DolceVita Hotel Lindenhof Suite Frühjahr 2017

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DIE LINDENHOF HOTELZEITU NG

7. AUSGABE

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SUITE

FRÜH

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JA H 20 1 7 R

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SÜDTIROL SCHMECKT

MEINE HEIMAT

222 MAL WHISKY

DIE KOCHSHOW

Experten und ihre Produkte: Wein, Speck, Paarlen, Äpfel

Katharina und ihr Traum: zurück ins Schnalstal?

Barmann Stefan und der misslungene Selbstversuch

Pircher und Perkmann: zwei Stars in einer Küche

DIE LINDENHOF-PHILOSOPHIE

URLAUB IM LINDENHOF

WELCOME HOME

WIR BIETEN FÜR JEDEN DAS BESTE

Viele Hotels suchen verzweifelt ein Alleinstellungsmerkmal – und Joachim Nischler fragt sich in Naturns: Können 70 Prozent Stammgäste irren? So sieht für Chiara und Joachim Nischler Dolce Vita aus: gutes Essen, Sport und Erholung. Und Wellnesscoach Christine hilft dabei

1 SPAREN IM LINDENHOF VOM 18.03. - 25.03. Wenn Sie die ersten Sonnenstrahlen in der neuen Saison genießen wollen, sind Sie im März in Naturns richtig. Während auf den Bergen noch der Schnee glitzert, kündigt sich in den Tälern die warme Jahreszeit an. Nutzen Sie die günstigste Reisezeit – oder empfehlen Sie die Schnupperzeit Ihren Freunden und Bekannten weiter.

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stellungsmerkmal schnell in die Kategorie Die Werbebotschaften lassen jeden „Hotel der Zukunft“. Denn die UntersuExperten schaudern: „Wellness, Gourmet, chungen, die die Technologisierung im GastBike, Family, Fitness, Golf“ steht da – und gewerbe ganz vorne sahen, sind schon wieder auch der Lindenhof-Chef ist sich des Spagats überholt. Viel wichtiger, zu diesem Schluss bei den unterschiedlichen Angeboten sehr kommt das Fraunhofer-Institut in Stuttgart, wohl bewusst. Zumal die meisten Hotels zur wird der Begriff „Luxus“ werden. Wobei diese Zeit aus Überlebensgründen eine Nische suExperten „Luxus“ anders definieren als es die chen. „Wir haben in allen Segmenten bis zu 70 Hotelmanager bisher getan haProzent Stammgäste“, sagt Joaben. „Für Gäste ist Luxus, wenn chim Nischler, der trotz hoher sie durch Menschen umsorgt Kosten seine Philosophie vertei„Für Gäste ist sind“, heißt es in der Studie „Fudigt. „Selbst Familienmitglieder Luxus, wenn sie tureHotel“, die deutlich besagt: haben nicht immer die gleichen durch Menschen „Die Mitarbeiter in Hotels müsInteressen. Und bei uns findet sen zu Gastgebern werden.“ jeder seine Art der Erholung auf umsorgt sind“ hohem Niveau.“ Vor allem nach Studie „FutureHotel“ Für Joachim Nischler und sein der Auswertung der Fragebögen Team stand das auch ohne „Fuaus der Saison 2016 will er diese tureHotel” in der Vergangenheit Strategie fortsetzen. Die Gäste, schon an erster Stelle. „Bei allem, was wir anso das Ergebnis, lieben die Vielfalt, wobei sie bieten oder tun, galt und gilt nur eine Devise: sein Hotel in zwei anderen Kategorien sogar Der Urlauber soll sich bei uns von der ersten ganz vorne sehen: bei der Kunst der Küche Minute an wohlfühlen“, sagt er – und er hat und der Herzlichkeit des Personals. dies auch vor dem Saisonstart 2017 seinen Mitarbeitern in Schulungen gelehrt. Den Vor allem der letzte Punkt katapultiert Nisch„Lindenhof-Lifestyle“ nennt der Südtiroler ler und seinen Lindenhof auch ohne Allein-

das. Jeder Gast, so die Nischler-Urlaubsidee, soll tagsüber, auch mit Unterstützung des freundlichen Personals, das tun können, was ihm Spaß macht – biken, walken, sonnen, schwimmen, saunieren und und und. „Und wissen Sie, was bei allen unterschiedlichen Interessen wieder zur großen Gemeinsamkeit bei unseren Gästen führt?“, fragt Nischler und gibt, mit der Fragebogen-Analyse in der Hand, selbst die Antwort: „Alle freuen sich auf das Abendmenü in unserem Gourmethotel.“ Was Nischler mit seiner etwas abweichenden Hotelstrategie recht gibt? Selten findet man irgendwo so viele Stammgäste wie im Dolce Vita-Hotel Lindenhof. „Hier sind viele Gäste zu Freunden geworden, buchen dann Urlaub, wenn die anderen auch da sind“, sagt der Chef des Hauses, der in allen Fachorganen von der Suche nach dem Alleinstellungsmerkmal liest. Und kurz darüber nachdenkt. Und schnell vergisst, wenn er in die zufriedenen Gesichter der Stammgäste schaut, die sich in seinem Hotel wie zu Hause fühlen. „Vielleicht haben wir doch ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Joachim Nischler und lächelt: „Welcome home.“

GESUND IM LINDENHOF VOM 25.03. - 01.04. Starten Sie fit in den Frühling mit dem Team von pur-life.de. 25 Teilnehmer dürfen sich auf eine beschwingte und ereignisreiche Woche mit Aktiveinheiten auf dem bellicon® freuen. Außerdem bieten wir interessante Seminare. Bewegung, Ernährung und Gesundheit sind die Schwerpunkte der Fitnessund Aktivwoche. Teilnahmegebühr: 199 €/Person

3 JAN ULLRICH IM LINDENHOF VOM 22.07. - 30.07 Einmal Lenker an Lenker mit der Legende Jan Ullrich Rad zu fahren, ist für jeden Rennradfahrer ein absolutes Highlight und ganz besonderes Erlebnis. Dabei lernen Sie den Tour de France-Sieger nicht nur auf dem Rad näher kennen, sondern auch in gemütlicher Atmosphäre bei einem persönlichen Gespräch. Teilnahmegebühr: 399 €/Person

Die Lindenhof-Rezeption erreichen Sie bis zum 11.3. von acht bis 20 Uhr, danach wieder von sieben bis 22 Uhr. Telefon:0039 0473 666242 oder unter info@lindenhof.it


HAUSPOST

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PORTRÄT

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Der Tennisspieler Wolfi Gapp auf seinem eigenen Tennisplatz am Nischlhof

ZIMMERMÄDCHEN IM HOTEL

DER HÄRTESTE JOB DER WELT Eine europäische Studie setzt in den Berufe-Rankings neue Prioritäten: Wo die Wertschätzung fehlt, ist der Stress am größten.

ZAHLEN, BITTE

30.800

Der Tennisplatz am Nischlhof kann über die Rezeption im Hotel Lindenhof gebucht werden. Sie finden den Kunstrasenplatz mit Quarzsand gleich am Hotel, nur ein paar Meter höher – über den Schlossweg, der links von der alten Linde zum Falkenstein führt. Die Aussicht ist traumhaft – und für Schnupperstunden können Sie Schläger leihen.

Man sieht sie kaum: Zimmermädchen wie Adele putzen, wenn die Gäste weg sind

Übernachtungen durch Erwachsene hat der Lindenhof 2016 gezählt,

3.200

Tage haben Kinder im Hotel verbracht,

5.000

Beautybehandlungen wurden gezählt,

88

Mal haben Gäste den Chef’s Table in der Küche gebucht,

180

Nächte haben Pärchen die Nacht mit dem Bett im Freien auf dem Balkon verbracht. Doch die Zahlen, die Hotelchef Joachim Nischler am meisten zu denken geben, sind diese: Mit

150

Gästen ist der 47-Jährige 2016 aufs Stilfser Joch geradelt,

25

Prozent davon sind vor ihm oben angekommen… Tendenz: steigend!

INFOS, BITTE Wer sich das ganze Jahr über wie im Urlaub fühlen will, kann mit dem Lindenhof in ständigem Kontakt bleiben. Werden Sie Fan der Dolce Vita-LindenhofSeite auf Facebook oder bei Instagram (lindenhof_naturns). In unseren sozialen Netzwerken informieren wir Sie über alles, was bei uns so passiert. Ein besonderes Experiment wagen wir im März bei der Rad-Opening-Woche: Auf Facebook, dem Lindenhof-Blog und Instagram berichten wir live und so, wie Sie es sonst nur von der Tour de France gewohnt sind...

Es geht nach Drehbuch. Sie klopfen einmal. Sie klopfen ein zweites Mal. Sie rufen „Housekeeping“ – und öffnen die Zimmertüre. Was dann kommt, ist der Moment der Wahrheit. „Es gibt wenige Berufe, in denen man so viel Ekliges sehen muss“, steht in einer europäischen Studie, die nach Bewertung diverser Punkte zu dem Ergebnis kommt: Zimmermädchen haben den härtesten Beruf der Welt. Nun versucht inzwischen zwar jede Berufssparte durch irgendein Ranking auf sich aufmerksam zu machen, doch Anja Scheer kann die einzelnen Punkte dieser speziellen Auswertung durchaus nachvollziehen. Als House-Gouvernante ist sie im Dolce Vita-Hotel Lindenhof in Naturns für zehn Zimmermädchen verantwortlich – und die Deutsche bestätigt die wichtigste Einschätzung der Untersuchung: „Die Mädchen fühlen sich nicht wertgeschätzt. Und das führt zu dem Stress“, sagt sie. Oder wie es die Studie ausdrückt: „Die Anerkennung, die man sich in anderen Berufen erarbeiten kann, fehlt gänzlich.“ Deshalb sind in dieser neuen Skala durch die Prioritätenliste „Wertschätzung, Gehalt, Arbeitsbelastung“ die Dax-Manager, Feuerwehrleute, Krankenschwestern und Ärzte hinter den Zimmermädchen platziert. „Ich versuche den Mädchen immer wieder klar zu machen, dass Altenpfleger und Krankenschwestern ebenso einen harten Job haben, aber ich weiß auch: Diese sozialen Berufe sind in der Öffentlichkeit einfach besser anerkannt. Und das ist das Problem bei uns“, sagt Anja Scheer. Zimmermädchen sind weithin unsichtbar, arbeiten dann, wenn sie keiner sieht und bekommen nur mit, wenn der Gast sich beschwert. Die Anerkennung durch

Trinkgelder, so wurde europaweit registriert, ist weit weniger ausgeprägt als früher: Nur noch 30 Prozent der Hotelgäste denken bei der Abreise an die perfekt gemachten Zimmer. Und der Druck ist groß: Es ist keine Seltenheit, dass Zimmermädchen lediglich zehn bis 20 Minuten Zeit für ein Zimmer bekommen. Im Lindenhof wird mit 30 Minuten kalkuliert – und das Drehbuch gibt einen ritualisierten Ablauf vor: Holzkeil in die Eingangstüre, Fenster und Balkontüre zum Lüften öffnen, Armaturen im Bad einsprühen und einwirken lassen, Bett machen, aufräumen, abstauben, staubsaugen, Balkon fegen, Bad und Toiletten säubern. „Wir lassen den Mädchen die Freiheit, Betten, Kissen und Handtücher so zu gestalten, wie sie es wollen. Gerade diese Kreativität bringt ihnen Spaß und Freude

30 Minuten für ein Zimmer – so großzügig kalkulieren nicht viele Hotels

und oft sogar ein Lob von den Gästen“, sagt Anja Scheer, die weiß, wie robust man in diesem Job sein muss – seelisch und körperlich. „Viele haben studiert und aufgrund der wirtschaftlichen Lage ihr Land verlassen. Für sie ist der Job Neuland. Und manche von ihnen geben auch schnell wieder auf“, sagt Anja Scheer, die alles tut, damit sich ihre Mädchen im Lindenhof wohlfühlen. „Wir lachen viel, trotz der schwierigen und harten Arbeit.“

SÜDTIROLS FEUERWEHRPRÄSIDENT

MIT VERGNÜGEN ZUM ERFOLG Wolfi Gapp ist heute Chef von 18.000 Freiwilligen, aber durch seine Zeit als Tennistrainer trifft er immer wieder alte Bekannte im Lindenhof. Ein Wiedersehen auf dem Platz, 30 Jahre danach.

Zumindest bis zu dem Moment, vor dem sie zwei Mal geklopft haben…

Im Lindenhof arbeiten zehn Zimmermädchen. Sie kommen aus Thailand, von den Philippinen, aus der Slowakei, Ungarn, Kroatien. Zwei sind Einheimische. Sie beginnen um 7.30 Uhr mit den öffentlichen Plätzen – dem Eingangsbereich, dem Schwimmbad, den Saunen, dem Fitnessraum. Ab 8.15 Uhr gehen sie in die Zimmer, die ein „Yes” vor ihrer Tür haben. Ab 9.30 Uhr klopfen sie an, falls kein „No” hängt. Zimmermädchen im Lindenhof werden vor Saisonbeginn geschult, erhalten ein „Drehbuch” zu den üblichen Arbeitsabläufen.

„Super. Genau so! Siehst Du. Du kannst es noch!“, ruft Wolfi Gapp seinem Schützling zu, während der gelbe Tennisball durch einen verzweifelten Rahmentreffer nicht mal den Weg übers Netz findet, sondern auf der eigenen Hälfte hilf- aber klaglos ins Seitenaus kullert. Hannes, sein 12-jähriger Sohn, schaut ihn verwundert an, doch was hätte sein Vater auch sagen sollen? Schließlich ist er für diesen Schlag selbst verantwortlich, hat er doch seinem heutigen Partner vor 30 Jahren Tennis beigebracht. „Das wird schon. Wenn Du wieder mehr spielst“, sagt Wolfi Gapp und beruhigt den anderen. Oder sich selbst? Früher war der Schützling Mitte 30 und der Trainer 22. Heute ist der Schützling Rentner und der Trainer Feuerwehrpräsident. Der erste Mann bei den Freiwilligen Feuerwehren Südtirols. Chef von 18.000 Männern und Frauen. Am Nischlhof, wo früher zwei Sandplätze für die Touristen nicht reichten, wartet heute ein einsamer Kunstrasenplatz mit Quarzsand auf die Tennisspieler aus den umliegenden Hotels. „Die Zeiten haben sich geändert“, sagt der ehemalige Trainer. Und der heutige Rentner nickt wohlwissend. Es war eine Zeit, in der sich die Familie Gapp umorientieren musste. Die BorisBecker-Boom-Zeit war spätestens nach dem Bobbele-Besenkammer-Gastspiel zu Ende, es gab zu viele Tennisplätze und zu wenige Tennisinteressierte. Auch in Naturns. Die Gapps bauten Ferienwohnungen

neu und ihre Landwirtschaft aus. Und der Mann, der mit viel Herzblut untalentierten Urlaubern nach der amerikanischen Methode Vor- und Rückhand beigebracht hat, kümmerte sich plötzlich um Obstbäume, verkaufte Äpfel und machte Wein. „Mit Vergnügen zum Erfolg“, war das TennisMotto der Amis, und auch der junge Wolfi Gapp steckte seine Schüler in kein einheitliches Korsett. „Ich habe sie nicht auf irgendeinen Bewegungsablauf getrimmt, sondern ich habe versucht, ihren Bewegungsablauf zu verbessern“, sagt er. Mit Vergnügen zum Erfolg ist sein Lebensmotto geworden. Leidenschaft und Einsatz sind geblieben. Gapp, heute 53, hat mit Leidenschaft Tennis gespielt, Turniere schon als 16-Jähriger gewonnen. Er hat mit Einsatz Obstbäume gehegt und gepflegt und nachts Äpfel vor der Kälte gerettet. Jetzt ist er mit Vergnügen Feuerwehrpräsident von Südtirol, obwohl der Job nicht immer vergnügungssteuerpflichtig ist. Da geht es um Budgets mit der Politik, um die Gleichbehandlung von 300 Feuerwehren, um Neid, um Ärger, um Katastrophen. Jeden Morgen ist er im Büro in Vilpian, jedes Wochenende bei irgendwelchen Veranstaltungen, manche Nacht an den Brandherden in der Gegend. Und das alles ehrenamtlich. „Ich habe soziales Engagement in meiner Familie vorgelebt bekommen“, sagt Gapp, und er sagt auch, dass er sich vor sechs Jahren lange überlegt hat, ob er die Berufung annehmen soll. „Ich bin nicht mehr so viel für die Familie da, und die Familie muss mehr

Der Feuerwehrpräsident Wolfi Gapp: im Dienstauto zum nächsten Einsatz

für unseren kleinen Betrieb da sein.“ So packen am Nischlhof alle mit an: die Eltern, die Frau, die Kinder. Martin (22) und Birgit (20) arbeiten auch noch an der Rezeption im Viersterne S-Hotel Lindenhof, bei Wolfis Cousin Joachim Nischler. „Ich bin froh, dass die zwei da auch mal die große Hotelwelt mitbekommen“, sagt Wolfi Gapp, dementiert aber heftig, dass er sie als Spione eingesetzt hat, um später aus dem Nischlhof ein De-luxe-Hotel zu machen. Aber wer weiß schon, was ihm

für Gedanken durch den Kopf gehen, wenn er zwei Mal in der Woche allein mit sich und seinen Ideen nach Unterstell hochläuft. „Da bekomme ich den Kopf frei“, sagt der Feuerwehrpräsident. Das muss er auch. Denn ab und zu steht er doch noch mit Schützlingen von früher, die längst zu Freunden geworden sind und immer noch Urlaub im Lindenhof machen, auf dem Tennisplatz. Auch das ist nervenaufreibend. „Wenn Du den Ball anschaust, triffst Du ihn vielleicht noch besser“, sagt er in seiner freundlich-vorsichtig-motivierenden Art. Und der Rentner schaut. Und trifft mit dem Schläger. Sein Knie. Allerdings nur mit dem Rahmen.


KULINARIK

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DIE LINDENHOF HOTELZEITU NG

KULINARIK

950.000 Tonnen Äpfel werden in Südtirol jedes Jahr von 8.000 Bauern produziert

EXPERTENRUNDE

SÜDTIROL SCHMECKEN Südtirol ist Kult. Und ganz besonders Kult sind Südtiroler Produkte, die Touristen gerne mit nach Hause bringen. Doch sind sie wirklich was Besonderes – oder lassen wir uns das nur in unserem Urlaubswahn einreden? Wir klären auf. Mit Experten.

UNSERE PAARLEN

UNSERE ÄPFEL

UNSER SPECK

UNSER WEIN

44 Jahre lang ist er um 18 Uhr aufgestanden, hat den Vorteig angerichtet, ist danach als treues Mitglied zu einem der Naturnser Vereine gegangen – und von dort um 23 Uhr zurück in die Backstube. Fritz Baumgärtner, der Onkel von Lindenhof-Hotelchef Joachim Nischler, war Bäcker mit Leib und Seele. „Ich wollte nichts von Maschinen wissen, ich habe alles von Hand gemacht – das hat Zeit gekostet”, sagt der heute 77-Jährige, der seinen Betrieb in der Hauptstraße an die Bäckerei Psenner verpachtet hat.

Edith Schweitzer ist 70 Jahre alt, war einst Lehrerin und hat mit 55 Jahren noch einen Uni-Abschluss in Innsbruck gemacht mit der Diplomarbeit: „Die Situation der Bäuerin im strukturellen Wandel der Landwirtschaft – am Beispiel von Naturns.“ Heute führt sie Touristen durch die Apfelplantagen rund um ihren Heimatort und beantwortet ihnen in gut zwei Stunden alle Fragen zum Thema Apfel.

Jeden Tag gibt es im Lindenhof bei der Nachmittagsjause frischen Speck zu probieren – und einmal in der Woche bietet die Dolce Vita-Vereinigung eine Führung in „Mosers Speckworld“ an. Speck ist mehr als Kult in Südtirol, was man in dem Museum von Andreas Moser (das ist die Almhütte rechts kurz vor Naturns, wenn Sie von Meran aus Richtung Reschenpass fahren) eindrucksvoll bewiesen bekommt. Zum Beispiel mit der traditionellen Selchküche und dem alten Herd, mit dem originalen Fockentrog, den wir (vielleicht) unter Schweinetrog kennen. 400.000 Südtiroler Speckstücke produziert Andreas Moser in seinem Unternehmen jedes Jahr – und als Präsident des Südtiroler Speckkonsortiums sorgt er auch dafür, dass das Gütesiegel „Südtiroler Speck” nur die Hersteller bekommen, die sich an entscheidende Richtlinien halten.

Schon ohne Alkohol ist man im Weingut Unterortl berauscht: Von der Hofstelle auf 700 Meter Höhe blickt man auf die schroffen Felsen des hier mündenden Schnalstals, auf 4 Hektar Weinanbau mit einem Höhenunterschied von 250 Metern und auf das Vinschgauer Tal. Gigantisch. „Ja, wir wissen schon, dass wir ein bisschen privilegiert leben”, sagt Gisela Aurich, die 1994 zusammen mit ihrem Mann Martin das Weingut Castel Juval von Schlossherrn Reinhold Messner gepachtet hat. Der Berliner Martin Aurich, der besonders gerne bei Fruchtbränden experimentiert, zählt inzwischen zu den kreativsten Winzern.

Gibt es Paarlen nur im Vinschgau, Herr Baumgärtner? „Ich war neulich ein paar Tage im Allgäu – und in Isny stand an einer Bäckerei: ,Vinschger Paarlen‘. Die habe ich gekauft, probiert und danach der Verkäuferin gesagt: ,Das nächste Mal bringe ich Ihnen die echten Paarlen aus Naturns – dann wissen Sie, wie die schmecken müssen.´ Dieses Dunkelbrot aus Roggen und Weizen haben erstmals die Mönche im Kloster Marienberg hergestellt – mit Mehl aus dem Vinschgau. Das war Brot, das man lange aufbewahren konnte. Viele hatten dafür ein eigenes Holzgestell mit so einer Art Messer daran. So ist das harte Brot direkt abgeschnitten in die Suppe gegeben worden. Ich hab als erster Bäcker 1965 kleine Vinschger Paarlen gemacht, natürlich nur mit Südtiroler Produkten. Man braucht ja nicht viel: Vorteig, Salz, Hefe, Wasser. Und ich hab noch ein wildwachsendes Kraut vom Bauern gekauft und dazu gemischt. Das machen meine Kollegen heute noch. Es gibt den Vinschger Paarlen einen unverwechselbaren Geschmack. Damals habe ich 30 Stück am Tag verkauft, in den neunziger Jahren mussten wir nachts für die Samstage 10.000 backen. Da haben einem die Finger weh getan, weil wir ja noch von Hand gleichmäßig die beiden Stücke geformt haben. Das hat auch viel Zeit gekostet, weil ich es ganz bewusst langsam gären lassen habe. Die Vereinigung Slow Food hat damals die Vinschger Paarlen als erstes Qualitätsprodukt aus Südtirol in den „Kreis der geförderten Lebensmittel” aufgenommen.

2,7 Millionen Speck-Hammen haben das Südtiroler Gütesiegel

Durch 70 Prozent Roggenanteil halten sich Paarlen länger frisch als anderes Brot

350.000 Hektoliter Wein liefert das Anbaugebiet in Südtirol pro Jahr

10.000 Stück. Das muss man sich mal vorstellen. Die Einheimischen kauften sie, die Touristen deckten sich für zu Hause ein. Schließlich hat das Paarlen den Vorteil, dass man es lange aufbewahren kann. Nicht in einer Dose, es braucht Luft. Aber dann hält es lange – und schmeckt auch noch, wenn es hart ist. Ich schneide es mir nach Wochen in ganz dünne Scheiben und esse es abends wie andere Chips. Aber ganz ehrlich: ich bin froh, dass ich die Vinschger Paarlen nicht mehr selber machen muss…”

Sind Ihre Äpfel wirklich was Besonderes, Frau Schweitzer? „Seit 43 Jahren bin ich mit einem Obstbauern verheiratet – und seit noch mehr Jahren bekomme ich dadurch mit, mit wie viel Liebe, Leidenschaft, Herzblut und Engagement mein Mann sich um seine Äpfel kümmert. Und das ist nicht nur bei uns im Schupferhof in Naturns so, sondern im ganzen Vinschgau, in ganz Südtirol. Wenn die Nächte zu frostig werden, stehen die Bauern um Mitternacht auf und schützen durch Bewässerungsmethoden ihr Obst. Es ist ihr Kapital, davon leben sie. Sie müssen wissen, bei uns in der Gegend gibt es nur noch einen Landwirt mit Viehzucht, alle anderen haben sich in den sechziger Jahren auf Obstbau spezialisiert. Wahrscheinlich ist es auch von Vorteil, dass wir in Südtirol nur 18.500 Hektar Apfelanbau haben – und wenn ich von Naturns ausgehe, hat der größte Apfelbauer hier gerade mal 20 Hektar, die meisten haben einen oder zwei Hektar. Das heißt: die Bauern kümmern sich im Detail täglich darum, ihnen entgeht nichts, was auf ihrer Plantage passiert. Nur mal zum Vergleich: in Polen werden auf 120.000 Hektar Äpfel angebaut. Natürlich haben unsere Bauern auch andere Vorteile. Vorteile, die ihnen nur der liebe Gott mal nehmen kann: Wir haben Apfelplantagen auf verschiedenen Höhenmetern – und können für jede Lage die beste Sorte anbauen. Wir haben ein besonderes Klima – Sonnenstrahlen am Tag mit erfrischendem Wind, kühle Nächte. Dieses mediterrane Klima sorgt nicht nur für die kräftige Farbe, es sorgt auch dafür, dass die Äpfel mehr Vitamine, mehr Mineral- und Aromastoffe haben als die von anderswo. Zumal sie in Südtirol nach den strengen Richtlinien der Arbeitsgruppe für den Integrierten Obstanbau gereift sind. Da hat man sich selbst harte Auflagen gemacht. So gesehen gibt es zwei Möglichkeiten für Sie, den Südtiroler Apfel zweifelsfrei auf Anhieb zu erkennen: Sie achten zum einen auf das ggA-Siegel (geschützte, geografische Angabe), das eindeutig beweist: der Apfel ist ganz sicher in Südtirol gewachsen. Und zum anderen: beißen Sie doch einfach mal rein!”

Schmeckt Südtiroler Speck auch bei uns, Herr Moser? „Wenn Sie den originalen Südtiroler Speck kaufen, schmeckt er immer. Wichtig ist nur, dass er perfekt verpackt ist und richtig aufbewahrt wird. Viele legen ihn nachher in den Kühlschrank neben Wurst und Käse – und dann saugt er schnell deren Fauna auf und verliert seinen typischen Geschmack. Wobei Sie nicht vergessen sollten: Speck mit dem Südtiroler Gütesiegel schmeckt zwar immer gut, aber nicht immer gleich. Wir haben zum Beispiel bei Moser-Speck ein altes Familienrezept vor allem bei der Gewürzmischung, das wir streng geheim halten. Als Präsident des Südtiroler Speckkonsortiums kann ich aber versichern, dass sich unsere 29 Mitglieder an alle Qualitätsvorgaben halten. Das fängt bei dem Einkauf des Schweineschinkens an: Wir kontrollieren die Ware auf Antibiotika-Rückstände, wobei wir schon zuvor die Betriebe auf Haltung und Fütterung untersuchen lassen. Wir achten auf Sauberkeit, Frische, Gesundheit, ph-Werte, Gewicht, Fett-Mager-Anteil. Das geht bei der Salzung weiter. Wir machen das noch mit der Hand und mit reinem Meersalz. Der nächste Schritt ist die Räucherung – mit harzarmen Buchenholz und der entsprechenden Temperatur. Anschließend muss der Speck mindestens 20 Wochen reifen, bei der richtigen Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Wir Südtiroler Produzenten haben natürlich unsere speziellen Rezepte, aber für uns alle gilt: wenig Salz, wenig Räucherung, dafür viel frische Bergluft. Während man nördlich von uns noch stark auf Räuchern setzt und südlich vor allem mit Luft trocknen arbeitet, haben wir in Südtirol beides verbinden können. Ich bin überzeugt, dass auch deshalb der Südtiroler Speck etwas Besonderes ist. Und vergessen Sie nicht: durch die lange Tradition wissen wir in Südtirol durchaus, wie man guten Speck herstellt. Ich beweise Ihnen das gerne – in unserer Speckworld.“

Macht das Wetter die guten Winzer, Herr Aurich? „Natürlich sind Südtiroler Weine schon wegen des idealen Klimas begünstigt, auch sorgen die unterschiedlichen Höhenlagen dafür, dass bei uns verschiedene Sorten optimal reifen. Allerdings hat erst ein Umdenken bei den Winzern so Mitte der 80er Jahre zu dem Qualitätswein geführt, den wir heute anbieten. Früher war bei der Verarbeitung der Trauben das Motto: möglichst viel, möglichst schnell, möglichst günstig. Ich habe damals als gelernter Getränketechnologe im Land- und Forstwirtschaftlichen Versuchszentrum Laimburg die Entwicklung aus nächster Nähe mitbekommen. Vor allem die Schweizer Kunden wollten den Vernatschwein immer weniger. In der Laimburg haben wir den Wandel zum Qualitätswein mit Versuchen, Rat und Tat begleitet. Der Vorteil ist auch, dass wir Winzer und Kellermeister einen kollegialen Austausch pflegen, viel mehr als in anderen Gebieten. Dadurch lernen wir viel. Früher gab es in Südtirol 70 Prozent Vernatsch, seit den neunziger Jahren ist das Bild komplett anders. Es gibt Weißburgunder, Riesling, Gewürztraminer, Sauvignon, Chardonnay, Pinot Grigio, Veltliner, Blauburgunder, Merlot und und und… Für jede Rebsorte haben wir die richtige Höhenlage und damit das richtige Kleinklima. Schauen Sie sich mal hier auf unserem Weingut Unterortl um. Wir haben nachts kühle Luft, tagsüber keine extreme Hitze und trotzdem ist es warm genug. Dadurch zieht sich die Vegetationsperiode in die Länge, was den Trauben gut tut. Mit der Zeit haben wir auch gelernt, mit den höheren Säuregehalten in unserer Juval-Lage richtig umzugehen. Ich habe zuerst mit biologischem Säureabbau gearbeitet, wodurch der Wein aber seinen Lagencharakter verloren hat. Inzwischen ändere ich nichts mehr und nutze die traubeneigenen Mineralstoffe, die sich mit der hohen Säure verbinden. So ist ein Riesling entstanden, der uns einige Preise eingebracht hat und die Erkenntnis, dass wir in Südtirol nur wenig in den Lauf der Natur eingreifen müssen.“


SERIE

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AT M I E H E MEIN TAL S L A N S CH HEUTE

MEIN VORFAHRE – DER ÖTZI

LANDLUST ODER LANDFRUST?

ALLE WOLLEN WEG – UND VIELLEICHT AUCH WIEDER ZURÜCK

VON KATHARINA NISCHLER Im Schnalstal haben wir immer viele Berühmtheiten zu Gast: Hier werden Filme gedreht mit großen Schauspielern, hier trainieren die Ski-Nationalmannschaften aller Länder am Gletscher, hier machen auch Politiker Urlaub. Doch einer beherrscht meine Heimat: Der Mann heißt Ötzi, ist ca. 47 Jahre alt geworden, war 1,54 Meter groß, hatte braunes schulterlanges Haar. Ötzi war das erste Mordopfer im Schnalstal, so zwischen 3.350 und 3.100 v. Chr. ist er am Tisenjoch durch einen Pfeil seiner Feinde getötet worden. Warum ausgerechnet er (und nicht ich) zur Schnalstaler Berühmtheit wurde: Ötzi überdauerte als Mumie die Zeitläufe. 5.000 Jahre später – am 19. September 1991 – wurde er vom deutschen Wanderpaar Simon gefunden und begeistert seitdem die Medien und Forscher. Natürlich ist auch die Touristik bei uns im Schnalstal inzwischen durch Ötzi geprägt.

Ein Besuch im Elternhaus von Katharina Nischler. Die Rezeptionistin des Viersterne S-Hotels Lindenhof ist in der Landwirtschaft groß geworden.

So stellen sich Städter ein Bauernhaus vor. Solides Fachwerk, kleine Fenster, große Küche mit genügend Platz für die ganze Familie, gemütliche Stuben mit niederer Decke, blühende Blumen auf allen Seiten, knarrende Holztüre, Stiegen. 200 Jahre alt. Wir stehen vor der Weide, rechts die kleinen Kälber, vorne 15 Kühe. Grün, so weit das Auge blickt. Das Haus ist das erste am Ortseingang von Unser Frau. Traumhaft gelegen. Im Schnalstal. Links Berge, rechts Berge, am Talende nach 22 Kilometern ein Steilhang und kein Durchkommen. Ein Gletscher. Endstation Kurzras. Ansonsten Wiesen, unten und an Steilhängen. Ein paar Häuser. Unten und an Steilhängen. Eine Landschaft im Ansichtskartenmodus. „Hier bin ich aufgewachsen“, sagt Katharina Nischler, die seit fünf Jahren als Rezeptionistin im Viersterne S-Hotel Lindenhof in Naturns arbeitet. Ihr Vater kommt, weshalb die Frage, wie man aus dieser idyllischen Heimat wegziehen kann, zurückgestellt werden muss. Er sagt: „Ja, ja, es ist schön hier. Und trotzdem hauen die Jungen alle ab.“ Felix Santer hat den Hof geerbt. Und die Arbeit. Und die Sorgen. „Was man mit der Landwirtschaft verdient, steckt man wieder in den Hof“, sagt er – und erzählt, dass seine Frau Rosmarie Nischler halbtags in Naturns arbeitet. Man braucht Geld zum Leben, auch im Schnalstal. „Viele Bauernhöfe stehen seit langer Zeit leer und sind schon fast wie Ruinen. Welcher Junge will sich das noch antun?“, sagt er. Es ist keine Frage. Katharina Nischler erzählt von ihrer glücklichen Kindheit. Am Bach haben sie gespielt, auf den Wiesen getobt. „Hier braucht niemand Angst um seine Kinder zu haben“, sagt die 24-Jährige. Es sind schöne Erinnerungen. Diese Tage mit dem Almauftrieb wird sie nie vergessen. Die ganze Großfamilie ist jedes Jahr mit hoch auf die LafetzAlm. Sie haben gegrillt, gefeiert. „Solche Tage bleiben in deinem Kopf“, sagt sie. Aber sie sagt auch, Urlaub mit den Eltern habe es bis heute nie gegeben. Nicht einen Tag. „Doch. Wir waren einmal über Nacht am Gardasee – aber sonst?“ Ihre Mutter Rosmarie Nischler ist nicht aus dem Schnalstal. Sie hat sich in Felix Santer verliebt. Und seinen Hof geheiratet. Inzwischen ist es auch

für sie normal: Jeden Morgen um fünf müssen die Kühe versorgt werden. Melken, füttern. Zwei Stunden vor dem eigentlichen Tagesbeginn. Und abends um sechs das gleiche Spiel. „Wer soll das machen, wenn man in Urlaub ist?“, fragt sie – und ihr Mann sagt: „Die Kuh fragt nicht, ob du Hochzeit hast oder Geburtstag. Als Bauer musst du da sein. Jeden Morgen, jeden Abend.“ Das Problem, erzählt Katharina, sei später gekommen. Als sie älter wurde, als sie auch mal ins Kino wollte oder irgendwo was trinken. „Meine Eltern hatten nicht die Zeit, mich zu fahren und wieder abzuholen.“ Es ist die Zeit, in der für viele das Tal zu klein wird. Sie wollen ausbrechen. Aus der Enge. Aus der Idylle. Sie wollen was anderes sehen, nicht immer nur Berge, Kühe, Wiesen. Die Oma ist 87. Sie kennt nur das Leben im Schnalstal. „Sie versteht es nicht, wenn wir sie nicht mehr an den steilen Hang zum Mähen mitnehmen wollen“, sagt ihr Sohn. Josefine Santer ist nichts anderes gewohnt. Seit 80 Jahren mäht sie, füttert die Viecher. Warum sollte sie das jetzt nicht mehr tun? Ihr Sohn ist voller Respekt: „Andere klagen immer mal wieder über Rückenschmerzen. Sie jammert nie.“ Es ist die Schnalstal-Generation, die es fast nicht mehr gibt. „Heute vergleichen sich alle und werden neidisch. Der kann dreimal in Urlaub – und schon will man das auch. Meine Mutter hat nie was anderes gesehen. Nur Bauern, die genauso hart arbeiten wie sie“, sagt Felix Santer. Die Sonne scheint, es ist ein herrlicher Tag im Schnalstal. In Unser Frau. Am Bauernhof der Santers. Der Vater zeigt auf den Steilhang an der anderen Seite. Das Bauernhaus da drüben gehört auch der Familie. Es ist 800 Jahre alt. Und schon lange nicht mehr bewohnt. Er ist froh, dass seine älteste Tochter Romina einen Schwiegersohn bringt, der Freude an der Landwirtschaft hat. „Vielleicht komme ich mal wieder zurück. Wenn ich kleine Kinder habe“, sagt die Tochter Katharina Nischler, die seit zwei Jahren mit ihrem Freund in Naturns lebt. Es ist mehr los, es ist näher zur Arbeit. „2012 waren wir mal eingeschneit im Tal. Wir konnten nicht telefonieren und nicht mailen. Die Leitungen waren zusammengebrochen. Es gab keinen Kontakt zur Außenwelt.“ Alles hat zwei Seiten. Nur das Schnalstal nicht.

Familienfoto im Ansichtskartenmodus: Katharina Nischler (vorne) zeigt die schönen Seiten ihrer Heimat.

ARCHEOPARC – ÖTZIS LEBENSRAUM Den archeoParc finden Sie in Unser Frau, direkt neben der Wallfahrtkirche. Das Mitmachprogramm im Freilichtmuseum – zum Beispiel Töpfern, Brotbacken und Bogenschießen – ist besonders für Familien interessant. Ein besonderes Highlight: man blickt vom Museum direkt auf die Ötzifundstelle am Tisenjoch, wo ich letzten Sommer zum ersten Mal hingewandert bin.

WANDERUNG ZUR ÖTZI-FUNDSTELLE Beim Stausee in Vernagt (1.700 m) beginnt die anspruchsvolle Wanderung zum Tisenjoch (3.210 m). Zuerst wanderten wir zum Tisenhof, dann hinein in das Tisental bis zur Similaunhütte, die wir nach ca. 3,5 Stunden erreicht haben. Der letzte Abschnitt vor der Hütte ist etwas steil und felsig. Nun mussten wir klettern, angebrachte Seile helfen dabei. Nach ca. einer Stunde sind wir bei der Steinpyramide, die den Fundort der Mumie markiert, angekommen. Zurück sind wir denselben Weg gegangen. Nun werden Sie fragen: was sieht man dort? Neben der vier Meter hohen Pyramide mit Infotafeln und dem Gipfelbuch kann man vor allem die fantastische Aussicht bewundern. Gleich drei – mit Gletscher bedeckte – Dreitausender konnten wir bestaunen: den Similaun (3.599 m), die hintere Schwärze (3.624 m) und die Finailspitze (3.514 m). Infos über eine geführte Ötzi-Tour finden Sie im Lindenhof-Blog.

DIE URIGE LAFETZALM Südlich vom archeoParc gelangt man über den etwas steilen Weg Nr. 19 nach ca. 1,5 Stunden und 500 Höhenmetern zu einer der urigsten Almen Südtirols. Auf der Lafetzalm gibt es meist nur eine Brettlmarende, Wein, Bier, hausgemachten Saft, ein Schnapsl, eine Sennerin, viele Kälber und vor allem: viel Ruhe!

DER FINAILHOF In der Frühlingsausgabe vom letzten Jahr habe ich Ihnen meinen Lieblingsplatz am Stausee bei Vernagt gezeigt. Ein ebenso zauberhafter Ort ist die Terrasse des Finailhofes auf 1.973 m – einst höchstgelegener Kornhof Europas. Von dort genießt man den herrlichen Ausblick auf den türkisblauen Stausee.

AUF DEN SPUREN DER MÖNCHE Wenn mir der Alltag oft zu hektisch wird, wandere ich über die „Via monachorum“ (den Weg der Stille) von Unser Frau nach Karthaus. 450 Jahre lang war Karthaus ein Kloster der Kartäuser. Die Klosteranlage kann ganzjährig besichtigt werden.


KULINARIK

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AN DER LINDENHOF-BAR GIBT ES 222 WHISKYFLASCHEN

UNTERRICHT IM LINDENHOF

DER VERSUCH EINES SELBSTVERSUCHS

WAS IST EIN WASSER, DAS SPRUDELT? Zu Jahresbeginn werden Mitarbeiter tagelang mit Rollenspielen und Drehbüchern geschult. Wer während der Saison einsteigt, bekommt einen Crashkurs an einem halben Tag mit 49 Seiten Richtlinien. „Mir hat der Kopf geschwirrt“, sagt der Kellner Tomas Suranovsky.

So viele Flaschen auf einem Bild: Barmann Stefan Pichler mit seinem Whisky

Ist Barmann Stefan ein Experte, was weiß er wirklich über sein alkoholisches Aushängeschild, wie viele verschiedene Sorten schafft er an einem Abend – und: welche Nummer schafft ihn? Dienstschluss an der Bar. Herr und Frau Sch. aus D., Frau K. aus dem Service und der Schreiberling dieser Zeilen wollen den Bartender testen. 222 Whisky- und Whiskeysorten warten auf Stefan Pichler, den Barchef des Viersterne SHotels Lindenhof in Naturns. Wer täglich so viel Whisky anbietet, muss doch auch was davon verstehen – und viel vertragen. Das ist die Ausgangsposition für den erzwungenen Selbstversuch. Der Delinquent bringt die erste Flasche, lässt aber zunächst mal seine Zuschauer riechen. „Rauchig“, sagt der Experte. Toll. „Als ich vor drei Jahren in den Lindenhof kam, habe ich gedacht: das ist Beschäftigungstherapie: damals 140 Flaschen putzen“, erzählt Stefan. Irgendwann fand er es „cool“, an einer Bar zu arbei-

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ten, an der es so viel Whisky gibt. „Diese Auswahl findest du sonst in keiner Hotelbar in Südtirol.“ Wir warten, dass er sein erstes Glas trinkt. Schließlich stehen noch 221 andere Sorten bereit. Stefan schenkt ein, reicht den Whisky erst mal weiter. „Ihr müsst riechen“, sagt er – und lässt das Glas kreisen. Anschließend träufelt er mit dem Strohhalm drei Tropfen Wasser dazu. „Und riecht jetzt mal.“ Für den, der Schnupfen hat, klärt er auf: Vorher habe man vor allem den Alkohol gerochen, mit den drei Tropfen Eiswasser werden die Aromen stärker. Die ersten der Zuschauer wollen nicht nur riechen, sie wollen auch mal probieren. „Ich habe viel über Whisky gelernt in all den Jahren“, erzählt Stefan. Viel vom Hotelchef Joachim Nischler, aus dem Internet, aus Büchern und von Gästen. „Ich höre genau zu, wenn sie mir was erzählen – zum Beispiel von ihren Reisen in die Hochburg Schottland.“ Er hat nachgefragt, er hat es sich eingeprägt. Und selbst einen Kurs organisiert mit Matthias Knorr, dem Chef der Münchner Barschule. Stefan kann die diversen Regionen aufzählen, in denen Whisky entsteht, und er kann erläutern, warum der Whisky aus der einen Gegend anders schmeckt als der aus der anderen. Zum Beweis bringt er aus sechs Regionen die Flaschen 2, 18, 27a, 42b, 51 und 151a, die auch so

An der Hotelbar im Lindenhof gibt es Whisky aus allen schottischen Regionen, aus Irland, Frankreich, Kanada, Japan, Amerika und Italien. Die Schotten, Kanadier und Japaner schreiben ihren Brand nur mit y, in Amerika und Irland wird aus Whisky Whiskey. Der deutsche Duden empfiehlt die Rechtschreibung Whisky. 712 Gläser Whisky hat Stefan 2016 an der Bar verkauft. Zum Vergleich: 13.250 Gläser Bier und über 8.000 Cocktails.

nummeriert an der Theke stehen. „Jetzt geht’s los“, singen die Zuschauer. Wie viele verschiedene Sorten schafft der Barmann Stefan an einem Abend? Oder in einer Nacht? „Gleich“, sagt der Hauptdarsteller – und will vorher kurz zeigen, dass Frauen einen anderen Whiskygeschmack haben als Männer. Frau Sch. und Frau K. probieren, schütteln den Kopf. 18 und 42b sind super, 51 und 151a igitt. Herr Sch. und der Schreiberling finden 18 und 42b igitt und 51 und 151a super. Stefan riecht an 70b und 150c und sagt was von fruchtig und lieblich und torfig. „Gerste wird in warmem Wasser eingeweicht und keimt rund eine Woche“ erklärt der Barmann. Vom Mälzen erzählt er, vom Maischen, von der Vergärung, von der Destillation, von der Reifung. Von 75 Prozent Alkohol, von aromatischen Gewürzen, von strukturiert und von tief. Und bei allen Erklärungen lässt er riechen – und je mehr die Zuschauer riechen, desto häufiger wollen sie auch probieren. 666 Gläser Whisky hat Stefan in diesem Jahr an der Bar schon verkauft. Vor dieser Nacht. Zwischen 5,50 Euro und 27,80 Euro. Er sei total überrascht gewesen, wie viele Gäste sich mit Whisky auskennen. „Sie verlangen natürlich immer den Whisky, den sie schon kennen. Aber oft gelingt es mir, ihnen was anderes zu empfehlen“, sagt Stefan. Was er denn so empfiehlt, ob er denn alle schon

probiert habe, lallt der Schreiberling irgendwann – und Herr Sch. versucht zu sagen, dass man schon mal was getrunken haben müsse, was man anderen ins Glas schüttelt. Oder schüttet. Warum steht plötzlich die Flasche mit der Nummer 92 b auf dem Tisch? Der hat doch nur 40 Prozent Alkohol. „Ein Single Malt“, sagt Stefan – und Frau K. schreckt noch einmal hoch, wo denn der Single-Mann sei? Sie vergisst das Riechen, nimmt noch einen Schluck. „26,70 kostet das Glas”, sagt Stefan – und hat es geschafft. Jeder will probieren, womit sein Selbstversuch endgültig ein berauschendes Ende findet. Nur anders als gedacht. Weder die Damen K. und Sch. noch die Herren Sch. und W. wissen in diesem Moment noch, was denn der eigentliche Sinn dieses Abends war. „Ich trinke eigentlich ganz wenig Alkohol“, sagt der Barmann Stefan Pichler, höchstens mal einen Cuba Libre. Sein bisher bester Gast hat mal sieben Gläser Whisky geschafft. „Die Numero sieben hatten wir doch schon“, artikuliert der Schreiberling irgendwie und drückt im Aufzug verzweifelt und immer heftiger die „2“. „Ihr seid im zweiten Stock“, ruft Stefan – und macht die Lichter aus. Das Ende eines Selbstversuchs. Für die Zuschauer im Aufzug. Im zweiten Stock. Stefan Pichler fährt souverän und sicher mit dem Auto nach Hause.

nen etwas weniger gefällt und sprechen Sie darauf an“) Der Slowake Tomas Suranovsky ist ein gebilund erklärt ihm Auftreten und Dienstkleidung bis deter Mensch. Er hat in seiner Heimat die Hotelfachzum Windsor-Knoten an der Krawatte. „Mir hat der schule besucht, ein weiterführendes Studium abgeKopf geschwirrt“, sagt der 25-jährige Tomas, obwohl schlossen, in den USA und Großbritannien als Kellner er schon in der Slowakei Lektion eins gearbeitet und die 49 Seiten Richtligelernt hat: dass der Gast im Hotel imnien des Dolce Vita-Hotels fast ausmer recht hat. wendig gelernt. Und doch war er an seinem fünften Abend im Lindenhof In Naturns ist es eine Schulung, die in in Naturns mit seinem Latein am Die Mitarbeitersuche wird für die der Branche kaum üblich ist. Viele HoEnde. „Was ist denn ein Wasser, das Hotels immer schwieriger. In Südteliers gehen davon aus, dass ein Kellsprudelt?“, fragte er verzweifelt den tirol suchen sich junge Menschen ner kellnern muss. Und es kann, wenn Kollegen Jan Karel nach der Bestellieber Arbeit in größeren Städten er es gelernt hat. Joachim Nischler dalung an Tisch 20. mit Industrie, da Schicht- und gegen sagt: „Teller tragen kann jeder Wochenendarbeit die meisten Kellner. Aber den Gästen so begegnen Es gibt Wünsche und vor allem Diaabschreckt. So versuchen die Holekte, auf die kann nicht einmal Ho- teliers über Agenturen Kolleginnen wie es Art des Hauses ist, muss geübt und Kollegen im Osten zu finden, werden.“ Deshalb lässt er üben: Smalltelchef Joachim Nischler seine auslänoft ein mühsames Unterfangen, Talk mit dem Gast, Reklamationen dischen Mitarbeiter vorbereiten. weil man die Leute erst kennenentgegennehmen, Wünsche zu erfülObwohl er in seinem Grundkurs fast lernt, wenn sie schon angereist len, Kollegialität untereinander bei der alles aufführt, was einem Kellner im sind. „Wir werden bald Schweizer Arbeit am Abend, Telefongespräche Service so passieren kann. Selbst wähVerhältnisse haben”, sagt der führen und und und. Mitarbeiter, rend der Hochsaison nimmt er sich Lindenhof-Hotelchef Joachim meint der Chef, seien die Botschafter mindestens einen halben Tag Zeit für Nischler. In der Schweiz arbeiten des Hotels. einen Neuen, versucht ihm die Philoin der Gastronomie schon lange sophie des Lindenhofs zu infizieren keine Schweizer mehr. „Es ist absolut professionell hier. Das („Der Gast muss sich von der ersten liebe ich“, sagt Tomas Suranovsky, der seine Heimat Minute an wie zu Hause und doch im Urlaub fühlen“), Lewoca, eine Stadt mit 18.000 Einwohnern in der Slogeht mit ihm kurz die Drehbücher durch („Wir schauwakei, auch deshalb verlassen hat, um seine Sprachen den Gästen in die Augen und erkennen, wann ihkenntnisse zu verbessern. In den USA und Großbritannien sein Englisch, in Südtirol sein Deutsch. Obwohl das gerade hier nicht so einfach ist. Viele Gäste aus der Schweiz, Österreich und Deutschland sprechen Dialekt, die Südtiroler Kollegen ohnehin ihre eigene Sprache oder das, was sie dafür halten. „Da stürzt viel auf einen ein“, sagt der Slowake, der zwar die Richtlinien des Hauses verinnerlicht hat („Ich behandle die Gäste so, wie ich auch gerne behandelt werden würde“), aber an anderen Barrieren verzweifelt. Eine Menüfolge auswendig zu lernen, die sowohl aus südtirolerischen als auch deutschen oder oft sogar französischen Begriffen besteht, ist auch für einen wie Tomas Suranovsky nicht einfach. „Ich muss in unserer Besprechung oft fragen: was ist ein Blumenkohl? Oder eine Kraftbrühe vom Jungbullen?“ Er lernt dazu, sagt er. Schritt für Schritt. Inzwischen erklärt er neuen Gästen schon, wo vor 15 Jahren im Hotel die Rezeption war, denn auch das gehört zur Philosophie des Hotelchefs. Ein Mitarbeiter sollte immer Auskunft geben können – oder zumindest wissen, wen er fragen kann. Und das Wasser, das sprudelt, stellt Tomas jetzt auch mit einem Lächeln auf den Tisch. „Bitte – Mineralwasser mit Kohlensäure.“

Perfekt vom Scheitel bis zur Sohle: Tomas hat gelernt, dem Urlauber nach „Art des Hauses“ zu begegnen


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GÄSTE

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DAS TEAMHOUSE

HIER SIND WIR DAHEIM LET’S PUTZ!

Maros Arvay lebt mit seiner Familie in Naturns – und seine Wohnungsnachbarn schichten alle im Viersterne S-Hotel Lindenhof.

Wir Schwaben sind reinliche Menschen. Wir putzen uns morgens und manchmal sogar abends die Zähne, wir waschen jeden Samstag stundenlang das Auto und spülen sogar die Badewanne aus, nachdem wir sie alle zwei Wochen benutzt haben. Und wir haben die Kehrwoche erfunden, was uns voller Stolz erfüllt. Bei uns gibt es die kleine und die große Kehrwoche. Ohne die Nordrhein-Westfalen und sonstige Dreckspatzen beleidigen zu wollen, scheint das eine sinnvolle Einrichtung für alle Gemeinschaftsräume in einem Haus und den Gehweg an der Straße. Es gäbe viel dazu zu sagen, aber da ich weiß, dass bei den Rest-Deutschen, den Schweizern, Österreichern und Italienern in dieser Beziehung Hopfen und Malz verloren ist, will ich sie nicht weiter mit Einzelheiten dieser sinnvollen Let’s putz-Aktion langweilen. Nur so viel: wer bei uns das Schild „Kehrwoche” an seiner Haustüre hängen hat, weiß, was er in dieser Woche zu tun hat. Putzen! Oder Schnee schippen. Oder beides. Dass meine Kehrwochen-Weltanschauung ein wenig ins Wanken geraten ist, liegt an meinen gelegentlichen Aufenthalten in Südtirol. In Naturns. Im Dolce Vita-Hotel Lindenhof. Dort entdecke ich nirgends das dringend notwendige Schild „Kehrwoche”, das Verantwortung eindeutig delegiert, und doch sehe ich zu meiner freudigen Überraschung Menschen nur putzen. Den lieben langen Tag. 6 Uhr: Irmi putzt. 7.30 Uhr: die Zimmermädchen putzen. 8 Uhr: die Hausmeister putzen. 8.30 Uhr: die Rezeptionistin putzt. 9.30 Uhr: Michi putzt. 11 Uhr: das Service-Personal putzt. 14 Uhr: Ingo putzt. 15 Uhr: Michi putzt. 16 Uhr: Lea putzt. 17.30 Uhr: Spätdienst Zimmermädchen putzt. 19.30 Uhr: Stefan putzt. 22.15 Uhr: Köche putzen. 22.30 Uhr: der Rezeptionist putzt. 23 Uhr: ServicePersonal putzt. 01.00 Uhr: Stefan und Lea putzen. Wie das alles ohne das Schild „Kehrwoche“ funktioniert und ob das so überhaupt rechtens ist, werde ich noch herausfinden. Ich werde wiederkommen. Vielleicht ist dann auch der kleine Fettfleck an der Wand hinter der Sitzbank an der Bar weg. Wenn die „Kehrwoche” eindeutig zugeteilt wäre, hätten wir den Verantwortlichen schon. Sie dürfen mir glauben: Bei uns in Stuttgart hätte das für die in dieser Woche zuständige Familie Maier aus dem zweiten Stock Konsequenzen. Dafür würden die Müllers aus Ebene 4 schon sorgen. So funktioniert Kehrwoche richtig! Aber: wie sollen das die Südtiroler wissen...?

URLAUB AM KLAVIER Von Bach bis Led Zeppelin – der Stammgast spielt während seiner Lindenhof-Zeit jeden Abend an der Bar. „Ich fange immer an, wenn noch niemand da ist. Wenn der Raum schon voll besetzt wäre, würde ich mich nicht trauen”, sagt der 52-Jährige.

Wohnung mit Aussicht: Maros Arvay mit Ehefrau Michaela und der vierjährigen Lara

Hotel. 18 andere Angestellte müssen sich mit Zimmer In Svit, einer Stadt am Fuße der Hohen Tatra in und Nasszelle begnügen. „Wir haben schon seit einiger der Slowakei, ist sie ihm gleich aufgefallen. Im Bus, zwölf Zeit den Antrag bei der Stadtverwaltung gestellt, das Stunden auf der Fahrt nach Südtirol, hat er sie genauesHaus aufzustocken. Wir wollen neun Wohnungen mehr tens beobachtet. In Naturns, wo er 2004 diese neue Stelle bauen”, sagt der Hotelchef, der zur Zeit für zwei Mitarals Hausmeister im Hotel Lindenhof angenommen hatte, beiter privat Zimmer gemietet hat. „Ich bin froh, wenn hat er sie angesprochen. Fünf Jahre später haben Maros ich gute Mitarbeiter finde. Da kann ich sie und Michaela geheiratet, im Mai 2012 kam nicht noch lange auf Wohnungssuche schiLara und vervollständigte die Familie Arcken”, sagt Joachim Nischler, wohlwissend, vay. „Unser Glück war, dass uns Joachim dass nur zufriedene Mitarbeiter für ZufrieNischler eine Wohnung im Lindenhofdenheit bei den Gästen sorgen können. Mitarbeiterhaus angeboten hat. Sie ist schnell zu unserer neuen Heimat geworden. Im Teamhouse wohnen sieben Mitarbeiter bzw. Es ist ein besonderes Haus, mitten in NaSonst wäre alles viel schwieriger gewesen”, Mitarbeiterinnen aus der turns. Und das auch, weil es ein Haus ist, in sagt Maros Arvay. Slowakei, sechs aus Südtirol, zwei aus dem sich 21 Parteien bestens kennen. Jeder Thailand, zwei aus Deutschland, weiß, was der andere beruflich macht, wann Tatsächlich war Joachim Nischler vor elf zwei aus Tschechien, jeweils einer/eine er arbeitet, wann er schläft – und jeder Jahren einer der ersten Hoteliers, die eraus Ungarn, Österreich, Kroatien und hört, wann der andere Party feiert. Da ist es kannten, dass man guten Mitarbeitern den Philippinen.Sie können die Wohnungen nicht einfach, sich am anderen Tag krank mehr bieten muss als nur Geld. Und weil auch in der Zeit benutzen, in der das zu melden. „Es sind natürlich viele Junge immer mehr aus dem Osten kamen, baute Hotel geschlossen hat (von im Haus, die nach der Arbeit nicht gleich er für sie an der Hauptstraße in Naturns ein Mitte November bis Anfang März). schlafen wollen”, erzählt Maros Arvay, der Haus mit 18 Zimmern und drei WohViele arbeiten in der Zeit aber in nungen. Mit Parkplätzen und Waschküche, anderen Regionen in Hotels oder machen genau weiß, wer wann in der Nacht gefeiert Urlaub in der Heimat. So kann das hat. „Aber nur, weil es mir meine Frau ermit Abstellräumen, kleinem Garten und großen Balkons. „Der Blick von hier ist Haus jedes Jahr generalüberholt werden. zählt. Ich schlafe immer friedlich und höre „Wir gehen alle Zimmer nichts”, sagt der Hausmeister, der viel mehr phantastisch. Fast wie im Urlaub”, sagt der durch und machen entsprechende die gute Nachbarschaft lobt. „Wenn meine Hausmeister, der jetzt schon 13 Jahre bei Reparaturen”, sagt der Hausmeister Frau und ich mal gleichzeitig arbeiten müsden Nischlers geblieben ist. Und sogar seiMaros Arvay. sen, findet sich immer jemand, der auf unnen Bruder Michal nachgeholt hat. Alle, so sere Tochter aufpasst.” erzählt er, haben damals die LindenhofMitarbeiter um ihr neues Zuhause beneidet. Das wird auch 2017 so sein. Wenn vielleicht wieder ein junger Mann aus dem Osten zwölf Stunden mit dem Bus Maros Arvay und seine Familie haben Küche, Wohnnach Naturns gefahren ist. Und vielleicht eine Frau im raum, Schlafzimmer und Nasszelle. Noch zwei WohBus gesehen hat. Und vielleicht im Lindenhof-Mitarbeinungen in dieser Größe gibt es in dem Teamhouse, das terhaus eingezogen ist. Und vielleicht… jedem gleich auffällt, weil es ähnlich gestylt ist wie das

Irgendwann stand ihm das Klavier im Weg. „Ich bin die Treppe hochgekommen – und da war es plötzlich“, sagt Dr. Walter Klein. Für einen passionierten Klavierspieler gibt es in solch einer Situation keinen Ausweg mehr. Der Mann setzt sich, der Mann klimpert, der Mann kontrolliert, der Mann justiert nach – der Mann spielt. Das war schon bei Paul Kuhn so, das ist bei Walter Klein nicht anders. „Und dann hat mich Joachim Nischler gefragt, ob ich das nicht jeden Abend machen will“, erzählt der Stammgast, der jetzt im Lindenhof seit über zehn Jahren in seinem Urlaub die anderen Gäste von kurz nach sechs bis kurz nach sieben an der Bar unterhält. „Ich mach das so lange, bis sich einer beschwert“, sagt er. Dr. Walter Klein ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Köln. Und bis zu seinem 18. Lebensjahr hatte er geglaubt, er könne sich mit Noten durchs Leben spielen. Nach harten acht Jahren Klavierunterricht mit viel Talent eine plausible Hoffnung. „Die Mitschüler haben mich bewundert, weil ich mit zwölf schon Klavier spielen konnte, weil ich bei ,Jugend musiziert‘ gut abgeschnitten habe – und erst viel später, als ich Musik studieren wollte, habe ich begriffen, dass es doch auch noch einige andere gibt, die das Piano beherrschen“, erzählt er. Irgendwie ist ihm dann auch klar geworden, dass man mit einem soliden Jurastudium vielleicht doch eine Familie besser ernähren kann als mit einer fragwürdigen Klaviertournee, bei der einem mehr Frauenherzen zufliegen als Euroscheine. Heute spricht er von einem weisen Entschluss. Sein Geld verdient er in Köln, sein Hobby übt er öffentlich nur in Naturns aus. In dem Hotel, in dem er seit 20 Jahren Stammgast ist. „Ich habe hier viel dazugelernt“, sagt er. Er ist

zum Weinkenner geworden, zum Whiskyliebhaber und zum Radsportler. „Ganz ehrlich: mir gefällt hier alles. Und ganz besonders die Küche und die Freundlichkeit im Service“, sagt der 52-Jährige, der jedes Jahr mit Frau und Kindern Familienurlaub im Lindenhof bucht. Selbst heute, erzählt er, kommen seine Jungs (inzwischen 23 und 21) sowie seine Tochter (18) noch gerne mit den Eltern nach Naturns. „Wenn wir woanders Urlaub machen, lachen sie uns aus, wenn wir sie fragen, ob sie mitkommen wollen.“

„... denn wer Klavier spielt hat Glück bei den Frauen...“ Das wusste Paul Kuhn schon vor Walter Klein, obwohl es damals keine Angie und keine Elisa gab

Dabei muss die Familie gerade vor dem Lindenhof-Urlaub leidensfähig sein. Denn da wird im Hause Klein das Repertoire aufgefrischt, es müssen neue Songs einstudiert werden. „Wenn er zum sechsten Mal das gleiche Lied spielt, wird es schon anstrengend“, sagt Claudia Klein, was ihren Mann nur verwundert. „Wenn ich Fehler mache, muss ich es wiederholen. Und wenn ich keine mache, freue ich mich, dass ich es fehlerfrei spielen kann. Und probier es gleich noch mal.“ So hört man bei Kleins halt nicht nur morgens, sondern auch abends und den ganzen Tag lang „una mattina“, die Titelmusik aus „Ziemlich beste Freunde“ – von Walter Kleins Lieblingskomponisten Ludovico Einaudi. Der Italiener, selbst Pianist, zaubert mit seinen Noten einen Grenzbereich zwischen Klassik und Pop, genau das, was dem Rechtsanwalt gefällt. „Ich habe am Anfang nur Klassik gespie-

Foto: Katharina Nischler

GAST­–ANSICHTEN

RECHTSANWALT DR. WALTER KLEIN

lt und erst mit 15 oder 16 in einem Plattenladen gemerkt, dass es ja auch Popmusik gibt. Heute mag ich besonders Billy Joel, Elton John, Mark Knopfler – es gibt großartige Songs fürs Piano.“ Er wird sie alle spielen – dieses Jahr in seinem Urlaub im Lindenhof. Auch wenn er bei seinen öffentlichen Auftritten nervöser ist als früher bei Prüfungen. „Ich fange immer an zu spielen, wenn noch keiner an der Bar ist. Ich glaube, wenn der Raum schon am Anfang voll besetzt wäre, würde ich es mich nicht trauen.“

Die Zahl der Stammgäste ist 2016 wieder gestiegen – auf 72 Prozent. Als Stammgäste werden im Lindenhof nur Kunden geführt, die mehr als vier Mal gebucht haben. Insgesamt hat sich die „Nationenwertung” der Urlauber von den Prozentzahlen verändert: Deutschland führt zwar noch mit 45 Prozent der Gäste, die Schweizer folgen aber mit 40 Prozent ziemlich dicht.


KÜCHE

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PIRCHER UND PERKMANN

P&P–DIE ANDERE KOCHSHOW REZEPT VON BENNI Gerstensuppe für 4 Personen 1 Zwiebel 30 g Karotten (in Würfel) 30 g Stangensellerie (in Würfel) 20 g rohe Kartoffeln (in Würfel) 80 g Selchfleisch (1 Scheibe) 100 g Gerste 1,5 l Fleischsuppe 1 EL Butter Würzmittel: 1 Lorbeerblatt 4 El Schnittlauch Pfeffer aus der Mühle, Salz Zubereitung: Die Zwiebel schälen und in Würfel schneiden, in der Butter dünsten, die Karotten- und Selleriewürfel dazugeben und etwa 5 Minuten mitdünsten. Die Gerste in kaltem Wasser waschen und in den Topf zum Gemüse geben. Mit der Fleischsuppe aufgießen, das Selchfleisch und das Lorbeerblatt dazugeben und kochen lassen. Die letzten 10 Minuten die Kartoffelwürfel mitkochen. Das Selchfleisch herausnehmen, etwas auskühlen lassen, in Würfel oder kleine Scheiben schneiden und als Einlage in die Suppe geben. Zum Schluss die Suppe mit Schnittlauch sowie Salz und Pfeffer abschmecken. Sie können auch ein kleines Stück Bauchspeck mitkochen. Dann schmeckt die Gerstensuppe noch besser. Garzeit: 1,5 Stunden

Zu viele Köche verderben den Brei, besagt ein altes Sprichwort. Im Gourmethotel Lindenhof in Naturns aber beweisen zwei Spitzenköche, dass man sich auch zum Wohle des Gastes ergänzen kann.

Andi macht Couscous. Mit Gemüse. Und oben drauf eine Riesengarnele. „Das haben wir noch nie gemacht“, sagt er – und Benni probiert. „Geht gut“, sagt er. Benni macht Lammrücken. Mit Süßkartoffeln. Mit Bohnen, eingehüllt in einen Speckgürtel. „Das gab es so noch nie“, sagt er – und Andi probiert. „Passt“, sagt er. Andi Pircher, der Chefkoch, und Benni Perkmann, Souschef und damit Stellvertreter, arbeiten im Viersterne-SHotel Lindenhof in Naturns schon seit fünf Jahren zusammen. Ohne große Worte. „Passt“, sagt Andi. „Geht gut“, sagt Benni. Die Gäste nennen es anders: „Genial“, sagen sie. Denn selten stehen in einer Küche zwei so kreative Köpfe, die ihr Handwerk beherrschen, sich blind verstehen und dazu noch menschlich harmonieren. Den großen Unterschied erleben nur wenige mit – weil die Beiden nach Küchenschluss allein in einer Ecke sitzen, um den anderen Tag zu planen: Andi trinkt ein Glas Bier, Benni ein Glas Limonade mit Wasser. 2011 haben sie sich zum ersten Mal gesehen. Benni Perkmann war Souschef im Hotel Feldhof, aber die Arbeit ist für ihn zum Stress geworden. Und so war er froh, dass er im Lindenhof zunächst einer von vielen Köchen wurde, ohne Personalverantwortung. „Er ist uns empfohlen worden, und sein Potential war mir damals sofort klar“, sagt der Chefkoch. Kein Wunder, dass er auch im Lindenhof nach zwei Jahren, zum Souschef aufstieg. „Ich bin älter geworden, auf jeden Fall lockerer. Ich nehme Verantwortung und Hektik jetzt gelassener“, sagt der 32-Jährige, der im „Vierjahreszeiten“ in Schlanders gelernt hat. In der Lindenhof-Küche ist die Hektik kaum zu spüren, höchstens am Abend während der Essensausgabe. Alles ist klar vorgegeben, wird kontinuierlich nach Plan vorbereitet. Jeder weiß, was er zu tun hat. Alle arbeiten still vor sich hin. Von acht Uhr bis 13 Uhr und ab 17 Uhr bis

Schluss, bis zum letzten Essen. „Wir legen montags genau fest, wie die Woche läuft. Was auf die Speisekarte kommt, wer wann was macht“, sagt der Chefkoch Andi, und sein Stellvertreter Benni nickt. Ist ja alles gesagt… „Die Zwei sind ein Glücksgriff für unser Haus“, sagt Joachim Nischler, der auch akzeptiert hat, dass P&P (Pircher und Perkmann) die Show für Gäste nicht lieben. „Es sind halt Südtiroler, die sich am liebsten im Hintergrund aufhalten“ – so der Hotelchef, der, man mag es in diesem Zusammenhang kaum glauben, ja auch Südtiroler ist. Tatsächlich ist Andi und Benni nichts so fern wie der öffentliche Auftritt. Über Fernsehköche, die ihre Kunst vor Millionen zelebrieren, können sie nur milde lächeln. Wäre das nichts für euch? Sie schauen sich an, lächeln und antworten mit einem für ihre Verhältnisse langen Satz: „Nein.“ Nächste Frage. Unterscheidet ihr euch beim Kochen? „Jeder Koch kocht anders“, sagt Benni – und erklärt sogar nach kurzer Pause, was er meint. „Der eine nimmt mehr Gewürze, der andere weniger Fett, einer macht mehr mit Butter, der andere nimmt viel Kräuter.“

REZEPT VON ANDI Algunder Graukäse-Pressknödel 200 g Weißbrot 100 g gereifter Kuhkäse (z.B. Burgeiser Bergkäse) 50 g Graukäse 50 g geschmorte Zwiebeln 1 EL Mehl 3 Eier 50 ml Milch 150 g Butter 1 EL gehackte Petersilie Salz, Pfeffer Zubereitung: Weißbrot, Käse und Graukäse in Würfel schneiden und mit den geschmorten Zwiebeln vermengen. Mit Mehl bestäuben. Milch, Eier, Petersilie, Salz und Pfeffer dazugeben und gut verrühren. Aus der Masse Knödel formen und so andrücken, dass kleine Laibchen entstehen. Butter erhitzen und die Knödellaibchen darin auf beiden Seiten goldgelb herausbacken. Anschließend in Salzwasser ca. 8 Minuten kochen lassen.Dazu schmeckt übrigens ein Bauernsauerkraut hervorragend.

Und so ist es auch bei euch? „Schon. Wichtig ist doch, dass es schmeckt und gesund ist“, sagt Andi Pircher. Es ist der Abend mit den Riesengarnelen und dem Lammrücken. P&P sitzen in ihrer Ecke, starren in den Laptop. Bei Bier und Limonade mit Wasser. Und an der Bar sitzen die Gäste beim Wein. „Ich habe noch nie so hervorragendes Couscous gegessen wie mit dieser Riesengarnele. Und dieser Lammrücken...”, sagt einer. Und alle nicken. Alltag im Gourmethotel Lindenhof.

IMPRESSUM Herausgeber: Familie Nischler, Hotel Lindenhof Style&Spa Resort Naturns, www.lindenhof.it, Tel. 0039 0473 666242; Verantwortliche Gesamtleitung: Joachim Nischler; Redaktion: Katharina Nischler, Horst Walter; Gestaltung: Beda Pfleger; Fotographie: Andreas Marini; Repro: Günther Piltz; Druck&Versand: G.A.S. Salzburg


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