesamte Branche ist in Bewegung. Wenn man die weltweite Entwicklung etwas genauer anschaut, lassen sich einige Trends feststellen. Die erste Frage verdeutlicht einen Konzentrationsprozess in dieser Branche. Schluckt die IT die Telekommunikation? Entsprechende Schlagzeilen dominierten in den letzten Wochen und Monaten die Medien: «Microsoft kauft Skype –

24

KMU LIFE · 06/2011

EU-Wettbewerbskommission genehmigt Deal», «Office 365 und Skype unter einem Dach», «US-Gerichte genehmigen Nortel-Patentverkauf an Apple für 4.5 Milliarden», «Orange-Verkauf geht in die nächste Runde», «Microsoft bereitet angeblich Yahoo-Übernahme vor» und «Nach Kooperationsvereinbarung: Kauft Microsoft jetzt Nokia?» Grosse Player vervollständigen ihre Wertschöpfungskette. Aber auch branchenverwandte Giganten bleiben von Turbulenzen nicht verschont. Auch hier

können wir uns die Schlagzeilen der letzten Monate nochmals in Erinnerung rufen. «Cisco: 100’000 Jobs auf der Kippe», «Philips baut 4’500 Stellen ab», «Alcatel-Lucent verkauft Enterprise-Sparte – oder doch nicht?», «Panasonic kündigt Zusammenarbeit mit Schweizer John Lay Electronics», «HP trennt sich von seiner PC-Sparte». Diese Meldungen haben aber selbst oft eine kurze Halbwertszeit. Ob sich beispielsweise HP von seiner PC-Sparte wirklich trennt ist weiter eine offene Frage. Wer nicht geschluckt werden will, geht in die Offensive: «Sunrise kauft NextiraOne», «RIM kauft Mobile-Cloud-Spezialisten für 100 Millionen Dollar», «UPC Cablecom Business lanciert managed PBX mit Panasonic». Die fetteste Schlagzeile hätte ich fast vergessen: «Apple ist neu die wertvollste Marke der Welt». Der Mythos feiert sich immer wieder selbst, ist aber


KOMMUNIKATION

Sprachübertragung wird quasi als Nebenprodukt noch mit angeboten. Insbesondere mit Voice over IP (VoIP) stellt dies kein Problem dar, seit die technologischen Kinderkrankheiten auf den ersten Blick behoben wurden. Zudem ist die Infrastruktur bei den Unternehmen meist schon vorhanden. Da ist es ein leichtes, darüber auch noch die Telefonie «laufen zu lassen». Business will mehr Der Angriff auf die etablierten Provider ist somit lanciert, denn diese werden massive Mindereinnahmen erleiden, da die Verbindungskosten bei der Internettelefonie praktisch wegfallen. Allerdings gibt es Fragen, deren Antworten nicht in den üblichen Marketingsätzen stehen. Wie sieht es bei vielen Angeboten mit der Qualität und der Sicherheit aus? Die Privatperson nimmt in Kauf, dass Verbindungsunterbrüche oder -abstürze dazugehören und Privattelefonate problemlos abgehört werden können. Solange man gratis in jeden Winkel der Erde telefonieren kann, werden technische Schwierigkeiten und «Big Brother» hingenommen.

Private Trends treiben Unternehensstrategien.

nicht in Stein gemeisselt. Nokia war früher ein vergleichbarer Branchenprimus und kämpft jetzt um seine letzte Chance bei den Kommunikationskunden. Unberechenbarer Markt Kommen wir zu den Umwälzungen im Alltag. Smartphones stellen das Benutzerverhalten der Handyuser auf den Kopf. Gleichzeitig verschieben sich immer mehr Anwendungen in die Cloud, mit entsprechenden Folgen für die Nachfrage nach Breitbanddiensten. Laut einer Ericsson-Studie wird der mobile Datenverkehr bis ins Jahr 2016 um das Zehnfache wachsen. Von diesem Kuchen wollen die Internetriesen natürlich auch ein Stück haben, und zwar ein grosses. Aus diesem Grund werden im grossen Stil Kooperationen im Kommunikationsbereich geschlossen, Firmen teils zu völlig überhöhten Preisen geschluckt, oder aber Patente erworben! Denn darum geht es in erster Linie. Wer die entsprechenden Patente hat, wird zukünftig in der ersten Reihe sitzen, wenn es um die Gunst und das Geld des Konsumenten geht. Generell lässt sich im Rahmen eines Zwischenresultats feststellen, dass sich der Kommunikationsmarkt volatiler und unberechenbarer, mit

immer schnelleren Produktzyklen entwickelt. Aus diesem Grund haben selbst mittelfristige Aussagen nur begrenzte Haltbarkeit. Blick in den Schweizer Markt Wagen wir trotzdem eine Einschätzung und Prognose für den Schweizer Kommunikationsmarkt. Auch auf nationaler Ebene werden die Karten neu gemischt. Die Bewegung im Telekommarkt lässt sich an folgenden Punkten festmachen. Sunrise wurde an den Finanzinvestor CVC Capital Partners verkauft, Orange steht zum Verkauf, UPC Cablecom überlegt sich den Einstieg ins Mobilfunkgeschäft, hat sein Brand modernisiert und würde somit ebenfalls zum Quadruple Player. Immer mehr Schweizer Gemeinden werden per Glasfasernetz erschlossen. Das wiederum bringt die etablierten Provider unter Druck, sie sehen ihren Anteil am nationalen Kuchen gefährdet. Auch hier wird das Zwischenfazit nicht ganz überraschen. Telekom und Informatik wachsen immer mehr zusammen. Die klassische Festnetztelefonie verharrt in diesem Prozess keineswegs in einer statischen Position. Etablierte IT-Anbieter wie Microsoft oder Cisco schliessen die Telefonie in ihren Produkten und Dienstleistungen mit ein. Die

Der Geschäftsmann sieht dies jedoch anders. Unterbrüche können nicht toleriert werden. Und von Dritten aufgezeichnete Gespräche, die Geschäftsgeheimnisse enthalten können, sind schlicht undenkbar. Consumerverhalten bestimmt Businesstaktik Die Marktveränderungen können wie folgt zusammengefasst werden: 1. Der Preis sowie die Betriebskosten sind mehr denn je die entscheidenden Faktoren. Der wirtschaftliche Abschwung hat das Bedürfnis nach neuen Kommunikationsprojekten von Unternehmen verändert. 2. Die Industrie konsolidiert und entwickelt sich weiter, während neue Collaboration Player in den Markt drängen. 3. UC-Innovation wird vor allem durch Consumer-Markttrends getrieben. Die EnduserErfahrung, die Usability und Einfachheit werden mehr und mehr relevant. Die Experten von Canalys haben dies so zusammengefasst: «Unbeeindruckt von hierarchischen Stufen bringen die Angestellten ConsumerProdukte in alle Bereiche von Unternehmen ein – von Geräten bis zu Social Media Marketing und Web Conferencing.»

KMU LIFE · 06/2011 25


KOMMUNIKATION

und einfacheren Nutzung, und last but not least in markttauglichen und erschwinglichen Lösungen. Umweltbewusstsein und Kostenreduktionen sind die Haupttreiber für diesen Trend: Die Businesswelt hat erkannt, dass nicht für jedes Meeting ein Flugzeug genommen werden muss, sondern dass sich mittels einer Videokonferenz bereits viel besprechen lässt. Damit spart ein Unternehmen nicht nur Tausende Tonnen CO2 ein, sondern auch riesige Summen an Flugticketkosten und Arbeitszeit.

Der Kommunikationsmarkt ist schnell und unberechenbar.

Die absehbar kälteren wirtschaftlichen Zeiten und die industrielle Konsolidierung verlangen aus diesen Gründen neue Businessmodelle.

und jederzeit abrufbar bereitzuhalten». Diesem Ziel wollen wir unsere Produkte und Dienstleistungen widmen.

Antworten der Anbieter Wie aber reagieren die etablierten Hersteller auf diese Entwicklung? Es existieren verschiedene Szenarien. Bei Konzernen, wo die Telefonie zwar eine Rolle spielt, aber nicht eine dominante Stellung einnimmt, scheint man versucht, die Sparte umzukrempeln, einzustellen oder zu veräussern. Oder man betreibt diese wie bis anhin, wartet ab, was die Zukunft bringt und fährt sie – notgedrungen – mit der Zeit runter. Das ist unternehmerisch gesehen aber nur die zweite Lösung.

Innovationen vom Marktleader Um dieses Ziel praktisch umzusetzen, entwickelte Aastra seine Strategie auf vier Säulen:

Wie sehen die Alternativen aus? Unser Haus begegnet dieser Entwicklung mit einer Vorwärtsstrategie und vermehrter Investition in die Forschung, Entwicklung und neue Trends. Nicht nur Aastra ist der Überzeugung, dass der Trend weiter in Richtung «Unified Communications & Collaboration» (UCC) geht. Wie definiert sich UCC? Wikipedia meint: «Ziel ist es, alle Nachrichten, Daten und Dokumente zu bestimmten Vorgängen an einem Ort in technisch halbwegs einheitlicher Form nachvollziehbar

26

KMU LIFE · 06/2011

• Open Standards für eine einfache IT-Integration (SIP, CSTA, Webservices, SOA, …) • Video als ein Haupttreiber für UCC (Ergänzen der Kommunikation mit der natürlichsten Kommunikationsform) • Mobilitätslösungen als Schlüsselfaktor für den Erfolg mit UCC (Kombinieren der besten Komponenten aus dem Aastra Portfolio, um Kommunikationsbarrieren zu umgehen) • Software as a Service – Cloud Computing (Virtualisation, Mehrfachnutzung und Hosting-Lösungen)

Diesem Umstand trägt Aastra Rechnung und hat deshalb einerseits vor kurzem das neue Kommunikationssystem «Aastra 400» auf den Markt gebracht, welches es Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) ermöglicht, UCC-Applikationen zu einem erschwinglichen Preis zu nutzen. Andererseits folgt in Kürze das Businessvideosystem «Aastra BluStar 8000i», ein High Definition-Kommunikationssystem für anspruchsvolle Nutzer. Es hat einen 13-Zoll-Bildschirm mit einer hochauflösenden 720p-HD-Kamera, vier Mikrofonen und drei Lautsprechern für eine professionelle Kommunikation. Weitere Produkte werden folgen. Aastra vertreibt seine Systeme dank eines grossflächigen Netzes von Vertriebspartnern und hat in der Schweiz im KMU-Segment einen Marktanteil von rund 50 Prozent. Der Anteil wird mit diesen qualitativ hochstehenden und innovativen Produkten in Zukunft noch ausgebaut werden. Auch im Grosskundensegment wird Aastra dank entsprechenden Innovationen zulegen.

Weitere Informationen Damit vollziehen wir einen Paradigmenwechsel: Von den PBX-Angeboten hin zum Multimediaserver. Die Vorteile der Aastra Business Collaboration liegen in der Integration aller Kommunikationsinstrumente, einer erhöhten Flexibilität

Ulrich Blatter ist Managing Director der Aastra Telecom Schweiz AG.


Angebote aus der Wolke individuell und nach Mass gefertigt

Sunrise kauft NextiraOne Schweiz Von der Telekom- zur dualen Cloud-Dienstleisterin von Jon Erni

Der in aller Freundschaft getätigte Kauf der IT-Dienstleisterin NextiraOne Schweiz durch Sunrise verändert auf den ersten Blick nur wenig. Auf den zweiten Blick erhält Cloud Computing damit einen neuen Stellenwert.

KMU LIFE · 06/2011 27


KOMMUNIKATION

Bei der Integration auf Consulting-Know-how setzen.

E

s ist ein Zufall, vielleicht eine kleine Ironie der Geschichte, dass Walter Zemp, CEO von NextiraOne Schweiz, und ich uns schon seit 15 Jahren kennen, gemeinsam bei Alcatel-Lucent tätig waren und nun wieder unter einer starken Marke zusammenfinden: «Business Sunrise» erfährt durch den Kauf und die vollständige Integration von NextiraOne Schweiz eine massive Aufwertung und reift damit, klassische Telekommunikations- mit Integrationsdienstleistungen verbindend, zur ernsthaften Mitbewerberin im Schweizer Geschäftskundenmarkt. Viel mehr als das: Business Sunrise wird damit zum Cloud Provider – zur «Telco Cloud»-Anbieterin. Damit erweitert die Geschäftskundensparte von Sunrise ihre Dienstleistungen um Kommunikationslösungen aus der «Rechner-Wolke». Die entsprechenden Produkte werden im Lauf des kommenden Jahres (2012) nach und nach auf den Markt gelangen. Starke Dualität Zwei starke Gründe haben für den Kauf von NextiraOne Schweiz gesprochen. Cloud Computing ist dabei der wichtigste: Um Cloud Computing anbieten zu können, muss man über die Kompetenz verfügen, die im Netz vorhandene Intelligenz bis zum Arbeitsplatz zu integrieren. Business Sunrise wird aber nicht einfach nur ein weiterer Cloud Provider, sondern will Schwei-

28

KMU LIFE · 06/2011

zer Unternehmen – den hiesigen Gesetzen und Werten verpflichtet – ICT-Services «aus der Wolke» anbieten, die sozusagen nach Mass «gefertigt» werden. Ob Public-, Hybrid- oder Private Cloud: Mit dem Know-how der Spezialisten von NextiraOne Schweiz gelingt diese Integration nahtlos. Nicht jedes Unternehmen braucht oder will Cloud Services, zahlreiche Firmen setzen auch auf die traditionelle Telekommunikation – oder auf eine Kombination. Eine Bestandesaufnahme vor Ort zeigt, auf welche Weise die Businessprozesse eines Unternehmens effizient und effektiv beschleunigt werden können. Mit dem Know-how der Spezialisten erhalten KMU und Grosskunden exakt jene Lösungen, die sie benötigen. Ob es sich um einen Festnetzanschluss, eine Glasfaserleitung oder eine virtuelle Cloud PBX handelt – Business Sunrise verfolgt eine duale Strategie, in der Cloud und klassische Telekom gleichwertig behandelt werden. Das kann ein Nur-Cloud-Anbieter, der sich in der Regel hinter anonymen Systemen versteckt, gar nicht leisten; von der persönlichen Betreuung ganz zu schweigen. Ausbau im oberen Segment Der zweite Grund für den Zusammenschluss von NextiraOne Schweiz und Business Sunrise liegt in der Nähe zum Kunden: Besonders Grosskun-

den und grössere KMU legen grossen Wert auf eine individuelle Behandlung. Gleichzeitig wollen sie nur einen Vertragspartner steuern und nicht ständig Mitarbeitende von Drittfirmen empfangen. Umgekehrt möchte Business Sunrise als Provider jene Flexibilität haben, die für die komplexen, individuellen Projekte zwangsläufig notwendig ist – und wir möchten die ICT-Prozesse vom Arbeitsplatz bis in unsere Rechenzentren selbst kontrollieren. Das garantiert eine durchgehende Servicequalität. Cloud Computing und die Nähe zum Kunden sind somit die beiden Hauptgründe für die Verdoppelung des Mitarbeitendenbestandes von Business Sunrise. Konsequenzen des Zusammenschlusses Mehr als 40 Jahre Marktpräsenz von NextiraOne Schweiz haben ihre Spuren hinterlassen. Business Sunrise übernimmt das Erbe des Unternehmens schonend, auch wenn der Markenname Ende Januar nach Ablauf der Namensrechte verschwinden wird. Sie akzentuiert ihre Dienstleistungen im Grosskundensegment, ohne den Kleinkundenmarkt zu vernachlässigen, wo eher standardisierte Lösungen «out of the box» gefragt sind. Wobei wir unser Portfolio nicht nach Kundengrösse, sondern nach Businessprozessen segmentieren – eine gewisse Durchlässigkeit ist somit


KOMMUNIKATION

prozesse und damit ihr Business, etwa durch die flexible Einbindung aller Akteure – dies unabhängig von Ort, Zeit, Abteilung oder gar Firmenzugehörigkeit. Ein massgefertigtes Businessnetzwerk entsteht, in dem Unternehmen ihre Kunden pflegen, halten und neue gewinnen. Alle am Zusammenschluss der beiden Unternehmen Beteiligten haben für eine Kommunikationstechnologie aus einer Hand mit einer klaren Ausrichtung auf die Zukunft gekämpft. Diese schaltet IT- und Telekommunikation zusammen und lässt NextiraOne Schweiz ab dem ersten Januar 2012 vollständig in Business Sunrise aufgehen.

gegeben. Schliesslich kann auch ein zahlenmässig «kleines» Unternehmen auf komplexere Lösungen angewiesen sein, besonders wenn es – wie das in der Schweiz oft der Fall ist – global tätig ist. Das Consulting-Knowhow der Integrationsspezialisten wird den richtigen Weg weisen. Während Business Sunrise im Grosskundenbereich selbst vor Ort auftreten möchte, sind KMU weiterhin hauptsächlich die Domäne unserer Partner. Für sie ändert sich genauso wenig wie für die bestehenden Kunden von NextiraOne Schweiz. Im Gegenteil: Business Sunrise wird die engen Beziehungen zu ihren Partnern verstärkt hegen und pflegen. Neuer Stellenwert von Business Sunrise Viel wichtiger als alles andere ist der mit geballter IT-Kompetenz aufgeladene Wert von Business Sunrise im Schweizer Markt, die damit zur ernsthaften Konkurrentin des Marktführers wird. Zudem tritt Business Sunrise als auf Sicherheit und Vertraulichkeit bedachtes Schweizer Unternehmen in Konkurrenz zu jenen Cloud Providern, die die Daten ihrer Schweizer Kunden oft über ausländische Server leiten. Mit der dualen Strategie – klassische Telekommunikation gepaart mit Cloud-Kompetenz – haben Kunden die Wahl aus dem Besten beider Welten: Sie optimieren ihre Kommunikations-

Das Management von NextiraOne Schweiz bleibt komplett an Bord – ein Beleg für die gemeinsame Vision der beiden Unternehmen: Hier haben sich zwei Gleichgesinnte gefunden. Angenehmer Nebeneffekt: So nebenbei wird Business Sunrise als Arbeitgeberin für die händeringend gesuchten Spezialisten attraktiver. In den kommenden Wochen und Monaten wird der Geschäftskundenbereich von Sunrise weiter verstärkt rekrutieren, um langfristiges Wachstum sicherzustellen. Diverse Geschäftsfelder werden stark ausgebaut. So sind wir etwa dabei, die IPv6-Kompetenz inhouse auszubauen, denn das Umsteigen von der heutigen IPv4-Adressierung der Netzwerkgeräte auf ein komplett neues System rutscht in den Tasklisten vieler IT-Abteilungen langsam nach oben.

Firmenportrait Mit der Übernahme von NextiraOne per 1. Januar 2012 wächst Business Sunrise mit einem Schlag von 190 auf knapp 400 Mitarbeitende. Ein Stellenabbau ist nicht geplant, im Gegenteil: Business Sunrise erwartet mit der Akzentuierung im Grosskundensegment für 2012 weiteres Wachstum. Sunrise hat Anfang 2011 den Geschäftskundenbereich neu positioniert und den Sub Brand «Business Sunrise» lanciert. Das Angebot ist noch stärker als früher auf die unterschiedlichen Unternehmensgrössen und Firmenstrukturen angepasst worden. Von hochgradig standardisierten bis zu individuellen Lösungen: Business Sunrise bietet jedem Unternehmen vom Start-up bis zum global tätigen Konzern optimale Lösungen für die komplette Geschäftskommunikation an.

Weiter wird Business Sunrise im nächsten Jahr verschiedene neue Cloud-Produkte lancieren, die tiefere Betriebskosten nach sich ziehen und es der IT-Abteilung erlauben werden, sich auf ihre Kernkompetenzen zu besinnen. Der Mensch kommt vor der Technologie Dank des Zusammenschlusses mit NextiraOne Schweiz hat Business Sunrise ihren Marktanteil bereits jetzt auf über zehn Prozent gesteigert. Derart mit Kompetenz und Technologie verstärkt wird der Geschäftskundenbereich von Sunrise weiter wachsen, sich aber vor allem jenseits aller technischen Hypes stets vor allem mit einem befassen: mit den individuellen Bedürfnissen seiner Kunden. Kommunikationstechnologien sind nämlich kein Selbstzweck: Am Ende sind es immer die Menschen, die miteinander sprechen, Projekte verfolgen und Verträge abschliessen.

Weitere Informationen

Jon Erni ist Executive Director bei Business Sunrise und Mitglied des Management Boards von Sunrise.

www.sunrise.ch www.business-sunrise.ch

KMU LIFE · 06/2011 29


Jetzt passen grosse Lösungen auch für Kleine Wie eine ERP-Software internetfähig wird

Interview mit Oliver Schalch und Ralph M. Stucki von Georg Lutz

Der hindernisfreie Zugang zu einer virtualisierten ERP-Welt ist für KMU immer noch mit einigen Hürden verstellt. Doch es gibt Lösungen auf dem Markt. Ralph M. Stucki, CEO von europa3000, und Oliver Schalch, CEO von Bison IT Services, erzählen in einem Hintergrundgespräch, wie sie dabei vorgegangen sind und wie sie die Erwartungen der KMU-Kunden an eine über das Web bereitgestellte Software erfüllen wollen.

Herr Stucki, Sie haben sich mit Bison IT Services zusammengetan, um Ihre Software Cloud-fähig zu machen. Unter welchen Bedingungen sind kleine und mittlere Schweizer Unternehmen bereit, Software als Service zu beziehen? Ralph Stucki: Für KMU sind Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Zugänglichkeit zum Service zentrale Anliegen. Sicherheit und Kosten sind

30

KMU LIFE · 06/2011

mittlerweile auf gutem Weg, die Zugänglichkeit zur Software muss jedoch markant verbessert werden. Wir haben uns also gefragt, wie wir Unternehmen einen möglichst hindernisfreien Zugang zu einem Cloud-basierten Angebot verschaffen können. Aus diesem Grund haben wir die neuste Version der Software so aufgebaut, dass sie für Applikationsvirtualisierung geeignet ist. Konkret wurden in der Software einige Ergänzungen vorgenommen, um dem Kunden damit eine uneingeschränkte Nutzung,

wie die einer herkömmlichen Software, zu ermöglichen: So musste das Erstellen von OfficeDokumenten wie Word oder Excel unabhängig von Office selbst erfolgen können oder das Live Update durch automatisierte Updates im Datacenter ersetzt werden.

Da stellt sich die Frage nach der Infrastruktur. Richtig. Um dem Kunden einen hindernisfreien Zugang zum Softwareangebot zu bieten, mussten wir uns die Frage stellen, wie die Rechenzentrumsinfrastruktur zu organisieren ist, damit direkt ab einer Webseite eine individuelle Modulzusammenstellung, die Anzahl User und die Branche definiert und ein so konfiguriertes System innert weniger Minuten für den Kunden vollautomatisiert bereitgestellt werden


SOFTWARE

kann. Zudem mussten wir uns überlegen, wie vorzugehen ist, wenn der Kunde nicht nur seine ERP-Software virtualisiert beziehen möchte, sondern seinen kompletten Desktop oder gar seine ganze IT-Infrastruktur.

Sie wollten also mehr als bloss Ihre Software aus der Wolke anbieten? Ralph Stucki: Genau, für uns als Softwarehersteller war von Vornherein klar, dass der Schritt in die Cloud nicht nur die reine Elektrifizierung des Bestehenden umfassen durfte. Vielmehr sollten aus betriebswirtschaftlicher Sicht alle Musskriterien, Vor- und Nachteile, die sich durch den potentiellen Einsatz einer Cloud-Architektur ergeben können, geprüft werden. Dabei haben wir konsequent die Sicht des Endkunden eingenommen. Erst in einem zweiten Schritt wurden die aus dieser Betrachtung resultierenden Ideen auf die Tauglichkeit als Geschäftsmodell für uns als Hersteller selbst geprüft. Aber es wurde auch von der Unternehmensleitung ein klares Signal dahingehend gesetzt, dass nicht allein die theoretischen Möglichkeiten und Anforderungen an eine Cloud zählen. Erwünscht war ein pragmatischer Lösungsvorschlag, der uns als Anbieter das Erzielen von Wettbewerbsvorteilen durch funktionelle Differenzierungsmöglichkeiten ermöglicht.

Herr Schalch, an diesem Punkt kamen Sie ins Spiel. Wie wurden Sie der Herausforderung gerecht, die Bedürfnisse der Endkunden mit denen von europa3000 zu verbinden? Oliver Schalch: Wir haben ein Team aus Mitarbeitenden von europa3000 und von Bison IT Services zusammengestellt. Dieses erarbeitete auf Basis der Vorgaben das Realisierungskonzept. Als besonderes Element wurde der Cloud Slider (siehe Grafik und Infokasten) vorgeschlagen, der eine sogenannte horizontale Flexibilität ermöglicht: Die aus Endkundensicht gleiche Applikation kann auf verschiedenen Cloud-Infrastrukturen betrieben werden und es soll zwischen diesen auch gewechselt werden können – zum Beispiel wenn sich kommerzielle Rahmenbedingungen bei verschiedenen Anbietern ändern. Damit kommen wir der Tatsache entgegen, dass Kunden von europa3000 einerseits sehr viele unterschiedliche Bedürfnisse haben, was Sicherheit und Verfügbarkeit des Betriebs der Applikation betrifft. Andererseits war eine kostenmässig attraktive Lösung aber nur durch hohe Standardisierung des Infrastrukturbetriebs realisierbar. Mit dem Cloud Slider wird quasi eine Metaverwaltung einer Cloud-Infrastruktur vorgenommen, von welcher der Endkunde bei seiner täglichen Arbeit

allerdings nichts merkt und welche die Infrastrukturen der Datacenter von Bison, weiterer Cloud-Anbieter und auf Wunsch auch der dedizierten IT-Infrastruktur des Kunden miteinander verbindet.

Beim Stichwort Cloud ist gerade bei KMU die Verunsicherung mit Händen zu greifen. Wie gehen Sie damit um? Ralph Stucki: Die Skepsis, Software und Daten in ein «unsichtbares» Datacenter auszulagern und von dort als Service zu beziehen, ist gross. Den Softwarebetrieb aus der Hand zu geben, fühlt sich als Verlust von Kontrolle an. Doch im Gegensatz zum Eigenbetrieb lassen sich bei Software as a Service (SaaS) die technischen und rechtlichen Verantwortungsfelder vertraglich absichern, sodass der Betrieb der Software insgesamt sicherer und zuverlässiger wird. Bison IT Services sorgt für absolute Vertraulichkeit der Daten.

Wie wird in der Praxis die ERP-Software dem Kunden über das Web zur Verfügung gestellt? Oliver Schalch: Um den Service von der Webanfrage bis zu Lizenzierung voll zu automatisieren, wurde von europa3000 ein SaaS-Manager auf Basis von .net-Webservices entwickelt.

KMU LIFE · 06/2011 31


SOFTWARE

Bison World Cloud Slider Cloud Agnostic

Bison Swiss Cloud Slider Hypervisor Agnostic

Private Cloud On Premise

CIAB

Cloud in a Box

Bison

International Cloud Services Amazon Rackspace Azure

Data Center

Der Cloud Slider baut auf offenen Standards und klaren Hierarchien auf.

Unsere Ingenieure haben diesen Dienst nahtlos in die Infrastruktur unseres Datacenters integriert, sodass die Installation und Inbetriebnahme der Software vollautomatisch über das Web möglich wird. Dabei werden die ab der Vertriebswebseite eintreffenden Parameter Branche, Modulkonfiguration und Useranzahl im Rechenzentrum in ein sofort startbares System umgesetzt. Einem Roboter gleich setzt der

dates. Dazu kommt, dass von überall her und auch mit Smartphones auf den Service zugegriffen werden kann. Kleinere Unternehmen können beispielsweise ihrem Treuhänder einen definierten Zugang erlauben, sodass dieser den Zahlungsverkehr oder die Lohnbuchhaltung direkt führen kann. Grössere Unternehmen nutzen die Möglichkeit der Anbindung von Home Offices, Servicetechnikern oder Filialen. Es ist

«Zwischen der Anfrage des Kunden und der Bereitstellung des Systems vergehen weniger als zwei Minuten.» SaaS-Manager bei jeder Webanfrage ein neues Kundensystem mit den geforderten Merkmalen auf, koppelt eine neue Datenbank an und startet das so fertig konfigurierte System im Testmodus auf. Meldet die Applikation dem SaaS-Manager, dass sie startklar ist, werden dem Kunden seine Login-Daten zugestellt. Zwischen der Anfrage des Kunden und der Bereitstellung des Systems vergehen dabei weniger als zwei Minuten.

Welche Vereinfachungen können Endkunden von der Lösung erwarten? Ralph Stucki: Alles was mit der Installation der Software im Zusammenhang steht, wird wesentlich vereinfacht: keine Installation, keine inkompatiblen Betriebssysteme, keine Up-

32

KMU LIFE · 06/2011

wirklich sehr praktisch, von überall her auf sein ERP-System zugreifen zu können. Die Anwendungsmöglichkeiten sind praktisch unbegrenzt.

Der Cloud Slider Aktuell sind viele Cloud-Standards am Entstehen und die Gefahr eines Vendor Lock-in ist gross. Um die Gefahr von hohen Wechselkosten zu vermeiden, wurde die Architektur des Bison Cloud Sliders auf offenen Standards und klaren Cloud-Hierarchien aufgebaut. Mit der offenen Architektur des Sliders bleibt das System Hypervisor-unabhängig und hält für die Endnutzer alle Optionen offen. In der ersten Slider-Hierarchiestufe wird die elastische Schweizer Cloud abgebildet und gemanagt. Zentrale Controller verwalten die verschiedenen Hypervisor-Cluster, welche in verschiedenen, mit WAN miteinander verbundenen, Zonen positioniert sein können. Die Hauptzone befindet sich in den redundanten Datacentern. Auf der zweiten Slider-Hierarchiestufe wird die World Cloud betrieben. Über diesen Layer sind verschiedene Partner-Clouds wie zum Beispiel Amazon und Rackspace, aber auch alleinstehende private Clouds von Kunden transparent und homogen mit einem einheitlichen Layer eingebunden und können so gesteuert und betrieben werden. Image Libraries erlauben das automatisierte, standardisierte und fehlerfreie zur Verfügung Stellen der Systeme innerhalb der verschiedenen Clouds.

Weitere Informationen

Ist die Cloud-Variante von europa3000 bereits aktiv im Einsatz? Ralph Stucki: Wir haben den Dienst natürlich zuerst mit einigen Pilotkunden getestet. Nun ist die Website Anfang Oktober aufgeschaltet worden und in den ersten drei Wochen haben sich schon über fünfzig Unternehmen den 14-tägigen Test-Account eingerichtet. Davon arbeiten jetzt bereits fünf Betriebe produktiv. Die Rückmeldungen der Kunden sind durchwegs positiv und wir sind sehr zuversichtlich, dank der hervorragenden Zugänglichkeit viele KMU von dieser Lösung überzeugen zu können.

Oliver Schalch ist CEO der Bison IT Services AG.

Ralph M. Stucki ist CEO der europa3000 AG.

www.software.europa3000.ch www.bison-its.ch


Vorsprung durch Visionen

Business-Software, die passt. Entscheiden Sie sich für das zukunftssichere ERP-System eNVenta: • • • •

webbasiert plattformunabhängig updatefähig ausfallsicher

Ausprobieren? Anrufen!

eNVenta ERP Schweiz AG Bahnstrasse 25 8603 Schwerzenbach Tel. 044 825 77 88 E-Mail info @enventa.ch

www.enventa.ch


Das Risikobewusstsein stärken Handlungsempfehlungen zum Risikomanagement von Thomas Kircher

Die Anforderungen und Vorgehensweisen, um eine Risikomanagementlösung einzuführen, sind nicht einfach. Es stellt sich die Frage nach der besten Vorgehensweise.

B

erühmte Zitate helfen oft erst auf den zweiten Blick. «Manchmal muss man einfach ein Risiko eingehen und seine Fehler unterwegs korrigieren», hat der berühmte Automobilmanager Lee Iacocca einmal geäussert. Ein Zitat, das im Jahr 2011 etwas antiquiert anmutet und bei so manchem Verantwortlichen im Fach- und IT-Bereich vieler Unternehmen heftiges Kopfschütteln verursachen dürfte. Geht doch in Zeiten einer überaus zerbrechlichen Weltwirtschaft nichts über ITgestützte Mittel und Wege, um Risiken frühzeitig zu erkennen, auszuschalten oder am besten ganz zu vermeiden.

34

KMU LIFE · 06/2011

Doch um ein Softwaresystem für das Risikomanagement sinnvoll einzusetzen, müssen bestimmte Prozesse entsprechend der Risikostrategie der Unternehmensführung auch angemessen unterstützt werden. «Die IT sollte dabei im Zusammenspiel mit den Fachbereichen in der Lage sein, die betroffenen Unternehmensprozesse einem einheitlichen Risk Assessment (das heisst Risikoidentifikation, Risikoanalyse und Risikosteuerung) zu unterziehen, Datenschutz- und Sicherheitsbelange durch ein geeignetes Berechtigungskonzept zu erfüllen sowie ein zeitgemässes, schnelles Managementreporting zu gewährleisten», erläutert Siegfried Filla, Sprecher der Arbeitsgruppe Gover-

nance, Risk Management and Compliance (GRC), der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) e. V. Das gelingt umso besser, wenn sich die Schnittstellenbeziehungen zu anderen Steuerungssystemen reibungslos und zeitnah bedienen lassen und alle Ordnungsmässigkeits- und Sicherheitsanforderungen sowie Datenschutzbelange abgedeckt sind. Dazu gehört auch das Monitoring eines Risikomanagementsystems durch prozessabhängige (zum Beispiel Risikomanager) und -unabhängige (zum Beispiel Internal Audit) Überwachungsinstanzen. Damit nicht genug: Auch die Anforderungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) spielen eine wichtige Rolle: Dass Vorstand und Aufsichtsrat von kapitalmarktorientierten Unternehmen insbesondere interne Kontroll- und Risikomanagementsysteme gestalten und überwachen sollen, ist in diesem Gesetz geregelt.


SOFTWARE

Leitfaden gibt Entscheidungshilfen Für den Umgang mit gesetzlichen Anforderungen und notwendigen Rahmenbedingungen bietet ein Leitfaden mit praktischen Hilfestellungen wichtige Entscheidungshilfen, um zum Beispiel ein Risikomanagementprojekt durchzuführen. Die DSAG-Arbeitsgruppe hat sich gemeinsam mit den Spezialisten von SAP dieses Themas angenommen und den Leitfaden «SAP Business Objects Risk Management» entwickelt. «Es wurde immer wieder nach der besten Vorgehensweise gefragt, um eine Risikomanagementsoftware einzuführen», berichtet Siegfried Filla. Der Grund: Viele Unternehmen haben erkannt, dass Massnahmen des Risikomanagements für die Existenzsicherung gerade in Krisenzeiten unabdingbar sind. Wie diese im Rahmen eines Risikomanagementprojekts erfolgreich geplant, eingeführt und umgesetzt werden können, zeigt der Ratgeber. Viel umfassende, praktische Erfahrung ist in die Handlungsempfehlung eingeflossen. Dazu gehört der Hinweis, einem entsprechenden Projekt einige zentrale Grundüberlegungen

voranzustellen: So zum Beispiel im Rahmen einer Anforderungsanalyse die verschiedenen Aspekte der Prozesse für das Risikomanagement zu betrachten und zu analysieren. Auf der Basis sind dann, falls notwendig, grundlegende Annahmen zu treffen und abzustimmen. Dabei ist speziell die Struktur der Organisationshierarchie wichtig, definiert sie doch neben den teilnehmenden Einheiten und deren Rollen im Prozess, auch die Berechtigungen innerhalb der Applikation. Akribische Vorbereitung mit Pilot Die eigentliche Einführung einer Risikomanagementsoftware ist in jedem Unternehmen anders. Aber die eine oder andere Hilfestellung bezüglich der unterschiedlichen Anforderungen gesetzlicher, fachlicher und organisatorischer Art lässt sich durchaus verallgemeinern. Unabhängig davon, ob dies schrittweise oder per «Big Bang» erfolgt, sollte die Strategie-, Design- und Implementierungsphase mittels eines Piloten akribisch vorbereitet werden. Ein Plan, der unter anderem die zu implementierenden Prozesse, Datenstrukturen, Analyse-

methoden, Workflows, Berichtstrukturen und das Berechtigungskonzept definiert, ist dafür grundlegend. Ebenso die Notwendigkeit, den Plan gegebenenfalls aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse aus dem Piloten weiterzuentwickeln oder anzupassen. Erfahrungswerte sammeln Aufgrund der hohen Relevanz eines Risikomanagementsystems kann es zudem sinnvoll sein, abhängig von den spezifischen Gegebenheiten, für die Einführung ein phasenorientiertes Modell in Betracht zu ziehen. So wäre es zum Beispiel denkbar, den Pilotbereich ein bis zwei Quartale «quasiproduktiv» zu setzen und parallel zu den bisherigen Prozessen und Werkzeugen zu betreiben. Der Nutzen: Es lassen sich wertvolle Erfahrungswerte im Umgang mit und zum Abgleich von Risiko- beziehungsweise Kontrollinformationen sammeln. Das ist zwar mit Mehraufwand verbunden, der jedoch kompensiert wird, indem die Endanwender sich bereits in dieser Phase mit der Lösung vertraut machen können und gleichzeitig die Prozesse und Informationen geprüft werden.

KMU LIFE · 06/2011 35


SOFTWARE

Risiken katalogisieren Ein nächster Schritt im Projekt sollte sich mit der Risikokategorisierung beschäftigen. Hierbei handelt es sich um einen Systematisierungsvorgang, der ökonomische, geschäftsstrategische und personalwirtschaftliche Risiken anhand vordefinierter Kriterien katalogisiert, wie zum Beispiel: • Risiken bei der Produktinnovation • Risiken aufgrund von Preisdruck • ein Wettbewerbsrisiko durch Generika • Datensicherheitsrisiken bei vertraulichen Unternehmensdaten • Prozessrisiken innerhalb des Produktionsprozesses von Waren Aber auch Organisations- und Governance-, Kommunikations- und Informationsrisiken können untersucht werden. Ausserdem lassen sich bestimmte Klassifizierungen entwickeln, um die Risiken zu bewerten und einzuteilen. Dazu gehört, Risikostufen mit Grenzwerten zu versehen, die Eintrittswahrscheinlichkeit zu klassifizieren und Schadenskategorien zu definieren. Weiterhin ist festzulegen, ob qualitative, quantitative oder gemischte Analysen gewünscht werden und welche Managementmethodologie zu unterstützen ist. Ausserdem ist es sinnvoll, zu definieren, welche Auswertewege gefordert und in welcher Frequenz beziehungsweise in welchem Layout diese zu erstellen sind. Auch sollte bestimmt werden, wie hoch die Risikotragfähigkeit des Unternehmens

ist, das heisst, ab wann ein Risiko als bestandsgefährdend eingestuft werden muss. Ein Risikobewusstsein entwickeln Wesentlich für die Einführung eines Risikomanagementsystems ist es darüber hinaus, unter anderem geeignete Organisationsstrukturen wie eine dezentrale Risikosteuerung und -beurteilung zu schaffen – dies auf Basis einer durch das Top Management vorgegebenen und von den Unternehmenszielen abgeleiteten Risikostrategie. Schnittstellen mit Unternehmensplanung, dem Projekt- und Investitionscontrolling oder auch dem Finanzmanagement wären ebenfalls wichtig. Wie auch die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen und Parameter des Risikomanagementsystems kontinuierlich an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Letztlich ist für den Erfolg eines Projekts mit entscheidend, dass die eingebundenen Personen das Risikomanagementsystem akzeptieren und ein Risikobewusstsein entwickeln. Auch sollte ein entsprechendes Projekt nicht überdehnt sein, sondern ist es sinnvoll, je nach Komplexität der Prozesse und Verfahren, eventuell die Risiken branchenbezogen priorisierend, auf vereinfachte, aber wirkungsvolle Methoden zu setzen. Dann ist der Grundstein gelegt, um in Folgeprojekten weitere Verbesserungs- und Integrationsmöglichkeiten zu lokalisieren und umzusetzen.

Handlungsempfehlungen für das Risikomanagement

www.dsag-ev.ch

Weitere Informationen Zentrale Punkte eines Risikomanagementprojekts • Dezentrale Risikosteuerung und -beurteilung sowie zentrale Risikoüberwachung und -kommunikation schaffen. • Top Management gibt Risikostrategie vor. • Schnittstellen mit anderen Steuerungs instrumenten beachten. • Rahmenbedingungen permanent anpassen. • Wesentliche Risiken systematisch erfassen. • Indikatoren für Schlüsselrisiken festlegen. • Risikobewertungsmethode definieren. • Das Tagesgeschäft integrieren.

36

KMU LIFE · 06/2011

DSAG-Arbeitsgruppe In der Arbeitsgruppe GRC im Arbeitskreis Revision/Risikomanagement sind derzeit knapp 500 Personen aus grossen und mittelständischen Unternehmen registriert. Sie tauschen sich regelmässig zu GRC-Themen wie Zugriffsschutz, internes Kontrollsystem und Risikomanagement aus.

Der GRC-Leitfaden kann auf der DSAG-Homepage unter: www.dsag.de/ag/grc heruntergeladen oder als E-Book unter www.dsag.de/go/e-grc.rm abgerufen werden.

Siegfried Filla ist Sprecher der Arbeitsgruppe (GRS) in der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) e. V.

Thomas Kircher ist Redaktor der blaupauseRedaktion innerhalb der DSAG.



SOFTWARE

Rollende Filiale Verkaufsbus mit ERP-System verbunden von François Berger

In einer Grenzregion mit geringer Firmendichte muss der Berg zum Propheten kommen oder der Grosshändler zum Kunden. Die EBV GmbH verkauft ihr Befestigungs- und Montagematerial neuerdings auch vom Bus aus direkt auf der Baustelle. Die Businesssoftware eNVenta ERP macht diese und andere Innovationen möglich.

U

nmittelbar an der Grenze zu Belgien und Luxemburg liegt die Eifelgemeinde Bleialf. Hier hat der Produktionsverbindungshandel EBV seinen Sitz und hier gibt es nur wenig Industriebetriebe, die EBV beliefern könnte. Hauptabnehmer sind Handwerksunternehmen, die auch ein grosses Produkt-Know-how erwarten. Ob Kabelstecker oder Montageschaum, einschliesslich seiner Abbindezeit: EBV-Kunden erhalten

38

KMU LIFE · 06/2011

fundierte Beratung. Zum Sortiment des Grosshändlers gehören neben dem Kerngeschäft mit Befestigungs- und Montagematerial auch Edelstähle, handgeführte Maschinen, Elektround Druckluftwerkzeuge, Bohr- und Schleiftechnik, chemisch-technische Produkte sowie Arbeitsschutz und Betriebseinrichtungen. Gerade aufgrund der geringen Firmendichte in der Region ist die überdurchschnittliche Breite des Sortiments ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die

Nachbarländer Belgien und Luxemburg sind wichtige Absatzmärkte für EBV. In Bleialf selbst bietet das Handelsunternehmen auf 1’000 Quadratmetern in einem kombinierten Lagerund Präsentationsraum sein breites Sortiment der Kundschaft an. Mit dem Bus von Baustelle zu Baustelle Eine neue «rollende Filiale» verwirklichte EBV mit der Einführung von eNVenta ERP. Es war eine der Ideen, die das Unternehmen im Zuge der Softwareimplementierung umsetzte. Dazu rüstete EBV einen Bus vom Typ Mercedes Sprinter mit einem Basisproduktsortiment aus und schickte ihn auf die Aussendienstreise von Baustelle zu Baustelle in Deutschland, Belgien und Luxemburg. Da EBV auch Stützpunkthänd-


SOFTWARE

Der Verkaufsbus liefert ein Basisproduktsortiment geradewegs auf die Baustelle.

Vom mobilen Büro aus werden die Aufträge über UMTS direkt ins heimische ERP-System gespeist.

ler für die Fahrzeug- und Betriebseinrichtungen der Bott GmbH & Co. KG ist, wurden deren Regalsysteme auch gleich in den Bus eingebaut. Die Verbindung zum ERP-System erfolgt via UMTS und wird je nach Einsatzort über belgische oder deutsche UMTS-Provider und deren SIM-Karten sichergestellt. Als «rollende Filiale» verfügt der Verkaufsbus auch über ein mobiles Büro mit Notebook, Auftragsdrucker und WLAN-Router. Verkäufe werden über die UMTS-Verbindung direkt im ERP-System in Bleialf verbucht. Dort können die Kollegen über einen GPS-Empfänger jederzeit feststellen, wo sich der Bus gerade befindet und bei Bedarf eine Routenänderung veranlassen. Mit dem rollenden Verkaufsshop versorgt EBV zum Beispiel die 46 Baustellen eines Stammkunden mit Befestigungsmaterial und Werkzeugen. Noch eine Idee: Handscanner für C-Teile Diese kleinen, billigen Verbrauchsmaterialien sind ebenso notwendig wie lästig. Der gesamte Einkaufsprozess verursacht im Verhältnis zu

ihrem Warenwert überproportional hohe Kosten. Deswegen ist das C-Teile-Management eine wichtige, aber auch mühselige Disziplin der Prozessoptimierer. Bei EBV wirkte die Einführung der Prozessoptimierungssoftware eNVenta ERP offensichtlich inspirierend auf das C-Teile-Handling. Jedenfalls startete EBV für einen Pilotkunden eine ganz neue Methode der C-Teile-Bestellung. Hierfür programmierte der betreuende eNVenta-Implementierungspartner eine Lösung für einen Handscanner. Nach acht Monaten Vorbereitungszeit begann die Testphase beim Kunden: Mitarbeitende von EBV bestückten die Lagerfächer des Pilotkunden – eine Bauunternehmung mit 600 Beschäftigten – mit neu gedruckten EAN-Codes und übergaben ihm die speziell programmierten Handscanner. Jetzt müssen die Mitarbeiter der Bauunternehmung nur noch ein Auge darauf haben, ob sich ein Lagerfach leert. Dann brauchen sie einfach nur den dort aufgeklebten Code einzuscannen, anschliessend die Bestellmenge und das Wunschlieferdatum in den Scanner einzugeben und diesen in eine sogenannte Cradle zu setzen. Dann wird die Bestellung automatisch per E-Mail an EBV übermittelt. Dort wird die eintreffende E-MailBestellung nahtlos in einen eNVenta-Auftrag umgewandelt. Der Vorteil dieser Lösung liegt auf beiden Seiten. Sowohl für die Bauunternehmung als auch für den Lieferanten EBV sollen dadurch die Prozesskosten im C-Teile-Management deutlich sinken. Innovationsschub durch ERP-Einführung Für Hans Heblinger, den Geschäftsführer der EBV GmbH, gehört Innovationskraft zur Firmenphilosophie: «Sicher sind wir als kleineres Unternehmen überdurchschnittlich innovativ. Aber letztlich tun wir, was wir auch tun müssen. Grosse Hersteller und Händler verkaufen erfolgreich direkt an den Kunden im Handwerk. Als ‹David› müssen wir also besser sein und besseren Service bieten, um die ‹Goliaths› zu schlagen und unsere Position zu behaupten. Mit unserem ERP-System sind wir sehr zufrieden.» Und das schon seit vielen Jahren, denn vor der Einführung von eNVenta ERP im Februar 2011 nutzte EBV die Vorgängerlösung SQLBusiness und wurde vom selben IT-Dienstleister betreut: von der EE Solutions GmbH mit Sitz im Technologiepark Grafschaft, südlich von Bonn. «Wir haben die zukünftigen Ziele und Projekte analysiert und dann gemeinsam entschieden,

dass der Umstieg von SQL-Business auf den Technologienachfolger eNVenta ERP für die Erreichung dieser Ziele sehr hilfreich wäre», erklärt Hans Heblinger den Anlass der ERP-Migration. Neben der «rollenden Filiale» wünschte sich EBV, dass Kunden mit dem hauseigenen ERP-System kommunizieren können. Ausserdem hatte EBV spezifische Anforderungen an die Darstellung und Auswertbarkeit von Lieferscheinen und Lieferkonditionen. Auch einige Anpassungen von eNVenta-Bildschirmmasken wurden vorgenommen. So ist jetzt zu jeder Lieferscheinposition auf einen Blick die Marge erkennbar. Die Verkäufer von EBV finden nun auch die Antworten auf viele kundenspezifische Fragen direkt auf einer Bildschirmmaske und sind so für Verkaufsgespräche bestens gerüstet: Wann wurde der Artikel zu welchem Preis eingekauft? Wann hat der Kunde den Artikel zum letzten Mal zu welchem Preis erhalten? Wie sieht die Marge aus? Die schnelle und einfache Beantwortung dieser Fragen sorgt für volle Transparenz. Die Migration von SQL-Business auf eNVenta ERP ging reibungslos über die Bühne. Hans Heblinger zieht Bilanz: «Es gab keine grosse Umstellungsphase. Der Umstieg der zwölf Anwender verlief fliessend und fast nebenbei. Die Software ist sehr einfach zu verstehen und zu erlernen.»

Weitere Informationen

François Berger ist Geschäftsführer der eNVenta ERP Schweiz AG.

eNVenta ERP Schweiz AG Bahnstrasse 25 CH-8603 Schwerzenbach Telefon +41 (0)44 825 77 88 Telefax +41 (0)44 825 77 01 info@enventa.ch www.enventa.ch

KMU LIFE · 06/2011 39


SOFTWARE

E-Logistics Kundenfreundliche Logistik mit Webservices von Raphael Bolliger

Perfekte Logistik zeichnet sich heutzutage nicht nur durch den zuverlässigen Transport der Güter aus, sondern auch durch clevere und schnelle Datenübermittlung. Die Schweizerische Post bietet ein vielfältiges Angebot verschiedener E-Services an. Für den Datenaustausch besonders interessant sind die Webservices.

E

in Webservice ermöglicht einen Datenaustausch über das Internet zwischen zwei Systemen. Der Datenaustausch erfolgt dabei nicht unkontrolliert oder automatisch, sondern erst, nachdem das eine System beim anderen eine Anfrage gestartet hat. Die Webservices der Schweizerischen Post laufen alle mittels Identifikation. Das heisst, die «Maschine», die einen Aufruf startet, muss sich jeweils identifizieren und beim Datenliefersystem bekannt sein. Die Post bietet Webservices für verschiedene Bedürfnisse an. Der Webservice «Sendungen verfolgen» beispielsweise ist, je nach Einsatz-

40

KMU LIFE · 06/2011

weise, für die Geschäftskunden oder deren Endkunden eine praktische Hilfe, wenn es darum geht, Informationen rund um aufgegebene Pakete zu erhalten. Webservice «Sendungen verfolgen» Die Post verfügt über enorme Mengen von Sendungsdaten und stellt diese ihren Kunden zur Verfügung. Viele Kundendienste greifen auf diese Daten zurück, um Anfragen zu Sendungen kompetent und schnell beantworten zu können. Nebst den verschiedenen Statusmeldungen, wie zum Beispiel «sortiert im Paketzentrum Härkingen», stellt die Post auch elektronische Bilder der Pakete zur Verfügung,

und bei eingeschriebenen Sendungen zusätzlich das Bild der Empfängerunterschrift. Nicht nur Daten von Paketen und Expresssendungen, sondern auch Informationen über Stückgutsendungen werden erfasst. Der unterschriebene Transportschein beispielsweise wird eingescannt und steht am Folgetag elektronisch im System zur Verfügung. Mit dem Webservice «Sendungen verfolgen» werden diese Daten vom System der Post direkt in das System des Kunden übermittelt. Damit ist dann beispielsweise folgendes Szenario möglich: Dipl. Ing. Charlotte Buchegger bestellt beim EShop leseratte.ch regelmässig Fachbücher über Regeltechnik und für das private Lesevergnügen Biographien sowie Kunstbücher. Oft weiss sie gar nicht mehr genau, was sie wann bestellt hat. Regelmässig loggt sie sich daher mit ihrem persönlichen Login bei leseratte.ch ein und verschafft sich unter der Rubrik «meine Bestellungen» einen Überblick. Sie sieht so in der


SOFTWARE

übersichtlichen Liste, welche Bücher sie bereits erhalten und bezahlt hat, welche per Post unterwegs und welche zurzeit nicht lieferbar sind. Diesen Service kann leseratte.ch Frau Buchegger und vielen anderen Bücherfans dank dem Webservice «Sendungen verfolgen» problemlos anbieten. Im Hintergrund von Frau Bucheggers Recherche passiert nämlich Folgendes: Durch das Einloggen von Frau Buchegger wird via Webservice «Sendungen verfolgen» eine Anfrage bei der Post ausgelöst. In Sekundenschnelle liefert das System der Post alle gewünschten Daten über Frau Bucheggers Sendungen. Diese Daten werden direkt in das System von leseratte.ch übermittelt. Leseratte.ch ergänzt die Postdaten mit den eigenen Daten, sodass Frau Buchegger nicht nur die Sendungen aufgelistet sieht, die gerade von der Post transportiert wurden, sondern auch die Statusmeldungen, mit denen die Post nichts zu tun hat (zum Beispiel: «Buch noch nicht lieferbar»). Vorteile der Webservices Daten müssen nicht zwingend mittels Webservices übermittelt werden, jedoch bieten Webservices einige Vorteile, was andere Übermittlungssysteme nicht tun. Der erste Vorteil ist die Unmittelbarkeit. Wird eine Anfrage ausgelöst, werden die Daten innert Sekunden übermittelt. Die Daten sind daher immer aktuell und auf dem neusten Stand, was gerade für die oben beschriebene Lösung unabdingbar ist. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass die Daten in jenes System übermittelt werden, das die Anfrage auch ausgelöst hat. Das heisst, die Daten müssen nicht mehr transferiert oder in ein anderes System eingepflegt werden. Ein dritter Vorteil

E-Logistics geniesst bei der Post einen hohen Stellenwert.

E-Logistics bei der Schweizerischen Post Die Post ist schweizweit die grösste Logistikanbieterin. Nebst Express-, Kurier- und Paketsendungen befördert die Post auch Stückgut. Lagerlogistik rundet das Angebot ab. E-Logistics geniesst bei der Post einen hohen Stellenwert. Mit «Print & Send» beispielsweise können Stückgutaufträge erfasst werden. Frachtbriefe sowie Zoll- und Ausführdeklarationen erstellt der Kunde in einem Arbeitsgang. E-LogisticsLösungen werden laufend optimiert beziehungsweise neu entwickelt. So sind beispielsweise bereits weitere Webservices in Planung.

liegt darin, dass nur die Daten übermittelt werden, die angefragt und also auch gebraucht werden. Im Gegensatz zu anderen Übermittlungsarten werden mit dem Webservice nicht endlos lange Listen übermittelt, die dann mühsam weiterverarbeitet werden müssen.

«My Post Business»: ein Login, viele Möglichkeiten Die Schnittstellen zwischen Informatiksystemen und Logistikdienstleistungen werden immer zahlreicher. Bei der Post können die Kunden von dieser Entwicklung profitieren. Die Geschäftskundenplattform «My Post Business» (www. post.ch/mypostbusiness) bietet mit einem Login Zugriff auf vielfältige Dienstleistungen rund um das Bestellen, Empfangen, Kalkulieren, Versenden/Transportieren und Verfolgen. «My Post Business» unterstützt das gesamte Supply Chain Management eines Kunden.

Um einen Webservice nutzen zu können, muss das System des Kunden entsprechend programmiert werden. Ist dieser Initialaufwand einmal erledigt, braucht es auf Kundenseite keine Aktualisierungen mehr. Verschiedene Webservices der Post Nebst dem oben beschriebenen Webservice «Sendungen verfolgen» bietet die Post noch andere Webservices an. Mit dem Webservice «Barcode» etwa liefert die Post Daten für die Barcodegenerierung. Je nach Anfrage des Kundensystems werden diese Daten so geliefert, dass die Barcodes als Etiketten oder auf eine Rechnung gedruckt werden können. Bei Änderungen der Postdienstleistungen müssen auf Kundenseite keine Aktualisierungen vorgenommen werden. Der Webservice «PickPost» wurde für den Distanzhandel entwickelt. Endkunden können sich in E-Shops die Sendung an eine PickPost-Stelle liefern lassen. Die Daten dieser Kunden werden dann mit dem Webservice «PickPost» der Post übermittelt. Innert Sekunden werden dem Distanzhändler die «PickPost»-Kundennummern gesendet. Ist der Kunde noch nicht bei «PickPost» registriert, wird er für diesen Service angemeldet. Auch diese neu generierten PickPost-Kundennummern werden innert Sekunden dem Distanzhändler mit dem Webservice «PickPost» zugeschickt.

Weitere Informationen

Raphael Bolliger ist bei PostLogsitics – einem Bereich der Schweizerischen Post – Leiter E-Logistics und Innovationen KEP.

logistik@post.ch www.post.ch/logistik

KMU LIFE · 06/2011 41


SOFTWARE

Den anderen Blick wagen Der Nutzen von Open Source Software für kleine Unternehmen Von Dr. Matthias Stürmer

Open Source Software ist für KMU immer noch ein zwiespältiges Thema. Auf der einen Seite sind die Anschaffungskosten und die Flexibilität gegenüber proprietären Lösungen auf der positiven Seite zu verbuchen. Auf der anderen Seite beziehen sich Nachteile auf fehlende Open Source IT-Kenntnisse im eigenen Haus oder auch von Externen und auf die Frage von langfristigem Service sowie langfristiger Haftung. Unser Autor hat einen eindeutigen Hintergrund, beleuchtet aber beide Seiten.

A

uf den ersten Blick ist der Einsatz von Open Source Software in KMU ein zweischneidiges Schwert: Einerseits können Kosteneinsparungen erreicht werden, da Lizenzgebühren entfallen und ausgereifte Open Source-Lösungen heutzutage einfach zu betreiben sind. Andererseits verfügen kleine Unternehmungen typischerweise nicht über eine grosse Informatikabteilung, die sich um allfällige Daten-

42

KMU LIFE · 06/2011

migrationen, Softwareanpassungen und Umschulungskurse der Nutzer kümmern kann. Mit diesen notwendigen Aufwendungen zur Einführung von Open Source Software entfallen die eingesparten Lizenzkosten oftmals rasch wieder. Dies ist wohl der Hauptgrund, weshalb auch heute noch viele KMU nicht mit Open Source Software arbeiten. Betrachtet man die Situation jedoch etwas genauer, zeigt sich ein differenziertes Bild.

Potentiale und Hürden aufzeigen Der Nutzen von Open Source Software für KMU ist nicht mit dem Installieren des Internetbrowsers Firefox oder der kostenlosen Microsoft Office Alternative LibreOffice (vormals OpenOffice.org) am Ende angelangt. Die Anwendung von ausgereiften endbenutzerorientierten Open Source-Applikationen stellt nur einen Bruchteil des Potentials von Open Source Software für KMU dar. Mit dem Einführen von Standard Open Source Software wie den genannten Anwendungen oder auch der Photoshop-Alternative GIMP oder dem In Design-Ersatz Scribus können zwar kurzfristig einige tausend Franken Lizenzkosten gespart werden. Allerdings ist dies ein relativ geringer Posten in den Gesamtkosten der Informatik eines Unternehmens. Zudem können auch der Einarbeitungsaufwand und damit der Mitarbeitendenwiderstand beträchtlich sein.


SOFTWARE

Wirklich ins Gewicht fallen die Vorteile von Open Source Software, wenn Unternehmensverantwortliche strategische Stellen der Informatik auf dieses immer noch zu wenig bekannte Softwaremodell setzen.1) Es kommt immer auf das Hintergrundswissen der Fachverantwortlichen an: Wer sein ganzes Arbeitsleben mit geschlossenen Systemen gearbeitet hat, hat nicht nur eine Wissens- sondern auch eine kulturelle Hürde zu überspringen. Das heisst, dass geprüft werden sollte, welche Schlüsselanwendungen auf Open Source-Lösungen migriert werden können. Einerseits sind dies die typischen Enterprise Resource Planning (ERP)- und Customer Relationship Management (CRM)Plattformen. Bereits heute existiert eine Vielzahl von Open Source ERP- und CRM-Lösungen. Die Fraunhofer-Studie «Open Source ERP – Reasonable tools for manufacturing SMEs» gibt vertieft Einblick in eine Auswahl von Open Source-Plattformen. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass für die Integration von komplexer Open Source Software stets ein externer Dienstleister beigezogen werden sollte. Der Unterschied zur Einführung von proprietären ERP- oder CRM-Lösungen liegt darin, dass diese oftmals nur vom Softwarehersteller oder einer Auswahl seiner Partnerfirmen integriert und gewartet werden können. Dagegen kann bei Open Source Software der Anbieter ohne weitere Vertragsänderungen und andere organisatorische Hürden ausgewechselt werden, falls er nicht mehr zufriedenstellend arbeitet. Kosten sparen Handelt es sich um branchenspezifische Fachanwendungen, erlaubt das Open Source-Entwicklungsmodell die Erstellung von gemeinsamer Software. Oftmals verwenden sich konkurrenzierende KMU ähnliche Fachapplikationen, welche ganz spezifische Abläufe und Daten speichern. Ist die Software nicht wettbewerbsdifferenzierend, macht es Sinn, dass durch die gemeinsame Entwicklung und Wartung Kosten gespart werden können. Eine wichtige Rolle spielt dabei der regionale oder nationale Branchenverband. Dieser hat die Schlüsselfunktion

IT-Fachkräfte sollten sich in beiden Welten auskennen.

des Intermediärs, der die Softwareentwicklung plant, vorbereitet und steuert. Tragen alle Nutzer einen gewissen Beitrag bei, können auf diese Weise Individualentwicklungen nachhaltig finanziert werden, was für ein KMU alleine undenkbar gewesen wäre. Unterstützt durch eine externe Projektleitung koordiniert der Verband die Planungs- und Umsetzungstätigkeiten. Ist die Software letztlich unter einer Open SourceLizenz veröffentlicht, können alle Interessenten davon profitieren und langwierige Lizenzverhandlungen entfallen. Sprung in die Praxis Lassen Sie mich an dieser Stelle noch in die praktische Welt von Workshops springen. Im Berech der öffentlichen Verwaltungen habe ich in den letzten Jahren einen Lernprozess erlebt. Sie haben grundsätzlich mit ähnlichen Problemen wie KMU zu kämpfen. Beispielsweise haben die Städte München, Freiburg im Breisgau und Jena (alle Deutschland) sowie Vertreter der Schweizer Bundesverwaltung und des Bundesgerichts im Oktober 2011 einen Workshop durchgeführt, mit dem Ziel die gemeinsamen Interessen für eine allfällige Weiterentwicklung von LibreOffice/OpenOffice.org zu erreichen. Der Workshop war ein grosser Erfolg, die priorisierten Verbesserungen überzeugten die Beteiligten.

Der nächste Stolperstein ist die öffentliche Ausschreibung. Zentraler Punkt dabei ist die Projektorganisation: Da der Branchenverband fehlt, springt eine Non-Profit Open Source Association in die Lücke und übernimmt die Bündelung der Kräfte. Zusammen mit Kernentwicklern kann damit die Open Source Software verbessert und nachhaltiger entwickelt werden. Auch die langfristigen Service- und Rechtsfragen sind so eher in den Griff zu bekommen. Anmerkung 1) Hintergrundinformationen zu Open Source Software finden sich in der Ernst & Young Broschüre «Open Source Software im geschäftskritischen Einsatz».

Weitere Informationen

Dr. Matthias Stürmer ist Senior Advisor bei Ernst & Young und Geschäftsführer der parlamentarischen Gruppe «Digitale Nachhaltigkeit».

KMU LIFE · 06/2011 43


SOFTWARE

Bestandsaufnahme Datenschutz Anwender und Unternehmen sehen Facebook kritisch

von Georg Lutz

Barracuda Networks-Studie offenbart Unterschiede bei der Einsch盲tzung Sozialer Netzwerke.

44

KMU LIFE 路 06/2011


SOFTWARE

D

ie Zahlen sind ein Wachrüttler: 51 Prozent der Teilnehmenden einer Befragung durch Barracuda Networks sind unzufrieden mit dem Datenschutz auf Facebook. 31 Prozent der Unternehmen blockieren oder limitieren den Zugriff darauf. Dies ergibt die «Social Networking Security & Privacy Study» von Barracuda Networks, einem Hersteller von Security-, Storage- und Networking-Lösungen. Die Forschungsabteilung Barracuda Labs hat die Online Befragung im September und Oktober 2011 mit 480 Teilnehmenden aus 21 Ländern durchgeführt. Nicht alle Sozialen Netzwerke werden so kritisch gesehen wie der Platzhirsch Facebook: Deutlich besser fällt die Bilanz für das Geschäftsnetzwerk LinkedIn aus. Doch auch hier äussern sich 25 Prozent unzufrieden mit dem Datenschutz. Bei Twitter sind dies 30 Prozent und bei Google+ 29 Prozent. Die Nutzung von LinkedIn wird in Unternehmen auch deutlich seltener unterbunden oder eingeschränkt: Nur 20 Prozent der Unternehmen tun dies. Etwas mehr sind es bei Google+ (24 Prozent) und bei Twitter (25 Prozent). Paul Judge, Chief Research Officer von Barracuda Networks, versteht die Sorgen: «Spammer und Hacker missbrauchen Social Networks immer geschickter für ihre Zwecke.» Das gängigste Problem auf Sozialen Netzwerken ist Spam: 92 Prozent bestätigen, auf diesem Weg bereits unerwünschte Werbung erhalten zu haben. Es folgen Phishing-Versuche (54 Prozent), Malware (23 Prozent), das Versenden von Spam vom eigenen Konto aus (17 Prozent) sowie der Diebstahl von Passwörtern oder das Hijacking von Anwenderkonten (13 Prozent). 95 Prozent glauben, dass Soziale Netzwerke mehr dafür tun müssten, Anwenderkonten vor Missbrauch zu schützen. Jeder fünfte Befragte gab an, dass sich Informationen, die auf einem Sozialen Netzwerk veröffentlicht wurden, bereits einmal negativ ausgewirkt haben. Datenschutz ist fast so wichtig wie Handhabung Gleichzeitig wollen Anwender sich nicht zwingen lassen, zwischen Sicherheit und Datenschutz auf der einen Seite und den nützlichen Features der Sozialen Netzwerke auf der anderen Seite zu entscheiden. Die Bedeutung beider

Kriterien hält sich ungefähr die Waage. In der Praxis ist das eine echte Gratwanderung: Als wichtige Einflussfaktoren bei der Wahl eines Sozialen Netzwerks geben 92 Prozent Sicherheit und 90 Prozent Datenschutz an. Die einfache Handhabung wird jedoch ebenfalls von der überwiegenden Mehrheit (87 Prozent) der Anwender genannt – und 91 Prozent lassen sich dadurch beeinflussen, dass Freunde das Netzwerk nutzen. Kostenloser Schutz von Profilen Um das eigene Profil auf sozialen Internetplattformen zu schützen, bietet Barracuda Networks den kostenlosen Profile Protector an. Dieser Dienst schützt die Nutzer vor Attacken auf Facebook und Twitter. Die Anwendung analysiert den nutzergenerierten Inhalt, der auf Profilen gepostet wird. Sie ist in der Lage, verdächtigen Content zu blockieren oder zu entfernen. Dazu zählen gefährliche Links auf Facebook, Twitter und Newsfeeds, hochgeladene Bilder oder Videos. Der Profile Protector steht unter http://profileprotector.com zur Verfügung.

Die vollständige «Social Networking Security & Privacy Study 2011» der Barracuda Labs steht zum Download bereit unter: http://presse.vibrio.ch/k/Barracuda/ h/2011SocialNetworking_LowRes.pdf

Firmenportrait Barracuda Networks Inc. kombiniert lokal installierte Gateways und Software, virtuelle Appliances, Cloud Services sowie Remote Support, um seinen Kunden Lösungen für IT-Sicherheit, Netzwerkoptimierung und Data Protection zur Verfügung zu stellen. Die umfassende Produktpalette des Unternehmens enthält unter anderem Angebote zum Schutz von Bedrohungen über E-Mail, Instant Messaging und das Internet sowie Produkte, welche die Anwendungsbereitstellung, den Netzwerkzugang, die Mailarchivierung, das Back-up und die Datensicherheit verbessern.

Weitere Informationen www.barracudanetworks.com

KMU LIFE · 06/2011 45


DMS bringt Rationalisierungsschub Sichere und übersichtliche Dokumentenprozesse von Eduard Rüsing

Schnelles und sicheres Reagieren auf die Marktherausforderungen, basierend auf Ordnung und Übersicht bei den Dokumenten, sind entscheidende Faktoren für den Unternehmenserfolg. Eine Dokumentenmanagementlösung trägt bei der Diametal AG in Biel dazu bei, dass eine unternehmensweit einheitliche Organisation und Archivierung unterschiedlichster Dokumente und Informationen das Unternehmen beim erfolgreichen Agieren auch auf den weltweiten Märkten unterstützt.

A

uch in Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) muss man sich heute Gedanken machen, welche Arten von Informationen im Unternehmen vorhanden sind, wie lange diese gebraucht werden, was sie wert sind und wie sie optimal genutzt werden können. Der Einsatz moderner Dokumentenmanagementsysteme (DMS) ist dazu mittlerweile auch aufgrund der ganzheitlichen Funktionsabdeckung unbestritten. Die

46

KMU LIFE · 06/2011

auch als ECM (Enterprise Content Management) bezeichneten Lösungen unterstützen die Erfassung, Bearbeitung, Weiterleitung, Ablage, Recherche und langfristige Archivierung der Dokumente und somit eine rationelle Prozessabwicklung. Der Begriff Dokument ist dabei weit gefasst. Er reicht von eingescannten Papierdokumenten über Dateien aus den unterschiedlichsten Fachanwendungen wie Office, ERP oder CAD/PDM bis zu E-Mails.

Der Rationalisierungseffekt einer DMS/ECMLösung entsteht hauptsächlich aus zwei Merkmalsbereichen. Der erste ist die revisionssichere Archivierung mit der Sicherstellung einer langfristigen Lesbarkeit der Dokumente. Statt in staubigen Aktenordnern physischer Archive suchen zu müssen, hat der Mitarbeitende per Knopfdruck das gesuchte Dokument sofort zur Hand. Alle Daten werden dazu zentral gespeichert. Seit 2002 ist auch in der Schweiz die Aufbewahrung der per Gesetz zu archivierenden Dokumente wie Geschäftsbücher, Buchungsbelege oder Geschäftskorrespondenz in elektronischer Form gestattet. Die sichere und rechtskonforme Bewältigung der ständig zunehmenden Compliance-Anforderungen, also die Dokumentations- und Informationspflichten an Staat und Institutionen, war einer der Hauptfaktoren, der bei Diametal zur Anschaf-


DOKUMENTENMANAGEMENT

Vollhartmetallabwälzfräser von Diametal mit verschiedenen Profilen und Modulen für den Einsatz unter anderem in der Uhren- und Automobilindustrie

Daniel Kruse bei Diametal zuständig für Wartung, Unterhalt, IT und Sicherheit und verantwortlich für das ECM-Projekt:

«Auch mittelständische Unternehmen müssen sich Gedanken machen über den Wert und die optimale Nutzung ihrer Dokumente.»

fung einer DMS-Lösung führte. Denn auch den KMU werden hier heute umfangreiche Pflichten auferlegt. Zweifacher Rationalisierungseffekt erleichtert Compliance-Pflichten Den zweiten wichtigen Merkmalsbereich einer ganzheitlichen DMS-Lösung, den Diametal auch so weit wie möglich nutzen wollte, charakterisiert Thilo Heffner, Geschäftsführer der entana business solutions AG aus Baar, so: «Neben der langzeitstabilen Ablage zählt heute besonders die schnelle, automatische Bereitstellung von Dokumenten im Tagesgeschäft – und zwar in ihrem jeweiligen Sachzusammenhang mit unterschiedlichsten digitalen Ordnerstrukturen, ohne hierzu die erzeugenden Einzelanwendungen aufrufen zu müssen. Darüber hinaus lassen sich Informationen aus

unterschiedlichsten Bereichen über die Grenzen von Anwendungen und Abteilungen hinweg zu optimierten Dokumentenworkflows – zum Beispiel Kreditorenworkflow – verknüpfen und in digitalen Akten ablegen.» Wichtige Voraussetzung für eine umfassende DMS-Lösung ist dabei eine «tiefe» Integration in existierende Systeme wie E-Mail, ERP, PDM/PLM oder Office, damit aus der Applikation heraus eine Speicherung oder automatische Bereitstellung jedes Dokuments in unterschiedliche Vorgänge einfach und schnell möglich ist. Eine ganzheitliche DMS-Strategie ein gutes Stück weit realisiert hat die Diametal AG, denn dort ist bereits seit einiger Zeit eine DMS-Lösung mit circa 80 Arbeitsplätzen auf Basis von d.3 (d.velop (Schweiz) AG) im Einsatz, eingeführt und betreut von der entana AG. Die Ablage von Dokumenten

erfolgte vorher in Papierarchiven. Das betraf vor allem die langzeitstabile Archivierung und die Ablage aufgrund gesetzlicher Aufbewahrungspflichten. Sowohl das Ablegen, als auch das Wiederfinden sowie die Verwendung und Versionierung der Dokumente (Papiere und Dateien) durch verschiedene Benutzer verursachten deshalb einen erheblichen Aufwand. Bei den elektronisch vorhandenen Dokumenten auch deshalb, weil zum Öffnen jeweils die erzeugende Applikation benötigt wurde. Christine von Allmen, DVLeiterin bei Diametal und Systemverantwortliche für das ECM-Projekt fasst das wie folgt zusammen: «Durch d.3 werden alle Dokumente weitgehend automatisch und strukturiert erfasst, elektronisch verarbeitet und archiviert und sind anschliessend jederzeit auf Knopfdruck verfügbar, unabhängig davon, welchem Geschäftsprozess sie zugeordnet werden.»

KMU LIFE · 06/2011 47


DOKUMENTENMANAGEMENT

Christine von Allmen DV-Leiterin bei Diametal und Systemverantwortliche für das ECM-Projekt:

«Mit der langfristigen Archivierung ist das DMS die logische Ergänzung zum eher kurzfristig agierenden ERP.»

Automatische Dokumentenübernahme von ERP ins DMS Die Grundvoraussetzung dafür war die vollständige Integration in die bestehende InforERP- und die Microsoft Office-Welt. Heute werden sämtliche Belege aus dem Infor-ERP automatisch ins d.3 übernommen. Das sind die Ausgangsbelege aus Einkauf, Vertrieb, Fertigung und Versand wie zum Beispiel Kunden-/ Lieferantenofferten, Bestellungen, Angebote, Rechnungen et cetera. Es sind aber auch interne Dokumente wie Bedarfsscheine, Sicherheitsdatenblätter oder Verträge. Da die Schnittstelle Infor-d.3 bidirektional ausgeführt ist, kann der Anwender auch direkt aus dem Infor-System nach den Dokumenten im d.3 suchen und diese aufrufen. Bei Diametal geschieht die Zuordnung von Metadaten oder die Verschlagwortung auch bei der manuellen Übernahme zum grossen Teil durch d.3. Einige Kernfelder, wie bei der Zeichnung die Zeichnungsnummer, werden von Hand eingetragen. Im Fall der automatischen Übernahme von Infor ins DMS erfolgt diese Indexierung im ERP. Die Metadaten werden per XML-File an d.3 übergeben, das den Inhalt analysiert und zusammen mit dem Dokument importiert. Französische Tochter mit Proxyserver im Nachtbetrieb In einer zweiten Installationsphase wurden weitere 20 Arbeitsplätze bei Diametal France in Oltingue mit ins DMS integriert. Dazu wird auch das Infor-ERP eingesetzt und die Abläufe und Dokumentenstrukturen sind weitgehend mit denen in Biel identisch.

48

KMU LIFE · 06/2011

«Als Fazit bleibt festzuhalten», so Daniel Kruse, bei Diametal zuständig für Wartung, Unterhalt, IT und Sicherheit, «dass schon viel erreicht wurde, aber weitere interessante Potentiale bestehen, um immer mehr Bereiche und Prozesse des Unternehmens mit der Lösung zu unterstützen und Abläufe zu automatisieren.» Und auch wenn keine konkreten Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen angestellt wurden, für beide DMS-Fachleute bei Diametal ist klar, dass der Nutzen in puncto Übersicht und Sicherheit der Dokumentenabläufe eindeutig ist. Und ein greifbares Ergebnis ist, dass der in der Vergangenheit zu 50 Prozent angestellte Mitarbeiter, der das Papierarchiv betreut hat, nach seiner Pensionierung nicht mehr ersetzt wurde. Das Entscheidende bei der DMS-Einführung sei, dass man eine «ganzheitliche» und unternehmensweite DMS/ECM-Lösung anstrebe und konzipiere, und im Sinne einer Zukunftsfähigkeit einen umfassenden Projektplan mit einer entsprechenden Rangreihe der Realisierungsphasen erstelle. «Denn ein so tief in die Unternehmensabläufe eingreifendes Projekt lässt sich nur Schritt für Schritt realisieren.» Firmenportrait Die Diametal AG in Biel hat sich seit ihrer Gründung – immerhin schon 1936 – auf die Produktion und Entwicklung von Hartstoffwerkzeugen und deren Anwendungen sowie auf Präzisionsschleifwerkzeuge aus Diamant und CBN (kubisches Bornitrid; nach Diamant das zweithärteste Material) spezialisiert. Das Unternehmen ist mit seinen circa 200 Mitarbeitenden weltweit tätig; mit Tochtergesellschaften in Frankreich (Oltingue), Italien (Busto Arsizio) und seit einem Jahr auch in China (Nanjing).

Ganzheitliches ECM Archivierung • revisionssichere Archivierung • digitale Signatur • Sicherstellung der langfristigen Lesbarkeit • Verwaltung verschiedener Speichermedien Dokumentenmanagement • digitale Aktenbildung (zum Beispiel Kunden-/ Lieferantenakte, Personalakte, Projektakte) • E-Mail-Archivierung • Versionsmanagement • Eingangspostverarbeitung • Vertragsverwaltung • WEB und Offline Modus Digitaler Workflow • Genehmigungsworkflows • Pflegeworkflows • Administrative Workflows • Integrations- und Automatisierungsworkflows (zum Beispiel Knowledge Management)

Weitere Informationen

Eduard Rüsing ist freier Fachjournalist in Karlsruhe und verfasst Fachartikel zu Businesssoftware in Unternehmen sowie zu Forschungsthemen.

www.entana.ch www.diametal.ch


Unser Buch zur Finanzbranche

«Verlierer ist vor allem der Mittelstand. Er wird regelrecht zu Grunde gerichtet. Verantwortlich dafür ist eine neue `Spezies`, eine Geld-Elite von Spekulanten, welche sich mit fast schon krankhafter Gier aus den Geldtöpfen der Allgemeinheit bedient.» Rolf Hess ist Verleger der Life Medien GmbH und hat bereits 2009 ein pointiertes Buch zur Finanzkrise publiziert. «Die Arroganz des Geldes» hat jedoch nichts an seiner Aktualität und Eindringlichkeit eingebüsst. Das Buch analysiert eindringlich, wie den Volkswirtschaften seit Jahren massiv Geld entzogen wird, um es spekulativ anzulegen. Gleichzeitig zeigt der Autor Mittel und Wege auf, wie sich der Markt im Interesse von kleineren Unternehmen wieder in ruhigeres Fahrwasser führen liesse.

Die Arroganz des Geldes Das Leben im «Club» der Reichen und Superreichen von Rolf Hess Oesch Verlag, Zürich 2009. Bestellen Sie unseren Bestseller jetzt bis zum 31.12.2011 zum Aktionspreis von 20.00 CHF

Bestelladresse: info@lifemedien.ch


Umweltbelastung und Kosten senken Green IT im Unternehmensalltag von Rolf von Reding

In der IT-Industrie ist der sparsame Umgang mit Ressourcen ein zentraler Gedanke von Anbietern wie auch Kunden. Als grösstes Technologieunternehmen der Welt fühlt sich HP verpflichtet, einen Beitrag an eine nachhaltigere Zukunft zu leisten – dies durch die Entwicklung von Produkten und Lösungen, die den Kunden helfen, ihre Umweltbelastung und damit auch ihre Kosten zu senken. Nachhaltige Strategien passen aber nicht nur grossen Playern, auch kleine Unternehmen können von den Vorteilen profitieren.

U

nter dem Begriff «Green IT» wird die Anstrengung zusammengefasst, IT-Produkte und -Lösungen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg umweltverträglicher zu gestalten. Im Zusammenhang mit der aktuellen Klimaschutzdebatte wird das Thema auch in der IT-Industrie immer wichtiger, wie Daniel Tschudi, Country Manager der Imaging und Printing Group von HP Schweiz, bestätigt: «Kunden honorieren umweltgerech-

50

KMU LIFE · 06/2011

tes Verhalten und entscheiden sich jeden Tag von neuem für ein Unternehmen, das sich für die Umwelt einsetzt.» Im Bereich der Hardwareherstellung kann das beispielsweise mit der Verwendung von umweltfreundlichen Materialien erreicht werden oder mit der Entwicklung von Geräten, die weniger Strom verbrauchen. Green IT-Lösungen funktionieren jedoch nur, wenn sie nicht nur helfen, die Umwelt zu schonen, sondern auch die Kosten zu senken.

Jedem Produkt sein Environmental Steward Eines der wichtigsten Programme von HP in Sachen «Green IT» heisst Design for Environment (DfE). Dabei kommt bereits bei der Entwicklung eines neuen Produkts ein sogenannter Environmental Steward zum Einsatz. Diese Person hat die Aufgabe, zusammen mit den Produktentwicklern das neue Produkt so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. Optimiert wird dabei der gesamte Lebenszyklus des Produkts, von der Einführung bis zur Entsorgung, wobei drei Schwerpunkte im Zentrum stehen: Erstens werden so wenige Materialien wie möglich verwendet, wobei jene Materialien bevorzugt werden, die die Umwelt weniger belasten. Zweitens wird die Energieeffizienz erhöht, da sie sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht wichtig ist. Und drittens wird


GREEN-IT

dem Begriff «Closed Loop» wird ein geschlossener Kreislauf verstanden. Dieser beginnt bei HP mit dem Einsammeln der leeren Toner- und Tintenkartuschen durch das Planet PartnersProgramm. Als nächstes werden die Kartuschen in einer Recyclinganlage sortiert und zerlegt oder geschreddert. Daraus resultiert ein Kunststoffgranulat, welchem Plastik aus anderen Quellen wie beispielsweise dem Wasserflaschenrecycling beigegeben wird. HP verwendet dieses Granulat für die Produktion neuer Kartuschen und schliesst damit den Kreislauf. «Wir sind sehr stolz darauf, dass HP in der Branche das erste und bislang einzige Unternehmen mit einem vergleichbaren Prozess ist», sagt Daniel Tschudi. «Damit kommen wir auch unserer Verpflichtung als Marktführer nach.»

bei der Verpackung sowie den Produkten selber darauf geachtet, dass nur Materialen verwendet werden, die umweltgerecht entsorgt und wiederverwertet werden können. 69 Millionen Tonerund Tintenkartuschen recycelt Eine bedeutende Initiative von HP im Bereich Recycling bei Druckern ist das Planet Partners Return and Recycling Program, das bereits 1991 lanciert wurde. Das Programm ermöglicht die einfache und kostenlose Rückgabe von leeren Toner- und Tintenkartuschen, sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Allein im Jahr 2010 hat HP über das Planet Partners-Programm insgesamt 69 Millionen Toner- und Tintenkartuschen wiederverwertet. Das Recycling der Kartuschen erfolgt in einem sogenannten «Closed Loop»-Prozess. Unter

KMU haben viele Möglichkeiten Das Recycling von leeren Toner- und Tintenkartuschen ist jedoch nur eine Möglichkeit, wie KMU im Bereich IT die Umwelt schonen können. Das Spektrum an weiteren Massnahmen ist sehr breit. Es beginnt schon beim automatischen doppelseitigen Druck, wie ihn heute viele Druckermodelle anbieten – eine einfache aber sehr wirksame Möglichkeit, Papier und Energie zu sparen. Steht die Anschaffung eines neuen Druckers oder gar einer neuen Flotte bevor, lohnt es sich besonders, sich Gedanken über den Energieverbrauch der Hardware zu machen. Moderne Geräte verfügen heute über Energielabel wie ENERGY STAR® oder weitere Technologien wie beispielsweise die InstantOn Technologie, welche die Aufwärmzeit eines Druckers praktisch eliminiert. Es resultiert eine Stromersparnis von bis zu 50 Prozent1) im Vergleich zu herkömmlichen Druckern. Umweltverträglichkeit des Druckers mit Online Tool vergleichen Ein kostenloses Online Tool, sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen, ist der HP Carbon Footprint Calculator. Damit können einzelne Drucker aber auch ganze Flotten hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit mit anderen Modellen verglichen werden. Der Rechner er-

mittelt Papierverbrauch, CO2-Ausstoss, Stromverbrauch und die damit verbundenen Kosten einer Druckumgebung. Der Anwender erhält dadurch ein besseres Verständnis dafür, wie er die Umweltbelastung seiner Druckumgebung reduzieren kann. Eine umfassende Softwarelösung für Unternehmen ist HP EcoSMART. Sie unterstützt Unternehmen dabei, ihre Druckerflotte umweltgerecht zu optimieren. Mit der Lösung lassen sich Daten des HP Carbon Footprint Calculator sammeln und übersichtlich aufbereiten. IT-Administratoren erhalten einen detaillierten Einblick in Informationen wie Nutzung, Auslastung, Energie- und Zubehörverbrauch von Geräten und Flotten. Auf Basis dieser Informationen lassen sich beispielweise Überlastungen bei einzelnen Geräten zeitnah beheben oder Einzelgeräte, die viel Energie benötigen, identifizieren und gegebenenfalls austauschen. Damit liefert HP EcoSMART eine Entscheidungsgrundlage für Investitionen in die Druckumgebung, die Unternehmen hilft, effizient und produktiv zu arbeiten. Anmerkung 1) Energy savings based on HP testing using ENERGY STAR® programs’ Typical Energy Consumption (TEC) method on HP LaserJet products with Instant-on Technology vs. top competitive models as of March 2009.

Weitere Informationen

Rolf von Reding ist Environmental Manager HP Switzerland.

KMU LIFE · 06/2011 51


Herausforderung Social Media Marketing und Unternehmenspolitik im Zeichen von Social Media von Susanne Marty

Die Chief Marketing Officers (CMOs) in Unternehmen sind gleichzeitig theoretische Forscher und praktische Entscheidungsträger. Sie treiben das Branding des Unternehmens bei den Stakeholdern voran und entscheiden über die strategische Ausrichtung der Preis-, Kommunikations- und Produktpolitik. In ihrem Job sitzen sie auf einem heissen Stuhl. Jetzt haben sie eine zusätzliche Aufgabe zu bewältigen: Social Media. Das digitale Zeitalter verändert die Aufgaben von CMOs nachhaltig. Rund 70 Prozent der Marketingverantwortlichen sind unzureichend auf Social Media vorbereitet. IBM hat dazu eine Global CMO Studie publiziert

52

KMU LIFE · 06/2011


MARKETING

D

ie Interaktion zwischen Unternehmen und Kunden ändert sich grundlegend und die meisten Marketingverantwortlichen bezweifeln, dass ihre Abteilungen auf diese Veränderungen richtig vorbereitet sind. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie, für die IBM mehr als 1’700 Chief Marketing Officers (CMOs) aus 64 Ländern und 19 Branchen befragt hat. Auch in der Schweiz und in Österreich fanden dazu 52 persönliche Gespräche mit Marketingverantwortlichen statt, wobei keine grundlegenden Abweichungen zu den weltweiten Erkenntnissen festgestellt wurden. Der sich schnell verändernde Markt sowie die technologische Entwicklung sind die beiden Faktoren, welche laut den Ergebnissen der letztjährigen IBM CEO Studie am meisten Einfluss auf Unternehmen haben. Dieser Meinung sind auch die Marketingverantwortlichen in der neuen IBM CMO Studie. In den Gesprächen nannten die CMOs vier weitere zentrale Herausforderungen, die ihre Aufgaben in Zukunft grundlegend verändern werden: die Datenexplosion, Social Media, die wachsende Anzahl von Kommunikationskanälen und -geräten sowie Veränderungen im Verhalten der Verbraucher. Kunden einen Nutzen bieten «Der Einsatz von Social Media hat eine Wende herbeigeführt, die das Wesen der Kundenbeziehungen für immer verändert», sagt Carolyn Heller Baird, Leiterin CRM Research am IBM Institute for Business Value und Verantwortliche für die Studie. «Kunden tauschen sich im Internet über ihre Erfahrungen mit Produkten oder Dienstleistungen aus. Dadurch haben sie mehr Kontrolle und Einfluss auf Marken. Rund 90 Prozent der Informationen über Kunden, deren Interessen oder Kaufverhalten sind noch unstrukturierte Daten. CMOs, die diese neuen «Informationsquellen» richtig nutzen, können die Beziehung zu ihren Kunden besser

gestalten, den Wert der Marke erhöhen und schlussendlich den Umsatz steigern. Wer eine Marketingkultur schafft, die offen ist für Informationen aus Social Media, wird zukünftig deutlich besser in der Lage sein, auf Veränderungen in der Branche und auf neue Technologien zu reagieren», meint Heller Baird. Dauerhafte Beziehungen aufbauen und pflegen Für CMOs hat die Kundenbindung im digitalen Zeitalter höchste Priorität. Mehr als die Hälfte der Marketingverantwortlichen glaubt, dass Social Media ein wichtiger Kommunikationskanal zur Kundenbindung ist. Kunden möchten dadurch aber nicht nur einfach Informationen über das Unternehmen erhalten, sondern sind vor allem daran interessiert, einen konkreten Nutzen zu erhalten. So nannten die Verbraucher in einer früheren IBM Studie (From Social Media to Social CRM, 2010) auf die Frage, warum sie einem Unternehmen im Internet folgten, als wichtigste Gründe «Rabatte zu erhalten» (61 Prozent) und «einkaufen» (55 Prozent). Nur 33 Prozent wollten sich mit dem Unternehmen «verbunden fühlen». Der aktuellen IBM CMO Studie zufolge lassen nur 26 Prozent der CMOs Feedback aus Blogs in ihre Marketingstrategien einfliessen, auf die Kritik Dritter schauen 42 Prozent und das Urteil von Verbrauchern berücksichtigen 48 Prozent. Ergebnisse messen Nahezu zwei Drittel der befragten Marketingchefs gehen davon aus, dass ihre Abteilungen 2015 hauptsächlich an der Rendite auf Marketinginvestitionen gemessen werden, am Marketing ROI (Return on Investment). Doch selbst bei den erfolgreichsten Unternehmen fühlt sich die Hälfte der verantwortlichen Manager schlecht darauf vorbereitet, harte Zahlen zu liefern. Wenn CMOs für den ROI aus ihren Marketinginvestitionen verantwortlich gemacht werden, müssen sie auch wesentlichen Einfluss auf alle

KMU LIFE · 06/2011 53


MARKETING

vier «Ps» (Product, Price, Place und Promotion) des Marketing Mix’ haben. Sie haben gemäss eigenen Angaben zwar grossen Einfluss auf Promotionsaktivitäten wie Werbung, externe Kommunikation und digitale Medien. Sie spielen aber bei der Gestaltung der übrigen drei Ps eine weniger wichtige Rolle. Dies ist überraschenderweise bei mehr als der Hälfte der Fall. Vier Herausforderungen meistern Die Studie zeigt, dass Marketingchefs vier Herausforderungen meistern müssen:

In neuen Kommunikationskanälen auf gleicher Augenhöhe mit dem Kunden agieren.

54

KMU LIFE · 06/2011

• Datenexplosion – 90 Prozent aller heute verfügbaren Daten wurden erst in den vergangenen zwei Jahren geschaffen. • Einsatz von Social Media – dank Social Media kann heute jeder Informationen veröffentlichen und kommentieren. • Wahl der richtigen Kanäle und Geräte – der Handel per Mobilfunk erreicht 2016 Schätzungen zufolge USD 31 Milliarden, was einer jährlichen Wachstumsrate von 39 Prozent entspricht. • Veränderungen im Verhalten der Verbraucher – neue globale Märkte und jüngere Generationen, die Informationen anders nutzen und konsumieren, verändern den Markt. Diese Faktoren werden die Marketinglandschaft in den kommenden drei bis fünf Jahren tiefgreifend verändern. Die überwiegende Mehrheit der CMOs fühlt sich darauf schlecht vorbereitet. Bei den Befragungen haben sich drei wichtige Bereiche für Verbesserungen

herauskristallisiert. CMOs müssen ihre Kunden besser verstehen und ihnen einen konkreten Nutzen bieten. Sie müssen dauerhafte Beziehungen aufbauen und den Beitrag, den das Marketing zum Erfolg des Unternehmens leistet, in relevanten, quantifizierbaren Zahlen messen können. Auch für KMU gibt es Potentiale Inzwischen ist die technologische Experimentierphase mit Social Media-Kommunikationskanälen vorbei. Die Kinderkrankheiten sind ausgeräumt. Trotzdem tun sich gerade bei kleinen Unternehmen die Verantwortlichen mit Facebook, Twitter, Xing und Co. noch schwer. Privat und als Einzelpersonen sind sie voll integriert. Im Rahmen ihres Unternehmens haben sich die Möglichkeiten der Branding- und Marketingstrategien aber noch nicht etabliert. Der finanzielle und vor allem zeitliche Aufwand wirkt auf den ersten Blick abschreckend. Die


MARKETING

Experimentierphase hält an. So ist Web 2.0 theoretisch eine Daten-Bonanza, die wichtige Informationen für die Gestaltung von Marketingaktivitäten liefern. In der Praxis werden sie aber noch nicht vollständig ausgeschöpft. Das bestätigt auch die Studie. 61 Prozent der KMU tun sich schwer, die Potentiale von Social Media in Businessmöglichkeiten zu transformieren. Nur 40 Prozent der KMU nehmen sich genügend Zeit für die Evaluation, um zu verstehen, wie die Kundenkommunikation, zum Beispiel in Form von Blogs, in ihre Unternehmensstrategie integriert werden kann. Andy Monshaw, General Manager of IBM Midmarket Business, fasst es so zusammen: «Social Media öffnet für Unternehmen jeglicher Grösse Möglichkeiten, direkt und auf gleicher Augenhöhe mit Kunden und potentiellen Kunden zu kommunizieren. Reputation und Loyalität werden in diesem Rahmen neu bewertet.»

Über die globale CMO-Studie Die IBM Global Chief Marketing Officer Study 2011 ist IBMs erste CMO-Studie – und die 15. in der laufenden Untersuchungsreihe, bei der das IBM Institute for Business Value das Befinden verschiedener Führungspositionen unter die Lupe nimmt. Von Februar bis Juni 2011 hat IBM 1’734 Marketingchefs aus 19 Branchen in 64 Ländern besucht. Ziel ist es, ihre Ziele und Herausforderungen besser zu verstehen. Die Befragten kommen aus einer breiten Palette an Unternehmen, von 48 der 100 markenstärksten Unternehmen des 2010er Interbrand-Rankings bis hin zu Kleinen und Mittleren Unternehmen mit vorwiegend lokalem Profil. Mehr zur Studie http://www-05.ibm.com/ch/cmo-study/de Link zum Self Assessment Tool: http://www.ibmcmostudy.com

Weitere Informationen

Susanne Marty leitet seit 2006 den Bereich Marketing & Communications der IBM Schweiz und ist Mitglied der Geschäftsleitung.

www.ibm.com/ch/de

www.aastra.ch

Erfolgreiche Geschäftskommunikation Mit einem massgeschneiderten Kommunikationssystem von Aastra erhöhen Sie die Produktivität Ihres Unternehmens: Zur klassischen Telefonie oder Voice over IP (VoIP) kommen sinnvolle Anwendungen wie Mobilitätslösungen, Anbindung an Outlook™ und interne Datenbanken, Präsenzmanagement oder Konferenzlösungen. Aastra Lösungen sind in Unternehmen jeder Branche und Grösse zuhause. Aastra optimiert Ihre Geschäftskommunikation.

Aastra Telecom Schweiz AG


RECHT

Bei einer falschen Eintreibungsstrategie kann man ziemlich nackt aussehen.

Erfolgreiches Betreiben Ein Leitfaden für die Praxis von Nadia Rüedi und Robert Hess

Eine Betreibung ist eine lästige Angelegenheit, bei der man viel falsch machen kann und zudem der Schuldner meist einen Schritt voraus ist. Die Autoren erläutern was im Betreibungsverfahren am häufigsten falsch gemacht wird und wie diese Fehler vermieden werden können. Die dargestellten Merkpunkte sollen dem Gläubiger im unternehmerischen Alltag als Leitfaden für eine erfolgreiche Betreibung dienen.

56

KMU LIFE · 06/2011


RECHT

B

edauerlicherweise hat die Zahlungsmoral von Herr und Frau Schweizer in den vergangenen Jahren stetig abgenommen. Immer häufiger werden Rechnungen erst mit erheblicher Verspätung oder gar nicht bezahlt. Dass die mittelständischen Unternehmen von ihrer Kundschaft mehr und mehr als faktische Kreditgeber missbraucht werden ist ärgerlich, entspricht aber leider zunehmend der ökonomischen Realität. Dass unter dieser Entwicklung vor allem die KMU zu leiden haben, liegt wohl in erster Linie daran, dass der Mittelstand aufgrund seiner eher bescheiden beschaffenen Kapitalstruktur nur über ein beschränktes Quantum an Ressourcen verfügt. Die meisten mittelständischen Unternehmen können es sich schlichtweg nicht leisten, jeden potentiellen Vertragspartner hinsichtlich seiner Bonität auf Herz und Nieren zu prüfen. Damit der Gläubiger dennoch zu seinem Geld kommt, bietet die Schweizerische Rechtsordnung ein an sich einfaches und unkompliziertes Instrument: Die Betreibung. Richtig angewendet, ist die Betreibung ein effizientes und probates Mittel, um säumigen Schuldnern auf die Finger zu klopfen. Die in der Praxis gesammelten Erfahrungen zeigen jedoch, dass es für den Gläubiger aufgrund von fehlerhaften Betreibungsanhebungen und unnötigen Fehlern im häufig folgenden Rechtsöffnungsverfahren regelmässig zu zusätzlichen Verzögerungen und erheblichen Mehrkosten kommt. Solche Probleme gilt es zu vermeiden. Das Einleiten der Betreibung Die Betreibungseinleitung erfolgt durch ein an das Betreibungsamt gerichtetes Betreibungsbegehren. Sie ist an keinerlei Voraussetzungen gebunden und verlangt insbesondere weder eine Zahlungsaufforderung noch eine vorgängige Androhung der Betreibung. Eine solche

Mahnung ist aber dennoch zu empfehlen, denn sie kann unter Umständen den Schuldner doch noch zur Zahlung bewegen. Grundsätzlich kann aber jeder jeden ohne Grund betreiben. Es liegt nicht in der Kompetenz des Betreibungsamts, zu prüfen, ob der geforderte Betrag tatsächlich geschuldet wird. Das Betreibungsbegehren ist schriftlich oder mündlich an das örtlich zuständige Betreibungsamt zu richten (www. betreibungschalter.ch). Natürliche Personen sind an ihrem Wohnsitz zu betreiben. Die im Handelsregister (www.zefix.ch) eingetragenen juristischen Personen und Gesellschaften sind an ihrem Sitz und nicht eingetragene juristische Personen am Hauptsitz ihrer Verwaltung zu betreiben. Amtliche Betreibungsformulare können bei jedem Betreibungsamt bezogen werden und stehen meist auch elektronisch zur Verfügung. Das Verwenden eines solchen Formulars ist nicht zwingend, aber dennoch sehr zu empfehlen, da mit Verwendung des amtlichen Formulars sichergestellt ist, dass im Begehren alle Angaben enthalten sind, welche das Betreibungsamt benötigt. Zu beachten ist, dass während den Betreibungsferien (jeweils sieben Tage vor und nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. bis 31. Juli) vom Betreibungsamt keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden. Ebenfalls zu bedenken gilt es, dass der Gläubiger mit Anhebung der Betreibung einen Vorschuss für die Betreibungskosten zu leisten hat. Unterlässt er dies, kann (und wird) das Betreibungsamt auf die Ausfertigung und Zustellung des Zahlungsbefehls verzichten. Die Bevorschussung hat von Gesetzes wegen vom Gläubiger zu erfolgen. Dieser kann den Vorschuss jedoch vom Schuldner zurückverlangen, indem er die Betreibungskosten von allfälligen Zahlungen des Schuldners abzieht, bevor er diese Zahlungen mit der ausstehenden Forderung in Verrechnung bringt.

Die Vorschusspflicht ist einer der Gründe, weshalb viele Gläubiger vor einer Betreibung zurückschrecken. Sie scheuen den zusätzlichen Aufwand und befürchten, oft völlig zu recht, dass das vorgeschossene Geld beim Schuldner nicht mehr einzutreiben ist. Ab welcher Forderungssumme sich daher eine Betreibung lohnt, muss jeder Gläubiger aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse selbst entscheiden. Eines ist jedoch sicher: Unterlässt der Gläubiger die konsequente Eintreibung von ausstehenden Forderungen kommt ihn dies auf Dauer teurer zu stehen als der Verlust von einzelnen Kostenvorschüssen. Inhalt des Betreibungsbegehrens Der Gläubiger sowie der Schuldner müssen im Betreibungsbegehren klar und eindeutig bezeichnet werden. Bei einer juristischen Person ist der Name des berechtigten Vertreters anzugeben. Werden Mitschuldner (zum Beispiel aufgrund einer Solidarschuldnerschaft beim Mietvertrag) betrieben, so ist für jeden ein separates Betreibungsbegehren einzureichen. Der Gläubiger hat im Betreibungsbegehren die Forderungssumme anzugeben. Sie muss eindeutig bestimmt oder bestimmbar sein. Die Forderungssumme muss überdies in Schweizer Franken angegeben werden. Massgeblich ist dabei der Wechselkurs am Tag des Betreibungsbegehrens. Werden Zinsen gefordert, so sind sowohl der Zinsfuss wie auch der Tag, seit dem der Zins verlangt wird, anzugeben. Ebenso anzugeben ist der Forderungsgrund (zum Beispiel Miete, Werklohn, Darlehen). Die einfache Bezeichnung des Forderungsgrundes ist aber schon ausreichend, da der eigentliche Bestand der in Betreibung gesetzten Forderung noch nicht nachgewiesen werden muss. Bei periodischen Leistungen (zum Beispiel Miete, Leasing) ist zudem die Periode für die geltend gemachte Forderung anzugeben.

KMU LIFE · 06/2011 57


RECHT

Betreibungsbegehren

Zahlungsbefehl

Zahlung

Rechtsvorschlag

kein Rechtsvorschlag

Rechtsöffnungsgesuch

Gläubiger/in Schuldner/in

Rechtsöffnung

Fortsetzungsbegehren

Betreibungsamt Gericht

Wirkungen des Betreibungsbegehrens Das formell korrekt eingereichte Betreibungsbegehren bewirkt, dass das Betreibungsamt den entsprechenden Zahlungsbefehl erlässt und diesen dem Schuldner zustellt. Mit Zustellung des Zahlungsbefehls erfährt der Schuldner offiziell von der gegen ihn eingeleiteten Betreibung. Nun hat er drei Möglichkeiten: Entweder kann er die Forderung anerkennen und begleichen, die Forderung innert zehn Tagen mittels Rechtsvorschlag bestreiten oder nichts unternehmen. Im letzteren Fall kann der Gläubiger automatisch nach 20 Tagen beim Betreibungsamt die Fortsetzung der Betreibung verlangen. Rechtsvorschlag und Rechtsöffnung Die Erhebung des Rechtsvorschlags durch den Schuldner unterbricht, zumindest vorübergehend, die Betreibung. Um den Rechtsvorschlag zu beseitigen, muss der Gläubiger beim Gericht, üblicherweise beim Einzelrichter, die Aufhebung des Rechtsvorschlags, die sogenannte Rechtsöffnung, verlangen. Formulare hierfür können bei den Bezirksgerichten bezogen werden. Das Rechtsöffnungsgesuch ist dem Gericht nicht nur in doppelter Ausführung einzureichen, sondern auch mit den nötigen Beweisurkunden zu versehen. Es geht nun nämlich darum, dem Gericht glaubhaft darzulegen, dass die behauptete Forderung Bestand hat und der Gläubiger den Schuldner zu Recht

58

KMU LIFE · 06/2011

Fortsetzung der Betreibung

betrieben hat. Das Rechtsöffnungsverfahren wird fast ausschliesslich als summarisches Verfahren geführt, was zur Folge hat, dass der zuständige Einzelrichter primär aufgrund der eingereichten Akten entscheidet. Ist absehbar, dass aufgrund der Komplexität der Forderung oder der Menge der vorhandenen Akten die Beweisführung mit Schwierigkeiten verbunden sein könnte, soll der Gläubiger sich bitte selbst einen Gefallen tun und sich an einen Anwalt wenden. Hier am falschen Ort zu sparen, kann sehr teuer werden. Jedenfalls ist dem Rechtsöffnungsgesuch zwingend der Rechtsöffnungstitel beizulegen, da das Gericht ansonsten nicht auf das Rechtsöffnungsbegehren eingehen wird. Der Rechtsöffnungstitel ist die zentrale Beweisurkunde einer Forderung, also beispielsweise ein früheres Gerichtsurteil oder ein vom Schuldner unterzeichneter Vertrag (Schuldanerkennung). Ist ein solcher Rechtsöffnungstitel nicht vorhanden, so kann die Forderung auf dem ordentlichen Prozessweg geltend gemacht werden. Auch in diesem Fall ist der Beizug eines Rechtsanwalts empfehlenswert. Fortsetzung der Betreibung Wurde die Forderung durch das Gericht bestätigt, die Rechtsöffnung erteilt und der Rechtsvorschlag dadurch beseitigt, kann der Gläubiger beim Betreibungsamt die Fortsetzung der Betreibung verlangen. Das Betrei-

bungsamt beginnt dann damit, mögliche Vermögenswerte des Schuldners zwecks späterer Versilberung sicherzustellen beziehungsweise zu pfänden. In der Hoffnung, etwas Ordnung in die alltäglichen Betreibungswirren gebracht zu haben, kann abschliessend nur noch erfolgreiches Betreiben gewünscht werden! Quellen: • SchKG (SR 281.1) / ZPO (SR 272) • Entscheide des Bundesgerichts (abrufbar unter: www.bger.ch) • Basler Kommentar SchKG I, 4. Auflage, Basel 2010

Weitere Informationen

Nadia Rüedi lic. iur. ist in Vorbereitung auf das Anwaltspatent.

Robert Hess MLaw dissertiert im Bereich des Wettbewerbsrechts an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Fribourg.



MOBILITÄT

Teilnehmer der Diskussion (v.l.n.r).: Reto Cavegn (Geschäftsführer TCS), Urs Fahrni, (Geschäftsführer The Mobility House), Walter Lange (Geschäftsleiter der Gasmobil AG), Thomas Hügli (Moderation), Dr. Rolf Hartl (Präsident der Erdölvereinigung), Kai Spehr (Projektleiter bei Myclimate), André Caronni (bei Philips für das Flottenmanagement zuständig) und Andreas Burgener (Direktor Auto-Schweiz).

Auf dem Weg zur grünen Flotte Strategische Positionierungen für die nächsten Jahre

zusammengestellt von Georg Lutz

Grüne Mobilität ist kein Selbstläufer. Verschiedene Akteure haben unterschiedliche Interessen. In der Praxis steht das grüne Flottenmanagement, beispielsweise was die E-Mobilität betrifft, noch in den Kinderschuhen. KMU LIFE war an einer Podiumsdiskussion, bei der neben vielen unterschiedlichen Strategien auch Gemeinsamkeiten festzustellen waren. Wir dokumentieren die Kernaussagen der Diskussion.

60

KMU LIFE · 06/2011


MOBILITÄT

Noch kein Kultobjekt des 21. Jahrhunderts: Das Elektroauto. Kultobjekt des 20. Jahrhunderts: Das Auto mit Verbrennungsmotor.

A

m 27. Oktober organisiert LeasePlan Schweiz ein Podiumsgespräch. Unter dem Titel «Auf dem Weg zur grünen Flotte» sitzen sieben Interessensvertreter, die eine kontroverse Debatte versprachen. Das ist für einen Firmenevent ungewöhnlich, verspricht aber mehr Spannung. Die Gründerzeitvilla Villa Boveri in Baden ist ein gutes Pflaster, um technologische Innovationen für die nächsten Jahre auszuloten. In solchen Villen wurde Ende des 19. Jahrhunderts über die Technologien und Fortbewegungsmittel im 20. Jahrhundert nachgedacht. Jetzt sind wir im 21. Jahrhundert und es stellt sich die Frage nach den kommenden Mobilitätswegen. Tauchen wir in die Diskussion ein. Der Gesprächsleiter Thomas Hügli hat zuächst einen Blick in die Zukunft geworfen und wollte herausfinden, welche alternativen Antriebskonzepte sich durchsetzen werden und was das für Unternehmen bedeutet. Was ist eine grüne Flotte?

Kontroverse Punkte und Effizienz als gemeinsamer Nenner Für Andreas Burgener, Direktor Auto-Schweiz, ist ein ökologisches oder «grünes» Fahrzeug hocheffizient, sicher, sauber im Sinne des Einsatzes neuster Abgastechnologie und es ist käuflich. Das heisst, man kann das Fahrzeug im Markt zu vernünftigen Preisen erstehen. Burgener ist der Meinung, dass vom Kunden nicht erwartet werden kann, dass er für ein Produkt ab der Stange den doppelten Preis bezahlt, aber Einbussen beim Komfort hat, sei es bei der Reichweite oder beim Enteisen der Windschutzscheibe. Walter Lange, der als Geschäftsleiter der Gasmobil AG jeden Tag mit erd- und biogasbetriebenen Fahrzeugen zu tun hat, ist zufrieden, da von Seiten Elektromobilität wie auch Erdgas/ Biogas grüne Lösungen auf dem Markt vorhanden sind und von den Käufern vermehrt in Betracht gezogen werden. Unbestritten ist für ihn, dass der CO2-Ausstoss eines Fahrzeugs bei der ganzen Diskussion ein wichtiger Faktor ist und dazu beiträgt, dass das Fahrzeug in den

Augen der Öffentlichkeit und der Medien ein «grünes» Image hat. Wenn anstelle des Verbrennungsmotors Erd- und Biogas zum Einsatz kommen, kann der CO2-Ausstoss um 40 Prozent verringert werden. Diese Betrachtungsweise ist Dr. Rolf Hartl, Präsident der Erdölvereinigung, zu einseitig. Bei der Frage was eine grüne Flotte ist, muss wohl der CO2-Ausstoss eines Fahrzeugs betrachtet werden, aber auch die Herstellungskette und die übrige Umweltbelastung spielen eine wichtige Rolle. Nicht vergessen werden darf, dass auch Elektrizität hergestellt werden muss. So sind in Europa 60 Prozent der Elektrizitätsproduktion fossil, was das Ganze in einem anderen Licht erscheinen lässt. Letztendlich sind für Dr. Hartl die Umweltaspekte nur ein Teil des Entscheidungsprozesses, mit dem der Käufer konfrontiert ist, wenn dieser ein neues Antriebskonzept erwerben will. Urs Fahrni, Geschäftsführer The Mobility House, kennt sich im Elektromobilitätsmarkt aus und weist darauf hin, dass sich der

KMU LIFE · 06/2011 61


MOBILITÄT

und hat ihren Preis, jedoch noch nicht ganz den gewohnten Komfort, zumindest was die Nutzlast und die Reichweite betrifft.

Strommix in der Schweiz glücklicherweise umgekehrt zu Europa verhält: So ist in der Schweiz der Strommix zu 60 Prozent erneuerbar und 40 Prozent fossil, bis jetzt. Nichts desto trotz läuft für Fahrni das Elektromobil dem herkömmlichen Fahrzeug den Rang ab, da es trotz allem den geringeren Ausstoss hat. Einen etwas anderen Blickwinkel nimmt Reto Cavegn ein, der als Geschäftsführer TCS von Berufs wegen miterlebt, dass Elektrofahrzeuge auch mal auf halber Strecke stehen bleiben. Cavegn stellt fest, dass das Elektroauto nicht das geeignete Auto für jedermann ist. Die Wahl des Fahrzeugs hängt vom individuellen Mobilitätsprofil ab und es muss käuflich und zahlbar sein. Das Angebot im Elektrobereich ist nach Meinung Cavegns nach wie vor relativ klein. Das Angebot sollte verbessert werden und die Versorgungssicherheit gewährleistet sein. Mobilitätsphilosophie vorleben Kai Spehr, Projektleiter bei myclimate, bringt den Umweltaspekt in die Runde und sagt, dass den Emissionen pro gefahrenen Kilometer einen Riegel gesetzt werden muss. Wirkungsvoll wäre, wenn auch gasförmige Abfallprodukte einen Preis kriegten – so wie man das von den Abfallgebühren kennt. Denn vieles geht bei den Konsumenten über das Portemonnaie. Ein weiterer Ansatz, der sich positiv auf die Umwelt auswirkt ist die Effizienzsteigerung: Wie muss jemand mobil sein? Bei welcher Gelegenheit soll der Zug, das Fahrzeug oder das

62

KMU LIFE · 06/2011

Flugzeug benutzt werden? Aus Sicht des Unternehmens ist es wichtig, dass die grüne Flotte nicht nur der grüne Mantel ist, den sich eine Firma umlegt. Corporate Social Responsability sollte im gesamten Betrieb gelebt werden und ein Bestandteil des Programms sein. Erst dann kann eine grüne Flotte dieses Image effektiv nach aussen tragen. Die Frage nach der Marktreife Folgt man der Diskussion, so könnte der Eindruck entstehen, dass bei den Elektrofahrzeugen die Technik noch nicht ganz ausgereift ist für den breiten Markt. Mit dieser Frage wird Andreas Burgener konfrontiert, der als Direktor Auto-Schweiz der Vereinigung offizieller Automobilimporteure in der Schweiz vorsteht. Burgener klärt auf, dass die Automobilimporteure seit der ersten Stunde bei der Umstellung zur grünen Flotte mit dabei sind. Das, was sich jetzt in der Branche abzeichnet, ist ein neuer Trend, die sogenannte «Elektrifizierung des Autos». Schaut man 20 Jahre in die Zukunft, so wird zu 80 Prozent ein thermisches Aggregat gefahren werden, prophezeit Burgener. Für ihn ist jedoch die Gretchenfrage, ob der Kunde das Angebot, das es auf dem Markt gibt, überhaupt will: Ist der Kunde bereit für ein Kleinauto CHF 46’990 zu bezahlen? Dass die Elektromobilität funktioniert, hat sich gezeigt, sonst ginge laut Burgener ein namhafter Automobilhersteller nicht auf den Markt. Die Pionierphase ist vorbei – heute will der Kunde mindestens 50 Kilometer am Stück fahren. Die Technik ist vorhanden

Mobilität gestern – heute – morgen Für Dr. Rolf Hartl macht es Sinn, zu reflektieren, weshalb sich die Elektromobilität immer noch nicht ganz durchsetzen konnte. Insbesondere wenn man bedenkt, dass im Jahr 1910 die Hälfte aller Fahrzeughalter der Stadt New York mit Elektrofahrzeugen unterwegs war. Trotzdem hat sich in den letzten hundert Jahren der Verbrennungsmotor praktisch als Monopol durchgesetzt. Warum dies? Hartl führt aus, dass der Verbrennungsmotor Vorteile hat, die schwer zu überbieten sind. So sind sich die Konsumenten gewohnt, innerhalb von fünf Minuten Energie zu tanken und mit einer Tankladung 500 bis 1’000 Kilometer zu fahren. Wechselt das Benzinlämpchen auf Rot, so können immer noch 15 bis 20 Kilometer gefahren werden. Die Konsumenten sind es sich ausserdem gewohnt, dass ein Mittelklassewagen für CHF 30’000 zu haben ist und dass – von Ausnahmefällen abgesehen – der Benzinpreis selten CHF zwei pro Liter übersteigt. Alle diese Merkmale des Verbrennungsmotors sind zugleich die hohen Markteintrittsschranken für jegliche Art der Konkurrenz – seien es Elektrofahrzeuge, Erdgas oder Biotreibstoff. Ist ein Umdenken realistisch? Kai Spehr bejaht und sagt, dass allgemein das Mobilitätskonzept überdenkt werden muss. Das setzt voraus, sich zu überlegen, welches Verkehrsmittel für welche Strecke gewählt werden soll. Manchmal ist es das Flugzeug, manchmal der Zug oder das Fahrzeug. Wenn ein Fahrzeug das geeignete Mittel ist, um von A nach B zu gelangen, dann sollte dasjenige mit dem geringsten Emissionsausstoss benutzt werden. Die geringere Emission ist eine Folge des niedrigeren Verbrauchs, da das Verbrennen des Treibstoffs immer ungefähr dieselbe Menge Emissionen freisetzt. Je weniger verbrannt wird, desto weniger Emission wird freigesetzt und das reduziert die Betriebskosten. Die Rechnung lautet dann so, dass bei einem Fahrzeug, das 30’000 Kilometer Fahrleistung im Jahr macht, CHF 3’000 Spritkosten entstehen. Um diese Emission zu kompensieren und um das Gewissen zu beruhigen, würde dies CHF 120 pro Jahr kosten. Dass dem nicht genug ist, versteht sich von selbst – sparen kann man also nur mit


MOBILITÄT

effizienteren Fahrzeugen. Mittlerweile gibt es Automobilhersteller, die ihre Fahrzeuge mit einer Grundkompensation anbieten, so dass die ersten zwei Jahre kompensiert werden können. Kompensation sollte jedoch immer die letzte Massnahme sein, zuerst muss das Mobilitätskonzept überdacht werden, ganz nach dem Motto: «Do your best, offset the rest.» Aus praktischer Kundensicht André Caronni ist bei Philips für das Flottenmanagement zuständig. Für ihn ist es wichtig, dass eine Firma im Gesundheitsbereich vernünftig auftritt. So wurden in der Flotte, bestehend aus Passat, zuerst die PS von 170 auf 140 Kilometer reduziert. Dies kam bei den Mitarbeitenden jedoch nicht gut an, da sie das Gefühl hatten, dass ihnen etwas weggenommen wird. So wurde ihnen quasi als Gegengeschäft das Xenonlicht angeboten, was die Gemüter etwas beruhigte. Caronni macht immer wieder die Erfahrung, dass mit einem Fahrzeug viele Emotionen verbunden sind, da die Fahrer pro Jahr ungefähr 35’000 Kilometer und mehr zurücklegen. Ein nächster geplanter Schritt von RZ_1_MAL_WEBSITECREATOR_205X135.ai 19.7.2011

Philips ist eine Obergrenze bezüglich des CO2Ausstosses festzulegen. Elektrofahrzeuge kommen für Caronni und seine Flotte noch nicht in Frage, da die Fahrer bis zu 300 Kilometer pro Tag zurücklegen und Elektromobilität für diese weiten Strecken noch zu wenig geeignet ist. Bereits ist jedoch ein Kombifahrzeug Gas/ Benzin im Einsatz. Der Fahrer, der dieses Fahrzeug ausdrücklich wünschte, muss zwar häufiger tanken aber grundsätzlich ist der geringe Mehraufwand kein Thema. Caronni hofft, dass durch die guten Erfahrungen noch andere Fahrer auf ein Kombifahrzeug umsteigen möchten. Von Unternehmensseite werden ebenfalls Anreize geschaffen, damit den Fahrern der Wechsel leichter fällt. Zum Schluss betont Caronni, dass eine grüne Flotte nicht nur bei den Mitarbeitenden umgesetzt werden soll, sondern auch die Geschäftsleitung den Wechsel zu einem grüneren Fahrzeug vollziehen sollte. Alternative Antriebe in Unternehmen Walter Lange fügt an, dass eine Umstellung leichter fällt, wenn das ausgewechselte Elektrofahrzeug 14:52:24 Uhr seinem Vorgänger bezüglich Fahr-

spass und Komfort ähnlich ist. Wenn ein Unternehmen dies bieten kann, wird der Entscheid von den Mitarbeitenden meistens akzeptiert. Dann folgt eine Zeit des Ausprobierens und die Verantwortlichen nehmen das Feedback entgegen und werten es aus. Lange hält fest, dass jemand, der grundsätzlich kein Erdgas/Biogas will, schwer von dessen Vorteilen zu überzeugen ist. Er stimmt mit Caronni überein, dass die Direktion eine umweltfreundliche Mobilität vorleben muss. Für Urs Fahrni liegt auf der Hand, dass, wenn sich eine Firma gegen aussen in einem nachhaltigen Bereich positionieren will, sie auch mehr Geld dafür in die Hand nimmt. Der Preis ist dann nicht mehr das Hauptargument. Viele Firmen ersetzen einen Teil der Flotte, um sich umweltfreundlicher zu positionieren.

Weitere Informationen www.leaseplan.ch

Die eigene Website, ganz einfach. Mit dem WebsiteCreator schnell und kostenlos gestalten. n.

TUF Z T J E IS A

T bland . ch A R G .we www

1. Design auswählen

1

2. Inhalt bearbeiten

2

3. Publizieren !

3


HUMAN RESSOURCE

64

KMU LIFE 路 06/2011


HUMAN RESSOURCE

Weniger kann mehr sein Das «THE Age of Less» ist angebrochen

Interview mit David Bosshart von Georg Lutz

Unsere Wachstumsvorstellungen richten sich noch immer am klassischen Bruttosozialprodukt aus. Dort geht es um reine Quantität. Qualität ist kein Kriterium. Für David Bosshart, Leiter des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI) geht das Zeitalter des reinen Zahlenwachstums zu Ende. In seinem neuen Buch «Age of Less» fordert er aber keinen Ausstieg, sondern einen Umstieg. Was bedeutet das nun? David Bosshart lieferte im Interview die Antworten.

Ihre zentrale These lautet weniger kann Mehr sein. In der volkswirtschaftlichen Statistik spielt genau dies zum Beispiel bei der Berechnung des BSP eine zentrale Rolle: Dort ist mehr besser. Was läuft da aus Ihrer Sicht falsch? Als Zyniker könnte man argumentieren: Wer heute noch glaubt, dass es – über konjunkturelle Schwankungen – immer so weitergehen kann wie in den letzten Jahrzehnten, muss entweder verrückt sein, oder ein Makroökonom. Die Anzeichen, dass wir – zumindest – das Falsche messen und priorisieren, sind überwältigend. Wir erleben die dramatischen Folgen des Klimawandels, immer kürzere Zyklen von Krisen und Rezessionen, eine mentale Krise durch untaugliche makroökonomische Modelle, Staats- und Marktversagen, steigende Arbeitslosigkeit und soziale Probleme bei gleichzeitig steigender Verschuldung, politische Desintegration … Wir sind gut im Manipulieren von und im opportunistischen Umgang mit Zahlen.

Dabei sind sehr viele positive Ansätze vorhanden. Technologie, Wissen, Kommunikation bieten genügend Möglichkeiten, unseren Planeten auch mit sieben oder acht Milliarden Menschen lebbar zu machen.

Die Grundthese gab es auch schon 1973 vom «Club of Rome». Vor welchen Brüchen standen wir damals und vor welchen heute? Damals gab es den Systemwettbewerb – der gute Westen gegen den bösen Osten, oder umgekehrt, je nach Perspektive. Das war Mo-

langsamt. In den folgenden Jahrzehnten wurde auf Teufel komm raus alles unternommen, um Wachstum zu generieren …

Können Sie das mit zwei, drei Beispielen verdeutlichen? Zum Beispiel mit einer nie dagewesenen Finanzmarktderegulierung. Heute müssen wir ernüchtert feststellen: Das war mehr als ein Schlag ins Wasser. Weder die Wissensgesellschaft noch die Fokussierung auf Finanzmarktinnovationen haben annähernd das gebracht, was wir uns erhofft haben. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Gleichzeitig haben wir die politische Macht zu teilen: China, Indien, Brasilien, zum Teil Russland oder gar die Türkei oder Indonesien sind heute im «Drivers Seat». Demgegenüber sind wir in der Defensive, vor allem wenn die demografische Herausforderung mitberechnet wird. Die Welt wird jung, asiatisch, weiblich und hungrig. Die alten weissen Män-

«Die alten weissen Männer müssen lernen, Macht zu teilen.» tivation für Wachstum, Wettbewerb, sprich den Feind zu schlagen. Die Erdölkrise haben wir nicht ernst genommen, vor allem hat sich das Wachstum seit den siebziger Jahren ver-

ner müssen lernen, Macht zu teilen. Die neuen Bedürfnisse und Wünsche wachsen in der globalen Welt viel schneller als die Ressourcen die wir zur Verfügung haben.

KMU LIFE · 06/2011 65


HUMAN RESSOURCE

Die Begrenztheit der Erde ist ein Risiko, aber auch eine Chance.

Gerne wird Ihr Buchbegriff «The Age of Less» mit Verzicht gleichgesetzt. Menschen, die das Thema Nachhaltigkeit weiterbringen wollen, kämpfen ja seit Jahren mit dem Problem. Worin liegt der Unterschied? Verzicht ist nicht der richtige Ansatz, denn er ist negativ besetzt. Wir müssen zum Beispiel nicht aufhören, zu shoppen, aber wir müssen anders konsumieren. Wir können auch wachsen, aber bitte ressourcenschonend und robust. Wir haben heute in vielen Bereichen keinen Mangel, sondern Überfluss: Die Digitalisierung bringt kulturellen Reichtum in Hülle und Fülle und fordert die Erziehung und die lernwilligen Menschen positiv heraus. Informationen sind leichter denn je und günstiger denn je vorhanden für alle, die weiterkommen wollen. Es bedarf nur wenig staatlicher Unterstützung, um Prozesse anzuschieben.

Ein roter Faden in Ihrem Buch sind die Beziehungen vom «Ich» und dem «Wir». Dabei gibt es klare Aussagen. Die Zeit der rein hedonistischen Typen ist vorbei. In der Businesswelt sind sie aber weiter prägend? Sie sehen die Phänomene überall. Warum wohl sind Facebook oder andere Kommunikationswege von Social Media so erfolgreich? Warum setzen wir auf teamorientierte Führung und soziale Kompetenz? Der Patron, der alle Fäden

66

KMU LIFE · 06/2011

souverän zieht, der autistische Führungsstil, der grosse Charismatiker, der alles in seinen Bann ziehen kann, der Superstar sind in der vernetzten Welt der gegenseitigen Abhängigkeiten kein Modell mehr.

oder zwingen Mitarbeitende zu bestimmten Handlungen, sondern «nudgen» sie wie eine Elephantenmutter ihr Baby. Die Mutter schubst das Baby freundlich in die richtige Richtung, aber das Futter muss es selbst finden.

Das «Wir» heisst heute Sharing, Kooperation oder Kollaboration. Wie findet das in der heutigen Businesswelt statt?

Wer sind bei diesen Prozessen die gesellschaftlichen Träger, die in der Unternehmenswelt solche Prozesse weiter bringen?

Die ganze digitale Welt ist ein schönes Beispiel. Unsere Kinder lernen, auf Flickr Photos zu teilen und ihren Schulkameraden einen Zugang zu Ferienerlebnissen zu machen. Die Google-Welt stellt ihnen kostenlos viele Tools zur Verfügung, die es leicht machen, intern oder extern Projektarbeit in Echtzeit zu koordinieren und voranzutreiben. Je mehr wir lernen, Wissen auszutauschen, desto «normaler» werden Kooperationen, und schliesslich Kollaboration. Zugespitzt gesagt: In einer vernetzten Welt basiert Wettbewerbsfähigkeit auf Kollaborationsfähigkeit.

Menschen, die einen übergreifenden Horizont haben, langfristig denken statt opportunistisch taktieren, Glaubwürdigkeit ausstrahlen können, sich von der Silomentalität lösen, die sie in vielen heutigen Ausbildungen noch mitgekommen haben, die ein Gespür dafür haben, betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche und globale Themen zusammen denken zu können und in einfache Handlungsmuster übersetzen.

Die Bewegung in der Veränderung kommt heute aus Ihrer Sicht nicht mit dem pädagogischen Schlaghammer oder einer Revolution, sondern in Form von «nudging» (schubsen). Was heisst das? Wir brauchen heute keinen Sturm auf das Winterpalais oder das Silodenken von oben nach unten. Vorgesetzte befehlen heute nicht mehr

Weitere Informationen David Bosshart ist CEO des Gottlieb Duttweiler Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft, einer der führenden europäischen Think Tanks. Er ist Autor diverser Publikationen, unter anderem von «Kultmarketing», «Die Zukunft des Konsums», «Billig», und Referent bei Veranstaltungen in Europa, den USA und Asien. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Megatrends und Gegentrends in Wirtschaft und Gesellschaft, Zukunft des Konsums und Konsumverhaltens, Globalisierung und politische Philosophie, Management und Wandel.


HUMAN RESSOURCE

Literaturempfehlung Der klassische Wachstumsbegriff stösst an Grenzen. Auch heute noch arbeiten Makroökonomen überwiegend mit Statistiken wie dem Bruttosozialprodukt. Das will David Bosshart ändern. In seinem Buch finden sich für die Begründung einer Umsteigerkultur viele überzeugende Beispiele. Beim Thema gehen fast alle Wirtschaftswissenschaftler davon aus, dass das Klimaziel auch bei unveränderter Steigerung der Energienachfrage allein mit Energieeffizienz und der Erschliessung erneuerbarer Energien erreicht werden kann. Das ist in Frage zu stellen. Im Buch «Age of Less» präsentiert sich ein Zeitalter des Immer-Weniger, das uns aber gleichzeitig Aktionsräume für ein neues, nachhaltigeres Wachstum bietet. Die Anforderungen ziehen sich durch die ganze Gesellschaft: Zukunftstrends aus Wirtschaft, Gesellschaft, Konsum und Arbeit, die neuen Lebensstile, die uns prägen werden, und die Revolution von Social Media und Internet, die unsere Welt radikal verändert hat. David Bosshart knüpft vieles zusammen und bietet uns somit eine spannende Diskussionsgrundlage.

The Age of Less Die neue Wohlstandsformel der westlichen Welt Autor: David Bosshart Verlag: Murmann, Hamburg, 2011 223 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag ISBN: 978-3-86774-156-9 CHF 28.50 EUR 19.90


HUMAN RESSOURCE

Wertewandel steht auf der Agenda

S

von Caroline Bernardi

ind spirituelle Veränderungen für die Wirtschaft eine Provokation? Nein, ganz und gar nicht. Seit Jahren schreibe, referiere und coache ich konsequent mit ganzheitlichen Ansätzen und Sichtweisen. Vor fünf Jahren rümpften noch einige Seminarteilnehmenden die Nase und wollten von der «Spiritualität» nichts wissen. Auch in den Wirtschaftsmagazinen war ich alleine auf weiter Flur. Heute suchen Top Manager händeringend ganzheitlich denkende und handelnde Persönlichkeiten, um sich coachen zu lassen oder entsprechende Seminare zu besuchen. Das Können ganzheitlich zu denken – die Begabung ein Unternehmen aus jedem Blickwinkel zu betrachten –, wird inzwischen in der Wirtschaftssprache als konzeptionelle Fähigkeit betitelt. Konzeptionelle Fähigkeiten können aber auch als spirituelle Kompetenzen bezeichnet werden. In der Managementlehre sind diese Kompetenzen Voraussetzung. Will ein Unternehmen, dass seine Mitarbeitenden die Verantwortung für ihre Handlungen übernehmen, dann sollte diese ganzheitliche Sichtweise, inklusive der spirituellen Ebene auch bis in die unteren Etagen angewendet werden. Wo liegt der Nutzen? Ganzheitliche, spirituelle Ansätze und Konzepte helfen, Blockaden zu lösen und dadurch langfristig ein glückliches, erfülltes und erfolgreiches Geschäftsleben zu führen. Dadurch werden zwanghafte Leistungsmotive behoben und langfristig Burn-outs und Depressionen verhindert. Albert Einsteins Aussage unterstreicht diese sehr schön: «Probleme können nicht auf derselben Ebene gelöst werden,

68

KMU LIFE · 06/2011

wie sie entstanden sind.» Deshalb muss die Wirtschaft in den nächsten Jahren neue Ansätze, sprich Wertewandel, quantenphysische Denkweisen und spirituelle ganzheitliche Methoden in ihre klassischen Denkstrukturen integrieren. Nur so können die Wirtschaft und ihre Akteure auf eine ganzheitliche Grundlage gebracht werden. Gesund sein für die Wirtschaft heisst: Balance zwischen männlichen und weiblichen Energien, zwischen Spiritualität und Wirtschaft, zwischen privatem und geschäftlichem Leben, zwischen all den extremen Situationen; zurück zur einer gesunden Balance, zu einem vernünftigen Mass, so dass das Leben wieder lebenswert wird.

Spiritualität küsst Wirtschaft: 2012 – Spirituelle Veränderungen für die Wirtschaft Referenten: René C. und Sabine Asgodom Jäggi Freitag, 13. April 2012, Hotel Schweizerhof, Luzern. Mehr Infos unter: www.bernardi.li (Mensch > WirtschaftSpirituelle Tagung)

Caroline Bernardi ist Betriebsökonomin FH, selbstständiger Coach und Seminarleiterin.


Auf dem Prüfstand Kultur, Innovation und Unternehmen von Jens-Uwe Meyer

Die meisten Unternehmen haben erkannt: Unser künftiger Erfolg hängt weitgehend von unserer Fähigkeit zur Innovation ab. Nur wenige haben aber bisher in ihrer Organisation eine Kultur geschaffen, die Kreativität und Innovation fördert. Das zeigt die Studie «Erfolgsfaktor Innovationskultur», für die fast 200 Innovationsmanager und Top Manager befragt wurden.

W

as ist Wahnsinn? Der ehemalige US-Präsident Benjamin Franklin drückte es so aus: «Immer wieder dasselbe tun und dabei auf andere Ergebnisse hoffen.» Genau das tut ein Grossteil der Unternehmen im deutschsprachigen Raum, wenn es um das Thema Innovation geht. Sie setzen dabei primär auf die in der Vergangenheit «bewährten» Prozesse. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie meines Hauses, der Ideeologen Gesellschaft für neue Ideen mbH zum Thema Innovationskultur in Unternehmen, für die 194 Verantwortliche in den Bereichen Business Development sowie Vorstände und Geschäftsführer befragt wurden.

Ein ernüchternder Befund! Denn spätestens seit Mitte der neunziger Jahre ist bekannt: Mit den klassischen, schwerfälligen Innovationsprozessen – mit definierten Verantwortlichkeiten und Schnittstellen sowie einer Vielzahl von Vorschriften – lassen sich nur mühsam Verbesserungen erzielen, die (weitgehend) das Bestehende optimieren. «Echte» Innovationen hingegen erfordern andere Managementkonzepte und Innovationsmodelle – zum Beispiel solche, wie sie die Forscher Teresa Amabile von der Harvard Universität, sowie Alan G. Robinson und Sam Stern von den Universitäten Massachusetts und Oregon beschrieben haben. Sie beruhen meist auf der Idee kleiner Start-up-

Teams im Unternehmen, die eigenverantwortlich handeln und schnell und flexibel Hürden überwinden. Innovation mit Vollkaskoschutz Von solchen «Strukturen» sind die meisten Unternehmen im deutschsprachigen Raum weit entfernt. Zumeist lassen sich die Rahmenbedingungen für Innovation in ihnen mit folgenden Worten umreissen: viele Vorschriften und wenig Kreativität. In vier von fünf Unternehmen ist ein Regelbruch sogar «in begründeten Ausnahmefällen» nur «sehr eingeschränkt» möglich – selbst in den für Innovation zuständigen Abteilungen. Und in 35 Prozent der Unternehmen dominieren die Regeln so sehr, dass man ihr Streben nach Innovation als «Kreativität nach Vorschrift» bezeichnen kann. Eine Ursache hierfür: Kreatives Denken und Handeln ist nach Aussagen der Befragten nur in 28 Prozent der Unternehmen hoch angesehen. Und «Querdenker» werden schnell als «Querulanten» angesehen.

KMU LIFE · 06/2011 69


HUMAN RESSOURCE

Angst vor Kontrollverlust Warum halten so viele Unternehmen an ihren tradierten schwerfälligen Innovationsprozessen fest? Unter anderem aufgrund des Bedürfnisses nach Absicherung seitens des Managements. Geordnete Prozesse täuschen ihm Sicherheit vor. Dem Denken vieler Manager ist der Gedanke fremd: «Lasst uns das doch einfach mal ausprobieren. Und wenn die ersten Versuche scheitern? Dann lernen wir daraus.» Ein solches Managementdenken eignet sich nicht für Zeiten des schnellen Wandels. Heute gilt für hoch innovative Unternehmen: Sie haben in ihrer Organisation eine Kultur des Experimentierens etabliert. Amazon-Gründer Jeff Bezos ist zum Beispiel überzeugt: «Man muss ein Unternehmen so organisieren, dass die Struktur eine möglichst hohe Zahl von Experimenten zur gleichen Zeit zulässt.» Genau damit tun sich Unternehmen im deutschsprachigen Raum schwer. Innovation, gerne – aber bitte kein Risiko. Nur knapp jedes fünfte Unternehmen fördert aktiv «Experimente», die nicht von Studien und Analysen abgesichert sind. Und nur zwölf Prozent akzeptieren «schlechte» Ideen als Teil des kreativen Prozesses. Das steht in Widerspruch zu hoch innovativen Unternehmen wie Research in Motion. Die Philosophie von dessen Gründer Mike Lazaridis lautet: «Neun schlechte Ideen helfen, die zehnte gute zu entwickeln.» Neue Wege gehen – doch kein Neuland betreten Die Forderung, neue Wege zu denken, gehört heute zum festen Repertoire der Innovationsrhetorik. Die Befragungsergebnisse zeigen aber, dass im Arbeitsalltag der meisten Unternehmen noch die Einstellung dominiert: Die

70

KMU LIFE · 06/2011

Innovation soll im Rahmen des Bestehenden erfolgen. Deshalb würden sich zum Beispiel nur 24 Prozent der befragten «Innovationsmanager» trauen, einen echten Querdenker in ihr Team zu holen. Und nicht einmal jedes vierte Unternehmen sorgt dafür, dass die eigenen Denkwege regelmässig von aussen in Frage gestellt werden. Hier ist eine Denkschranke am Werk: Wenn Manager über «das Unternehmen» sprechen, dann haben sie meist die Gebäude und die Mitarbeitenden im Kopf. Ausgeblendet wird, dass zum «System Unternehmen» auch dessen Kunden, Partner, Zulieferer und Dienstleister gehören – ja sogar die Freiwilligen im Internet, die zum Beispiel Apps für neue Mobilebetriebssysteme programmieren. Diese gedankliche Reduktion der Unternehmen ist eine Ursache dafür, dass die meisten Firmen nicht offen für frischen Wind von aussen sind. Passive Innovationen dominieren In der Studie «Erfolgsfaktor Innovationskultur», die auf der oben erwähnten Befragung basiert, werden vier Innovationskulturen in Unternehmen unterscheiden: die proaktiven Innovatoren und die passiven Innovatoren, die reaktiven Innovatoren und die Zufallsinnovatoren. Sie unterscheiden sich unter anderem dadurch, wie (pro-)aktiv das Thema Innovation angegangen wird. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist: Mal umfasst das Streben nach Innovation die gesamte Organisation und mal nur einzelne Bereiche oder Mitarbeitenden(-gruppen). Proaktive Innovatoren: Knapp 20 Prozent aller Unternehmen konnten aufgrund der Befragung als proaktive Innovatoren eingestuft werden. Sie haben ambitionierte strategische Ziele, arbeiten mit Hochdruck an neuen Ideen und set-

zen Regeln ausser Kraft, die dem Erfolg im Weg stehen. Zudem haben sie in ihrer Organisation eine kreative Kultur geschaffen, die sich mit «Fun and Focus» beschreiben lässt. Eine proaktive Innovationskultur ist offen für Veränderungen und neue Managementkonzepte; Mitarbeitende initiieren eigene Innovationsprojekte und treiben diese voran. Sie zeichnet sich zudem dadurch aus, dass ein absoluter Wille zu Spitzenleistungen besteht und alle Bereiche «unter Volldampf» an Innovationen arbeiten. Als «Lohn» erhalten diese Unternehmen eine Innovationsfähigkeit und -kraft, die es ihnen nicht nur erlaubt, auf Marktbedürfnisse schnell zu reagieren, sondern auch Märkte zu gestalten – etwas, was den passiven Innovatoren schwer fällt. Passive Innovatoren: 36 Prozent der Unternehmen zählen hierzu. Sie stellen weniger Ressourcen als die proaktiven Innovatoren für Innovationen bereit und haben in ihrer Organisation Prozesse etabliert, mit denen sie Ideen ohne ambitionierte Ziele vorschriftsgemäss vorantreiben. In diesen Unternehmen existiert weder eine ausgeprägte Kultur der Leidenschaft noch eine Führungskultur, die Ideen und Innovationen fördert. Dieser Typ Innovationskultur eignet sich dafür, langsam und stetig Produkte und Dienstleistungen zu verbessern, so dass zum Beispiel jedes Jahr eine verbesserte Modellreihe präsentiert werden kann. Solange keine Wettbewerber in den Markt eindringen, kann diese Kultur auf Jahre eine solide Qualität sicherstellen. Grosse Sprünge hingegen sind schwer zu realisieren. Neben diesen ganzheitlichen Innovationskulturen, die (weitgehend) die gesamte Organisation umfassen, existieren zwei weitere Kultu-


HUMAN RESSOURCE

Innovationskulturen in den Unternehmen

Quelle: die Ideeologen, Baden-Baden

Manchmal führen erst viele Fehler zum richtigen Erfolg.

ren, die sich meist nur auf einzelne Bereiche oder Hierarchieebenen beziehen: die reaktive und die zufällige Innovationskultur.

kungsbereich. Auch die Prozesse stehen, doch es fehlen die strategischen Vorgaben aus der Chefetage.

Reaktive Innovatoren: Rund ein Viertel der Unternehmen gehört hierzu. Sie verfolgen ambitionierte strategische Ziele, doch die Kultur ist nur darauf ausgerichtet, zu reagieren: entweder auf Marktanforderungen oder Anordnungen der Geschäftsleitung.

Dieser Innovationstyp schöpft das kreative Potential der Organisation nicht aus, weil die Kreativität nicht in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Die Prozesse stehen den Mitarbeitenden eher im Weg, als dass sie Innovation fördern würden. Anreize zum kreativen Denken sind nicht gegeben. Innovation geschieht in diesen Unternehmen nicht aufgrund, sondern trotz der Kultur. Neue, gute Ideen entstehen oft (scheinbar) zufällig – als Resultat des Engagements von Einzelnen.

Unternehmen mit einer solchen Innovationskultur sind, wenn sie handeln, sehr effektiv – doch es dauert lange, bis sie handeln. Eine solche Kultur lässt sich gut mit einer Fast-Follower-Strategie vereinbaren – dem Ansatz, erst einmal abzuwarten, welche Innovationen auf dem Markt Erfolg haben, um sie dann zu kopieren. Doch diese Strategie birgt Risiken: Gerade in Branchen, in denen Geschwindigkeit wichtig ist, werden Fast-Follower schnell von innovativeren Mitbewerbern abgehängt. Zufallsinnovatoren: 16 Prozent der Unternehmen zählen zu dieser Gruppe. Für sie gilt: Es gibt zwar (einzelne) Mitarbeitende und Teams, die Ideen entwickeln – meist in ihrem Wir-

In Unternehmen mit einer solchen Kultur können einzelne Teams Grosses bewirken. Häufig erlahmt der Wille zur Innovation bei den Mitarbeitenden aber mit der Zeit, weil ihre Ideen im Unternehmen nicht aufgegriffen und weiterverfolgt werden. Die richtige Innovationskultur etablieren In vielen Unternehmen wird darüber diskutiert, wie wichtig die Kultur für die Innovationskraft einer Organisation ist. Auf diese Frage gibt die

Studie «Erfolgsfaktor Innovationskultur» eine klare Antwort: Innovation wird von Menschen gemacht, nicht von Prozessen. Das heisst: Die Art des zusammen Agierens ist entscheidend für die Innovationsfähigkeit und -kraft eines Unternehmens. Also sollte das Management darauf hinarbeiten, die Unternehmensphilosophie in die gewünschte Richtung zu entwickeln.

Die Studie «Erfolgsfaktor Innovationskultur – das Innovationsmanagement der Zukunft» von Jens-Uwe Meyer ist im Verlag BusinessVillage erschienen.

Weitere Informationen

Jens-Uwe Meyer ist Geschäftsführer der Ideeologen – Gesellschaft für neue Ideen mbH, Baden-Baden, Deutschlands erster Beratungsfirma für unternehmerische Kreativität.

KMU LIFE · 06/2011 71


Womit verdiene ich in zehn Jahren mein Geld? Selbstständig als Trainer und Berater

von Bernhard Kuntz

Unsere Arbeitsgesellschaft wird älter. Allerdings tun sich viele Akteure noch schwer mit den Herausforderungen. Wir werfen einen spezifischen Blick auf die Trainer- und Beraterbranche. Wie bei vielen Berufsbildern wandeln sich auch hier die Bedürfnisse. Individuell ist eine «lebenszyklusorientierte Personalentwicklung» anzustreben.

72

KMU LIFE · 06/2011


HUMAN RESSOURCE

S

eptember 2011: Ganz entspannt fährt der Inhaber eines grösseren Trainingsinstituts – nennen wir ihn Hans Maier – zum Meeting mit dem Vertriebsleiter eines Telekommunikationsanbieters. Denn seit Jahren trainiert sein Institut die Vertriebsmannschaft des Mobilfunkunternehmens. Entsprechend zuversichtlich ist Maier auch für das nächste Jahr. Einige Zeit später sitzt Maier dem Vertriebsleiter gegenüber. Nach dem üblichen Smalltalk zu Beginn fasst er nochmals zusammen, was sein Unternehmen im zurückliegenden Jahr für den Mobilfunkanbieter tat und warum die Kooperation aus seiner Warte erneut erfolgreich war. Dann sagt er: «Deshalb möchten Sie die Zusammenarbeit gewiss fortsetzen.» Für drei, vier Sekunden herrscht Stille im Raum. Dann erwidert der Vertriebsleiter in der pointierten Sprache so manch hemdsärmeligen Machers: «Ja, aber nur wenn sie uns nicht wieder so ‹alte Säcke› schicken wie dieses Jahr.» Maier ist sprachlos. Damit hat er nicht gerechnet. Schliesslich ist sein Unternehmen stolz darauf, dass seine Trainer keine «Greenhorns», sondern «alte Hasen» sind – die vor ihrer Trainertätigkeit selbst «jahrelang praktische Erfahrung» im Bereich Führung und Verkauf in Unternehmen gesammelt haben. Deshalb wirbt das Trainingsinstitut hiermit auch für sich und seine Leistungen. Gut oder nur noch routiniert? Und nun sagt der Vertriebsleiter überspitzt formuliert: «Ich will die ‹alten Säcke› nicht mehr sehen.» Konsterniert fragt Maier: «Warum?» Und der Vertriebsleiter erwidert: Die Mitarbeitenden des Mobilfunkers, die an den Trainings teilnähmen, seien meist «so um die 30». Die

Trainer hingegen «zumeist schon leicht ergraut und jenseits der 50». Deshalb habe er zunehmend das Gefühl, dass sie bei seinen Mitarbeitenden nicht mehr «das Feuer der Begeisterung» entfachen könnten. Zudem läge ihre Führungs- und Vertriebserfahrung, auf die sie sich so gerne bezögen, in der Regel 15 oder gar 20 Jahre zurück. «Seitdem hat sich in den Unternehmen nicht nur im Bereich Führung viel verändert, auch der Vertrieb ist heute anders strukturiert.» Dass die Trainer ihre Vertriebs- und Führungserfahrung nicht gestern, sondern vor 15, 20 Jahren gesammelt hätten, das spürten – zumindest unbewusst – auch die Teilnehmenden. Deshalb seien die Trainer zwar routinierte Trainer, doch ob sie noch gute Trainer seien, daran habe er zunehmend Zweifel, betont der Vertriebsleiter. Sind unsere Trainer gut oder nur routiniert? Das fragten sich in den vergangenen zwei, drei Jahren zahlreiche Unternehmen. Und manche kamen zum Schluss: «Viele unserer älteren Trainer sind nur noch routiniert – frisches Blut könnte uns im Trainingsbereich nicht schaden.» Diese Vermutung legt zumindest die Tatsache nahe, dass in den zurückliegenden Jahren, als viele Betriebe auch bei der Mitarbeitendenqualifizierung ihre Strategien überdachten, auffallend oft ältere Trainer «aussortiert» wurden – aus ähnlichen Gründen, wie sie der Vertriebsleiter des Mobilfunkanbieters nannte. Die Gründe lauten: Die «alten» Trainer können zwar aufgrund ihrer Erfahrung die schwierigsten Trainingssituationen meistern – sie haben sozusagen auf alles eine Antwort parat. Sie haben aber oft nicht mehr den Esprit, der jüngere, noch «erfolgshungrige» Trainer meist auszeichnet. Sie sind saturiert. Und was für viele Unternehmen noch entscheidender ist: Ihr

Know-how ist in den zurückliegenden Jahren schleichend veraltet. Es ist nicht mehr auf dem «neusten Stand der Technik», da sich vor allem aufgrund des Siegeszugs der modernen Kommunikations- und Informationstechnologie neben den Arbeits- und Kommunikationsstrukturen in den Unternehmen auch deren Art, Aufgaben zu lösen, (radikal) gewandelt hat. Das spiegelt sich in der Denke und in den Trainingskonzepten manch älteren Trainers nicht ausreichend wider – auch weil sie das heutige «Innenleben» der Unternehmen aus eigener Erfahrung oft gar nicht kennen. Also traktieren sie die Teilnehmenden in ihren Seminaren mit den gleichen Aussagen zu den Themen Führung und Verkauf, Projekt- und Changemanagement wie vor zehn, 15 oder gar 20 Jahren – ohne zu registrierten, dass sich diesbezüglich in vielen Unternehmen zumindest eine Akzentverschiebung, wenn nicht gar ein Paradigmenwechsel vollzogen hat, so dass ihre Aussagen nur noch bedingt richtig sind. Auch (Erfahrungs-)Wissen veraltet «Starker Tobak» – mag manch Leser beim Lesen der obigen Zielen gedacht haben. Was masst sich der Kuntz, dieser «Marketing-Fuzzi» an? Ist er doch selbst so ein 50Plus-er, dessen Schläfen die ersten grauen Haare zieren. Richtig! Und genau deshalb wurden mir in den letzten Jahren zunehmend die Gefahren bewusst, die in dem schleichenden (Ver-)Altern des eigenen (Erfahrungs-)Wissens ruhen. Denn auch für das Bildungs- und Beratungsmarketing gilt: Gewisse Grundaxiome wie zum Beispiel «Marketing ist ein Prozess» gelten heute wie vor 20 Jahren. Trotzdem hat sich ausser dem Markt auch das Marketing – unter anderem aufgrund von Internet und Co. – radikal verändert. Deshalb müssen die Marketingkonzepte heute andere als früher sein. Das heisst: Mit dem

KMU LIFE · 06/2011 73


HUMAN RESSOURCE

Den theoretischen Anspruch des lebenslangen Lernens in die Praxis umsetzen.

Know-how von gestern kann man heute zwar noch drittklassige Marketingkonzepte entwerfen, aber keine Konzepte mehr, die wirklich «Zug» ins Marketing bringen. Und schon gar nicht kann man sie realisieren. Ähnlich verhält es sich mit vielen Lösungsansätzen, die in Trainings zum Beispiel für den Bereich Führung oder Verkauf präsentiert werden. Auch für sie gilt: Was früher gut war, kann heute mittelmässig sein – zum Beispiel, weil sich die Kultur der Unternehmen oder deren Struktur gewandelt hat. Dies ist manchen Trainern nicht ausreichend bewusst. Diese Erfahrung sammelte der Autor in den letzten zwei, drei Jahren. In ihnen riefen gehäuft Trainer jenseits der 50 bei ihm an und fragten: Können Sie mich beim Marketing unterstützen? Der Anlass war fast immer: Zwei, drei Stammkunden, bei denen der Trainer jahrelang gutes Geld verdiente, hatten die Zusammenarbeit beendet – was zu dramatischen Umsatzeinbussen führte, weil besagte Trainer in der Regel nur ein halbes Dutzend Kunden hatten. Bat der Autor die Trainer dann, ihm ausser ihren Werbeunterlagen auch exemplarisch einige Trainingsunterlagen zu senden, dann zeigte sich oft: Ihre (Trainings-)Unterlagen sind nicht nur gestalterisch, sondern auch inhaltlich

74

KMU LIFE · 06/2011

veraltet. Und fragten Trainer wegen PR-Unterstützung beim Autor an, dann erwiderten sie auf seine Nachfrage «Welches Thema gehen wir an?» nicht selten: «Ich habe vor 15 Jahren mal einen Artikel zum Thema Führung (... oder Verkauf) geschrieben. Den können Sie noch mal Zeitschriften anbieten.» Oder wie ein Trainer, bei dem der Autor 1995 ein Seminar besuchte, um hierüber eine Reportage zu schreiben: «Bieten Sie die Reportage doch nochmals Zeitungen an. In dem Seminar hat sich nichts geändert.» Das zeigt: Seit über 15 Jahren hat der Trainer sein Produkt – und vermutlich auch sich selbst – nicht weiterentwickelt. Und dann wundert er sich, dass er von seinen Kunden aussortiert wird. Geringe Bereitschaft zur Selbstreflexion Mit solchen Trainern zusammenzuarbeiten, ist (nicht nur) für Marketingberater unerquicklich – dies aus mehreren Gründen: 1. Sie sind in der Regel felsenfest davon überzeugt: Ich bin ein sehr guter Trainer. Schliesslich habe ich 15, 20 Jahre Trainingserfahrung. Ihre Bereitschaft zur Selbstreflexion ist gering und meist auch ihre Bereitschaft, sich selbstkritisch zu fragen: Warum trennen sich dann Kunden von mir?

2. Als «etablierte Trainer» gehen sie selbstverständlich davon aus, dass ihnen auch Neukunden die EUR 1’500, 1’800 oder gar 2’000 bezahlen, die sie in den zurückliegenden Jahren von ihren (ehemaligen) Stammkunden bekamen. 3. Da sie jahrelang von einer Handvoll Stammkunden lebten (beziehungsweise sich auf ihnen ausruhten) und kaum Marketing betrieben, ist ihr Bekanntheitsgrad im Markt eher niedrig und ihre Marketingkompetenz gering. Das bedeutet: Faktisch steht man bei ihrer Vermarktung vor denselben Herausforderungen wie bei «Newcomern» im Markt – was besagte Trainer als «etablierte Trainer mit einem Tagessatz von EUR 1’800», aber nur selten wahrhaben wollen. 4. Da ihre Stammkunden in den zurückliegenden Jahren ihre Aufträge sozusagen Jahr für Jahr fortschrieben, sind sie es nicht mehr gewohnt, zu akquirieren. Sie sind vielfach auch nicht bereit, viel Zeit (und/ oder Geld) in ihr Marketing zu investieren – schliesslich ging es früher ja auch ohne. Als (ehemals erfolgsverwöhnte) Trainer sind sie nicht mehr – wie manch junger, noch erfolgshungriger Trainer – bereit, sich drastisch formuliert «den Arsch aufzureissen», um neue Kunden zu erobern.


HUMAN RESSOURCE

Vision von der Arbeitswelt von morgen entwickeln.

Dabei müssten sie dies tun. Denn besagte Trainer sind zumeist keine Oldies. Sie sind knapp 50 Jahre alt. Also müssen sie, sofern sie ihre Schäfchen noch nicht im Trockenen haben, noch circa zehn, 15 Jahre ihren Lebensunterhalt mit Training oder ähnlichen Dienstleistungen bestreiten. Also sollten sie sich auf den Hosenboden setzen und .... – das tun viele aber nicht. Lieber geben sie sich, da sie zuweilen auch trainingsmüde sind, Tagträumen hin. Weniger träumen, mehr arbeiten Ein typischer Trainer-Tagtraum vor 15, 20 Jahren war: Ich gründe ein eigenes Trainings- und Tagungszentrum, damit ich nicht mehr so viel reisen muss. Künftig sollen die Kunden zu mir kommen. Fast alle Trainer, die versuchten, diesen Traum zu realisieren, sind gescheitert. Heute lautet der typische Tagtraum: Ich werde Speaker. Oder: Ich werde Executive Coach. Oder: Ich biete künftig Aus- und Weiterbildungen für Trainer und Berater an (dann muss ich weniger reisen). Dass diese Tagträume meist Träume bleiben, liegt weniger daran, dass sie – wie der Tagtraum, vom regelmässigen Abspulen eines Standardvortrags leben zu können – zumeist unrealistisch sind. Entscheidender ist: Manch

Trainer übersieht, dass es sich beim Versuch, den Tagtraum zu realisieren, faktisch um eine Neupositionierung handelt. Deshalb bedarf es zunächst einiger Jahre harter Arbeit, um diesen zu realisieren.

ihnen noch ausreichend Zeit, ihre Vision zu realisieren. Sie sollten sozusagen für sich selbst eine «lebenszyklusorientierte Personalentwicklung» betreiben – denn diese Aufgabe nimmt ihnen, anders als manch Angestelltem, kein firmeninterner Personalentwickler ab.

Keine Frage: Trainer müssen tagträumen. Oder anders formuliert, sie sollten eine Vision entwickeln: Wie will ich in fünf, zehn oder gar 15 Jahren leben? Und: Womit will ich dann mein Geld verdienen? Denn im Trainingsgeschäft gilt ähnlich wie im Showbusiness: Die Rolle des jugendlichen Liebhabers kann man nicht ewig spielen. Und bei gewissen Themen haben die Unternehmen lieber «etwas Junges» auf der Bühne. Hinzu kommt: In jedem von uns tickt die biologische Uhr – weshalb sich ja die firmeninternen Personalentwickler über solche Themen wie «demografischer Wandel» und «lebenszyklusorientierte Personalentwicklung» den Kopf zerbrechen. Dasselbe gilt für Trainer und Berater. Auch ihre Bedürfnisse wandeln sich im Lauf der Jahre, weshalb sie auch für andere Dinge «brennen». Welche dies sind beziehungsweise sein könnten, das sollten sich Trainer frühzeitig fragen – nicht erst, wenn ihnen die ersten Kunden den Laufpass geben. Denn dann bleibt

Weitere Informationen

Bernhard Kuntz ist Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Darmstadt, die Bildungs- und Beratungsanbieter im PR- und Marketingbereich unterstützt.

www.die-profilberater.de

KMU LIFE · 06/2011 75


HUMAN RESSOURCE

PowerPoint vernichtet Wirkung und Geld

B

von Matthias Pöhm

eamer und PowerPoint sind heute die zentralen Präsentationsmittel in Seminaren, auf Messen und an Events. Das ist unfassbar, da diese Form der Präsentation die Zuschauer unterfordert und für pure Langeweile sorgt. Im Rahmen meines Rhetorikseminars erlebe ich immer wieder die gleichen Klagen meiner Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Bei einem 3-tägigen Firmenmeeting, bekommt jeder Redner einen Time Slot von 45 Minuten … Ob er etwas Wesentliches mitzuteilen hat oder nicht, spielt keine Rolle; der Slot wird aber immer tapfer ausgefüllt. Kein Wunder, dass man immer wieder Teilnehmende beobachten kann, wie sie während der Präsentationen unter dem Tisch mit ihren Mobiles spielen. Bei diesem Firmenmeeting wurde zum Beispiel eine 96 Seiten lange (!) Folienschlacht über das Heilmittelgesetz abgespult. Der Redner las alles nochmals brav vor, was jeder schon selbst gelesen hatte. Fast alle schalteten irgendwann ab. Dazwischen sahen Sie Folien, die so sehr mit Gesetzestexten gefüllt waren, dass man den Redner darauf hinweisen wollte, dass unten links doch noch ein freier Platz zum Füllen übrig ist. Nach solchen Tagen ist die Stimmung am Boden, die Motivation tot. Ich überschlage in solchen Fällen die Kosten. Wenn man diese drei mal pro Jahr stattfindenden Events betriebswirtschaftlich betrachtet und wohlwollend davon ausgeht, dass nur die Hälfte aller Anwesenden, mit ihren Gedanken mehrheitlich weggedriftet sind, dann bedeutet das bei einem statistischen Stundenlohn von CHF 56, dass diese Firma jährlich CHF 504’000 an Gehältern vernichtet. Dabei sind die die Reiseund Veranstaltungskosten noch nicht mit eingerechnet. Das Dilemma von PowerPoint besteht darin, dass der Mensch einem Lesezwang unterliegt. Der Zuschauer liest zwanghaft, was der Redner danach noch einmal wiederholt – die Spannung wird dadurch verhindert! Im Grunde wird der Redner durch PowerPoint überflüssig! Das ist betreutes Lesen. Ausserdem liefert PowerPoint nur fertige Ergebnisse. Es ist aber nicht das Ergebnis, das die Wirkung erzeugt, sondern es ist die Entstehungsgeschichte des Ergebnisses. Darin liegt die Wirkung und nicht im Ergebnis selber.

76

KMU LIFE · 06/2011

Oft ist die Alternative sehr einfach. Mit dem Flipchart lassen sich Gefühle erzeugen! In meiner 15-jährigen Trainerkarriere habe ich durch immer wieder gemachte Vergleichstests herausgefunden, dass PowerPoint fast niemals einen echten Menschen schlägt, der am Flipchart etwas kreiert. Denn die Wirkung der Darstellung wird nicht durch das Ergebnis erzeugt, sondern durch den Akt des Erschaffens des Ergebnisses. Darin liegt die Wirkung und nicht im Ergebnis selber. Am Flipchart lassen Sie durch einen echten Menschen etwas vor den Augen des Publikums entstehen. Ein Diagramm, eine Zahl, eine Zeichnung, einen Text. Der Mensch, der etwas erschafft, hat immer eine höhere Schlagkraft als eine leblose Maschine. Ein sich bewegender Mensch bewegt auch das Publikum – PowerPoint kann da nicht mithalten. www.poehm.com

Literaturempfehlung Der Irrtum PowerPoint: Präsentieren Sie noch oder faszinieren Sie schon? Autor: Matthias Pöhm Verlag: Pöhm Seminarfactory, 2011 257 Seiten ISBN 978-3952368008 CHF 39.80

Weitere Informationen

Matthias Pöhm gehört zu den erfolgreichsten Trainern für Rhetorik in Europa. Er ist zudem der Veranstalter eines Rhetorikseminars, bei dem die Teilnehmenden vor über 100 Zuschauern reden. Pöhm ist zudem Gründer und Präsident der weltweit aktiven Anti-PowerPoint-Partei.


News green.ch und Brack Electronics arbeiten zusammen Gemeinsam wollen sie innovative InternetDienstleistungen für Privat- und Geschäftskunden anbieten, wie die beiden Aargauer Unternehmen mitteilen. Die green.ch AG, einer der national führenden Anbieter von Internetzugängen, Hosting- und Datencenter-Dienstleistungen mit Sitz in Brugg hat bekanntgegeben, dass sie künftig mit der Brack Electronics AG an gemeinsamen Projekten arbeiten wird. Die Brack Electronics AG, die sich von der Einzelfirma in 17 Jahren zum 400-Personen-Betrieb entwickelt hat, ist schweizweit einer der grössten Online-Händler für EDV und Unterhaltungselektronik. Als Start-Projekt schnüren die beiden Unternehmen ein Angebotspaket, das sich vor allem an Privathaushalte und kleinere Unternehmen richtet, die einfach, schnell und sicher ins Internet gehen möchten. Von green. ch kommt ein Angebot mit schnellem VDSLInternetanschluss und sechs Gratismonaten. Zum preislich attraktiven Bundle steuert Brack Electronics eine AVM FRITZ!Box FON WLAN 7390CH bei. www.green.ch

Neu Version von Norman Endpoint Protection auf dem Markt Der norwegische Datensicherheitsspezialist Norman hat die neuste Version seiner AntiMalware-Lösung Norman Endpoint Protection (NPRO) in den Handel gebracht. Das Produkt überzeugt durch die verbesserte Skalierbarkeit im Enterprise-Einsatz, die neu überarbeitete Benutzeroberfläche, die Multi-Level-Architektur sowie dem verbesserten Schutz vor Spyware und Rootkits dank Intrusion Prevention. Bei Norman Endpoint Protection (NPRO) handelt es sich um eine Anti-Malware-Lösung für Unternehmen, die eine umfassende Si-

cherheitslösung benötigen, die einfach zu installieren, bereitzustellen und zu verwalten ist. Norman hat NPRO jetzt überarbeitet und die Version 9 auf den Markt gebracht. Die wichtigste Neuerung von V9 betrifft die Skalierbarkeit des Produktes. Über eine zentrale NEM-Konsole können die Software- und Signaturupdates an nachgeordnete Konsolen verteilt werden. Die Multi-Level-Architektur verringert dabei die Last auf der obersten Ebene. www.norman.ch

Topal Solutions feiert Jubiläum Das Unternehmen ist seit fünf Jahren auf dem Markt und der zunehmende Bekanntheitsgrad im Treuhandmarkt ist insbesondere auf die gradlinige Konzentration von Topal auf die Themen Finanz-, Lohn- und Rechnungswesen zurückzuführen. Dementsprechend umfasst das Produktsortiment heute die Hauptmodule Finanz-, Debitoren-, Kreditoren- und Lohnbuchhaltung und richtet sich konsequenterweise in erster Linie an Treuhänder und Treuhandgesellschaften sowie deren Mandanten, sprich Schweizer KMU. Für die Mandanten einer Treuhandgesellschaft bietet Topal zudem die Version «Topalino» an, mit der alle Tagesdaten vom Mandanten selbst erfasst werden können. Das Topal Finanz- und Rechnungswesen standardmässig über eine File-Schnittstelle im XMLFormat; für eine Online-Schnittstelle steht eine Dot.Net API-Schnittstelle zur Verfügung. Zudem können auch bestehende CSV- oder TAF-Schnittstellen jederzeit angebunden werden. Fremdwährungen auf Zeitachse, Budgetimport aus Microsoft Excel, Erweiterungen im Bereich Kostenstellen und Kostenträger, geschäftsjahresübergreifendes Kopieren von Transaktionen und Auswerten von Kontenblättern, Online-Excelanbindung sowie die swissdec-Zertifizierung 3.0 sind nur einige Highlights der neuen Version, die auf Ende Jahr erhältlich sein wird. www.topal.ch


GADGETS

Faszinierend funktional; für Sinn und Geschmack Diese Highlights werden Ihre Sinne wecken

Halten Sie diesen Moment fest. Das Bild wird zur Brücke der Erinnerungen. Musik ist die akustische Schwingung in die Vergangenheit. Das erste Rendez-vous, die ausgeflippte Party oder das sagenhafte Konzert sind wieder wachgerufen. Bilder und Klänge aktivieren Ihre Wahrnehmungen. Längst vergessene Düfte schleichen sich in die Nase, die Haut fängt an zu prickeln und bevor sie sich versehen, halten Sie ihre grosse Liebe in der Hand.

Lauschen Sie Stimmen Mit dem Bose Bluetooth Headset Serie 2 setzt der Audiospezialist mit der leistungsstarken Bose-Technologie einen neuen Meilenstein in Sachen Bluetooth Headsets um: Auch wenn sich die Umgebungslautstärke verän dert, bleiben Gespräche durchgängig klar und deutlich. Das Bose Bluetooth Headset der Serie 2 beinhaltet A2DP – das Bluetooth-Profil, das Audiodaten kabellos von Ihrem Mobiltelefon zum Headset überträgt – und ist in individuellen Rechts- oder Linkshändermodellen erhältlich. www.bose.ch Sehen Sie scharf Samsung erweitert das erfolgreiche NX-System um die NX200. Mit besonders leistungsstarkem 20.3 Megapixel CMOS-Sensor und extrem schnellem Autofokus, Smart-Auto-Funktion, Szenenprogrammen und manuellen Einstellmöglichkeiten dank iFunction, liefert der jüngste Spross der NX-Familie zuverlässig Bilder in Premium-Qualität. Ein edles metallisches Design und eine hochwertige Verarbeitung machen die NX200 zu einem echten Wertstück. Geeignet für alle Fotografen und Regisseure, die Qualität und Perfektion von Spiegelreflexkameras suchen und gleichzeitig Leichtigkeit, Bedienfreundlichkeit und Spontaneität digitaler Kompaktkameras schätzen. www.samsung.ch

78

KMU LIFE · 06/2011


GADGETS

Hören Sie Musik Das stylische Set «Vita Audio R4i lounge graphite» macht in jeder Lounge oder Wohnzimmer eine gute Figur und ermöglicht es, sowohl digital Radio zu hören, als auch über einen eingebauten CD-Player – der alle gängigen Formate, wie MP3 und WAM, unterstützt – seine Lieblingstitel abzuspielen. Dank der integrierten iPod-Dockingstation lassen sich darüber hinaus alle auf iPods, iPhones oder anderen portablen Geräten mit 3.5 Millimeter-Anschluss gespeicherten Songs anhören. Ein MP3-Player kann über den zusätzlichen Front-USB angeschlossen werden. Abgerundet wird der R4i durch die herausnehmbare Fernbedienung «Roto Dial», mit der sich alle Funktionen leicht und bequem vom Sofa aus steuern lassen. www.timelessproducts.ch

Wecken Sie Ihre Sinne Gut gelaunt in den Tag: Dank der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten als Musikplayer, Radio, Ladestation und Wecker ist das Clock Radio das ideale Nachttischzubehör für jeden iPhone- und iPod-Nutzer. Dank zwei verschiedenen Weckzeiten und der Schlummerfunktion können auch zwei Personen gemeinsam ein Clock Radio nutzen und mit der Fernbedienung das Gerät auch ganz einfach von der gegenüberliegenden Zimmerecke oder von der anderen Bettseite aus bedienen. Die Ladefunktion von iPhone und iPad funktioniert auch bei ausgeschalteten Lautsprechern. Das Logitech Clock Radio Dock S400i ist mit allen Generationen des iPhone, iPod Touch, iPod nano und der sechsten Generation des iPod classic kompatibel. www.logitech.com

KMU LIFE · 06/2011 79


IMPRESSUM

Jahresabo Kontaktieren Sie bitte info@lifemedien.ch

06 / 2011

KMU Life – Erste Ausgabe 2012 Am 10. Februar 2012 erscheint die erste Ausgabe von KMU Life 2012. Folgende Schwerpunkte stehen auf unserer Agenda: Ressourcen erkennen und einsetzten Intelligenz und Kreativität im eigenen Unternehmen nutzen Erfahrungen im Home Office Vermischung von öffentlichen, privaten und geschäftlichen Räumen Neue Möglichkeiten Die Potenziale von Office Business Center

Krise als Chance

Finanzbranche vor dem Umbruch • Kommunikationswelten verändern sich • Auf dem Weg zur grünen Flotte

Herausgeber Life Medien GmbH Basel Dreispitz Areal Leimgrubenweg 4 CH-4053 Basel Tel. +41 (0) 61 338 20 00 Fax +41 (0) 61 338 20 22 Verleger Rolf Hess Verlagsleiter Hasan Dursun / h.dursun@lifemedien.ch Chefredaktor Georg Lutz / g.lutz@lifemedien.ch Redaktion Valérie Ziegler / v.ziegler@lifemedien.ch Pia Krättli / p.kraettli@lifemedien.ch Verkauf Virginie Vincent / v.vincent@lifemedien.ch Nico Heinemann / n.heinemann@lifemedien.ch Leitung Produktion Tobias Merz / t.merz@lifemedien.ch Art Director Tobias Merz / t.merz@lifemedien.ch Aboservice info@lifemedien.ch Korrektorat / Lektorat Hédi Róka Druck Kliemo Printing AG

80

KMU LIFE · 05/2011

Autoren Bernhard Kuntz Christoph Schmid Dr. Konrad Hummler Dr. Matthias Stürmer Dr. Pierin Vincenz Eduard Rüsing Herbert Brändli Jens-Uwe Meyer Jon Erni Matthias Pöhm Nadia Rüedi und Robert Hess Raphael Bolliger Rolf von Reding Susanne Marty Thomas Kircher Thomas Kofler Ulrich Blatter

Nicht nur der klassische Bankenkredit Unterschiedliche Unternehmensfinanzierung Zukunftswege in der Debatte Wirtschaftliche und politische Fallstricke zwischen der Schweiz und der EU

Kundenverzeichnis eNVenta ERP Schweiz AG Aastra Telecom Schweiz AG Auto- Interleasing AG Bank CIC (Schweiz) AG Energie-Agentur der Wirtschaft Fight Life AG Ford Motor Company (Switzerland) SA Harsch Transports Oxymount AG PostLogistics AG Solvaxis SA Sunrise Communications AG Victorinox Webland AG

33/38-39 24-26 15/67 11 17 23 4 59 19 40-41 37 27-29 77 63

Bilder Aastra Telecom Schweiz AG. die Ideeologen eNVenta ERP Schweiz AG www.barracudanetworks.com www.diametal.ch www.leaseplan.ch www.post.ch

ISSN: 1661-772X Nachdruck nur unter genauer Quellenangabe und mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags gestattet. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder, die sich nicht automatisch mit der des Verlags deckt. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte.

Swiss Christmas Productions AG 2. Umschlagseite PEMSA SA 3. Umschlagseite Sunrise Communications AG 4. Umschlagseite


“Mein Arbeitgeber investiert in meine Person.�

Talentmanager

Wir brauchen die Besten um die Excellenz zu verewigen www.pemsa.com free call 0800 811 011


NextiraOne ist Europas führender Spezialist für Kommunikationslösungen. •

Höchstmögliche Zertifizierung aller führenden Technologie-Partner (wie z. B. Alcatel-Lucent, Cisco, Microsoft), um aktuelle und hochspezialisierte Services anzubieten

Kernkompetenzen: Voice, Data-Center, Unified Communication, Contact-Center, Security, Managed Services

Erfahrung mit Grossprojekten und namhafte nationale und internationale Referenzen

40 Jahre Marktpräsenz in der Schweiz mit Standorten in Zürich-Kloten, Bern, Basel, Luzern, Genf, Lugano und eigenem Testund Diagnose-Center; 180 Mitarbeiter, davon mehr als 90 im Bereich Services

Sunrise ist die grösste private Telekommunikationsanbieterin in der Schweiz. •

Komplettes Angebot an Mobil-, Festnetz-, Internetund Datendiensten

Über 10 000 km Glasfasernetz in der Schweiz; 80% ULL-Abdeckung

Standorte in Zürich, Bern und Lausanne; 190 Mitarbeitende im Firmenkundenbereich

60 000 Geschäftskunden

1 +1 = 3

• • •

Servicequalität Persönliche Betreuung Flexibilität

Der Zusammenschluss von NextiraOne und Business Sunrise stellt mehr dar als die Summe der Einzelteile. Es entsteht ein neues Unternehmen. Business Sunrise wird zur besten Alternative für Schweizer Geschäftskunden. Alle Infos zum Zusammenschluss: business-sunrise.ch


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.