DolceVita Hotel Lindenhof Zeitung "Suite"

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DIE LINDENHOF HOTELZEITU NG

1. AUSGABE

SUITE

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FRÜH

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JA H 2015 R

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DER KÜCHEN-PASS

DER KÜNSTLER

DER SELBSTVERSUCH

DER WANDERSMANN

Ein Abend hinter den Kulissen eines Vier-Sterne-S-Hotels

Ein Star am Herd, der kein Starkoch sein will

Ein Mann will schöner werden – in der Kosmetikabteilung

Ein Bergbauernsohn macht Karriere im Lindenhof

Entscheidende ist. „Du bekommst keine zweite Chance“, erklärt er seinem Team.

NACH DEM TRAININGSLAGER IST DAS ZIEL KLAR

„WIR BLEIBEN IN DER CHAMPIONS LEAGUE…“ Wie sich das Lindenhof-Team auf die Saison vorbereitet hat – und warum der Hotelchef sagt: „Die Mitarbeiter sorgen für’s Dolce Vita“

Joachim Nischler ist ein Perfektionist. Das spüren seine Mitarbeiter vor allem in den Wochen vor der Saisoneröffnung. Da leitet er Schulungen, lädt Tourismusexperten ein, und da holt er sich auch schon mal die Experten von Life Kinetik ins Haus, die viele Spitzensportler wegen der mentalen Stärke zu Rate ziehen. Der deutsche Skistar Felix Neureuther zum Beispiel schwört darauf. In Naturns haben die Herren vor Zimmermädchen, Rezeptionisten, Köchen, Hausmeister und ServicePersonal in spielerischer Form erklärt, wie das Gedächtnis am effektivsten arbeitet. „Solche Themen sind auch für einen spannend, der schon 15 Jahre im Job ist“, sagt der ServiceLeiter Helmut Stieger. Nischler will seine 55 Mitarbeiter („Mein wichtigstes Kapital“) nicht nur fachbezogen weiter bilden. „Sie sollen bei uns auch Dinge lernen, die sie als Mensch weiter bringen“, sagt der Hotelchef, der alles versucht, um zufriedene Angestellte zu haben: Da ist das Teamhaus mit 25 großen Zimmern plus Balkon, da gibt es Vergünstigungen bei Einkäufen, und da darf jeder mit Begleitung auch die Gourmetküche oder das Frühstücksbuffet im Hotel genießen. „Auch ein Zimmermädchen sollte wissen, wie es bei uns beim Abendmenü zugeht“, sagt die für die Etage zuständige Geschäftsführerin Lorella Lorenza Longhitano, und ihr Partner Joachim Nischler sagt: „Wenn ich mich entscheiden muss, investiere ich lieber in die Mitarbeiter als ins Hotel. Sie tragen eindeutig zum Dolce Vita unserer Gäste bei.“

„Es wird Zeit, dass es wieder los geht“, sagt der Hotelchef Joachim Nischler – und auch seine 55 Mitarbeiter freuen sich auf den Startschuss am 15. März. In diesen Wochen haben sie Handbücher auswendig gelernt, Rollenspiele geübt, die Philosophie des Hauses in Fortbildungskursen verinnerlicht und dem Lindenhof den letzten Schliff gegeben. Das Team will dem Gast 2015 noch mehr bieten als im vergangenen Jahr. Und 2014 gab es schon als Lohn den HolidayCheck-Award für Wellness. Michaela Toll und Attila Tamas lassen sich das Hotel zeigen. „Unser Blütenwhirlpool ist neu. Hier haben wir jetzt 35 Grad, und Sie können immer und überall darin sitzen“, sagt Martin Gapp. Er spricht deutlich und sieht seiner Kollegin Michaela und dem Kollegen Attila dabei in die Augen. „Und welche Tem-

peratur hat das Schwimmbecken im Freien?“, fragt Attila süffisant lächelnd und wohl in der Hoffnung, seinen Gegenüber aus dem Konzept zu bringen. „28 Grad – und von morgens sieben bis abends um acht können Sie schwimmen“, antwortet Martin, der die Zwei an die Bar begleitet – zum Begrüßungsdrink.

Für sie haben Lorella und Joachim Handbücher geschrieben, die jährlich aktualisiert werden. Rezeption, Küche, Service, Beauty, Etage, Technik – alle bekommen spezifische Verhaltensregeln. Abteilungen werden einzeln und zusammen geschult – und jeder muss sich an die 13 Regeln halten, die darin gipfeln, dass „ihr euch bitte um Gäste kümmert, wenn ihr seht, sie machen kein glückliches Gesicht“. Selbst für einen alten Hasen wie Alex Panin, seit elf Jahren Chef de Rang, ist diese Vorbereitungszeit die entscheidende im Jahr. „Hier wird die Richtung vorgegeben, und jeder weiß, was wichtig ist. Und wichtig ist: bei uns gibt es keine Einzelspieler, sondern nur ein Team.

Es ist ein Rollenspiel von vielen, das zur Zeit im Hotel Lindenhof in Naturns geübt wird. Michaela und Attila aus dem Serviceteam waren die Gäste, die gerade eingetroffen sind, Martin von der Rezeption hat die Begrüßung übernommen. „Unsere Mitarbeiter sind die Botschafter des Hauses. Da muss jedes Wort und jeder Handgriff stimmen“, sagt der Hotelchef Joachim Nischler vor allem deshalb, weil auch in der Hotellerie der erste Eindruck der

Das Team wartet jetzt nur noch auf die Gäste. Die notwendigen Verschönerungsarbeiten sind abgeschlossen, die alten Mitarbeiter sind motiviert, die Neuen integriert – und die Zimmer bezugsfertig. „Es wird Zeit, dass es los geht“, sagt Joachim Nischler – und Helmut Stieger spricht nach dem Trainingslager für alle Kolleginnen und Kollegen. „Unser Saisonziel ist klar: wir wollen die Besten sein – und in der Champions League arbeiten!“

DAS SPORTPROGRAMM

FIT FITTER LINDENHOF 1 DIE BELLICON-WOCHE: Das Lindenhof-Team startet mit viel Schwung – und Schwung ist auch das Thema der Eröffnungswoche! Kennen Sie Bellicon? Bellicon ist ein sanftes Training – auf einem speziellen BelliconTrampolin. Manuel Eckardt, Geschäftsführer von pur-life.de, trainiert vom 15. bis 21. März mit den Gästen und gibt Tipps und Tricks für ein effektives Workout auf dem Trampolin.

2 DIE TRAIL-WEEK: Früher als anderswo können Sie als Lindenhof-Gäste die Trails mit Ihrem Mountainbike und mit absoluten Experten unsicher machen: „Ötzi Bike Cross Country Trail-Week“ findet vom 11. April bis 19. April statt. Die Guides der Ötzi Bike Academy und der Ex-Nationaltrainer der Schweizer Biker, Urs Graf, begleiten Sie auf den Touren durch die Südtiroler Berge.

3 DIE RENNRADWOCHE: Das Highlight für alle Rennradfahrer: die „Limited Edition“ mit Jan Ullrich. Der deutsche Tour de France-Sieger kommt vom 11. Juli bis 18. Juli in den Lindenhof - und Hotelchef Joachim Nischler bietet einer limitierten Teilnehmerzahl eine Rennradwoche mit seinem Freund Jan Ullrich an. Keine Sorge: auch mit 41 ist der Mann noch topfit.

Die Lindenhof-Rezeption erreichen Sie bis zum 14. März von Montag bis Samstag von acht Uhr bis 20 Uhr, von 15. März an sind wir täglich von sieben bis 22 Uhr für Sie erreichbar. Telefon: 0039 0473 666242 oder unter info@lindenhof.it


HAUSPOST

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DOPPELINTERVIEW

BRAUCHT EIN HOTEL EINE PHILOSOPHIE ODER GROSSE PORTIONEN? Nischler junior und Nischler senior reden über die Kunst, ein Hotel zur Zufriedenheit aller Gäste zu führen

Werner Nischler begrüßt auch mit 74 Jahren noch jeden Abend zusammen mit seiner Frau Doris die Gäste beim Abendessen. Früher leitete er ein Baugeschäft, das er 1997 verkaufte. Nischler senior hat den Lindenhof aufgebaut. „Eigentlich habe ich das Baugrundstück gekauft, um ein Privathaus zu bauen. Doch als hier im Vinschgau der Tourismus begann, haben wir uns anders entschieden“, sagt er.

Schon vor 20 Jahren hat Werner Nischler das Hotel Lindenhof seinem Sohn übergeben – und sich ins zweite Glied gestellt. „Es kann nur einen Chef geben“, sagt der 74-jährige Werner Nischler, und der 45-jährige Joachim Nischler sagt: „Wichtig ist für mich und unsere Gäste aber immer noch, dass wir ein Familienbetrieb sind.“ Ein Gespräch zwischen jung und alt. Werner: „Ein Gespräch für unsere Hotelzeitung? Eine Hotelzeitung. Was willst Du denn noch alles anfangen?“ Joachim: „Unsere Stammgäste müssen das ganze Jahr über informiert bleiben, sie sollen wissen, was im Lindenhof passiert, auch wenn sie nicht hier im Urlaub sind. Die Zeiten haben sich geändert. Kundenbindung nennt sich das, Papa.“ Werner: „Kundenbindung? Früher hat dafür eine große Portion auf dem Teller ausgereicht (lacht). Aber stell mich nicht immer als den ewig Gestrigen hin. Ich weiß, dass sich die Ansprüche der Gäste verändert haben, nicht nur, aber vor allem beim Essen. Und ich weiß schon, was Du geleistet hast.“ Joachim: „Das hört sich ja nach einem Kompliment an.“ Werner: „Na, ja. Man muss schon sagen, dass Du immer das Gespür dafür hast, was der Gast morgen will. Und vielleicht ergänzt sich das ja sogar. Ich bin der Alte und der Zeit hinterher, Du der Junge und der Zeit voraus – und deshalb stimmt’s immer in der Gegenwart. “ Joachim: „So jung bin ich auch nicht mehr ...“ Werner: „Es war schon richtig, Dir im Alter von 26 Jahren das Hotel zu übergeben. Wenn man jung ist, hat man eine Freude daran, was zu gestalten. Da kann man dann auch mal eine Hotelzeitung machen und sie ... wie nennen?“ Joachim: „Suite, Papa, einfach Suite.“ Werner: „Von mir aus. Einer muss der Chef sein und entscheiden. Ich finde es furchtbar, dass 80-Jährige heute noch glauben, Sie müssten ihre Firma leiten – obwohl der Sohn oder die Tochter schon 60 sind.“ Joachim: „Aber immer warst Du mit meinen Entscheidungen auch nicht glücklich.“

Joachim Nischler ist nicht nur leidenschaftlicher Hotelchef, sondern auch sehr engagiert in Sachen Tourismus in Naturns. Mit Lorella hat er zwei Töchter: Chiara, 20, und Emma, 18. „Mal sehen, ob sie später ins Hotel einsteigen“, sagt er. Nischler ist begeisterter Sportler und fährt heute vor allem Rad. Außerdem engagiert er sich in der Fußballszene: Er besitzt Anteile am Drittligisten FC Südtirol.

Werner: „Das stimmt nicht. Schwer war es für mich nur 2003/2004, als Du komplett umgebaut und vieles vom Alten abgerissen hast. Das war ein harter Winter für mich, ich wollte es eigentlich gar nicht sehen und bin damals bewusst oft nicht in Naturns gewesen.“ Joachim: „Und nachher warst Du der Erste, der mir gratuliert hat. Das werde ich nicht vergessen, wie Du damals zum ersten Mal ins umgebaute, moderne Hotel gekommen bist und begeistert warst.“ Werner: „Es hat mir wirklich gefallen. Und ich fand es gut von Dir, dass Du alles mit Leuten aus der Gegend gebaut hast, dass Du sogar auf die Materialien geachtet hast: Holz aus Naturns, Schiefer, Granit von hier. Einem alten Bauunternehmer hat das gut getan – und ich hab mir gedacht: Der Junge hat doch was von mir gelernt.“ Joachim: „Du weißt, dass ich einiges von Dir gelernt habe. Trotzdem hat mich dieser Umbau auch manche schlaflose Nacht gekostet. “ Werner: „Das ist mir klar gewesen. Ganz ehrlich: ich möchte mit Dir auch nicht tauschen. Ich weiß, was das bedeutet – Hotelchef zu sein, 55 Mitarbeiter zu führen, sich mit den Behörden rumzuschlagen und es allen Gästen recht machen zu wollen. Das ist verdammt arbeitsin-

Joachim (links) und sein Vater Werner: „Der Junge hat doch was von mir gelernt...“

tensiv. Für Dich und Deine Frau. Das Familienleben leidet unter solch einem Arbeitspensum.“ Joachim: „Es gibt nichts Spannenderes, als ein Hotel zu führen. Das brauche ich Dir nicht zu sagen. Du hast doch sogar neben Deinem Baugeschäft den Lindenhof aufgebaut. Tagsüber Baugeschäft, morgens und abends Hotel.“ Werner: „Da hatten wir 25 Zimmer, das kannst Du nicht vergleichen mit Deinem Luxushotel, in das Du immer weiter investierst. Ich weiß ja, dass Du Dir immer Gedanken machst, wenn mal ein Gast nicht ganz zufrieden ist.“ Joachim: „Es ist auch Dein Hotel. Für mich und die Gäste ist es wichtig, dass wir ein Familienbetrieb sind. Du hast angefangen zu investieren – und Du bist heute noch ein wichtiger Teil. Du begrüßt abends unsere Gäste ...“ Werner: „... und sage ihnen das, was Du willst. Joachim: „... leider sagst Du ihnen das nicht immer. Du erzählst ihnen meistens das, was Du willst. Obwohl wir eine klare Philosophie haben, wie wir was erklären.“ Werner: „Du und Deine Philosophie.“ Joachim: „Die ist wichtig. Ein Hotel braucht eine Philosophie. Wir haben sie ganz bewusst zusammen mit Experten erarbeitet. Wir wollen alle hier für unsere Gäste das Dolce Vita leben. Sie sollen bei uns entschleunigen, genießen, sich verwöhnen lassen. Und deshalb müssen wir diese Philosophie auch alle umsetzen, die ganze Familie und die Mitarbeiter. Nur dann spüren sie die Gäste.“ Werner: „Ich bin nur alt, nicht blöd. Ich habe das schon verstanden. Und ich finde das ja auch super, wie Du Deine Mitarbeiter schulst, wie Du die Handbücher schreibst, was sie zu tun und zu lassen haben und wie Du dafür sorgst, dass wir mit einem einheitlichen Bild vor den Gästen auftreten. Dass die Gäste spüren, hier wollen alle, dass es uns gut geht. Das ist heutzutage wichtig.“ Joachim: „Und das aus Deinem Mund ...“ Werner: „Einmal in 25 Jahren kann ich Dich auch loben. Vielleicht streiche ich es wieder raus, wenn ich es dann schwarz auf weiß in Deiner neuen Hotelzeitung lese. Wie heißt die noch mal?“


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REPORTAGE

Lorella hat alles im Blick – und sorgt dafür, dass Tisch 32 die Ente in drei Minuten bekommt

Es ist 20.15 Uhr. Absolute Primetime. Acht Servicekräfte rennen rein (mit schmutzigem Geschirr) und raus (mit dem besten Gourmetessen), sechs Köche schwitzen und haben keine Zeit, auch nur ein Wort zu reden – und der große Zettel von Lorella ist weit über die Hälfte gefüllt. Die ersten Tische sind durchgestrichen, was bedeutet: Essen vollständig serviert. „Beim Umbau der Küche haben wir uns dieses System überlegt“, erzählt Lorella. Von der Schiebetür in die „öffentliche Welt“ führt ein langer Gang nach hinten. Nach fünf Metern kommt der Platz von Lorella, drei Meter weiter ist die Spüle. Auf der anderen Seite des Ganges führen vier Bahnen nach vorne – zu der Ablage mit den Wärmelampen. Auf Bahn 1 arbeitet der Suppenkoch, auf Bahn 2 werden die warmen Vorspeisen zubereitet. Auf Linie 3 sind die Souschefs bei der Arbeit, die sich um die Hauptspeisen kümmern. Und durch eine Wand abgetrennt hat der Patissier sein eigenes Reich. LORELLAS GANG

„TISCH 18 MÖCHTE LIEBER EINE LEBERKNÖDELSUPPE“ Ein Blick hinter die Kulissen: Wie der ganz normale Wahnsinn bei einem ganz normalen Abendessen am „Pass“ in der Küche funktioniert

Während die Gäste in einem der drei Speiseräume im Hotel Lindenhof in aller Ruhe und Entspanntheit Wein und Essen auswählen, beginnt in der Küche der größte Stress des Tages. Nur mit einer ausgeklügelten Logistik lässt sich hier auf knapp 250 Quadratmetern die Zeit zwischen 19 und 22 Uhr meistern. 600 Teller für 120 Gäste gehen in weniger als drei Stunden über den sogenannten „Pass“. Und im Mittelpunkt steht die Hotelchefin. „Zwei Suppen, einen Drink für Tisch 14“, sagt Jan zu Lorella – und die Hotelchefin notiert auf einem vorbereiteten großen Blatt Papier, das an der Wand hängt, die erste Bestellung des Abends. Es ist 19.15 Uhr. Der ganz normale Wahnsinn beginnt in der knapp 250 Quadratmeter großen Küche im Hotel Lindenhof. Wie an sechs anderen Tagen in der Woche steht Lorella Lorenza Longhitano am sogenannten „Pass“, der Küche und Service verbindet. Sie ist die Einzige, die mit den sechs Köchen in den nächsten Stunden kommunizieren wird, jede Bestellung läuft über sie, jede Essensausgabe wird von ihr im „Pass“ gesteuert und kontrolliert. „Ich mag mir gar nicht vorstellen, was das für ein Zirkus wäre, wenn jeder Ober seine Bestellung direkt beim Koch ordern würde“, sagt die Frau, die am Abend wohl den anstrengendsten Job hat, auch wenn diese knapp drei Stunden von allen Beteiligten höchste Disziplin erfordern. „Tisch 18 möchte lieber eine Leberknödelsuppe – und zwei Mal Wellnessdrink“, ruft ihr Kellnerin Lea zu – und Lorella wischt noch einmal über die Teller mit den zwei Schaumsüppchen von Rosmarin und Parmesan, die seit vielleicht zehn Sekunden unter den fünf großen Wärmelampen warten. „Die zwei Suppen an Tisch 32“, sagt sie – und Lea nimmt sie sofort mit. Es ist 19.45 Uhr. Vor der Schiebetür stehen immer mehr Gäste am Salatbuffet – und im Meran-Speisesaal überlegt

Der „Pass“ in der Küche: die Hotelchefin steuert den Service und die Köche – „was wäre das sonst für ein Zirkus?“

Frau Glaser an Tisch 12, ob sie jetzt nach dem Wellnessdrink aus Buttermilch und Passionsfrucht als warme Vorspeise lieber die Paarlbrotpappardelle mit einem Ragout von der Spanferkelkeule und einem leichten Kümmelschaum oder den gebackenen Ziegenfrischkäseknödel auf einem Kürbischutney und frischen Feigen bestellen soll. „Der Gast kann sich bei uns von Gang zu Gang entscheiden“, sagt Lorella und weiß: Für die da draußen ist das sehr angenehm, für die hier drinnen verursacht es erschwerte Bedingungen. „Zweimal Pappardelle für Tisch 12“, sagt Helmut im Vorbeigehen in Richtung Spülraum, wo er das schmutzige Geschirr abstellt. Lorella lässt Helmut noch kurz auf die nächste Servicekraft warten, damit die sieben Hauptspeisen an Tisch 44 in der Stube gleichzeitig serviert werden können. „Manchmal verstehen Gäste nicht, warum nicht immer der gleiche Kellner zu ihnen an den Tisch kommt. Aber das ist bei unserem System mit der Wahl von Gang zu Gang gar nicht anders möglich“, sagt der Service-Leiter Helmut Stieger.

„Zweimal Ente und einmal Zander für Tisch 32. Aber erst in 15 Minuten“, sagt Monika – und man merkt allen an, dass sie wohl nur noch draußen in den Speiseräumen bei den Gästen die Kraft zum Lächeln haben. Es ist 20.45 Uhr. Lorella sagt, sie habe das schon im Gespür mit den zehn oder 15 Minuten Wartezeiten und streicht Tisch 5 durch, nachdem Lea das Dessert durch die Schiebetür jongliert. Seit acht Uhr heute Morgen arbeiten die Köche. Bis zur Pause um 13.30 Uhr hatten sie den Großteil des Menüs vorbereitet und eine Etage tiefer im „Magazin“ in Gefrier- und Trockenfächern gelagert. „Während der Essensausgabe sollte jeder von uns nicht mehr als zehn Handgriffe machen müssen, sonst wird’s eng“, sagt der Chefkoch Andreas Pircher. Die Pappardelle liegt portionsweise gebündelt vor dem sprudelnden Wassertopf, 40 fertig gegarte Entenbrüstchen warten im 40 Grad warmen Ofen auf die Erlösung, Sauce und Beilage stehen in einem ausgeklügelten System auf Bahn 2 und 3. „Wir haben unsere Erfahrungswerte, wie viele Entenbrüstchen wir brauchen werden. Und wenn die dann mal eine knappe Stunde im Wärmeofen sind, schmecken die wie komplett frisch zubereitet“, sagt Pircher. Es ist 21.30 Uhr. „Dreimal Ente für Tisch 11, einmal Zander“, sagt Jennifer – und zum ersten Mal herrscht wieder ein Lächeln zwischen der „Pass“-Frau Lorella und dem Chefkoch Andreas. Vier Mal Ente hätte nicht gereicht. „Wir hatten geglaubt, dass die Kinder wie üblich Wiener Schnitzel bestellen. Aber heute haben sie fast alle Ente gegessen“, sagt Lorella. Die braunen Augen der Italienerin, die einen sonst so feurig anschauen, blicken müde in die Runde. Langsam ist der Tag gemeistert, die ersten drei Bahnen werden geputzt, nur der Patissier Josef Martin hat noch ein paar Portionen und Handgriffe vor sich. Und Lorella sucht noch einen Ober, der das Dessert an Tisch 24 bringt. „Durch den Pass ist auch diese Rivalität raus, die doch früher oft in den Küchen zwischen Service- und Kochteam herrschte“, sagt Lorella. Jan kommt und holt das letzte Dessert bei Josef Martin ab, der schon verzweifelt auf jemanden vom Service gewartet hat. „Ich könnte auch Koch sein“, sagt Jan augenzwinkernd zu Josef Martin – und der antwortet. „Zu mir hat man früher gesagt: Lern erst mal Koch, Kellner kannst du immer noch werden.“ Es ist kurz nach 22 Uhr. Service und Küche melden sich wieder zurück ins Leben. Lorella Lorenza Longhitano hat ihren Partner Joachim Nischler in Corvara im Sternelokal „La stüa de Michel“ kennengelernt. Seit 22 Jahren lebt sie jetzt in Naturns und ist im Lindenhof für die Bereiche Etage, Beauty und für den „Pass“ in der Küche zuständig. Aufgewachsen ist die Italienerin in dem Quartiere Baggio, in dem auch das San Siro-Stadion von Inter Mailand beheimatet ist – und zwar in der Via Val Senales. Der Schnalstalstraße. Wenn das keine Vorbestimmung war…


GOURMET

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CHEFKOCH ANDREAS PIRCHER

EIN KÜNSTLER AM HERD Das Berufsbild in der Küche hat sich im Laufe der Jahre verändert: „Heute wollen die Gäste kreative Abwechslung und frische Zutaten“ Angefangen hat Andreas Pircher mit 14, als Lehrling in einer großen Küche. Heute ist er 39 und Chefkoch im Hotel Lindenhof, dem von allen Gästen beim abendlichen Dinner GourmetNiveau bescheinigt wird. „Früher musstest du in kürzester Zeit große Portionen machen, heute arbeitest du kreativ an verschiedenen Gerichten“, sagt Pircher und wundert sich selbst, wie sich doch in relativ kurzer Zeit das Essverhalten der Menschen geändert hat. Der Mann ist fertig. Fix und fertig. Das sieht man ihm auf den ersten Blick an. Von acht bis 13.30 Uhr und von 17 Uhr bis jetzt hat er gearbeitet, dabei die letzten drei Stunden während des Abendmenüs unter absoluter Hochspannung. Es ist halb elf, und er bestellt sich noch ein Bier. „Und was wollen Sie jetzt von mir wissen?“, fragt er leise – und es klingt so müde, dass es dem Fragesteller sofort ein schlechtes Gewissen suggeriert. Andreas Pircher ist keiner der Gourmetköche, die die Öffentlichkeit lieben, die sich und ihre Künste zur Show stellen. Die allen und jedem, ob sie es wissen wollen oder nicht, das Geheimnis ihrer einzigartigen Rezepte entgegenschleudern. Die keinem Journalisten aus dem Weg gehen und jede Kamera schon aus einem Kilometer Entfernung entdecken. Pircher ist zweifellos ein Gourmetkoch. Aber Pircher will kein Starkoch sein. „Wir machen das im Team“, sagt er so bescheiden wie er ist und winkt schnell seinen Stellvertreter Benny Perk-

mann heran. Doch auch der will nur nach Hause, kein Interview geben. Es war ein Stresstag – wie jeder Tag in der Saison – und normalerweise fährt auch Andreas Pircher um diese Zeit so rasch wie möglich zu seiner Frau nach Plaus. Noch ein bisschen abschalten, dann schlafen. Um acht Uhr am anderen Morgen geht es weiter. Und doch: was im Laufe des Gesprächs passiert, wundert selbst einen erfahrenen Journalisten. Der abgeschaffte Mann, der am liebsten schon seit einer halben Stunde zu Hause vor dem Fernseher schlafen würde, wird hellwach, erzählt mit einer aufgeweckten Stimme, schwärmt mit blitzenden Augen, deutet mit schnellen Handbewegungen. Wir reden über Essen, über Köche, über Küche – es ist sein Thema, zu jeder Stunde. Und wahrscheinlich könnte man morgens um vier an seinem Bett rütteln, und Andreas Pircher würde sofort erzählen, warum er zum Entenbrüstchen Portweinsauce serviert und welche Zutaten er verwenden will. Die Küche ist sein Leben. Seit er 14 Jahre alt war. Obwohl er es damals noch nicht wusste. „Ich hätte am liebsten wieder hingeschmissen. Aber ich hatte ja keine Alternative“, sagt er. Er wollte nur eines – aus der Schule raus. Weil dem Onkel das „Rössl“ in Rabland gehörte und er einen Lehrling für die Küche suchte, war Andreas’ Weg programmiert. Er schuftete von halb neun morgens bis um vier mittags und von fünf Uhr nachmittags bis um elf Uhr nachts. 300 Portionen galt es zu machen, mittags und abends. „Ich war nur noch ein Strich in der Landschaft und bin sogar mal zusammengebrochen“, erzählt er.

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Es war eine andere Zeit. Der Chefkoch brüllte die Köche an, die Köche die Lehrlinge – und wenn der Chefkoch nicht da war, um mit Tellern zu werfen, warfen die Köche mit Messern. So rau wie in der Küche damals waren die Sitten nirgendwo anders. „Heute würden einen Tag später die Eltern der Lehrlinge bei mir stehen, wenn es noch so zugehen würde“, sagt Andreas Pircher. Doch: ob es einfacher geworden ist, in der Küche zu arbeiten, will er nicht sagen. „Damals gab es natürlich nur Bratkartoffeln, Reis oder Nudeln zum Fleisch, und die einzige Abwechslung war Rahm-, Paprika- oder schwarze Sauce. Heute müssen wir kreativer sein, haben aber auch die besseren Hilfsmittel.“ Mit einem Nadelstich kann er zum Beispiel feststellen, ob das Fleisch auf den Punkt ist, mit dem Pacojet kann er Tiefgefrorenes pürieren, ohne die vitalen Nährstoffe oder die intensiven Aromen zu verlieren. Das ist heute wichtig, weil in kürzester Zeit verschiedene Gerichte zum Gast sollen. „Die Leute wollen keine großen Portionen mehr am Abend, sie wollen vor allem Abwechslung, den besonderen Geschmack und frische Zutaten“, sagt Andreas Pircher, dem diese Art der Küche wesentlich mehr Spaß macht als die von früher. Hier ist der Künstler gefragt, weniger der Koch. Zusammen mit Benny Perkmann arbeitet Pircher zweimal in der Woche den Speiseplan aus. „Wir schauen uns die Angebote der Lieferanten an und lassen uns dann inspirieren.“ So achten die beiden auch darauf, dass sich zumindest die Zutaten oder Beilagen zu den Gerichten im Laufe der neun

Lagebesprechung: Pircher (links) und Perkmann tüfteln am Speiseplan der nächsten Woche


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EIN PIRCHER-REZEPT

GAST-ANSICHTEN

BOCKSHORNTORTELLONI GEFÜLLT MIT VINSCHGER BERGKÄSE, DAZU KÜRBISCREME

ICH KLAGE AN

Nudelteig: 125g Weizenmehl 125g Hartweizenmehl 50g Bockshornmehl (evtl. durch Sieb abseihen) 150g Eier (ca. 3 Stück) 1 Tl. Olivenöl „Der Star ist das Team“, sagt der Küchenchef Andreas Pircher (rechts) – und testet zusammen mit seinem Stellvertreter Benny Perkmann die neuesten Gerichte

Monate immer verändern. „Das sind wir schon unserer eigenen Ehre schuldig, nicht alle drei Wochen die gleichen Menüs auf den Speiseplan zu schreiben“, sagt der Chef über elf Köche. Schon beim Erzählen merkt man ihm an, wie er sich auf den nächsten Tag freut. Sie haben heute Süßkartoffeln bestellt und wollen morgen kreativ an einer neuen Suppe arbeiten. Mango, rote Zwiebeln, Chilly – weiß der Teufel noch was der Mann alles aufzählt, was er da probieren will. Und das Erstaunliche daran: die beiden KünstlerKöche brauchen das Gericht gar nicht auf dem Ofen zu machen und nachher zu testen, schon beim Aufschreiben der weiteren Zutaten können sich Perkmann und Pircher vorstellen, wie es fertig schmeckt. Das sei wichtig, sagt Pircher, und es zeichne einen guten Koch auch aus. Jetzt ist der Journalist müde, aber Andreas Pircher in seinem Element. Von den Diätkursen berichtet er, die er demnächst besuchen wird, weil auch diese Art des Kochens immer wichtiger wird, von der Zeit zwischen den Jahren, in denen er sich noch intensiver darum kümmern kann, was die Konkurrenz so macht. „Es ist wichtig, auf dem Laufenden zu sein.“ Deshalb sitzt er auch abends zu Haus am Computer, wenn Frau und Kinder schon längst schlafen, und schaut, was die anderen so auf Facebook posten oder was es Neues in der Kochszene gibt. Das Bier ist alle – und die private Frage, was er denn sonst so treibe, holt den Mann urplötzlich wieder in die Müdigkeit zurück. Früher habe er viel Sport in seiner Freizeit getrieben, aber heute würden ihn natürlich seine zwei Kinder fordern. Und welche Fernsehsendungen sieht er? Am liebsten Reportagen. Spiegel TV und so. Er schaut auf die Uhr. Soll doch Witzigmann von seinem Privatleben erzählen, Andreas Pircher muss jetzt ins Bett. Andreas Pircher ist seit 1997 im Hotel Lindenhof, seit zehn Jahren als Chefkoch. Gelernt hat er im „Rössl“ in Rabland und auf der Landesberufsfachschule Savoy in Meran. Bevor er in den Lindenhof kam, arbeitete er im Romantikhotel „La Perla“ in Corvara. Pircher lebt in Plaus, ist 39 Jahre, verheiratet und hat zwei Kinder: Raphael (5) und Josef (4).

Käsefülle: 125ml Milch 125ml Sahne 100g Vinschger Bergkäse, gehobelt 10g Butter 10g Weizenmehl Salz, Pfeffer Kürbispüree: 500g Kürbis, geputzt und klein geschnitten Salz, Pfeffer 50g Butter Zubereitung Nudelteig: Alle Zutaten in einer Schüssel verrühren, auf den Tisch geben und zu einem glatten Teig kneten. In Klarsichtfolie einpacken und eine halbe Stunde ruhen lassen. Zubereitung Käsefülle: Mit Mehl und Butter eine Mehlschwitze herstellen. Die Milch und die Sahne in einem Topf erhitzen und würzen. Einmal aufkochen und in den Topf mit der Mehlschwitze schütten. Unter ständigem Rühren ca. 5 Min. kochen lassen. Den gehobelten Bergkäse dazugeben, gut vermengen und auskühlen lassen (ca. 3-4 Stunden). Zubereitung Kürbispüree: Den geputzten und geschnittenen Kürbis mit Salz und Pfeffer abschmecken, die geschmolzene Butter dazugeben und vakuumieren. In einen Dampfgarer geben und ca. 30-40 Min. dämpfen, bis der Kürbis weich ist. Noch heiß und evtl. mit etwas Flüssigkeit (vom Vakuumsack) aufmixen und abschmecken. Sie können den geschnittenen Kürbis auch in einen Topf mit Butter anziehen, würzen, mit ein wenig Gemüsebrühe (oder Wasser) aufgießen und zugedeckt weichgaren. (Ohne Vakuumiergerät). Fertigstellung: Den Nudelteig mit der Nudelmaschine dünn ausrollen und mit einem Ausstecher rund ausstechen. Den halben Teig mit Wasser bestreichen und in der Mitte die kalte Fülle mit einem Spritzsack daraufgeben. Das Nudelblatt zusammen klappen und gut andrücken. Die beiden Teigenden zusammendrücken und einen Raviolo formen. Die Tortelloni in Salzwasser bissfest kochen und mit heißer Butter und Parmesan abschmelzen. Das Kürbispüree auf einem Teller aufstreichen und die Tortelloni darauf anrichten.

GOURMET

Der Mann ist gefährlich. Aber Sie merken es nicht. Meist lächelt er. Nicht aufgesetzt. Freundlich. Wie in der ColgateWerbung. Er hat grüngraue Augen der Marke „ich-kannkeiner-Fliege-was-zuleide-tun“. Sie strahlen dich an. Er gibt sich zurückhaltend, abwartend, freundlich. Keinesfalls aufdringlich. Er ist wahrscheinlich ein Frauentyp. Auch einer, auf den die Schwiegermutter steht. Und doch. Ich klage an. Name: Josef Martin Alter: 51 Familienstand: ledig Derzeitiger Aufenthaltsort: Hotel Lindenhof, Naturns Ich gestehe: ich bin ein Martin-Opfer. Und ich finde, es ist höchste Zeit, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Denn der Kampf, der sich jeden Tag in diesem Hotel mit diesem Josef Martin abspielt, ist ein verzweifelter. Einer, der einem letztendlich keine Chance lässt und jede Hoffnung auf die eigene Willensstärke raubt. In seiner ihm eigenen subtilen Art gewinnt der Mann wohl jede Auseinandersetzung, sein Gegenüber ist ihm stets machtlos ausgeliefert. Jeden Tag hatte ich bis gegen 20.30 Uhr das Gefühl, das Duell mit Martin gewinnen zu können. Jeden Tag so gegen 20.30 Uhr hatte ich es verloren. Mandelcrostata mit Honignüssen und Mascarpone-Feigenvariegato, Herbstfrüchte gratiniert, dazu Ribessorbet auf Moscatogranité, Schokoladensüppchen mit weißem Mousse und Mandelcroûtons, Ziegenricotta-Küchlein an Torroneparfait und Kumquatskompott – wie soll einer bei diesem vorsätzlich-süßen Bombardement seinem Ziel treu bleiben, heute bestimmt mal kein Dessert zu essen? Zumal man als Gast spätestens nach dem zweiten Dessert weiß, dass dieser Josef Martin in unverantwortlicher Weise genau auf die Geschmacksnerven seiner Kundschaft zielt – und sie auch noch trifft wie kein anderer Patissier. Das ist Vorsatz. Übler Vorsatz. Wenn er sich donnerstags beim Dessert-Buffet auch noch den Gästen zum direkten Zweikampf stellt, lächelt er, als könne er kein Stückchen Kuchen versüßen. Er lässt die anderen angesichts des wahnsinnigen Angebots über Kalorien witzeln, was man immer nur in höchster Verzweiflung tut und wohlwissend, dass dieser Windbeutel wieder das nächste Gürtelloch bedeutet – und er tut so, als könne er das Wort Gewichtszunahme nicht mal buchstabieren. „Wenn Sie sich morgen bewegen, ist das wieder weg“, sagt der Hotelchef, der Martin so in unverantwortlicher Weise auch noch verteidigt. Ja, und wenn ich mich nicht bewege? Und um 20.30 Uhr den Kampf wieder verliere? Es gibt keine Waage in den Zimmern im Lindenhof. Aus gutem Grund. So fehlen mir die letzten Beweise gegen Josef Martin. Aber wissen Sie, was das Schlimmste ist: Der Mann ist schlank. Richtig schlank. Und ich? Ich hole mir noch ein Stückchen von dieser Irish-Coffee-Torte – und ziehe die Anklage zurück. Und die alte Jeans halt nicht mehr an.

In unserer nächsten SUITE-Ausgabe werden wir Ihnen den Patissier Josef Martin und seine Kunst vorstellen.


GOURMET

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ESSEN IM URLAUB

HUNGERS STERNEJAGD IN SÜDTIROL Ein deutsches Gastronomen-Ehepaar über die Küche und die Lebensmittel in und um Naturns: „Ein unglaubliches Niveau“

Lea serviert die Hauptspeise an Tisch 14 im Lindenhof. „Ein rosa Steak vom Rindszwischenrippenstück mit Lagrein-Sauce und Romanesco-Gemüse. „Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit“, sagt die Kellnerin – und Ingrid Hunger, die in ihrem Restaurant „Am Ödenturm“ in Cham selbst in der Küche steht und vom Michelin schon mit dem Bib-Gourmand gewürdigt worden ist, macht sofort den Experten-Schnelltest. „Ich fasse es nicht. Wie man jeden Tage bei mindestens 130 Essen das Fleisch auf den Punkt gebraten hin bringt...“ Das Gastronomen-Ehepaar Ingrid und Ernst Hunger macht seit 30 Jahren Urlaub in Südtirol. Nur die Prioritäten haben sich mit den Jahren verschoben. „Früher sind wir wegen des beständigen Wetters gekommen, heute kommen wir wegen der überragenden Küche“, sagt Ernst Hunger. Mit seiner Frau lässt er es sich abends im Hotel-Restaurant schmecken („Ein unglaubliches Niveau“), mittags sind die zwei gerne in den Sternerestaurants der Umgebung. „Die Dichte an guten Restaurants ist gewaltig“, sagt Hunger. Tatsächlich sind im neuen Michelin-Gourmetführer noch einmal zwei Sternerestaurants zu den bisherigen 18 dazugekommen: das Gourmetrestaurant Alpes in Bad Schörgau und das Restaurant Tilia in Toblach. „Wahnsinn“, findet Hunger. „Und in Deutschland gibt’s ja auch etliche Sterneköche aus Südtirol.“ Die Hunger-Experten aus Deutschland glauben, dass es dafür drei Gründe gibt: Erstens. „Für die Südtiroler sind Lebensmittel wertiger als sie es bei uns sind“, sagt Ernst Hunger. Er führt Familie Hunger im Hotel Lindenhof: drei Gründe, warum die Qualität des Essens in Südtirol besonders hoch ist das auch darauf zurück, dass hier immer noch viele Menschen ihre Nahrungsmittel selbst produzieren – und dadurch auch andere lernen, welche Arbeit hinter guter Qualität steckt. „Ich glaube nicht, dass hier so viele Menschen Fleisch im Supermarkt kaufen wie bei uns“, sagt Ingrid Hunger. Ihr Mann weiß, dass in Deutschland lieber in einen BMW oder Audi investiert wird und weniger in ein gutes Essen. Zweitens. „Wo Wein angebaut wird, genießt man auch das Essen mehr“, sagt der Gastronom. Tatsächlich ist Südtirol für seine Weine bekannt – und tatsächlich bestellen sich die meisten Gäste zum Südtiroler Essen auch Südtiroler Wein. Ingrid Hunger: „Das passt einfach zusammen.“ Drittens. „Die jungen Köche in Südtirol sind ehrgeiziger und hungriger als unsere“, sagt Ernst Hunger, dessen Sohn selbst unter anderem auch bei Sternekoch Christian Jürgens gearbeitet hat. Heute steht er im „Ödenturm“ in Cham am Herd. Hunger glaubt, dass in den Tälern von Südtirol viele junge Menschen in der Gastronomie landen – und wissen, dass sie vor allem in der Küche Ruhm ernten können. Andreas Pircher vom Lindenhof ist für die Hungers so einer, der ganz Großes leistet. „Heute Mittag waren wir bei Sternekoch Hintner in Eppan“, erzählt das Ehepaar am Abend, während Lea das Dessert im Lindenhof serviert. „Jetzt haben wir noch einen glacierten Südtiroler Apfel in Honigsauce mit selbstgemachtem Vanilleeis“, sagt sie. Ernst Hunger schnauft einmal tief durch. „Pullover und Hosen kann man sich ja auch in Südtirol in jeder Größe kaufen“, sagt er.

EINE LISTE ALLER STERNELOKALE IN SÜDTIROL FINDEN SIE UNTER WWW.LINDENHOF.IT/BLOG

EINKAUFTIPPS

WAS BENNY PERKMANN EMPFIEHLT PUR SÜDTIROL Sommelier Günther Hölzl und Marketingexperte Ulrich Wallnöfer haben eines gemeinsam: beide lieben gutes Essen und erstklassige Produkte aus der Region. Deshalb haben sie den Genussmarkt „PUR“ in Meran eröffnet, wo Bauern aus ganz Südtirol ihre Produkte zu fairen Preisen anbieten können. „Das Konzept überzeugt mich“, sagt Lindenhof-Koch Benny Perkmann. 90 Bauern verkaufen hier ihre Produkte von Milch, Käse über Wurst, Speck und Obst, Wein bis zur Kosmetik. Man muss nicht mehr von Bauernhof zu Bauernhof fahren, um beste und frische Qualität einzukaufen. „PUR Südtirol“ im Meraner Kurhaus bietet alles unter einem Dach - sogar ein Bistro, in dem man alles probieren kann.

SENNEREI ALGUND Die Sennerei in Algund wird täglich von 73 Bergbauern aus Algund, Partschins und Naturns mit frischer Milch beliefert. Die Kühe weiden auf saftigen Wiesen fernab vom Straßenverkehr, was natürlich die Logistik nicht einfach macht. Aber Benny Perkmann ist überzeugt: „Man schmeckt den Unterschied in der Milch.“ Die saubere Umwelt in den Alpen zusammen mit der natürlichen Produktion der Milch liefern ein gesundes und naturreines Ausgangsprodukt. In der Sennerei wird die Milch dann zu Quark, Käse, Joghurt und Butter weiter verarbeitet, und schließlich landen die Produkte unter anderen in den Regalen von PUR Südtirol. Auch auf den Einkaufslisten der LindenhofKöche stehen Produkte der Algunder Sennerei.

KRÄUTERSCHLÖSSL IN GOLDRAIN Wer schon mal durch den Vinschgau gefahren ist, hat sicherlich bei der Ortschaft Goldrain das sonnengelbe Schlösschen entdeckt, das „Kräuterschlössl“. Rund um das Schloss liegen Kräuter- und Blumenfelder. Es ist der ganze Stolz der Familie Gluderer, die die angepflanzten Kräuter in Eigenarbeit zu Qualitätsprodukten veredelt. KräuterTeemischungen, Heilsalben, Kosmetikprodukte und Nudeln kann man bei den Gluderers in Goldrain kaufen. „Biologisch einwandfrei“, sagt Benny Perkmann, der auch öfters bei der Familie vorbeischaut. Und einkauft.

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WEINVERKOSTUNG

DARF’S EIN ROTWEIN ZUM FISCH SEIN? Auch Sommeliers wie Alex Panin lernen immer dazu – und so weiß er: Auf die Zutaten des Essens kommt es an Schon für Wolfgang von Goethe stand fest: „Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“, schrieb er so gegen 1810. Und vielleicht hat der große deutsche Dichter dazu beigetragen, dass es inzwischen Menschen wie Alex Panin gibt. Der Chef de Rang im Hotel Lindenhof ist gelernter Sommelier und sorgt dafür, dass die Gäste jeden Abend den richtigen Wein zum richtigen Essen bekommen. Alex Panin ist alles andere als ein Alkoholiker – und trotzdem hatte er vor allem einen Grund, 2003 in den Lindenhof zu wechseln: den Wein. „Zusammen mit Helmut Stieger habe ich 2002 den letzten Kurs zum Sommelier gemacht – und bei ihm habe ich gemerkt, dass sein Hotelchef viel mehr Wert auf gute Weine und auf beste Weinkenntnis legt als meiner“, sagt Panin. Jetzt ist er seit gut zehn Jahren „Chef de Rang“ bei Joachim Nischler. Der 44-jährige Panin war schon immer Weinliebhaber – obwohl er selbst nicht so viel trinkt wie seine Gäste („Im Jahr verkaufen wir schon so 15.000 Flaschen“). Aber: er interessiert sich vor allem für die Philosophie der verschiedenen Weine, für die Herkunft, für die Charakteristik. Er interessiert sich dafür, warum der eine Wein gut zu einem gedünsteten Fisch passt und der andere besser zu einem gegrillten. „Früher wären wir bei der Prüfung durchgefallen, wenn wir behauptet hätten, dass man auch einen Rotwein zum Fisch trinken kann“, sagt Panin, der die Entwicklung sehr spannend findet. Denn heute lässt man sich vom Koch vor allem die Zutaten zu den Gerichten notieren – und entscheidet dann, welche Weinempfehlung es zu welchem Gang im Lindenhof gibt. Und das kann dann durchaus auch mal ein Weißwein zum Fleisch sein. „Wichtig ist, dass der Wein nicht zu dominant ist gegenüber den Zutaten“, sagt Panin. Mit Joachim Nischler, Helmut Stieger und Alex Panin gibt es im Lindenhof gleich drei Herren des Weinkellers. Immer wieder lädt zum Beispiel ServiceChef Stieger Gäste zur Verkostung der Weine ein – und erklärt Interessierten alles über Südtiroler Rebsorten. Denn obwohl es im Hotel das Beste aus Italien, Frankreich und Deutschland gibt und mehr als 600 Etiketten auf der großen Karte stehen, entscheiden sich 80 Prozent der Gäste immer für den Wein aus der Gegend. „Das freut uns sehr, weil es zeigt, dass die Südtiroler Weine inzwischen mithalten können“, sagt Alex Panin. Dabei geht es mit dem Weinbau in Südtirol erst langsam wieder voran, nachdem die meisten Bauern jahrzehntelang mehr auf die Apfelernte als auf Rebsorten gesetzt haben. Im Moment gibt es pro Saison 5.300 Hektoliter Wein aus Südtirol. Zum Vergleich: Apulien produziert 400.000 Hektoliter.

Alex Panin ist ausgebildeter Sommelier. Seit über zehn Jahren berät er die Gäste in Sachen Wein. Als Chef de Rang führt er die Kellner und Kellnerinnen und ist direkt dem Service-Leiter unterstellt. Panin ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat einen Sohn (Jonas/20) und drei Töchter (Chiara/13, Lucia/9 und Emilia/4). Der Weinkeller im Lindenhof ist 80 Quadratmeter groß. Hier lagern bis zu 15.000 Flaschen, der Wert beläuft sich wohl auf eine halbe Million Euro.

Vernatsch ist die Rebsorte, die in Südtirol am meisten angebaut wird, aber Alex empfiehlt durchaus auch die anderen Trauben: Kerner, Weißburgunder und Pinot Grigio bei den Weißen, Lagrein, Blauburgunder, Merlot und Cabernet bei den Roten, wobei der Blauburgunder allein wegen der Farbe oft verwundert. „Er ist nicht so dunkel wie die schweren Weine aus der Toskana. Aber er muss so sein. Wenn ein Blauburgunder mal richtig rot ist, ist er aufgepeppt worden, nur um die Farbe kräftiger zu machen“, sagt der Experte – und der Laie probiert den Roten, der nicht rot aussieht, und ist angenehm überrascht. „Es ist für uns immer ein großes Kompliment, wenn dem Gast unsere Empfehlung schmeckt“, sagt Alex Panin, der den Wechsel in den Lindenhof nie bereut hat. „Hier habe ich mein Hobby Wein mit zum Beruf machen können. Und hier lerne ich immer mehr, weil der Chef auch Wert auf Fortbildung legt.“ Und weil die Gäste Wert legen auf die Herren, die sich mit dem Wein auskennen...

GOURMET

AUS DEM LINDENHOF-KELLER

ALEX PANIN: JEDER GAUMEN IST ANDERS ABER FÜR MICH SIND DAS UNSERE RARITÄTEN BATARD-MONTRACHET 2001 „Ich glaube, es ist der beste Weißwein der Welt. Anne-Claude Leflaive baut seit 1997 biologisch-dynamisch an und lässt ihre Chardonnay-Trauben in Barrique-Fässern reifen, bis sie den opulenten Pfirsich-HaselnussGeschmack haben. Ich würde den BatardMontrachet 2001 zu einem komplexen Gericht empfehlen – zum Beispiel zu einem Steinbuttfilet mit Sauce Béarnaise und Trüffel.“ Weingut: Leflaive in Burgund/Frankreich

SASSICAIA 1985 „Der berühmte ToskanaWein ist durch Zufall entstanden. Weil Marchese Mario Incisa della Rocchetta der französische Rotwein ausging, baute er nur für den eigenen Verzehr 1944 die Rebsorten Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc an – auf 1,5 Hektar an der toskanischen Mittelmeerküste. Da es ein steiniges Feld war, nannte er den Wein Sassicaia. Obwohl er von der Struktur her ein einfacher Wein ist, essen Sie kein Schnitzel dazu. Lieber ein Filet mit Kruste.“ Weingut Tenuta San Guido in Bolgheri/ Toscana

CHATEAU MOUTON ROTHSCHILD 1985 „Das Chateau zählt zu den fünf Premium Cru-ClasseWeingütern. Es liegt auf einer Kuppe, die mit Kiesauflagen aufgestockt ist - und so für beste Voraussetzungen vor allem für die Rebe Cabernet Sauvigon sorgt. Die Flaschen haben alle ein von Künstlern wie Chagall oder Picasso entworfenes Etikett. Ich würde zum Chateau Mouton Rothschild 1985 etwas Kräftiges essen – zum Beispiel gute Wildgerichte.“ Weingut: Mouton Rothschild bei Pavillac/ Bordeaux.

BAROLO MONFORTINO 1993 „Roberto Conterno gilt wie sein Vater als kompromissloser Traditionalist, der nur gute Qualität verkauft. So dauert die Maischung schon mindestens fünf Wochen. Außerdem wird der Barolo auf jeden Fall drei Jahre gelagert, bis er verkauft wird, der Riserva sogar vier. Ich würde am liebsten einen Schmorbraten mit einer kräftigen Sauce zu dem Barolo Monfortino 1993 essen.“ Weingut: Giacomo Conterno in Monforte d’Alba im Piemont.


WELLNESS

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PSYCHISCHE ENERGIE IM LINDENHOF

ICH HAB GETRÄUMT VON DIR... Warum man gerade bei Massagen den Experten vertrauen sollte

Die richtige Massage zum richtigen Zeitpunkt kann Wunder wirken. Doch wie weiß ich, was mir wann gut tut? Allein das Hotel Lindenhof bietet in seinem Beauty- und Wellnessbereich 24 Massagen unterschiedlichster Richtungen an. „Fragen Sie den Experten oder vertrauen Sie Ihrem Instinkt. Wenn Sie die Angebote durchlesen und Sie freuen sich dabei schon auf eine Massage, machen Sie nichts falsch“, sagt Lindenhof-Masseurin Marion Raffeiner. Der Gast aus Stuttgart glaubte sich im falschen Film. Da war er eine Nacht in Naturns – und zum ersten Mal in 30 Jahren hatte er wieder geträumt. Leider von seiner Exfrau. Kurzes Resümee am Morgen danach: zwei Gläser Wein, ansonsten nur Wasser. Daran, das fühlte er auch an seinem sonstigen geistigen Zustand, konnte es nicht gelegen haben. „Kann es sein, dass ich wegen Ihrer Massage geträumt habe?“, fragte er – noch relativ ungläubig – in der Wellness-Abteilung im Lindenhof nach. Ja, es kann sein. „Wir können natürlich nicht zaubern, wir können nur Verspannungen lösen“, sagt Masseurin Marion, aber der Nebeneffekt der heilenden Hände ist klar: Wenn sich Verspannungen lösen, fließt Energie. Und wenn Energie fließt, fließen auch Gedanken. Das kann – wie bei dem Gast aus Stuttgart, der sich zum ersten Mal massieren ließ und gleich die Breuss-Massage wählte – bis zu den Träumen führen. „Es kommt auf den Typ an. Und natürlich auch auf die Massageart“, sagt Marion, die zusammen mit vier Kolleginnen und einem Kollegen in der Wellness- und Beautyabteilung des Hotels arbeitet. Was gelernte Masseure nicht als erste Aufgabe ansehen, setzen viele Psychologen bereits gezielt ein: Bestimmte Reflexe oder Massagen, die seelische Blockaden lösen. Der

Schweizer Psychologe Carl Gustav Jung entwickelte einst auf der Psychoanalyse Freuds die Lehre von der psychischen Energie. Heute gilt es als gesichert, dass Massagen nicht nur die Muskulatur entspannen, Verklebungen lösen, schmerzlindernd sind und das Haut- und Bindegewebe entspannen, sondern auch die Durchblutung fördern, Blutdruck und Pulsfrequenz senken können, psychische Verspannungen lösen, Stress reduzieren und das vegetative Nervensystem beeinflussen. Natürlich kennt auch Marion die Massagen, die der Seele gut tun. „Alle Streicheleinheiten sind für die Seele positiv“, sagt die Fachfrau – und empfiehlt vor allem vier Anwendungen für Einsteiger: > Die Energie-Fußmassage nach Pater Josef Eugster. „Wenn ich Füße massiere, geht es immer um den ganzen Menschen“, sagte Eugster, der als Professor für Alternativmedizin im Osten Taiwans arbeitete. Eugster-Patienten sind sich sicher, dass seine Art der Massage seelische Probleme löst. Mit seiner ganzheitlichen Methode werden alle 83 Reflexzonen behandelt und stimuliert. > Shiatsu ist eine Philosophie, die den Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen begleiten soll. Es ist ein eigenständiges System energetischer Körperarbeit und Lebenskunde. „Diese Technik mit Hilfe von Finger-, Ellbogen-, Hand-, Knie- und Fußdruck auf verschiedene Akkupressurpunkte gibt dem Körper sofort eine innere Ruhe und Erholung“, sagt Marion. > Abhyanga und Shirodara sind Ölmassagen, die nach Ayurveda Altern und Anspannungen stoppen und Lebensenergien ins Gleichgewicht bringen. Abhyanga bedeutet auf deutsch so viel wie „die große Einölung“. Marion ist überzeugt von dem Konzept: „Ein spezieller Stirnölguss begleitet einen in eine tiefe Ruhe und lässt die Gedanken fließen.“

> Und da ist Lomi Lomi Nui. Lomi heißt drücken, kneten oder reiben – und die Verdoppelung des Lomi verstärkt das Ganze noch. „Wir arbeiten hier mit dem gesamten Unterarm einschließlich der Ellbogen“, sagt Marion. Lomi Lomi Nui kommt aus Hawaii, ist aber von der Philosophie her der traditionellen chinesischen Medizin angepasst: In einem gesunden Körper fließt die Energie, Krankheiten setzen sich immer als Verspannungen fest. Marion verwendet Kokosöl – und lässt hawaiianische Musik im Hintergrund laufen. Vielleicht sollte es der Gast aus Stuttgart nächstes Mal auch mit Lomi Lomi Nui versuchen. Dann träumt er auch nicht mehr von seiner Exfrau. Denn Lomi Lomi Nui praktizieren die Hawaiianer immer dann, wenn für sie ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Beim Geburtstag, vor der Hochzeit, wahrscheinlich auch nach der Scheidung. „Dann schließen sie durch die Massage mit dem alten Leben ab – und freuen sich auf die neuen Herausforderungen“, sagt Marion und findet: „Dafür ist doch der Urlaub immer ein guter Startpunkt.“

Marion Raffeiner hat die Landesberufsschule in Meran besucht, die auf alle Facetten der Schönheitspflege spezialisiert ist. Später arbeitete sie auch in der Pension Tuckett in Trafoi, die ihren Eltern gehört. Seit einem Jahr ist die begeisterte Ski- und Radfahrerin in der Beauty- und WellnessAbteilung des Hotels Lindenhof angestellt.die richtige Massage an.


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WELLNESS

Stefanie Gorfer arbeitet schon seit vier Jahren als Kosmetikerin im Lindenhof. Sie hat eine vierjährige Ausbildung im Bereich Schönheitspflege in der Berufsfachschule in Meran hinter sich. Stefanie bietet von der Fußreflexzonen-Massage bis zur Gesichtsbehandlung alles an – und ist für alle Methoden eigens geschult worden. „Ich finde es sehr schön, im Hotel zu arbeiten. Weil die Menschen, die hier in Urlaub sind, Zeit mitbringen und Muse haben zur Entspannung. In einem normalen Kosmetikstudio sind immer alle unter Zeitdruck“, sagt sie.

DAS OPFER: Horst W. aus Stuttgart

DIE TÄTERIN: Stefanie G. aus Naturns

MÄNNER UND SCHÖNHEITSPFLEGE

62 JAHRE – UND DAS GESICHT HÄLT Wie Stefanie den „Alterungsprozess“ eines Gastes verlangsamen will – Ein Selbstversuch in der Kosmetikabteilung Noch immer geben Frauen zehnmal so viel Geld für Kosmetikprodukte aus wie Männer, doch die neue Zielgruppe ist für die Hersteller männlich. „Das Potential ist größer – und damit auch die Dynamik des Wachstums“, sagen die Experten. Immer mehr Männer wagen sich angeblich an Cremes und Gesichtsbehandlungen. Ein letzter Blick in die Rezeption des Hotels. „Prägt euch bitte dieses Hemd ein. Wenn ihr es in einer Stunde wieder seht, bin ich es“, sage ich aus echter Sorge, man könne mich verwechseln und nicht mehr in das Zimmer 302 lassen – doch Isabella lächelt nur weise. „Ich weiß schon, Sie haben eine Gesichtsbehandlung gebucht.“ Beauty 4, Kosmetikabteilung, Erdgeschoss, Hotel Lindenhof. Ein sogenannter „Behandlungsstuhl“ steht in dem kleinen Raum, ein Spiegel mit Licht hängt an einem dynamischen Ständer, den man hin und herschieben kann. Wie beim Zahnarzt, denke ich. Es ist so ein Moment, in dem man sich fragt, worauf man sich da eingelassen hat. 62 Jahre lang hat mein Gesicht gehalten – und wenn es einem/einer nicht gefallen hat, hat er/sie einfach wegschauen können. Warum, in drei Teufels Namen, versuche ich jetzt plötzlich auszusehen wie 61 mit der Gefahr, dass mich vielleicht anschließend keiner mehr erkennt. „Sollen wir eine Fußmassage dazu machen?“, fragt Stefanie und reißt mich aus meinen trüben Gedanken. Eine Fußmassage? Bei der Gesichtsbehandlung? „Wir bieten das gerne an, weil es zur Entspannung beiträgt“, sagt die Kosmetikerin – und mir wird die Absicht schnell klar: Die Fußmassage bei der Kosmetik ist wie eine Art Narkose beim Zahnarzt – du bist weg und bekommst nicht mehr mit, was mit deinem Gesicht alles veran(un)staltet wird. Dankend lehne ich ab – und Stefanie erklärt mir den

weiteren Verlauf des Schicksals. Ich verstehe Reinigung, Peeling, Heißdampf, Feuchtigkeitscreme, Maske – und als ich erkläre, dass manche Menschen sich inzwischen an mein Gesicht gewöhnt haben und die Veränderungen nicht so extrem sein sollten, schaut sie mich fragend an. „Wir können doch Ihr Gesicht nicht verändern. Wir versuchen nur, Alterungsprozesse zu verlangsamen.“ Das habe ich schon oft versucht. Und es ist mir nie gelungen. Ich war vor Jahren einmal 20 Minuten joggen. Ich habe in drei Fitnessklubs Mitgliedsbeiträge bezahlt und zwar gleichzeitig. Und ich habe auch schon mal ein paar Stunden auf Alkohol verzichtet. Alles vergebens. Und nun stoppt Stefanie meinen Alterungsprozess. In 80 Minuten. Obwohl ich mein Gesicht morgens gewaschen habe, reinigt sie mit einem Schaum angeblich weitere Schmutzpartikel ab, belebt mich wieder mit einem Gesichtswasser und fällt dann mit Spiegel und Licht die niederschmetternde Diagnose: Ich bin der trockene Hauttyp mit empfindlicher Haut. Ich lerne, was ein enzymatisches Peeling ist (ohne Schleifpartikel natürlich) und dass beim mechanischen Peeling Jojoba-Kügelchen die abgestorbenen Hautschüppchen lösen. Stefanie Gorfer versteht ihr Geschäft, sie ist gelernte Kosmetikerin und seit vier Jahren im Lindenhof – und immer wieder muss sie mit Männern wie mir kämpfen. Die glauben, eine Behandlung lasse sie um Jahre jünger aussehen. „Sie sollten das alle sechs Wochen machen lassen“, sagt Stefanie. Was sie jetzt macht, tut vor allem weh. Denn nicht nur meine Haut ist empfindlich, ich

auch. Sie reinigt die Nase von Mitessern, sie sticht Grieskörnchen auf und piekst und drückt. Geplatzte Äderchen machen ihr zu schaffen. „Behandlungen wie diese können helfen, dass es nicht mehr werden.“ Die Schmerzen gehen weiter. „Wie hätten Sie Ihre Augenbrauen gerne?“, fragt sie. Ich verstehe die Frage nicht. Akustisch schon. Aber: Augenbrauen sind Augenbrauen. „Ein bisschen“, sagt sie – und zupft so wahnsinnig, dass ich fürchte, es bleibt nur noch ein Strich über den Augen. Allerdings bleibt mir keine Zeit, über meinen Augenbrauen-Typ nachzudenken. Denn schon kämpft Stefanie „gegen die freien Radikalen“ – mit einer Vitamincreme, die vor allem Vitamin E enthält. Es folgen Augenmaske, Serum, Handmassage, Augencreme und Gummimaske. Sogar Stammzellen von der weißen Rose werden unter der Abschlusscreme aufgetragen, weil sie identisch sind mit den menschlichen Stammzellen und die Zellerneuerung anregen. Sagt Stefanie – und ich glaube wieder an den neuen Menschen. Ich muss zugeben: sie hat mich geschafft. Irgendwann war sogar ich ruhig, war tiefenentspannt, und es war mir egal, wie und ob ich nachher aussehen werde. Es hat einfach gut getan, vielleicht meiner Haut. Aber auf jeden Fall mir. Ich verstehe jetzt sogar die Männer, die das öfters als einmal in 62 Jahren mit sich machen lassen. Bisher haben sie zum Teil Hohn und Spott ertragen müssen, aber das hat sich schon geändert. Sagen die Marketingexperten der Kosmetikhersteller. „Soll ich Ihnen vielleicht doch die Adresse eines Gesichtschirurgen geben?“, fragt Isabella mitleidig an der Rezeption, als sie mich nach der Behandlung sieht. Sie muss mich am Hemd erkannt haben...

DOLCE VITA – MIT BERG-PRODUKTEN Seit 2008 haben die Dolce Vita Hotels mit Spezialisten an der Idee des „Südtirol-Urlaubs für zu Hause“ gearbeitet. Mit viel Leidenschaft und Herzblut wurde geforscht, getestet, variiert. Verschiedene Heilkräuter der Alpen wurden zu BERG veredelt, der biozertifizierten Pflege-Linie.

Wissenswertes: · S ämtliche Kräuter und Substanzen der BERGProdukte, die auch in der Kosmetikabteilung im Lindenhof benutzt werden, stammen vom Südtiroler Unternehmen „Kräuterschlössl“. Hier werden sie auf nachhaltig ökologische Weise angebaut. · Das Wachstum wird durch gezielte Bodenbearbeitung, Mischkulturen, geeignete Fruchtfolge etc. gefördert. Der Großteil aller Arbeitsschritte erfolgt in Handarbeit. · Bei der Trocknung werden die Kräuter auf Darren dünn ausgelegt und im Trocknungsraum schonend entfeuchtet und in spezifischen Vorgängen weiterverarbeitet. Dann erst kann die Abfüllung für die Herstellung der BERGBio-Kosmetik an einen autorisierten Betrieb zur Verarbeitung weitergegeben werden. Die Leitwirkstoffe in den BERG-Produkten sind: Ringelblume, Alpenrose, Rosmarin, Salbei, Edelweiß, Thymian, Traube, Marille, Mandelöl u.a.m. Die BERG-Produkte können Sie auch online erwerben unter www.berg.io


SPORT

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ANSPRUCHSVOLLE RUNDWANDERUNG Rundwanderung zu den Flimseen Tourenlänge: ca. 14 km Gehzeit: ca. 7 Stunden Höhenleistung Aufstieg: ca. 1.400 m Höhenleistung Abstieg: ca. 1.400 m Empfohlene Wanderzeit: Juli - September Bei dieser Wanderung führt Sie Wanderguide Helmut in seine Heimat, das Martelltal. Sie fahren mit dem Auto 40 Minuten bis zum Weiler Gand (1.400 m). Der Ausgangspunkt der Wanderung befindet sich ca. 1 Kilometer dahinter. Der Weg 2A ist steil und anstrengend. Doch auf der Oberen Flimalm auf 2.200 m öffnet sich das unberührte Bergtal – und man hat einen herrlichen Blick auf die Bergwelt. Anschließend nehmen Sie den Weg Nr. 18 zum Unteren und danach zum Oberen Flimsee (50 Minuten). Die beiden klaren Bergseen schimmern in einem einzigartigen silbrigen Farbton. Das Wasser des oberen Sees ergießt sich in einem fast senkrechten Wasserfall in den Unteren. Die letzten 300 m führen Sie hinauf zum höchsten Punkt dieser Wanderung: dem Flimkanzel und den Raubweiden auf ca. 2.800m. Der Abstieg erfolgt über den Weg Nr. 18 zur Soyalm und den Weg Nr. 4. Vorbei am Café Hölderle sind es noch 20 Minuten Wanderzeit bis zum Auto.

GENUSSWANDERUNG MIT AUSSICHT ERST POWER-SPORTLER, DANN RESTAURANTCHEF Vinschger Sonnenberg: Tourenlänge: ca. 7 km Gehzeit: ca. 2,5 Stunden Höhenleistung Aufstieg: ca. 250 m Höhenleistung Abstieg: ca. 300 m Empfohlene Wanderzeit: ganzjährig Bei dieser Wanderung können Sie Ihr Auto getrost in der Garage stehen lassen. Sie fahren am besten mit der öffentlichen Vinschger Bahn bis nach Schlanders. Vom Bahnhof folgen Sie den Wegweisern »Promenade« zum nord-östlichen Schlanderser Dorfrand und anschließend der Markierung Nr. 5 hinauf zum Beginn der Sonnenpromenade (820 m). Dann haben Sie das anstrengendste Stück der Wanderung auch schon geschafft. Über die Sonnenpromenade gelangen Sie zum Biotop und zu den Schlanderser Leiten (Stufen) und weiter über den Panoramaweg nach Goldrain. Mit den Jahreszeiten genießen Sie immer andere Naturschauspiele. Bei der Apfelblüte im Frühling haben Sie eine tolle Sicht auf tausende von blühenden Apfelbäumen. Der Panoramaweg führt oberhalb der Weinreben vorbei. Im Herbst, kurz vor der Weinlese, färben sich die Blätter der Rebstöcke in warme Herbstfarben. Auch im Winter ist der Weg schneefrei.

MITTELSCHWERE BERGWANDERUNG Zum Taschenjöchl und zur Berglalm im Schnalstal Tourenlänge: ca. 12 km Gehzeit: ca. 5 Stunden Höhenleistung Aufstieg: ca. 900 m Höhenleistung Abstieg: ca. 900 m Empfohlene Wanderzeit: Juni – Oktober Es geht schon urig los und zwar bei den alten Kofelhöfen auf 1.938 m im hinteren Schnalstal. Mit dem Auto brauchen Sie ungefähr 40 Minuten bis dorthin. Der Weg Nr. 5 führt Sie durch einen Lärchenwald stetig bergauf zum unberührten Lagauntal auf 2.200 m. Dann überqueren Sie die kleine Holzbrücke und erreichen den archäologischen Wanderweg Nr. 4, der Sie durch das wunderschöne Tal leitet. Nach kurzer Zeit beginnt dann der recht anstrengende Anstieg über teils felsiges Gelände zum Taschenjöchl (2.771 m). Die Strapazen des Weges dorthin lohnen sich aber allemal. Sie haben eine atemberaubende Aussicht auf die Schnalser Bergwelt. Direkt neben dem Gipfelkreuz des Taschenjöchl finden Sie die mysteriösen Ruinen der ehemaligen Heilbronner-Hütte. Der Abstieg erfolgt über den Weg Nr. 5 zur Berglalm (super Knödel oder Südtiroler Marende). Über den Steig Nr. 5 kommen Sie bis zum Lagauntal und dann zurück zu den Kofelhöfen.

DER WANDERER ZWISCHEN DEN WELTEN

Helmut Stieger ist vom Bergbauernsohn zum Service-Leiter im Viersterne-S-Hotel aufgestiegen – und rennt zum Ausgleich immer mal wieder 2.000 Meter hoch

Seit drei Jahren hat der Service-Leiter Helmut Stieger einen Nebenjob im Lindenhof: Er begleitet einen Tag in der Woche Gäste auf ihrer Wanderung. Stieger, ein Bergbauernsohn aus dem Martelltal, ist ein erfahrener Wandersmann und kennt die Gegend wie kein anderer. „Ich bin bergsüchtig“, sagt er über sich. Die rote Krawatte ist mit einem perfekten Windsorknoten gebunden. Der Kurzhaarschnitt akkurat. Das Hemd weiß, der Anzug dunkel, die Schuhe schwarz. „Hatten Sie einen schönen Tag?“, fragt Helmut Stieger fast jeden seiner Gäste und hört sich von einem Flachlandtiroler wie mir an, wie hart doch wieder der Aufstieg zur Runster Mühle auf dem Sonnenberger Panoramaweg war. Stieger nickt verständnisvoll und bemüht sich, für den anderen Tag eine noch leichtere Route zu empfehlen. Sein eigenes Nachmittagsprogramm erzählt er keinem. Um halb eins, gleich nach dem ersten Teil der Arbeit im Lindenhof, ist der Service-Leiter des Hotels von Latsch aus los marschiert – hoch zur Vermoispitze. Von 650 Höhenmeter auf 2.980 Höhenmeter. Und wieder zurück. Power-Wandern, nennt er das – und er macht diese oder ähnliche Touren vier Mal in der Woche. „Ich bin bergsüchtig“, sagt Stieger, der während der Urlaubersaison für Bergläufe und Ski-Langläufe trainiert. Mindestens zwei Stunden rennt und läuft er fast täglich, bergauf und bergab. Meist mit seiner Frau Irmi, oft auch allein. „Es ist ein wichtiger Ausgleich für mich zur Arbeit“, sagt er, nachdem er Wanderstiefel und Kniebundhosen wieder getauscht und in die Pinguin-Uniform des Restaurantchefs geschlüpft ist. Um 19 Uhr kommen die ersten Gäste. Die optische Verwandlung des Bergsteigers und Naturliebhabers zum Service-Leiter eines Viersterne-Plus-Ho-

tels dauert vielleicht eine halbe Stunde. Doch eigentlich bewegt sich Stieger zwischen zwei Welten. Helmut Stieger ist auf dem Pühlahof im Martelltal aufgewachsen. Auf einem Bergbauernhof, 1.500 Meter hoch gelegen. Zur Schule musste er täglich 300 Höhenmeter nach unten laufen – nach Martell Dorf. Und mittags wieder nach oben. Eine Straße gab es nicht. Im Winter ging sein Vater voraus, um ihm und seinen acht Geschwistern einen Weg zu bahnen. „Insgesamt waren wir sogar 14 Kinder, weil im Pühlahof zwei Familien lebten“, erzählt Helmut Stieger. Er sagt, er habe seine Kindheit wirklich gelebt. Obwohl sie hart war. „Wir haben in der Natur gespielt, denn Spielzeug in dem Sinn hatten wir ja keines.“ Die vielen Urlauber aus den Städten können sich bestimmt nicht vorstellen, was ein Leben auf dem Pühlahof bedeutete, einem Ort, der eigentlich nur dank der Natur mit anderen Häusern und Höfen und Orten verbunden war. Unzählige Kilometer hat Stieger zu Fuß zurückgelegt, um Nachbarn zu besuchen, um mal beim Onkel vorbeizuschauen. Die Stiegers lebten vom eigenen Anbau, von ihren Schafen, Kühen und Rindern. Der große Helmut erinnert sich, wie er als kleiner Helmut zwei Mal in der Woche hoch ins Gebirge steigen musste, wo die Kühe weideten, um ihnen einen Zusatz zum Futter zu bringen. Und natürlich auch wieder zurück. „Das war unser Sport. Wir haben uns wirklich ständig bewegt“, sagt er. Natürlich hat Helmut Stieger die Zeit geprägt, diese ersten 15 Jahre in der Natur, eigentlich fernab der Zivilisation. „Es war lehrreich, obwohl es mit dieser heutigen Welt nichts zu tun hatte“, sagt der 51-Jährige, der seit seinem 15. Lebensjahr im Service arbeitet. Er hat im Hotel


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HELMUT STIEGER

KLEINE TIPPS FÜR DIE GROSSE WANDERUNG Es sind nur ein paar Kleinigkeiten, die eine Wanderung perfekt machen. Fragen Sie im Lindenhof nach dem Büchlein mit den „Wandertipps” und lassen Sie sich bei schwierigeren Strecken die Notfallnummern von der Rezeption mitgeben. Für alle Fälle. Drei weitere Punkte fasst unser erfahrener Wandersmann Helmut Stieger für Sie zusammen.

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DER LIEBLING DER KINDER

Julia Perkmann bleibt dem Lindenhof treu – und betreut auch in der Saison 2015 die Kinder der Hotelgäste. Während die Eltern im Urlaub wandern, spielt sie mit dem Nachwuchs. Sie macht das so gut, dass viele Eltern sie gerne als Kinderfrau mit nach Hause nehmen würden. Fragen an die 23-Jährige.

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Savoy in Meran einen Servierkurs gemacht, im Excelsior in Meran Hotelverwaltung gelernt, er war in der Schweiz und acht Jahre im Gastronomiebereich selbstständig. Seit 15 Jahren ist er jetzt im Lindenhof im Service. Und seit drei Jahren ist er auch als „Wanderführer“ tätig und damit Nachfolger des 74-jährigen Werner Nischler, der gesundheitlich kürzer treten musste. „Der macht das sehr gut“, sagt Nischler senior über Helmut Stieger – und eigentlich ist das so was wie ein Ritterschlag. Stieger passt seine Wanderungen den Gästen an. Zwischen 300 und 900 Höhenmeter bietet er ihnen bei seinen Ausflügen an, für ihn sind das leichte Spaziergänge. Der Mann seilt sich den Klettersteig Hoachwool bei Naturns hoch, er besteigt an freien Tagen mal schnell den Ortler (3.905 Meter) und die Königsspitze (3.859 Meter). „Ich brauche nicht die Couch zwischen den Arbeitsstunden am Morgen und denen am Abend, ich brauche nur die Berge“, sagt er und behauptet, dass er es nie übertreibe. Man ist versucht, dem ruhigen und souverän wirkenden Mann, der seit zehn Jahren Großvater ist, zu glauben. Bis er die Geschichte vom König-Ludwig-Lauf in Oberammergau erzählt. Beim 50-Kilometer-Ski-Rennen im klassischen Stil zeigte das Thermometer minus 23 Grad – und Helmut Stieger sagt, er sei schon auf der Strecke völlig kaputt gewesen und habe noch Stunden nach dem Lauf gezittert. „Vielleicht hätte ich doch nicht starten sollen – zwei Tage nach meiner Magenspiegelung....“

Helmut Stieger ist verheiratet mit Irmi, die auch im Lindenhof arbeitet und für das Frühstücksbuffet zuständig ist. Beide haben zwei Kinder: Sarah ist 27, Jonas ist 17. Als Service-Leiter ist Stieger für 15 Angestellte verantwortlich sowie für den Einkauf von Weinen. Stieger ist 51 Jahre alt und arbeitet seit 15 Jahren im Lindenhof.

Vielleicht charakterisiert den Service-Leiter und Naturmenschen Stieger nichts mehr als dieser eine Satz. Und vielleicht überrascht es auch keinen mehr, dass sein Sohn inzwischen ein herausragender Sportler ist: Jonas Stieger gehört mit 17 Jahren dem Junioren-Biathlon-Team an und besucht die Sportoberschule in Mals mit dem Schwerpunkt Wintersport/Biathlon. „Ich glaube nicht, dass ich ihn dazu getrieben habe“, sagt Helmut Stieger. Pause. Er überlegt. „Aber ich habe ihm halt nichts anderes gezeigt.“

2 DIE SELBSTÜBERSCHÄTZUNG „Es ist super, dass Sie zu Hause in Mönchengladbach, Zürich oder Hannover auch immer wieder spazieren gehen. Dadurch sind Sie fit. Allerdings ist es doch zumindest am Anfang etwas anderes, in den Bergen zu wandern. Erkundigen Sie sich bei uns, was dieser oder jener Weg bedeutet. Wenn da am Wegesrand eine Stunde Gehzeit steht, kann das vieles heißen: Hoch und runter, nur hoch, nur runter. Viele wissen mit den Höhenmetern nichts anzufangen. Wir können es Ihnen übersetzen und sagen, was das für Sie bedeutet. Und: laufen Sie nicht los wie ein 100-Meter-Sprinter. Wandern ist eine Ausdauersportart.“

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Warum haben Sie nicht aufgegeben, als sie gemerkt haben, das geht nicht? „Aufgeben mag ich nicht. Wenn man einmal aufgibt, findet man immer wieder irgendwelche Gründe, um alles hinzuschmeißen.“

DIE KLEIDUNG „Lassen Sie sich nicht täuschen. In Naturns scheint natürlich immer die Sonne – aber ob sie während Ihrer Wanderung außerhalb Naturns auch immer scheint, ist doch mehr als fraglich. Das heißt: Sie können gerne im T-Shirt los laufen, Sie sollten aber immer auf Kälte, Regen und am besten auch noch auf Sturm und Schnee vorbereitet sein. Packen Sie zumindest diese wetterfeste Kleidung mit ein, damit Sie für alle Eventualitäten gerüstet sind. Das Wetter kann sich in den Bergen blitzartig ändern.“

Jeden Donnerstag bietet das Hotel seinen Gästen eine Wanderung mit Helmut Stieger an. Die Wanderung wird einen Tag vorher ausgeschrieben, am Abend vorher sollte man sich anmelden. Voraussetzung sind immer feste Wanderschuhe und dem Wetter angepasste Kleidung.

DIE VERPFLEGUNG „Wir nehmen auf unseren Hotelwanderungen auch Wein mit. Weil wir immer irgendwo eine anständige Brotzeit machen. Mit Alkohol. Ich würde aber nicht sagen, dass dies auf jeder Ihrer Wanderungen Pflicht ist. Pflicht ist allerdings, immer Wasser dabei zu haben. Trinken Sie regelmäßig einen Schluck, nicht erst, wenn Sie Durst verspüren. Sie verbrauchen auf Ihrem Weg viel Flüssigkeit, also führen Sie auch ihrem Körper Flüssigkeit zu. Da man auch nie weiß, ob man sich verläuft, ob die Hütte wirklich geöffnet hat, ob man ein Gasthaus findet, wäre es ratsam, stets irgendwas zum Essen dabei zu haben. Auch Schokoriegel sind erlaubt, schließlich laufen Sie die Kalorien ja spielend wieder runter.“

Vervollständigen Sie doch bitte mal diesen Satz: Kinder können manchmal ganz schön ... „Nein, das werden Sie von mir nicht hören.” Was denn? „Dass Kinder nervig oder anstrengend sein können. Der Satz ist doch so formuliert, dass nichts anderes rauskommen kann.” Aber anstrengend sind Kinder doch. „Überhaupt nicht. Anstrengend ist doch nur irgendwas zu tun, was keinen Spaß macht. Mit Kindern zu arbeiten, macht aber riesigen Spaß.” Und jetzt wollen Sie mir noch erzählen, dass Kinder auch nicht nervig sind? „Was ist denn nervig im Zusammenhang mit Kindern? Auf keinen Fall sind sie nervig. Wenn sie mal ein bisschen rumzicken, darf man nur überhaupt nicht darauf eingehen. Sondern weitermachen, als wäre nichts. Zu 99 Prozent kommen sie dann auch wieder runter und spielen ruhig weiter.” Sie haben ja das Problem, dass Sie fast jede Woche mit anderen Kindern spielen müssen. Und sich auch die Kinder untereinander nicht kennen. „Das ist der große Unterschied zum Kindergarten. Die Schweizer Kinder und die deutschen Kinder verstehen sich manchmal schon sprachlich nicht richtig, werden aber trotzdem irgendwann Freunde. Man muss den Kids hier nur was bieten, was sie zu Hause nicht haben. Wir basteln zum Beispiel viel mit einfachsten Materialien – und sie können ihr Werk nachher voller Stolz ihren Eltern zeigen. Wir machen Ausflüge und erklären die Natur, bei uns gibt’s abends ein Kindermenü und und und.” Woher kommt Ihre Liebe zu Kindern? „Ich habe schon während der Oberschule Ferienjobs als Babysitterin angenommen und auch Nachbarskinder betreut. Und als ich beim Weißen Kreuz war, musste ich mich entscheiden – gehe ich in die Sanitäter-Richtung oder in die Kinderbetreuung. Ich habe mich schnell für die Kinder entschieden, mache aber immer noch einmal in der Woche den freiwilligen Dienst beim Weißen Kreuz.” Wie viele Kinder wollen Sie denn mal als Mutter groß ziehen? „Ich habe ja im Lindenhof geübt. Mit 25 komme ich schon noch zurecht…”


PORTRÄT

DIE LINDENHOF HOTELZEITU NG

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JOACHIM NISCHLER

DOLCE VITA –BEI EINEM 20-STUNDEN-TAG Warum der Lindenhof-Hotelchef neben seiner Arbeit den besonderen Triathlon braucht: „Für mich sind Sport, Weine und gutes Essen wie eine Droge”

Dolce Vita ist das süße Leben. Dass man das genießen und trotzdem berufliche Höchstleistungen erbringen kann, beweist einer mit großem Ehrgeiz: Joachim Nischler. Der Mann ist 45 und Chef des Hotels Lindenhof, das zu den Dolce Vita Hotels gehört. „Mein erstes Ziel ist es, dass die Gäste bei uns entspannen”, sagt er – und lebt den Urlaubern neben oder bei seiner Arbeit noch den besonderen Triathlon vor: viel Sport, gute Weine und Essen auf höchstem Niveau. Der Mann hat 3.738 Höhenmeter hinter sich. 1.869 bergauf, 1.869 bergab. Er hat 48 Kehren hinauf und 48 hinunter bewältigt und war ganz oben auf 2.752 Meter. Mit dem Fahrrad. Auf dem Stilfser Joch. Der zweithöchsten Passstraße der Alpen. Wie jeden Dienstag von Juli bis Oktober. Fünf Stunden Hochleistungssport. „Das gehört zu meinem Triathlon-Programm“, sagt Joachim Nischler und lacht. „Viel Sport, guter Wein und excellentes Essen – nur mit diesen Drogen halte ich einen 20-Stunden-Tag durch.“ Joachim Nischler, 45, ist seit gut zwanzig Jahren Hotelchef im Lindenhof. Er hat die sehr gute Pension seines Vaters zu einem angesehenen Viersterne-S-Hotel ausgebaut, er hat mit vier Kollegen die Dolce Vita-Kette gegründet, er engagiert sich in Sachen Kultur und Sport in der Region. Er beginnt seinen Arbeitstag morgens um sieben im Büro, bietet den Urlaubern Radtouren mit ihm wie die auf das Stilfser Joch an, er kümmert sich um den Einkauf, das Marketing, das Personal und die Gäste. Und er ist sich nicht zu schade, abends im Speisesaal auch noch das dreckige Geschirr in die Küche zu tragen. „Er gibt immer und überall über 100 Prozent“, sagt der Service-Leiter Helmut Stieger über seinen Chef – und Joachim Nischler sagt, er hoffe, dass er seinen Gästen das Dolce Vita vorlebe.

unter Drogen seinen Kopf nach vorne, nach hinten, nach rechts, nach links wirft. Joachim Nischler genießt den Abend, das merkt man ihm an – und am anderen Morgen erzählt er, er habe die Band verpflichtet. Die spiele im nächsten Jahr auch für seine Gäste im Lindenhof. Der Riesling-Abend im „Unterthurner“ zeigt vielleicht sehr anschaulich, wie Joachim Nischler tickt. Er kann ausgelassen feiern – und hat dennoch immer die Arbeit und sein Hotel im Kopf. Der Mann ist trotz Dolce Vita 24 Stunden am Tag Hotelchef. Das unterstreichen auch die Antworten auf die Frage, wie wichtig ihm der

sten: er lief die 1.000 Meter unter drei Minuten, er fuhr Ski und Rad, er spielte Eishockey, Tennis und war im Fußball als eisenharter Verteidiger bekannt, ein kleiner Terrier, wie einst Berti Vogts. Er hatte Spaß, an dem, was er tat. Aber: „Ich hatte immer nur ein Ziel: ich wollte gewinnen“, sagt Joachim Nischler, den ein Achillessehnenriss ausgerechnet beim Hobbyfußball mit der Gastronomen-Mannschaft vor knapp zehn Jahren außer Gefecht setzte. Seither beschränkt er seine ehrgeizigen sportlichen Pläne darauf, seine Gäste bei der Stilfser-Joch-Radwette zu besiegen. Wer schneller oben ist als er, gewinnt einen Wellness-Gutschein. Nischler: „Freiwillig schenke ich den nicht her. Ganz bestimmt nicht.“ Nein. Einer wie Nischler fordert auch seine Gäste. Wenn sie schon gegen ihn antreten wollen, sollen sie auch zeigen, was sie drauf haben. In allen seiner drei Disziplinen.

Der „Triathlet“ Joachim Nischler mit den besonderen Trikots der Radhelden, mit den 127 Whisky-Flaschen in seiner Bar und beim Gourmetessen im eigenen Speisesaal

Ja, was denn nun? Arbeitstier oder Genussmensch? Sieht so einer aus, der Dolce Vita nicht nur schreiben kann, sondern wirklich lebt? Im Lebensmittelmarkt „Unterthurner“ in Naturns, gleich unten bei der Hauptstraße, feiern die Einheimischen an einem wunderschönen Oktoberabend ihre Riesling-Woche. Zwischen Toilettenpapier und Obstregal spielt eine Zwei-Mann-plus-Eine-Frau-Band Musik aus den 90er Jahren. Die Stimmung ist ausgelassen, was an dem harten Rock und dem preisgekrönten Wein liegt. Und mittendrin feiert Joachim Nischler. Er trinkt, er tanzt, er redet. „Hier kann ich abschalten“, sagt der Hotelchef und schwärmt von den Musikern. „Der Sänger gefällt mir, der gibt 150 Prozent“, sagt er zu seiner Frau Lorella über den 25-Jährigen, der wie

Sport ist. „Sehr wichtig“, sagt Joachim Nischler natürlich. Er fährt trotz aller beruflichen Termine zweimal in der Woche Rad und geht einmal joggen. „Ich brauche das. Dabei kann ich super abschalten.“ – Und was geht Ihnen so durch den Kopf, wenn Sie mit dem Rad unterwegs sind? – „Danach habe ich mindestens zehn Punkte, was ich im Hotel alles angehen will“, sagt er. Psychologen meinen was anderes, wenn sie von „abschalten“ reden. Bei einem wie Nischler steht der Leistungsgedanke mindestens gleichauf mit dem süßen Leben. Das ist er vom Sport her so gewohnt. „Der zweite Platz ist der erste Platz für den Verlierer“, ist seine Devise. Schon als Kind zählte er fast in allen Disziplinen zu den Be-

Zum „Triathleten“ wurde er so in den 90er Jahren als Praktikant im Sternelokal „La Stüa de Michil“ in Corvara. Hier lernte er Peter Dipoli und Lorella Lorenza Longhitano kennen, wobei die Reihenfolge keine Aussagekraft besitzt. Es war die Zeit, die sein Leben prägte. Lorella ging mit ihm nach Naturns, mit ihr hat er die Töchter Chiara und Emma. Peter Dipoli wurde sein Freund, und der Winzer führte ihn in die Welt der guten Weine und der exklusiven Küche ein. Joachim Nischler, der bis dahin keinen Wein getrunken hatte, wurde zum Weinliebhaber und Gourmet. Heute ist er mit allen Sterneköchen Südtirols auf du und du, lässt sich von den Winzern des Landes weiter bilden und sorgt dafür, dass auch seine Gäste von seinem Triathlon profitieren: Küche, Weinkeller und Bar sind im Lindenhof Chefsache.

Der Mann kennt sich aus, was Dolce Vita anbelangt: bei Wein („Der ist dreckig, den mag ich nicht“), beim Essen, wo es seinem Freund schon mal einen harten Rüffel einbringen kann, wenn der zur venezianischen Kalbsleber nichtsahnend Röstkartoffel bestellt („Die sind doch vom Geschmack viel zu intensiv, da musst Du ein Püree dazu essen“) und auch beim Sport. Wer gegen ihn aktiv antreten will, sollte sich von seinem theoretischen Fachwissen jedenfalls nicht täuschen lassen. Im Tippspiel setzt er gerne auf Verliererteams wie auf seinen Lieblingsverein Inter Mailand. Doch meistens profitieren die Gäste von seiner Ahnungslosigkeit. Im WM-Spiel gegen Brasilien glaubte er nicht an deutsche Tore – und versprach für jeden Treffer der Löw-Mannschaft jedem Gast ein Bier. Das Spiel endete 7:1 für Deutschland.

IMPRESSUM Herausgeber: Familie Nischler, Hotel Lindenhof Style&Spa Resort Naturns, www.lindenhof.it, Tel. 0039 0473 666242; Verantwortliche Gesamtleistung: Joachim Nischler; Redaktion: Katharina Nischler, Horst Walter; Gestaltung: Patrick Amor; Fotografie: Andreas Marini; Repro: Günther Piltz; Druck&Versand: G.A.S. Salzburg


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