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Keine Sorgeum die Youngsters

DER BEKANNTE GRAZER PSYCHOLOGE DR. PHILIP STREIT SIEHT BEI KINDERN KEINE DRAMATISCHE VERUNSICHERUNG DURCH DIE CORONAKRISE. ABER ER WEISS RATSCHLÄGE, WIE ELTERN DEN KINDERN DURCH KLARE TAGESABLÄUFE, GESPRÄCHE UND MUTMACHEN DAS LEBEN MIT EINSCHRÄNKUNGEN ERLEICHTERN.

Wie äußern sich Unsicherheit und Ängste in Zeiten von Corona bei Kindern?

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Dr. Streit: Kinder bis acht Jahre können sich unter dem Corona-Virus nicht wirklich etwas vorstellen. Was ängstigen kann, ist die Unsicherheit der Eltern, wenn gewohnte Strukturen und Tagesabläufe verloren gehen, wenn die Eltern plötzlich im HomeOffice arbeiten, die Kinder Home-Schooling betreiben und dann durch die ungewohnte Nähe Querelen entstehen. Wenn die Eltern dann keine Zeit für die Kinder aufbringen, sind diese verunsichert. Angst ist grundsätzlich nicht schlecht, weil sie Überlebensenergie erzeugt. Man kann Angst in richtige Bahnen lenken und die Kinder zu zielgerichteten Aktivitäten bringen. Dafür muss man mit ihnen reden und ihnen Mut machen: „Du schaffst das, wir machen das gemeinsam. ‚Die Dinge einfach erklären:‘ Wir können Oma und Opa jetzt nicht besuchen, weil sie krank werden können. Aber wir können sie am Handy oder Computer sehen und mit ihnen reden. Und eines Tages werden wir sie auch wieder besuchen.“

Wie können Eltern ihren Kindern noch helfen?

Dr. Streit: Das Wichtigste für die Eltern ist, Kontinuität zu leben und zu bewahren. Wenn Eltern eine klare Haltung haben, ziehen auch Kinder die richtigen Schlüsse. Kinder sind sehr adaptiv, sie haben weniger Probleme mit Schutzmasken oder einer Verringerung der sozialen Kontakte als ihre Eltern. Solange es zuhause klare Strukturen gibt. Das größte Problem für Kinder sind uneindeutige Situationen: wann die Mama Zeit hat, wann nicht. Bei klaren Strukturen sind Kinder flexibel und passen sich rasch an. Wichtig ist, Kontinuität zu bewahren, dass die Gute-Nacht-Geschichte weiter vorgelesen wird, dass es Lob für das Kind gibt, dass geredet und Zuversicht vermittelt wird. Vielleicht ist jetzt auch die Zeit, das Kind mit den Neuen Medien besser vertraut zu machen. Nicht als Suchtmacherinstrument, aber als sinnvolle Ergänzung zum Lernen und Spielen.

Gibt es seit Corona mehr Zulauf in Ihrem Institut?

Dr. Streit: In unser Institut kommen gleich viele Kinder und Jugendliche wie immer. Ich sehe kein Explodieren der Fallzahlen, wie es mancherorts behauptet wird. Im Gegenteil: Weil die Eltern zuhause sind, können sie sich mehr mit den Kindern beschäftigen, das ist positiv. Einen Corona-Boom an verängstigten Kinder, den kann ich nicht erkennen.

Wie sehen Sie die Lage an den Schulen?

Dr. Streit: Meiner Meinung nach leisten die LehrerInnen derzeit großartige Arbeit. Ich stehe nicht an zu sagen, dass das Bildungsministerium viele gute Maßnahmen gesetzt hat. Notfalls muss man eben Schulen schließen. Es entstehen bei Kindern keine irreparablen Schäden, wenn Schulen geschlossen werden, es kann aber die Gesellschaft irreparable Schäden erleiden, wenn Corona explodiert. Die LehrerInnen könnten den Eltern allerdings mehr Unterstützung beim Online-Lernen geben, das würde nicht schaden. Kinder lernen grundsätzlich schnell bei Online-Übungen, sie sind bald perfekt. Soweit ich das sehe, sind sie auch brav, wenn es darum geht, Masken zu tragen und Abstand zu halten. Wir brauchen uns keine großen Sorgen zu machen um die Youngsters.

Institut für Kind, Jugend und Familie Dr. Philip Streit e.U. Moserhofgasse 42. 8010 Graz Tel. 0316 77 43 44, ikjf@ikjf.at www.ikjf.at

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