DolceVita Hotel Lindenhof Suite Ausgabe 03

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DIE LINDENHOF HOTELZEITU NG

3. AUSGABE

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SUITE SEITE 04

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HERB ST 2015

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SPORTS-MAN

SOS-SERVICE

HEIM-VORTEIL

PSYCHO-QUIZ

Ein Genussmensch hilft anderen beim Abnehmen

Die netten Helfer hinter den Kulissen

Emma Nischler und ihr Leben in Naturns

Die etwas andere Physiotherapeutin

UNSER PROGRAMM

GESUND, GENIESSEN – LINDENHOF 1 WOHIN GEHT DIE REISE?

DAS HOTEL DER ZUKUNFT

Am Anfang war der Plan... Chiara und Joachim Nischler wollen neue Trends setzen

Trotz zufriedener Gäste und diverser Auszeichnungen braucht auch die Familie Nischler eine Strategie für die nächsten Jahre und arbeitet deshalb am „Leitbild Lindenhof 2020+“ Joachim Nischler hat die Auszeichnung kurz zur Kenntnis genommen – und sich bei den Mitarbeitern bedankt. Eine große Feier gab es nicht. „Natürlich sind wir stolz, dass wir den Holiday Check Award wieder bekommen haben. Aber wichtiger ist, dass wir an die nächsten Jahre denken. Und uns so aufstellen, dass unsere Gäste auch in Zukunft mit uns zufrieden sein werden“, sagt der Chef des Hotels Lindenhof in Naturns. Der Hotelier weiß: die Branche boomt, die Konkurrenz ist groß, der Kampf um die Gäste führt nicht nur in Südtirol zu manchmal absurden Investitionen. Deshalb hat sich Familie Nischler Unterstützung durch eine Tourismus-Beratungsgesellschaft geholt, mit der langfristige und vernünftige Änderungen angestrebt werden. „Wir werden bestimmt nicht von heute auf morgen alles umbauen. Wir wollen eine Strategie erarbeiten, mit der wir uns in den Punkten verbessern, in denen es notwendig ist – und mit der wir vielleicht sogar neue Trends setzen können“, sagt Joachim Nischler, der deshalb bei seinen Überlegungen zum Leitbild Lindenhof 2020+ auch schon die nächste Generation mit einbezieht. Die Töchter Chiara und Emma sind bei allen Workshops dabei.

Obwohl die Nischlers schon ein Anschluss– Grundstück zum Hotel gekauft haben, planen sie keinen Schnellschuss. Mit den Tourismusexperten von Kohl & Partner erstellen sie eine Marktanalyse, arbeiten an Zukunftsszenarien der Branche und erstellen ein Benchmark. „Wir müssen erst Klarheit bekommen, wohin die Reise geht“, sagt der 46-jährige Chef des Hauses, für den allerdings Stillstand ein Rückschritt ist. Und so weiß er schon heute, dass er auch vor der nächsten Saison investieren wird: Jedes Zimmer soll eine Klimaanlage erhalten, weil sonst zumindest bei dieser doch immer mehr um sich greifenden wahnsinnigen Hitze im Juli und August an Schlaf nicht zu denken ist, jedes Bett wird gegen ein Boxspring-Schlafsystem getauscht, das den Rücken schont. Damit ist ein Leitbild bereits gesetzt: das Hotel soll seinem Ruf „Gesund, gesünder – Lindenhof“ treu bleiben. Auch in einem anderen Punkt bekennt sich die Familie Nischler klar zum bestehenden Konzept. „Wir bleiben ein Hotel für alle – und freuen uns auch über Familien und Kinder“, sagt Nischler. Bis zum Jahr 2018 will er sogar ein „neuartiges Hotel für die ganze Gesellschaft“ schaffen, in dem sich alle wohlfühlen können. Die erste Idee: es soll ein Schwimmbad mit Spielwiesen für Fa-

milien entstehen, es sollen Oasen der Ruhe für gestresste Urlauber eingeplant werden. Sogar an einen eigenen Speisesaal für Familien ist gedacht. Nischlers Vision: „Jeder soll im Lindenhof den Urlaub machen können, den er für sich am angenehmsten empfindet.“ Trotz aller notwendigen Zukunftsstrategien weiß aber auch Joachim Nischler, was sein Kapital ist: die Mitarbeiter. Sie sollen weiterhin dafür sorgen, dass es den Gästen im Lindenhof besser geht als anderswo. Und deshalb überlegt die Hoteliersfamilie, auch ihnen bei einer neuen Ausrichtung entgegen zu kommen. „Wenn wir zwölf Monate im Jahr geöffnet haben würden, müssten sich unsere Mitarbeiter nicht mehr von November bis Februar arbeitslos melden“, sagt Joachim Nischler, der sich in den Workshops schon mal damit befasst, welches Klientel er in dieser Zeit ansprechen könnte. Bis dahin gibt es ein Dankeschön für den hoffentlich nächsten Holiday Check Award. „Vielleicht könnten wir ja mit den Mitarbeitern auch mal darauf anstoßen“, sagt die Frau des Hauses, Lorella Lorenza Longhitano. Das ist die Vision 2016.

GOURMETHERBST IM LINDENHOF: 12.10. BIS 15.11. Der Chefkoch hat ein Ziel: „Ich möchte, dass unsere Gäste gesund genießen können“, sagt er im Interview auf Seite 10. Das gilt auch beim Gourmetherbst mit einem ganz speziellen Programm: Montags gibt es bei herrlicher Aussicht hoch oben in Unterstell die besten Weine zu kosten, dienstags wird ein Riesling­-Gala­­ -Dinner aufgetischt, mittwochs und donnerstags besuchen wir ein Weingut, freitags lernen Sie durch unsere Sommeliers die Südtiroler Weinkultur kennen. Und natürlich gehört zum Gourmetherbst jeden Tag ein Gourmetessen von Andreas Pirchers Team.

2 BELLICON­W OCHE IM LINDENHOF: VOM 24. BIS 31. OKTOBER Spaß an der Bewegung ist das Motto bei der bellicon®­ Fitnesswoche. Manuel Eckardt von pur­life gibt Ihnen unter an­ derem Tipps für einen gesunden Rücken und ein gestärktes Herz.

3 WEINWOCHE IM LINDENHOF: VOM 8. BIS 15. NOVEMBER Joachim Nischler freut sich auf die Weinwoche ganz besonders: Als Gastgeber darf er selbst auf Reisen gehen und noch mehr Wein genießen als sonst. Der Hotelchef lädt Sie zu exklusiven Kellerführungen und Weinverko­ stungen mit Spitzenwinzern ein. „Es ist für mich als Weinfreund immer wieder ein besonderes Erlebnis“, sagt er.

Die Lindenhof–Rezeption erreichen Sie täglich von sieben bis 22 Uhr. Telefon: 0039 0473 666242 oder unter info@lindenhof.it


HAUSPOST

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KIDS CLUB

KENNEN SIE DEN?

JULIA HAT EIN ZIEL: DIPLOMIERTE KINDERBETREUERIN

DER MYSTERY MAN

170 haben sich beworben, 22 haben die Aufnahmeprüfung bestanden: Glückwunsch an unsere Kids-Animateurin Julia Perkmann, sie ist dabei – und wird jetzt von September an ein Jahr lang die Landesfachschule für Sozialberufe in Bozen besuchen und sich zur diplomierten Kinderbetreuerin ausbilden lassen. „Das ist ein wichtiger Schritt für mich. Ich werde aber selbstverständlich dem Lindenhof treu bleiben“, sagt die 23-Jährige, die während der Ferien und wann immer es geht weiter im Viersterne S-Hotel arbeiten wird. „Wir freuen uns für Julia, und wir freuen uns für uns, dass sie dem Lindenhof erhalten bleibt“, sagt Joachim Nischler. Die neue Julia wird Lisa heißen – und nach einer Einarbeitungszeit mit Julia den Kids-Club an Stelle der „Neu-Studentin“ leiten. Lisa Grüner, 21, beginnt ihren Job am 1. September.

AUSSTELLUNGEN IM LINDENHOF

SCHMUCK AUS STROMKABELN Fast jeden Abend ist im Lindenhof nach dem Essen was geboten – es gibt immer mal wieder Wandertipps vom Experten, Live-Musik, einen DJ und Ausstellungen mit Verkauf. Wir stellen heute Daniela Windisch vor, die einmal in der Woche im Hotel ihren Modeschmuck präsentiert. Sieben Jahre hat Daniela Windisch in einer Lohnbuchhaltung gearbeitet. Fünf Mal in der Wo­ che von acht bis 17 Uhr. Und fünf Mal in der Woche hat sie von acht bis 17 Uhr gedacht: Was mache ich hier bloß? „Ich bin ein kreativer Mensch. Und ich fühlte mich eingesperrt mit all den Zahlen“, sagt sie. Doch erst ihr Freund gab ihr den Mut, ihr Leben zu ändern. „Du musst Deine Träume leben. Nicht Deine Träume träumen“, sagte er ihr. Heute führt sie das Leben, das ihr gefällt. Daniela Windisch ist selbstständige Schmuckdesignerin. Wenn ihre Tochter Noemi morgens im Kindergar­ ten ist, arbeitet sie zu Hause an ihrer Kollektion, wenn ihre Tochter abends schläft, geht sie in gute Hotels und versucht, ihren Schmuck zu verkaufen. Zum Beispiel jeden Mittwoch im Lindenhof. „Das macht Spaß, weil die Leute im Urlaub ganz anders drauf sind. Manchmal reden wir auch nur miteinander“, sagt sie. Eigentlich war alles Zufall bei ihr. Zum Beispiel die Sache mit dem Schmuck. Daniela Windisch war bei der Kreativmesse in Bozen. Und weil ihr an einem Stand eine Kette so gut gefiel, diese aber 80 Euro kostete, kaufte sie sich ein Starterset – und begann selbst zu kneten. Heute macht sie Schmuck aus Kaffeekapseln, Fahrrad­ schläuchen, Stromkabel, Korken oder Gummibän­ dern. Alles ist möglich – und alles zwischen 15 und 50 Euro. Und Zufall war auch die Sache mit den Hotels. Ein Hotel wollte sie als Rezeptionistin einstellen, aber Daniela Windisch wollte weiterhin kreativ arbeiten. „Also habe ich gefragt, ob ich vielleicht meinen Schmuck dort ausstellen darf.“ Sie durfte. Und so begann ihre Wanderausstel­ lung in den Hotels. website: www.danicus.it www.facebook.com/DanicusSchmuckDesign

Warum Joachim Nischler immer wieder sein eigenes Hotel testen lässt

Der vielleicht 50 Jahre alte Gast kniet sich mit seinen 1,90 Metern unter das Waschbecken – und legt mühsam ein paar seiner Haare in die hinterste Ecke. Wenn er sie morgen noch dort findet, wird er an die Rezeption gehen und sich über die Zimmerreinigung beschweren. Wenn nicht, wird er auf seiner Liste unter der Rubrik „Basiskriterien“ den Versuch mit den Haaren abhaken und ohne weitere Bemerkungen in seine Excel–Liste übernehmen. Paul Martin, wie er im Lindenhof heißt und danach nie wieder, ist hauptberuflicher Hoteltester, ein so genannter Mystery Man. Joachim Nischler hat bei einer Agentur einen Mann oder eine Frau gebucht, der oder die für rund 3.000 Euro sein Hotel nach allen Regeln der Kunst testet. Wer wann kommen wird, weiß der Auftraggeber nicht. Das kann ein paar Tage danach, das kann aber auch Wochen später sein. Unser Paul Martin jedenfalls hat in Naturns als normaler Gast ein- und als erholter Urlauber ausgecheckt. Erst danach, als ihn die Rezeptionistin verabschiedet, zieht er einen Ausweis und gibt sich zu erkennen. „Da wir im Lindenhof wirklich alles versuchen, um den Gast zu verwöhnen, bleibe ich hier selbst bei einem Mystery Man gelassen“, sagt die Rezeptionschefin Bea Stecher. In anderen Häusern, so weiß sie, führe diese Schlussszene schon mal zu ernsthaften Schockzuständen beim Personal.

turns geschossen, ein paar davon finden sich als gute und schlechte Beispiele in seinen Ausführungen, die aus der „Analyse der Gästebetreuung“ nach Hardware, Angeboten, Mitarbeitern besteht, aus „internem Marketing“ („Ich bin um 22.45 Uhr an der Bar erst nach fünf Minuten gefragt worden, ob ich noch ein Bier möchte“) und aus den so genannten kritischen „Gast-Aktionen“.

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Tatsächlich ist das Gesamturteil in der Powerpoint– Präsentation, die der Tester dem Hotelchef Joachim Nischler zusammen mit der nicht bezahlten Hotelrechnung überreicht, bisher immer im grünen Bereich gewesen. Grün heißt: 80 bis 100 Prozent Zufriedenheit, sehr gute Leistung. Nach grün, gelb (60 bis 80 Prozent, bitte im Auge behalten) und rot (0 bis 60 Prozent, stop, unbedingt Handlungsbedarf) sind auch die einzelnen Themenfelder im QualityCheck aufgeteilt, der alle Abteilungen im Hause erfasst. „Hier werden namentlich mit Uhrzeit gewisse Verhaltensweisen und Reaktionen der Mitarbeiter und der Direktion aufgeführt“, sagt Nischler, der mit den drei Tests im Jahr seine Mannschaft noch besser für die nächste Saison schulen kann. Nischler: „Es sind oft die Kleinigkeiten, die entscheiden, ob sich ein Gast wohl fühlt oder nicht.“ Diese Kleinigkeiten führt Paul Martin schonungslos in seiner Dokumentation aus. 300 Fotos hat er in den vier Tagen in Na-

Beispiel 1: „Obwohl ich mich zunächst mit einem anderen Mann telefonisch für das Doppelzimmer angemeldet hatte, waren Badeschuhe für Mann und Frau in der Suite.“ Beispiel 2: „Ich habe um 22.28 Uhr eine ausgeliehene Nagelfeile zurück gebracht. Obwohl die Rezeption bis 22.30 Uhr offiziell besetzt sein sollte, nahm sie xx (Name ist der Redaktion bekannt…) schon in Freizeitkleidung entgegen.“ Beispiel 3: „Kellner xx (Name ist der Redaktion bekannt….) begrüßte mich zwar höflich, aber zurückhaltend, als ich kurz vor Küchenschluss noch in den Speisesaal kam.“ Beispiel 4: „Als ich mich beschwerte, dass die Pasta nicht nach meinem Geschmack war, sagte xx (Name ist der Redaktion bekannt…) nur: oh.“ Beispiel 5: „Der Rückenfit– Kurs endete schon nach 25 Minuten, obwohl im Termin klar von 9 Uhr bis 9.30 Uhr angegeben war.“

„Wir strafen ja keinen Mitarbeiter wegen solcher Dinge ab. Aber es ist für jeden gut zu wissen, wie manches Verhalten bei einem kritischen Gast ankommt“, sagt der Hotelchef Joachim Nischler, der den Lindenhof gleich drei Mal im Jahr testen lässt. Einmal schickt die Vereinigung Belvita Alpine Wellness-Hotels einen Mystery Man, einmal die Dolce Vita-Kette – und einen bestellt Nischler selbst. „Alle 55 Leute bei uns plus unserer Familie wollen, dass sich die Gäste im Lindenhof wohl fühlen. Deshalb lernen wir auch gerne, was man noch besser machen kann“, sagt der Hotelchef, und Paul Martin sagt: „Glauben Sie bitte ja nicht, dass ich in meinem Privatleben auch so bin – und um 20.59 Uhr in den Speisesaal gehe. Und um 22.28 Uhr eine Nagelfeile zurückgebe.“ Wie Herr Martin morgen heißen wird, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass er in ein Hotel eincheckt, in dem es nur bis 20 Uhr Abendessen gibt. „Da werde ich dann nämlich um 19.59 Uhr in den Speisesaal gehen“, lächelt der Mystery Man. Wann er die Nagelfeile zurückgeben wird, sagt er nicht.


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SPORT

DER PERSONALCOACH

BODYBUILDING GEHT MANCHMAL AUCH IN DEN KOPF…

FIT IM LINDENHOF

Wie Christian Pirpamer sein Leben veränderte – und warum er heute sagt: Es braucht keine Vorschriften und keinen Aufwand, um gesund zu bleiben

Mitten in der Nacht, kurz vor drei, klingelte das Handy. Und Hans aus Hamburg wollte wissen, was er tun solle. „Ich stehe hier in St. Pauli vor einer Wurstbude – und habe einen Heißhunger auf Currywurst“, erklärte er in verzweifeltem Tonfall. „Ja, Mann, dann iss doch eine. Oder iss zwei Würste. Oder drei“, antwortete der Personalchoach aus Naturns, wobei er schwört, er hätte dem Hans das auch mittags um drei geraten und es habe nichts damit zu tun gehabt, dass er aus dem Schlaf gerissen worden sei.

ligen Situation ab. Wie leben sie bisher? Bringen sie 30 Minuten von dem, was er Body-Art und arbeiten mit dem eigenen Körper nennt, in ihrem täglichen Lebensrhythmus unter – oder doch nur 15? Und was ist dabei wichtig für sie? Fettverbrennung? Rückentherapie? Kräftigung der Muskeln? Beweglichkeit? „Die Menschen haben unterschiedliche Tagesabläufe“, sagt der 29-Jährige, für den bei seinen Plänen, die er ihnen mit gibt, nur eines wichtig ist: Er darf sie nicht überfordern, weil sie Spaß an dem haben sollen, was sie tun. „Der Körper unterscheidet nicht in physischen und psychischen Stress“, sagt Pirpamer. „Wenn ein Manager nach 16 Stunden Stress am Arbeitsplatz noch meint, er müsse zwei Stunden joggen, überfordert er sich. Dann ist der Sport nicht mehr gesund.“

Die kleine Geschichte aus dem Leben des Christian Pirpamer zeigt einen Teil der Philosophie des Lindenhof-Fitnesstrainers: Obwohl unter seinen Klienten natürlich viele Urlauber sind, halten sie Kontakt zu ihm, Spaß, Lebensfreude, Gesundheit weil sie ihm vertrauen. Obwohl sie „Wenn dir ein – für Chris, wie ihn alle nennen, schon lange nicht mehr bei ihm Programm dein gehört das zusammen. Was bei seitrainieren, denken sie an seine Vorner jungen Vita erstaunlich ist. gaben, was leicht fällt, weil er sie in Leben diktiert, Oder auch nicht. nichts überfordert. Und obwohl er läuft was schief“ sagt, dass bei einem ästhetischen Der Junge aus dem Passeiertal hatte und gesunden Körper zu 80 ProChristian Pirpamer nur ein Ziel: Er wollte auf die Bühne zent die Ernährung ausschlagge– als Bodybuilder. Dem ordnete er bend sei, will er auch beim Essen sein Leben unter. Er brach die Schule ab, er trainicht in „Du darfst“ und „Du darfst nicht“ unternierte von morgens bis nachts. Er ernährte sich scheiden. „Es braucht keine Vorschriften, um genach strengen Regeln, kochte alles vor, nahm es in sund zu bleiben. Es braucht nicht einmal viel AufKanistern mit, um im vorgeschriebenen Moment so wand“, sagt der Mann, dem auch ohne Namensund so viel Gramm von diesem oder jenem essen zu schild jeder den Personalcoach ansieht: groß wie können. „Wenn ich mal eine Erdbeere zu viel geeine Eiche, kräftig wie ein Bär, bewaffnet mit gessen hatte, machte ich mir Vorwürfe und konnte Muskeln an allen einsichtbaren Stellen. nachts nicht schlafen“, erzählt er. Zu spät merkte er, dass zumindest er kein Typ für die BodybuilderChristian Pirpamer ist kein Fitnesstrainer der alten Welt ist, in der ein Muskel an der richtigen Stelle Schule, der – nach dem Motto „quäl dich, du Sau“ mehr zählt als ein Lächeln für den Mitmenschen im – seine Klienten den Berg hochscheucht und sie entscheidenden Moment. Chris bekam Streit mit Stunden später im Fitnessraum zu kleinen Monseinen Eltern, Kumpels zogen sich zurück von ihm stern züchtet. Er holt seine Kunden in der jewei-

und irgendwann auch seine Freundin. „Ich konnte ja nicht mal mit ihr Pizza essen gehen“, sagt er. Die Erkenntnis, alles falsch gemacht zu haben, kam spätestens dann, als er dank dubioser Freunde viel Geld und sein eigenes Fitnessstudio verloren hatte. „Wenn dir ein Programm dein Leben diktiert und dir sagt, was du wann trainieren und was du wann essen musst, läuft was gründlich schief“, weiß er heute. Deshalb vermittelt er seit ein paar Jahren im Hotel Lindenhof in Naturns den Gästen das, was er nicht hatte: Lebensfreude mit Sport und Essen. Er erklärt, wie wichtig es ist, auf seinen Körper zu hören – und fragt in einer Stunde zehn Mal, wie es einem geht. „Ich muss wissen, wie ein Körper auf diese oder jene Übung reagiert“, sagt der Mann, der jahrelang nicht auf sein Inneres gehört hat. Er erklärt, wie wichtig richtige Ernährung ist – und sagt, dass er ein Genussmensch geworden sei. „Aber wenn ich etwas genieße, zum Beispiel ein Eis oder Kuchen oder Wein, sollte ich es nicht jeden Tag essen oder trinken. Dann genieße ich es ja nicht mehr.“ Bodybuilding hat aus Christian Pirpamer einen anderen Menschen gemacht. Einen, der für sich gelernt hat, wie es nicht geht. Und der dadurch den Gästen im Lindenhof beibringen kann, wie sie wirklich gesünder und sportlicher leben können. „Ich möchte den Leuten weiter helfen“, sagt Chris – und lächelt nur, wenn einer als Ziel ausgibt, in einer Woche Urlaub zehn Kilo abnehmen zu wollen. „Wenn Du nicht nur Deine Kilos, sondern auch Deine Lebensqualität verlieren willst, schaffen wir das. Aber glaub mir: gesund abnehmen kannst Du nachher auch zu Hause.“ Notfalls ist Christian Pirpamer auch nachts um drei zu erreichen…

Neben Personalcoach Christian Pirpamer bilden Physiotherapeutin/Yogalehrerin Christine Stiebler und Wellnesstrainer Arthur Pircher das Fitnessteam im Lindenhof. Sie sind alle darin ausgebildet, den Kursteilnehmern auf sanfte oder energische Weise Spaß an der Bewe– gung zu vermitteln. Eine gesunde Körperhaltung und Wohlbefinden stehen im Mittelpunkt der verschiedenen Kurse wie Aquafitness, Body Styling, Yoga, Trampolin, Rückenfitness usw. Sie werden im Hotel täglich kostenlos angeboten. Die Übungseinheiten werden durch das Saunateam mit täglichen Themenaufgüssen ergänzt. Um auf die individuellen Wünsche und Ziele der Gäste eingehen zu können, bietet Christian Pirpamer auch Privatstunden an.

Christian Pirpamer hat schon mit 17 Jahren in Kaltern sein eigenes Fitnessstudio geleitet. Seit knapp zehn Jahren ist der heute 29-Jährige als freier Mitarbeiter im Hotel Lindenhof als Fitnesstrainer tätig, zusätzlich können ihn Gäste als Personalcoach buchen. Nach seiner Bodybuilder-Karriere hat er viel Geld und Zeit in Kurse investiert, die in seine eigene Sportphilosophie passten. Er hat sich unter anderem zum Ernährungsberater, zum Instructor Body Art, zum Pilates-und Yoga-Experten und zum professionellen Personalcoach ausbilden lassen. Er besitzt den B–Schein für Fitnesstrainer.


SERVICE

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DER MANN FÜR ALLE FÄLLE

WIE CARLETTO ZUM „MISTER LINDENHOF“ WURDE Karl Trenkwalder ist mit dem Hotelchef durchs Leben gewandert – und arbeitet seit 24 Jahren im Viersterne S-Hotel

Abteilungsleitersitzung mit dem Direktor. „Maros, ich muss den Garten heute fertig machen. Gehst Du für mich?“ Vorgespräche zur Mitarbeiterschulung mit dem Direktor. „Heute kann ich nicht. In der Garage bröckelt der Putz.“ Erste Gespräche wegen des Umbaus mit dem Direktor. „Wenn ich den Rasen jetzt nicht mähe, ist es zu spät. Nachher regnet es.“ Der Direktor Joachim Nischler kennt alle Ausreden seines Abteilungsleiters – und akzeptiert sie lächelnd. Denn Karl Trenkwalder ist ein Hausmeister des alten Schlags. „Ich werde fürs Arbeiten bezahlt, nicht fürs Reden“, sagt der Chef des Facility Managements im Viersterne S-Hotel Lindenhof. „Des was?“, fragt der Naturnser und schaut so spitzbübisch, dass man sofort merkt, veräppelt worden zu sein. Seit 24 Jahren arbeitet Carletto, wie ihn alle nennen, bei der Familie Nischler. Job mit Familienanschluss sozusagen. Denn Joachim Nischler behauptet gar, dass er seinen Freund Trenkwalder erst „lebensfähig“ gemacht habe. Beide sind Jahrgang 69, sie sind zusammen in Naturns aufgewachsen, gemeinsam in den Kindergarten gegangen und haben in der Volksschule in der gleichen Klasse gelernt. „Ich habe ihm bei uns im Hotelpool schwimmen beigebracht. Ich habe ihn mit unserem Fiat Panda Fahrunterricht gegeben und bin bei seiner Fahrweise auf den Fahrten nach Laas zig Tode gestorben – und er hat durch mich endlich mal Frauen kennengelernt“, behauptet Joachim Nischler. Einer wie Carletto lässt ihn halt reden. Es ist tatsächlich eine besondere Beziehung, die Karl Trenkwalder mit dem Lindenhof verbindet. Sein Onkel Karl, vor ihm der Hausmeister im Hotel, war einst mit dem Seniorchef Werner Nischler groß geworden, beide werden dieses Jahr 75. Karl der Zweite, den sie dann Carletto nannten, ist 46 – wie Joachim Nischler. Und Carletto wurde der Nachfolger seines Onkels. „Er hat damals Hilfe gebraucht, dann habe ich den Job in der Fabrik aufgegeben. Gottseidank“, sagt er, und das nicht nur, weil er im Hotel seine große Liebe kennengelernt hat: Hilde Pircher ist stellvertretende Gouvernante im Hotel. Seit 24 Jahren ist Trenkwalder jetzt im Lindenhof der Mann für alle Fälle. „Am Anfang habe ich sogar noch draußen im Garten Bier gezapft, wenn der Seniorchef mit seinen Gästen von der Wanderung zurückgekommen ist“, erzählt er. Das Hotel war kleiner, die Mitarbeiter weniger – und mit den Urlaubern, die zum Wandern kamen, waren alle auf du und du. „Es war eine andere Zeit“, sagt Carletto, aber dass sie schöner war, will er nicht sagen. Er ist irgendwie auch stolz darauf, was sein Freund Joachim bis heute geschaffen hat, er ist stolz auf den verantwortungsvollen Job, der ihn ausfüllt – und auch auf seine zwei Mitarbeiter, die er einmal eingestellt hat: mit den slowakischen Brüdern Maros und Michal Arvay, die jetzt auch schon über zehn Jahre im Lindenhof arbeiten, hat er das große Haus mit den vielen Gästen im Griff. „Ich glaube, für uns drei ist das ein Traumjob. Er ist vielseitig, wir ver-

Und was machen wir als nächstes? Karl Trenkwalder (rechts) mit Maros und Michal Arvay (von links)

stehen uns glänzend, und wir arbeiten draußen und drinnen. Wo gibt’s das sonst noch“, sagt Karl Trenkwalder. Der Mann, der eigentlich Mechaniker werden wollte, behauptet, rundherum glücklich und zufrieden zu sein. Zumindest, wenn er nicht so viel reden muss. Was sein Aufgabengebiet alles umfasst? „Ja, alles halt“, sagt er – und ist froh, dass er nach einem Blick auf die Uhr das ungeliebte Interview abbrechen kann. „Wir haben Abteilungsleitersitzung“, sagt er und verabschiedet sich schnell. Man hört noch zufällig, wie er hinter der Tür nach Maros ruft. „Ich muss nach der Dachrinne schauen. Maros soll zu dieser Sitzung da gehen.“ Karl Trenkwalder wohnt mit seiner Lebensgefährtin Hilde Pircher in Tschirland, einem Ortsteil von Naturns. Dort ist er nicht der „Hausmeister“. „Der Garten ist Hildes Aufgabe“, sagt der 46-Jährige, dessen großes Hobby der Fußball ist. Er hat früher selbst in Naturns gespielt – und ist heute leidenschaftlicher Anhänger von Juventus Turin.

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SERVICE

Lindenhof in Naturns. Eine „Gouvernante“, einst Erzieherin von Kindern des Hochadels, ist heute im Hotel die Frau für alle Fälle. Sie ist die Chefin der Zimmermädchen, ist für die Wäscherei verantwortlich, sie hat dafür zu sorgen, dass es überall im Hause sauber ist und einladend aussieht. Und täglich, sagt sie, fallen ihrem Hotelchef Joachim Nischler neue Aufgaben für sie ein. Und den Gästen auch. „Es kommt schon mal vor, dass man Pampers kaufen oder den Lottoschein abgeben muss.“ Den schwierigsten Teil der Gouvernanten-Aufgabe kann aber wohl nur eine Multikulti-Frau wie Anja Scheer lösen: Die Mehrzahl ihrer Zimmermädchen kommen aus Ungarn, der Slowakei, Thailand und den Philippinen. „Da musst du verschiedenste Nationen und unterschiedliche Charaktere unter einen Hut bringen“, sagt sie – und das, obwohl viele kaum der deutschen Sprache mächtig sind. Fußballtrainer kennen das auch – und wissen, wie schwierig es ist, eine Truppe aus verschiedenen Ländern zu motivieren. „Wir versuchen das mit Schulungen vor der Saison und einem Drehbuch, das ihnen genau aufzeigt, was wir von ihnen erwarten“, sagt die „Gouvernante“, die ihren Mädchen allerdings aus eigener Erfahrung gleich in den ersten Tagen nach der Ankunft eines auf den Weg gibt: „Lernt deutsch. Nur so könnt ihr hier bestehen.“ Wir werten es mal als Notlüge. Schließlich haben sie damit den wichtigsten Sprachtest noch nicht bestanden: „Wos tuat obr a des blond Schtodtweibez ba inz do?“

Dieser ständige Stress...: Ildiko, Hilde, Miriam, Anja, Terezia, Erika, Adele und Veronika (von links)

Auf thailändisch heißt das übrigens:

Es könnte für Anja Scheer ja mal wichtig sein… EINE FRAU FÜR ALLE FÄLLE

DIE SCHNALSERIN AUS BAD HERSFELD Seit 15 Jahren lebt die „Gouvernante“ Anja Scheer multikulti im Schnalstal. Die Deutsche muss sich mit den Einheimischen genauso verständigen wie im Lindenhof mit Zimmermädchen aus Thailand, Ungarn, der Slowakei und den Philippinen Irgendwie sind für eine Deutsche Menschen aus dem Schnalstal und von den Philippinen in einem Punkt ziemlich ähnlich: „Wenn du sie zum ersten Mal reden hörst, verstehst du nix“, sagt die Hessin aus Bad Hersfeld, die in Unser Frau lebt und in Naturns mit Philippinis arbeitet. Und mit Thais, mit Ungarn, mit Slowaken. Willkommen in der Multikulti-Welt der Anja Scheer. „Wos tuat obr a des blond Schtodtweibez ba inz do“, fragten sich vor 15 Jahren vor allem die einheimischen Frauen im Schnalstal. Zur Jahrtausendwende war die Globetrotterin aus Deutschland eher zufällig ins Skigebiet nach Kurzras auf 2011 Meter gekommen. Und weil sie im ersten Jahr nichts verstand, ist sie geblieben. Sie hat als gelernte Hotelfachfrau einen Job in der Hotellerie gefunden und einen Skilehrer als Ehemann. „Das zeigt wieder, dass es manchmal doch gut ist, wenn man nicht alles versteht“, sagt Anja Scheer, die inzwischen auf 511 Höhenmeter weiter unten im eigenen Haus in Unser Frau lebt. Mit Ehemann und Zwillingen, 12 Jahre alt. „Wir haben uns geeinigt: die Einheimischen reden schnalserisch, ich antworte hochdeutsch.“

Es ist ein außergewöhnliches Leben, das die außergewöhnliche Frau bis zu ihrer plötzlichen Sesshaftigkeit in Südtirol geführt hat. Mit 15 ist sie zu Hause ausgezogen – und weil sie nur eine Lehrstelle bei einem Kürschner bekam, hat sie gelernt, wie man aus Tierfellen Kleidung macht. „Das war nicht mein Ding, aber ich musste ja ein bisschen Geld verdienen“, erzählt sie heute. Ihr Ding: Menschen kennenlernen, andere Länder sehen, andere Kulturen begreifen. So zog es sie nach Sardinien, wo eine Aushilfskraft für die Bar gesucht wurde und wo sie sich über zwei Konsequenzen schnell klar wurde. Sie musste Sprachen lernen – und sie wollte im Hotelgewerbe bleiben. Die weiteren Stationen: Hotelfachschule Bad Hersfeld, wieder Sardinien, Deutschland, Südtirol, Spanien. Ende der 90er Jahre führte sie gar mit ihrem damaligen Freund ein kleines Restaurant in der Nähe von Malaga. „Ich habe nie gefragt, was morgen ist. Ich habe immer nur den Tag gelebt“, sagt sie. Heute kommen der großen, blonden Frau ihre vielfältigen Erfahrungen mit unterschiedlichsten Menschen zugute. Seit drei Jahren arbeitet sie als „Gouvernante“ im Hotel

Anja Scheer fährt jeden Tag vom Schnalstal, wo sie wohnt, nach Naturns, wo sie arbeitet. „Das ist nur dann kein Vergnügen, wenn es schneit“, sagt die 47-jährige Mutter der Zwillinge Emely und Robin (12Jahre alt). Als „Gouvernante“ führt sie seit drei Jahren sozusagen den Haushalt im Hotel Lindenhof – und ist Chefin der Zimmer­ mädchen. Ihr liebstes Hobby ist das Skifahren – kein Wunder, hat sie doch vor 15 Jahren den Skilehrer Hannes Laterner geheiratet.


NATURNS

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HIER BIN ICH GEBOREN, HIER BIN ICH ZU HAUSE

EMMAS WELT Die Nischler-Tochter lebt dort, wo andere Urlaub machen – und sie ist stolz darauf So können nur doofe Städter fragen. Wird es Dir hier eigentlich nie langweilig? Es ist doch nichts los in Naturns. „Langweilig?“, sagt sie – und schaut fragend zurück. „Warum denn?“ Hast Du nie überlegt, ob Du in Mailand oder Hamburg oder Zürich mehr Möglichkeiten hättest? „Was für Möglichkeiten denn?“, sagt sie – und wäre sie nicht so wohl erzogen, würde sie sicher an dieser Stelle das Gespräch abbrechen. Was ist denn das Besondere, das Dich hier hält – außer Familie und Freunden? Sie schüttelt den Kopf, ohne dass sie ihn vor dem Betrachter bewegt, und denkt offensichtlich darüber nach, ob sie dem alten Typen jetzt tatsächlich erklären soll, was Leben heißt und wie leben richtig geht. „Die Natur“, sagt sie. „Ich brauche die Natur.“ Sie sagt es so, als ob ihr klar wäre, dass der andere nicht verstehen würde, was sie meint. Städter halt. Emma Nischler lebt seit 19 Jahren in Naturns. Sie ist in der 5000-Seelen-Gemeinde geboren, sie ist ein paar Meter weiter weg von dem Hotel ihrer Eltern in den Kindergarten gegangen, in die Grundschule. Sie hat sich früher auf den zwei Spielplätzen an der Etsch mit ihren Freundinnen verabredet, heute weiß sie genau, wann sie wen zu welcher Uhrzeit im Tschirlander Hof und wann und wen sie zu welcher Uhrzeit in der Bar San Zeno in der Bahnhofstraße trifft. Jeder kennt jeden, alle wissen alles. „Manchmal erzählt man sich im Ort schon, dass die oder jene schwanger ist – noch vor es die Frau selbst weiß“, sagt die Hoteliers-Tochter, und selbst dieser Dorfklatsch klingt bei ihr so, als ob sie ihn nicht missen wollte. So wenig wie die Berge, so wenig wie die Tiere, so wenig wie die Ruhe, so wenig wie die Idylle. „Gestern war ich mit meinem Freund auf der Mausloch-Alm. Dieser Blick ist einfach grandios.“ Ihre Augen leuchten. Die Welt der Emma Nischler liegt dort, wo andere acht Tage Urlaub machen. Auf 554 Metern Höhe, mit 315 Sonnentagen im Jahr. „Ich glaube, es ist ein Privileg, hier leben zu dürfen“, sagt die 19-Jährige, die gerade das Abitur hinter sich gebracht hat und sich vielleicht jetzt doch für zwei oder drei Jahre von ihrer Heimatgemeinde verabschieden muss. Sie will Kunst studieren – und das geht nur in großen Städten mit Kunstakademien. „Neulich habe ich die in Mailand angeschaut. Ganz ehrlich: ich habe dort sofort Kopfweh bekommen.“ Dieser Krach, dieses Chaos, dieser Verkehr, diese Anonymität – das ist nichts für die Tochter einer Mailänderin.

Und selbst ihre Mutter, die sie begleitet hat, hat kapituliert. „Wenn man erst mal Naturns gewöhnt ist…“, sagt Lorella Lorenza Longhitano. Wahrscheinlich wird sich Emma Nischler in Verona einschreiben, das ist übersichtlicher – und sie ist schneller wieder in ihrer Heimat. Mit 19 weiß sie noch nicht so genau, wohin die Reise gehen wird. Sie studiert jetzt erst mal Kunst, weil sie seit ihrem 11. Lebensjahr Geige spielt und eine Stimmausbildung gemacht hat – und sich für Bilder bzw. Klassik interessiert. Vielleicht aber wird sie auch irgendwann den Weg ins Hotel finden wie ihre Schwester Chiara, die sich dafür schon entschieden hat. „Wir sind beide im Hotel aufgewachsen. Es macht auch Spaß, sich mit Gästen zu unterhalten“, sagt die Künstlerin Emma Nischler. Es kommen Hamburger, Mailänder, Züricher in den Lindenhof. Sie erzählen von ihrem Zuhause. Und Emma hört immer aufmerksam zu. So ist sie – vielleicht im Gegensatz zu Freundinnen, die auf den Bauernhöfen leben – weltoffen geblieben. Sie hört gerne Geschichten aus Hamburg, Mailand oder Zürich. Aber am liebsten hört sie die in Naturns. Und dass der Hamburger, Mailänder, Züricher ihre Geschichten nicht immer versteht, erkennt sie nicht nur an dem Schreiber dieser Zeilen. Sondern auch an den Urlaubern, die ganz entzückt den Fotoapparat suchen, wenn die Marketenderin der Musikkapelle Naturns ihre Meran-Tracht angezogen hat. „Für mich ist das normal, für die Gäste nicht“, sagt Emma Nischler, die ihren großen Auftritt auf der Freilichtbühne zwischen Kindergarten und Rathaus hatte. I will always love you, hat die damals 18-Jährige vor all den Touristen gesungen. Es galt sicher ihrem Freund, aber ein bisschen auch Naturns. „Mein Freund hat mir am Sonntag eine Stelle im Wald gezeigt und gesagt: um 19 Uhr kommen die Rehe. Und um 19 Uhr ist ein ganzes Rudel voller Rehe gekommen.“ Natur pur. Emma Nischler hat ihr Glück gefunden. Da kann der Städter fragen, wie er will. Sogar der Freund ist ein richtiger Naturbursche. Emma Nischler hat gerade am Pädagogischen Gymnasium in Meran mit Fachrichtung Musik ihr Abitur absolviert. Noch in diesem Jahr will die 19-Jährige ein Kunststudium beginnen. Ihre Eltern, Lorella Lorenza Longhitano und Joachim Nischler, unterstützen ihre Pläne. Ihre Schwester Chiara hat sich bereits entschieden, im Hotelbetrieb einzu­ steigen. „Es ist schön, eine Tochter mit künstlerischer Begabung und eine mit organisatorischem Talent zu haben“, sagt Joachim Nischler.

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NATURNS

Ihr Lieblingsplatz, sagt Emma Nischler, sei bei ihr zu Hause in ihrem Zimmer. Weit und breit sehe sie kein Haus – nur die Natur. Berge, Obstbäume. Allerdings: dieser Bereich ist unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber die 19-Jährige hat auch Tipps für jedermann.

SCHÖNSTE AUSSICHTEN Ganz in der Nähe von unserem Haus oberhalb von Tschirland kommt man zum Naturlehrpfad „Gsindboden“. Dort, oberhalb der „Waldschenke“, soll früher auf einer Waldlichtung am Nörderberg das Gesinde der umliegenden Bauernhöfe Teufeleien betrieben haben. Heute trifft man da auf 675 Metern Höhe anderes „Gesinde“ – zum Beispiel meinen Vater beim Joggen. Manchmal will ich auch ganz hoch hinaus. Dann fahre ich auf der anderen Seite von Naturns mit der Seilbahn Unterstell auf 1300 Meter am Sonnenberg hoch. Von dort müssen Sie ja nicht gleich die 90 Kilometer auf dem Meraner Höhenweg wandern, es reichen zehn Minuten zu einer gigantischen Aussichtsplattform, auf der ich mich manchmal wie im Himmel fühle. Einen solchen Blick hat man nur von ganz oben…

BESONDERER SPAZIERGANG

Für Emma Nischler ist Naturns die große Bühne: Hier in der Urlaubsidylle ist die Hotelierstochter zu Hause

Zwei Stunden in einer ganz anderen Welt – so fühle ich mich auf dem Jesus-Besin­ nungsweg. Sie müssen nicht religiös sein, aber beeindruckend sind die 15 Stationen schon, die am Fuße des Nörderbergs auf 214 Metern Höhe die wichtigsten Ereignisse aus dem Leben Jesus dokumentieren. Wenn ich abtauchen will, gehe ich da hin, weil ich auch im Hochsommer im Schatten die Seele baumeln lassen kann. Und auch die Füße – in einem Bach. Oberhalb des Sportplatzes Naturns am Ende der Bahnhofstraße geht die „Auszeit“ los.

BESTE EINKAUFSMÖGLICHKEITEN Wally Albers Modehaus könnte auch in Mailand stehen. Ich bin froh, dass es in der Bahnhofstraße in Naturns steht. Und ich bin froh, dass ich Gäste nicht nach Meran zum Einkaufen schicken muss, sondern guten Gewissens Mode Alber und auch Mode Sport Schgör in Naturns empfehlen kann. Wally Alber bietet sehr exklusiv in unserer Gegend Mode von Cucinelli an, bei uns in Italien inzwischen so eine Nummer wie Armani. Wally Alber hat als Erste an Brunello Cucinelli geglaubt, als der noch selbst im kleinen Fiat die Modehäuser mit seinen Wollpullovern abklapperte. Was er heute fährt, weiß ich nicht. Aber er hat auch im Mode-Olymp mit seinen hochwertigsten

Kaschmir-Pullovern die Frau nicht verges­ sen, die von Anfang an an ihn geglaubt hat: Wally Alber aus dem kleinen Naturns. Und noch ein Laden in Naturns gefällt mir ausgesprochen gut: Bei Papier-Hanny an der Hauptstraße habe ich schon als Kind stundenlang gestöbert, weil es dort einfach alles gibt: Schreibwaren für die Schule, Bücher, Kosmetik, Porzellan. Ein Wunderladen.

Alber-Mode, Bahnhofstraße 22 (Foto) Mode Sport Schgör, Bahnhofstraße 11 Papier Hanny, Hauptstraße 12

INTERESSANTE LOKALITÄTEN Vielleicht können Sie ja verstehen, dass selbst ich nicht jeden Abend die Lindenhof– Küche genießen will. Andreas Pircher, bitte verzeih mir! Aber: wenn ich Lust auf Kleinigkeiten habe oder nur Freunde zum Reden und Trinken treffen will, gehe ich in den Tschirlander Hof oder in die San Zeno Bar. Und wenn mich mein Vater mal ausnahmsweise außerhalb des Hotels einlädt, freue ich mich auch auf die Sterneküche im Restaurant „Kuppelrain“ in Kastelbell. Sollten Sie trotz Dreiviertel-Pen­ sion im Lindenhof mal was anderes ausprobieren wollen: Die Familie Trafoier hat ihr Gourmetrestaurant auch mittags als Bistro mit kleineren Köstlichkeiten geöffnet. Wenn Sie mein Vater am Nebentisch nicht stört, ist es einen kulinarischer Ausflug wert. Er ist nämlich oft dort, weil die Frau des Hauses ihm früher als Kindermädchen die Windeln gewechselt hat. Man ist halt auch im Alter noch anhänglich… Sterne-Restaurant Kuppelrain, Bahnhofstraße 16 in Kastelbell Tschirlander Hof, Tschirland 75 San Zeno Bar, Bahnhofstraße in Naturns


GOURMET

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UNSERE WINZER

Viele Jahre dominierte der Obstbau im Vinschgau. Doch immer mehr erkennen die Landwirte, dass ihre Zukunft im Weinanbau liegt. „Die Voraussetzungen hier sind dank der Landschaft und der Wetterbedingungen geradezu ideal“, sagt auch der Weinkenner und Lindenhof­-Chef Joachim Nischler, der seinen Gästen immer wieder Ausflüge zu den Weingütern Südtirols anbietet und vom 8. bis 15. November im Lindenhof eine „Weinwoche“ präsentiert quasi zum Abschluss der Gourmettage. Heute stellt er vier Winzer aus der Gegend von Naturns vor. Vier verschiedene Charaktere, die durch ihren Wein und ein besonderes Leben von sich reden machen.

MARINUSHOF Sabrina und Heiner Pohl haben ein abgeschlossenes Wirt­ schaftsstudium und mehrere Jahre bei Großunternehmen in der Industrie gearbeitet. 2004 entschlossen sie sich zu einem neuen Leben – als moderne „Bauersleut“. Zehn Jahre später steht für die Eltern von inzwischen vier Kindern fest: „In der hektischen Industrie­ welt ist die Zeit das Maß aller Dinge. In der Landwirtschaft bestimmt die Natur den Rhyth­ mus.“ Fünf Weinberge auf 1,8 Hektar in arbeitsintensiver Lage gilt es zu pflegen. Blau­ burgunder, Zweigelt, Riesling und Grauburgunder füllt Heiner bei Andreas Menz in Marling ab. „Wir machen pro Jahr 10.000 Flaschen, ich denke mal, ab 15.000 Flaschen würde sich eine eigene Weinkellerei lohnen“, sagt Pohl, dessen Edelbrände schon mehrfach ausgezeichnet worden sind.

Franz Pratzner (links) und Joachim Nischler: gemeinsame Ziele vor der Burg

Weingut Marinushof Kastelbell, Alte Straße 9 Familie Pohl Telefon: 0039 0473 624717

FALKENSTEIN

KÜNSTLER FRANZ Mit Nischler-Trauben soll der Naturnser Winzer einen der besten Blauburgunder im Vinschgau kreieren Irgendwann war Franz Pratzner klar: „Entweder ich mache es richtig oder gar nicht“, sagte sich der Landwirt – und investierte in den Weinanbau. Seit 1995 produziert und vermarktet er selbst, 2003 hat er eine der modernsten Produktionen gebaut – sowohl von der Architektur her als auch von der Technik. 2008 fügte sein Bruder ein weiteres Haus mit Pensions-Zimmern und Restaurant plus Holzfasskeller dazu. Auf zehn Hektar baut Franz Pratzner inzwischen am Sonnenberg oberhalb Naturns seine Reben in idealer Lage an: viel Sonne am Tag und kühle Nächte sorgen für beste Trauben – vor allem für den Riesling, Weißburgunder, den Gewürztraminer und den Blauburgunder. Und zusammen mit Franz freuen wir uns im Lindenhof schon auf einen ganz besonderen Blauburgunder. Uns gehören nämlich am gleichen Berg oben an unserer Burg 3.500 Quadratmeter Anbaufläche, die wir auf Lebzeit Franz Pratzner verpachtet haben. Er und ich haben jetzt ein gemeinsames großes Ziel: Hier soll einer der besten Blauburgunder im Vinschgau entstehen. 60.000 Flaschen Wein füllt das Weingut Falkenstein schon heute pro Jahr ab – und vor allem der Riesling ist mehrfach preisgekrönt (unter anderem mit dem Gambero Rosso) und gilt als einer der besten in Italien. „Der Riesling macht bei uns inzwischen auch 50 Prozent aus“, sagt Pratzner, der als bodenständiger Winzer gilt und vor allem auf die Originalität seiner Weine achtet. Und der mit seiner Handwerkskunst be-

weist, dass auch im Vinschgau ansprechende Rotweine entstehen können. Sein Blauburgunder ist überall angesehen – übrigens ebenso wie seine sortenreinen Grappas und Edelsteinbrände. Für ihn hat sich der durchaus riskante Umstieg von Obst- auf Weinbau auf jeden Fall gelohnt, schon ohne unseren gemeinsamen Blauburgunder… Selbstverständlich bietet die Familie Pratzner in ihrem Restaurant zu den eigenen Weinen auch die typischen Südtiroler Spezialitäten an. Was sich da mehr lohnt, ist schwer zu sagen: Der Wein? Das Essen? Die Aussicht?

Weingut Falkenstein Naturns, Schlossweg 19 Familie Franz Pratzner Telefon: 0039 0473 666054

HIMMELREICH Der Wein vom HimmelreichHof hat sich bereits einen Namen gemacht. Das liegt auch daran, dass die Familie Fliri durch intensive Handarbeit alles versucht, um das Beste aus den Trauben heraus zu holen. 18.000 Flaschen werden jährlich abgefüllt – doch das intensivste Erlebnis haben die Weintrinker vor Ort. Denn im Himmelreich-Hof gibt es zum sauren Rindfleisch, der Gerstsuppe, dem Speckknödel oder der Himmelreicher Brettl­ marende mit heißen Kartoffeln Wein direkt aus den Fässern. Weingut: Himmelreich-Hof Kastelbell–Tschars, Klostergasse 15/A, Familie Markus Fliri Telefon: 0039 0473 624417

UNTERORTL – JUVAL Der Besitzer ist Bergsteiger. Und was für einer. Da wundert es keinen, dass Reinhold Mess­ ner auch auf seinem Wein­ baugebiet das Pächterehepaar Aurich klettern lässt. Steillage nennt sich die 4 Hektar-Fläche mit einem Höhenunterschied von 250 Metern unterhalb des Schlosses Juval. Oben wird der Weiß- und Blauburgunder geerntet, unten der Riesling. Und auch die Hofbrennerei liefert außergewöhnliche Obstbrände. Zum Beispiel den Palabirnenbrand. Um die be­ sondere Birnensorte zu ernten, rückt jedes Jahr die Freiwillige Feuerwehr Glurns aus und steigt mit der Drehleiter auf die alten Hochstammbäume. Weingut Unterortl Juval 1B, Kastelbell Familie Aurich Telefon: 0039 0473 667 580


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GOURMET

DANIEL ALBRECHT UND SEIN ÜBERLEBENSPLAN

„WENN DU KEINE FRAU KRIEGST, MUSST DU KOCHEN KÖNNEN“ Der 21-Jährige gilt als hoffnungsvoller Jungkoch – und beweist sein Talent täglich bei den Vorspeisen

Die Schattenseiten in den Berufen des Gastgewerbes hat Daniel Albrecht im eigenen Elternhaus erlebt: Mutter und Vater arbeiten in Hotels. „Da hast du kaum Freizeit. Und wenn, dann haben die anderen keine“, sagte die Mutter. „Tu dir das nicht an. Werde auf keinen Fall Koch“, sagte der Vater, der seit Jahren im Hotel Edelweiß in Töll als Küchenchef arbeitet.

die Teigwaren, das Risotto. Hors d’oeuvrier ist die offizielle Bezeichnung – und Albrecht ist stolz darauf. „Ich habe relativ schnell was erreicht – aber ich bin noch lange nicht am Ende“, sagt er. Kein Zweifel: der Mann hat noch Ziele. „Ich werde Weiterbildungen machen, ich werde schauen, wie andere Köche arbeiten, und irgendwann will ich auch mal Küchenchef sein.“

Doch wie das für einen jungen Mann so ist: er hört nicht auf seine Eltern.

Die Karriere des Landwirts steht offensichtlich erst mal hinten an. Und das ist auch gut so. „Daniel ist ein großes Talent“, sagt der Chefkoch Andreas Pircher – und lässt ihm meist freien Lauf. So kann er mit seiner ganzen künstlerischen Kreativität und der Unterstützung seiner Kollegen neue Rezepte kreieren. Das, so erzählt er, macht ihm richtig Spaß. Und so servieren die Kellner den Gästen schon mal ein Cremesüppchen vom Muskatkürbis mit Amaretto, Chilibandnudeln mit Büffelmozzarella oder einen soufflierten Kräuterknödel mit mariniertem Löwenzahn und Speck. „Ich versuche, mir immer mal wieder etwas Neues einfallen zu lassen“, sagt er.

Daniel Albrecht hörte auf seinen Onkel. Der ist Landwirt – und Daniel erzählt, welchen Spaß er früher hatte, wenn er ihm beim Obstbau helfen konnte. „Mein Traumberuf war immer Landwirt“, sagt er. Bis zu dem Tag, als ihm sein Onkel einen guten Rat gab: „Du weißt doch nie, ob Du eine Frau im Leben kriegst. Und wenn Du keine kriegst, musst Du kochen können, um zu überleben. Also: lerne Koch – Landwirt kannst Du immer noch werden.“ Jetzt ist der junge Mann aus Naturns seit vier Jahren im Gastgewerbe, erst als Lehrling in Rabland, später als Koch im Lindenhof. Heute ist er im Viersterne S-Hotel für die Vorspeisen zuständig, für die Suppe, für

Auch Daniel Albrecht weiß: gerade in Südtirol ist die Konkurrenz groß. Viele junge Menschen lernen den Kochberuf und träumen von der großen Karriere. Die Fernseh-

kochs sind das große Beispiel. Allerdings nicht für den 21-jährigen Lindenhof-Nachwuchs. „Das könnte ich nie“, sagt er. Er wolle alles, nur nicht im Rampenlicht stehen. „Mir zittern ja schon die Hände, wenn ich mal beim Frühstück in unserer Showküche stehen muss. Nein, das kann ich nicht brauchen, dass mir einer beim Kochen zuschaut.“ Einen Tag in der Woche hat der junge Mann frei. Ansonsten arbeitet er von acht bis 13.30 Uhr und von 17 bis 22 Uhr. Jeden Tag, jeden Abend. „Ich glaube, diese Arbeitszeiten sind auch ein Grund dafür, dass wir zwar in der Schule viele Frauen hatten, die Köchin werden wollten, dass aber nachher kaum noch ein weibliches Wesen in einer großen Küche zu finden ist“, sagt Daniel Albrecht. Auch er hat Probleme mit diesem Pensum, fallen doch viele Feste mit Freunden – gerade am Wochenende – aus. Aber: „Was glauben Sie, was mein Vater sagen würde, wenn ich mich jetzt darüber beschweren würde?“ Also beschwert er sich nicht. Und kocht weiter. Erstens, weil es ihm richtig Spaß macht, und zweitens, weil er ja keine Zeit hat, die richtige Frau fürs Leben zu finden. „Mein Onkel hatte schon recht: Landwirt kann ich immer noch werden“, sagt Daniel Albrecht und lacht.

Viele mögen italienische Pasta. Aber: wie macht man den Eiernudelteig, den man für jegliche Pasta-Art verwenden kann? Daniel klärt auf: Menge/kg: etwa 0,7 Zutaten: – 250g Hartweizenmehl – 250g Weizenmehl – 200g Vollei (4St.) – 10ml Olivenöl – Evtl. etwas Wasser Zubereitung: – Beide Mehlsorten vermischen – Eier mit Olivenöl verrühren – Alle Zutaten zu einem festen Teig kneten – Den Teig in Folie wickeln und 30 Min. rasten lassen Bei sofortiger Verwendung können Sie den Teig schon bei der Zubereitung salzen.


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GAST­–ANSICHTEN

BITTE RECHT FREUNDLICH Die Älteren unter uns, die – was man sich heute kaum noch vorzustellen vermag – ohne Selfies das Licht der Welt erblickt haben, erinnern sich vielleicht an die so genannten Porträt-Fotografen. Die haben, ganz ohne Handy oder Tablets, andere Menschen abgelichtet, indem sie hinter einem riesigen Apparat verschwunden sind und den eigenen Kopf noch mit einem großen schwarzen Tuch versteckt haben, als ob sie sich für das, was sie vom Kunden verlangten, schämten. „Bitte recht freundlich“, haben sie uns dann zugerufen – und wenn wir nicht gerade unter den Angela-Merkel-Mundwinkeln zu leiden hatten, ist uns das auch für diesen Moment gelungen. Für zehn Sekunden, manche haben es gar in der Hektik des Alltags auf 25 Sekunden gebracht.

ANDREAS PIRCHER

NUR GESUNDES ESSEN IST GOURMETESSEN Der Lindenhof-Chefkoch hat sich zum diplomierten Diätkoch ausbilden lassen – und gibt die Devise aus: gesund genießen

Bitte recht freundlich. Es grenzt an ein Wunder, dass es im Jahre 2015 einen Flecken auf dieser Welt gibt, an dem 61 Menschen 24 Stunden non-stop zu lächeln scheinen. Morgens, mittags, abends. Immer recht freundlich. Ohne dass sich ein Fotograf hinter einem Tuch versteckt hätte, ohne dass irgendwo eine dieser hochmodischen Selfie– Stangen mit dem iphone ausgefahren wäre. Das Haus des Lächelns steht in Naturns, Kirchweg 2. Terezia lächelt morgens um neun, wenn der Gast wieder einmal für Überschwemmung im Bad gesorgt hat. Jenny lächelt um zehn, wenn die kleine Anna zum dritten Mal ihren Kakao auf dem Tischtuch verschüttet. Deborah lächelt um zwölf, wenn der Urlauber sich beschwert, dass die Sonne zu sehr scheint, Martin lächelt um 15 Uhr, wenn der Wanderer sich darüber mokiert, dass oben am Gipfel der Wind doch ziemlich heftig war, Helmut lächelt um 19 Uhr, wenn es den Ersten im Speisesaal zu kalt ist. Lea lächelt um 21 Uhr, wenn die Herrschaften an Tisch 14 bitten, doch endlich die Klimaanlage aufzudrehen, Stefan lächelt morgens um eins, wenn die Letzten an der Bar ankündigen, dass sie die Nacht hier durchmachen werden. Und Michaela erzählt am anderen Morgen, ihr Freund behaupte, dass sie sogar im Schlaf gelächelt habe. Nun drängt sich die Frage auf: kann man lächeln lernen? Oder muss man es sogar lernen, wenn man im Hotel arbeitet? Und warum lernt es meine Kollegin Kira nicht, die mich acht Stunden am Tag im Büro anschaut, als sei ich am Elend dieser Welt der allein Verantwortliche. Ich fürchte, ich werde Kira nicht mehr ändern. Und auch den Nörgler im Getränkemarkt nicht, den Nachbarn, der seit 25 Jahren die Mülleimer vor dem Haus kontrolliert, den Taxifahrer, dem die Fahrt vom Flughafen in die Rebmannstraße zu kurz ist, die Bäckersfrau, die schon auf einen Zehn-Euro-Schein nicht rausgeben will, und all die vielen anderen. „Lächeln ist keine lernbare Reaktion, sondern wird den Menschen schon von Geburt an mitgegeben“, steht in Wikipedia, und der Emotionsforscher Dieter Zapf warnt gar vor einem „zwangsverordneten“ Lächeln. Es führe kurzfristig zu Kreislaufveränderungen und auf Dauer zu Stress und Depressionen. Im Haus des Lächelns in Naturns im Kirchweg 2 ist höchstens mal einer erkältet, aber noch nie einer mit Depressionen ausgefallen. Das nährt den Verdacht, dass die Menschen im Hotel Lindenhof so sind, wie sie sind. Von Geburt an recht freundlich.

Sie haben zig Stunden Ausbildung mit Praktikum im Krankenhaus auf sich genommen, um diplomierter Diätkoch zu werden. Servieren Sie in Zukunft Krankenhauskost im Viersterne S-Hotel? Keine Sorge. Das Menü gibt’s bei uns weiterhin auf dem Teller und nicht aus der großen Schüssel. Nein, im Ernst: es sind nur Kleinigkeiten, die ich bei unserem Essen von dem einbaue, was ich gelernt habe. Aber es sind Kleinigkeiten mit großen Auswirkungen. Unser Menü schmeckt hoffentlich auch in dieser Saison gut, aber es ist noch gesünder geworden. Ich habe den Kurs gemacht, weil es immer wieder Neues gibt und ich überzeugt bin: Gourmetessen muss gesund sein, sonst ist es kein Gourmetessen.

In Kopenhagen im Restaurant Noma gibt es nur regionale Küche. Da verzichtet der Chefkoch sogar auf Olivenöl, weil es nicht in Dänemark hergestellt werden kann. Auch aus ökologischen Gründen, sagt er. Das würde mir jetzt etwas zu weit gehen. Wir beziehen den Großteil unseres Fleisches zwar auch aus Österreich oder Deutschland, aber manches gute Stück kommt schon mal aus Argentinien oder Uruguay. Ich habe aber gelesen, dass der so genannte ökologische Fußabdruck da trotzdem geringer sein kann als bei kleineren Höfen in Europa. Die großen Farmen mit über 400 Mastkälber können ganz andere ökologischen Anforderungen erfüllen als kleine Höfe.

Wie schmecken denn die Kleinigkeiten? Sie schmecken die wahrscheinlich gar nicht. Und nehmen die auch kaum wahr. Wir machen jetzt viel mit Chia–Samen, einem perfekten Omega 3-Lieferanten, den die alten Maya schon als Medizin erkannt haben. Wir verwenden Aronia-Beeren, die gut für Blut, Herz und Kreislauf sind – und wir stellen aus Regiokorn, also aus Dinkel und Roggen aus der Gegend, selbst unser Brot und unsere Nudeln her. Nur um ein paar Beispiele zu nennen.

Vielleicht machen wir uns doch zu viel Gedanken um das, was wir essen. Der Fernsehkoch Vincent Klink hat mal gesagt, der Spaß am Essen ist das Wichtigste. Ihm sei ein Amerikaner, der abends lustvoll in einen Burger beißt, lieber als ein Deutscher, der morgens sein Müsli runter würgt. Vielleicht bin ich als diplomierter Diätkoch jetzt der Spaßverderber: aber gesünder lebt der Deutsche mit dem Müsli allemal. Und wer unsere Müsli im Lindenhof kennt, weiß, dass die keiner runter würgen muss. Wir lassen das Korn, das wir frisch anbieten, vorher acht Stunden quellen, damit es später im Magen seine Ruhe gibt. Und wir bieten jetzt die Aronia-Beeren dazu an.

Ist denn gesunde Küche gleich Regio-Küche? Ich bin ein Fan von regionalen Produkten. Und wir haben ja vor der Haustüre fast alles, wenn wir bei unseren Menüs saisonal denken. Da leben wir in Südtirol fast wie im Paradies. Fische direkt aus dem Passeiertal, die ich heute bestellen kann und morgen frisch geliefert bekomme, Milch, Käse, Wurst, Öl, Obst und Gemüse quasi direkt vom Bauern – wir brauchen keinen Etikettenschwindel, um von regionaler Küche zu sprechen.

Das heißt, die Devise des Lindenhof-Chefkochs ist: „gesund genießen“. Genau. Und wer das Essen gesund genießt, kann im Leben keinen großen Fehler mehr machen. Dem geht es gut. Und dadurch hat er auch den Spaß, von dem Vincent Klink erzählt.


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PORTRÄT

JANEK KASERER

EIN PRAKTIKANT PACKT AUS Acht Wochen muss der Hotelfachschüler Janek Kaserer, 17, aus Partschins ein Praktikum an der Rezeption im Hotel Lindenhof absolvieren.

Es ist gut, dass Du da bist. Wahrscheinlich hätte sich der Hotelchef sonst nicht getraut, eine Woche während der Saison auf Reisen zu gehen. Ich habe auch das Gefühl, der Joachim Nischler hat auf mich gewartet. Jetzt mach ich halt seinen Job auch noch mit. Das kann ja nicht so schwer sein. Du hast ja schon Erfahrung gesammelt. Im vergangenen Jahr musstest Du acht Wochen ein Praktikum in einem anderen Hotel in der Küche machen. Hat man Dir da auch so viel Verantwortung aufgebürdet? Schon. Ich habe Kartoffeln geschält und den Salat geputzt.

Hobby 1: Attila Tamas mag Kinder – auch wenn ihm Jung-Gast Rubi beim Kartenspiel keine Chance lässt

ATTILA TAMAS UND DIE ZUKUNFT

„VIELLEICHT BEDIENEN SIE MICH JA IN FÜNF JAHREN“ Der 30-jährige Rumäne war Deutschlehrer, jetzt arbeitet er als Kellner im Lindenhof – und hat seine eigenen Ansichten über das Leben, über die Menschen, über das Geld Irgendwann hat er es aufgegeben. „Ich heiße Oottila, nicht Attila.“ Ottila. „Nein, nicht mit dem deutschen O, es klingt für Sie vielleicht nur wie ein O. Oottila.“ Ottila.

mich auf keinen Fall kaputt arbeiten, um dann das ganze Geld dafür zu verwenden, wieder gesund zu werden.“

„Lassen Sie es bitte. Bleiben wir bei Attila. Wir in Siebenbürgen sprechen das ungarisch aus. Das hat in Südtirol noch keiner kapiert“, sagt er. Es ist manchmal nicht einfach, Attila Tamas zu verstehen. Das liegt sicher nicht an mangelnden deutschen Sprachkenntnissen. Als studierter Deutschlehrer hat er in Südtirol keinerlei Probleme. Und oft ist er besser zu verstehen als manch eingefleischter Vinschgauer in Joachim Nischlers Mitarbeiterteam. Es liegt eher daran, dass er nicht immer sagen will, was er denkt – und sich lieber in Lebensweisheiten flüchtet. „Du musst Ziele haben. Wenn du alles bekommst, was du dir wünschst, wirst du das Leben irgendwann nicht mehr schätzen“, sagt der 30-jährige Mann, der vor vier Jahren in Siebenbürgen ausgezogen war, um neue Herausforderungen zu finden. Das, gibt er zu, ist ein Grund gewesen. Der andere aber war, dass der Staat Rumänien immer mehr bei der arbeitenden Bevölkerung abkassiert hat und das Gehalt keinen Lebensstandard mehr sicherte.

Als er damals nach Südtirol kam, wollte ihn nur eine Pizzeria – als Kellner. „Ich habe gedacht, wenn das andere können, kann ich es auch“, sagt Attila Tamas unter dem Gesichtspunkt: Hauptsache weg aus Rumänien. Er ist Kellner geblieben, bis heute. Seit 2013 arbeitet er im Viersterne S-Hotel Lindenhof in Naturns, und er gibt zu, anfangs überwältigt gewesen zu sein. „Ich habe nur gestaunt“, sagt er. Über die Gäste, über die Menüs, über die Kollegen. „Lampe“ haben sie ihn genannt, weil er oft feuerrot wurde, wenn er mit den Urlaubern sprechen musste. Inzwischen hat er mehr als gelernt („Ich habe immer Alex zugeschaut“), kennt die Stammgäste per Namen, vergisst (fast) nichts mehr – und ist in Konversationen schon so geübt wie die alten Hasen. „Ob Kellner oder Deutschlehrer – du musst immer dein Bestes geben“, sagt er.

Nach vier Jahren Südtirol rechnet er ab: 50 Teller sind zu Bruch gegangen, ein paar Tassen im Müll gelandet, und vier, fünf volle Gläser haben den Besteller nicht erreicht. Und er hat sich verändert. Nicht nur, dass er vom Deutschlehrer zum Kellner learning by doing geworden ist, er hat auch eine andere Beziehung zu Geld bekommen. Weil er lange Zeit von seiner Familie getrennt ist, weil er auch bei den Menschen hierzulande sieht, dass Profitstreben nicht immer zum Glück führt. „Bei mir steht die Familie an erster Stelle, dann kommt die Gesundheit, erst danach denke ich an das Geld. Ich will

Das ist nicht einfach, weil auch Kellner nur Menschen – und nicht jeden Tag gleich gut gelaunt sind. „Ich glaube, dass jeder Mensch eine Maske hat, die er hin und wieder mal aufsetzen muss.“ Wenn er sie aufsetzt, merkt man es ihm nicht an. Oder stört es ihn vielleicht doch, wenn er sieht, wie viel Geld andere haben, während seine Familie vor 20 Jahren den letzten Urlaub gemacht hat? „Ganz bestimmt nicht“, sagt Attila Tamas und lacht. „Wissen Sie: im Rad ist man mal oben und mal unten. Und vielleicht bedienen Sie mich ja in fünf Jahren hier im Lindenhof.“

Und was musst Du im Lindenhof noch machen – außer den Chef zu vertreten? Eigentlich alles, was so an der Rezeption anfällt. Außer Martin sind ja nur noch fünf Frauen da, die sorgen schon dafür, dass es mir nicht langweilig wird. Bevor sie was selbst machen, lassen sie mich arbeiten. Aber eigentlich sollte ein Praktikant ja lernen… Bei den Frauen hier habe ich gelernt, wie man mit Gästen umgeht – und dass man immer freundlich sein muss. Das fällt mir nicht so leicht. Aber hier bekomme ich gleichen einen Rüffel, wenn ich das mal kurzzeitig vergesse. Macht Dir die Arbeit mit fünf Mädels Spaß – und siehst Du Deine Zukunft auch an der Rezeption? Mit den Mädels macht das schon Spaß. Aber so wie sie möchte ich nie arbeiten. Die bewegen sich ja kaum, sitzen den ganzen Tag nur rum. Nein, die Rezeption ist nichts für mich. Da gehe ich lieber in den Service und springe von der Küche in den Speisesaal. Wichtig ist ja für eventuelle Jobs später, dass ein Praktikant in Erinnerung bleibt… … das ist mir, glaub ich, gelungen. Ich habe gleich in den ersten Tagen im Lindenhof ziemlich für Aufregung gesorgt. Weil Du in der Hauspostille in der Rubrik „Südtirolerisch leicht gemacht“ ein paar ziemlich schweinische Begriffe eingeführt hast? Das hat vielleicht einen Anschiss gegeben… Ich kann mich dafür nur bei den Gästen entschuldigen, die mit Kindern da waren. Vielleicht sollte man hin und wieder sogar bei der Arbeit an der Rezeption den Kopf einschalten.

Hobby 2: Attila Tamas mag Bücher. Der Kellner ist ein vielbelesener Mann

Attila Tamas ist vor 30 Jahren in Siebenbürgen geboren, hat dort studiert und unterrichtete in der Schule Jugendliche in deutsch. Inzwischen spricht er auch noch italienisch - und arbeitet als Kellner im Hotel Lindenhof in Naturns. Wenn er Urlaub hat, gibt es für ihn aller­ dings nur ein Ziel: Rumänien!

Du wirst vielleicht ja später mal das Klein Fein-Hotel AnderLahn in Partschins von Deinem Vater übernehmen. Gibt’s etwas, was Du für diese Zeit im Lindenhof gelernt hast? Ich werde nie einen Praktikanten was schreiben lassen, was die Gäste zu lesen bekommen…


WELLNESS

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damit den Input setzen, der die Selbstheilungskräfte im Körper anregt. Den „inneren Arzt“, nennen die Physiotherapeuten das. „Hattest Du mal eine Blinddarmoperation?“, fragt sie und schickt für den Gast, der ihr gerade noch einmal erklären wollte, dass er eigentlich wegen seines Rückens hier ist, hinterher, dass oft schlecht verheilte Narben die Schmerzen auslösen. „Du musst Dir das wie einen Stromkreislauf vorstellen. Wenn der irgendwo unterbrochen wird, geht auch das Licht aus.“ Stefania Pfeifer will helfen. Immer. Auch Gästen, die nur eine Woche im Urlaub hier sind. Ein bisschen Handauflegen und gute Heimreise ist ihr zu wenig. Vermutlich liegt es an ihrer Biographie, dass sie anders ist als andere Physiotherapeuten. Sie war Grundschullehrerin in Naturns, hörte mit 37 auf, als ihr drittes Kind kam – und durfte nach 18 Jahren Unterricht dank den damaligen Spielregeln des italienischen Staates in Rente. Und weil sie sich schon immer für Physiotherapie interessiert hatte, begann sie ein neues Leben – auf der Schulbank und nicht mehr hinter dem Pult.

Die doppelte Steffi: vor der Behandlung will die Physiotherapeutin Pfeifer alles von ihrer Patientin Pfeifer wissen…

WIE STEFANIA PFEIFER MIT RÜCKENSCHMERZEN UMGEHT

PSYCHO IN DER WELLNESSABTEILUNG Die Lindenhof-Mitarbeiterin hat Physiotherapeuten unterrichtet und ihnen beigebracht: „Du musst den Patienten verstehen, ehe du ihn behandelst“ Der Gast hat Rückenschmerzen. Schon seit langem. Da und dort und hier zwickt es. Und auch ins Bein fährt es ihm ab und zu. Manchmal kann er nicht mehr gerade stehen. Willkommen bei Steffi. „Was machst Du beruflich?“, fragt sie. „Wie bist Du bisher behandelt worden?“, fragt sie. „Hattest Du in letzter Zeit irgendwelche anderen Probleme?“ fragt sie. „Kannst Du nachts ruhig schlafen?“, fragt sie. Hallo. Was will die denn? Warum macht sie nix? Sie ist doch Physiotherapeutin. Sie muss doch nur an die richtigen Stellen drücken. Einfach drücken, kneten, massieren. Das haben die anderen zu Hause auch so gemacht. Okay, es hat nichts geholfen. Aber hilft es was, wenn sie weiß, dass ich schlecht geschlafen habe? Bis vor kurzem war Stefania Pfeifer Dozentin an der Fachhochschule für Physiotherapie in

Bozen. Sie hat den Nachwuchs einer Branche ausgebildet, die boomt. 180 Bewerber gibt es jedes Jahr in Bozen, nur 20 werden aufgenommen. Was die Frau aus Naturns ihren Schülern gelehrt hat, wendet sie im Lindenhof selbst an. „Du musst den Patienten verstehen, ehe du ihn behandelst“, hat sie gepredigt. Ganzheitlich denken ist die Modefloskel in der Medizin schlechthin. Doch was die Vinschgauerin, die alle nur Steffi nennen, von den Gurus dieser Welt unterscheidet, ist die menschliche Herangehensweise. Sie interessiert sich für ihren Patienten, sie hört ihm zu. Erst dann beginnt sie zu drücken, kneten, massieren. „Meistens kommen die Menschen mit einem Rezept vom Arzt. Da steht Rückenschmerzen“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Es gibt hunderte von Ursachen für Rückenschmerzen. Und wenn ich wirklich was dagegen tun will, muss ich wissen, was der Auslöser für die Schmerzen ist.“ Nur dann, so erzählt sie, könne sie den richtigen Nerv reizen und

Stefania Pircher-Pfeifer ist seit 42 Jahren mit Peter Pfeifer verheiratet, lebt in Naturns und hat drei Söhne. Einer wohnt inzwischen in Bayern, einer in Wien – und nur der Dritte ist im Vinschgau geblieben. Die ehe­ malige Grundschullehrerin, die zuletzt an der Fachhochschule in Bozen Physiotherapeuten ausbildete, ist 64 Jahre alt und arbeitet seit 15 Jahren als freie Mitarbeiterin im Lindenhof. Ihre Hobbies sind lesen und tanzen – und die vier Enkelkinder.

„Hat bei Dir noch niemand festgestellt, dass Du durch eine falsche Beckenstellung unterschiedliche Belastungen aushalten musst?“, fragt sie – und erklärt, dass es leider keine solche Waagen gibt, wie sie sie jetzt als Beweis brauchen würde. Wenn man beide Hälften des gequälten Urlaubers auf die Waage stellen würde, sei sie sich sicher, dass eine Hälfte durch diese Fehlstellung des Beckens vier Kilo mehr schleppen müsse. Vier Kilo mehr – und das jeden Tag, zig Jahre lang. „Das musst Du Dir mal vorstellen.“ Sie glaubt, dass man das korrigieren kann. Und damit auch die Schmerzen lindern. Nicht in acht Tagen Urlaub, aber der Anfang wird in Naturns gemacht. Sie lehrt ein paar nützliche sportliche Übungen, drückt am Becken, knetet, massiert – und der Gast hört sich über Dinge reden, die er sonst nur sich selbst vor dem Spiegel anvertraut. Das sei normal, sagt Frau Pfeifer, im Bindegewebe speichere das vegetatives Nervensystem alles, was der Mensch so erlebt – und bei manchen müsse das raus, je tiefer sie drücke. Keine Sorge, sie sei verschwiegen. „Es gab schon Patientinnen, die haben plötzlich zu weinen angefangen.“ Der Patient könnte weinen, weil er links vier Kilo mehr hat als rechts. Aber das wird sich dank Steffi ändern, wobei die Frage unbeantwortet bleibt, ob es nach dem Dessertbuffet im Lindenhof rechts auch vier mehr werden. Ein Fall für den Psychologen. „Mich hat neulich mal ein Gast gefragt, warum ich eigentlich nicht Psychologie studiert habe“, sagt die Physiotherapeutin plötzlich. Es wundert nicht mehr, dass Steffi immer ausgebucht ist. Bei dieser Physio-Psychotherapeutin liegt jeder richtig. Mit Rückenschmerzen oder vier Kilo zu viel. Auf beiden Seiten.

IMPRESSUM Herausgeber: Familie Nischler, Hotel Lindenhof Style&Spa Resort Naturns, www.lindenhof.it, Tel. 0039 0473 666242; Verantwortliche Gesamtleitung: Joachim Nischler; Redaktion: Katharina Nischler, Horst Walter; Gestaltung: Beda Pfleger; Fotografie: Andreas Marini; Repro: Günther Piltz; Druck&Versand: G.A.S. Salzburg


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