Neuö Zürcör Zäitung
Mittwoch, 19. März 2014 ^ Nr. 65
ZÜRICH UND REGION 17
Identitätsfindung auf dem Reissbrett Vier Konzepte zeigen die mögliche Zukunft des Limmattals als zusammenhängende Region auf Das Limmattal steht als Entwicklungsraum vor grossen Veränderungen. Eine breit abgestützte Kooperation von Regionalverbänden, dem Bund und der ETH präsentiert dazu Perspektiven. Michael Kuratli Die Limmat fliesst gemächlich aus der Stadt Zürich hinaus durch das Tal, das der Linthgletscher bei seinem Rückzug in den Süden am Ende der letzten Eiszeit geschaffen hatte. Lange Zeit galt die Region mit dörflichen Strukturen und vereinzelten Industriegebieten lediglich als Transitgebiet ohne eigenen Charakter. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts erhielten die Gemeinden entlang des Flusslaufs einen starken Wachstumsschub: Rund 200 000 Menschen leben heute in der Region zwischen Zürich-Altstetten und dem Wasserschloss im Grossraum Baden. Wegen der Autobahn, der Eisenbahnlinie sowie wegen des Rangierbahnhofs in Dietikon hat das Limmattal zudem nationale Bedeutung erlangt. Das Rückgrat der zukünftigen Entwicklung in der Region ist der 2012 beschlossene Bau der Limmattalbahn, deren erste Teilstrecke 2018 eröffnet werden soll. Als Regionalbahn wird sie bei ihrem Endausbau dem Raum zwischen Altstetten und SpreitenbachKillwangen neue Impulse liefern. In einer bisher einmaligen übergreifenden Kooperation haben nun Forscher, Politiker und Raumplaner ein Brainstorming zu den möglichen Entwicklungen veranstaltet (siehe unten).
Grenzübergreifend Der 168 Seiten umfassende Schlussbericht der «Ideenkonkurrenz Perspektive Raumentwicklung Limmattal» (PeRL) bietet einen Strauss von Ideen und Konzepten. Er zeigt, wie im Raum interveniert werden kann und welche Prioritäten und Massstäbe bis ins Jahr 2050 das Entwicklungsgebiet prägen sollen. Der Bericht richtet das Hauptaugenmerk in der Weiterentwicklung der regionalen Zusammenarbeit auf die «Raumsequenz» Dietikon - Spreitenbach. Die vor wenigen Jahrzehnten noch unüberwindbare Kantonsgrenze scheint dank der neuen, übergreifenden Planung frische Energien freizusetzen. Vier Entwurfsteams entwickeln im Rahmen des Projekts zu den Bereichen Siedlungs- und Städtebau, Mobilität und Verkehr, Landschaftsentwicklung, gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung sowie für die regionale Zusammenarbeit Ideen. Das Zürcher
Ländliche Idylle, Gross- und Kleinstädtisches sowie Gewerbe: Blick auf ein facettenreiches Spreitenbach.
CHRISTIAN BEUTLER / KEYSTONE
Team «KCAP» beispielsweise entwirft den Raum bis nach Spreitenbach als grosses, metropolitanes Geflecht, das in seiner Verdichtung andere, schlechter erschlossene Agglomerationsgebiete entlasten soll. Eine Zäsur sehen die Planer zwischen Killwangen und Baden; Letzteres soll als eigenständiges Regionalzentrum bestehen. Zugrunde
liegt diesem Konzept aber ein enormes Wachstum, infolge dessen die spezifischen Identitäten der einbezogenen Gemeinden untergehen würden. Als Kontrast dazu kann die Vision der Brugger Gruppe «Metron» gelten, die durch die Orientierung an den flankierenden Naturflächen eine innere Verdichtung ohne exzessives Wachstum
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STADTTEIL IN SCHLIEREN WÄCHST
Perspektive Raumentwicklung Limmattal
vö. ^ Beim Bahnhof Schlieren befindet sich die ehemalige Leimfabrik Geistlich, deren 80 000 Quadratmeter grosses Areal in den nächsten Jahren etappenweise neu überbaut wird. Am Dienstag ist nun der Spatenstich für 137 Eigentumswohnungen erfolgt, wie die Geistlich Immobilia AG mitteilt. Das vom Zürcher Architekturbüro Enzmann Fischer Partner geplante siebenstöckige Hofgebäude schliesst an die Neubauzeile auf dem benachbarten Färbi-Areal an. Im entstehenden Stadtquartier sind bereits über 500 neue Wohnungen bezogen. Die Firmen Halter Entwicklungen und Geistlich Immobilia AG vermarkten die ehemaligen Industrieareale Färbi und Geistlich unter der gemeinsamen Dachmarke «am Rietpark».
mik. ^ Die «Ideenkonkurrenz» zur Entwicklung des Limmattals ist die bisher grösste Kooperation der verschiedensten raumplanerischen Ebenen. Als Folge des «Raumkonzepts Schweiz» des Bundes aus dem Jahre 2012 wurde für das national bedeutsame Gebiet zwischen Zürich und dem Siggenthal eine übergreifende Zusammenarbeit gesucht. Vertreten waren Akteure der verschiedenen politischen Ebenen sowie Experten und Planungsteams. Auf Kommunalebene waren dies die Gemeinden Killwangen, Oetwil an der Limmat, Spreitenbach, Urdorf und Wettingen sowie die Städte Baden, Dietikon, Schlieren und Zürich. Auch die regionalen Zusammenschlüsse der beiden Kantone «Baden Regio» sowie die «Zürcher Planungsgruppe Limmattal» waren vertre-
forcieren will. Verdichtung und verstärkt städtische Strukturen stehen bei allen Entwürfen im Zentrum. Dies ist klar eine Folge des gesteigerten Bewusstseins der Gesellschaft um die Zersiedelung durch die anhaltende, landfressende Baupolitik. Andererseits wird mit der weiteren, zunehmenden Verstädterung der Gemeindegebiete
ten. Neben den beiden Kantonen Zürich und Aargau beteiligten sich gleich fünf Bundesämter an der Planung. Konkret das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), für Energie (BFE), für Strassen (Astra), für Umwelt (BAFU) sowie das Bundesamt für Verkehr (BAV). Von der wissenschaftlichen Seite wurde das Projekt vom Lehrstuhl für Raumentwicklung des Professors Bernd Stoll am Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL) an der ETH Zürich geleitet. Die vier Entwurfsteams zeichnen sich wiederum durch unterschiedliche Provenienz aus: Albert Speer & Partner stammen aus Frankfurt am Main, Astoc Architects and Planners aus Köln, KCAP Architects & Planners aus Zürich, und das Entwurfsteam Metron ist in Brugg ansässig.
Schlierens und Dietikons eine Tendenz weitergedacht, die durch derzeitige Bautätigkeiten bereits besteht. Das Limmatfeld in Dietikon, das als neuer Stadtteil mit Blockrandbebauung klar auf eine städtisch verdichtete Bauweise setzt, kann hier als Beispiel gelten. Das Frankfurter Team «Albert Speer & Partner» bedient sich der Metapher der Doppelhelix. Ähnlich den sequenziellen Bausteinen der DNA soll mit einem «zufälligen Nebeneinander» einzelner planerischer Elemente wie Gewerbe-, Wohn- und Naturgebieten Synergien durch Diversifizierung geschaffen werden. Die Gruppe «Astoc» fasst die divergierenden Vorstellungen letztlich in der Vision zusammen, gemäss der eine einmalige Sub-Urbanität im Limmattal herausgebildet werden soll. Durchmischte Wohn- und Gewerbeformen sollen verdichtet und Freiräume bewusst gepflegt werden. Damit tastet sich das Kölner Team wohl am nächsten an einen realistischen Kompromiss zwischen den Interessenverbänden heran. Allen Entwürfen gemeinsam ist die kritische Haltung zu einem weiteren Ausbau der Infrastruktur des motorisierten Individualverkehrs und die Forcierung des Langsamverkehrs. Einig sind sich die verschiedenen Teams auch in der Bedeutung der fliessenden Gewässer. Die grossen Siedlungen im Tal finden sich nicht entlang des Flusses, sondern folgen der Überlandstrasse. Wohnen am Wasser und die Aufwertung des Flussgebietes sind deshalb bei allen Visionen ein Thema.
Langfristige Zusammenarbeit
Als grundsätzliche Auseinandersetzung hatte das Projekt PeRL nicht zum Ziel, pfannenfertige Lösungen zu präsentieren. Vielmehr wird betont, dass die Entwicklung von gesellschaftlichen und ökonomischen Entscheiden abhängig gemacht werden soll. Im Sinne eines «Wenn das, dann . . .» sollen Überraschungen und Fehlplanungen vermieden werden. So beispielsweise beim Ausbau der Bahninfrastruktur, wo durch den etwaigen Bau des HoneretTunnels zwischen Dietikon und Altstetten die Planungsgrundlage wesentlich verändert würde. Viel wichtiger als die konkrete Umsetzung oder Priorisierung einzelner Ideen war beim Projekt die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure. Der «grüne Tisch» erlaubte es, das Limmattal, das als Gesamtes bisher wenig gemeinsame Identität pflegte, als zusammenhängenden Kulturraum wahrzunehmen. Die Hoffnungen der Vertreter gehen denn auch dahin, aus dem Projekt eine langfristige Kooperation zu entwickeln.
Viel Platz und etwas Wellness für die Riesen
Mehr Sicherheit für Velofahrer
Die spektakuläre Elefantenanlage im Zoo Zürich ist nun bewohnt
Stadt Zürich lässt Unterführung Bahnhofquai umbauen
Knapp drei Monate vor der offiziellen Eröffnung des KaengKrachan-Elefantenparks im Zoo Zürich haben die Dickhäuter soeben ihr neues Heim bezogen. Urs Bühler
Grosse Tiere leben in gigantischen Bauten: Was in der Menschenwelt oft zutrifft, gilt im Zoo Zürich nun auch für dessen wohl populärste Bewohner, die Elefanten. Deren riesige neue Anlage wird zwar erst am 7. Juni eröffnet. Die Arbeiten sind aber so weit fortgeschritten, dass die sechsköpfige DickhäuterFamilie diese Woche hat umziehen können. Das geschah unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um das Ganze für alle Beteiligten möglichst stressfrei zu halten, wie der Zoo am Dienstag mitteilte. Die Verlegung verlief laut Communique´ reibungslos: Mit etwas Training waren die Rüsseltiere dazu gebracht worden, selbständig in die Transport-
kisten zu steigen. Zunächst wurden das Weibchen Indi und seine Tochter Chandra gemeinsam verschoben, dann folgten die vier weiteren Gruppenmitglieder samt Maxi, dem einzigen Bullen. Bei einer Vorbesichtigung haben einige Medienleute sich schon letzte Woche ein Bild machen können von den eindrücklichen Dimensionen des neuen Parks, der eine artgerechtere Haltung ermöglicht als der alte. Er bietet eine viel weiträumigere Aussenanlage, in der die Tiere herumstreifen und ihr Futter suchen können, eine Badelandschaft mit 800 000 Litern Wasser für artspezifische Formen der Wellness – und ein spektakuläres Herzstück mit dem an Schildkrötenpanzer erinnernden Dach: Im mächtigen Elefantenhaus, das 5000 Quadratmeter umfasst und mit der betriebseigenen Holzschnitzelheizung bei Bedarf auf 16 Grad Celsius erwärmt wird, verbringt die Gruppe künftig die meiste Zeit des Winterhalbjahrs. Das neue Zuhause bietet mehr Bewegungsfreiheit für die Vierbeiner und die Möglichkeit, Kühe und Kälber ge-
trennt von den Bullen unterzubringen. Für die zweibeinigen Besucher hält die 18 Meter hohe Halle, die von weitem fast die Landung von Ausserirdischen vermuten lässt, atemraubende An- und Einsichten bereit. Die mit Holz verkleidete Decke etwa simuliert durch Öffnungen, die mit Membranen verkleidet sind, das Blätterdach eines Regenwalds. Die Baukosten, die der Zoo vor allem durch Spenden und ohne öffentliche Gelder finanziert, dürften den anfangs gesteckten Rahmen von 41 Millionen Franken sprengen. Benannt ist der Kaeng-Krachan-Elefantenpark nach einem Nationalpark nahe von Bangkok. Der Bezug zu Thailand spiegelt sich nicht nur in manchem architektonischen Detail der Anlage, sondern auch in einer Kooperation: Der Zoo unterstützt ein Programm der thailändischen Sektion der Wildlife Conservation Society, welches das Zusammenleben von Menschen und Elefanten fördern soll. www.nzz.ch/zuerich
Nach dem tragischen Velounfall vom 23. September 2013 ergreift die Stadt Zürich Massnahmen. Der Radstreifen in der als gefährlich eingestuften Unterführung Bahnhofquai wird baulich von der Strasse abgesetzt. cn. ^ Die Stadt Zürich reagiert auf den tödlichen Velounfall bei der Bahnhofquaiunterführung und lässt die als gefährlich geltende Spur umbauen. Am 23. September 2013 war an dieser Stelle ein 35-jähriger Velofahrer unter noch nicht ganz geklärten Umständen mit einem Lastwagen zusammengestossen, der rechts in die Warenanlieferung des Bahnhofs abbiegen wollte. Der Radfahrer stürzte so schwer, dass er an seinen Verletzungen starb. Die genauen Umstände des Unfalls sind noch ungeklärt. Die Staatsanwaltschaft leitete nach dem Unfall ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen den Chauffeur ein. Der tödliche Velounfall löste in der Stadt
Zürich grosse Betroffenheit aus. Velofahrer protestierten gegen die als gefährlich geltende Unterführung und legten Blumen nieder. Gleichzeitig wurde eine breite Debatte über die Sicherheit von Velospuren ausgelöst. Die von Freunden des Verstorbenen gestartete Petition «Stadt Zürich: Sicheres Velonetz bauen» wurde von 6400 Personen unterschrieben. Wie die Stadt Zürich am Dienstag mitteilte, wird die Dienstabteilung Verkehr nun tätig. Die Unterführung beim Bahnhofquai wird zum Schutz der Velofahrer verbessert. Neu werden die Zweiradfahrer unmittelbar nach dem Fussgängerstreifen auf einem baulich erhöhten und abgegrenzten Radstreifen geführt. Zudem wird im verkürzten Einspurbereich der Anlieferung des Hauptbahnhofs der Belag rot gefärbt, damit sollen die abbiegenden Lastwagenfahrer auf das Vortrittsrecht der Velofahrer aufmerksam gemacht werden. Die Bauarbeiten wurden diese Woche in Angriff genommen und sollen Ende Monat beendet sein.