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Forschung & Feld revisited (7), Inventuring Lichtenberg (19), Stadt (be)schreiben: Szenen einer StraĂ&#x;e (47), Stadt (be)setzen: Picknick Urbanismus (87), Stadt (ver)handeln: ein Wertediskurs (141), Open Space(s) (179)

saskia hebert (hg.)

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IMPRESSUM lived space lichtenberg #2

Herausgegeben von Dr. Saskia Hebert am Lehrstuhl für Kunst- und Kulturgeschichte der Universität der Künste Berlin (Prof. Dr. Susanne Hauser) Mit Beiträgen von Isabelle Atkinson-Evans, Sarah Bäcker, Noemi Barnet, Lennart Beckebanze, Anastasia Becker, Stephanie Brenner, Pola Buske, Francisco Castanheira, Alessandro Cugola, Felix Deiters, Anna Derriks, Amandine Descamps, Carole Deslous-Paoli, Maja Dika, Maria Dovris, Sophie Fetten, Jacob Fisher, Mattias Floxner, Anja Fritz, Carlo Goldmann, Mario Marsi Gundersen, Adrian Heints, Sophia Huhle, Takuto Ihara, Borghildur Indridadottir, Miriam Kadel, Sarah Kästner, Julia Klauer, Justus Klaus, Irene Kriechbaum, Denny Krienke, Charlotte Lenger, Constance Leurent, Luise Marter, Víctor Martos Castillo, Justus Menten, Carolin Miller, Thomas Bo Nilsson, Belén de Pedro Pasamar, Diane Selma Penrad, Sebastian Perez, Selin Projer, Carl Rosenburg, Suzie Ryu, Tom Schöps, Carlos Schütz, Katri Ståhls, Lisa Steude, Roman Szymczak, Zuzana Tabackova, Sara Tawfiq, Jack Taylor, Jana Tost, Bruno Torres Suñén, Albane de la Villegeorges, Olivia Vigneron, Salomé Wackernagel, Simon Warne, Itzhak Weissmehl, Yang Yu, Miriam Zenk, Bonnie Zimmer Redaktion: Saskia Hebert Projektassistenz: Sarah Bäcker, Diana Lucas-Drogan, Valeria Fahrenkrog, Irene Kriechbaum, Justus Menten Gestaltung: subsolar * architektur & stadtforschung © Universität der Künste Berlin 2015 Übersetzung: Eric Zapel Lektorat: Julia Gill Druck: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH ISBN 978-3-89462-265-7 Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Diese Publikation wurde gefördert durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin und den Bezirk Lichtenberg von Berlin.


Ich bin fest davon 端berzeugt, dass es hier in zwei, drei Jahren ganz anders aussieht. Ein Lichtenberger

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Dieses Projekt und die zugehörige Publikation wären ohne die engagierte Unterstützung vieler einzelner Personen und verschiedener Institutionen nicht möglich gewesen. Der Universität der Künste, insbesondere dem Lehrstuhl für Kunstund Kulturwissenschaften, möchten wir für die Bereitschaft danken, neue Räume zu schaffen und ungewöhnliche Wege in Lehre und Forschung zu beschreiten. Dem Bezirksamt Lichtenberg und der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt danken wir für ihr Vertrauen, ihren Mut zum Experiment und die finanzielle Förderung von Projekt und Publikation. Die Durchführung all dieser Untersuchungen wurde nicht nur durch die investigative Neugier der Studierenden ermöglicht, die als Externe das Stadtumbau- und Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord durchstreiften, sondern beruhte gleichermaßen auf dem Engagement lokaler Expert_innen vor Ort, die ihr differenziertes Wissen bereitwillig zur Verfügung stellten. Unterstützt wurde unsere Arbeit zudem durch zahlreiche Gäste, die in internen Laborgesprächen und öffentlichen Präsentationen ihre spezifischen Kenntnisse und Kompetenzen einbrachten und damit zur hier beabsichtigten Verzahnung von Theorie und Praxis entscheidend beitrugen. Dem UdK-Verlag danken wir für die Aufnahme dieser Publikation in sein Programm, den jeweiligen Fotograf_innen für die Überlassung der Nutzungsrechte des hier abgedruckten Bildmaterials und allen Beteiligten für die professionelle, konstruktive und überaus angenehme Zusammenarbeit. das lived/space/lab & die Herausgeberin im Juni 2015


INHALT FORSCHUNG & FELD revisited

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Inventuring Lichtenberg

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Stadt (Be)schreiben: Szenen einer Strasse

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Stadt (be)setzen: Picknick urbanismus

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Stadt (ver)handeln: Ein Wertediskurs

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Open Space(S)

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Transformationsdesign (9), URBANE ERFAHRUNGEN (11), Archäologie des Raumes (14)

methode (22), orte (24) zingster straSSe (26), herzbergstraSSe (28), rummelsburg (29), lichtenberger brücke (30), wartenberg (31), vincent van gogh (34), alt hohenschönhausen (35), tierpark (38), fennpfuhl (40), villenkolonie obersee (42), mfs-areal (43), friedrichsfelde (44) fazit (46)

ort (50), methode (52) Wohnen in der Maschine (54), 24 Stunden Behaglichkeit (56), Zwei Läden, ein Bürgersteig (58), – und ein Besuch: (59), Datscha im Birkenwald (60), Eine Apotheke ihrer Zeit (62), Bike Factory (64), Der reisende Arbeiter (66), Rauch dein Obst! (68), Ein lebendiger Kiez (70), Zeugin der Wenden (72), Mehr Style für Lichtenberg (74), Essen im Garten (76), Tankstelle mit Aussicht (78) Urbane Narration (80), an stelle eines fazits (86)

orte (90), methode (92) Picknick am NichtOrt (94), Wilma 19 oder: Wie ein Haus eine Gruppe findet (98), Lichtenberg durch alle Zeiten (104), StraSSenpicknick (108), Volkspark Lichtenberg (112), Guerilla Picknick (116), Freiraum.Suche (120), Schreiben auf dem Freiaplatz (126), Gottesacker (132) fazit (140)

orte (144), methode (146) Lautlandschaften (148), Grauzone (150), In Transit (152), Grün.Schule.Ruhe. (154), Der blinde Fleck (156), Transitgarten / Obstraum (158), Projektionsfläche (160), Lichtenberg Monopoly (162), Raumerweiterung (164) mitmischen (166), fazit (178)

Theorie und Praxis (180), Gelebter Raum und ORTSQUALITÄTEN (182), Offene Räume (185)

Nachwort Englische Übersetzung ANHANG

abkürzungen (252), bibliografie (253), Abbildungen (255)

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Gebrauchsanweisung für dieses Buch

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Wie schon der erste Band unseres Forschungs- und Ergebnisberichts, der vor gut einem Jahr erschien, enthält auch diese Publikation unterschiedliche Arten von Informationen, die durch verschiedene Textund Grafikstile gekennzeichnet sind. Die verschiedenen Kapitel beispielsweise heben sich durch einen alternierend verschiedenfarbigen Hintergrund voneinander (und damit auch im Buchschnitt) ab. Kommen «Lokale Expert_innen» zu Wort, werden ihre Aussagen in der Regel durch kursive Schrift gekennzeichnet. Informationen über die jeweiligen Projektbeteiligten befinden sich (ebenso wie Fußnoten und Bildunterschriften) vorwiegend in der Seitenleiste, die dazu ermutigt, dieses Buch zu drehen, zu wenden und selektiv zu lesen – je nachdem, wer mit welchem Interesse darin stöbert. Angesprochen sind erneut Expert_innen der Planung, des Wohnens und anderer Gebiete, die sich aus unterschiedlichen Gründen für Stadtentwicklung, für Lichtenberg oder für Aspekte gebauter und gelebter Räume interessieren. Dies soll allerdings andere mögliche Leser_innen ausdrücklich nicht ausschließen: Es freut uns sehr, dass unsere erste Publikation quer durch die Disziplinen so positiv aufgenommen wurde. Um diesen Austausch weiter zu fördern, ist auch diesmal wieder eine vollständige englische Übersetzung aller Texte am Ende des Buches zu finden, die sich mit Hilfe der nummerierten Täfelchen am Seitenrand dem Originaltext und den entsprechenden Abbildungen zuordnen lässt. Auch diese Publikation ist sowohl in einer gedruckten, als auch in einer digitalen Version kostenfrei verfügbar (beim UdK-Verlag bzw. auf dem Dokumentenserver der Universitätsbibliothek).


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Dieses Buch ist der zweite und letzte Band einer Publikation, die Fragestellungen, Methoden und Ergebnisse des ÂŤExperimentellen Beteiligungsverfahrens Frankfurter Allee NordÂť (XBV_FAN)1 im Berliner Bezirk Lichtenberg dokumentiert.


Visuelle Kommunikation und vom Institut für Kunst im Kontext, darüber hinaus Gasthörer_innen von der Technischen Universität und vom Studiengang Historischer Urbanismus. Im Seminar «Stadt (ver) handeln», dem letzten der Reihe, kamen die 18 teilnehmenden Studierenden aus zehn verschiedenen Ländern und von drei Kontinenten.

Das XBV_FAN, das am «Labor für den gelebten Raum»3 an der UdK konzipiert und durchgeführt wurde, basiert auf einer inter- und transdisziplinären Zusammenarbeit. Involviert sind nicht nur die Universität mit ihren verschiedenen Studiengängen und die zuständigen Fachämter des Bezirks und der Senatsverwaltung, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger Lichtenbergs. Denn der Arbeit am lived/ space/lab liegt die aus der phänomenologischen Raumtheorie4 abgeleitete These zugrunde, dass jeder Mensch, der an einem Ort wohnt, eine spezifische, alltagspraktische Kenntnis über diesen Ort besitzt: die «lokale Expertise», wie wir das nennen. Folglich werden die in unsere Untersuchungen involvierten Anwohner_innen, Gewebetreibenden und andere Akteure vor Ort als «LOKALE EXPERTEN» bezeichnet, deren (meist nicht explizit bewusstes) Wissen es zu erschließen, zu dokumentieren und in verschiedenen Formen auszuwerten gilt. Die Entdeckung, Erforschung und Weiterentwicklung dieses Wissens obliegt in unserem Versuchsaufbau den so genannten «EXTERNEN», 9 in diesem Fall den Studierenden der Universität der Künste Berlin. Sie kommen als Außenstehende ins Gebiet und fördern das oft auf den ersten Blick gar nicht sichtbare örtliche Wissen mit Hilfe von qualitativen Befragungen, intensiven Beobachtungen und verschiedenen methodischen Hilfsmitteln zutage. Beide Gruppen, die Externen und die Experten, sind in ihrer individuellen Zusammensetzung grundsätzlich heterogen und variieren von Projekt zu Projekt. Während die Befragten oft unterschiedlicher Herkunft oder verschiedenen Alters sind und aus diversen sozialen Gruppen stammen, ist die Gruppe der Externen, in der mehr biografische Ähnlichkeiten existieren, interdisziplinär und international zusammengesetzt.5 In den Seminaren erarbeiten zunächst kleine Teams aus «Externen» und «Experten» individuelle Ergebnisse. Diese werden anschließend mit der Seminargruppe geteilt; sie bilden einen Pool von Informa-

2 Die Zitate stammen aus der Kooperationsvereinbarung von 2012. 3 Siehe auch www.lived-space-lab.org. 4 Siehe hierzu auch Hebert (2012a), Ströker (1965), Merleau-Ponty (1966) und andere. 5 Die Seminare des lived/space/lab standen allen Studierenden der UdK und benachbarter Universitäten offen. Es gab Teilnehmer_innen aus den Studiengängen Architektur, Bildende Kunst,

Transformationsdesign

1 Das «Experimentelle Beteiligungsverfahren» ist eine Weiterentwicklung des UdK-spezifischen Kooperationsmodells des «Experimentellen Studienprojekts», das für die Zusammenarbeit mit (Praxis-)Partnern entwickelt wurde. Experimentell sind darüber hinaus aber auch einige der hier angewandten Methoden, die die gewohnten Bahnen der Planung und der Bürgerbeteiligung verlassen.

Von 2012 bis 2015 fand eine Kooperation zwischen der Universität der Künste Berlin (UdK), dem Bezirk Lichtenberg und der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt statt. Deren Ziel war es, im Lichtenberger Stadtumbau- und Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord (FAN) «die Sicht der Anwohner auf ihren Stadtteil zu erfassen und darzustellen», um die Ergebnisse als Grundlage eines «innovativen, kreativen und nachhaltigen Beteiligungsprozesses» verwenden zu können.2 In diesem Band werden vier im Zeitraum 2013–2015 durchgeführte Projekte dokumentiert.


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tionen, Geschichten und persönlichen Details, der im akademischen Kontext ein facettenreiches Mosaik verschiedener Wissensbestände spiegelt. In der Zusammenschau, die am Ende jedes Forschungsintervalls steht, wird deutlich, dass gerade aus dieser Diversität ein Bild dessen entsteht, was die Stadt – und darin der urbane öffentliche Raum – im besten Sinne sein kann: ein heterogenes, differenziertes Feld, in dem sich unterschiedliche Lebensentwürfe, Meinungen und Interessen überlagern, ohne dass dies notwendigerweise und unmittelbar zu Konflikten führt. Von Interesse ist bei diesen Untersuchungen vor allem die Identifikation und Darstellung jener stadträumlichen Eigenschaften, die sich aus der Funktion urbaner Orte als «gelebter Raum» ergeben. Im gelebten Raum, so die Theorie, gibt es keine fest gefügten Werte, keine messbaren Indikatoren und keine Unterscheidung zwischen richtigen oder falschen, «guten» oder «schlechten» Orten: Es existiert eine natürliche Unschärferelation, die einerseits mit der Persönlichkeit jedes Anwesenden, andererseits mit vorherrschenden kulturellen Vorstellungen und normativen sozialen Praktiken zu tun hat. Dennoch lassen sich bestimmte Qualitäten und Kriterien erforschen, die gelebten städtischen Räumen eigen sind. Neben ihrer Atmosphäre (die sich mit dem Wetter, der Benutzung, der Tages- und der Jahreszeit ändern kann) ist dies vor allem ihre Performanz (also nicht ihre Funktion für bestimmte Tätigkeiten und Handlungen, sondern ihr Ermöglichungscharakter, ihre Qualität als «Spielraum»). Beide, so zeigen unsere Untersuchungen, werden an bestimmten Orten oft ähnlich beschrieben, wenn auch unterschiedlich gewertet – und beide geben einen recht verlässlichen Eindruck dessen, was man als den gegenwärtigen Charakter der jeweiligen Räume und Orte bezeichnen kann. Für die Architektur (und die Architekturlehre) ist dies alles von größerer Relevanz, als es zunächst erscheinen mag. Nicht nur bei anstehenden Transformationen bereits existierender Stadträume, sondern auch bei der Neuerrichtung ganzer Quartiere sind atmosphärische und performative Qualitäten genau so wichtig wie Fragen des Maßstabs, der Distanz oder der Proportion von Plätzen und Räumen. Denn beim Entwerfen werden ja nicht unbedingt verschiedene Räume, sondern eher verschiedene zeitliche Zustände ein und desselben Raumes überlagert: Das noch nicht Vorhandene wird auf das Bestehende, manchmal auch auf das Vergangene projiziert. Aus einer – rein konzeptionellen – «Zeitverschiebung» wird auf diese Weise eine ganz konkrete «Ortsverschiebung»6, die vor allem dann als erfolgreich wahrgenommen wird, wenn Identität und Charakter des betreffen-


Die dieser Einleitung folgenden vier Kapitel dokumentieren vier Seminare, die seit Oktober 2013 an der Universität der Künste stattgefunden haben. Drei von ihnen – «Stadt (be)schreiben», «Stadt (be)setzen» und «Stadt (ver)handeln» – waren Bestandteil des schon erwähnten, drittmittelgeförderten Beteiligungsverfahrens; das vierte, «Inventuring Lichtenberg», eine Kooperation mit dem Fachgebiet für Stadterneuerung und Entwerfen, das von Prof. Jean-Philippe 11 Vassal und Gastdozentin Jeanne-Françoise Fischer geleitet wird. Alle vier Seminare fokussierten auf die qualitativen Kriterien «gelebter» Räumlichkeit, bearbeiteten jedoch innerhalb dieses Feldes unterschiedliche Ziele und Fragestellungen, nutzten verschiedene Werkzeuge und Methoden und betrachteten nicht die gleichen Untersuchungsräume. Es folgt ein kurzer Überblick: «Inventuring Lichtenberg» (Seite 19 ff.) war eine sechswöchige, einem Entwurf am Lehrstuhl Vassal vorgeschaltete Recherche im gesamten Bezirksgebiet. Die Studierenden waren aufgefordert, in kleinen Gruppen verschiedene Gegenden zu erkunden und dort in einer Mischung aus Abenteuer («adventure») und Erfindung («invention») Grundstücke, Themen und relevante Phänomene für die eigene Entwurfsarbeit zu entdecken. Die 52,3 km² große Gesamtfläche des Bezirks wurde zu diesem Zweck in Untereinheiten gegliedert, die sich

Heute wird der Begriff Transformationsdesign in verschiedenen Zusammenhängen thematisiert (z.B. in Sommer, Welzer 2014), aber noch selten auf das Management und die Gestaltung urbaner Transformationsprozesse angewendet. Verwendung und der Optimierung ihrer Benutzbarkeit verpflichtet ist. Das kann für den konkreten Entwurf (= das Design) auch heissen, dass eher Strukturen und Prozesse zu verändern sind als die Form oder das Aussehen einzelner Gegenstände. Der Schweizer Soziologe Lucius Burckhardt vertrat eine ähnlich erweiterte, radikale Auffassung von der Verantwortung des Designers (Burckhardt 2012, 2013).

URBANE ERFAHRUNGEN

6 Siehe auch Hebert (2012b) und Waldenfels (2010). 7 Merleau-Ponty 1966:292 8 Heidegger 1978 9 Der British Design Council prägte den Begriff «Transformationsdesign» 2006 in seinem REDPAPER 02 (British Design Council 2006). Gemeint ist ein Design-Ansatz, der nicht dem Verkauf von gestalteten Dingen, sondern der Komplexität ihrer

den Ortes gleich bleiben oder sich in der allgemeinen Wahrnehmung positiv verändern. Dabei schwindet in der Welt der computergestützten Simulationen und trügerisch «echt» wirkenden Renderings oft genau jene Erfahrungsqualität, die sich nur dann einstellen kann, wenn man sich der Stadt physisch aussetzt. Den am Bauprozess Beteiligten geht dadurch verloren, was Maurice Merleau-Ponty als «Anhalt an der Welt»7 bezeichnet hat – und was heute, gerade in Zeiten zunehmender Bedeutung des Virtuellen, immer noch Grundlage jedes menschlichen Wohnens8 und damit einer gelingenden Existenz im Raum ist. Vor diesem Hintergrund und mit den hier gezeigten methodischen Experimenten bekennt sich unsere Forschung zu einer städtebaulichen Position, die man als «Urban Transformation Design»9 bezeichnen könnte. Als vorhandene und zu entwickelnde Ressourcen der Stadt gelten darin nicht nur bauliche, topografische, landschaftliche und räumliche Gegebenheiten, sondern auch atmosphärische, performative und panoramatische Potenziale sowie, nicht zuletzt, das individuelle Engagement von Menschen vor Ort.


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grob an der Baustruktur, an der Nutzung und an den sozialräumlichen Gegebenheiten der Quartiere orientierten. Die Studierenden waren frei in der Wahl ihrer Recherchemethoden; viele führten Interviews oder unternahmen ausgedehnte Spaziergänge. Ihre atmosphärischen Reiseberichte wurden zum Ausgangspunkt der eigenen Entwurfsarbeit. «Stadt (be)schreiben» (Seite 47 ff.) begann parallel, operierte jedoch in einem vergleichsweise großzügigen Zeitrahmen von 14 Wochen. Hier war der betreffende Betrachtungsraum vergleichsweise begrenzt: Es ging ausschließlich um das Gebiet der «alten» Frankfurter Allee.10 Als lokale Expert_innen fungierten in erster Linie Besitzer- und Betreiber_innen der ortsansässigen Läden und gastronomischen Betriebe, die allerdings häufig kein großes Interesse daran hatten, ihre Expertise zu Protokoll zu geben: Obwohl hier konkrete Veränderungen unmittelbar bevorstehen – die BVG plant einen Komplettumbau ihrer Straßenbahn-Endhaltestelle, und die Neugestaltung des Straßenraumes war mehrfach Thema von offiziellen Beteiligungsforen11 –, waren nur wenige Anlieger_innen dazu bereit, über ihre Herkunft, ihr Bild von ihrer Umgebung und ihre Wünsche für den Ort ihrer täglichen Routine zu sprechen. Es entstand das Bild eines heterogenen, im Wandel begriffenen Stadtraumes, dessen Veränderungen manche gutheißen, andere kritisieren: Einigkeit, so zeigten die Ergebnisse der Befragungen, besteht hier zu kaum einer Frage der künftigen Entwicklung. Das Potenzial der Straße, befanden die «Externen», ist nicht annähernd ausgeschöpft: Sie entwickelten gemeinsam eine «urbane Narration», deren fiktive Akteure unverkennbare Ähnlichkeiten mit den Protagonist_innen der Interviews aufweisen, deren Ideen aufgreifen und im Rahmen eines Straßenfestes umsetzen. Als «Szenen einer Straße» wurde diese Geschichte mithilfe eines großen Modells filmisch erzählt. Das Seminar «Stadt (be)setzen» (Seite 87 ff.) fand in einem Sommersemester statt und war, anders als die vorangegangene Untersuchung, räumlich nicht genau lokalisiert. So nutzten wir die Gelegenheit, die Aufenthaltsqualität der öffentlichen Räume im Quartier gleich «on site» zu untersuchen: Mit dem «Picknick Urbanismus» entstand ein Format des Austauschs (von Nahrung, Wissen und Vertrauen), das zu dichten Beschreibungen der bepicknickten Orte führte. Nachdem die beschriebene Eigenschaften eine grafische Repräsentation in panoramatischen Darstellungen gefunden hatten, wurde an Ort und Stelle weiter gearbeitet: Es entstanden temporäre Interventionen,


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1 km bei denen alle Projekte der Stadtentwicklung öffentlich präsentiert und auch diskutiert werden. Teil der offiziellen Partizipation im Stadtumbauund Sanierungsgebiet ist auch der FAN-Beirat, ein Bürgerkomitee aus freiwilligen Akteuren, das alle zwei Jahre neu eingesetzt wird und Belange verschiedener Bevölkerungsgruppen vertritt.

Stadt (be)setzen + Stadt (ver)handeln

10 So bezeichnen die Lichtenberger_innen das kurze Reststück der grossen Ost-WestAchse von Berlin nach Frankfurt an der Oder, das nordwestlich der Lichtenberger Brücke dem alten Strassenverlauf folgt und, seiner eingeschränkten Zugänglichkeit zum Trotz, eine Art Zentrum für den Stadtteil bildet. 11 Zum Beispiel bei den zweimal jährlich stattfindenden sogenannten «FAN-Konferenzen»,

Inventuring Lichtenberg


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die mit geringen Mitteln – ganz im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit lokalen Ressourcen – weniger das Aussehen, sondern vor allem die Wahrnehmung, die Nutzung und die Atmosphäre der betreffenden Orte veränderten. Der ersten Besetzung durch die Picknicks folgte eine zweite durch Zeichen und ungewöhnliche Handlungen, die der alltäglichen Praxis der Raumnutzung neue Facetten hinzufügten. Im letzten Seminar, «Stadt (ver)handeln» (Seite 141 ff.), ging es um die Frage nach dem «Wert» urbaner Räume. Alternativ zum heute omnipräsenten, rein ökonomischen Ranking anhand von Bodenund Immobilienpreisen war hier das Ziel, bestimmte Qualitäten als kulturelle, ästhetische und gesellschaftliche Werte zu erfassen: Das verstärkte zufällige Auftreten nachbarschaftlicher Begegnungen zum Beispiel, die Offenheit undefinierter Gebiete oder die Anonymität von Durchgangsorten. Dieser alternative «Wertediskurs» mündete in ein ungewöhnliches, spielerisch-performatives Präsentationsformat: In der Abschlussveranstaltung zur Nacht der Politik im Rathaus Lichtenberg konnte das Publikum die vorgestellten Qualitäten mit beiden Händen evaluieren. Es ging dabei nicht nur darum, mit den eigenen zehn Fingern «Lichtenberg wertschätzen» zu können, sondern zugleich live mitzuerleben, wie unterschiedlich die Sicht auf die eigene Stadt sein kann.

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Archäologie des Raumes Das Feld all dieser Recherchen, das Stadtumbau- und Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord, erstreckt sich in Ost-West-Richtung vom Bahnhof Lichtenberg bis zur Grenze zu Friedrichshain, wird im Süden durch die Frankfurter Allee und im Norden durch die Gotlindestraße begrenzt. Die vorherrschende Bautypologie ist der Berliner Block, im Süden des Gebiets überwiegend aus der Gründerzeit, im Norden (als genossenschaftliche errichtete Wohnhöfe) Zeugnis der Zwischenkriegszeit. Die Bebauung des Gebietes erfolgte ausgehend vom ehemaligen Dorfkern an der Möllendorffstraße in mehreren Schüben, kam aber zwischendurch aufgrund verschiedener Krisen immer wieder zum Erliegen. Vor allem im nördlich angrenzenden Gewerbegebiet waren große Terraingesellschaften aktiv, sodass sich der Charakter des Bezirks Ende des 19. Jahrhunderts rapide änderte: Aus der ländlich geprägten Vorstadt wurde innerhalb kürzester Zeit eine industriell überformte Arbeiterwohngegend. Viele der dort gelegenen Betriebe und Fabriken sind mittlerweile allerdings nicht mehr in Betrieb. Das Viertel ist heute von einem Ring aus


Luftbild vom Stadtumbau- und Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord: Links im Bild ein St端ck des Berliner S-Bahn-Ringes (hier die Grenze zu Friedrichshain), rechts die Gleise am Bahnhof Lichtenberg. S端dlich der Frankfurter Allee sieht man die Struktur der Plattenbauten, w辰hrend im Norden das Gewerbegebiet Herzbergstrasse angrenzt. Im Gebiet selbst erkennt man die baulichen Einschl端sse des MfS-Areals und des Sana-Klinikums.

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Konversionsflächen umgeben, die zum Teil mit Einzelhaustypologien bebaut wurden oder noch werden.

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Eine der letzten zusammenhängenden baulichen Entwicklungen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bescherte dem Bezirk sein aktuell problematischstes Erbe: Zwischen Frankfurter Allee, Rusche-, Magdalenen- und Normannenstraße liegt das Areal des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit, dessen Liegenschaften sich dort zwischen 1945 und 1989 ausdehnten. Sie befinden sich heute zu großen Teilen in Privatbesitz und stehen überwiegend leer. Bestrebungen des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Roland Jahn, das Gelände als «Campus der Demokratie» zu entwickeln, finden nicht überall Fürsprecher, während zeitgleich die BIM (Berliner Immobilien Management, früher: Liegenschaftsfonds oder LIFO) versucht, die letzten Gebäude in kommunalem Besitz meistbietend zu veräußern. Auf dem konfliktträchtigen Areal scheint die Zeit fast stillzustehen. Ganz anders in der umliegenden Wohngegend: Hier ist der dynamische Wandel, der gerade stattfindet, nicht zu übersehen. Immer mehr junge Menschen, Familien mit Kindern und ehemalige Friedrichshainer_innen ziehen her, mieten oder kaufen eines der neu errichteten Reihen- oder Fertighäuser und wünschen sich neue Kitaplätze, Schulen oder nette Cafés. Die Mieten sind im berlinweiten Vergleich noch moderat, die Lage relativ zentral: Die U5 benötigt nur 12 Minuten Fahrzeit für die Strecke zwischen Bahnhof Lichtenberg und Alexanderplatz, wo sie in naher Zukunft mit der «Kanzler-U-Bahn» zum Hauptbahnhof vereinigt wird. Das «Kiezgefühl» verändert sich rapide, und die Transformation, die hier stattfindet, lässt sich inzwischen auch in Zahlen ausdrücken: Lebten im Jahr 2011 noch 20.149 Personen im «LOR Rüdigerstraße»,12 waren es zum 31.12.2014 bereits 21.946.13 Dieser Zuwachs von fast 1.800 Einwohnern entspricht der beachtlichen Wachstumsquote von 8,92% in einem Zeitraum von nur vier Jahren. (Berlin insgesamt, zum Vergleich, wuchs im selben Zeitraum «nur» um 3,94% – nicht halb so stark. Die Bevölkerung des gesamten Bezirks nahm im gleichen Zeitraum um 4,75% zu.) Die aktuelle Statistik weist für Lichtenberg sowohl ein positives Wanderungssaldo (mehr Zuzüge als Fortzüge), als auch einen Geburtenüberschuss (mehr Geburten als Sterbefälle) aus. Auch die Bevölkerungsdichte hat entsprechend zugenommen. Zwar liegt der Lichtenberger Gesamtdurchschnitt von 5.065 Einwohnern je km² weit hinter dem Berliner Spitzenwert des Nachbarbezirks Friedrichshain-Kreuz-


12 LOR = Lebensweltlich orientierter Raum, ein System der kleinmassstäblichen Umweltbetrachtung in Berlin. Das Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord entspricht fast genau dem LOR Nummer 11 03 07 21 «Rüdigerstrasse». 13 Quelle: Amt für Statistik BerlinBrandenburg, Tabelle OT_A8.1 aus den jeweiligen Jahren 14 Siehe Stattbau GmbH 2010.

15 «Wenn ich Geld hätte, würde ich noch ein paar Brachen anlegen!» (LSL#1:3) 16 Claude Lévi-Strauss prägt diesen Begriff in Bezug auf die Tragik des ethnologischen Feldforschers, dem oft erst in der Rückschau auffällt, was er in der damaligen Gegenwart nicht erfassen konnte (Lévi-Strauss 201220:37).

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17 Kartenausschnitte auf dieser Seite (von links nach rechts bzw. unten nach oben): Karte 06.05 (Versorgung mit öffentlichen, wohnungsnahen Grünanlagen, Ausgabe 2013), Karte 06.06 (Einwohnerdichte, Ausgabe 2015) und Ausschnitt aus dem Stadtentwicklungsplan Wohnen. Kreis Nr. 5 «Alt Lichtenberg» weist in der Legende ein Neubaupotenzial von 2.400 Einheiten aus.


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berg (13.567 EW / km²), aber noch deutlich vor dem städtischen Durchschnitt von 3.943 EW / km² (alle Zahlen beziehen sich auf die Werte von 2013). Dies bildet sich auch in einer überdurchschnittlichen Bautätigkeit ab: Im Jahr 2013 wurden im Bezirk 995 Wohnungen in 292 Gebäuden fertiggestellt; das entspricht durchschnittlich 3,76 WE je 1000 EW (Berliner Durchschnitt: 1,89 WE / 1000 EW). Diese vergleichsweise hohen Werte bedeuten allerdings nicht, dass in Lichtenberg künftig nicht noch viel mehr passieren soll: Der «Stadtentwicklungsplan Wohnen» (STEP), der aufgrund der aktuell angespannten Wohnungsmarktsituation eine Karte mit «Neubaupotenzialen» erstellt hat, weist für den engeren Bereich des Sanierungsgebietes eine große Anzahl zusätzlicher Wohneinheiten aus – und das, obwohl die Versorgung mit Wohnfolgeeinrichtungen wie Parks, Kitas und Schulen bereits heute unterdurchschnittlich ist.14 u. Abb. S. 17 Es wird also enger im Bezirk – und die Brachen, deren Vermehrung sich eine Anwohnerin noch vor zwei Jahren gewünscht hatte,15 / S. 17 verschwinden. Das Quartier ist im Umbruch: Das starke Bevölkerungswachstum löst einige der alten Probleme – die relative Überalterung, das Stigma des «Nazi-Bezirks», das vergleichsweise geringe bürgerschaftliche Engagement –, schafft aber gleichzeitig neue. So wächst die Sorge um die Verdrängung prekärer Haushalte, steigende Lebenshaltungskosten und Konflikte mit den «Zugezogenen». Während wir, gemäß unseres methodischen Ansatzes, die städtischen Räume im Bezirk mit den Augen ihrer Bewohner- und Nutzer_innen betrachteten, wurden die trockenen Zahlen der eben zitierten Statistik zur vielstimmigen Rede: Aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit verschiedenen Haltungen berichteten fast alle Befragten von den Veränderungen im Kiez, durch deren Kartierung unser Projekt fast aus Versehen und nebenbei zu einer «Archäologie des Raumes»16 / S. 17 wurde.


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Lehrende: Dr. Saskia Hebert in Zusammenarbeit mit Jeanne-Françoise Fischer und Jean-Philippe Vassal Tutor LS Vassal: Felix Dechert

INVENTURING LICHTENBERG war Teil einer Kooperation zwischen den Lehrstühlen für Stadterneuerung und für Kunst- und Kulturgeschichte der UdK Berlin im Wintersemester 2013/2014.

Teilnehmer_innen: Isabelle Atkinson-Evans, Lennart Beckebanze, Anastasia Becker, Francisco Castanheira, Carlo Goldmann, Adrian Heints, Takuto Ihara, Borghildur Indridadottir, Luise Marter, Justus Menten, Carolin Miller, Thomas Bo Nilsson, Suzie Ryu, Tom Schöps, Carlos Schütz, Salomé Wackernagel, Simon Warne, Itzhak Weissmehl

Laborgespräch zum Workshop am 27.10.2013 bei subsolar*, Gast: Matthias Lohmann. Stadtspaziergang (Walkshop) am 28.10.2013 mit Sven Kuhrau. Präsentation der Ergebnisse am 11.11.2013 mit Sven Kuhrau und Melanie Humann.

«Inventuring Lichtenberg» hiess die urbane Exploration, die im Wintersemester in Kooperation mit dem Lehrstuhl Stadterneuerung und Entwerfen von Prof. Jean-Philippe Vassal durchgeführt wurde.


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Zu Beginn der Forschung fand ein Workshop statt, der mit einem gemeinsamen «Walkshop» durch die erkundeten Gegenden endete. Neben verschiedenen städtischen Räumen wurden unterschiedliche Wohnbautypologien besichtigt. Am Beginn stand ein Besuch bei Lichtenbergs grösster Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE in der Zingster Strasse. Anschliessend führte die Route durch Alt-Hohenschönhausen ins Gewerbegebiet Herzbergstrasse und von dort ins Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord. Auf dem ehemaligen MfS-Areal öffnete das Wohnprojekt WiLMa 19 seine Türen, danach wurden im Weitlingkiez mehrere denkmalgeschützte Siedlungen der Moderne besichtigt. Schlusspunkt der Exkursion war der Besuch eines exklusiv bewohnten Glaspavillons auf dem Gelände des ehemaligen Gefängnisses an der Rummelsburger Bucht.

methode


Der geschlossene Innenbereich des Ulmenhofes, Architekt: Jacobus Goettel 1929–1931. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich noch der Erlenund der Pappelhof vom selben Architekten, unweit liegt der berühmte Sonnenhof von Erwin Gutkind (1925–1927 erbaut), dessen Besichtigung uns die HOWOGE freundlicherweise ermöglichte.

Gewerbegebiet Herzbergstrasse. Hier befindet sich auch das Dong-Xuan-Center, kommerzielles Herz der vietnamesischen Community in Berlin.

Eine der 55.000 Wohnungen der HOWOGE, in diesem Fall im Wohngebiet Zingster Strasse gelegen, erst kürzlich erworben und noch nicht saniert. Geschäftsführerin Stefanie Frensch erläuterte der Gruppe die Ziele, Chancen und Risiken der Bestandsentwicklung und -erhaltung.


Um die atmosphärischen, performativen und panoramatischen Qualitäten der besuchten Quartiere erfassen und beschreiben zu können, wurden jeder Gruppe von Studierenden mehrere der in der nebenstehenden Karte markierten Gebiete zugeteilt. Die für Lichtenberg typischen Kontraste zwischen verschiedenen Nutzungen, Bautypologien, Milieus und Massstäben schärften den Blick für das Wesen und den Charakter der jeweiligen Nachbarschaften.

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Der nebenstehende «Lichtenberg-Bubble-Plan», den wir für die Exploration anfertigten, ist eine Hommage an die hier abgebildete Karte der «Social & Functional Analysis» – auch als «Egg Plan» oder «London Bubble Diagram» bekannt – aus dem im Jahr 1943 von Sir Patrick Abercrombie erstellten «County of London Plan».

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WARTEN BERG ZINGSTER STRASSE

VINCENT VAN MÜHLENGOGH GRUND

FALKEN BERG

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GARTEN ALT STADT VILLEN HOHENKOLONIE SCHÖN OBERSEE HAUSEN GEWERBE SPORT WILFORUM HELMS BERG

WEISSE TAUBE

GEWERBE FENNPFUHL

40 DINGEL STÄDTER STRASSE

GEWERBE LAND GEBIET SCHAFTS HERZBERG- PARK STRASSE HERZBERGE FAN EHEM. BEHÖRDENLICHMFS ZENTRUM AREAL TEN FRANK- BERGER FURTER BRÜCKE ALLEE VICTORIA SÜD WEIT- FRIEDRICHS STADT LING FELDE TIERPARK KIEZ RUMMELS BURGER BUCHT SPLANEMANNSIEDLUNG KRAFTKARLSHORST WERK KLINGENBERG PRINZEN VIERTEL WALD SIEDLUNG

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TRABRENNBAHN

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Suzie Ryu, Takuto Ihara, Simon Warne

Diese und gegenüberliegende Seite: Das Wohngebiet Zingster Straße befindet sich an der Grenze zwischen Stadt und Umland. Trotz der Naturnähe ist das Straßenbild urban, mit großen Plattenbauten und sehr sichtbarem öffentlichen Verkehr. Die visuelle Verbindung zum Stadtzentrum mit dem Fernsehturm besteht trotz der Distanz, was das Gefühl, zu Berlin zu gehören, verstärkt. Innenhof und Parkanlagen geben dieser Gegend eine große Qualität, und die Anwohner genießen Vogelgezwitscher und Blätterrauschen.

zingster straße


Gewerbegebiet Herzbergstrasse. Während man durch das Industriegebiet läuft, sieht man am Horizont Plattenbauten aus DDR-Zeiten. Von oben erkennt man, wie dunkel das Industriegebiet nachts ist: Von hell erleuchteten Wohnhäusern umgeben, erinnert es an den Central Park in New York.

Folgende Seite:

Informelle Orte und Tätigkeiten prägen dieses Gebiet, das wir entlang verlassener Bahnschienen und Industrie durchstreift haben. In einer ehemaligen Margarinefabrik trafen wir ein paar Künstler, die dort mit Freude sprayen. Sie kommen aus allen Gebieten Berlins. Es gibt hier auch einen umzäunten und unberührten Wald, abgeschirmt von der umgebenden Industrie.

In der ehemaligen Fleischfabrik trafen wir Bildhauer_innen, die dort Räume mieten. Sie erwarten, umziehen zu müssen, wenn das Gebäude renoviert wird. Sie gehen davon aus, dass das ehemalige Fabrikgelände zu Loft-Appartments umgebaut wird. Eine CDU-Politikerin wurde als Projektmanagerin für die Josef-Orlopp-Str.-GmbH angestellt.


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herzbergstraĂ&#x;e


Kommt man mit der S-Bahn oder der Tram zur Rummelsburger Bucht, wird man zuerst mit einer beeindruckenden, bewohnten Lärmschutzwand zur belebten Strasse konfrontiert. Aber alle Wohnungen haben einen schönen Blick aufs Wasser, und das Ufer wird nicht nur von Anwohnern_innen genutzt. Es gibt auch Verbindungen zur Geschichte inmitten der generischen Planung: Wohnen in einem ehemaligen Gefängnis/Konzentrationslager.

rummelsburg Manchen Menschen ist es offenbar möglich, hier ihr Heim zu finden. «Ich denke nicht, dass hier irgendwelche Ur-Berliner leben», bemerkt ein Anwohner dazu. Die Menschen hier geniessen das Leben am Ufer in einer sicheren und bequemen Umgebung, aber wohnt man in Rummelsburg wirklich in Lichtenberg? Unseren Beobachtungen nach scheint es so, als habe die Rummelsburger Bucht eine sehr

spezifische Bevölkerungsstruktur; und viele, deren Anwesenheit im Rest des Bezirks selbstverständlich ist, sind hier nicht zu entdecken: Alte, Arme, Einwander_innen, alternative Lebensformen. Die dominierende Gruppe besteht aus jungen Eltern (30-40 Jahre) mit Kindern. Die räumliche Trennung vom restlichen Bezirk durch Bahn, Tram und viel befahrene Strassen verstärken das Gefühl der Isolation vom Rest Lichtenbergs.


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Luise Marter

Am Bahnhof Lichtenberg führt die Lichtenberger Brücke die Frankfurter Allee über die Gleise hinweg. Es entsteht eine besondere topografische, stadt- und verkehrsplanerische Situation: Von der Weite des Platzes vor dem Bahnhof hinauf zum nördlich gelegenen Wohnviertel führen zahlreiche Treppen, die zwischen den verschiedenen künstlichen oder natürlichen Höhen vermitteln. Die Verkehrsführung produziert einen skurrilen und interessanten Straßenraum.

lichtenberger brücke


Jüseme

Sindbad

Back stube

Hähnchen Imbiss

Drachen Bistro

Falken Imbiss

Francisco Castanheira, Adrian Heints, Carlos Schütz

Being Inside Unserer Ansicht nach kann Drinsein («Being Inside») als persönliches Verhältnis oder als Verbindung zu einem Ort verstanden werden. Es ist weniger ein Resultat räumlicher Grenzen als die Qualität eines bestimmten Augenblicks, sehr persönlich und situativ. Die Methode unserer Untersuchung bestand darin, ins Feld zu gehen und zu versuchen, Situationen zu finden, wo Leute «drin» waren – also blieben, saßen, ausruhten. Nach dem Entdecken solcher Situationen führten wir mit den betreffenden Personen informelle Interviews über ihre Wahrnehmung von Wartenberg. Nach ein paar Gesprächen bekamen wir einen Eindruck von den Unterschieden zwischen den beschriebenen «Spielräumen» und fanden heraus, dass subjektive Empfindungen wie Angst, Ablehnung etc. eine sehr starke raumbildende Wirkung besitzen. Die Diversität der gesammelten Perspektiven veranlasst uns zu der Schlussfolgerung, dass es so viele Wartenbergs geben könnte wie Menschen, die dort leben.

wartenberg


lived space lichtenberg inventuring l/berg «Ich kenne nicht viele Leute hier in der Gegend. Als ich eingezogen bin, hat mir mein Nachbar ein Sixpack Bier vorbei gebracht; ich habe immer noch keinen Weg gefunden, mich zu revanchieren.»

«In der DDR haben wir immer Prima Sprit getrunken, der hatte 98 Umdrehungen. Wir konnten richtig saufen! Damals hat man gesoffen, weil es Spaß machte und gesellig war, heute saufen die Leute nur noch aus Frust. Da waren immer alle gemeinsam in der Kneipe, weil das Bier da nur 50 und im Laden 65 Pfennig gekostet hat. Deshalb war die Kneipe immer voll. Heute ist man Einzelkämpfer.» «Ich fahre gerne Motorrad, am liebsten im Harz. Oft mache ich Touren mit meinem Sohn.»

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«Für Junge Leute gibt es hier nichts. Vielleicht das > Sindbad, aber das ist in russischer Hand, das ist die Russenmafia: Nur Ausländer.»

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«Die Gegend hier ist tot, ein Totentanz. Es gibt keine Arbeit, deshalb ziehen die Menschen weg und Vietnamesen belegen die Wohnungen. Das ist die Zigarettenmafia, die hat hier guten Nährboden, weil die Leute keine Kohle für teure Zigaretten haben. Lange geht das nicht mehr gut. Habt ihr euch eigentlich schon einmal gefragt, warum bei 9/11 kein einziger Jude umgekommen ist.... wussten die was?»

«Hier brodelt es. Jeder Vierte ist bewaffnet. Ihr müsst mal abends hierher kommen. Da drüben in der Pinte (> Jüseme) sind nur Türken. Bier kostet einen Euro, und ich will nicht wissen, was da drin ist.»

«Beim Kieztreff gibt es so einen Zwang: Die sehen dann, dass du da sitzt und säufst, und dann darfst du da nicht rein. Die Chefin schmeißt da Leute raus, auch Ältere.»

«Wir treffen uns eigentlich immer hier, wenn wir Zeit haben. Hier können wir uns unterhalten und dazu ein Bierchen trinken.» «Es gibt schon Parks, aber das Problem ist, es gibt da viele jugendliche Russen, die sind sehr gewalttätig.»


«Bei Sindbad soll es auch sehr dreckig sein.»

«Manchmal setze ich mich in die S-Bahn und fahre irgendwo hin. Ich höre den Menschen gerne beim Reden zu.»

diese Seite: Diana, Richard und Arno (43-48 Jahre), am 07.11.2013 im Sindbad

«Wir sind ein großer Freundeskreis, treffen uns oft beim Fußball oder hier. Das Essen ist sehr gut und hier gibt es das beste Bier. Die Schaumkrone geht niemals ganz weg.»

«Ich bin hierher verfrachtet worden, nun muss ich hier wohnen. Als ich noch sehen konnte, war das was anderes, da bin ich mit dem Auto weg. Hier bin ich jetzt richtig abhängig.»

diese Seite: Reimo (37), Daniel (55) am 08.11. 2013 am Hähnchen-Imbiss

»Ausländische Gaststätten – ... Das ist alles Geldwäsche!»

«Wir trinken hier immer unser FeierabendBier.»

diese Seite: Wilfred Winter (70) am 08.11.2013 im Drachen Bistro

«Sonst gibt’s hier nichts.»

gegenüber: Detlef (58 Jahre) am 01.11.2013 im Jüseme

«Man ist hier schnell in der Natur. Mit dem Fahrrad fahren wir zehn Minuten zum Malchower See oder zu den Obstwiesen in Birkholz. Manchmal treffen wir uns mit Bier und Wein, einer macht Kartoffelsalat ... Die Gruppe sieht immer anders aus.»

gegenüber: Alfred, Ingor, Bockardt, Uwe (60 – 70 Jahre) am 01.11.2013 in der Backstube

«Hier wohnen viele Leute in unserem Alter, das sind die Vernünftigen. Die Jungen, die Kaputten, wohnen auf der anderen Seite vom Bahndamm.»

gegenüber: Gruppe (ca. 40-60 Jahre) am 26.10.2013 vor dem Falken Imbiss

«Wir wollen hier nicht mehr weg. Wir haben hier so etwa sechs Stammkneipen, man muss sein Geld gleichmäßig im Kiez verteilen.»

«Am Bahnhof gibt es einen super vietnamesischen Imbiss (> Drachen-Bistro). Den Besitzer nennen sie hier Kiezpapa.»


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Lennart Beckebanze, Carlo Goldmann, Tom Schöps, Salomé Wackernagel

Tonys Welt 1 Weg zur Freiwilligen Feuerwehr von Wartenberg – zu weit weg für Tony, der gern Feuerwehrmann geworden wäre | 2 der Skatepark, wo er alle seine Ex-Freundinnen traf | 3 das Haus, wo die Vogelfreunde wohnen | 4 die Schule von Tonys Schwester | 5 als sie einmal ihren Ärger an den Fernwärmerohren ausließen, schnappte die Polizei Tonys Freunde, aber er rannte weg | 6 der Rasen, den nur die Hunde benutzen | 7 Tonys Schule | 8 der Jugendclub, wo Tony rausgeschmissen wurde, als er mal auf das Dach kletterte | 9 die Trambahnwendeschleife, wo Tony abhängt – mal mit, mal ohne Freunde | 10 (in Falkenberg; nicht im Bild – Anm. d. Red.) der Gemeinschaftsgarten, wo Tony mitgeholfen hat, bis seine Freunde darauf bestanden, ihn öfter zu sehen, sodass er keine Zeit mehr hat, so oft herzukommen | 11 die Läden, wo Tony seine Schuhe und sein Fahrrad kaufte | 12 der Rasen, auf dem Leute ihre Hasen spazieren führen | 13 Tonys Hof, wo er nicht mehr Fahrrad fahren darf

vincent van gogh


Isabelle Atkinson-Evans, Carolin Miller, Justus Menten

Archiv der nachbarschaftlichen Aktivitäten Während unserer Forschungen begannen wir, uns für die Konstruktion der Identität von Orten zu interessieren. Wir erkannten, welch grundlegende Bedeutung die Bewohner_innen und ihre Handlungen für das Verständnis räumlicher Potenziale besitzen und versuchten, den klassischen Begriff der «Nachbarschaft» neu zu denken. Parallel zu unserer Suche nach Spuren nachbarschaftlicher Aktivitäten legten wir ein Archiv an, um sie zu sammeln.

alt hohenschönhausen


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A|dams Brun|nen, der (Mühlenradbrunnen): Treffpunkt am Mühlengrund, ehem. Mühlenstandort (erster) E|he|stands|schup|pen (auch E|he|stands|schop|pen), der: Gebäude, in dem man nach der Eheschliessung das erste Bier trank ‹in die Stadt›: Alexanderplatz Berlin

Ko|lum|bus, das: Treffpunkt der Sportler von Hohenschönhausen Ko|lum|bus (Eigenname); Entdecker Amerikas (bei der) 2Schu|le, die: Platz an der Hauptstrasse, westlich des Einkaufszentrums ‹Storchen›, Ort des ehem. Schulgeländes 1 Tro|ja: Grill Imbiss in der Einkaufspassage Mauritiuskirchstrassen-Center 2 Tro|ja (Eigenname): antike Stadt in Kleinasien 1

Auszug aus dem Nachbarschaftswörterbuch:

Wohn|bau|ten in Block|bau|weise (die) (kurz: Wohnblock, der): umgangssprachlich für vorwiegend aus Betonfertigteilen hergestellte Gebäude


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Borghildur Indridadottir & Thomas Bo Nilsson:

Mit uns selbst als Werkzeugen und einer Reihe von Requisiten gingen wir der Gegend unter die Haut. Wir nutzten dafür modernes Internet Dating ebenso wie die Behauptung, jemand anders zu sein: Wir spielten Touristen, Wohnungssuchende, ein Paar, das sich verlaufen hat und Kneipenbesucher, die auf einen Verwandten warteten. All dies unternahmen wir, um mit Fremden ins Gespräch zu kommen – für den Versuch, Lichtenberg mit ihren Augen zu sehen. Während dieses Experiments begegneten wir einer großen Vielfalt von Persönlichkeiten: Von den Brüdern, die Odin anbeten bis hin zu der Familie, die uns Fremde an einem Samstagabend herzlich zu einer langen Unterhaltung auf ihr Sofa einlud.

tierpark


Gespräch in der Kneipe Wir: ein Touristenpärchen. Sie: ein Stammgast Wir: «Wir kennen uns nicht so gut aus…» Sie: «Hackescher Markt, Hackesche Höfe: Da ist immer was los!» Wir: «Gibt es einen Park hier, oder etwas Schönes zum Anschauen?» Sie: «Komm kurz mit raus, ich zeig’ dir wo. ... So, da wohne ich, wenn ihr da so rein geht, praktisch da hinter, ... da sind Kleingärten, da könnt ihr bis weeß ick wo laufen, da ist alles grün! Wenn morgen die Sonne scheint: Nehmt euch ’ne Decke mit. Picknicken könnt ihr auf dem Rasen, oder euch sonnen – ohne Eintritt! Bis Rummelsburg, bis Friedrichsfelde Ost: Ihr könnt hier laufen ohne Ende! … Sie haben viele Geschäfte geschlossen, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen können, ist ja alles teuer geworden. Ja, gut, da sind schon noch einige, aber ich glaube, das ist für euch nichts. Nur mal so zum Einkaufen, aber nichts besonderes. ... Auf was steht ihr denn? Deutsche Küche, oder was? Also, da kann ich euch den – ehm, hier nicht, da ist ein Chinese, würde ich nicht empfehlen. Also, ich würde sagen: Da vorne ist Kaiser’s. Und da geht ihr vorbei, und da steht ‹Zum Bären›, da kann man draußen und drinnen sitzen, da könnt ihr echt gut essen, und das ist auch preiswert. … Habt ihr Schwimmzeug mit? Gleich bei mir, also praktisch hier so rein, da ist die Schwimmhalle. Von 8:00 bis 15:00 Uhr ist Warmbaden. Müsst ihr euch aussuchen: Entweder geht ihr jetzt schwimmen, oder hinterher – macht es, wie ihr wollt!»

-Gibt es ein Park hier od

-Möchtest du mahl kurz

[Walk out from the b

-So da wohne Ich, wenn richtung da sind kleinga [...]

-Ne! Dan könnt ihr wen Rasen, sonnen dan ist et könnt hier laufen ohne en


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In der Joker Bar Wir: Bruder und Schwester. Sie: Barbesucher (Mainstream-Pop-Radiosender im Hintergrund) Wir: «Hello!» Sie: «Hi.» Er: «Odin kommt aus Ásatrú, Norwegen … Sind ja viele hier, mein Bruder auch.» Wir: «Echt?» Er: «Ja, er hat 78 T-Shirts … und auf dem Rücken ganz viele Tätowierungen! Ron, komm mal kurz!» Ron (der Bruder) zeigt seine Tattoos – unter ihnen ein Hakenkreuz. Im Hintergrund hört man den Songtext ‹You only know you love her when you let her go …› Wir: «Gibt es in diesem Haus eine freie Wohnung?» Er: «Hier in diesem Haus gibt’s keine.» Wir: «Wir wollten den Portier fragen – oder heißt es Pförtner?» Er: «Concierge sagt man in Berlin. Pförtner ist richtig, aber sie sagen Concierge – das ist schwul französisch.» In der Nachbarschaft Wir: Wohnungssuchende. Sie: Bewohner Bewohner 1: «Ich wohne hier oben. Ich kann bis Hellersdorf sehen aus meiner Wohnung. Aber ich sehe den Fernsehturm nicht. Ich habe drei Zimmer, mit meiner Frau. ... Wenn ihr hier die Straße reingeht, da, der dritte Eingang, da ist unten die Hausverwaltung. Kann sein, dass du hier eine Wohnung kriegst. In diesem Haus ist in jeder Wohnung ein Balkon, sechs Meter lang. Six meters. Two meters breit. Alles Laminat.» Bewohner 2: «Da gab’s mal einen Bericht, frag mich nicht, in welchem Sender: Hier in dem Haus wohnen die meisten Nationalen Leute in ganz Deutschland … Die Gegend hier ist richtig, aber das Haus nicht!» In den acht Jahren, die er hier lebt, haben sich fünf Leute umgebracht, indem sie vom Balkon gesprungen sind. Nicht alle waren Bewohner des Hauses. Bewohner 2: «Viel Spaß noch!» -Da gabs ein bericht… ehm frag mal nicht im welchem Sender, det Haus hier, hier im den Haus, wohnen die meisten Nationalen Leute im ganz Deutschland, in diesen Haus. [...]

-Die Gegend ist hier richtig aber dat Haus nicht! [...]

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-Viel spass...

During the 8 years he has lived in the house, 5 people have committed suicide by jumping from the balcony. Not all were inhabitants from the house.

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Im Hochhaus Wir: Filmproduzenten. Sie: Mieter_innen Serbischer Vamilienvater: «Es ist schwer. Ich habe zwei kleine Kinder. ... Ich bin aus Serbien. ... Das ist die Wohnung. Wir haben noch zwei andere Zimmer, und Küche, und manchmal kann meine Frau weggehen mit den Kindern, wenn es Probleme gibt, weil wir haben keine anderen Bekannten ... Ich möchte wissen, was ihr für einen Film dreht. Hauptsache, das ist kein Pornofilm.» Wir (lachend): «Nein, auf keinen Fall!» Er: «Das Schlafzimmer haben wir groß, und das ist die 17. Etage, das ist ziemlich hoch ... Kannst du auf der linken Seite gucken bis Alexanderplatz. Wir haben auch einen Balkon!» “Möchtest du rausen gucken? [...] Kannst du auf linke seite gucken und kurze richtung Alexanderplatz, wir haben auch Balkon.”

Zwei Frauen im Treppenhaus Ältere: «Hallo Süße, wo gehst’n hin?» Jüngere: «Wat?» Ältere: «Wo gehst du hin?» Jüngere: «Ich geh runter, Zigaretten kaufen.» Ältere: «Hast ja noch eine hinterm Ohr!» Jüngere: «Ja ... aber ich geh jetzt noch mal schnell welche holen. Cindy braucht auch noch welche. Weil, sie hat Besuch da, und ich geh mit meinen Mädels aus.» Ältere: «Gut, viel Spaß!» Jüngere: «Danke gleichfalls.» -Schwer Ich habe zwei kleine Kinder.

Das ist das Wohnung.

[...] Angetrunkener Russe an der Tür [...] Wir haben noch zwei andre Zimmer, und Kuche, und manchmal kann meine Frau weg gehen mit Kindern und wenn es Problem, weil wir haben keine andre bekannte kann er sich verstecken vielleicht. Er: «Ich hab … nein … Ok, ich mache alles. … -Nein ich bin aus Serbien. Ich schicke nur Foto aus meiner … kannst du reingehen, bei mir ist es – ehm … tut mir leid. Es ist ein bisschen so. Ist nichts für heute. Ich melde mich.» Wir: «Warum sind diese Sticker auf der Tür?» Er: «Also, das war nicht ich.» (flüsternd): «Das war das Kind vom Nachbarn, er war so 14 , 16, er hat diese Sticker auf die Tür geklebt. Ich nehme sie nicht weg. ... Ihr müsst den Concierge – den Mann unten – anquatschen und einen Termin mit dem Hausmeister machen. Er weiß ja, wo es was gibt.» Er geht hinein, um nach einem Foto für unser Casting zu suchen. Er kommt zurück, während er mit jemandem auf Russisch redet. Er gibt uns ein Foto von sich und seinem Boss bei der Arbeit in einer Bar. Er lacht. -Und Sie kommen aus Bosnien auch?

-Ha -Ha -Wa -Wo -Ich -Alle -Und -Ha -Jaja brau -Ach -Wei -Gut -Dan -Dan


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Anastasia Becker, Itzhak Weissmehl

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Eine temporäre Okkupation des Ortes. Bestmögliche Assimilierung. Das Rauschen der Blätter, der Geruch der nassen Erde und der Blick zum Himmel. Ein Augenblick der Ruhe.

villenkolonie obersee


«Die panoptische Anlage schafft Raumeinheiten, die es ermöglichen, ohne Unterlass zu sehen und zugleich zu erkennen. … Die Sichtbarkeit ist eine Falle. … Daraus ergibt sich die Hauptwirkung des Panopticon: die Schaffung eines bewussten und permanenten Sichtbarkeitszustandes beim Gefangenen, der das automatische Funktionieren der Macht sicherstellt. Die Wirkung der Überwachung ist permanent, auch wenn ihre Durchführung

mfs-areal sporadisch ist; die Perfektion der Macht vermag ihre tatsächliche Ausübung überflüssig zu machen; der architektonische Apparat ist eine Maschine, die ein Machtverhältnis schaffen und aufrechterhalten kann, welches vom Machtausübenden unabhängig ist; die Häftlinge sind Gefangene einer Machtsituation, die sie selber stützen. … Diese Anlage ist deswegen so bedeutend, weil sie die Macht automatisiert und entindividualisiert. Das Prinzip der Macht

liegt weniger in einer Person als vielmehr in einer konzertierten Anordnung von Körpern, Oberflächen, Lichtern und Blicken; in einer Apparatur, deren innere Mechanismen das Verhältnis herstellen, in welchem die Individuen gefangen sind.» Michel Foucault über den Bautyp des Panoramagefängnisses – zitiert nach Foucault 2013 14:256 ff.


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friedrichsfelde


Sich hinlegen – ein passiver Akt. Sich hingeben an den Ort. Ihn für sich einnehmen und ihn bei einfacher Körperpräsenz definieren. Vibrationen der Strasse wahrnehmen, den Geruch der Abgase riechen, die Kälte des Asphalts spüren. Und die Augen schliessen. Die Schnellstrasse Frankfurter-Allee/Alt-Friedrichsfelde ist eine wichtige Verbindung zwischen Berlin und dem Osten, aber im lokalen Massstab

der Nachbarschaft Lichtenbergs hat ihr autobahnähnlicher Charakter eine starke Auswirkung auf die Umgebung. Der Widerspruch zwischen dem menschlichen und dem städtebaulichen Massstab ist bemerkenswert. Die an die Schnellstrasse angrenzenden Fussgängerbereiche sind breit und gut begrünt – und trotzdem meist menschenleer. Die Anonymität der breiten Strassen wird durch die monotone

Anordnung der Plattenbauten im städtischen Raum verstärkt. Doch abgeschirmt von der Strasse liegt im verborgenen ein Ort von vager Ambiguität, rätselhaft; wie gefangen in einer Zwischenzeit: Voll von undefinierten Objekten, erzählt er Geschichten von unklarer Bedeutung und offenbart geheime Symbole. Er enthüllt den menschlichen Drang, einen privaten Ort nach eigenen Vorstellungen zu kreieren – eine Okkupation im Kleinen.


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Obwohl die einzelnen hier festgehaltenen Beobachtungen nur winzige Ausschnitte der jeweiligen Nachbarschaften darstellen, wird in der Zusammenschau einmal mehr der heterogene und diverse Charakter des Stadtteils deutlich. Die erforschten Gegenden unterscheiden sich deutlich – wie auch die Ansätze der Forscher_innen und die Charaktere der beteiligten Expert_ innen. Mit Themen wie der «Nachbarschaftlichen Aktion», dem «DrinSein» in Abgrenzung zu einem als feindlich empfundenen Aussen oder den fast voyeuristisch anmutenden Schlüsselloch-Blicken in fremde Welten werden wesentliche Aspekte des Wohnens beschrieben, die auch für die folgende Entwurfsarbeit Relevanz besitzen – und das nicht nur hier, in Lichtenberg.

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szenen einer strasse



Teilnehmer_innen: Sarah Bäcker, Stephanie Brenner, Víctor Martos Castillo, Amandine Descamps, Carole Deslous-Paoli,

Bulletshop-Inhaber, der Fahrradverkäufer, die Friseurinnen, die Kosmetikerin, der Imbiss-Verkäufer, ein Imbiss-Betreiber, die Tankstellenpächterin und der Tischler Mit freundlicher Unterstützung durch: Bezirksamt Lichtenberg: Amt für Stadtentwicklung, Stadtrat Nünthel, Stattbau, FPB, Andrea Benze, Anne Kockelkorn, Anke Strauss, SenStadtUm Berlin

Sophie Fetten, Sophia Huhle, Irene Kriechbaum, Belén de Pedro Pasamar, Selin Projer, Carl Rosenburg, Roman Szymczak, Albane de la Villegeorges, Bonnie Zimmer Lokale Expert_innen: Der Apotheker, die Besitzerin der Änderungsschneiderei, die Bardamen, ein Bewohner des Q216, die Bioladenbesitzerin, die Blumenladenchefin, der

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Das Seminar STADT (BE)SCHREIBEN: SZENEN EINER STRASSE wurde im Wintersemester 2013/2014 am lived/space/lab der UdK Berlin durchgeführt. Seminarleitung: Saskia Hebert Projektassistenz: Valeria Fahrenkrog

Im Rahmen dieser Untersuchung entstanden Porträts verschiedener Protagonist_innen an einem ambivalenten Ort, der alten Frankfurter Allee. Eine «urbane Narration» integriert sie in eine fiktive filmische Strassen-Szene, die sich eigentlich jederzeit so abspielen könnte. Oder?


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Alte Frankfurter Allee

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Die städtebauliche Situation an der so genannten «alten» Frankfurter Allee erzählt viel über die rasante Entwicklungsgeschichte von Lichtenberg: Die einstmals baumbestandene Vorstadt-Promenade knickte ursprünglich auf Höhe der Hubertusstraße leicht nach Norden ab, um wenig später die Gleisanlagen des Bahnhofs Lichtenberg auf dem kürzesten Weg überqueren zu können. Erst in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die zweispurige Bogenbrücke durch das autobahnähnliche Viadukt ersetzt, das seither den sechsspurigen Verkehrsstrom auf Höhe des dritten Stockwerks der Altbauten über das darunter liegende Bahngelände leitet. Das übrig gebliebene, tiefer gelegene Stück Straße wirkt doppelt abgehängt: vom Verkehr und scheinbar auch von der dynamischen Entwicklung der Gesamtstadt. Die kleinen Läden in den Erdgeschosszonen locken immer weniger Kundschaft an – eine hohe Fluktuation und eine Homogenisierung des Angebots sind die Folge. Dennoch wirkt das kurze Stück Straße für Lichtenberger Verhältnisse erstaunlich belebt und weltoffen: Nicht nur das Sana-Klinikum und die günstige Verkehrserschließung, sondern auch die Tatsache, dass sich in diesem ruhigen Wohnkiez überhaupt Läden in den Erdgeschosszonen befinden, lassen die alte Frankurter Allee im Vergleich zum restlichen Kiez als urbanes Zentrum erscheinen, das noch nicht vom sonst allgegenwärtigen Strom der Touristen entdeckt worden ist. Die lokalen Expert_innen, so viel sei vorweggenommen, spiegeln die Ambivalenz dieser beiden verschiedenen Perspektiven recht genau: Die eher pessimistischen Alteingesessenen, die den heutigen Zustand mit besseren Zeiten vergleichen (der Kiez galt vor 1989 dank seiner hohen Stasi-Mitarbeiter-Dichte als «bessere Gegend», vor allem für Läden des nicht-ganz-so-alltäglichen Bedarfs) stehen eher optimistisch eingestellten neu Zugezogenen gegenüber. Eine Planung der BVG, die ihre Tram-Endhaltestelle in der Gudrunstraße aufgeben will und ein Aufstellgleis im westlichen Ende der Sackgasse plant, sorgt nun für neue Aufregung und heiße Debatten in allen Foren der Bürgerbeteiligung: Dieser Vorschlag, da sind sich ausnahmsweise alle hier einig, bedroht die mühsam aufgebaute Existenz vieler Ladenbesitzer_innen und mindert die Qualität des Straßenraumes. Aber haben sie da überhaupt ein Mitspracherecht? Wem gehört die Stadt, und wer entscheidet über ihre Entwicklung?


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TISCHLEREI

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SUZIS BIERKNEIPE

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BIKELADEN

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AVCI BISTRO

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APOTHEKE

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FRISIERSALON

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Am Anfang stand ein Spiel: Aus 56 Formularen mit Fotografien von Ladenfronten konnten die «Externen» bis zu drei als Ziel der eigenen Forschung auswählen. Aus den Interviews, die in dieser Phase geführt wurden, entstanden die auf den folgenden Seiten dokumentierten Charakterisierungen der Geschäfte und ihrer Besitzer_ innen. In einem zweiten Schritt entwickelte die Gruppe aus der neu gewonnenen Kenntnis der Orte und der lokalen Akteure ein Szenario, das als «urbane Narration» in einem kurzen Film und mithilfe eines grossen Modells erzählt wurde: Nach einem unerwarteten Ereignis, so die Geschichte, treffen sich die Protagonist_innen der Frankfurter Allee und beginnen, eine gemeinsame Aktion zu veranstalten – sie okkupieren «ihren» Strassenraum mit einem Fest.

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Legende: Gelb = Wohnen Grün = Dienstleistung + Gewerbe Blau = Einzelhandel Rot = Gastronomie Weiss = Leerstand

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Die Abbildungen zeigen 27 der 56 «Spielkarten». Umrahmt sind diejenigen, die später auch bearbeitet wurden.

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Wohnen in der Maschine im Q216 lebt Mohamed Ahmed seit Juni 2013, seine Freizeit allerdings verbringt er lieber woanders. Er schätzt die umliegende Infrastruktur mit schnellem Anschluss nach Mitte; die Straße in den Lichtenberger Kiez überquert er eher selten. Er ist auch nicht mit seinen Nachbarn vernetzt, obwohl er sich trotz des Anspruchs, ruhig zu wohnen, nach Freunden und Gesprächspartnern sehnt. Mohameds Appartment in dem erst kürzlich umgebauten ehemaligen Bürogebäude der Bahn ist klein und kompakt; es bildet seinen persönlichen Rückzugsort. Die Größe der Wohnung ist für ihn ausreichend, er schätzt, dass alles schön neu ist. Er weiß zwar nicht, wer seine Nachbarn sind, aber so lange er seine Ruhe hat, spielt das keine große Rolle. Er möchte ohnehin nicht ewig hier wohnen, am liebsten würde er wieder zurück an den Alex ziehen.

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«Der erste Ort in Berlin, an dem ich gewohnt habe, war der Alex. Da fühl᾿ich mich immer noch am wohlsten. Es zieht mich immer wieder da hin.» Leider hat er von seinem Fenster keinen direkten Blick auf den Fernsehturm. Vom sechsten Stock aus hat er aber einen guten Ausblick auf die Frankfurter Allee, er mag die luftige Weite vor seinem Fenster.

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DIE STADT

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«Mich stören die Autos hier nicht. Sie rauschen unten vorbei, das ist wie das Meeresrauschen in meiner Heimat.» Seine regelmäßigen Spaziergänge führen Mohamed zu den touristischen Anlaufpunkten in Berlin. Er geht vom Alex über das Brandenburger Tor durch die Stadt.


Sehnsucht  Heimat Seine Urlaube verbringt Mohamed am liebsten in Ägypten, bei Freunden und Familie. Am allerliebsten in seiner Heimatstadt Alexandria mit dem schönen Strand. Er beschreibt die Stadt als historisch, bunt, lebendig; allerdings auch als laut, korrupt, dreckig und perspektivlos. Alternativ fährt er gerne an die Ostsee, denn auch dort gibt es viele seiner geliebten Leuchttürme. Mohamed hofft, hier in Deutschland dauerhaft eine Heimat zu finden. Dazu gehören für ihn Freunde 55 und eine eigene Familie. Langfristig würde er gerne wieder in seinem gelernten Beruf als Anwalt arbeiten.

EXTERNE Sarah Bäcker kommt aus dem Ruhrgebiet und hat eine Zeit lang selbst in Lichtenberg gewohnt. Irene Kriechbaum ist aus Österreich und neugierig, den Kiez kennenzulernen. Beide studieren Visuelle Kommunikation im Masterstudiengang.

«Oft lauf ich dann noch weiter, dann sieht man in der Ferne schon die Spitze des Sony Centers.» Besonders gefallen ihm das bunte Treiben und das internationale Flair am Potsdamer Platz. Gern trinkt er hier einen Kaffee oder nimmt einen Imbiss in einem der Take-Aways. Mohamed erzählt, in Ägypten sei es üblich, Essen auswärts zum Mitnehmen zu kaufen.

LOKALER EXPERTE Mohamed   A hmed (Name auf Wunsch geändert) wurde 1977 in Alexandria geboren und lebt seit fünf Jahren in Berlin. Er ist studierter Jurist und floh vor den chaotischen Verhältnissen in seiner Heimat. In Berlin arbeitete er zunächst als Tellerwäscher. Mittlerweile ist er als Kellner in einem Viersternehotel angestellt.

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24 Stunden Behaglichkeit

Aktivitätszonen in der Bar: Privat  – funktional Öffentlich – kommunikativ

SUZIS Bierkneipe

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gibt es seit sieben Jahren. Stammgäste kommen sowohl zum Kaffee am Vormittag als auch zum Feierabendbier. Für manchen Kiezbewohner wurde die Kneipe zum sozialen Treffpunkt. Obwohl Angela als Wohnort ausdrücklich das grüne Ahrensfelde vorzieht, mag sie die Umgebung der Kneipe. Sie findet, hier (in der alten Frankfurter Allee) sei das Leben noch bunt und vielfältig, manchmal auch ein bisschen verrückt. Angesprochen auf mögliche Veränderungen, reagiert sie zwiespältig: « … es soll alles so bleiben, wie es ist. … Hier soll’s bloß nicht so werden wie am Prenzlberg. Mensch, wenn ich nur diese Mütter höre, wenn die Kinder einen Donut wollen und sie ihnen dann einen Tofu-Dinkel-Keks aufdrücken!» Andererseits findet sie, dass der Kiez sicherer werden sollte, damit man als Frau unbesorgt allein nachts unterwegs sein kann.


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Die oase im Kiez

«Die Leute hier arbeiten hart. Oft sind sie viele Jahre nicht in der Heimat gewesen. Viele spielen, um sich abzulenken, und manche verspielen, was sie verdienen.»

Skype in die Heimat 57

Neben den Spielautomaten war der Internetzugang mit Skype ein beliebtes Angebot für viele Gäste. Da sich der Besitzer jedoch auf behördliche Anweisung zwischen Automatenaufstellung und Internetangebot entscheiden musste, ist der frühere Computerraum nun Lagerfläche und leider nicht mehr zugänglich. Angela findet es schade, dass nicht beides möglich ist: Viele Gäste, die Suzis Kneipe als Verbindung in die Heimat genutzt haben, bleiben nun fern.

6h

12h

Kaffee zum Frühstück /  am Vormittag

18h

Kaffee am Nachmittag / Feierabendbier

24h

Abendgeschäft

6h

EXTERNE Sarah Bäcker kommt aus dem Ruhrgebiet und hat eine Zeit lang selbst in Lichtenberg gewohnt. Irene Kriechbaum ist aus Österreich und neugierig, den Kiez kennenzulernen. Beide studieren Visuelle Kommunikation im Masterstudiengang.

Angela und ihren Kolleginnen ist es wichtig, dass sich alle Gäste im Lokal wohlfühlen. Inneneinrichtung und Dekoration tragen dazu bei. Sie selbst bleibt auch gern nach ihrer Schicht auf der anderen Seite des Tresens sitzen.

LOKALE EXPERTIN Angela  Jury arbeitet als Kellnerin in der Bierkneipe Suzi. Gemeinsam mit vier Kolleginnen sorgt sie dafür, dass das Lokal an sieben Tagen in der Woche nahezu 24 Stunden lang geöffnet hat. Angela wurde 1961 in Finsterwalde geboren und arbeitet seit vielen Jahren in der Gastronomie in Lichtenberg. Sie kennt die lokale Kneipenszene ebenso gut wie den Kiez, wohnt aber selbst in Ahrensfelde.

«Wir sind ein Anlaufpunkt für ein sehr gemischtes Publikum. Alt und jung, von hier oder von weit weg. Wir sind eine Oase für die Leute  …  Wir machen es uns hier schön. Es ist schließlich so etwas wie unser zweites Zuhause. »


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Zwei Läden, ein Bürgersteig

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BLUMENLADEN & ÄNDERUNGSSCHNEIDEREI / REINIGUNG Der Blumenladen läuft so gut, dass keine Zeit für Interviews bleibt: Die aufkommende Adventszeit lastet das auch sonst schon florierende Geschäft noch stärker aus. Die Mitarbeiterinnen arbeiten zu dieser Jahreszeit von 7 bis 19 Uhr. Sie kommen alle aus Berlin. Der Laden beansprucht mit seiner prächtigen Auslage einen großen Teil des davor liegenden Bürgersteiges. Seine Präsenz im Straßenraum ist auch nebenan noch spürbar. Die Schneiderei im Nachbarhaus bietet allerlei Änderungen und Reparaturen an. 2013 hat Frau X das Geschäft mit großen Hoffnungen übernommen, die vor allem auf der guten Lage am Eingang des Quartiers und dem Anschluss an die verschiedenen Bahnlinien basierten. Die Besitzerin hat viele Bekannte im Ostteil der Stadt, da die vietnamesische Gemeinschaft dort stark vertreten ist. Dies gilt insbesondere für Marzahn, wo sie wohnt. Im Geschäft herrscht eine familiäre Atmosphäre: Ein Enkelkind spielt, und eine Auszubildende geht bei den Arbeiten zur Hand. Sämtliche Vorgänge spielen sich in einem Raum ab, der nur durch eine Theke in eine Verkaufs- und eine Arbeitsfläche gegliedert ist. Es gibt jedoch, anders als erwartet, wenig Laufkundschaft, was die Besitzerin sich nicht erklären kann.


– und ein Besuch:

FFA 247/2 FFA 249

Eintritt ab 18. An einem Kickertisch vorbei durch dezenten Zigarettengeruch gehend, komme ich zu gediegenen Sesseln und suche mir einen Platz. Am Nachbartisch trinkt ein Typ, der aussieht wie Elvis Presley, seinen morgendlichen Kaffee und bleibt während meines gesamten Besuchs dort sitzen. Mein Blick streift an der blau-orangenen Wand entlang und erfasst drei Spielautomaten, zur Frühstücksstunde betätigt von zwei Damen und einem Herrn. Um einen Espresso aus der original italienischen Kaffeemaschine zu bekommen, muss ich zur Bar gehen. Das Wasser 59 muss ich zusätzlich erfragen: Kaffee scheint nicht der Fokus der Bar zu sein. Ich fühle mich fremd hier, auch wenn ich vom Chef, wie die anderen Gäste, per Handschlag begrüßt werde. Beim Klang von Popmusik der 2000er Jahre genieße ich meinen Espresso unter misstrauischen Blicken. Man müsste hier wohl öfter sein, um dazu zu gehören.

EXTERNE Bonnie Zimmer und Carl Rosenburg sind Architekturstudierende im Masterprogramm an der UdK Berlin.

SULTANBAR

LOKALE EXPERT_INNEN Die lokalen Expertinnen und Experten wollten sich in diesem Fall nur anonym oder gar nicht äussern.

FFA 255/3


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Datscha im Birkenwald Der Schlemmergrill

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befindet sich auf einem verwildert wirkenden Grundstück direkt an der Lichtenberger Brücke, unweit des Bahnhofs Lichtenberg. Während dieser für Berliner_innen das «Tor zum Osten» symbolisiert, beschreibt ihn der russischstämmige Schriftsteller Wladimir Kaminer als «Tor zum Westen»: Er kam 1990, nach der Wende, wie viele seiner Landsleute in Berlin Lichtenberg an – und wurde im wiedervereinigten Deutschland schon bald darauf mit seinem Buch «Russendisko» berühmt. Auch auf das Wohngebiet um die Frankfurter Allee gibt es zwei verschiedene Perspektiven: Auf der einen Seite liegt die achtspurige, stark befahrene Straße, die – einer Autobahn gleich – mitten durch die Stadt führt, für Lärm sorgt und eine starke Barriere bildet. Auf der anderen Seite, nur wenige Meter davon entfernt, liegt die ruhig und friedlich wirkende alte Frankfurter Allee mit ganz normalen Läden und Geschäften. Der Schlemmergrill, der sich seit ungefähr drei Jahrzehnten an der Schnittstelle zwischen beiden Welten befindet, ist ein Familienbetrieb.


EXTERNE Sophia Huhle studiert an der UdK Architektur. Selbst aus dem Prenzlauer Berg kommend, kennt sie Lichtenberg eigentlich nur aus Erzählungen. Einmal verirrte sie sich allerdings auf dem Heimweg von einer Radtour zu den Badeseen in Kaulsdorf – genau hier, in Lichtenberg.

Seit drei Jahren wird er von Familie Woksanan geführt. Angeboten werden deutsch-russische Gerichte und verschiedene heiße und kalte Getränke. Schon morgens vor der Öffnung warten hier die ersten Gäste aus dem um die Ecke gelegenen Stadtteilzentrum Undine auf frischen Kaffee. Mittags mischen sich weitere Besucher_innen darunter: Alteingesessene Lichtenberger genießen die selbst zubereiteten Gerichte und die familiäre Atmosphäre. Urlaubserinnerungen an Reisen mit der transsibirischen Eisenbahn werden ausgetauscht. Natürlich bespricht man auch die Neuigkeiten aus dem Kiez bei Currywurst oder Soljanka. Zu später Stunde geht Feierabendbier über die Theke. Arsen wird auch schon mal eingeladen, die Undine als offenes Haus zu besuchen. Auch die Betreiber der benachbarten Sultanbar 61 kommen ab und zu zum Essen.

LOKALER EXPERTE Arsen Woksanans Familie stammt ursprünglich aus einem armenischen Dorf, ist aber dann über Moskau nach Omsk gezogen. Seit acht Jahren wohnen die Woksanans in Berlin, in einem der Hochhäuser am Alexanderplatz. Doch die Erinnerungen an Moskau lassen Arsen nicht los.

FFA 252


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Eine Apotheke ihrer Zeit Die Apotheke hat eine besondere Geschichte. Diese beginnt im Herbst 1995, als Konstantin Primbas mit der BärenApotheke in Hohenschönhausen seine erste Filiale in Berlin eröffnet. Im Februar 1999 erfolgt dann der Umzug in die Frankfurter Allee 241 in Lichtenberg. Da Primbas bereits 2005 die wachsende Aufgeschlossenheit für das Online-Gesundheitsshopping in Deutschland spürt, gründet er hier im Frühjahr 2006 die APONEO Deutsche Versand-Apotheke Berlin. Heute zählt APONEO zu den zehn größten Internetapotheken Deutschlands und beschäftigt in Berlin ein rund 80-köpfiges Team. Wurden zu Beginn noch zehn Pakete pro Tag verschickt, sind es heute täglich rund 2.500 Pakete, die die Versandapotheke verlassen.

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DIE LAGE In Lichtenberg gibt es viele gute medizinische Versorgungseinrichtungen, zum Beispiel das Krankenhaus, ein Ärztehaus und viele Zahnarztpraxen, die vom S- und U-Bahnhof leicht zu erreichen sind. Der Stadtteil hat auch eine gute Anbindung an das Zentrum und ins Umland. Für Herrn H., den Apotheker, stellt sich die Frankfurter Allee in erster Linie als Weg zum Krankenhaus dar. Eine Einkaufsstraße sei sie nicht, sagt er, denn es fehle ein Lebensmittelmarkt. Außerdem sei sie eine Sackgasse. Es sei zu schwierig, sich hier zu orientieren, wenn man sich nicht auskenne. Viele Leute hier kennen sich untereinander. Die Mieten sind niedriger als in Prenzlauer Berg und Neukölln. Herr H. arbeitet gern hier, auch wenn, wie er beschreibt, die Leute «den Euro zweimal umdrehen», bevor sie etwas kaufen. Wegen der Arbeitslosigkeit steige die Aggressivität, und Alkohol sei ein Problem, sagt er. Herr H. hat in letzter Zeit viele neue Gesichter bemerkt und erklärt, dass die Bevölkerungsstruktur sich verändere. Zum Beispiel gingen die


Leute, die sich Mitte, den Prenzlauer Berg und Neukölln nicht mehr leisten können, nach Lichtenberg. Und die, die sich Lichtenberg nicht mehr leisten können, gingen noch weiter weg.

FFA 241

Wünsche Der Apotheker wünscht sich mehr Parkmöglichkeiten für sein Geschäft. Und er glaubt, es sei kein Platz für die Straßenbahn. Die findet er hier nicht nützlich, außer vielleicht für das Krankenhaus. Der Bezirk solle sich entscheiden, findet er. Herr H. möchte, dass das Straßenbild 63 verschönert wird, aber er hat Angst, dass eine Baustelle die Kund_innen fernhielte. Er schlägt außerdem den Einbau von Rampen vor, damit auch Rollstuhlfahrer_innen in alle Geschäfte der Alten Frankfurter Allee kommen können.

EXTERNE Carole Deslous-Paoli ist Studentin der Architektur und hat das Interview geführt. Sie kommt aus den Französischen Alpen, deswegen versteht sie die Anpassungsschwierigkeiten des Apothekers, als er in Berlin angekommen ist. Carole kannte den Kiez nicht, aber freut sich, einen Berliner Stadtteil zu entdecken.

Berlin sei heute eine touristische Stadt, die sich sehr verändert habe, sagt der Apotheker, und deswegen ist er ein wenig nostalgisch. Am Anfang hat er in Hohenschönhausen gearbeitet. 2008 fing er dann in der APONEO Apotheke Lichtenberg an. Vielleicht will er nicht für immer in Berlin bleiben: Er überlegt, nach Südbayern zu ziehen. Gegenwärtig lebt der Apotheker im Prenzlauer Berg, der saniert, schön und sehr touristisch ist. Er sagt, es gebe dort viele junge Leute und manchmal zu viel Krach von den Kneipen. Die Mieten seien hoch, deswegen gebe es dort gar keine alteingesessenen Bewohner mehr: Alle Berliner seien weggezogen. Herr H. ist in seiner Freizeit auch viel in Neukölln, wo seine Freundin wohnt. Auch hier gebe es viele junge Leute und eine nette Atmosphäre. Aber die Mieten, sagt er, stiegen auch dort.

LOKALER EXPERTE Herr H. ist Apotheker und in Nordbayern in einem Mittelgebirge geboren. Er ist in einer Stadt mit 3.000 Einwohnern aufgewachsen. In diesem Ort gibt es viele Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen (z.B. Skifahren, freies Klettern). 1996 ist er nach Berlin gekommen, um Pharmazie zu studieren. Er hat mehr als ein Jahr gebraucht, um sich hier wohlzufühlen.

Wandel


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Bike Factory Im Fahrradladen

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gibt es, wie sein Name schon andeutet, Fahrräder jeder Preisklasse und spezielle Bauteile zu kaufen. Viele Kund_innen kommen von weit her, wegen des speziellen Sortiments. Es gibt aber ebenso viel Stammkundschaft aus der Gegend, die gute Qualität und Beratung schätzt. Sebastians Familie kommt aus Köpenick, ganz ursprünglich aber aus der Poststraße in Mitte; seine Oma hatte ein Restaurant im Monbijoupark. Die Familie war durch die Arbeit stark mit dem Bezirk Mitte verbunden, der Alexanderplatz ist noch heute ihr Bezugspunkt. Sebastian hatte schon vorher ein Fahrradgeschäft in Friedrichshagen und übernahm 2004 das in der Alten Frankfurter Allee, da der Laden zum Verkauf stand und bereits als renommierter Fahrradladen-Standort bekannt war. In Lichtenberg fehlen ihm vor allem vernünftige Freizeitanlagen: »Es gibt überhaupt keine Möglichkeit, mit den Kindern irgendwo draußen zu spielen, mal einen Korb zu werfen oder Tischtennis zu spielen.« Einen Fußballplatz gebe es zwar, oben an der Bornitzstraße, jedoch völlig abgetrennt von der allgemeinen Wohngegend. Es biete sich nicht an, da einfach mal hinzugehen, findet er. Und dann sei das auch noch Vereinsgelände. «Lichtenberg ist kein Ort, der einlädt, das Haus zu verlassen.» Für den Bezirk wünscht er sich da bessere Angebote:


LOKALER EXPERTE Sebastian Rach, 31 Jahre alt, ist Besitzer und Geschäftsführer der Bike Factory. Er besass zuvor einen kleinen Fachhandel speziell für BMX-Räder in Köpenick, wo er aufgewachsen ist. Die Bike Factory ist im Frühjahr 2014 in die ehemalige Sparkasse an der Frankfurter Allee 213 umgezogen. Das neue Geschäft hat eine prägnante Ladenfront, ist besser sicht- und erreichbar.

Die Ladenflächen sind hier generell nicht besonders groß. Angesichts 65 dessen, was dort verkauft wird, sei das völlig okay – nicht aber für ein Fahrradgeschäft, sagt Sebastian, das brauche mehr Platz. Dass Wohnungen renoviert werden – und damit die Mietpreise steigen – sei traurigerweise gut für den Bezirk, sagt Sebastian, denn dann gebe es mehr Kaufkraft. Er beklagt allerdings, dass es die klassische Laufkundschaft nicht mehr gebe: Zwar kämen viele BVG-Kund_innen an seinem Geschäft vorbei, die seien jedoch ohne Fahrräder unterwegs. Die Fahrradfahrer_innen dagegen führen oben an der Frankfurter Allee entlang, am Geschäft vorbei. Der aktuelle Standort sei schwer zu finden: Viele Navigationsgeräte lokalisierten seine Adresse fälschlich bei der Aral-Tankstelle. Sebastians Lösungsvorschlag für dieses Orientierungsproblem ist verblüffend einfach: Man könne die alte Frankfurter Allee, die momentan ja nur im Kiez so genannt wird, doch offiziell so umbenennen, findet er. Dann wären Verwechslungen ausgeschlossen.

FFA 244/3

EXTERNE Stephanie Brenner ist Masterstudentin im Studiengang Visuelle Kommunikation. Sie kommt aus Stuttgart und ist 27 Jahre alt.

»Keinen Park, da gibt es schon genug in Berlin. Aber eine Sportfläche für Bürger, wie zum Beispiel einen BMX-Parcours wie im Mellowpark, oder ein Baseballplatz wären gut – das sind Aktivitäten, die hier gänzlich fehlen.« Auch die Nachbarschaft in der Frankfurter Allee ist noch nicht optimal, findet Sebastian. In Friedrichshagen, sagt er, habe es eine Werbegemeinschaft gegeben: Die Ladenbetreiber_innen hätten Geld auf ein gemeinsames Sammelkonto eingezahlt und davon beispielsweise zu Weihnachten die Straße geschmückt oder gemeinsame Feste organisiert. Anders in Lichtenberg: »Eine Werbegemeinschaft kann man sich hier nicht vorstellen, höchstens mit zwei anderen Läden wäre das hier denkbar. Und es würde auch keiner der Händler hier selbst ein Straßenfest organisieren.« Sebastian findet jedoch, die Gegend um den Laden herum entwickele sich positiv: Vor zehn Jahren seien nur Spätis vor Ort gewesen, jetzt gebe es auch andere Angebote. Dennoch existierten immer noch viele Dönerbuden, sagt er. Die gastronomische Qualität sei «lieblos dahingeschmissen», wie er es ausdrückt, weswegen er in der Mittagspause weiterhin nach Friedrichshain fahren wird zum Essen.


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Der reisende Arbeiter

Im AVCI-Bistro

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am Eingang zum U- und S-Bahnhof Lichtenberg sprechen wir mit Besam Awira, einem kurdischstämmigen Türken, der dort arbeitet. Er hat zwei Jahre lang in Italien gelebt und ist dann nach Deutschland gekommen, erzählt er uns. Er konnte hier aber zuerst nicht bleiben, sondern musste wieder zurück nach Italien, um eine neue Aufenthalterlaubnis zu bekommen – und überhaupt scheint er recht viel unterwegs zu sein. Das kleine Gebäude ist zugleich ein Kebabrestaurant, ein Café und eine Bar; es gibt auch Spielautomaten. Es gehört zu einer Restaurantkette: Gleich gegenüber liegt eine andere, etwas größere Filiale. Beide Restaurants zählen insgesamt sieben Mitarbeiter, alle kurdischer Herkunft. Normalerweise sind sie nur in einem Restaurant beschäftigt, aber wenn es nötig ist, können sie wechseln – so wie Besam, als wir ihn treffen.


temporäre Reise Langzeitreise Verwandte künftige Reise

DEUTSCHLAND

FRANKREICH TÜRKEI

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ITALIEN Visum bekommen

«Die Deustchen denken: Alle, die braune Haare und Augen haben, sind sicher Türken. Du zum Beispiel», sagt Besam zu Albane, «würdest in Berlin für eine Türkin gehalten.»

LOKALER EXPERTE Besam Awira (Name auf Wunsch geändert) ist 29 Jahre alt. Er kommt aus der Türkei und ist Kurde. Besam lebt mit seiner Frau und einem Kind in Reinickendorf. Seine Frau ist auch Türkin, aber in Deutschland geboren. Besams Vater wohnt gerade in Lichtenberg, im Gegensatz zu seiner Mutter und seinen Schwestern, die in der Türkei geblieben sind.

Zwei verschiedene Typen von Kunden sind zu unterscheiden: der Stammgast und der Durchreisende. Letztere kommen meist zu den Stoßzeiten, also zum Mittag- oder Abendessen ins AVCI-Bistro. Die Zahl der Stammgäste bleibt den Tag über relativ konstant. Die Durchreisenden und die Stammgäste haben auch nicht dasselbe Konsumverhalten: Nach Besams Beobachtung kommen die Stammgäste häufig, um zu spielen, mitunter den ganzen Tag lang. Sie trinken meist einen Kaffee oder ein Bier, manchmal essen sie auch etwas. Die Durchreisenden dagegen verzehren das Bestellte rasch und spielen fast nie.

FFA 244/1

EXTERNE Albane de la Villegeorges und Roman Szymczak studieren Architektur in Paris und sind gerade für ihr Erasmus-Austauschjahr an der UdK Berlin. Als sie zum ersten Mal nach Lichtenberg gefahren sind, haben sie entdeckt, dass dieser Stadtteil zwar wie eine französische Vorstadt aussieht, aber eine total andere Atmosphäre hat: In Paris wirken die «banlieues» viel unsicherer.

Ein normaler Arbeitstag fängt für Besam ungefähr um 9 Uhr an. Am Vormittag gibt es sehr wenig Kundschaft. Ab Mittag gibt es mehr Gäste und deshalb auch mehr Arbeit für Besam; später am Tag bleibt diese Zahl ungefähr gleich.


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Rauch dein Obst!

Den Bullet Shop

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besitzt Amin Karim, gelernter Einzelhandelskaufmann, seit drei Jahren. Hier verkauft er Shishas, Tabak für Wasserpfeifen und Zubehör. Sein Geschäft ist sehr gut sortiert, die Beratung professionell und freundlich. Karims Stammkunden sind unter anderem Studierende aus dem Wohnhaus Q216, andere kommen aus Lichtenberg und natürlich auch aus dem restlichen Berlin. Mittlerweile haben die Nachbarn im Viertel verstanden, dass er in seinem Laden keine Drogen verkauft, und seine Laufkundschaft ist breit gefächert. Das Geschäft ist so erfolgreich, dass er bald noch einen dritten Mitarbeiter einstellen muss. Die Wurzeln seiner beiden bisherigen Angestellten liegen in der Türkei und in Ägypten.

Ein Interview Selin und Noemi: «Welche Qualitäten hat dieser Ort für Sie?» Amin Karim: «Der Ort um meinen Laden herum hat wenig Qualität und ist nichts Besonderes: Es gibt viele Betrunkene, und es ist wenig familiär. Im Vergleich zu früher ist die Atmosphäre aber besser geworden. Ich glaube, dass die Sanierung Verbesserungen für das Kiezleben bringt.» S&N: «Welche positive Eigenschaft hat dieser Ort für Sie?» AK: «Multikulti, es ist hier sehr gemischt, von den Nationen her, und es herrscht Akzeptanz für gemischte Kulturen.»


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LOKALER EXPERTE Amin Karim hat ägyptische Wurzeln und wurde 1985 in Berlin-Mitte geboren. Seit einigen Jahren lebt er schon in Lichtenberg, das er als seine Heimat betrachtet.

S&N: «Gehen Sie abends hier in Lichtenberg aus?» AK: «Nein. Wir gehen abends woanders hin zum Feiern. Ich selbst wohne weiter oben in Lichtenberg. Zum Ausgehen gibt es hier recht wenig.» S&N: «Wie wird der Laden wahrgenommen?» AK: «Anfangs waren die Leute sehr skeptisch, und es wurde protestiert, da sie dachten, es kommt ein Drogenladen hier rein. Jetzt wird der Laden akzeptiert. Auch die älteren Bewohner werden langsam warm.» S&N: «Welche Wünsche haben Sie für den Ort?» AK: «Mehr Parkplätze und eine bessere Straßenführung wären gut, da man nur schwer in den Kiez reinkommt. Ein Problem für mich ist das Be- und Entladen vor dem Geschäft. Auch mehr Grünflächen sollten entstehen. Das könnte mehr Familien dazu bewegen, hierher zu ziehen.»

FFA 250

EXTERNE Selin Projer und Noemi Barnet sind Austauschstudentinnen am Studiengang Architektur an der UdK. Beide waren zum ersten Mal in Lichtenberg und hätten ohne dieses Projekt wahrscheinlich kaum den Weg dorthin gefunden. Interessant für sie war es, einen neuen Kiez kennenzulernen, zu erfahren, wie Stadtteilsanierung in der Praxis vor sich geht und wie die Lichtenberger ihren Kiez sehen.

S&N: «Fühlt es sich hier nach Berliner Kiez an?» AK: «Nein, es herrscht hier keine wirkliche Kiezatmosphäre. Die Atmosphäre ist zwar okay, aber für einen Kiez reicht es nicht.» S&N: «Wie empfinden Sie die anderen Geschäfte in der Frankfurter Allee?» AK: «Sie stören nicht. Die Besitzer wechseln oft, aber ich habe mit keinem Probleme. Nur das Essensangebot ist nicht wirklich gut.» S&N: «Essen Sie hier zu Mittag?» AK: «Nein. Wir fahren meistens nach Kreuzberg, denn da gibt es besseres Essen. Wir wollen ein gutes Mittagessen und sind mit dem Auto nicht ortsabhängig. Es gibt leider nur sehr wenige Läden in Lichtenberg, zu denen wir gern gehen. Das Gulasch und die Currywurst von dem einen Laden sind ganz gut. Hausmannskost, selbst gemacht. Auch der kleine vietnamesische Imbiss ist ganz gut.»


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Ein lebendiger Kiez Die Tischlerei umfasst einen Laden direkt an der Siegfriedstraße und eine Werkstatt im Hof dahinter. Im Schaufenster des Ladens fällt sofort die Ausstellung von kleinen Hobeln auf. Diese Sammlung war eine Idee von Kai Dumong und wird von seinen Kunden und Nachbarn laufend ergänzt. Im Laden gibt es einen Kundenbereich, wo in Früh- und Spätschichten Mitarbeiter_innen die Kunden betreuen. Hier werden verschiedene Holzmuster ausgestellt, ab und zu auch mal ein Möbelstück. Hinter dem Kundenraum befinden sich die Büros, die zum Innenhof orientiert sind. Die Werkstatt im Innenhof wird durch die Toreinfahrt von der Siegfriedstraße erschlossen. Als handwerklicher Betrieb hat die Tischlerei einen wichtigen Stellenwert für den Kiez.

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Aus der Sicht von Kai Dumong sind Betriebe wie seiner genauso wichtig für die Kiezatmosphäre wie der Blumenladen und die Bäckerei. Der Laden an der Siegfriedstraße ist sehr gut für Laufkundschaft zu erreichen, und durch Sanierungstätigkeiten in der Nachbarschaft sind weitere Kunden dazugekommen. Dumong ist gern hier: Die alte Frankfurter Allee ist gut gelegen, zumal man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in wenigen Minuten in der City ist. Für ihn und sein Geschäft ist die aktive Teilnahme am Kiezleben wichtig.


Mit der Einstufung als «lärmender Betrieb» sieht Dumong seinen Standort jedoch gefährdet; und auch die geplante zweispurige Linienführung der Tram wäre ungünstig für die Tischlerei, sagt er, da sie Be- und Entladevorgänge einschränken würde.

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Ein richtiger Kiez Kai Dumong bezeichnet Lichtenberg zwar als «richtigen Kiez», würde sich aber trotzdem einige Dinge wünschen, um diesen zu beleben. Dazu würde ein Zeitungskiosk gehören, der zu einem Treffpunkt für die Bewohner wird, denn bisher begegnet man seinen Nachbarn nur zufällig. Auch der Bioladen könne etwas präsenter sein und «aus seiner Nische hervorkommen», dagegen würde es seiner Ansicht nach genügen, wenn hier in der Gegend nur halb so viele «Spätis» existierten. Im Allgemeinen solle bei der Stadtteilsanierung trotz Fußgängerfreundlichkeit der Autoverkehr möglich bleiben, findet er, wie auch das Parken vor dem Laden. 71

EXTERNE Selin Projer und Noemi Barnet sind Austauschstudentinnen am Studiengang Architektur an der UdK. Beide waren zum ersten Mal in Lichtenberg und hätten ohne dieses Projekt wahrscheinlich kaum den Weg dorthin gefunden. Interessant für sie war es, einen neuen Kiez kennenzulernen, zu erfahren, wie Stadtteilsanierung in der Praxis vor sich geht und wie die Lichtenberger ihren Kiez sehen.

Im Verlauf des Interviews wird deutlich, wie gut man sich untereinander im Kiez helfen kann: «Man nimmt füreinander Pakete entgegen, repariert etwas in der Nachbarwohnung und versucht, mit anderen Geschäftsführern Projekte zu realisieren.» Die Kooperation mit dem Campingladen ist ein interessantes Beispiel dafür: Die Idee, zusammen Wohnmobilausbauten zu fertigen, hat die beiden Inhaber zusammengebracht.

LOKALER EXPERTE Kai Dumong ist 43 Jahre alt. Er ist Tischlermeister und kommt ursprünglich aus Mitte. In seinem Betrieb beschäftigt er 14 Mitarbeiter_innen, die fast alle aus einem Umkreis von 10 km zur Arbeit kommen.

kooperation und nachbarschaft


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Zeugin der Wenden Der Kosmetiksalon ist ungefähr 80 m2 groß. Er ist von Montag bis Freitag von 10 Uhr bis 20 Uhr geöffnet und bleibt mittwochs geschlossen. Frau F., die Inhaberin, hat fünfzig bis sechzig Kunden pro Woche, von denen achtzig Prozent aus Lichtenberg kommen. Sie kennt fast alle ihre Gäste persönlich und verbringt durchschnittlich eine halbe bis eine Stunde mit jedem – es kommt darauf an, was gewünscht wird. Sie bietet ganz verschiedene Behandlungen an: Man kann zum Beispiel Haarentfernungen, Massagen, Maniküren oder Kosmetikbehandlungen bekommen. Das Preisniveau sei allerdings recht niedrig, sagt Frau F., denn «in Lichtenberg fehlt das Verständnis für die Luxus- und Wellnesswelt».

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Sie findet, dass es weniger Cocktailbars, Spielhallen und Casinos, und dafür mehr Spielplätze und Parks geben solle im Gebiet. Da könnten sich dann vielleicht auch nettere Geschäfte ansiedeln, eine andere Klientel anziehen und das Preisniveau anheben.


Ihr Stammpublikum stammt zum Teil noch aus der Zeit vor 1989. «Dann kam die Wende, und ich musste nochmal bei Null anfangen. Und irgendwann hat man nicht mehr den Mut gehabt, irgendwo hinzugehen, wo es besser ist. Das war dann ein bisschen festgefahren. Wir hatten auch 73 Jahre gehabt, wo viele Kunden verstorben sind; das ist ein Problem.» Wenn sie irgendwo anders hingehen könnte, würde sie ihren Laden gern in der Kollwitzstraße haben. Da geht sie gern selbst zum Friseur oder zum Einkaufen. «… Prenzlauer Berg: Mir gefallen die Kollwitzstraße und drumherum der Kiez.» Ihrer Meinung nach kann man am Prenzlauer Berg anders arbeiten: Man könne dort, glaubt sie, mit weniger Arbeit mehr Geld verdienen. Die Atmosphäre des öffentlichen Raums sei auch anders, denn es gebe mehr Spiel- und Parkplätze.

LOKALE EXPERTIN Frau F. wurde in Weissensee geboren und lebt derzeit in Schöneiche in Brandenburg. Seit August 1989 arbeitet sie in ihrem Kosmetiksalon in der alten Frankfurter Allee. Weil ihr Arbeitsort ungefähr 23 km von ihrem Wohnort entfernt ist, fährt sie immer mit dem Auto – und ärgert sich über fehlende Parkmöglichkeiten in Lichtenberg.

«Hier in Lichtenberg? Qualitäten?” (lacht) »Nee, gar keine!» Frau F. ist von allen Ladeninhaber_innen mit am längsten in der alten Frankfurter Allee ansässig und hat gesehen, wie sich die Umgebung entwickelt hat. Als sie 1989 den Kosmetiksalon eröffnete, war Lichtenberg ein für Ostberliner Verhältnisse luxuriöser Ort. Das änderte sich mit der Wende: Während der ehemals heruntergekommene Prenzlauer Berg immer schicker wurde, veränderte sich die Gegend um die Alte Frankfurter Allee eher in die andere Richtung.

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EXTERNE Belén de Pedro Pasamar und Victor Martos Castillo sind Architekturstudierende der ETSAV, Barcelona. In diesem Semester sind sie für einen ErasmusAustausch an der UdK Berlin. Sie hatten zu Beginn keinerlei Verbindung zu Lichtenberg. Darum fanden sie es interessant, etwas mehr als die üblichen Klischees über den Kiez zu erfahren.

Grafik: Es gibt insgesamt elf Kosmetiksalons im Umkreis von nur einem Kilometer – eigentlich eine sehr hohe «Wellnessdichte». Da ist es eben nicht so leicht, sich zu behaupten.


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Mehr Style für Lichtenberg Das Friseurstudio style pur wurde im November 2013 neu eröffnet. Insgesamt arbeiten dort drei Mitarbeiterinnen. Obwohl das Geschäft erst seit Kurzem hier ist, zeigt sich bereits eine positive Resonanz. Die Kundschaft wächst hauptsächlich über Mundpropaganda, und auch eine FacebookSeite gibt es.

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Die Besonderheit ihres Studios sieht D. in dem «jungen und hippen Style», der nicht nur junge Leute ansprechen soll, sondern auch Kundschaft zwischen 70 und 80 Jahren. Für die Alte Frankfurter Allee wünscht sie sich, dass die Entwicklung und der Aufschwung, die der Ort im letzten halben Jahr erfahren hat, weitergehen und sich dort «Style und Trend», ähnlich wie zum Beispiel im nahen Friedrichshain, nach und nach etablieren. Sie ist diesbezüglich zuversichtlich und hofft, dass vielleicht sogar der zukünftige Mieter des leeren Ladens nebenan ähnliche Interessen haben wird. Ein Anfang, denkt sie, ist gemacht. Auch das Fahrradgeschäft Bike Factory und der Bullet Shop am oberen Ende der Straße, dessen Werbegrafiker auch bei ihnen die Gestaltung des Geschäfts übernommen hat, sorgen für deutlich mehr Attraktivität im Kiez. Als nicht sehr ansprechend empfinden D. und ihre Mitarbeiterin I. einige der unmittelbar benachbarten Geschäfte in der Straße, zu denen sie auch keinen Bezug haben. Trotz vereinzelter Kritik hat sie aber eine positive Wahrnehmung des Ortes:


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Urbanotop und Lokalkolorit Die Atmosphäre der alten Frankfurter Allee wird durch hohe Dynamik von Verkehr und Topografie, eine selbstverständliche, alltägliche Raumaneignung und durch ein bestimmtes «Lokalkolorit» geprägt.

EXTERNE Sophie Charlotte Fetten studiert Architektur an der UdK. Sie hat bereits an dem Seminar «STADT (PER) FORMEN», das sich mit dem Roedeliusplatz in Lichtenberg beschäftigte, teilgenommen. Für sie war es interessant, sich mit einem anderen Bereich des Bezirks auseinanderzusetzen und einen umfassenderen Eindruck des Gebiets zu bekommen.

«Lichtenberg ist ja eigentlich sehr zentral. Du hast alles: S-Bahn, UBahn, Bus und Tram.» Die vielen Krankenwagen des nahgelegenen Dialysezentrums und des Krankenhauses, die täglich in hoher Zahl vorbei fahren, geben dem Ort eine gewisse Dynamik. Durch die Lage des Geschäfts am unteren Ende der Alten Frankfurter Allee, nahe der Sackgasse, sind die Straßengeräusche von der großen Straße im Geschäft nur gedämpft zu vernehmen. Und im Sommer, glaubt D., werden die Bäume zusätzlich für Sicht- und Schallschutz sorgen. «Also wenn wir nicht die Hoffnung gehabt hätten, dass es passen könnte, wären wir hier nicht hergekommen.»

LOKALE EXPERTINNEN D. ist Inhaberin des Friseurstudios und lebt selbst, wie auch ihre Kolleginnen, nicht in Lichtenberg. Sie hat zuvor jedoch in der Nähe gearbeitet und ist daher mit dem Ort relativ vertraut.

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Essen im Garten Der Bioladen Natur Pur sticht schon von der gegenüberliegenden Seite der Frankfurter Allee wie ein bunter Fleck auf einer grauen Fassade ins Auge: Der Kratzputz ist farbenfroh mit Bäumen und einer Sonne bemalt.

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Vor dem Eingang laden ein Vorgarten mit einer Hollywoodschaukel und zwei kleine Schaukästen zum Betrachten und Betreten ein. Dabei trennen nur ein schmaler, überwiegend zu Parkzwecken genutzter Abschnitt der Straße und eine Böschung mit ein paar jungen Bäumen diesen Teil der Alten Frankfurter Allee von der Schnellstraße. Hier gibt es einen erheblichen, plötzlichen Maßstabsprung – zwischen der Großstadtautobahn und einem kleinen Garten zum Verweilen. Das Interview findet an einem frühen Samstagnachmittag statt. Nicht nur Frau Groschupp ist da, auch eine Mitarbeiterin steht hinter dem Tresen. Ein weiterer Mitarbeiter, dessen Schicht zu Ende ist, kauft mit seiner Freundin noch ein, und eine Stammkundin sitzt an einem der Tische. Die Stimmung ist fröhlich und familiär, Frau Groschupps Antworten auf meine Fragen werden von allen kommentiert und ergänzt. Offensichtlich kennt man sich hier schon lange – und ziemlich gut. Neben dem Verkauf von Bio-Produkten gibt es ein Bistro mit gut besuchtem Mittagstisch. Die Mittagskundschaft wohnt oder arbeitet im Kiez oder etwas weiter weg; manche kommen aus dem Ring-Center. Ab dem späten Nachmittag gibt es die Feierabendkunden, die manchmal nur schnell etwas für das Abendessen einkaufen wollen, manchmal aber auch ins Plaudern geraten und ein Stündchen oder gar mehr bleiben. Neben einer schönen Obst- und Gemüseauslage und den gängigen Produkten findet man hier auch ausgefallenere, seltenere


Mit den Plänen, die Straßenbahn-Endhaltestelle vor ihre Haustür zu verlegen, ist Frau Groschupp unglücklich. Stelle man die Straßenbahn dort ab, bevor sie die gleiche Strecke nochmal führe, so sperre man doch den Straßenraum, sagt sie. So verbaue man sich alle Möglichkeiten und Potenziale, die Straße als attraktiven Aufenthaltsraum zu gestalten. Für den Kiez wünscht sie sich ein Straßenfest, das möglichst alle Ladenbetreiber_innen und Bewohner_innen, insbesondere die ausländische Bevölkerung, mit einbeziehe und Jahr für Jahr auch Menschen außerhalb der Bezirksgrenzen anziehe. 77

EXTERNE Amandine Descamps studiert an der UdK Architektur und kommt ursprünglich aus der Nähe von Paris. Seit 2006 lebt sie in Deutschland.

Bio-Lebensmittel. Es werden Kochrezepte für Groß und Klein ausgetauscht oder Tipps und Anregungen für den nächsten Mittagstisch entgegengenommen. Der Koch ist der Mitarbeiter, der gerade mit seinen Einkäufen fertig geworden ist. In den Schaukästen im Vorgarten werden einige seiner Kunstwerke ausgestellt. Bereits bevor der Bio-Laden entstand, fungierte der Ort als Anlaufpunkt: Der Betreiber des früheren Modegeschäfts veranstaltete oft Kaffeekränzchen für seine Kundinnen. Einmal, erzählt Frau Groschupp, kam eine Dame in den Bioladen, die Jahre zuvor an der Kasse des Modegeschäfts gestanden hatte.

LOKALE EXPERTIN Korinna Groschupp wurde 1973 geboren. Mit fünf Jahren kam sie von Wismar nach Berlin. Zum Gebiet Frankfurter Allee Nord hat sie schon lange einen sehr persönlichen Bezug: Ihre Tochter wurde hier geboren. Als sie 2011 den Laden mit seinem Vorgarten entdeckte, verliebte sie sich in ihn. Zunächst nutze sie ihn als Büro. Ein paar Monate später wurde der Bio-Laden eröffnet.

FFA 231


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Tankstelle mit Aussicht Die ARAL-Tankstelle liegt auf der südlichen Straßenseite der Frankfurter Allee. Vom Kiez aus wird sie als leuchtend blauer Anhang des frisch renovierten Q216 wahrgenommen. Wer sie zu Fuß erreichen will, muss entweder durch die U-Bahn-Unterführung gehen oder das nicht ungefährliche Überqueren der Schnellstraße in Kauf nehmen.

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«Manch einen Stammkunden kenne ich auch schon seit zwanzig Jahren», erzählt Frau Winter. «Die Stammkundschaft ist gerade bei einer Tankstelle sehr wichtig. Sie ist das A und O ihres Bestehens, unabhängig von ihrer Lage, weil es einfach so viele andere gibt.» Das gilt auch für die Tankstelle der Winters, obwohl ihre Lage – nah an der Innenstadt und zugleich an einer der wichtigsten Schnellstraßen, um die Stadt Richtung Osten zu verlassen – auf den ersten Blick äußerst günstig erscheinen mag. Viele der Stammkunden kommen aus dem Gebiet nördlich der Frankfurter Allee. Aus dem neuen Q216 kommen eher wenige, da viele unter ihnen Studierende oder Hartz-IV-Empfänger_innen sind, für die die Tankstellenpreise zu hoch sind. Aber nicht nur aus dem Kiez kommen die Menschen zu Frau Winter, auch die Eiligen von der Schnellstraße sind ihre Kunden. Ob Handwerker, Vertreter oder LKW-Fahrer: Hier tanken sie und bestellen zum Mittag schnell eine Bratwurst, bevor es weiter geht. Die Frankfurter Allee ist eine Ost-West-Achse nach Polen und Russland, und die Aral-Tankstelle bildet eine der vielen Haltestellen. Weil die polnische Grenze so nahe liegt, hat das Tankstellenpersonal nicht selten Probleme mit Fahrzeugen, die als gestohlenen gemeldet wurden und muss die Polizei rufen. Die Mitarbeiter_innen arbeiten alle schon sehr lange hier – und wenn einer geht, sagt Frau Winter, dann nur, weil er aus persönlichen Gründen nicht mehr im 3-Schicht-System arbeiten kann.


Und die Tankstelle hat ja jeden Tag rund um die Uhr geöffnet. So treffen sich zum Beispiel auch Rentner hier, die in der Gegend gearbeitet haben und sich zum Kaffeetrinken verabreden. In die Frankfurter Allee gegenüber ging Frau Winter früher öfter mal, um die Einzelhandelsläden zu besuchen. Es gab mal einen Haushaltswarenladen, erzählt sie, sowie hochwertigere Schuh- und Kleidungsgeschäfte, die aber verschwunden sind – nicht zuletzt, weil in den letzten Jahren so viele Einkaufszentren in der Nähe entstanden sind. Seitdem interessieren sie die Läden in der Frankfurter Allee Nord nicht mehr. Die Straße sei nicht mehr lebendig, sagt sie. 79

EXTERNE Amandine Descamps studiert an der UdK Architektur und kommt ursprünglich aus der Nähe von Paris. 2006 kam sie nach Deutschland.

Die Tankstelle dient informell auch als Anlauf- und Treffpunkt der Einsamen. Frau Winter sieht hier eine Parallele zu den ehemaligen Tante-Emma-Läden: «Dort haben sich alle getroffen, die zu Weihnachten keiner haben will.»

LOKALE EXPERTIN Frau Winter (Name auf Wunsch geändert), 1964 geboren, verbrachte ihre Kindheit im Prenzlauer Berg. Heute wohnt sie in Hellersdorf. Sie ist ursprünglich DiplomGartenbauingenieurin, arbeitete aber nach der Wende vier Jahre lang als Versicherungsvertreterin und war viel unterwegs. Vor 20 Jahren wurde ihr Mann Pächter der neu erbauten Aral-Tankstelle. So wechselte Frau Winter von Vieltankerin zu Betreiberin des eigenen Tankgeschäftes.

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Urbane Narration: Szenen einer StaĂ&#x;e

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Die einen sagen, die Frankfurter Allee sei heute «nicht mehr interessant» für sie – andere finden ihr internationales Flair inspirierend. Manche wünschen sich mehr Einkaufsmöglichkeiten, andere sehnen sich nach gemütlichen Cafés. Viele pflegen Netzwerke, einige bleiben lieber für sich. Die vielen verschiedenen Lesarten lassen Raum für Interpretationen – und Raum für Ideen. Was wäre, wenn sich eines Tages etwas ereignete, das all die hier befragten Personen zusammenbrächte? Was für Möglichkeitsräume könnten daraus entstehen? In dieser Geschichte setzen wir die gesammelten Expert_innenansichten modellhaft zu neuen Geschichten zusammen: solchen, die sich jederzeit ereignen könnten und anderen, die eher unwahrscheinlich klingen. Oder vielleicht doch nicht? Die «Szenen einer Strasse» beschreiben ein Ereignis im Jahr 2015 – und wie es dazu gekommen sein wird. Möglicherweise.


PROLOG: Der Verkehrsinfarkt Akteure: Tram, Autos, Fahrräder, Passanten Reger Verkehr in der Alten Frankfurter Allee: Alle Parkplätze sind belegt, zusätzlich stehen die Autos schon in zweiter Reihe. An der Kreuzung biegt ein Wagen um die Ecke und bleibt stehen. Der Bus hinter dem Auto kann nicht mehr ausweichen, da in diesem Moment die Tram um die Ecke fährt. Der Bus kollidiert mit dem Auto, weitere Autos verkeilen sich, die Situation endet im totalen Chaos …

1. SZENE: Ein Unfall Akteure: LKW-Fahrer, Tourist_innen, Imbissbetreiber Ein Lieferwagen fährt die Frankfurter Allee entlang. Plötzlich bremst das Auto vor ihm, der Fahrer weicht nach rechts aus. Unglücklicherweise kollidiert er dort mit einer Gruppe italienischer Fahrradtourist_innen; ein Radfahrer wird vom Rad geschleudert und landet direkt neben dem U-Bahn-Eingang in den Büschen. Der Betreiber des benachbarten Imbisses beobachtet alles und eilt sofort zu Hilfe. Glücklicherweise gibt es keine schweren Verletzungen, dafür einen aufgeregten Streit: Offensichtlich können sich die Italiener_innen und der türkisch sprechende Fahrer nicht verständigen. Der Imbissbetreiber hilft beim Übersetzen und bietet an, die Sache in Ruhe in seinem Lokal zu besprechen. Die Beteiligten willigen ein.

2. SZENE: Die Geburt einer Idee Akteure: wie in Szene 2, hinzu kommen (zufällig) einige andere Ladenbetreiber_innen, die den Krach gehört haben 83 Beim gemeinsamen Mittagessen verfliegt langsam die Aufregung, die bunt zusammengewürfelte Gruppe unterhält sich gut. Die Fahrradfahrer_innen wollten eigentlich zum Boxhagener Platz, fragen aber nun, ob es hier nicht vielleicht auch einen Markt gibt. Der Fahrradladenbesitzer verneint: Hier gibt es nicht mal zu Weihnachten eine gemeinsame Aktion, sagt er. Leider. Die Bioladenbesitzerin pflichtet ihm bei und berichtet, dass sie schon oft davon geträumt hat, die Straße einmal anders zu nutzen als nur zum Parken, zum Beispiel mit einem Straßenfest. Der Tischler, der inzwischen auch hinzugekommen ist, stimmt ihr zu und bietet den anderen seine Mithilfe an: Man könnte das ja ruhig mal ausprobieren, findet er. Es bildet sich eine konspirative Kerngruppe, die sich von nun an regelmäßig trifft – bei leckeren gemeinsamen Mittagessen, immer reihum. Nach und nach werden alle Nachbarn informiert, Fördermittel besorgt und immer mehr Akteure gewonnen.

Szenen einer Strasse


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3. SZENE: StraSSenfest Akteure: ALLE (im Sommer 2015) Es ist so weit: Das erste FAN-Fest findet statt. Fast alle Laden- und einige Hausbesitzer_innen tragen etwas dazu bei. Während des Aufbaus wandelt sich die Atmosphäre komplett: Die Parkplätze weichen vorübergehend Marktständen, eine Lichterkette wird entlang der ganzen Straße gespannt. Der Bikeladen-Besitzer baut gemeinsam mit dem Tischler einen provisorischen BMX-Parcours auf. Beide finden nämlich, dass Freiflächen für sportliche Aktivitäten im Kiez fehlen. Alle Bars und Kneipen stellen Tische auf den Gehsteig. Die Blumenladenbesitzerin berät in Sachen Blumenschmuck. Der Straßenraum füllt sich wie von selbst mit neugierigen Anwohnerund Passant_innen. Selbst die Alteingesessenen sind überrascht, was für eine Vielfalt hier entsteht. Wir beobachten u.a. die folgenden kleineren Szenen: Der Schlemmergrill bietet russische Küche und Kochkurse an. Der Bulletshop-Besitzer bereitet mithilfe einer vietnamesischstämmigen Nachbarin Bio-Obst zum Rauchen zu. Der Apotheker und die Bioladenbesitzerin pflanzen mit Grundschüler_innen Heilkräuter im Vorgarten. Die Kosmetikerin schminkt Kindern lustige Masken, während der Friseurladen «Style Pur» auf dem Gehweg gegenüber ältere Damen verschönert.

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AUSBLICK: Verstetigung Akteure: manche bereits bekannte Protagonist_innen und einige neu Hinzugekommene Der Austausch von lokalen Spezialitäten in der Schlemmerbude weitet sich zum Sprachlabor aus, es entsteht eine «Kiezküche», die ihrem Namen Ehre macht. Zusätzlich werden Birken gepflanzt, um das Eck attraktiver zu gestalten. Die Half-Pipes zum BMX-Fahren am Straßenfest waren nur der Anfang, die beiden Herren finden nämlich Gefallen an gemeinsamer Sportification und rüsten die brachliegenden Spielplätze des Q216 zum Sportbereich/Kletterpark um. Sämtliche Lokale, Shops und Imbissbuden nutzen den Außenbereich dauerhaft, die Allee wird zum belebten Platz – inkl. freiem WIFI für alle. Es gibt Deko-Kurse und Näh-Workshops im Kaffeehaus. Eine Urban-Gardening-Kultur entwickelt sich entlang der Straße. Neue Verbindungen zum Q216 werden durch den U-Bahnhof erschlossen.


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Ende?


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Vorstellung des Films

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bei der Langen Nacht der Politik 2014 durch den Stadtrat für Stadtentwicklung Wilfried Nünthel im Rathaus Lichtenberg «Eine Gruppe von Studierenden der UdK hat ein Projekt bearbeitet. Im Rahmen dieses Projektes haben sie sich auf die Alte Frankfurter Allee gestürzt. Die Aufgabe bestand darin, da hinzugehen und Gesprächspartner zu finden. Und da dies überwiegend am Tage geschehen ist, waren naturgemäß die meisten Gesprächspartner Geschäftsleute – nicht nur die Inhaber, sondern manchmal auch die Beschäftigten in den Geschäften. Und es war sehr interessant zu erfahren, was in diesen Gesprächen alles so zutage getreten ist. Wir haben das gestern Abend hier von den Projektmitgliedern vorgetragen bekommen – und ich muss sagen: Das war ein sehr emotionaler Blick auf den Stadtteil, den Stadtzustand und ein Stück weit auch auf Stadtentwicklung. Denn die Studierenden sollten ja nicht nur in die Läden reingucken und feststellen, wie es dort aussieht, sondern auch mit den Leuten ins Gespräch kommen, um zu erfahren, was an diesem Ort das Besondere für sie ist, welche Vorstellungen die Gesprächspartner haben, was sie gern ändern würden und in welche Richtung das gehen sollte. Da gab es viele interessante Erkenntnisse: Wir haben dort zum Beispiel einen ägyptischen Wasserpfeifenverkäufer, der ein sehr gut gehendes und in Berlin weithin anerkanntes Geschäft betreibt, aber immer nach Neukölln fährt, wenn er etwas essen möchte, denn er meint, in der Umgebung gebe es nichts. (Lachen) Dabei betreibt in seiner Nachbarschaft ein Armenier einen Imbiss, ein gebürtiger Türke einen anderen. Wir haben dort leicht schräge Lokalitäten: zum Beispiel die vier Frauen aus Marzahn, die einen Laden dort schmeißen und sieben Tage in der Woche fast 24 Stunden geöffnet haben, und so weiter … ich kann die jetzt nicht alle aufzählen! Es war jedenfalls sehr – na, ich sag schon auch: bewegend. Wenn man so erfährt, wie jemand, der von ganz woanders herkommt, mit den hiesigen oder den hier arbeitenden Menschen spricht – und was dabei so herauskommt. Das Ganze ist in einem kleinen Film zusammengefasst, der eine Geschichte erzählt. Und den möchten wir Ihnen jetzt zeigen.»

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Teilnehmer_innen: Sarah Bäcker, Noemi Barnet, Pola Buske, Francisco Castanheira, Anna Derriks, Carole Deslous-Paoli,

Das Seminar STADT (BE)SETZEN: PICKNICK URBANISMUS wurde im Sommersemester 2014 am lived/space/lab der UdK Berlin durchgeführt. Seminarleitung: Saskia Hebert Projektassistenz: Justus Menten

Nostra, einige anonyme Lichtenberger_innen und ein Leguan, der Koch Sebastian, Bettina und Hedwig Ulbrich sowie die Neulichtenbergerinnen Catarina und Elisabeth Mit freundlicher Unterstützung durch: Bezirksamt Lichtenberg: Amt für Stadtentwicklung, Stadtrat Nünthel, Nora Mertes, Stattbau, Anke Strauss, SenStadtUm Berlin

Maja Dika, Jacob Fisher, Anja Fritz, Miriam Kadel, Julia Klauer, Justus Klaus, Irene Kriechbaum, Belén de Pedro Pasamar, Sebastian Perez, Jana Tost, Bruno Torres Suñén, Albane de la Villegeorges Lokale Expert_innen: Ute und Arthur vom Café Maggie, Andi von der WiLMa19, Frau Fritzsche, die Inhaber des Café Pinut, Manuela Zeumer von der Schuldnerberatung Casa

«Externe» und «Experten» treffen sich diesmal auf einer Picknickdecke: Die informelle Besetzung des öffentlichen Raumes gibt Anlass und Gelegenheit, gemeinsam über dessen offensichtliche und verborgene Qualitäten nachzudenken. Im Anschluss fliessen die gewonnenen Erkenntnisse in eine individuelle Intervention ein, die Teil einer temporären Open-Air-Galerie wird.


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09 Picknick und Intervention «Gottesacker» auf dem ehemaligen Friedhof Gotlindestrasse, Seite 132

08 Wohnungspicknick und Intervention auf dem Freiaplatz, Seite 126

01 Picknick und Intervention am «Nicht-Ort» Frankfurter Allee Ecke Alfredstrasse, Seite 94 02 Picknick und Intervention für die WiLMa19 auf dem ehemaligen Stasi-Areal, Seite 98 03 Picknick als Spaziergang «durch alle Zeiten», Intervention am Eingang zum ehemaligen Friedhof an der Ruschestrasse, Seite 104

04 Strassenpicknick und Entschleunigungsintervention in der Fanningerstrasse, Seite 108 05 Picknick und Intervention «Volkspark Lichtenberg» Ecke Gudrun- und Hagenstrasse, Seite 112 06 Guerilla-Picknick und mobile Teestation auf der Verkehrsinsel Gudrun-, Gernot- und Fanningerstrasse, Seite 116

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07 Freiraum.Suche als Picknick und Intervention auf der Hundewiese, Gudrun- Ecke Rüdigerstrasse, Seite 120

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Das Picknick, eine harmlose und gesellschaftlich weithin anerkannte Form der temporären Ortsbesetzung, dient als Vehikel, um mit Fremden ins Gespräch zu kommen: Die EXTERNEN bringen das Essen mit, die EXPERTEN das Wissen. Der beginnende Austausch betrifft die engere und weitere Umgebung, ihre Qualitäten und Restriktionen, das Leben im Kiez und nicht selten die Geschwindigkeit, mit der es sich wandelt. Im Ergebnis des Picknicks werden Panoramen der bepicknickten Orte angefertigt, die eine Rundumsicht und die im Gespräch thematisierten Eigenschaften darstellen. Abschliessend werden für diese Orte temporäre Interventionen entworfen, die die beschriebenen Qualitäten hervorheben, neue hinzufügen oder einfach zur Nachahmung anregen: Aneignung welcome!

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Picknicks fanden nach individueller Verabredung zwischen EXTERNEN und EXPERTEN an neun verschiedenen Orten statt (siehe vorige Doppelseite).

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Die temporären Installationen entstanden meist an den Orten der Picknicks und wurden am 20.06.2014 während eines öffentlichen Spaziergangs besucht. Die Reihenfolge dieser performativen Vernissage ist die der hier vorgestellten Projekte.

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Picknick am NichtOrt

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Ein Nichtort für ein Picknick An der Ecke Alfredstraße und Frankfurter Allee liegt ein kleines, undefiniertes, viereckiges Grundstück, das mit einem niedrigen, verschnörkelten Eisenzaun umgeben ist. Warum haben wir diesen unscheinbaren Ort für unser Picknick gewählt? Er ist in vielfacher Hinsicht uneindeutig, ein «Nichtort»: Nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und dem Wiederaufbau mit DDR–Plattenbauten entlang der Frankfurter Allee ist diese Ecke vermutlich übrig geblieben, weil das Grundstück nicht ins Raster der Vorfertigung passte. Wir wollen diesem Ort auf die Spur kommen. Unsere lokalen Experten, Ute und Arthur, arbeiten im Café Maggie, einem selbstverwalteten Jugendcafé an der Frankfurter Allee. Es ist ein Ort der Begegnung und bietet jungen Leuten Raum für kreative Ideen, Konzerte und Lesungen. In der Kiezküche werden bezahlbare Getränke und Mahlzeiten angeboten. Ute ist seit 2005 als Straßensozialarbeiterin im Bezirk Alt-Lichtenberg tätig. Eine ideale Expertin, finden wir, da sie aufgrund ihrer Arbeit vor allem im öffentlichen Raum von Alt-Lichtenberg unterwegs ist und mit vielen Bewohner_innen aus dem Kiez in Kontakt kommt. Arthur studiert Soziale Arbeit und absolviert im Rahmen seines Studiums ein Praktikum in dem Jugendcafé.


Picknick im Regen

LOKALE EXPERT_INNEN Ute und Arthur vom Café Maggie (siehe Haupttext)

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EXTERNE Carole Deslous-Paoli und Noemi Barnet sind Austauschstudentinnen aus Frankreich (Grenoble) und Österreich (Wien). Sie sind bereits zum zweiten Mal mit dem lived/space/lab im Bezirk Lichtenberg unterwegs.

Wir haben vor, den Ort zu besetzen, indem wir ihn «begrillen». Doch es regnet. So richtig und durchgängig. Wir trotzen dem Regen mit Schirmen, einem Teppich, Getränken und Popcorn. Unsere Experten spielen freundlicherweise mit. In unserer ersten Frage möchten wir wissen, ob sie eine Geschichte mit unserem Picknickplatz verbindet. «Eine Geschichte zu diesem Ort? Schwierig. Ich bin hier noch nie durchgelaufen. Oder geblieben. Nur immer daran vorbei, liegt ja auf meinem Heimweg zwischen dem Maggie und meiner U-Bahn-Station. Eigentlich ist er mir nie aufgefallen, obwohl ich täglich vorbei gehe», erzählt uns Arthur. Die sichtbarste Benutzung des Grundstücks ist seine Durchwegung über einen Trampelpfad, den die Anwohner erzeugt haben. Eine kleine Abkürzung, marginal die Einsparung an Metern. Auf der Grünfläche stehen mittig ein Lüftungsrohr und unter einem schönen Baum der trostlose Rest einer Telefonzelle. Auch Ute hat keinen Bezug zu diesem Ort: Normalerweise, sagt sie, würde sie sich hier nicht hinsetzten wollen. Lachend meint sie aber, dass unser besonderer Aufenthalt hier nun ihre Verbindung mit dem Platz herstelle. Arthur konstatiert, dass es im Viertel generell kaum Aufenthaltsmöglichkeiten im Außenraum gibt – besonders für Jugendliche. Es fehle auch an Spielplätzen oder schönen Sitzgelegenheiten. Deshalb, da sind sich beide einig, hat dieser Ort hier Potenzial: «Freiflächen sind gut für einen Kiez. Es braucht Freiräume für den Aufenthalt. Lichtenberg hat einige, aber sie könnten viel einladender sein. Orte, an denen die Anwohner nicht einfach vorbeilaufen.» Lichtenberg hat durch die Mischung von Altbau, 60er-Jahre-Gebäuden und Einfamilienhäusern viele Facetten. Es gibt verschiedene Initiativen, die den Bezirk positiv gestalten wollen, erzählt uns Ute. «Die Leute hier kämpfen gegen das rechte Image des Bezirkes. Er verändert sich auch, da viele Familien und Studenten nach Lichtenberg ziehen. Durch die Sanierung und neue Wohnmöglichkeiten ist der Bezirk attraktiver geworden und zudem noch leistbarer als zum Beispiel der Prenzlauer Berg.» Plötzlich ruft Ute, als sie nach oben blickt: «Es hängen ja Schuhe im Baum! Mindestens sieben Paar! Irgendjemand hat dem Ort schon eine Geschichte gegeben.» Bei längerem Aufenthalt gewinnt der Ort an Charakter. Doch während bereits die zweite Krankenwagensirene wieder leiser wird, fällt es schwer, weiter an die Aufenthaltsqualität dieser Fläche zu glauben: Die Frankfurter Allee ist eine laute Straße, den ganzen Tag lang. Ist es hier irgendwann attraktiv?


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Jana Tost


Offensichtlich Unsichtbar Im Laufe des Frühlings überwachsen Pflanzen die Brache, und es entsteht ein wunderschönes Stück Wiese. Fast könnte man die laute Straße dabei vergessen. Normalerweise verspricht ja ein Picknickort zumindest ein gewisses Maß an Idylle. Nicht so dieser: Seine Qualitäten fallen niemandem auf. Daher markieren wir in unserer Intervention die unscheinbare Fläche und rahmen den informellen Durchgang. Das offensichtlich Unsichtbare sichtbar zu machen, ist ein Versuch, den Durchgangsort als möglichen Aufenthaltsraum zu zeigen. Wir installieren dazu temporär eine Sitzgelegenheit auf der Grünfläche und eine Tauschbibliothek in der ehemaligen Telefonzelle – für den Anfang.


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Wilma 19 oder: Wie ein Haus eine Gruppe findet

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Picknick bei «WiLMa» Die Decke ist ausgebreitet, die Speisen sind aufgetischt und die Vögel zwitschern, als Andi auf seinem Rad in den Hof rollt. Er macht einen erfreuten Eindruck, als er uns und das Picknick sieht. Andi ist ein großer, sportlicher Mann mit einem aufgeschlossenen Blick, der gerade sein Diplom in Geo-Ökologie macht. Außerdem engagiert er sich in einigen politischen Gruppen. Später verrät er uns sein Alter: «Ich bin 29, was ziemlich genau dem Durchschnitt der Gruppe entspricht.» Die Gruppe, von der er spricht, ist die zukünftige Hausgemeinschaft der WiLMa 19, einem Hausprojekt in der Magdalenenstraße in Lichtenberg. Die Gemeinschaft umfasst ca. 60 Menschen jeden Alters – und mit den unterschiedlichsten Vorstellungen vom Zusammenleben im Haus. Das Gebäude selbst entspricht nicht dem klassischen Bild eines Traumhauses, und es braucht einiges an Fantasie, um sich das künftige Leben dort vorzustellen: Es handelt sich um einen Plattenbau, der ursprünglich die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe der Staatssicherheit beherbergte und einen Teil des ehemaligen Stasi-Areals ausmacht.


EXTERNE Pola Buske und Anna Derriks studieren Architektur an der UdK Berlin

Im Jahr 2012 kam das Angebot, dieses Gebäude zu kaufen. Schnell fand sich eine Gruppe dafür, und dann fing ein langer Umwidmungsprozess an: «Seitdem sind wir am Luftschlösser-Malen. Anfang Mai 2014 haben wir erst den Schlüssel bekommen.» Mit der Schlüsselübergabe war der Startschuss gegeben, der Umbau und das Einleben in den Kiez konnten beginnen. Andi hat bislang vor allem zu den politischen Organisationen vor Ort Kontakt: Er ist Mitglied im FAN-Beirat. Mit anderen Anwohner_innen dagegen gibt es noch wenig Berührungspunkte. «Es ist natürlich schwierig, eine Bindung an den Kiez zu bekommen und einen richtig intensiven Kontakt mit den Menschen zu haben, wenn wir hier erstmal nur bauen, weil es primär eine Lärmbelästigung darstellt. Und darüber miteinander in Berührung zu kommen, ist ein bisschen schade. Aber größtenteils waren die Leute wahnsinnig offen, sind vorbeigekommen und haben gesagt, dass sie sich sehr freuen, dass jetzt diese leer stehenden Gebäude wieder genutzt werden. Dass da Leute bauen und Pläne für die Gestaltung des Kiezes haben.» Pläne, die den Kiez einschließen, gibt es in der Tat: Das Erdgeschoss des Hauses wird sowohl Büroräume für politische Initiativen als auch flexible Flächen für künftige Nutzungen enthalten, und auch der Garten wird kein rein privater Ort werden. Doch die genaue Grenze zwischen öffentlichen und privaten Räumen muss hier noch ausgehandelt werden: «Das ist, glaube ich, noch nicht ganz klar. Wir müssen schon deutlicher austarieren, was hier Privatbereich und was öffentlicher Bereich ist. Das ist ja bei vielen Hausprojekten, die eine explizit öffentliche Fläche haben, ein Thema. Das wird bei uns sicherlich auch noch kommen, aber so weit sind wir noch nicht.» Das Dach jedoch ist bereits jetzt ein Lieblingsort: Hier bekommen wir das Gefühl, dass die Inbesitznahme schon begonnen hat. Im Hof hingegen gibt es viele Dinge, zu denen sich die Gruppe verhalten muss. «Es gibt diesen Sanierungsrahmenplan, der vorsieht, in fünf Jahren den Innenhof zu entkernen und zu begrünen.» Das macht es schwieriger, Pläne zu schmieden.

LOAKLER EXPERTE Andreas Neumann, zukünftiger Bewohner der WiLMa 19 – die Abkürzung steht für «Wohnen in Lichtenberg Magdalenenstrasse 19», ein Projekt des Mietshäusersyndikats. Andi macht gerade sein Diplom in Geoökologie, darüber hinaus engagiert er sich in einigen politischen Gruppen. Er ist Mitglied im FAN-Beirat Frankfurter Allee Nord.

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Die Hängenden Gärten von lichtenberg Auf der Prioritätenliste unserer Interviewpartner_innen steht der Garten ganz oben, und auch der Bezirk wünscht sich eine Begrünung der Höfe innerhalb der nächsten Jahre. Momentan gibt es hier nur eine große Asphaltfläche, die sich weder zum Sitzen, noch zum Begrünen besonders eignet. Mit unserer Intervention, zwei mobilen Gärten aus wiederverwendeten Bau- und Einrichtungselementen, setzen wir genau an diesem Punkt an und geben einen kleinen Ausblick auf die mögliche Zukunft des Hofes: Wir entwarfen bepflanzte Sitzmöbel, die man aus dem Hof auf die Straße und wieder zurückrollen kann. In erster Linie stehen sie den Hausbewohner_innen zur Verfügung, auf der Straße aber kann sich auch ein Nachbar ein wenig Thymian pflücken oder eine kleine Rast einlegen. So soll der künftigen Hausgemeinschaft das Ankommen im Haus und in der neuen Nachbarschaft erleichtert werden.


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Lichtenberg durch alle Zeiten

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Spaziergang mit der lokalen  Expertin Frau Fritzsches Vater stammte aus Lichtenberg, und ihre Mutter, die aus dem Westteil der Stadt kommt, ist zu ihm hier hergezogen. Frau Fritzsche hat auch hier geheiratet, sich aber später wieder scheiden lassen. Deswegen weckt das Rathaus Lichtenberg, wo beides geschah, viele Erinnerungen. Frau Fritzsches Tochter lebt heute in einer kleinen Stadt in Westdeutschland. Der Tochter gefällt Lichtenberg nicht so sehr; Frau Fritzsche dagegen würde nie in dieser Kleinstadt wohnen wollen. Heute ist sie im Bezirk sehr engagiert und weiß viel über vergangene und künftige Entwicklungen.

(1) Spaziergang

(2) Gespräch

(3) Die Ber Wirkung auf Leben in


Vergangenheit Wir haben gemeinsam einen Spaziergang gemacht und diesen auf dem Stasi-Areal begonnen. Hier hat sich Frau Fritzsche an die Zeit erinnert, in der sie dieses Gebiet nicht betreten durfte. Eigentlich gefiel ihr das Leben in der DDR sonst gut, sagt sie. Das einzige Mal, dass sie sich eingeengt gefühlt habe, war, als ihr Großvater im Westteil von Berlin starb: Es gab keine Möglichkeit, zu seiner Beerdigung zu gehen. Sonst, sagt sie, habe sie jedoch nie das Bedürfnis gehabt, den Bezirk zu verlassen. Ihrer Ansicht nach hätten nur Künstler, die reisen wollten, und Ärzte, die Medikamente benötigten, unter der Diktatur gelitten.

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Zukunft Frau Fritzsche hat uns von verschiedenen Projekten erzählt, die das Bezirksamt durchführen möchte. Weil die Berliner Bevölkerung immer älter wird, unterstütze der Bezirk zum Beispiel ein Wohnprojekt, wo Jugendliche und ältere Menschen zusammenleben und sich gegenseitig behilflich sein können. Außerdem gebe es Initiativen, die Parks neu zu gestalten und besser zu beleuchten. Der Alte Friedhof in der Ruschestraße, der jetzt als Park gilt, gefällt Frau Fritzsche besonders gut. Aber in der Nacht sei es immer ein bisschen gruselig, in einem Friedhof spazieren zu gehen – besonders mit zu wenig Licht.

rliner Mauer: Frau Fritzsches Lichtenberg

(4) Kaffee

(5) Zukünftiger Leichtbau

EXTERNE Belén de Pedro Pasamar und Albane de la Villegeorges sind Erasmusstudierende der UdK im Studiengang Architektur. Belen kommt aus Barcelona und Albane aus Paris. Deswegen kennen sie die Vorurteile nicht, die einige Berliner offenbar gegenüber Lichtenberg haben. Es war für sie daher besonders interessant, Frau Fritzsches Ansichten zu hören.

Frau Fritzsche findet es schade, dass alle einen so schlechten Eindruck von der DDR haben: «Wir vermissen die Disziplin, die wir in der DDR hatten. Wenn man heute die Jugendlichen anguckt: Alle wachen erst um zwölf auf…» Heute versucht sie daher, das Leben in Lichtenberg aktiv mitzugestalten und zu verbessern. Im Bezirk, erzählt sie, könnten alle mitreden, um Veränderungen zu erreichen.

LOKALE EXPERTIN Dagmar Fritzsche lebt schon immer in Lichtenberg. Sie ist jetzt 65 Jahre alt und könnte wohnen, wo sie möchte, aber ihr gefällt Lichtenberg sehr und sie hat nicht vor, in Zukunft umzuziehen.

Gegenwart


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bauen, spazieren ... und eine pause machen: Wir weben aus Seilen eine Art Eingangstor und eine H채ngematte am Eingang des ehemaligen Friedhofs, um den Park einladender erscheinen zu lassen.


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Straßenpicknick

Picknick bei Pinut

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Bei der Erkundung des Sanierungsgebiets Frankfurter Allee Nord ist Julius durch ein dort stattfindendes Wohnzimmerkonzert auf das Café Pinut aufmerksam geworden. Die Betreiber_innen haben sofort großes Interesse an dem Projekt «Stadt (be)setzen» gezeigt, da sie selbst das Ziel haben, den urbanen Raum mit ihrem Café zu bereichern und die Nachbarschaft näher zusammenzubringen. Während des Picknicks auf dem Gehweg vor dem Café erzählen sie uns, dass sie – wie viele andere junge Familien – vor zehn Jahren aus Friedrichshain hierher gezogen sind und seither erleben, wie sich der Kiez verändert. Anfangs fühlten sie sich fremd, doch inzwischen prägen immer mehr junge Leute und Familien das Kiezbild, was eine angenehmere Atmosphäre schafft. Stark spürbar sei auch der Zuzug vieler Ruhe- und Wohnungsbedürftiger aus dem benachbarten Szenebezirk Friedrichshain. Da es in ihrem neuen Kiez allerdings fast gar keine informellen Treffpunkte gab, eröffneten sie im November 2013 das Café Pinut. «Ich bin fest davon überzeugt, dass es hier in zwei, drei Jahren ganz anders aussieht. Ich glaube, Potenzial wäre da. Es ist halt schwierig am Anfang.»


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Sie haben zum Beispiel auch schon oft die Bewohnerschaft ihres Hauses im Café versammelt. Zusammen sind sie aktiv geworden und haben Mittel aus dem Kiezfonds beantragt, um ihren Hinterhof zu sanieren und darin ein Hoffest veranstalten zu können. Über ihre Motivation, Projekte zu machen, sagen sie: »Wenn das kein anderer macht, dann machen wir das.« Kritisch sehen die Eigentümer_innen des Cafés den generellen Mangel an Orten, die zum Verweilen einladen: Viele Menschen huschen am Café schnell vorbei und bleiben nicht stehen. Ihre weiteren Hoffnungen und Wünsche für den Kiez sind noch ein schönes Restaurant, wo man ein Gläschen Wein trinken kann, und eine Eisdiele. Aber es ist schon viel passiert: «In den letzten paar Monaten hat sich herauskristallisiert, dass wir wirklich eine soziale Verantwortung bekommen haben.» «Das klingt so altmodisch, oder?» «Nein, nicht altmodisch – weil ein paar Leute einfach hergekommen sind und gesagt haben: ‹Ah schön, dass ihr das endlich macht!›»

EXTERNE Julius und Maja studieren Visuelle Kommunikation an der Universität der Künste. Julius spezialisiert sich im Bereich der Visuellen Systeme, Maja im Bereich der der Neuen Medien. Beide interessieren sich ausserdem für Entwicklungen im urbanen Raum, weshalb sie am Seminar «Stadt (be)setzen» teilnahmen.

Für seine Inhaber_innen ist es eine Art erweitertes Wohnzimmer, es bildet einen Ort der Entschleunigung, an dem man sich wohlfühlen und entspannen kann. Dank des Cafés sind die beiden mit ihrer näheren und weiteren Umgebung stärker in Kontakt gekommen. Während unseres Picknicks haben wir bemerkt, dass sie fast jeden Vorbeigehenden kennen und grüßen: «Man hat das früher irgendwie nicht beachtet. Die Leute waren auch da, und man hat sie auch gesehen, aber nicht so wahrgenommen.»

LOKALE EXPERTEN Die beiden Inhaber_innen des Café Pinut sind vor zehn Jahren aus Friedrichshain nach Lichtenberg gezogen, nachdem sie eine Familie gegründet hatten und deswegen eine grössere Wohnung benötigten. Im November 2013 haben sie ihr Café im Kiez eröffnet, das sie als eine Art erweitertes Wohnzimmer betrachten.

Das kleine Café entwickelte sich schnell zum Dreh- und Angelpunkt der benachbarten Kiezaktivitäten, da es recht zentral in der «Durchlaufzone» des Viertels an der Fanningerstraße liegt.


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Entschleunigungsintervention Um vor dem CafĂŠ eine Ruhezone zu schaffen, brachten wir mit Hilfe von dafĂźr angefertigten Schablonen Kreidemarkierungen auf dem Gehweg an.


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Volkspark Lichtenberg

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Casa Nostra – Unser Haus Das Team Ost des eingetragenen Vereins Casa Nostra für integrative Hilfe in Lichtenberg betreut zurzeit 60 Klienten_innen, die sich in Wohnungsnot befinden. Manuela Zeumer und ihren Mitarbeiter_innen geht es dabei nicht nur um die Vermittlung von Wohn- und Schlafplätzen, sondern auch um das Erkennen der Ursachen für die Notsituation und das Herausarbeiten der persönlichen Fähigkeiten ihrer «Jungs und Mädels», wie sie sie nennt. Sie selbst sieht sich nicht als lokale Institution, doch wir konnten während unseres Picknicks sehen, wie stark der Bezug der Klient_innen zu Frau Zeumer ist.

Picknick vor der Beratungsstelle Zum Picknicken setzen wir uns mit einer Biertischgarnitur auf den kleinen Platz direkt vor das Büro der Beratungsstelle. Unter zwei großen Bäumen und umringt von einem schmiedeeisernen Zaun kommen wir ins Gespräch. Ab und zu laufen Passant_innen oder auch Klient_innen vorbei, die grüßen oder um einen kurzen Rat bitten. Den Platz, der früher als Biergarten diente und sehr idyllisch wirkt, nutzt das Casa-Nostra-Team wöchentlich für ein offenes Angebot: Dann werden mehrere Biertischgarnituren aufgebaut, es gibt Kaffee und Kuchen, und oft werden auch Gesellschaftsspiele gespielt.


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Dieser Punkt sei den Zugezogenen oft nicht klar. Für das Aufeinandertreffen und Kennenlernen der verschiedenen Generationen und Menschengruppen gibt es keinen verfügbaren Ort. «Politisch ist der Zuzug stark gewünscht, jedoch gibt es keine flankierenden Maßnahmen, die das Zusammenleben fördern. Es gibt verschiedene Spots, für diverse Gruppen an Leuten, aber beispielsweise keinen Wochenmarkt, wo sich der Kiez trifft. Es müssen ja nicht gleich Begegnungsstätten geschaffen werden, aber niedrigschwellige Aktionen, bei denen es die Anwohner keine Überwindung kostet, daran teilzunehmen, könnten funktionieren.»

EXTERNE Francisco Castanheira kommt aus Portugal und studiert hier seit einem Jahr Architektur im Master. Schon im letzten Semester hat er an einem Workshop des lived/space/lab teilgenommen. Julia Klauer studiert im Master Visuelle Kommunikation. Seit einiger Zeit setzt sie sich mit temporärer Architektur im urbanen Kontext auseinander und war gespannt auf das Picknick mit einem lokalen Experten.

Das freut sie, denn was Manuela Zeumer als einen kritischen Punkt im Kiez empfindet, ist die starke Überalterung. Obwohl Lichtenberg immer interessanter für junge Familien wird, dominieren hier noch die Senioren mit ihrer zum Teil fehlenden Offenheit – sowohl gegenüber sozial Schwächeren, als auch jungen Zugezogenen. Die Älteren wollen nur ungern ihren Kiez teilen, sagt Frau Zeumer, und die Distanz gründet sich oft auf Vorurteilen: «Nach der Wende wurde den Menschen in Ostdeutschland vermittelt, dass alles schlecht war und viel falsch gemacht wurde. Da wird die Ignoranz gegenüber neuen Nachbarn noch stärker, wenn Familien – vielleicht sogar aus Westdeutschland – sich in ihrem Kiez breitmachen wollen.»

LOKALE EXPERTIN Manuela Zeumer leitet das Team Ost des eingetragenen Vereins Casa Nostra für integrative Hilfe in Lichtenberg.

«Das ist etwas spektakulärer: Dann geht es hier nicht mehr nur um soziale Arbeit, sondern es werden Geschichten ausgetauscht. Ab und zu bleibt dann auch mal ein älterer Herr oder eine ältere Dame stehen und staunt, dass hier bis zu 15 Leute sitzen, die schreckliche Schicksale hinter sich haben. Und weil es kostenlos Kaffee gibt, setzen sie sich auch mal dazu.»


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Der Neue Volkspark Lichtenberg Wir finden es bemerkenswert, dass solche Begegnungen wöchentlich schon hier auf dem kleinen Vorplatz stattfinden, wenn sich der Senior vom Punk den Kaffee nachschenken lässt. Mit unserer Intervention möchten wir solche informellen Aktionen fördern und entwickeln ein Spiel für alle Altersgruppen, bauen eine Schaukel und laden jede_n ein: In den «Neuen Volkspark Lichtenberg».


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Guerilla Picknick

Spontanes Verkehrsinselpicknick

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Statt im Vorhinein Verabredungen mit lokalen Experten zu treffen, haben wir uns für ein «Guerilla-Picknick» auf einer Verkehrsinsel entschieden. Die Idee bestand darin, dass sich vorbeilaufende Menschen einfach spontan als Experten zu uns setzen können. Als wir am Ort unseres Picknicks – der Verkehrsinsel an der GudrunEcke Fanningerstraße – ankamen, fanden wir einen Plastikvogel vor, der auf einer öffentlichen Sitzbank lag. Der Vogel sollte der Glücksbringer unseres Picknicks werden. Kurz, nachdem wir begonnen hatten zu picknicken, lief ein älterer Mann mit einem Kind an uns vorbei. Der Mann hieß Ralf, war fünfzig Jahre alt, und fragte uns, ob wir einen Straßenimbiss neu eröffnet hätten. Wir erzählten ihm von unserem Projekt und luden ihn und seine Begleiterin Jenny, ein elfjähriges Schulmädchen, zum Picknick ein. Ralf erzählte uns, dass Lichtenberg sich sogar über das Gebiet jenseits des Bahndammes erstrecke. Er wohne hier schon sein ganzes Leben lang und kenne sich im Bezirk gut aus. Als sein Bekannter Detlef mit einer Einkaufstüte an uns vorbeilief, grüßte er ihn.


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Ralf scheint im Stadtteil weithin bekannt zu sein, zumindest unter denen, die an unserem Picknickplatz vorbeikamen. Als Udo gegangen war, gesellte sich Peter, ein Fahrradfahrer, zu uns. Peter wollte ebenfalls nicht fotografiert werden. Er blieb als Einziger bis zum Ende des Picknicks und erzählte uns viel von seinem Sohn und seiner Exfrau. Er scheint froh zu sein, aufgrund seines geringen Einkommens seiner Ex-Frau keinen Unterhalt zahlen zu müssen und findet es absurd, eine Geldstrafe bekommen zu haben, weil er mit seinem Sohn an der Spree Enten füttern war. Die Bushaltestelle gebe es auf dieser Verkehrsinsel seit einem Jahr, sagte uns Ralf. Davor befand sich hier ein Altglascontainer, der nun auf einem Recyclinghof in der Nähe stehe, weshalb die meisten Nachbarn ihren Müll nicht mehr trennen würden. Die Straßenbahn fahre hier rasant von der Fanningerstraße um die Ecke in die Gudrunstraße. Seitdem es die Bushaltestelle gebe, kontrolliere das Ordnungsamt die Parkplätze. Fußgänger gebe es nur wenige, da viele Anwohner ein Auto hätten. Die meisten Anwohner seien ältere Menschen. Sie hätten hier im Kiez unmittelbar erreichbare Einkaufsmöglichkeiten.

EXTERNE Jacob studiert im 11. Semester Architektur und lebt in Berlin, seit er 16 ist. Trotzdem hat er durch das Projekt eine neue Perspektive auf Berlin und seine Bürger bekommen. Bruno studiert im 6. Semester Architektur und lebt seit 3 Jahren in Berlin. Er hat sich vor allem über das Interesse von Ralf und Jenny an dem mitgebrachten Essen gefreut.

Einen Moment später tauchte Udo, ein tätowierter Feuerwehrmann, neben uns auf und zeigte uns seinen Leguan. Beide ließen sich für ein «Familienfoto» mit uns fotografieren. Udo musste mit seinem Leguan zum Tierarzt, weshalb er nicht lange bei uns bleiben konnte.

LOKALE EXPERTEN Ralf (50), Behindertentransportfahrer, Jenny (11), Schulkind aus Marzahn, Udo (ca. 30) Feuerwehrmann und Leguanhalter, Peter (ca. 40), Teilzeitfliesenleger und Detlef (ca. 55), Privatier (Namen geändert, Alter zum Teil geschätzt)

Detlef wollte sich weder zu uns setzen noch fotografieren lassen. Obwohl er zu seiner Frau zum Mittagessen musste, ging er schnell noch einkaufen.


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Guerrilla Teestation Lichtenberg Der Erfolg unseres Guerillapicknicks brachte uns auf die Idee, auch unsere Intervention dem spontanen Zusammenkommen im Üffentlichen Raum zu widmen: mit einer Teestation. Wir nutzten die Tatsache, dass auf unserer Verkehrsinsel ein Brunnen und eine Bank standen und brachten zusätzlich einige Hocker, eine Teekanne, verschiedene Teesorten und einen Campingkocher mit. Die Hocker arrangierten wir um die vorhandene Bank am Platz. Die Bilder zeigen Anleitung, Aufbau und Nutzung der Teestation.


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Freiraum.Suche

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Picknickwiese

Tatkraft

Unsere Picknickdecke breiten wir auf einem dreieckigen Stück Wiese aus, das sich zwischen Gudrun-, Kriemhild- und Rüdigerstraße aufspannt. Wild wuchert das Gras: ein Stück Freiheit zwischen Friedhof, Gleisen und Wohnbebauung. Früher wiesen offizielle Schilder den Ort als geschützte Grünanlage aus. Nach der Satzung durften diese nur so benutzt werden, «wie es sich aus der Natur der einzelnen Anlage und ihrer Zweckbestimmung ergibt» (§ 6, GrünanlG). Zu diesen Regeln zählt unter anderem auch die Leinenpflicht für Hunde. Über die Einhaltung der Regeln wachten eifrige Anwohner_innen. Kein freilaufender Hund entging ihnen: Prompt wurde das Ordnungsamt informiert und musste anrücken. Ermüdet von den unablässigen Einsätzen ging man schließlich einen höchst pragmatischen Weg: Das Schild wurde entfernt. Was bleibt, ist ein undefinierter Ort, zu allen Seiten offen. Zuhause sein

Umbruch

Auszeit

Ausblick


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Was er aufgab, war ein Stück Freiheit: «Im alten Haus war es kalt, aber keiner hat mir Ärger gemacht. Dann ging es los mit dem großen Ausverkauf. Da wusste ich, ich werde wohl nicht mehr mein idyllisches Paradies im Hof haben. Mit Hollywoodschaukel und Apfelbäumen. War schön. Die Hollywoodschaukel, die vorm Laden steht, wisst ihr? Ich hatte ja keinen Hof mehr und wusste nicht wohin damit, da hab ich sie einfach dort hingestellt.» Auch heute zieht es ihn täglich zurück nach Lichtenberg: Der Laden, von dem er erzählt, ist der Bioladen «NaturPur» an der Frankfurter Allee, wo er jetzt als Koch arbeitet. Früher war er Stammkunde, jetzt verwandelt er Gemüse und Gewürze in immer neue Suppenkreationen. Hier treffen wir ihn das erste Mal. «Friedrichshain ist zu voll geworden. Und zu hipstermäßig. Viele Leute haben da keine Lust mehr drauf. Jetzt ziehen viele Leute in den Kiez hier, gerade genau in diesen Teil. Hier sind die schöneren Wohnungen von Lichtenberg mit hohen Decken, eher bürgerlich, nicht so die Arbeiterwohnungen wie im Weitlingkiez.» Sebastian hat die Veränderung im Kiez in den letzten Jahren miterlebt. Er sieht den Zuzug unvoreingenommener Menschen positiv, da so Vorurteile über Lichtenberg relativiert werden. Noch ist es ein Kiez, der nicht so im Fokus steht und dadurch auch geschützt ist. Durch die Veränderung öffnen sich Türen. Es kommen Leute, die offener sind. «Es braucht Mut, hier mit etwas Neuem anzufangen. Und dann ziehen vielleicht andere nach. Wir müssen flexibel sein. Wenn sich die Dinge ändern, muss man schnell schalten. Umbauen, etwas wagen.»

EXTERNE Sarah Bäcker kommt aus dem Ruhrgebiet, Irene Kriechbaum aus Österreich. Beide sind Wahlberlinerinnen und studieren Visuelle Kommunikation im Master an der UdK. Sie freuen sich über eine gemütliche Picknickrunde und Sebastians Erzählungen von seinem Lichtenberg.

«Ich finde unseren Picknickort toll. Hier hat man praktisch keinen Durchgangsverkehr. Die Bahntrasse und die Frankfurter Allee bilden eine Art Schutzwall. … Das ist hier wie eine Insel, eine Oase.» Sebastian, unser lokaler Experte, hat sieben Jahre lang hier im Kiez gewohnt, bis Investoren sein Haus aufkauften und in Eigentumswohnungen umwandelten. Da ist er gegangen, nach Friedrichshain – eine Art Gegenbewegung zu dem heute wohl üblicheren Weg.

LOKALER EXPERTE Sebastian kommt ursprünglich aus Marzahn und hat lange im Kiez gewohnt. Heute arbeitet er als Koch im Bioladen NaturPur an der Frankfurter Allee.

FREIRÄUMe


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Inside-Out Die Topographie unserer Picknickwiese ist geprägt von den Löchern, die zahlreiche Hunde in den letzen Jahren gegraben haben. Durchs hohe Gras fast vollständig verborgen verteilen sich die bis zu 60 Zentimeter tiefen Gruben über das gesamte Areal. In unserer Intervention haben wir einige dieser Löcher abgegossen und die Negativform neben ihrem Original platziert. Das Abformen als Methode der Spurensicherung dient hier dazu, die Geschichte des Ortes zu erzählen. Durch das Invertieren der Hundelöcher zu Hundehügeln werden die Spuren der Nutzung sichtbar. Die weißen Berge ragen aus den Gräsern und laden dazu ein, sich auf sie zu setzen und zu rasten. Die Hundewiese ist ein äußerst kommunikativer Ort. Die Hundebesitzer_innen des Kiezes treffen sich hier und tauschen sich aus. Über ihre Hunde, das Leben im Kiez und natürlich auch über die Zukunft der Wiese. Was sie eint, ist die Angst vor dem Verlust dieses Stückchens Freiheit. Mit unserer Intervention möchten wir den Blick auf die jetzt schon vorhandenen Qualitäten des Ortes lenken.


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Schreiben auf dem Freiaplatz

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Wohnungspicknick Unwetterwarnung und Sturmböen über Berlin und Brandenburg: Besonders gut hat es der Himmel am 28. Mai mit unseren Picknickplänen nicht gemeint. Die Quiche duftet schon im Picknickkorb, als es draußen anfängt, aus Kübeln zu gießen. Wir trotzen dem Regen und machen uns auf den Weg Richtung Frankfurter Allee. Zum Glück ruft unsere Expertin gerade noch rechtzeitig an, um ihre (trockene) Küche als Ausweichort für das Picknick vorzuschlagen. Bettina Ulbrich empfängt uns in ihrer gemütlichen Altbauwohnung unweit vom Rathaus Lichtenberg, wo sie als Gebietskoordinatorin arbeitet. Der Tisch ist gerade gedeckt, als es an der Tür klingelt: Bettinas Schwiegermutter Hedwig Ulbrich stößt spontan zu unserem «Wohnungspicknick» hinzu. Auch der kanadische Sprachschüler Julian, der für ein paar Wochen hier wohnt, nimmt bei uns Platz und erzählt, dass er zwar schon im Grunewald joggen war, in Lichtenberg aber noch nicht so viel unterwegs gewesen sei. «Wir haben ja auch kein Kino mehr, und es ist eigentlich alles weg hier. Man kann zu Hause bleiben, aber in Lichtenberg selbst kann man nicht groß was unternehmen.»


LOKALE EXPERTINNEN Bettina Ulbrich wohnt seit vielen Jahren in Lichtenberg, auch beruflich ist sie bestens im Bezirk vernetzt: Bis 2014 war sie dort als Gebietskoordinatorin tätig. Ihre Schwiegermutter Hedwig lebt schon seit den 50er Jahren hier.

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EXTERNE Miriam Kadel studiert Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Entwerfen visueller Systeme. Sie hat grosses Interesse an interdisziplinärer Zusammenarbeit und daran, was Design alles sein kann. Sebastian Perez ist Gasthörer an der UdK und kommt aus New York. Dort hat er Wirtschaft und Jazzgitarre studiert. Ab Herbst beginnt er ein multidisziplinäres Masterprogramm am CUNY Gradute Center NYC.

Das kulturelle und soziale Angebot sei aber viel größer, als man es auf den ersten Blick vermuten würde, erzählt Bettina. Sie weiß natürlich bestens über die Projekte und Veranstaltungen im Kiez Bescheid: Berufsbedingt ist sie in ständigem Austausch mit den sozialen und kulturellen Akteuren im Kiez, und sie unterstützt Bürgerbeteiligungen im Rahmen städtebaulicher Vorhaben. Ein Problem sei aber, sagt sie, dass viele gar nicht wüssten, welche Initiativen und Möglichkeiten der Beteiligung es überhaupt gibt. Das Stadtteilzentrum, das über die Jahre eine starke Vernetzung mit verschiedenen Einrichtungen erreicht habe, liege etwas abseits, und Partizipationsangebote seien für Außenstehende häufig nur schwer zu durchschauen. Dabei gebe es hier innovative Projekte: Zum Beispiel den Bürgerhaushalt Lichtenberg, eine Online-Platform für Anwohnervorschläge, und den FAN-Beirat, der es den Menschen im Kiez ermögliche, sich in städtebauliche Prozesse einzubringen. «Da wird schon viel versucht, aber das kommt alles zu sehr von oben. Es müsste mehr von unten kommen.» Wir gehen zu Kaffee und Kuchen über, und Hedwig Ulbrich erzählt von früher. Als die Kinder noch klein waren, habe es hier viele Nachbarschaftsfeste gegeben, nicht selten wurde der Wäsche- oder Fahrradraum zum Partykeller umfunktioniert. Man hat sich zum gemeinsamen Grünanlagensaubermachen getroffen. Jetzt seien sie alle zusammen alt geworden, und ohne die Kinder hätte man nicht mehr so viele Gründe, zusammenzukommen. «Da ist dann pro Haus höchstens eine junge Partei. Bei uns ist jetzt ein Student eingezogen. Und eine Frau, die hab ich noch nie gesehen, die wohnt schon drei Jahre da.» Lichtenberg ist aufgrund von steigenden Mieten im benachbarten Friedrichshain ein attraktives Zuzugsgebiet für junge Familien geworden. Einen Austausch gibt es aber kaum, weder zwischen den Generationen noch zwischen «Ur-Lichtenbergern» und Zugezogenen. «Ich find’s immer lustig, wenn die Leute am Müllstellplatz etwas stehen lassen, das noch gut ist, das kann sich der Nächste dann mitnehmen. Das sind ja schon so kleine Kontaktaufnahmen, über die es aber leider meistens nie hinausgeht. Wenn man irgendwo an zentraler Stelle eine Möglichkeit des Austausches hätte – das wäre toll. Die Menschen brauchen ein konkretes Thema, etwas, das nicht so abstrakt ist.» Bettina erzählt uns begeistert von verschiedenen Projekten im öffentlichen Raum, die sie bereits in anderen Städten gesehen hat, und bietet uns an, noch auf ein Glas Rotwein zu bleiben. Als wir uns eine Stunde später auf den Heimweg machen, sind wir sehr dankbar, dass uns das Regenwetter so viel mehr Zeit für das Gespräch mit Bettina und ihrer Schwiegermutter geschenkt hat.


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Schreiben auf dem Freiaplatz Der Freiaplatz ist ein Ort, an dem sich die Wege vieler verschiedener Menschen kreuzen, aber oft nicht berühren. Die Intervention ist ein Versuch, das Kommunikationspotenzial, das dieser Ort ohne Frage besitzt, in einem Punkt zu konzentrieren. Als passendes Vehikel dieser Kommunikation wurde die Schreibmaschine gewählt: Durch sie als verbindendes Medium wird mit der Möglichkeit zum freien Schreiben die Voraussetzung dafür geschaffen, jedem Vorbeikommenden eine Nachricht zu hinterlassen. Nebenbei können die Menschen aber auch über die Aktion direkt ins Gespräch kommen. Aus zufälligen Begegnungen werden auf diese Weise gemeinsame Erlebnisse.


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Gottesacker

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Picknick auf dem ehemaligen Friedhof Nach dem ersten Telefongespräch mit unserer Expertin war klar, dass der Picknickort an die Sicherheitsbedürfnisse einer jungen Mutter angepasst sein musste: Er sollte den Kindern die nötige Freiheit geben, sich zu beschäftigen, ihnen aber gleichzeitig klare Grenzen setzen. Da wir für dieses Projekt einen gestalteten Spielplatz nicht für angemessen hielten, suchten wir nach Alternativen und fanden schließlich den ehemaligen Friedhof an der Gotlindestraße. Hier wurde circa 1960 zum letzten Mal jemand beerdigt. Ein Teil des Geländes wird von einer Ausbildungsgärtnerei genutzt. Das Gelände ist noch ringsum von der alten Friedhofsmauer umgeben, aber ganztägig für Besucher_innen zugänglich. Einige Anwohner_innen nutzen den Park zum Hundeausführen und zum Spazierengehen – es scheint jedoch keiner länger zu bleiben oder sich mal niederzulassen. Dieser ruhige und sichere Ort schien uns perfekt geeignet für unser Expertinnentreffen.

(1) Hahnenfuß

(2) doldiger Milchstern

(3) Ehrenpreis

(4) Löwenzahn


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Aus Elisabeths unbefangener Perspektive sind andere Fragen wichtig. Catarina geht darauf ein: «Oh, diese blauen Blümchen hier sind schön – ob das Männertreu ist? … Man kann relativ viele Blumen essen, auch Löwenzahn, Gänseblümchen und so. Die schmecken meist noch aromatischer als die Kräuter selbst!» Und zu Elisabeth sagt sie: «Puste mal! Dann wachsen morgen hier hundert neue Pusteblumen!»

(5) Gänseblümchen

(6) Brennessel

(7) Maiglöckchen

(8) Vergissmeinnicht

EXTERNE Anja Fritz und Jana Tost sind Studentinnen der Udk im Bereich Architektur und Visueller Kommunikation (Fotografie und Film). Wir haben Lichtenberg durch das Projekt ein bisschen kennengelernt, eine grosse Faszination für unseren Picknickort entwickelt und dabei zwei wunderbare Expertinnen kennengelernt.

Elisabeth, ihre zweijährige Tochter, macht sich nach ausgiebigem Naschen von Kuchen und mitgebrachten Knabbereien selbstständig und erkundet die Umgebung. Es ist erstaunlich, wie unbefangen die Zweijährige sich den Ort zu eigen macht – und die vorher befürchtete Langeweile keine Chance hat. Das kleine Mädchen erobert die Natur, die zuvor den Friedhof erobert hatte. Durch ihre geringe Größe rücken Dinge auf ihrer Augenhöhe in den Fokus, zum Beispiel Pflanzen und kleine Löcher im Stein. Auch Catarina, die generell findet, dass es im Kiez viel zu wenig Kinderspielplätze gibt, fängt an, die ihr ungewohnte Umgebung genauer zu betrachten: «Ich denke, dass dieses Verwilderte hier ein bisschen heraussticht, ein Alleinstellungsmerkmal ist. Auf der anderen Seite finde ich, wenn die Leute herkommen, sollten sich nicht das Gefühl haben, dass es ein gruseliger Treffpunkt für irgendwelche komischen zwielichtigen Gestalten ist.»

LOKALE EXPERTINNEN Catarina und Elisabeth sind Neu-Lichtenbergerinnen. Elisabeths grosser Bruder konnte leider nicht zu unserem Picknick kommen. Die Familie wohnt seit zweieinhalb Jahren im Neubaugebiet an der Kriemhildstrasse. Für die tatkräftige Unterstützung bei der Umsetzung unserer Intervention «Gottesacker» danken wir der Ausbildungsgärtnerei des Bezirksamts.

Catarina, die bis vor Kurzem in Friedrichshain gewohnt hat, ist eine der neuen Lichtenbergerinnen, die nach und nach herziehen. »Die Friedrichshainer Familien ziehen ja jetzt alle nach Lichtenberg. Das ist wirklich so! Die meisten Leute, die ich kenne. Man kann da seine ganze Infrastruktur beibehalten, und wenn man mehr als zwei Kinder hat, kriegt man in Friedrichshain sowieso keine bezahlbare Wohnung mehr.«


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Gottesacker Viele Pflanzen, die wir heute als Unkraut kennen, sind eigentlich wertvolle Wildkräuter. Selbst gesammelt und zubereitet bieten sie eine gesunde und preiswerte Abwechslung zum alltäglichen Essen. Wir befüllten die ehemaligen Wassertröge des Friedhofs mit Erde, pflanzten die auf dem Friedhofsgelände wachsenden Wildkräuter dort ein und brachten entsprechende Hinweisschilder an. Außerdem sammelten wir Wildkräuterrezepte und bereiteten einige davon für das gemeinsame Abschlusspicknick zu – mit vor Ort gepflückten Zutaten.


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Viele Pflanzen, die wir heute als Unkraut kennen, sind eigentlich wertvolle Wildkr채uter. Selbst gesammelt und zubereitet bieten sie eine gesunde und preiswerte Abwechslung zum allt채glichen Essen.

Wildkr채uter auf dem ehemaligen Friedhof

Gottesacker

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1 Sauerampfer reich an Vitamin C, Carotin, Eisen, Gerbstoffe und Eiweiß (Stängel und Blätter); stärkt das Immunsystem, blutreinigend, verdauungsfördernd 2 Breitwegerich enthält Schleimstoffe, Bitterstoffe und Gerbstoffe; schleimlösend, entzündungshemmend 3 Giersch reich an Kalium, Calcium, Mangan, Zink und Kupfer,Vitamin A und C und Eiweiß; wirkt mild harntreibend, krampflösend, entzündungshemmend, Heilmittel gegen Rheuma, Gicht und Arthritis 4 Holunder reich an Vitamin C (Beeren); schweißtreibend, schleimlösend (Blüten) 5 Weißklee enthält Vitamin C und E, eiweißreich, als heißer Aufguß gegen Husten, Rheuma und Verdauungsstörungen 6 Rotklee siehe Weißklee 7 Löwenzahn enthält Bitterstoffe, viel Eiweiß, Vitamin C, Kalium, Magnesium, Phosphor; stärkt die Leberfunktion, verdauungsregulierend, harntreibend, blutreinigend 8 Schafgarbe enthält Gerb- und Bitterstoffe, Flavonoide, Kupfer, Kalium und Vitamine; verdauungsfördernd, krampflösend, entzündungshemmend, schleimlösend, beruhigend, blutreinigend,allgemein kräftigend 9 Heckenrose, Hagebutte reich an Vitamin

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strengung, Brust- und Halsleiden, Entzündung des Darms und Blutschwamm

Folsäure; blutreinigend, blutstillend, harntreibend; wirkt gegen Mandelentzündung, Fieber, Durchfall, Blasenentzündung, Diabetes, Wunden, Ekzeme, Hautunreinheiten 13 Brennessel enthält viel Magnesium, Kalium, Eisen und Silicium, Reich an Eiweiß, Vitamin A, C und E, blutreinigend, entgiftend, gegen Rheuma und Gicht und bei Leber- und Gallenleiden 14 Gänseblümchen reich an Gerb- und Schleimstoffen; blutreinigend, wirkt bei Wunden, Quetschungen, Verrenkung, Furunkeln, Akne, Phlegmone, Überan-

C, Vitamin B; gegen Erkältungen, Bronchitis, chronischem Nieren- und Blasenleiden, immunstärkend, schmerzlindernd, entzündungshemmend, bindet freie Radikale 10 Taubnessel angwendet bei Magenund Darmbeschwerden, Schleimhautreizung, Entzündung im Rachenraum und äußerlich bei Wunden 11 Spitzwegerich enthält Flavonoide, Kieselsäure, Zink, Kalium, viel Vitamin B und C; wirkt antibakteriell, erfrischend, reinigend, reizmildernd, leicht hustenlösend 12 Brombeere enthält Vitamin C, Eisen,

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Kartoffeln, Zwiebeln und Möhren in Würfel, die Brennessel- und Gänsblümchenblätter in Streifen schneiden. Zwiebeln, Möhren und die grünen Blätter in Butter anschwitzen, mit Wasser auffüllen und die Kartoffeln zufügen, würzen. Nach dem garen das Gemüse abschmecken. Anrichten und mit Gänseblümchenblüten dekorieren.

4 Kartoffeln, 2 Zwiebeln, 2 Möhren, 50 g junge Brennesselblätter, 50 g Gänseblümchenblätter, 1 Handvoll Gänseblümchenblüten, Salz, Pfeffer, Butter, 750 ml Wasser

Brennessel-Gänseblümchen-Suppe

Den Giersch fein hacken, die Brennnesseln eine Minuten in kochendem Wasser blanchieren und sofort in Eiswasser abschrecken. Abtropfen lassen, die Blätter von den Stielen trennen und ebenfalls fein hacken. Das Mehl mit 3 Eiern, den Wildkräutern, etwas Salz und evtl. etwas Wasser zu einem nicht zu festen Teig verarbeiten, der Teig muss schwer reißend vom Löffel fallen. Spätzle schaben oder hobeln, dabei nimmt jeder das Werkzeug, an das er gewöhnt ist. Kurz in Salzwasser kochen bis die Spätzle aufschwimmen. Mit einem Schaumlöffel herausnehmen und warm halten.

2 Handvoll Giersch, 2 Handvoll Brennesseln, 300 g Dinkelmehl, 3 Eier

Unkrautspätzle

Brennnesseln warm waschen und Sonnenblumenkerne in einer beschichteten Pfanne ohne Öl rösten, bis sie duften. Alle Zutaten zusammen zerkleinern und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Falls etwas übrig bleibt sollte man den Rest in ein Schraubglas füllen und die Oberfläche des Pestos mit Olivenöl bedecken, dann verändert sich die Farbe nicht.

100 g junge Brennnesselblätter, 100 ml Olivenöl, 100 g Feta-Käse, 50 g Sonnenblumenkerne, 1/2 Zitrone, 4 Zehen Knoblauch, Salz und Pfeffer

20 große, frische Brennnesselblätter, 125 g Mehl, 2 Eier, 125 ml Bier, etwas Zitronensaft, 1 EL Öl für den Teig, Butterschmalz oder Öl zum Ausbacken, Salz

Die Eier trennen. Das Eiweiß von einem Ei zu Eischnee schlagen. Aus Mehl, Bier, 2 Eigelb, Öl und einer Prise Salz einen glatten Teig herstellen. Das steif geschlagene Eiweiß unterheben. Die großen, frischen Brennnesselblätter waschen, abtrocknen, erst durch Mehl und dann durch den Bierteig ziehen. In 160° C heißem Fett schwimmend, goldgelb ausbacken. Auf Küchenkrepp abtropfen lassen und mit etwas Zitronensaft beträufelt noch warm servieren.

Brennnesselpesto

Brennnesselblätter in Bierteig

Blätter waschen, abtrocknen und klein schneiden. Alle Blätter zusammen mit geriebenem Parmesan, Kernen, Knoblauch und Öl pürieren. Mit Salz abschmecken.

100 g junge Löwenzahnblätter, 100 g Gierschblätter, 100 g Parmesan, 100 g Pinienkerne oder Sonnenblumenkerne, 4-6 Knoblauchzehen, 100 ml Olivenöl, 2 TL Salz

Giersch-Pesto

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Das Knödelbrot mit Milch befeuchten. Die Brennnesseln waschen, blanchieren, gut ausdrücken, fein hacken und anschließend mit dem Brot vermischen. Die Zwiebel und den Knoblauch fein schneiden und in Butter dünsten, dann dem Brot mit den Eiern beimengen. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen und die Masse gut durchkneten. Zum Schluss das Mehl dazu geben und aus der Masse kleine Knödel formen. Im Salzwasser ca. 10 Minuten kochen. Mit Parmesan bestreuen und mit zerlassener, brauner Butter servieren.

300 g Knödelbrot, 1 Prise Salz, 1/8 l Milch, Pfeffer aus der Mühle, 300 g Brennnesselblätter, 1 Messerspitze Muskatnuss, 1 Zwiebel, 2 EL Mehl, 2 Knoblauchzehen, 40 g Butter, 40 g Parmesan (gerieben), 4 Eier, 60 g braune Butter

Brennnesselknödel

Mehl, Eier, Wein, Zucker und eine Prise Salz glatt rühren. Den Teig ca. 30 Minuten ausquellen lassen. Holunderblütendolden ausschütteln und evtl. vorsichtig waschen. Öl in einem großen Topf oder einem Wok erhitzen. Blütendolden nacheinander in den Teig tauchen, etwas abtropfen lassen und portionsweise im Öl 2-3 Minuten goldgelb ausbacken. Herausnehmen, kurz auf Küchenpapier abtropfen lassen und mit Puderzucker bestäuben. Mit Vanille-Eis servieren.

ca. 8 Holunderblütendolden, 150 g Mehl, 2 Eier, 1/4 Liter Weisswein, 2 EL Zucker, 1/4 l Rapsöl

Hollerküchle

Die Brennnesseln in wenig kochendem Wasser weich kochen, abgießen (etwas von dem Wasser behalten) und fein hacken. Die gehackte Zwiebel in der Butter blanchieren, das Mehl dazu geben, dann die Sahne und etwas Brühsud unter ständigem Rühren dazugeben, sodass eine sämige Soße entsteht. Die Brennnesseln unterrühren und mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken. Mit Spiegeleiern und Stampfkartoffeln servieren.

1 kg junge Brennesselblätter, 1 kleine Zwiebel, 125 ml Sahne, 50g Butter, 50 g Mehl, Salz, etwas Pfeffer, etwas Muskat

Brennnesselspinat


Blätter (nicht die Blüten) waschen und abtrocknen. Die Kräuter in einem Topf mit 1,5 l Wasser geben, mit der Zitrone und aufkochen lassen, danach 5-10 Min. leicht köcheln lassen. Den Sud abkühlen lassen und eine Nacht zugedeckt ziehen lassen. Den Sud abseihen, braunen und weißen Zucker zugeben, kurz aufkochen und dann unter ständigem Rühren ein bis zwei Stunden einkochen. Wenn die richtige „Honig- Konsistenz“ erreicht ist in Gläser abfüllen.

Blütenknospen von Gänseblümchen oder Löwenzahn, Essig (Wein- oder Estragonessig)

3 Handvoll Löwenzahnblüten, 3 Handvoll Gänseblümchenblüten, 4 Handvoll Gundermann, 8 große Blätter vom Frauenmantel, 1 Handvoll junger Giersch, 1 Handvoll Brennesselspitzen, 1 Handvoll Spitzwegerichblätter, 1 Zitrone (unbehandelt), 500 g Rohrzucker, 500 g Zucker, 1,5 l Wasser

Die Blütenknospen waschen und mit Salz bestreut einige Stunden stehen lassen, dann in siedendes Wasser geben und dieses ein paar mal aufwallen lassen. Abgetropft in kleine Gläser oder Flaschen verteilen und mit kochendem Essig übergießen. Nach 5 bis 6 Tagen die „Kapern“ noch einmal mit dem Essigwasser aufkochen, wieder in die Gläser füllen und gut verschließen. Nach Belieben können auch einige Pfefferkörner, geschabter Meerrettich und Estragon dazwischengelegt werden.

Kapern aus Blütenknospen

Zucker und Wasser ca. 10 Minuten reduzieren, danach im Wasserbad abkühlen lassen. Sauerampferblätter putzen, waschen und trocknen. Zitrone halbieren und auspressen. Von einer Hälfte die Schale von den weißen Häutchen befreien und in feine Würfel schneiden. Den Pfeffer im Mörser zerkleinern (nicht im elektrischen Häcksler!). Sauerampfer mit dem Läuterzucker fein pürieren (am besten im Mixer), mit Zitronensaft abschmecken. Joghurt, Zitronenschale und Pfeffer dazugeben, zu einer homogenen Masse verrühren. In eine flache Schale (mit Deckel) füllen und für mindestens vier Stunden ins Gefrierfach (anfangs ca. alle 30 Minuten umrühren) stellen oder in der Eismaschine zubereiten.

200 g Zucker, 200 ml Wasser, 20 Sauerampferblätter, 1 große unbehandelte Zitrone, 1 TL rosa Pfefferbeeren, 250 g Joghurt

Erfrischendes Sauerampfer-Eis

Kräuterhonig aus Wildkräutern

Wasser, Zucker und Zitronensäure in einem Topf erhitzen, bis die Flüssigkeit glasklar ist. Währenddessen über einem großen Topf die Dolden so von den Blüten schneiden, dass möglichst wenig Grün an den Dolden bleibt. Die Zitrone in dünne Scheiben schneiden und über die Blüten geben. Das heiße Zuckerwasser über die Dolden gießen. Gut durchrühren, sodass Dolden und Zitronenscheiben von der Flüssigkeit getränkt sind. Abkühlen lassen und das Gefäß verschließen. An einem kühlen Ort fünf Tage ziehen lassen, dabei immer wieder umrühren. Nach fünf Tagen den Sirup filtrieren (ggf. durch ein Mulltuch oder Küchenhandtuch – die Flüssigkeit sollte möglichst klar sein) und zum Kochen bringen. Die kochende Flüssigkeit in heiß ausgespülte Flaschen füllen und die Flaschen sofort verschließen.

1 l Wasser, 1 kg Zucker, 20 g Zitronensäure, 10 Holunderblütendolden, 1 unbehandelte Zitrone

Holunderblütensirup

Bei einem gemeinsamen Picknick mit lokalen Experten auf dem ehemaligen Friedhof in der Gotlindenstraße entstand die Idee zu einen Wildkräutergarten. In Kooperation mit der dort ansässigen GärtnerAusbildungsstätte wurden im Juni 2014 die ersten Hochbeete angelegt. Das Projekt wird fortgesetzt.

Das Projekt „Gottesacker“ entstand im Rahmen des Forschungsseminars „Stadt (be)setzen“ unter Leitung von Frau Dr. Saskia Hebert.

Projektentwicklung „Gottesacker“

Die Wildkräuter und den Feldsalat waschen und trocken schleudern. Für das Dressing Sirup, Essig und Apfelsaft mit Senf und Salz verrühren, den Pfeffer frisch dazumahlen. Nach und nach das Öl unterschlagen, bis eine homogene Konsistenz erreicht ist. Die Salatblätter anrichten, mit dem Dressing beträufeln und mit den Gänseblümchen bestreuen.

60 g junge Löwenzahnblätter, 60 g Sauerampfer, 60 g Brunnenkresse, 60 g Feldsalat, 1 Handvoll Gänseblümchen, 2 EL Holunderblütensirup, 1 EL Apfel-Balsamessig, 2 EL Apfelsaft, 1 TL Dijonsenf, Salz, grüner Pfeffer aus der Mühle, 5 EL Traubenkernöl

Wildkräutersalat mit Holunderblüten-Dressing

CENTRALSTATION

Drucksponsoring von

„Gottesacker“ ist ein interdisziplinäreres Projekt von Jana Tost und Anja Fritz

Catharina und Elisabeth (Experten) Herrn Bergdoldt, Frau Baumann und Simone Borg (Gärtner-Ausbildungsstätte) Herr Heinecke (Grünflächenamt)

Herzlichen Dank an

Die Kräuter von den Stielen trennen und an einem luftigen Platz trocknen lassen. Dann die getrockneten Kräuter in zwei Glasflaschen jeweils bis knapp zur Hälfte füllen und mit Rapsöl auffüllen. Die Flaschen auf dem Fensterbrett vier Wochen ziehen lassen. Nach dem Ziehen das Öl durch ein Sieb, das mit einem Küchenkrepp ausgelegt ist, durchseihen und wieder abfüllen und dunkel lagern. Die Öle schmecken sehr fein nach den Kräutern und eignen sich ganz hervorragend für Blattsalate aller Art.

1 Handvoll Giersch, 1 Handvoll Löwenzahnblätter, 1 Handvoll Brenesseln, 1 Handvoll Sauerampfer, 1 Handvoll Spitzwegerich, 1 Handvoll Schafgarbeblätter, 1 Handvoll Salbeiblätter, 2 l Rapsöl (kalt gepresst)

Wildkräuteröl


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Das Picknick als minimalinvasive Form der Raumaneignung eignet sich gut, um die vorhandene und die mögliche Performanz von Orten zu testen, ihre Atmosphäre zu erfassen und ihre mögliche Zukunft zu diskutieren. Das Zubereiten und Mitbringen der Speisen erleichtert das Kennenlernen bis dahin unbekannter Gesprächspartner_innen, die sich ihrerseits hochflexibel auf die gegebene Situation einstellen. Verschiedene Interpretationen des lokalen Kontexts führen zu sehr unterschiedlichen Interventionen: Diese verändern erneut die Benutzbarkeit, die Erscheinung und den Charakter des jeweiligen Ortes, wenn auch manchmal nur für kurze Zeit. Alle, die an der Vernissage der so entstandenen «Open-Air-Galerie» teilnahmen, waren erstaunt, wie viele neue Perspektiven sich hier eröffneten.

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stadt (ver) handeln

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ein wertediskurs



Seminarleitung: Saskia Hebert Projektassistenz: Sarah Bäcker, Irene Kriechbaum

Teilnehmer_innen: Alessandro Cugola, Felix Deiters, Maria Dovris, Mattias Floxner, Mario Gundersen, Sarah Kästner, Denny Krienke, Charlotte Lenger, Constance Leurent, Diane Selma Penrad, Katri Ståhls, Lisa Steude, Zuzana Tabackova, Sara Tawfiq, Jack Taylor, Olivia Vigneron, Yang Yu, Miriam Zenk

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Das Seminar STADT (VER)HANDELN: EIN WERTEDISKURS wurde im Wintersemester 2014/2015 am lived/space/lab der UdK Berlin durchgeführt.

Mit freundlicher Unterstützung durch: Bezirksamt Lichtenberg: Amt für Stadtentwicklung, Stellv. Bezirksbürgermeister Dr. Prüfer, Stattbau, SenStadtUm Berlin, Anke Strauss, Anja Weber

Lokale Expert_innen: siehe Projekte auf den folgenden Seiten

Worin liegt der Wert urbaner Orte? Verringert sich in Zeiten steigender Boden- und Immobilienpreise unsere generelle Wertschätzung alltäglicher, städtischer Räume? Wir müssen reden: über den Gebrauchswert, die Ästhetik und andere relevante Qualitäten des Öffentlichen und den «Common Ground» unserer emanzipierten Stadtgesellschaft.


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An bestimmten Punkten in der Stadt, die zunächst auf einer Karte und dann mit Kreidekreisen im realen Raum markiert werden, finden Langzeitbeobachtungen statt, um atmosphärische, performative und utopische Potenziale zu entdecken. Es werden Interviews mit Passant_innen geführt, aber auch Stimmungen, Handlungen und situative Ereignisse kartiert, um den betreffenden Ort differenziert beschreiben zu können. Die Forscher_innen entscheiden selbst über das Setting ihrer Beobachtungen: Ob sie sich als «Externe» am Rand des Feldes positionieren, Allianzen mit ortsansässigen Expert_innen bilden oder selbst zu Akteuren im «Möglichkeitsraum» werden, bleibt ihnen überlassen und prägt die eigene Arbeit.

orte


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Frankfurter Allee Ecke Rathausstrasse Innenhof des ehemaligen MfS-Areals Frankfurter Allee Ecke Siegfriedstrasse Rüdigerstrasse neben dem Kiezmarkt Verkehrsfläche vor dem Zentralfriedhof Frankfurter Allee Ecke Gürtelstrasse Ruschestrasse, nahe Eingang zum Stadion Frankfurter Allee, Eingang Sana Klinikum Irgendwo, ein Garagenhof

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Mithilfe eines Schnurzirkels werden die Markierungen aus dem Plan auf den Ort projiziert: neun Kreise à 100 m2 Grösse, im Massstab 1:1 in den Stadtraum übertragen.

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Vor Ort werden Interviews geführt, Spiele gespielt, Zettel aufgehängt oder Performances entwickelt: Je nach Ort sind unterschiedliche Massnahmen nötig, um ins Gespräch zu kommen.

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Nach Abschluss der Analysephase werden die Eigenschaften der erforschten Orte gemeinsam diskutiert und verglichen. Einige Kernqualitäten werden herausgearbeitet und öffentlich präsentiert: Das Publikum kann seine «Wertschätzung» ausdrücken, indem es die Hände hebt: Die Skala reicht von null (gar nicht wertvoll, wichtig oder bedeutsam) bis zehn (ungemein wertvoll, wichtig oder bedeutsam).

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methode

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Lautlandschaften Die Klangvielfalt ist prägend für diesen Ort. Obwohl die Geräuschkulisse natürlich von allen Menschen unterschiedlich wahrgenommen wird, ist es nicht möglich, sie auszublenden.

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Wie stark beeinflussen Geräusche Ihre Wahrnehmung der Stadt? Wir haben mehrere Stunden an der Ecke Rathausstraße / Frankfurter Allee verbracht, direkt an der sechsspurigen Autostraße. Viele Menschen meiden diesen Ort; sie empfinden ihn als laut. Der Verkehr produziert permanent Lärm, der im Kontrast zu der eher ruhigen Nachbarschaft steht. Es ist für die Passant_innen ein TransitOrt: Sie sind auf dem Weg zur Bibliothek oder rollen ihre Koffer in Richtung Hotel, gehen zur S-Bahn oder zum Einkaufen. Wir sehen aber auch einige Mütter mit Kinderwägen die Frankfurter Allee entlang laufen, die versuchen, ihre Babys in den Schlaf zu bringen.

Wie viel ist es Ihnen wert, an öffentlichen Orten miteinander sprechen zu können?


Um die Spatzen hören zu können, muss wenigstens eine der Ampeln rot sein, sodass der Verkehr sich beruhigt und der Schall etwas gedämpft wird. Gut, dass der neue Fahrstuhl zum U-Bahnhof Magdalenenstraße auch neue Ampeln bekommen hat. Durch die Wiederholung von nie exakt gleichen, aber doch sehr ähnlichen Lärmsequenzen stellt sich ein Verlust des Zeitgefühls ein. Die Menschen und die Autos sind in ständiger Bewegung. Die Lautheit jedoch ist ein konstanter Zustand.

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LOKALE EXPERT_INNEN Wolfgang, 82, ist Rentner und wohnt seit 1971 in Lichtenberg. Uwe, Elektrotechniker, lebt seit 1999 hier. Er schätzt die gute Verkehrsanbindung und möchte nicht zu viel Veränderung. Ria ist Studentin und Mutter von vier Kindern. Normalerweise meidet sie Orte wie die Frankfurter Allee und fährt lieber mit ihrem Fahrrad an den Wohnhäusern entlang. Der Grund ihres Aufenthalts hier ist ein Bibliotheksbesuch.

Der Lärm scheint die Säuglinge zu beruhigen. Wir besuchen auch das Wirtshaus, das Sonnenstudio und die Bibliothek. Wir wollen wissen, wie die hier arbeitenden Menschen den Ort wahrnehmen. Vielleicht wollen wir aber auch einfach unbewusst dem Lärm entfliehen? Der Verkehr ist selbst im Innern des Wirtshauses präsent. Sein Geräusch dringt durch die halb geöffneten Fenster ein und vermischt sich mit 90er-Jahre-Popmusik. An den Dauerlärm gewöhnen wir uns. Passant_innen bleiben wahrscheinlich nicht hier stehen, um dem Vogelgezwitscher zu lauschen.

EXTERNE Katri Ståhls stammt aus Ruotsinpyhtää, Finnland. Sie war vorher an der UCA in Rochester, Grossbritannien und studiert nun an der UdK Bildende Kunst für das Lehramt. Olivia Vigneron kommt aus Rio de Janeiro, Brasilien, wo sie an der UFRJ Architektur studiert. Momentan ist sie für ein Austauschsemester an der UdK. Ihre Präsentation im Rathaus haben beide mit Original-Lärmsequenzen unterlegt.

Wie stark empfanden Sie die Irritation durch unsere «Lautlandschaften»?


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Grauzone Ein Ort in Veränderung – zwischen Schwarz und Weiß.

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Welchen Wert hat Geschichte für diesen Ort? Wenn man über das frühere MfS-Areal spricht, haben die meisten Menschen eine Art Graustufenbild vor Augen, das sich vor Ort auf den ersten Blick auch zu bestätigen scheint: Grau- und Brauntöne herrschen auf dem Gelände vor, und es gibt wenige Farben – insbesondere bei Nacht. Sieht man allerdings genauer hin, kann man überrascht werden von den verschiedenen Potenzialen, die dieser Ort hat: zum Beispiel als Filmset. Wir entdeckten auch andere, eher verborgene Qualitäten: ein Katzenhaus zum Beispiel, das herumstromernden Vierbeinern als Unterschlupf dient und durch eine Frau betreut wird, die die Katzen zwar füttert, aber sagt: «Streicheln kann man sie nicht!» Allgemein sind die Meinungen über dieses Areal jedoch sehr verschieden voneinander, eher schwarz-weiß als grau in grau.

Welchen Wert hat die Katze für den Ort? Welchen haben die Parkplätze?


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EXTERNE Mattias Floxner und Mario Marsi Gundersen sind beide Architektstudenten. Sie verbringen ihr Erasmussemester an der UdK. Ursprünglich kommen sie aus Skandinavien: Mario aus Norwegen und Mattias aus Schweden.

Ein polarisierendes Thema sind zum Beispiel die vielen Parkplätze: Manche sehen sie als Problem an, andere wollen mehr davon. Auch über die vorhandenen Grünflächen wurde kontrovers diskutiert: Viele nehmen sie gar nicht wahr, andere nutzten sie intensiv. Omnipräsent ist natürlich die Geschichte. Viele, vor allem ältere Befragte konnten persönliche Erfahrungen aus der Zeit von DDR und Stasi erzählen. Jüngere Leute hatten dagegen eher weniger Bezug zum Gelände: Für sie ist es nur ein weiterer Ort mit einer komplizierten Vergangenheit, ohne persönliche Bedeutung. Manche wiederum sähen es gern, wenn weitere Einrichtungen zur Aufarbeitung dieser Vergangenheit in die leer stehenden Gebäuden einziehen würden. Einige wünschten sich eine Art Themengelände, um die Historie des Ortes deutlicher sichtbar zu machen, und wieder andere waren gar nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie Geschichte hier heute erzählt wird – quasi aus der «Siegerperspektive», wie ein Interviewpartner es nannte.

LOKALE EXPERT_INNEN Kathrin, 26, Studentin, ist Komparsin in der Serie «Weissensee» und denkt, aus dem Areal könnte etwas werden. Julia, 26, arbeitet zurzeit im Stasi-Museum. Jenny, 34, wohnt seit einiger Zeit in Lichtenberg und geht hier oft mit ihrem Hund spazieren. Lars, 65, pensionierter Lkw-Fahrer aus Schweden, musste früher oft über die innerdeutsche Grenze und ist heute mit seinem Sohn hier. Kai-Uwe, Mitte 40, ist Entwickler und findet die Darstellung der DDR-Geschichte unausgewogen.

Was ist es wert, dass dieser Ort so viele unterschiedliche Meinungen erzeugt?


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In Transit Kommen und Gehen. Vorbeihasten. Nicht stehen bleiben. Jeden Tag. Aber bist Du wirklich hier?

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Was ist es uns wert, diesen Ort zu verändern? Eine Kreuzung nahe der viel befahrenen Brücke der Frankfurter Allee; nur eine übrig gebliebene Häuserzeile schirmt die Kreuzung ab. Bunte Schilder benennen einen Laden für Raucherbedarf und Callshops. Ein nicht abreißender Strom von Pendler_innen, die zwischen S- und U-Bahnhof Lichtenberg und der Tramhaltestelle Siegfriedstraße hin- und herschwappen. «Was, hier? Wieso hier? Ist das hier überhaupt ein Ort? Also, ihr habt euch wirklich keine schöne Ecke rausgesucht, hier werdet ihr nicht so viel verändern, das glaube ich nicht.» Wir an der falschen Stelle? Aber wir hatten uns die doch ausgesucht...


Hin und zurück. Jeden Tag. Ein Ort im Autopilot. Knotenpunkt. UBahn, S-Bahn, Tram. Von uns und unseren Fragen wird man ungern unterbrochen. Wir schreiben sie groß auf den Asphalt. Woher kommst Du? Wohin gehst Du? Gefällt es dir hier? Was ist dir die Stadt wert? Das hilft. Dieser Ort drängt sich nicht auf. Während wir ihn durchkreuzen, sind wir nur physisch anwesend, in unseren Gedanken sind wir ganz woanders: schon im Büro, noch im Bett, an einem sonnigen Ort oder mittels Mobiltelefon bei unseren Freunden und Familien. Und das ist okay.

LOKALE EXPERT_INNEN Mike Richter findet: «Hier muss man nichts verändern. Es ist alles eingespielt.» Nur ein Dach wäre gut. Ulrike Hoffmann wünscht sich Veränderung. Sie versteht nicht ganz, warum wir diesen Ort für unsere Beobachtungen gewählt haben.

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EXTERNE Felix Deiters, Constance Leurent und Sara Tawfiq studieren Architektur in Berlin, Paris und Kopenhagen. Niemand von ihnen war je zuvor in Lichtenberg. Zum Aufwärmen an kalten Herbsttagen empfehlen sie die Suppe vom Bioladen neben dem Sana-Klinikum.

Was wäre es uns wert, einfach mal in Ruhe gelassen zu werden?


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Grün.Schule.Ruhe. Ein unspektakulärer Ort, aber dadurch auch eine perfekte Kulisse für die tägliche Routine.

Wie wichtig ist die Nachbarschaft für diesen Ort?

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Unser Untersuchungsgebiet befindet sich an der Rüdigerstraße, neben dem Kiezmarkt. Am Anfang haben wir uns einfach auf eine Bank gesetzt und beobachtet, wie dieser Ort genutzt wird. Das Areal ist grün, die Atmosphäre ruhig. Nicht viele Menschen kommen vorbei. Doch die, die da sind, lassen sich bereitwillig interviewen und sind sehr offen. Der Ort ist ein Ort des Durchgangs – und der Alltäglichkeit: Leute gehen jeden Tag einkaufen. Kinder besuchen jeden Tag die Schule. Anwohner_innen gehen nach Hause. Die Passant_innen sind Schulkinder, ältere Menschen, KiezmarktKund_innen, Eltern mit kleinen Kindern und Leute mit Hunden. «Es wäre schön, einen Grund zu haben, hier länger zu bleiben.» «Nicht viel los, aber trotzdem irgendwie schön hier.» «Mein Weg zur Arbeit. Sonst nichts.» Die meisten finden den Ort einfach «schön», weil es hier grün ist. Aber gleichzeitig finden sie den Platz unwichtig und langweilig. Er wird als Ort ohne klare Funktion wahrgenommen.

Wie wichtig ist es, dass es hier grün ist?


Viele möchten hier etwas verändern: mehr Beleuchtung, mehr Bepflanzung, neue Bänke, einen Marktplatz mit frischem Gemüse. Gemeinsam mit den Passant_innen haben wir daher ein Spiel entwickelt. «Sag mal: Was wünschst du dir hier? Zeichne es auf die Pappe und leg es an den richtigen Ort!» Wegen des schlechten Wetters haben sich die Anwohner_innen um uns gesorgt. Viele Leute waren sehr nett und warmherzig, manche boten uns sogar Kaffee und Kuchen an. Anscheinend ist dies ein Ort, an dem man aufeinander achtet. LOKALE EXPERT_INNEN Julia ist Studentin und wohnt seit zwei Jahren direkt am Rand des Parks. Sie findet den Park schön, aber gleichzeitig problematisch, weil er wegen des Supermarktes ein «Sammelort für Trinker» ist. Die Schüler, die wir trafen, wohnen nicht in Lichtenberg und verbringen daher nicht viel Zeit in der Gegend. Nach Unterrichtsschluss gehen sie manchmal im Laden einkaufen. Christa ist 2006 in diese Gegend gezogen. Ihr Weg vom Einkaufen nach Hause führt durch den Park.

Wie wichtig sind die Bänke an diesem Ort?

EXTERNE Diane Selma Penrad kommt aus Frankreich und macht zurzeit ihren BA in Architektur an der UdK. Sie hat bereit einen Masterabschluss in Archäologie. Zuzana Tabackova kommt aus der Slowakei und macht ihren MA in Architektur an der Udk. Sie hat zwei Jahre Berufserfahrung mit Schwerpunkt partizipativer Planungen.

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Der blinde Fleck «Kommst du auch nachts hier her?» «Nein. Natürlich nicht!»

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Welche Qualität hat die Anonymität an diesem Ort? Mein Beobachtungsgebiet befindet sich vor dem Eingang zum Zentralfriedhof mit der Sozialistengedenkstätte. Es liegt zwischen dem Bahngelände und der Stelle, wo Rüdiger- und Gudrunstraße sich treffen. Der Punkt hat sich als Ergebnis sozialer, politischer und ökonomischer Einflussfaktoren der letzten zwei Jahrhunderte entwickelt. Es ist ein von Einschüchterungen und Einsamkeit geprägter Fleck. Aber das ist auch seine Atmosphäre, sein Charme. Für Viele scheint es, als sei dies ein Nicht-Ort zwischen Haltestelle und zu Hause: ein Parkplatz, der Weg zur Arbeit, ein Ort, den man in der Nacht meidet.


Für andere dagegen ist er Teil einer Route des Protests, von Ideologie und Erinnerung. Jedes Jahr am 15. Januar endet hier die LiebknechtLuxemburg-Demonstration an der Gedenkstätte der Sozialisten. An diesem Tag ist der Ort nicht mehr neutral und leer. Seine Komplexität wird deutlich, wenn man diese Bedingungen versteht. An dieser Stelle wurde ich zum lokalen Experten.

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Die Nacht enthüllt eine andere Seite dieses Ortes. Während ich lokaler Experte wurde, beobachtete ich viele seltsame Aktivitäten: Autos kamen und verschwanden wieder, was zeigte, dass der Wert dieser Stelle für Andere vielleicht größer ist als erwartet. Was also bedeutet er ihnen? Ist er nur der Parkplatz vor dem Friedhof, oder könnte er mehr sein? Ein Platz für den Kiez im Ganzen, um dessen Wert zu erkennen und zu diskutieren? Es ist ein vielschichtiger Ort, dem jedoch die aktuelle Schicht fehlt – Zukunft ungewiss.

EXTERNER EXPERTE Jack William Taylor ist ein Architekturstudent aus Grossbritannien. In den letzten fünf Jahren hat er in Glasgow und Berlin studiert, gearbeitet und gewohnt. In seiner schottischen Heimat hat er an ähnlichen Gemeinschaftsprojekten gearbeitet.

Ich beobachtete tags und nachts, unsichtbar für manche Leute, irritierend für andere. Viele der Befragten wirkten regelrecht geschockt von meiner Frage, was dieser Ort für sie bedeute. Die Antworten zeigen das eindeutige Fehlen von Bezügen zu diesem Ort, bis hin zum Missfallen, diesen überhaupt als solchen zu betrachten. Die Arbeiter einer angrenzenden Baustelle blieben von meinen Aktivitäten völlig unberührt. Ich wurde zusehends unsichtbar, wie der Fleck selbst.

LOKALE EXPTERT_INNEN Lisa kommt aus Portugal und wohnt seit einem Jahr in Berlin. Sie macht gerade ein Praktikum in Lichtenberg, im Gartenbau. Jens Twachtmann ist Steinmetzmeister und arbeitet in der Grabpflege. Für ihn ist der Platz einfach nur ein Parkplatz.

Wie wichtig ist die Vergangenheit hier? Wie wichtig sind Gegenwart und Zukunft?


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Transitgarten / Obstraum Im Obstgarten sind Natur und Jahreszeiten wahrnehmbar: sichtbar, riechbar, essbar.

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Welchen Wert hat diese Grünfläche für Sie? Unser Untersuchungsgebiet befindet sich an der Frankfurter Allee Ecke Gürtelstraße. Es handelt sich um einen Ort mit hohem Verkehrsaufkommen: Passant_innen bewegen sich zwischen Tram, U-Bahn, S-Bahn und Ring-Center. Fahrräder, Autos und Lastwagen rauschen vorbei – der Verkehr ist omnipräsent. Man fühlt sich verloren in diesem merkwürdig weiten Raum, der auf der Grenze zwischen Lichtenberg und Friedrichshain liegt. Unmittelbar neben der viel befahrenen Kreuzung gibt es eine Grünanlage, einen öffentlichen Raum, der jedoch wenig in Anspruch genommen und kaum gepflegt wird. Mit Passant_innen zu sprechen ist schwierig: Hier bleibt man nicht stehen. Unser Kreidekreis wird zunächst komplett ignoriert – erst, als wir ihn mit rosa Mehl ausfüllen, kommen erste Reaktionen. Die Grünanlage wird von den Befragten weder als schön, noch als etwas Besonderes empfunden. Dennoch möchten fast alle, dass sie bestehen bleibt: Es gebe generell zu wenig Grünflächen in Berlin, heißt es. Unabhängig davon, ob sie genutzt würden oder nicht.


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Trotz aller Kritik: Die Anlage soll bleiben. Eine Hecke wäre schön, um nicht immer die Straße sehen zu müssen. Aber nicht zu hoch, da der Platz sonst nicht mehr überschaubar ist. Auch die Lichtsituation auf der Grünanlage könnte verbessert werden, und es sollte mehr Bänke geben. Was die Wenigsten wissen: Die Bäume, die hier wachsen, sind Obstbäume. Kirsch- und Walnussbäume gibt es – und auch einen Pflaumenbaum. Zwischen Hektik und Verkehrsschneise wird hier ein kleines Stück Natur im Alltag der Stadt präsent. Könnte der Transitort, vom Lärm abgeschirmt, nicht auch ein Ruhepol für die Augen sein, mit Düften von Blüten und Früchten, die dem Verweilenden den Wechsel der Jahreszeiten anzeigen? Dann würde der kleine Park zum Rückzugsort, zur idyllischen Nische, die man hier niemals erwartet hätte.

LOKALE EXPTERT_INNEN Ein Rentnerehepaar aus Lichtenberg lebt seit 42 Jahren im Plattenbau gegenüber, sitzt aber nie im Park und meidet ihn bei Dunkelheit. Philip und Theresa, Studierende, finden den Ort zwar gut gelegen, aber nicht urban oder schön. Manfred, ca. 60, Rentner, mag keine Veränderungen, interessiert sich aber sehr für alles, was in diesem Seminar passiert ist.

Wie wichtig ist es, die Jahreszeiten in der Stadt erleben zu können?

EXTERNE Charlotte Lenger und Lisa Steude sind Studentinnen der bildenden Künste mit Lehramtsoption an der UdK Berlin. Beide wohnen in Friedrichshain in der Nähe ihres Untersuchungsortes und kennen ihn daher aus ihrem eigenen Alltag.

Wie viel Euro würden Sie für ein Glas Marmelade von diesen Früchten zahlen?


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Projektionsfläche Ein Ort wie eine Bühne: einsehbar und offen. Eine Plattform für Aktionen?

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Würden Sie sagen, dass dieser Ort eine Bühnenqualität besitzt? Die Ruschestraße, an der unser Interventionsort liegt, stellt eine direkte Verbindung zwischen U-Bahnhof Magdalenenstraße und dem Jobcenter Berlin-Lichtenberg her. Unser Ort ist daher ein Durchgangsort an einer Achse, deren zwei Pole, U-Bahnhof und Jobcenter, die Passant_innen magnetisch anzuziehen scheinen. Während unserer Beobachtungen und Befragungen standen wir oft auf dem Fußweg oder auf dem Gras herum, während viele Leute an uns vorbei oder ihren Beschäftigungen auf den Balkonen oder um die Hauseingänge herum nachgingen. Direkt gegenüber befinden sich zwei große Wohnblöcke. Viele Bäume gibt es nicht. Der Grünstreifen ist von der gegenüberliegenden Seite vollständig einsehbar. Wir fühlten uns beobachtet, wie auf einem Präsentierteller. Das war der Punkt, an dem wir begannen, den Grünstreifen als Bühne zu betrachten. Wir beschlossen, auf dieser imaginären Bühne etwas aufzuführen, um das zu überprüfen. Während unserer Aktion wurde die Wiese für uns zum Meer, das wir mit unserem Schlauchboot durchquerten.

Ist seine Einsehbarkeit von Wert?


Obwohl wir so sichtbar waren, blieben Reaktionen der Passant_innen auf unsere Darbietung aus: Sie waren von unserer Bühnen-Idee offenbar nicht überzeugt. Niemand blieb stehen. Woran könnte das gelegen haben? Wir versuchten, neu über unseren Ort nachzudenken. Wir blieben dabei, die Einsehbarkeit für eine Qualität zu halten, auch wenn es für eine Bühne vielleicht nicht reichte. Doch wie könnte man diese Qualität in einen Wert verwandeln? Welche Orte oder Einrichtungen ziehen aus einer hohen Einsehbarkeit einen Vorteil? Wir stellten uns also Spielplätze, Fahrradständer, eine Hundeinsel und beispielsweise einen Stadtgarten hier vor: Kinder und Hunde sollen unter Obhut sein, Fahrräder nicht gestohlen werden und öffentliche Orte bemerkt und benutzt werden. Aber kann man, soll man das alles hier unterbringen?

LOKALE EXPERT_INNEN Saskia Wenzel, Malerin und Grafikerin, wohnt vor Ort. Passant_innen sind unterwegs zwischen der U-BahnStation Magdalenenstrasse, dem Stadion und der Agentur für Arbeit.

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EXTERNE Alessandro Cugola kommt aus Italien, Yang Yu aus China. Beide studieren Architektur. Maria Dovris studiert Kunst und Mathematik für das Lehramt. Alle drei kannten Lichtenberg vor dem Seminar wenig und einander gar nicht.

Welcher Anteil der Grünfläche sollte Ihrer Ansicht nach neu gestaltet werden?


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Lichtenberg Monopoly Welchen Wert hat der Freiaplatz? Welchen das Stück Gehsteig vor dem Klinikum?

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Wie schätzen Sie die Aufenthaltsqualität der hier dargestellten Orte ein? Unser Beobachtungsort am Eingang zum Sana-Klinikum ist ein stark frequentierter Durchgangsort, an dem Menschen vorbei gehen, aber nicht verweilen. Da wir dort zunächst niemanden zu einem Gespräch motivieren konnten, entwarfen wir ein «Lichtenberg-Monopoly» und setzten uns mit Tisch und Stühlen an unsere Ecke, um es mit Passant_innen zu spielen. Die erste Variante des Spiels war dem originalen Monopoly sehr ähnlich: Straßen und Bahnhöfe hatten wir in der «Lichtenberg-Edition» nach Stationen im Gebiet umbenannt. Wir wollten auf dieser Basis mit Anwohner_innen und über verschiedene Orte im Kiez sowie über deren vorhandene (oder nicht vorhandene) Qualitäten diskutieren, um auf diese Weise ihre Einschätzung des «Wertes» von Straßen im Kiez zu ermitteln. Auf Basis dieser Interviews entwickelten wir die finale Version des «Lichtenberg-Monopolys».


Spielregeln Es gibt im Spiel vier Kategorien urbaner Qualitäten: performative, ästhetische, gesellschaftlich-kulturelle und Aufenthaltsqualitäten. Alle auf dem Spielfeld verzeichneten Straßen haben entsprechend dieser Kategorien verzeichnete «Wert-Punkte». Jeder Kategorie ist jeweils ein Startfeld zugeordnet. Alle Mitspieler_innen wählen je eine der vier Kategorien und erhalten zu Spielbeginn die gleiche Anzahl Münzen. Diese sind im Verlauf des Spiels abzulegen: Hat man zum Beispiel die Kategorie «ästhetische Qualität» gewählt und kommt durch Würfeln auf den Freiaplatz, dem drei Wert-Punkte für Ästhetik entsprechen, darf man drei seiner Münzen auf seinem Startfeld ablegen. Landet man auf dem Startpunkt eines gegnerischen Spielers, müssen alle dort liegenden Münzen aufgenommen werden. Gewonnen hat, wer als Erster keine Münzen mehr besitzt.

LOKALE EXPERT_INNEN Passant_innen und Anwohner_innen im Sanierungsgebiet nördlich der Frankfurter Allee. Ihre Aussagen bilden die Grundlage für die qualitative Einstufung der jeweiligen Spielkarten.

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EXTERNE Denny Krienke und Miriam Zenk studieren Architektur an der UdK. Denny wurde im Osten Deutschlands geboren, Miriam in Bayern. Nach Lichtenberg sind sie aufgebrochen in der Hoffnung, den «echten Berliner» zu treffen. Status: gefunden.

Wie viel Lust haben Sie, mit uns das Wertemonopoly zu spielen?


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Raumerweiterung In einer Garage kann vieles passieren, sogar das, was man am wenigsten vermutet. Ob Naherholungsgebiet oder Frühbeet: Garagen sind urbane Schatzkammern für wertvolle Dinge.

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Wie wichtig sind Rückzugsorte an der Schwelle zum öffentlichen Raum? Diese Geschichte beginnt auf einem Garagenhof, irgendwo in Lichtenberg. Grauer Schotter, Garage reiht sich an Garage. Die meist hölzernen Türen sind alle verschlossen. Der Hof wirkt verwaist, abweisend. Während ich meinen pinken Kreis mit Sprühkreide auf den Boden ziehe, schweifen meine Gedanken ab, hinter die Garagentore. Welche verborgenen Welten sich da wohl auftun? Welche Geschichten nur darauf warten, erzählt zu werden? Vielleicht ertönt ja gleich aus einer Garage das Pfeifen einer Modelleisenbahn, während in einer anderen der tüftelnde neue Steve Jobs von Lichtenberg sitzt. Vielleicht verbirgt sich auch ein alter Trabi irgendwo, oder eine außerirdische Lebensform … Ein Motorengeräusch ertönt, und ein Roller fährt vor. Auf ihm sitzt ein Mann, der über seine Mütze kommuniziert: «Bier her, ich hab Feierabend!», lese ich in knallgelben Lettern, bevor er so schnell verschwindet, wie er gekommen ist. Die junge Frau, die kurz darauf erscheint, fährt auch Roller – wie ihr Vater, stellt sich heraus. Sie teilen sich die Garage, die vorher schon dem Vater des Vaters gehört hat. Die Garage gehöre zu ihrer Wohnung, sagt sie, und gewissermaßen also auch zur Familie. Es ist ein Rückzugsort. Selten kommt Besuch.


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Für mich, die mit dem verrückten pinkfarbenen Kreis, öffnet sich dennoch die Tür. Dahinter auf 15 m2 eine ganz eigene Welt, gewachsen in Jahrzehnten, mit multiplen Nutzungen und selbst gebauten Apparaten: Den Strom für eine Stereoanlage und die spärliche Beleuchtung liefert eine Autobatterie. Ein alter Trick, schon vom Opa.

LOKALE EXPERT_INNEN Vater und Tochter leben in einer Wohnung in Lichtenberg, zu der auch eine Garage gehört. Diese wird als Mehrgenerationengarage genutzt und in der Familie weitergegeben. Da die Existenz solcher Orte heute gefährdet ist, wird hier nicht so ganz genau verraten, wo sich die Garage befindet.

Welchen Wert haben Selbermachen und Improvisieren in Ihrem Leben?

Und dann: Hinter einer unscheinbaren Tür öffnet sich ein Geheimgang zwischen den Garagen, zum Freiraum dahinter. Ein winziges Stück Grün, aber ausreichend zum Gärtnern, das hier nicht Urban Gardening heißt. Daneben eine Reihe von gespensterhaft verhüllten Objekten: Unter einer Plane lassen sich Grill und Sonnenliege erahnen. Ein geheimes Freizeitparadies für drei Generationen also? Oder bilde ich mir das gerade alles ein? Ist das Ganze nur mein eigenes Wunschdenken in der verdichteten Stadt?

EXTERNE Sarah Kästner studiert Visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Ausstellungsgestaltung an der UdK Berlin. Nach einer Ausbildung zur Gestalterin für visuelles Marketing und einem Bachelorstudium im Raumkonzept und Design hat sie freiberuflich verschiedene Ausstellungen gestaltet. Sie kommt ursprünglich nicht aus Berlin und hat eine erklärte Vorliebe für das Geschichtenerzählen.

Wie gern würden Sie einen Blick hinter die Türen der Garagen werfen?


Zum Abschluss des Seminars – und auch unserer Aktivitäten im Bezirk – fand während der Lichtenberger Nacht der Politik 2015 im Eheschliessungszimmer des Rathauses die Live-Performance «Lichtenberg wertschätzen» statt. Externe und Expert_innen waren eingeladen, die Bedeutung der hier vorgestellten Qualitäten in Zahlen auszudrücken: Mit ihren zehn Fingern konnten sie die auf den vorangegangenen Seiten gestellten Fragen beantworteten. Mitmischen konnten hier buchstäblich alle, denen ihre Stadt etwas wert ist – ob sie dauerhaft in ihr wohnen oder nicht.

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Beide Diskurse dieses Seminars, der interne und der öffentliche, zeigen, wie viele verschiedene Vorstellungen über den Wert von Dingen und Räumen es gibt – und wie wichtig es Vielen ist, diese (mit) verhandeln zu können. Dabei führen, zumindest in unserer Versuchsanordnung, divergierende Ansichten nicht notwendig zu unlösbaren Konflikten: Ihr wertschätzender Charakter ermöglicht es, Differenzen zuzulassen und verschiedene Anforderungen als gleichwertig anzuerkennen. Planung, wäre die Schlussfolgerung, darf also nicht zwischen «entweder» und «oder» polarisieren, sondern sollte freudig jedes «sowohl» mit mindestens einem «als auch» kombinieren: im Raum – und in der Zeit.

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Theorie und Praxis Wenn die auf den vorangegangenen Seiten gezeigten Untersuchungen, wie eingangs behauptet, Teil einer raumbezogenen Forschung sind, dann ist dies die richtige Stelle, um einige Schlüsse zu ziehen – auch wenn unsere Experimente (mit variierenden Methoden und an verschiedenen Orten) prinzipiell unendlich fortgesetzt werden könnten. Doch die vereinbarte Kooperation zwischen dem Bezirk und der Universität endet jetzt, im Frühjahr 2015, während die ersten Maßnahmen im Sanierungsgebiet bereits realisiert wurden oder ihre Umsetzung kurz bevorsteht:1 Eine darüber hinaus gehende «aktivierende» Beteiligung, so die Annahme der Kooperationspartner_innen, ist nun nicht mehr nötig, Partizipation findet nun innerhalb konkreter Projekte statt.2 Obwohl unsere Aktivitäten keine konkreten Empfehlungen, Planungen oder Entscheidungen zum Ziel hatten, haben sie in der Praxis ihre Spuren hinterlassen – und könnten dies, mit etwas Zeitverzögerung, auch in Zukunft noch tun. Zwar gibt es noch keine Initiative für ein Straßenfest auf der Alten Frankfurter Allee, aber es gab Bemühungen, die zur «Büchertauschbörse» umfunktionierte Telefonzelle am Nicht-Ort (S. 94) zu behalten. Während die Bewohner_innen der WiLMa 19 versuchen, möglichst schonend um ihre mobilen Gärten (S. 98 ff) herumzubauen, stehen die Hundehügel der «Freiraum.Suche» noch immer auf der zugehörigen Wiese (S. 120). Auch die Projekte des ersten Teils dieser Dokumentation wirken nach oder entfalten ihre Wirkung erst jetzt. Den Roedeliusplatz und seine schlummernden Potenziale hat unsere «Platzverschiebung» stärker als bisher in den Fokus der Stadtentwicklung gerückt, und die dort ansässige koptisch-orthodoxe Gemeinde ist seit unserem performativen Besuch im Jahr 2013 (LSL#1:131 ff) wesentlich besser im Bezirk vernetzt. Die Überlegungen zu Haus 18, die wir im Jahr 2012 den Eigentümern und Nutzer_innen des ehemaligen MfS-Areals vorgestellt hatten (LSL#1:43 ff), konnten zwar die durch undurchsichtige Immobiliendeals entstandene Pattsituation auf dem Gelände nicht auflösen, haben sich aber in den Köpfen festgesetzt: Auf aktuellen Diskussionen3 zur Entwicklung des ehemaligen MfS-Areals wird immer mal wieder öffentlichkeitswirksam darüber gestritten, ob eine «Strandbar» auf dem Dach von Haus 18 (LSL#1:81) eigentlich eine gute Idee wäre4 – oder im Gegenteil ein ganz falsches Signal für den Umgang mit diesem «authentischen Ort» der Erinnerung. Solche «Bild-Zitate» sind ein gutes Beispiel dafür, dass die visualisierten Diskursbeiträge, aus denen unsere Arbeit besteht, nicht nur einen


gertag auf dem Stasi-Areal und parallele Präsentation «Lived Space Stasi-Stadt» am 17.01.2015. 5 Siehe vor allem Welzer, Giesecke, Tremel (Hg.) 2014:282 sowie Sommer und Welzer, 2014:135. 6 Das Wissenschaftsjahr 2015 ist der «Zukunftsstadt» gewidmet – und der Frage, wie die ressourceneffiziente, konfliktfreie und optimierte Stadt von morgen zu planen sei – siehe auch FN 13 auf S. 185. durchgeführten, öffentlichen «FAN-Konferenzen». Zusätzlich gibt es den «FAN-Fonds», für dessen Mittel sich jede_r im Kiez bewerben kann. Siehe auch http://www.stattbau.de/index.php?id=177 (Zugriff 21.04.2015). 3 Podiumsdiskussion «Demokratie statt Diktatur» am 27.10.2014 zum Tag des medialen Erbes. 4 Öffentliche Podiumsdiskussion zum Bür1 Zum aktuellen Stand siehe http://www. stadtentwicklung.berlin.de/staedtebau/foerderprogramme/stadtumbau/Frankfurter-AlleeNord.6109.0.html (Zugriff 21.04.2015) 2 Das «experimentelle» Beteiligungsverfahren fand parallel zu den Aktivitäten des Gebietsmanagements statt. «Offizielle» Partizipation erfolgt vor allem im (gewählten) Bürgergremium des «FAN-Beirats» und im Rahmen der regelmässig

dokumentarischen Charakter haben, sondern auch in neue Entwicklungen einfließen oder diese mit befördern können. Unser erstes offizielles Kooperationsprojekt, «Stadt (er)finden», wird inzwischen interdisziplinär als Modellprojekt einer nachhaltigen Stadtentwicklung mit partizipativem Anteil rezipiert.5 Andere Kommunen beginnen, sich für diese Herangehensweise zu interessieren, und viele Studierende (genauer: die insgesamt 97 Teilnehmer_innen der verschiedenen Seminare) haben einen Eindruck davon bekommen, dass es sich durchaus lohnt, «vom Helikopter herunterzukommen» (Jean-Philippe Vassal in SenStadtUm(Hg) 2012). Sie tauchten mit wachsender Zuversicht und steigender Begeisterung in die komplexe, unübersichtliche, aber unglaublich reiche Gemengelage alltäglichen Lebens und Handelns im städtischen Raum ein, ohne gleich dem natürlichen Reflex der Planenden, die Dinge neu ordnen zu müssen, nachzugeben – obwohl vor allem die Teilnehmer_innen des letzten Kurses «Stadt (ver)handeln» bedauerten, dass man die gewonnenen Erkenntnisse nun gar nicht in konkrete Vorschläge einfließen lassen könne, um die Zukunft mitzugestalten. Für solche weiterführenden Überlegungen fehlte in unseren jeweils nur auf ein Semester ausgelegten Theorie-Seminaren in der Regel die Zeit – auch wenn die Ergebnisse des «Picknick-Urbanismus» (S. 87 ff.) und das Kooperationsexperiment «Inventuring Lichtenberg» (S. 19 ff.) eine Idee davon vermittelten, wie solch ein ressourcenschonendes, qualitativ angelegtes «urbanes Transformationsdesign» in der Praxis aussehen könnte. Um die eingangs gestellte Forderung nach einer Bilanz wieder aufzugreifen, wäre zu fragen, inwieweit die These, dass Stadtraum als «gelebter Raum» implizite, konkrete Qualitäten aufweist, zutrifft. Weiter wäre hier zu fragen, was das mit Architektur, Stadtentwicklung, der Lehre von beidem und dem Bewohnen von Orten zu tun hat. Weiterhin müsste man die Relevanz all dessen vor dem Hintergrund gegenwärtiger, aktueller Entwicklungen in Lichtenberg diskutieren: einer steigenden urbanen Dichte, knapper werdenden räumlichen Ressourcen und divergierenden Interessen verschiedener am Prozess beteiligter Akteure (siehe «Forschung & Feld revisited», S. 7 ff). Und nicht zuletzt wäre zu fragen, was dies alles für die künftige Entwicklung urbaner Räume im Allgemeinen bedeutet.6 Die erste Frage – ob die Qualitäten «gelebter» Räumlichkeit an konkreten städtischen Orten nachzuweisen sind und was dies mit deren konkreter Entwicklung zu tun haben könnte –, soll anhand der hier und im vorigen Band vorgestellten Projekte beantwortet werden.


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Gelebter Raum und ORTSQUALITÄTEN Als Menschen, die über den eigenen Körper mit den entsprechenden Bewegungsmöglichkeiten und Sinnesleistungen frei verfügen können, sind wir – so beschreibt es die Philosophin Elisabeth Ströker in ihrer Grundlagenarbeit zum Phänomen des «gelebten Raumes» (Ströker 1965:19) – leiblich auf dreierlei Weise in unsere Umgebung eingebunden. Zunächst empfinden wir diese Umgebung als mit unserer eigenen Gestimmtheit korrespondierend oder als dazu gegensätzlich, ohne uns dessen generell bewusst zu sein. Diese unbewusste Korrespondenz ist es, die uns grundsätzlich in die Welt einbettet, uns eine «Befindlichkeit» (Heidegger 2006:134) ermöglicht – und zwar sowohl individuell (spezifisch, an einem bestimmten Ort) als auch generell (universal, auf der Welt).7 Dieses Phänomen einer grundlegenden, von ephemeren Faktoren geprägten und individuell empfundenen Korrespondenz zwischen Mensch und Raum wird in der Sprache der Architektur als Atmosphäre bezeichnet. Atmosphärische Manipulationen können subtil, aber auch sehr wirkmächtig sein, und ihre Kontrolle birgt eine Verantwortung, derer sich Raumgestalter_innen stets bewusst sein sollten.8 «Atmosphärische» Veränderungen können, aber müssen nicht mit baulichen Mitteln herbeigeführt werden: Oft sind es neue Nutzungs-, Verhaltens- oder Sichtweisen, die aus einem unheimlich-verlassenen Ort einen aufregend-verheißungsvollen machen (zum Beispiel das leerstehende Schulgebäude aus «Abenteuer direkt vor der Haustür», LSL#1:102 oder der Friedhof im Projekt «Gottesacker», S. 132). Aber auch die beeindruckende atmosphärische Veränderung eines kalten, weiten Kirchenschiffes in einen Klangraum (LSL#1:152 f ) oder die konzeptionell-programmatische Umdeutung des auf unangenehme Weise von seiner Umgebung abgeschotteten Versorgungstraktes auf dem MfS-Areal in einen «Spielraum» (LSL#1:74 f ) sind Beispiele für einen ressourcenschonenden, fast gänzlich ohne finanzielle Mittel auskommenden Transformationsprozess, der dabei helfen kann, die Geister der Vergangenheit zu bannen. Auch im größeren Maßstab kann das gut funktionieren, wie das Beispiel der «Roedeliusplatzverschiebung» (LSL#1:131 ff) und die «Szenen einer Straße» (S. 80 ff) zeigen, die das Erbe der Staatssicherheit beziehungsweise das mehrheitlich kritisch betrachtete Ergebnis der Umbruchprozesse seit 1989 immerhin temporär in positive Energie verwandelten. Die zweite Ebene gelebter Räumlichkeit, die für diesen Ansatz besonders wichtig ist, leitet sich aus der Fähigkeit des Menschen ab, sich


Lichte 2004, Arch+ 183 2007, Dell 2011, Wolfrum / v. Brandis (Hg) 2014). 10 Siehe auch Hebert 2012a:122 ff. ob ihn das aufgeführte Spektakel begeisterte oder verstörte. Doch auch die vergleichsweise harmlos erscheinende Schaffung von konsumfreundlichen Atmosphären im Kaufhaus gehört zum Repertoire der Manipulation durch Raumgestaltung. 9 Vor allem in den letzten 10 Jahren mehren sich Publikationen, die den Begriff der Performativität aus dem Kontext der darstellenden Künste auf den Urbanismus übertragen (Fischer-

Die dritte Ebene gelebter Räumlichkeit ist für Architektur und Urbanismus von ganz unmittelbarem Interesse. Sie entsteht durch die räumliche Erfahrung des sinnlich wahrnehmenden Menschen, der in seine Umgebung eingebunden oder, mehr noch, immersiv eingebettet ist. Dieser Wahrnehmungsraum (Ströker 1964: 20) ist auf die ihn erfahrene Person hin zentriert und wird als Umgebungsqualität synästhetisch wahrgenommen. Obwohl auch diese Art der Raumerfahrung immer an die wahrnehmende Person gebunden ist, gibt es eine relativ direkte und grundsätzlich darstellbare Relation zwischen der individuellen Sinnesleitung (des Einzelnen) und der generellen Wahrnehmbarkeit (von Räumen und ihren Eigenschaften).10 Auch diesen Wahrnehmungsraum kann man allerdings nicht als – vom Helikopter aus gesehene – Planprojektion darstellen, denn er umschließt uns auf panoramatische Weise und erzeugt einen parallel zur Ebene des Bodens erscheinenden Horizont, dessen Distanz und Weite variieren kann. Ein Versuch, geeignete Formen der Darstellung

7 Siehe hierzu Merleau-Ponty 1966:16, Hebert 2012a und die Einleitung zum ersten Band (LSL#1:8 ff.). 8 Klassisches Beispiel für eine umfassende Manipulation räumlicher Umgebungen sind die Aufmärsche und Fackelzüge der Nationsalsozialisten nach deren Machtergreifung 1933. Sie schufen grossmassstäbliche «immersive Umgebungen», denen sich niemand entziehen konnte, ganz gleich,

seine Umgebung handelnd zu erschließen. Der «Aktionsraum» (Ströker 1964:20) ist nicht nur etwas, das wir äußerlich vorfinden, sondern zugleich Ergebnis unseres eigenen Handelns, für das der gegebene Raum förderlich sein kann (Beispiel: Picknick auf einer offiziellen Picknickwiese im Park) oder widerständig (Beispiel: Picknick auf einer Verkehrsinsel, S. 116, an einem Nicht-Ort, S. 94 oder auf einer Hundewiese, S. 120). Diese Qualität städtischer Räume, bestimmte Tätigkeiten mehr oder weniger stark vorzugeben, infrage zu stellen, zuzulassen oder zu verhindern, nennen wir Performanz. Performative Qualitäten, so die These, besitzen nicht nur Bühnenräume oder andere konkret für Aufführungen aller Art gedachte Orte, sondern auch die kleinen, oft unbemerkten Bühnen unseres Alltags, an denen wir mehr oder weniger freiwillig unser eigenes Leben in Szene setzen. Performative Interpretationen von Räumen können konform oder widerständig sein, gehen meist mit atmosphärischen Veränderungen einher und besitzen ebenfalls ein hohes Potenzial, mit geringen Mitteln viel zu verändern. Konkrete Beispiele dafür finden sich in diesem Buch in fast allen Picknick-Projekten (Nicht-Ort, WilMa19, Guerilla-Teestation, Volkspark Lichtenberg, Schreiben auf dem Freiaplatz, Freiraum.Suche, Gottesacker), bei der Performance an der Ruschestraße (S. 160) und dem Spiel mit Anwohnern am Kiezmarkt in der Rüdigerstraße (S. 154). Konzeptionell und im größeren Maßstab gilt dies natürlich auch für das fiktive Straßenfest am Ort des real existierenden Straßenbahn-Konflikts (S. 80 ff) und für die Platzverschiebung (LSL#1:131 ff).9


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für diese Umgebungsqualität zu finden, ist das von Daniel Felgendreher im «Schnittstellen»-Seminar entwickelte Werkzeug des zweidimensionalen Kreispanoramas (LSL#1:34), das für alle Picknick-Orte des Seminars «Stadt (be)setzen» angefertigt wurde (S. 87 f ). Allerdings reduziert auch diese Darstellung die Umgebungsqualitäten auf das Visuelle, während die panoramatische Qualität gelebter städtischer Räume immersiv, synästhetisch und stets sowohl zeitlich, als auch räumlich in Bewegung befindlich ist. Zur panoramatischen Qualität von Orten gehören ihre Weite, Gefasstheit, die Art ihrer Begrenzung, Akustik, Resonanz, Materialität und Haptik. Beschreibungen wie die der «Lautlandschaften» (S. 148) oder im «Transitgarten/Obstraum» (S. 158) machen deutlich, dass visuelle Faktoren im Stadtraum nicht selten eine eher untergeordnete Rolle spielen – doch auch dort, wo sie im Vordergrund stehen, ist durch eine gezielte Neufokussierung des Geschehens eine Verschiebung des Horizonts möglich. Beispiele dafür sind das «Schreiben auf dem Freiaplatz» (S. 126), das den bekannten Ort neu entdeckt, und der «Gottesacker» (S. 132), dessen ungewohnter Horizont auf Kniehöhe (der Augenhöhe der zweijährigen Expertin entsprechend) das dort wachsende «Unkraut» in edle Wildkräuter verwandelt. Atmosphärische und performative Veränderungen, Fokusverschiebungen und temporäre Manipulationen können, das lässt sich anhand der durchgeführten Experimente belegen, entscheidend zu einer neuen Sicht auf vermeintlich gut bekannte Dinge, Räume und Orte beitragen. Viele dieser gezielten kleinen Veränderungen und Verschiebungen beruhen auf der lokalen Expertise jener, die diese Orte täglich benutzen – oder mit uns gemeinsam genauer angeschaut haben. Die Vielfalt der Sichtweisen, der Reichtum der individuellen Geschichten und die Bandbreite der Begegnungen, die der urbane öffentliche Raum ermöglicht, wird in den hier durchgeführten Untersuchungen deutlich, weil sich so viele verschiedene Menschen an unserer Forschung beteiligt haben: Neben den insgesamt 97 Studierenden waren es mindestens ebenso viele Lichtenberger_innen, die uns Auskunft gaben, mit uns picknickten, uns Geschichten erzählten oder einfach nur ihre Sicht auf die Dinge erklärten. Viele von ihnen waren bereits im Bezirk engagiert und hatten eine recht gute Vorstellung davon, wie sie an seiner Entwicklung teilhaben können. Andere dagegen waren einfach neugierig oder hatten Lust auf ein ungewöhnliches Format. Manche unserer Expert_innen würden nie einen Fuß in eine Bürgerversammlung setzen, und wirklich ganz wenige standen unserem Projekt ablehnend gegenüber. Wo sie dies taten, regten sie die


Offene Räume Die vergleichsweise detaillierte Betrachtung des Stadtumbau- und Sanierungsgebietes, die hier durchgeführt und dokumentiert wurde, fördert ganz unterschiedliche Räume und sehr verschiedene Ansichten zutage. Deren Einbettung in den größeren Rahmen von «Inventuring Lichtenberg» (S. 19 ff.) lässt diese Differenzen fast marginal erscheinen: Noch viel deutlicher sind hier, im größeren Maßstab, die

stadt» (NPZ) «orientiert sich an der Vision einer CO2-neutralen, energie- und ressourceneffizienten, klimaangepassten, wandlungsfähigen, lebenswerten und sozial inklusiven Stadt der Zukunft» (BMBF 2015). 12 Die «Rathaussterne», eine Gruppe von jungen Leuten, die die ehemalige Feuerwache in der Rathausstrasse kaufen wollten, kam trotz langjähriger Vorüberlegungen und grossem Engagement im Bezirk letztlich nicht zum Zug – obwohl sie das dort durchgeführte, so genannte «Konzeptverfahren» entscheidend geprägt hatten. 13 Die «Forschungs- und Innovationsagenda» (FINA) zur «Nationalen Plattform Zukunfts-

Wenn all dies zutrifft, dann ist es umso dringender notwendig, sich über den «Wert» urbaner Orte zu unterhalten und zu verständigen, bevor man sie «überplant»: In Zeiten individualisierter Lebensentwürfe und schwindender Ressourcen muss die zugehörige Wertedebatte unabhängig von ökonomischen, finanziellen und (ja, auch das!) ästhetischen Werturteilen geführt werden. Die Beteiligung der lokalen Experten ist dabei keine demokratische Geste einer ansonsten autoritär erfolgenden Planung, sondern für die nachhaltige Entwicklung von Räumen und Orten essenziell. Gäbe es sie nicht, müssten die «Externen» sich ja die Zeit nehmen, selbst zu Experten zu werden – wie zum Beispiel der britische Student Jack Taylor am «Blinden Fleck» (S. 156).

11 NIMBY = Not in my backyard!, eine Haltung, bei der zwar Veränderungen gefordert werden, aber der eigene Wohnbereich (oder «Hinterhof») unangetastet bleiben soll. Nimby-Proteste werden vor allem in Ballungsräumen und städtischen Nachverdichtungsgebieten immer zahlreicher und können zu Verzögerungen, manchmal auch zur Aufgabe von grossen Projekten führen.

«Externen» zu eigenen Überlegungen, Theorien und Experimenten an: Viele Studierende wollten gerade jene Orte erkunden, zu denen auch den Einheimischen nichts mehr einzufallen schien. Der «utopische Überschuss», der in unfertigen oder vernachlässigten Räumen steckt, regt allerdings nicht nur angehende «Berufskreative» an: Auch unabhängig von unserem Projekt und den (pinkfarbenen) Kreisen, die es zog, gibt es im Stadtumbaugebiet zahlreiche, gemeinnützige und private Aktivitäten, die der Verbesserung des nachbarschaftlichen Austausches und der geteilten Lebensbedingungen dienen (Café Pinut, Café Maggie, Casa Nostra e.V.). Die hier erprobte, experimentelle Vor- und Herangehensweise ist grundsätzlich ressourceneffizient, denn sie dockt an alltäglichen Strategien an, bestimmte Eigenschaften (von Orten und Räumen) positiv zu bewerten – oder, wenn sie für das eigene Bild als störend empfunden werden, gar nicht erst wahrzunehmen. Entscheidet man zum Beispiel, dass die wichtigste Qualität eines Ortes die sein kann, dass er «die Passanten in Ruhe lässt» (In Transit, S. 152) oder dass er gerade so unbestimmt, wie er ist, für viele verschiedene Tätigkeiten genutzt werden kann (Freiraum.Suche, S. 120), dann ist die Konsequenz daraus eben nicht unbedingt eine neue Gestaltung – die diese unsichtbaren Qualitäten womöglich versehentlich überschreiben würde.


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Gegensätze zwischen den Quartieren und Zonen, den Rändern und den Kernen, den verschiedenen Nutzungen, Typologien und Bewohnergruppen im Bezirk. Auch im kleineren Maßstab der Frankfurter Allee sind diese Differenzen von großer Bedeutung: Gerade die Ecken und Kanten, die Brüche und Brachen, die «liminalen Räume» des Übergangs und der Transformation befördern einerseits das Nachdenken und das persönliche Engagement vieler Bewohner_innen, verhindern aber andererseits häufig eine schnelle Einigung darüber, was genau dort geschehen (oder eben nicht geschehen) sollte. Das hat nicht unbedingt immer mit einer «Nimby»-Haltung11 / S. 185 zu tun, sondern mit der existenziellen Notwendigkeit, sich mit der eigenen Wohnumgebung (positiv) zu identifizieren: «Mein» Kiez, «meine» Straße und «mein» Bäcker gehören mir ja, auch wenn ich keine Aktien daran besitze – und bei anstehenden Entscheidungen über deren Entwicklung nicht gefragt werde. Hinzu kommt, dass in sich rasant wandelnden Zeiten, denen man das Recht, sich zu verändern, grundsätzlich zugesteht (die «Zeiten ändern sich» eben), der Wunsch nach Stabilität meist auf Orte übertragen wird – am liebsten auf die der «eigenen» Umgebung. Dieser Wunsch führt zum Kern eines impliziten Paradoxons, denn es ist schier unmöglich, dass Orte in sich ändernden Zeiten gleich bleiben. Konservator_innen und Denkmalpfleger_innen wissen, wie viel Energie, Geld und Anstrengung dazugehört, das äußere Bild historischer Orte zu bewahren (und dafür zu sorgen, dass dieses immer der visuellen Erwartung ihrer Besucher_innen entspricht), und ältere Bewohner_innen gründerzeitlicher Stadtviertel können sich gut daran erinnern, was für extreme Verfallserscheinungen an vorhandener Bausubstanz simples Nichtstun hervorruft. Dennoch sind die Verlustängste, die allerorten die Debatte prägen – und zwar interessanterweise ganz unabhängig davon, ob es sich um wachsende oder schrumpfende Regionen handelt, ob also Freiräume oder vorhandene Bausubstanz auf dem Spiel stehen – sehr ernst zu nehmen, denn diese werden vor dem Hintergrund einer verschärften globalen Spekulation, einer allgemeinen Vertrauenskrise gegenüber der Politik und den oben beschriebenen, anstehenden Veränderungen tendenziell zunehmen. Nicht nur in Lichtenberg, sondern ganz allgemein erscheinen stadträumliche Entwicklungsvorhaben der vergangenen Jahrzehnte – rückblickend gesehen – widersprüchlich. Das Nebeneinander von Wohnen und Industrie, das hier schon seit der Gründerzeit existiert, fällt ebenso auf wie die scheinbare Unvereinbarkeit zwischen lokaler Aufenthaltsqualität und städtischer Mobilität. Auch politische und


Aus dieser Überzeugung heraus installierte sie das «lived/space/lab» an der UdK. Die bisher dort durchgeführten Experimente und Untersuchungen haben ihr grossen Spass gemacht. Saskia hat daher vor, auch weiterhin in inter- und transdisziplinären Teams urbane Räume zu (er)finden, Orte zu verschieben und über den Wert lokaler Ressourcen nachzudenken. Saskia Hebert hat ursprünglich Architektur studiert und betreibt das Büro «subsolar* architektur & stadtforschung» gemeinsam mit ihrem Partner Matthias Lohmann. Saskia ist parallel zu dieser Praxis auch in Lehre und Forschung aktiv und glaubt fest daran, dass sich diese drei Felder gegenseitig bereichern und ein qualitatives Verständnis der gelebten und gebauten Welt urbaner Räume fördern können.

gesellschaftliche Entwicklungen, die einander innerhalb kürzester Zeit ablösen, scheinen sich gegenseitig zu widerlegen: So gibt es in Berlin nach Jahren geringer Bautätigkeit heute einen akuten Mangel an bezahlbarem Wohnraum, und bei sinkendem finanziellem (und personellem) Spielraum der Kommunen wachsen allerorten die Ansprüche, die an die öffentliche Hand (und die kommunalen Verwaltungen) gestellt werden. Parallel dazu findet seit Jahren eine Ökonomisierung städtischer Haushalte statt, die dazu führt, dass kommunaler Besitz zur Deckung der laufenden Ausgaben abgestoßen wird (siehe auch «Wem gehört die Stadt», LSL#1:126) – auch wenn dies bedeutet, den Einfluss auf dort stattfindende Entwicklungen zu verlieren. In ganz Berlin wird heute die alte, längst überwunden geglaubte Debatte über «leistbaren» Wohnraum und wie man diesen herstellen könnte wieder geführt, während bewährte Modelle der Wohnraumförderung (auch Lichtenberg verfügt über fantastische Beispiele des Modernen Bauens) nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Mit steigenden Bodenpreisen wird es jedoch immer schwieriger, alternative Wirtschafts- und Lebensmodelle zu verwirklichen.12 / S. 185 Die Gegenwartsstadt steht also unter erheblichem Druck und ist heute direkt dazu aufgerufen, ihre Freiräume, die «open spaces», zu Geld zu machen. Die politischen Akteure, die das verhindern könnten, sind oft unsicher, welche Spielräume sie eigentlich haben – schon weil der Rhythmus der Wahlen und die behördlichen Hierarchien ihnen nicht viel Raum geben, um eingeschliffene Gewohnheiten grundsätzlich in Frage zu stellen. Die «Zukunftsstadt» hat all diese Probleme hinter sich: Die Vision für 2030, nach der im «Jahr der Stadt» 2015 gefragt wird, zeichnet das Bild einer CO2-neutralen, konfliktfreien, ökologisch wertvollen und resilienten Stadt, deren Bürgerschaft an ihrer Entwicklung teilhat und sich freiwillig für eine noch bessere Zukunft engagiert.13 / S. 185 Schade ist eigentlich nur, dass dieser (aus heutiger Perspektive gleich in mehrfacher Hinsicht) utopischen Stadtgesellschaft mit Sicherheit kaum noch «offene Räume» zur Verfügung stehen werden: Die werden dann nämlich schon lange ausverkauft sein. Natürlich kann der Ansatz, städtische Räume als «gelebte Räume» zu betrachten, sie nicht generell vor einer vorschnellen Verwertung schützen. Schön wäre es jedoch, wenn dieses Plädoyer einen kleinen Beitrag leisten würde – zu einer grundsätzlichen Bereitschaft, den Wert urbaner Orte neu zu denken. Zentral wäre dann die Frage, wie man die heute offenen Räume offen halten kann. Für die Zukunft.


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Drei Jahre lang hatten Studierende an der Universität der Künste Gelegenheit, an dem hier vorgestellten experimentellen Projekt zur Stadterforschung und -gestaltung teilzunehmen. 97 Studentinnen und Studenten haben davon Gebrauch gemacht und den Bezirk Lichtenberg in Berlin mit einer Vielzahl anregender Befunde, Aktionen und Interventionen bereichert. In diesem Prozess haben auch die Studierenden gewonnen: Sie haben eine neue Methode der Stadtforschung und -gestaltung kennengelernt, praktiziert und weiterentwickelt; sie konnten erfahren, wie genau und vielschichtig Räume und Orte durch ihre Nutzerinnen und Bewohner begriffen und in Gebrauch genommen werden, und sie hatten Gelegenheit, ihre eigene künftige Rolle als Architekten, Planerinnen und Designer in einer Vielzahl von Begegnungen zu durchdenken.

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Die Initiatorin und Leiterin des Projektes, Dr.-Ing. Saskia Hebert, hat mit der Entwicklung des experimentellen Lehr- und Forschungszusammenhangs einen spannenden Schritt getan: den von einer theoretischen Untersuchung der phänomenologischen Grundlagen von Stadterfahrung hin zur wirkungsvollen und öffentlichkeitswirksamen Übersetzung der Ergebnisse in einen konkreten Kontext. Sie hat ein Projekt konzipiert und umgesetzt, das Analyse und Entwicklung, Aufklärung und Entwurf verbindet. «Planungskultur» ist ein in Stadt- wie Landschaftsplanung immer wieder diskutiertes Thema – dieses Projekt sehe ich als wichtigen Beitrag zu deren Weiterentwicklung. Es setzt mehrere (noch) ungewöhnliche Akzente: Die Frage, wer in der Analyse und Planung der Stadt ein kompetenter Akteur ist, sein kann, darf und sollte, beantwortet dieses Projekt, indem es die Bewohnerinnen und Nutzer der Stadt als Expertinnen zu Wort kommen lässt. Damit geraten unter anderem die für das alltägliche Leben wichtigen räumlichen wie kommunikativen Strukturen in den Blick. Sie werden als vitale und relevante, wenn nicht zentrale Teile der Analyse und Planung räumlicher und sozialer urbaner Strukturen verständlich. Auf einer methodischen Ebene betrachtet verbindet das Projekt Analyse, Beschreibung und Intervention in Kooperation mit einer Vielzahl von Beteiligten, unter denen Bewohner und Nutzerinnen eine zentrale Rolle einnehmen. Neue Methoden der Kommunikation und Darstellung sind entwickelt worden, die geeignet sind, bislang unbeachtete Momente der räumli-


Der Bezirk Lichtenberg und die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt haben das Projekt nicht nur ideell und finanziell gefördert, sondern auch tatkräftig unterstützt. Dafür gilt ihnen großer Dank. Prof. Dr. Susanne Hauser UdK – Institut für Geschichte und Theorie der Gestaltung

Susanne Hauser ist Professorin für Kunst- und Kulturgeschichte an der UdK Berlin. Ihre Beschäftigung mit allem, was mit der Stadt und ihrer Wahrnehmung (oder, wie im Fall der Agglomeration, ihrer Nichtwahrnehmbarkeit) zusammenhängt, reicht zurück bis in die 1990er Jahre. Aktuell forscht sie zum Zusammenhang zwischen Ökonomie, Politik und baulich-räumlicher (Stadt-)

Die aus meiner Sicht wichtigste Botschaft des Projektes ist die von der elementaren Bedeutung eines Blickwechsels in der Kommunikation von und über Planung: Die Experten sind vor Ort. Damit richtet das Projekt den Blick auf die räumlichen Strukturen und ihren Zusammenhang mit den alltäglichen und kreativen Kräften, die eine Stadt als kommunizierenden und gesellschaftlichen Zusammenhang erhalten und ausmachen. Das Projekt schärft den Blick für die vielschichtigen sozialen Bezüge, in denen sich Urbanität entwickelt und leistet damit einen Beitrag zur Methodendiskussion wie zum Selbstverständnis der professionellen Stadtplanung und ihrer akademischen Vermittlung.

Entwicklung, weswegen sie die an ihrem Lehrstuhl durchgeführten Experimente stets mit wohlwollender Neugier verfolgt hat.

chen Situation erlebbar und explizit und damit zu einem Gegenstand von Verhandlungen zu machen. Zu den Grundlagen des Projektes gehört dabei die Anerkennung von Optionen der (ungeplanten) Aneignung und Nutzung räumlicher Situationen als Wert und als bedeutender Gegenstand einer Diskussion über Planungsziele.


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english trans lation


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contents Acknowledgements (195), how to use this book (195) RESEARCH & FIELD REVISITED TRANSFORMATION DESIGN (196), URBAN EXPERIENCES (197), THE ARCHAEOLOGY OF SPACE (198)

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Inventuring Lichtenberg Method (202), Sites (202) Zingster StraSSe, HerzbergstraSSe, Rummelsburg (202), Lichtenberg Bridge (203), Wartenberg (204), ViNcent van Gogh (205), Alt-Hohenschönhausen (206), Tierpark, Fennpfuhl (206), The Villas on Obersee, MfS Headquarters, Friedrichsfelde (208) Conclusion (208)

209

Stadt (be)schreiben: Szenen einer StraSSe (209) [describing/writing the city: Scenes from a Street] Site: Alte Frankfurter Allee (209), Method (210) Living in a Machine (210), A Cozy 24 Hours (211), Two Shops, One Sidewalk – and a Visit (212), A Dacha in a Birch Forest (213), A Contemporary Pharmacy (213), Bike Factory (214), The Traveling Worker (216), Smoke your Fruit! (216), A lively Neighbourhood (217), A Witness to Change (218), More Style for Lichtenberg (219), Eating Outside (220), Petrol Station With a View (221) Urban Narrative: Scenes from a Street (222), Instead of a conclusion (223)

224

Stadt (be)setzen: Picknick urbanismus [occupying/setting up the city: Picnic Urbanism] Method (225), Sites (224) 01 | Picnic at a Non-Place (225), 02 | WiLMa 19 or: How a Building Finds a Group (226), 03 | Lichtenberg Throughout Time (228), 04 | Street Picnic (229), 05 | Volkspark Lichtenberg (230), 06 | Guerilla Picnic (231), 07 | Open.Space.Search (232), 08 | Writing on Freiaplatz (233), 09 | God’s Acre (the graveyard) (234) Conclusion (235)

236

Stadt (ver)handeln: ein Wertediskurs [negotiating/acting in the city: a discourse on value(s)] Sites (236), Method (237), Getting Involved (237) A2 | Noisescapes (237), A3 | Grey Zone (238), A4 | In Transit (239), A5 | Green.School.Quiet. (239), A7 | The Blind Spot (240), B1 | Transit Garden/Fruit Space (241), B3 | (Non)Stage (242), B5 | Lichtenberg Monopoly (243), B7 | Space Extension (243) Conclusion (244)

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Open Space(s) Theory and Praxis (244), Lived Space and Site Qualities (246), Open Spaces (248)

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Epilogue (251)

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«Come down from the helicopter!» Jean-Philippe Vassal

Acknowledgements This project and the accompanying publication would not have been possible without the support and commitment of many individuals and various institutions. We would like to thank the Berlin University of the Arts, in particular the Chair for Art and Cultural History, for its willingness to create new spaces and take the path less travelled in education and research. Sincere thanks also go to the Lichtenberg District Office and the Senate Department for Urban Development and the Environment for their trust, courage to experiment and financial support for the project and publication. The success of the research conducted must be attributed not only to the investigative curiosity of numerous students, who roamed the Frankfurter Allee Nord redevelopment area as External Researchers, but also to the commitment of the Local Experts on site. Our work was additionally supported by numerous guests and colleagues, who – by bringing their specific knowledge and expertise to both our internal laboratory discussions as well as the public presentations – greatly contributed to our goal of merging theory and practice. We thank the UdK Publishers for including this publication in their programme, the photographers for granting us permission and usage rights for the images printed here, and all the participants for this professional, constructive and above all very positive experience.

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lived /space/lab & the publisher May 2015 how to use this book As in the first volume documenting our research – which was published a little over a year ago – these pages contain various types of information, characterised by different text and graphic styles. Each chapter, for instance, 195 is distinguished by alternating background colours, thus also visible on the book edge. If local experts are speaking, as a general rule their statements are marked in italics. Information about each project participant can be found primarily in the margins (as well as in the footnotes and image captions). No marginalisation of the project participants is intended here, on the contrary: We invite you to rotate this book at will (if holding it in your hand) and navigate through it individually, not necessarily following the chronological order of the pages. Our intended audience is the same as for the first volume: Experts in the field of planning, living and other areas, who for various reasons are interested in urban development, Lichtenberg and further aspects of the built and lived environment. This should, however, not exclude other readers: we are thrilled that our first publication received such positive resonance from readers in a variety of disciplines. To this end, a full English translation can again be found at the end of the book (= here, on the pinkish pages). Readers may use this chapter (and the reference boxes next to each text) for a translation of all that’s been said and done. Little white rectangles indicate accompanying images. This volume, like the first one, is available in a free printed and also in a digital version (UdK-Verlag / www.lived-space-lab.org).

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RESEARCH & FIELD REVISITED THIS BOOK IS THE SECOND AND FINAL VOLUME OF A PUBLICATION DOCUMENTING QUESTIONS, METHODS AND RESULTS OF THE «EXPERIMENTAL PARTICIPATORY PROCESS FOR FRANKFURTER ALLEE NORD» (XBV_FAN)1 IN THE DISTRICT OF LICHTENBERG, BERLIN. Between 2011 and 2015, a collaboration took place between the Berlin Unversity of the Arts (UdK), the District of Lichtenberg and the Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin. The goal was to «record and present the views of the local residents» living in the Frankfurter Allee Nord (FAN) urban redevelopment zone, and then to utilise this information as the basis for «innovative, creative and sustainable participatory processes.»2 In this volume, four projects from the time period 2013-2015 are presented. TRANSFORMATION DESIGN The XBV_FAN, conceptualized and carried out at the «lived/space/lab»3 at the UdK, is based on an inter- and transdisciplinary collaboration. Those involved include not only individuals from the university’s many courses of study, officials from the district offices in Lichtenberg and the Berlin Senate, but also the citizens of Lichtenberg. At the lived/space/lab, our work is based on a thesis derived from phenomenological spatial theory,4 which assumes every person who lives in a certain area has specific, everyday knowledge of that place. We have dubbed this knowledge «local expertise», and the residents, business owners and other local actors involved in our studies as «LOCAL EXPERTS». Their (often subconscious) knowledge was collected, documented and then analysed in different forms. The exploration, investigation and further development of this knowledge was the task of the so-called «EXTERNAL RESEARCHERS», in this case all students from the Berlin University of the Arts. Initially, they were outsiders to these areas, coaxing the often unseen or forgotten local knowledge of the residents to the surface through qualitative questioning, precise observations or other methodological aids. Both groups – the externals and the experts – were composed of a heterogeneous mix of people and varied from project to project. While the interviewees came from a wide variety of backgrounds, age groups and social groups, the group of researchers – who may have more in common biographically – was composed of an interdisciplinary and very international set of individuals.5 In the first part of each seminar, small teams of external researchers and experts worked together and achieved very individual results, which were then shared with the rest of the group. In an academic context, these results formed a pool of information, stories and personal details, which functioned as a multi-faceted mosaic composed of different knowledge sets. Only when viewed together at the end of each research phase did it become clear that it was exactly this diversity, which led to a cohesive image of what the city – and its public urban space – can become in the best case scenario: a heterogeneous and differentiated field, in which diverse living philosophies, opinions and interests are layered on top of one another, without necessarily coming into conflict with one another. Of particular interest in our studies was the identification and presentation of specific qualities of the urban space apparent when regarded as «lived space». Within lived space, there are theoretically no definitive values, no quantifiable indicators and no difference between correct and incorrect, or «good» and «bad» sites: a natural principle of uncertainty exists, which on the one hand stems from the personalities of those present, and on the other from the pre-existing cultural ideas and normative social practices of each site. Despite this, it is possible to analyse certain qualities and criteria specific to the lived urban space. Besides the atmosphere of places (which


can change according to the weather, use or time of day or year), this includes the space’s performance (not its designated purpose for certain tasks or activities, but its enabling character, its potential). Both properties – as shown in our studies – are often similarly described at certain sites even if they are later differently classified; and both provide a very reliable impression of what one could refer to as the present character of each space or site. For architecture (and the education of architects), this is of more relevance than it may first seem. The atmospheric and performative qualities of a place are just as important as questions of its scale, distance or proportions. This not only concerns planned transformations to the already existing building substance, but also the creation of entire new districts. During the design process, we are accustomed to virtually layering different temporal conditions of the same place on top of one another: The newly planned is projected onto the pre-existing, and sometimes even onto that which once was but no longer exists – in most cases in an attempt to reach a consensus on the desired changes. A very concrete «spatial shift [Ortsverschiebung]»6 arises from a – purely conceptual – «shift in time», which is seen as successful as long as the identity and character of the given site stay the same or are positively changed. But in the world of computer-generated simulations and deceivingly «real» renderings, the experiential qualities requiring our physical presence in the city remain highly important: not only developers but also the planners are in danger of losing what Maurice Merleau-Ponty calls «Anhalt an der Welt [Grip on Reality]»7 – and which today, despite the ever-increasing importance of virtual space, still remains the foundation of living8 and successful existence in space. With this in mind, the experiments presented here adhere to an urban planning position, which one could label «Urban Transformation Design»9: the pre-existing urban resources and those to be developed include not only the built, topographic, landscape and spatial realities, but also the atmospheric, performative and panoramic potentials – as well as the participation of local actors and residents. URBAN EXPERIENCES The chapters that follow document four seminars, which have taken place since October 2013 at the Berlin University of the Arts. Three of them – 197 «Stadt (be)schreiben», «Stadt (be)setzen» and «Stadt (ver)handeln» – were offered within the framework of the above-mentioned and third-party funded participatory process, while the fourth – «Inventuring Lichtenberg» – was a cooperative endeavour with the chair for Design and Urban Development, directed at the UdK by Professor Jean-Philippe Vassal and Assistant Professor Jeanne-Françoise Fischer. All four seminars focused on the qualitative criteria of «lived» space, but dealt with different goals and hypotheses within this broad field, utilised diverse tools and methods and were implemented in different research fields. What follows is a brief overview: «Inventuring Lichtenberg» (page 201 ff.) was a six-week research workshop and prelude to a design studio offered during the same semester by Professor Vassal. The students were given the task of exploring different parts of Lichtenberg through a mixture of «invention» and «adventure». The aim was to discover different sites, topics of interest and other criteria relevant for their own design work. The expansive surface area of the district of Lichtenberg, measuring 52.3 km2 in total, was divided into smaller zones corresponding roughly to the pre-existing built structures, different uses and social spaces within the district. The students were free to choose their research means and methods; many interviewed locals or went on extended

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walks through the district. Later, their atmospheric reports became the starting points for their designs. «Stadt (be)schreiben» [writing/describing the city] (page 209 ff.) operated parallel to the first course, but within the comparatively much broader time frame of 14 weeks. For this course, the area under investigation was more clearly demarcated: we focused our research on the area around the «old» Frankfurter Allee.10 The local experts were primarily owners and managers of the local, small shops and restaurants, who often, however, were not that interested in having their expertise documented. Although there exist concrete redevelopment plans, which would drastically change life on the street – the BVG is planning a complete overhaul of the streetcar terminus, and the changes to the streetscape were discussed more than once at official participatory planning forums11 – only a handful of locals were willing to speak about their backgrounds, their view of their surroundings and their desires for the place where their daily lives play out. What nevertheless resulted was an image of a heterogeneous urban space in transition whose potential changes were viewed as positive by some and criticized by others. Opinions are split – as the results of our research show – on almost every question regarding the future developments. The potential of the street, according to the «external researchers», is in no way exhausted: they developed an «urban narrative», whose fictional actors showed uncanny similarities to the interviewees, and which presented their ideas within the context of a block party. The story, called «Scenes from a Street» was told through a short film with the help of a large-scale model. The seminar «Stadt (be)setzen» [occupying/setting up the city] (page 224 ff.) took place during the summer and was, in contrast to the previous investigation, not bound to a specific area. Because of this, we were able to assess the different public spaces in the district on site: with «Picnic Urbanism» a platform of exchange (in the form of sustenance, knowledge and trust) was created, which in turn led to rich collaborative descriptions of the picnicked sites. The use of panoramic images provided these descriptions with a graphic form of representation, and our work continued on site: temporary interventions using a minimum of local materials were developed to alter the use, atmosphere and interpretation of each given space, changing its appearance rather than its design. A temporary occupation through objects, symbols or unusual repurposing followed the temporary picnic occupations adding new facets to the everyday use of these spaces. In the last seminar «Stadt (ver)handeln» [negotiating/acting the city] (page 236 ff.) we examined the value of urban spaces. In contrast to today’s omnipresent, purely economic evaluation of these spaces based solely on land and property prices, our goal was to record the qualities related to cultural, aesthetic and social values: these include the increase of neighbourly chance encounters, the openness of undefined sites and the anonymity of transit zones. Our alternative «discourse on value(s)» developed into an atypical, playful and performative form of presentation: At the final presentation during the Long Night of Politics at the Lichtenberg Town Hall, the public was invited to evaluate the depicted qualities by raising their hands. We called this format «Lichtenberg Wertschätzen», which has the double meaning of evaluating and appreciating the district of Lichtenberg. Everyone could participate simply by using their ten fingers (as a scale from 0 (unimportant) to 10 (very important)) – and experience simultaneously (and live) in the marriage chambers of the town hall how different opinions on the same city can be. THE ARCHAEOLOGY OF SPACE The field for all of our research was the urban redevelopment zone of Frankfurter Allee Nord, which spans in an East-West direction between the


Lichtenberg train station and the border of Friedrichshain. It is bordered to the south by Frankfurter Allee and to the north by Gotlindestraße. The most prevalent building typology in the area are block edge residential buildings typical of Berlin, albeit in the northern section one finds more relaxed and open cooperative housing complexes of the type built after World War I. The built reality of this area grew out in multiple phases from the original village core on Möllendorffstraße, repeatedly interrupted by various historical crises. Influential and financially powerful investors were very active to the north of this area in the current industrial zone, which toward the end of the 19th century led to rapid change in the district. What was once an almost rural suburb was quickly transformed into an industrial, working class district. Most of the companies and factories that set up shop here are no longer in business: the residential quarter is today surrounded by a ring of land being repurposed and already partially populated by new single-family houses or waiting to be. One of the last building developments in the area – built in the second half of the 20th century – was also the one that has provided it with its most problematic heritage. On the block bordered by Frankfurter Allee, Ruschestraße, Magdalenenstraße and Normannenstraße lies the headquarters of the former Ministry of State Security (MfS), which spread out here between 1945 and 1989. Today, half of the buildings are privately owned and currently vacant. Efforts by Roland Jahn, the Federal Commissioner for the Records of the State Security Service of the GDR, to turn the premises into a «Campus for Democracy» haven’t found acceptance everywhere, instead being thwarted by hardened political fronts while Berlin’s property management office (BIM) is busy trying to sell off the last of the publicly-owned buildings here to the highest bidder. Time has seemingly stood still on this contentious plot of land in stark contrast to the rest of the neighbourhood. Everywhere else, dynamic transformations are hard to oversee. Ever-increasing numbers of young people, families with children and former residents of neighbouring Friedrichshain are moving in, renting or buying one of the newly built row or prefabricated houses and hoping for more day care centres, schools or pleasant cafés. Rent here is still moderate, while the location is relatively central: on the U5 you can ride from the Lichtenberg train station to Alexanderplatz in 12 minutes, and in the not too distant future when the subway extension is complete, passengers will be able to ride the «chancellor’s U-Bahn» directly 199 to Berlin’s Hauptbahnhof. The «Kiez feeling» is changing rapidly, and the transformations taking place here are reflected in the statistics. In 2011, a total of 20,149 people lived in «LOR Rüdigerstraße.»12 By the end of 2014, that number had increased to 21,946.13 The increase of almost 1,800 residents indicates a growth rate of 8.92% – in only a four year time span. Across the city, by comparison, the growth rate during the same time period was «only» 3.94% – not even half as high, while the district of Lichtenberg as a whole saw its population grow 4.75%. According to the most current statistics, Lichtenberg is also experiencing a positive migration balance (meaning more people are settling in Lichtenberg than leaving) as well as a positive birth surplus (meaning there were more births than deaths district-wide). The population density has subsequently increased. While Lichtenberg’s average density at 5,065 residents per km2 falls far short of the city’s densest district – Friedrichshain-Kreuzberg has a population density of 13,567 residents per km2 – it remains decidedly above the city-wide average of 3,943 (all values are based on statistics from 2013). These numbers are also reflected in the above-average amount of building activity currently under way. In 2013, 995 apartments in 292 buildings were built, which means an average of 3,76 new residential units were created for


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every 1,000 residents (the Berlin-wide average is 1,89 residential units/1,000 inhabitants). The comparatively high numbers in Lichtenberg, however, do not mean that the current momentum will decline any time soon. Berlin’s new «Housing Development Plan» (STEP) was created in response to the present strain on the city’s housing market. According to the plan’s accompanying map on which areas of «new building potential» are highlighted, a high number of apartments could potentially be built within the FAN redevelopment zone alone – despite the fact that the number of public service institutions like schools and kindergartens or the necessary infrastructure like parks required for a residential district is already below average.14 Lichtenberg is becoming more densely populated, and the last of the remaining idle lots – of which at least one resident would like to see more15 – will certainly soon disappear. The quarter is undergoing radical changes: newcomers have helped alleviate some of the old problems. For instance, the area’s steadily ageing population base or its stigma as a «Nazi-district» and the relatively low level of citizen participation are less pressing – while new concerns emerge: some are beginning to worry about the displacement of less financially stable households, the increasing costs of living and conflicts with the «newcomers». During our time in Lichtenberg we observed – pursuant to our methodological approach – the urban spaces through the eyes of its residents and users, and the hard numbers of the statistics cited above were echoed by many voices: from a variety of angles and with just as many different opinions, almost everyone we interviewed reported on the changes taking place in the Kiez. By mapping them, our project has by chance and incidentally almost become an «Archaeology of Space.»16 Chapter RESEARCH & FIELD REVISITED Annotations: 1 The «experimental participatory process» is an adaption of the UdK-specific collaborative model of «experimental student projects», which was developed for cooperative efforts with praxis partners. Additionally, a number of the methods we implemented here are experimental in how they go beyond more typical planning methods to encourage citizen participation. 2 The quotations are from the 2012 cooperation agreement. 3 See also: www.lived-space-lab.org. 4 See also Hebert (2012a), Ströker (1965), Merleau-Ponty (1966) and others. 5 The seminars of the lived/space/lab were open to all students of the UdK and other universities. Participants came from the departments of architecture, fine art, visual communication as well as from the Institute for Art in Context. In addition, there were guest students from the historic urbanism programme at the Technical University. The 18 participants of the seminar «Stadt (ver)handeln», the last in the series, came from ten different countries and three continents. 6 See also Hebert (2012b) and Waldenfels (2010) 7 Merleau-Ponty 1966:292 8 Heidegger 1978 9 The British Design Council coined the term «Transformation Design» in 2006 in its REDPAPER 02 (British Design Council 2006). The phrase describes a design approach aimed not at the sale of design objects, but toward understanding their complexity and optimization of use. For a concrete design this could mean trying to change structures and processes rather than the form or appearance of the final object itself. Swiss sociologist Lucius Burckhardt believed in a similar but more expansive and radical understanding of a designer’s responsibility (Burckhardt 2012, 2013). Today the term Transformation Design has been implemented in a number of


fields (i.e. in Sommer, Welzer 2014), but is not yet readily applied to the field of managing and designing urban transformative processes. 10 This is how the local residents call the leftover, dead end section of the otherwise expansive East-West traffic artery between Berlin and Frankfurt an der Oder. It is located to the Northwest of the Lichtenberg bridge parallel to the main highway, and despite the fact that access is restricted, has become a veritable neighbourhood centre. 11 For example at the «FAN Conferences» which take place twice a year, and at which all current urban development projects in the area are presented and discussed. One of the official participants in the redevelopment zone is the FAN advisory council, a citizen committee comprised of volunteers, who are elected biannually to represent the interests of diverse groups of local citizens. 12 LOR is an abbreviation for the German phrase «Lebensweltlich orientierter Raum», which roughly translated means the space in which your day-to-day life takes place. LOR is used as a system to subdivide larger districts in Berlin into specific neighbourhoods. The Frankfurter Allee Nord redevelopment zone is almost the exact equivalent of LOR Number 11 03 07 21 «Rüdigerstraße.» 13 Source: The Statistical Office for Berlin-Brandenburg, Table OT_A8.1 for the years indicated. 14 See: Stattbau GmbH 2010. 15 «If I had the money, I would create a few more wastelands!» (A resident, LSL #1:3) 16 Claude Lévi-Strauss coined this phrase in reference to the tragedy of the ethnological field researcher, to whom it often occurs much later what he/she failed to recognize in the moment (Lévi-Strauss 201220:37). Illustrations: Aerial view of the Frankfurter Allee Nord redevelopment zone; to the left is a portion of the Berlin Ring-Bahn (also the border to Friedrichshain), to the right the tracks of the Lichtenberg train station. The Plattenbau landscape is visible to the south of Frankfurter Allee, as is the adjacent industrial zone around Herzbergstraße to the North. Embedded within the neighbourhood, the former MfS headquarters and the Sana Clinic are clearly visible.

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Illustrations: Excerpts from a map on this page (from left to right, top to 201 bottom): Map 06.05 (Infrastructure including public parks near residential areas, 2013 Edition), Map 06.06 (population density, 2015 Edition) and an excerpt from the city’s housing development plan. According to the map’s key, circle no. 5 designating «Alt-Lichtenberg» can accommodate up to 2,400 new residential units. (All maps: Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin).

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Inventuring Lichtenberg

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«Inventuring Lichtenberg» was the name of the urban exploration, which preceded Prof. Jean-Philippe Vassal´s Design Studio (Chair for Design and Urban Development) during the 2013/14 winter semester. The course was a collaborative format conducted by the chair for Design and Urban Development and the Chair for Art and Cultural History at the Berlin University of the Arts (UdK) during the 2013/14 Winter Semester. Studio Coordinators and process design: Saskia Hebert in collaboration with Jeanne-Françoise Fischer and Jean-Philippe Vassal. Student Assistant: Felix Dechert


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Participants: Isabelle Atkinson-Evans, Lennart Beckebanze, Anastasia Becker, Francisco Castanheira, Carlo Goldmann, Adrian Heints, Takuto Ihara, Borghildur Indridadottir, Luise Marter, Justus Menten, Carolin Miller, Thomas Bo Nilsson, Suzie Ryu, Tom Schöps, Carlos Schütz, Salomé Wackernagel, Simon Warne, Itzhak Weissmehl Lab discussion and workshop on October 27th, 2013 at subsolar*, Guest: Matthias Lohmann City Walk (Walkshop) on October 28th, 2013 with Sven Kuhrau Final Presentation on November 11th, 2013 with Sven Kuhrau and Melanie Humann (FH Dresden)

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Method Our research began with a workshop that ended with a «walkshop» through the area under investigation. Beyond a variety of urban spaces, we encountered a number of residential building typologies. The first visit was to the largest housing association in Lichtenberg (HOWOGE), on Zingster Straße. Afterwards, our route led us through Alt-Hohenschönhausen into the industrial area around Herzbergstraße, and from there into the Frankfurter Allee Nord redevelopment zone (FAN). At the former MfS headquarters, the housing initiative WiLMa 19 opened its doors to us, and in the Weitlingkiez we visited a number of listed modern housing settlements. Our final destination was a stop at an exclusively inhabited glass pavilion on the grounds of the former prison near Rummelsburg Bay.

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One of the 55,000 apartments the HOWOGE housing association owns in the complex on Zingster Straße – in this case, recently purchased and not yet renovated. HOWOGE CEO Stefanie Frensch explained the goals, prospects and development risks of redeveloping the existing buildings to our group. Herzbergstraße Industrial Area. The Dong-Xuan Center – the commercial heart of Berlin’s Vietnamese community – is also located here. The walled-in courtyard of the «Ulmenhof» residential complex (Architect: Jacobus Goettel, 1929-31). «Erlenhof» and «Pappelhof» – other complexes designed by the same architect – are located in the direct vicinity. And not far away, HOWOGE organized a viewing of the more famous «Sonnenhof», designed by Erwin Gutkind (1925-27).

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Sites Each group of students was assigned a few of the highlighted neighbourhoods on the accompanying map to explore and given the task to record and describe the atmospheric, performative, and panoramic qualities they encountered. The contrasts in usage, building typologies, social milieus and scales typical of Lichtenberg helped focus our sights on the essence and character of each neighbourhood. The accompanying «Lichtenberg-Bubble-Map», which was developed for our exploration, is an homage to the «Social & Functional Analysis» by Sir Patrick Abercrombie, reproduced here. Originally, this map was a part of the 1943 County of London Plan – also known as the «Egg Plan» or London Bubble Diagram.

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Zingster StraSSe, HerzbergstraSSe, Rummelsburg Suzie Ryu, Takuto Ihara, Simon Warne


Zingster StraSSe The residential area on Zingster Straße is located on the border between the city and its surroundings. Despite its proximity to nature, the view from the street is decidedly urban with large prefabricated housing blocks – so-called Plattenbauten – and a highly visible public transportation system. Despite the distance, the visual connection to the city centre and the TV tower on Alexanderplatz remains intact, strengthening a sense of belonging to Berlin. Large interior courtyards and recreational grounds greatly contribute to the quality of living here, and the residents enjoy the sound of chirping birds and of leaves rustling in the wind.

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HerzbergstraSSe In the industrial area, the horizon is dominated by prefabricated housing blocks built in the former GDR. From above, one sees how dark this area is at night: surrounded by brightly lit residential buildings, it is almost reminiscent of Central Park in New York. Informal places and activities influence this area of defunct industry, through which we roamed along decommissioned train tracks. In the former margarine factory, we met a few artists who were painting graffiti with friends. They came from all corners of Berlin. There is also a forest, fenced-in and untouched, enclosed by the surrounding industry. In the former meatpacking factory we ran into some sculptors renting out spaces. They expect to be forced to move when the building is renovated. The assumption is that the former factory grounds will be converted into loft apartments. A CDU politician has been hired as the project manager for the so-called Josef-Orlopp-Str.-GmbH.

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Rummelsburg Whether travelling to Rummelsburg Bay by S-Bahn or streetcar, upon arrival one is first greeted by an imposing and inhabited noise-buffering wall along the lively main street. That said, all apartments in this elongated building do have a very pleasant view of the bay, whose shoreline has remained open to the public. Even within this rather generic-looking housing complex, there are some links to history: for example living in the confines of a former prison and concentration camp. For some people, though, it seems possible to feel at home 203 here. «I don’t think there are any true Berliners living here», commented one resident on that note. People here can enjoy life on the water within safe and comfortable surroundings, but is living in Rummelsburg the same as living in Lichtenberg? According to our observations, it seems that the population of Rummelsburg bay is demographically very specific; many other social groups readily found throughout the rest of the district – the elderly, the poor, the migrants, those practicing alternative lifestyles – are missing here. Rummelsburg’s residents are predominantly young parents (30-40 yrs. old) with children. The spatial divide provided by the train and streetcar tracks – and busy roads – adds to a sense of isolation from the rest of Lichtenberg.

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Lichtenberg Bridge Luise Marter

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The Lichtenberg Bridge extends Frankfurter Allee over the tracks of the Lichtenberg train station, creating a notable and interesting topographic situation:


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Numerous staircases navigate the natural and artificial topography in order to connect the open plaza in front of the station with the residential neighbourhood to the north. The traffic infrastructure produces a scurrile and interesting streetscape. Wartenberg Francisco Castanheira, Adrian Heints, Carlos Schütz Being In/side In our view, «being in/side» can be understood as a personal relationship or connection to a specific place. It is not so much the result of spatial boundaries as the quality of a certain moment, very personal and situational. Our analytical method consisted of going into the field to find situations where people «belonged», where they were hanging out, sitting around or relaxing. Upon discovering such a situation, we informally interviewed these individuals about their interpretation and perception of Wartenberg. After a few such discussions, we were able to gain an impression of how differently each of them interpreted the same place, and noticed that subjective feelings like fear, rejection, etc. have a very strong effect on one’s sense of space. The diversity of opinions we documented led us to the conclusion that as many Wartenbergs exist as people who live there.

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top: «I don’t know many people here. When I moved in, my neighbour welcomed me with a six-pack of beer; I still haven’t found a way to reciprocate that offer.» «I like to ride my motorcycle, particularly in the Harz region. My son and I often go on rides together.» «In the GDR we drank Prima Sprit, which was 196 proof. And we could really drink! Back then it was fun and social. Today, people only drink out of frustration. In the old days, everyone hung out at the bar because the beer there only cost 50 cents while the stores charged 65 cents. That’s why the bar was always full. Today everyone just fends for him or herself.» Detlef (58 years old) on November 1st, 2013 at Jüseme’s. centre: «This neighbourhood is dead, the dance of death. There is no work, which is why everyone moves away leaving the apartments on the upper floors for the Vietnamese to move in to. They run the cigarette mafia, which has a lot of success here since no one has the money for expensive cigarettes. But it isn’t a good long-term situation. Have you ever asked yourselves why no Jews died on September 11th…did they know it was coming?» «There’s a lot under the surface here. Every fourth person carries a weapon. You should see this place at night. Then you’ll know what I mean. Over there, the pub (Jüseme): only Turks go there. The beer only costs one Euro, and I don’t want to know what’s in it.» «Young people don’t have much to do here. They can go to Sindbad’s, but it’s owned by Russians: only foreigners go there.» Alfred, Ingor, Bockardt, Uwe (60-70 years old) on November 1st, 2013 at the bakery. bottom: «They discriminate against us at the neighbourhood meetings: if they see you sitting outside, drinking, you can’t take part in the meetings. The organiser just throws people out, even the elderly.» «There are parks here, but the problem is that a lot of Russian youths tend to hang out there, and they can get very violent.»


«We always meet here when we have the time. We can chat here while enjoying a beer.» Group (40 to 60 years old) on October 26th in front of Falken Imbiss. top: «We don’t want to leave here. We’ve got about six local bars in the area – one has to spread his money equally over the block.» «There is a Vietnamese Imbiss at the train station», (pointing to the Drachen Bistro). «We call the owner ‘Kiezpapa’.» «A lot of people our age live here. They are the sensible ones. The youth, those down and out, live on the other side of the tracks.» «It is really easy to get out of the city and into the countryside from here. It takes ten minutes by bike to get to Malchower See or to the orchards in Birkholz. Sometimes we meet there with beer, wine, someone makes potato salad … the group changes every time.» Diana, Richard and Arno (43-48 years old), on November 7th, 2013 at Sindbad’s

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centre: «We always drink a beer here after work.» «Apart from that, there’s nothing to do here.» Reimo (37) and Daniel (55), on November 8th, 2013 at the Hähnchen-Imbiss bottom: «Foreign restaurants…they all launder money!» «I was forced to move, now I have to live here. While my sight was still good, it was much different. I could jump in the car anytime and leave. Now I am really dependent on this place.» «I have a lot of friends in the area. We meet to play football, or to eat together. The food here is great and they have the best beer. The head never completely disappears.» «Sometimes I get on the S-Bahn and let it take me somewhere else. I like to listen to what the others are talking about.» «I’ve heard that Sindbad is really dirty.» Wilfred Winter (70), on November 8th, 2013 at the Drachen Bistro 205 ViNcent van Gogh Lennart Beckebanze, Carlo Goldmann, Tom Schöps, Salomé Wackernagel Tony’s World 1 – The route to the voluntary fire brigade of Wartenberg – too far away for Tony, who would have liked to become a fire fighter 2 – The skate park where he met all of his ex-girlfriends 3 – The building where the bird lovers live 4 – Tony’s sister’s school 5 – Once, while they were letting off some steam on the long-distance heating pipes, the police nabbed Tony’s friends, but he got away 6 – The lawn only dogs use 7 – Tony’s School 8 – The youth club, where Tony was once thrown out after climbing onto the roof 9 – The streetcar turnaround where Tony hangs out­– sometimes with friends, sometimes alone 10 – (In Falkenberg, not pictured here – Editor’s Note) the community garden, where Tony volunteered until his friends demanded more of his time 11 – The stores where Tony bought his shoes and bike

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12 – The lawn where people let their rabbits hop around 13 – Tony’s courtyard where he’s not allowed to ride his bike anymore Alt-Hohenschönhausen Isabelle Atkinson-Evans, Carolin Miller, Justus Menten An Archive of Neighbourly Actions During our research, we became interested in how the identity of a place is constructed. We recognized the fundamental importance the residents and their actions had on a space’s potential, and we tried to rethink the classic notion of «Neighbourhood». We created an archive to collect traces of neighbourly actions as we continued our search.

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Tierpark, Fennpfuhl Borghildur Indridadottir & Thomas Bo Nilsson Using ourselves and a variety of props as tools, our aim was to get under the skin of the area. We assumed alternate identities, used a modern internet dating site, acted like tourists, apartment hunters, a couple who was lost or bar patrons waiting for a relative to show up. We did all of this to spark up conversation with strangers – an attempt to see Lichtenberg through the eyes of the locals. During this experiment, we encountered a wide variety of personalities: from the Odin worshipping brothers to the family who warmly invited us over on a Saturday evening for a long chat on their couch. tierpark Discussion at the bar (us = a tourist couple; her = a regular): Us: «We don’t really know our way around these parts…» Her: «Hackescher Markt, Hackesche Höfe, there is always something going on there!» Us: «Is there a park around here, or something worth seeing?» Her: «Come outside with me for a second, I’ll show you something. …Ok, I live right over there. If you go in there, behind it actually…there are garden plots … you can walk until, well I don’t know: Everything is green! If it is sunny in the morning, bring a blanket. You can picnic on the lawn, or work on your tan – and there is no entrance fee! All the way to Rummelsburg, or Friedrichsfelde Ost: you can walk forever! … A lot of stores here have closed. They can’t pay the rent anymore. Everything is getting more expensive. Well, there are still a few, but I don’t think you’d be interested in any of them. They’re just stores for the locals to shop at, nothing special … What do you like to eat? German food, or what? Well let’s see, um, not here, over there is a Chinese restaurant, but I wouldn’t recommend it. I’d say … look, over there is Kaiser’s, and behind it is a pub called ‹Zum Bären›. You can sit inside or out. The food is very good and worth the price. … Do you have bathing suits with you? There is a swimming pool right around the corner from my block. From 8 AM to 3 PM they heat the water. You can go swimming now, or later – it’s up to you.»

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Fennpfuhl At the Joker Bar (us = brother and sister; them = people in the bar) Us: «Hello!» Them: «Hi.» Mainstream pop music is playing on the radio in the background.

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Them: «Odin’s from Ásatrú, Norway … there are a lot of us here, including my brother.» Us: «Really?» Them: «Yeah, he’s got 78 T-shirts…and a lot of tattoos on his back! Ron, come over here for a second!» Ron (the brother) shows us his tattoos – including one of a Swastika. In the background, the lyrics «You only know you love her when you let her go …» can be heard. Us: «Do you know if there is a free apartment in this building?» Them: «There aren’t any here in this building.» Us: «We were going to ask the door man – or do you say Pförtner?» Them: „They say Concierge in Berlin. Pförtner is correct, but they say concierge instead – it’s fruity French ……» In the Neighbourhood (us = flatseekers; them = residents) Us: «Do you know if there’s an empty flat here?» Resident 1: «I live at the top of the building. I can see all the way to Hellersdorf from my apartment, but we don’t have a view of the TV Tower. My wife and I have a two-bedroom apartment. If you walk to the end of the street, there, the third entrance is where property management has its office. Maybe you’ll have some luck if you ask there. Every apartment in this house has a balcony, sechs meter lang. Six meters! Two meters breit. Laminate everywhere.» Resident 2: «I saw a report once … I forget which channel it was on. They said, this house has the highest nationalist population in all of Germany … the area isn’t bad, but this building sure is!» In the eight years he’s lived here five people have killed themselves by jumping off the balcony. Not all of them lived in the building. Resident 2: «Good luck to you.» In the Highrise (us = location scouts; them = building tenants) Us: «We are looking for a film set.» A Serbian man in his appartment: «It’s difficult. I have two small children … I’m from Serbia … here’s our apartment. We have two other rooms, and a kitchen, and sometimes my wife can go out with the children, if there is a problem. We don’t know anyone here … I would like to know what kind of film you’re making. It’s not porn, is it?» We laugh. 207most definitely not.» Us: «No, Serbian man: «We have a big bedroom, and we live on the 17th floor, which is pretty high … you can look out the left side towards Alexanderplatz. And we have a balcony!» Older lady in the stairwell: «Hey baby, where are you going?» Younger lady in the stairwell: «Huh?» Older lady:: «Where you goin’?» Younger lady: «Downstairs, to buy cigarettes.» Older lady: «You’ve got one right behind your ear!» Younger lady: «Yeah, I know…but I’m gonna run out and get some more. Cindy needs some, too. She has a visitor, and I’m headed out with the girls.» Older lady: «Ok, then have fun!» Younger lady: «Thanks, you too!» Drunk Russian man at his door: «I’ve … no … ok, I’ll do anything. I’ll send you a photo from my … you can go in, it’s a little, um, sorry … maybe not today. I’ll be right back.» Us: «Why do you have these stickers on the door?» Russian man: «Oh, that wasn’t me,» (whispering) «That was the neighbour’s kid.


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He put those there when he was 14, or 16. I just haven’t taken them down. You should talk to the concierge, the guy downstairs, and make an appointment with the building manager. He’ll know if anything is available.» He goes in to look for a photo for our casting. He comes back talking to someone else in Russian and hands us a picture of himself and his boss in the bar he works at. He laughs. The Villas on Obersee, MfS Headquarters, Friedrichsfelde Anastasia Becker, Itzhak Weissmehl The Villas on Obersee A temporary occupation of the site. The best possible assimilation. The rustling of leaves, the smell of damp earth and a view of the sky. A moment of peace. MfS Headquarters «The panoptic mechanism arranges spatial unities that make it possible to see constantly and to recognize immediately…. Visibility is a trap. […] Hence the major effect of the Panopticon: to induce in the inmate a state of conscious and permanent visibility that assures the automatic functioning of power. So to arrange things that the surveillance is permanent in its effects, even if it is discontinuous in its action; that the perfection of power should tend to render its actual exercise unnecessary; that this architectural apparatus should be a machine for creating and sustaining a power relation independent of the person who exercises it; in short, that the inmates should be caught up in a power situation of which they are themselves the bearers. … It is an important mechanism for it automatizes and disindividualizes power. Power has its principle not so much in a person as in a certain concerted distribution of bodies, surfaces, lights, gazes; in an arrangement whose internal mechanisms produce the relation in which individuals are caught up. Citation: Michel Foucault (1991, translated from the French original ed. 1975): Discipline and Punish. The Birth of the Prison, Part 3.3: Panopticism. London: Penguin, pp. 200 ff.

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Friedrichsfelde The passive act of lying down. Giving way to a place, taking it in and redefining it simply through the presence of your body. Notice the vibrations of the street, the smell of the car fumes, how cold the asphalt is. And close your eyes. The highway Frankfurter-Allee/Alt-Friedrichsfelde is an important connection between Berlin and the East, and on a more local scale – within the neighbourhood of Lichtenberg – it exerts a strong influence on its surroundings. The immediate shift between the human and automobile scales is noticeably felt. The pedestrian walkways along this route are wide with lots of greenery, and yet they remain empty. In an urban context, the anonymity of the wide street is underscored by the monotonous repetition of Plattenbauten. But despite all this, shielded from the street there is a hidden place of vague ambiguity, puzzling, and seemingly caught between eras. It is full of undefined objects, tells stories that have no clear meaning and reveals secret symbols. It unveils the very human need to create a private space according to one’s own desires – a small-scale occupation.

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Conclusion Although each individual observation here only represents a small fragment of each neighbourhood, taken together they showcase the heteroge-

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neous and diverse character of the entire district. The areas we explored differ vastly from one another – just like, by the way, the methods the researchers employed and the personalities of the local experts they met along the way. Essential aspects of how we live as described in the stories above have a lot of relevance for design work. Methods like the archiving of «neighbourly actions», the description of «Being In/side», which draw a line between those included and those on the outside, or the almost voyeuristic glance through a keyhole into a completely foreign world have a direct relevance for future design work – and that not only here, in Lichtenberg.

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[describing/writing the city: Scenes from a Street] During our investigation, portraits of diverse protagonists were created at an ambivalent site – the old Frankfurter Allee. In the resulting «urban narrative», these characters have been integrated into a fictional, cinematic street scene that would be plausible anywhere, anytime. Right? The course STADT (BE)SCHREIBEN: SZENEN EINER STRASSE [describing/ writing the city: Scenes from a Street] took place during the 2013/14 winter semester at the lived/space/lab at the Berlin University of the Arts. Studio Coordinator: Saskia Hebert Project Assistance: Valeria Fahrenkrog Participants: Sarah Bäcker, Stephanie Brenner, Víctor Martos Castillo, Amandine Descamps, Carole Deslous-Paoli, Sophie Fetten, Sophia Huhle, Irene Kriechbaum, Belén de Pedro Pasamar, Selin Projer, Carl Rosenburg, Roman Szymczak, Albane de la Villegeorges, Bonnie Zimmer Local Experts: The pharmacist, the owner of the tailor shop, the bar ladies, a resident of Q216, the owner of the organic food store, the florist, the boss of the Bulletshop, the bike seller, the hair stylist, the beautician, the snack shop vendor and another snack shop’s owner, the gas station tenant and the carpenter. With the kind support of: The Lichtenberg District Council for Urban Development, Councillor Nünthel, Stattbau GmbH, FPB, Andrea Benze, Anne 209 Kockelkorn, Anke Strauss, The Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin. Site: Alte Frankfurter Allee The urban situation along the so-called old Frankfurter Allee tells a lot about the rapid development of Lichtenberg. Originally a tree-lined suburban boulevard, the road originally turned north around Hubertusstraße to perpendicularly cross the tracks of the Lichtenberg train station. Only in the 1970s was the old two-lane bridge replaced with the current highway-like viaduct, funnelling the stream of traffic across six lanes roughly at the height of the third floor of the surrounding pre-war buildings – high above the tracks below. The leftover portion of the old Frankfurter Allee is blocked off by the bridge and looks utterly forgotten: Not only does the traffic whiz by, but so do the dynamic developments taking place in the rest of the city. The small street level shops attract fewer and fewer customers – the result being high turnover and the homogenization of goods on offer. And yet this small segment of the street is surprisingly lively and cosmopolitan compared to the rest of Lichtenberg. The old Frankfurter Allee has the

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atmosphere of an urban centre yet to be discovered by tourists, in contrast to the rest of this otherwise quiet, residential neighbourhood. This is due partially to the presence of the Sana Clinic and the area’s good transportation connection, but also because of the simple fact that there are still some functional stores on the street. The local experts, as one might anticipate, accurately mirrored the ambivalence of this dichotomous situation. On the one hand you have the mostly pessimistic long-term residents lamenting over today’s situation and constantly comparing it with the better times of the past: prior to 1989, a high concentration of Stasi employees lived here and the area was considered a «good neighbourhood», particularly because of stores offering a wider variety of goods than elsewhere available. On the other hand the rather optimistic new residents see the developments of the last ten years in a more positive light. The BVG’s plans to relocate its streetcar terminus at Gudrunstraße to the western end of the Alte Frankfurter Allee cul-de-sac has stirred up new controversy and led to heated debate in every forum of public participation: Opinion is unanimous, at least on this issue. The BVG’s plans would threaten the arduously established existence of many shop owners along the old Frankfurter Allee and degrade the quality of life on the street. But do the people living and working there have the right to say something? Who owns the city, who makes the decisions? Method In the beginning, there was a game: Three cards from a total of 56 depicting storefronts to be researched were selected by each student team. Then these stores and their owners were documented and characterized. The following pages were created from the interviews conducted during this phase. The second step was to then develop a scenario together, based on everyone’s experience and the information gathered. This «urban narrative» would be told through film and with the aid of a large model: after an unscheduled event, the protagonists of the old Frankfurter Allee decide to act, occupying their street with a festival, ready to brave any potential planning or developmental issues that may arise.

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The images show 27 of the 56 playing cards. Those marked with a border were later selected for use. Key: yellow = residential, green = service and manufacturing, blue = retail, red = gastronomy and white = currently vacant.

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Living in a Machine EXTERNAL RESEARCHERS: Sarah Bäcker (32) is from the Ruhr Region but has lived in Lichtenberg for a long time. Irene Kriechbaum (26) was born and raised in Austria and is curious to get to know the neighbourhood. Both are currently master’s students in visual communication. LOCAL EXPERT: Mohamed Ahmed (name changed on request) was born in Alexandria in 1977 and has lived in Berlin for five years. He studied law but fled the chaotic and hopeless situation in Egypt. In Berlin, he got a job washing dishes and has since found a position as a waiter in a four-star hotel.

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Q216 Mohamed Ahmed has lived here since June 2013, but he likes to spend his time elsewhere. He values the good transportation infrastructure and the direct connection to Mitte; he doesn’t often go outside the boundaries of


his neighbourhood. Despite his wish to lead a quiet life and the fact that he doesn’t have much contact with his neighbours, he desires more of a social life and more friends or conversation partners. Mohamed’s apartment in Q216 – a recently renovated former Deutsche Bahn office building – is small and compact and forms his own private refuge. The size of the apartment is suitable for him, and he appreciates that everything is newly renovated. He may not know who his neighbours are, but that is not a problem, as long as he can find peace of mind here. Besides, he doesn’t want to live here forever. He would prefer to move back to Alex. «The first place I lived in Berlin was near Alexanderplatz. I still feel most at home there and go back often.» Unfortunately, he can’t see the TV tower from his window, but he does have a good view of Frankfurter Allee from the sixth floor and enjoys the panoramic view from his window. «The cars here don’t bother me. They swoosh by below, they sound like the waves in my hometown.» City Walk Mohamed likes to walk and often takes a route past many of Berlin’s tourist attractions. He starts at Alexanderplatz and continues via the Brandenburg Gate throughout the city. «And I often keep going, until I see the tip of the Sony Centre in the distance.» He really likes the bustle and international flair of Potsdamer Platz. He sits to drink a cup of coffee or orders something to eat at one of the many takeaway food shops. Mohamed explains that it’s very common in Egypt to buy take-out food this way. Longing for the homeland Mohamed prefers to spend his vacation time in Egypt among friends and family, and ideally in his hometown of Alexandria with its beautiful beaches. He describes the city as historic, colourful, lively; but also as loud, corrupt, dirty and without much opportunity. He also likes the Baltic Sea, where the lighthouses remind him of home. Mohamed hopes to make Germany his permanent home – and an important part of that is having friends and his own family at some point. In the long term, he would like to begin practicing law again. 211 A Cozy 24 Hours EXTERNAL RESEARCHERS: Sarah Bäcker and Irene Kriechbaum (see description above) LOCAL EXPERT: Angela Jury Angela works as a waitress in Suzi’s Beer Bar. Together with her four colleagues, she ensures that the establishment remains open almost 24 hours a day, seven days a week. Angela was born in Finsterwalde and has worked in several bars in Lichtenberg over the years. She is familiar with the local Kneipenszene and knows her way around the neighbourhood, but lives in Ahrensfelde. Suzi’s Beer Bar has been around for seven years. The regulars stop by for a coffee in the morning – and later in the day for an after work beer. For some of the locals, it has become an important part of the social scene. Despite the fact that Angela explicitly prefers the greener settings of Ahrensfelde, she does like the bar’s surroundings. In her opinion, life here (on the old Frankfurter Allee) is still colourful and diverse, and sometimes a bit crazy. When asked about the coming changes, she reacted with mixed emotions:

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«[…] everything should stay exactly the way it is. […] I hope it doesn’t change here the way Prenzlauer Berg did. Man, when I see those moms hand their kids an organic tofu-spelt cookie when they ask for a donut!» On the flip side, she does wish the neighbourhood would get a bit safer, so that a woman like her could walk around at night without thinking twice. The Neighbourhood Oasis «We are the port of call for a very diverse group of people. Young and old, from here or far away. We’re an oasis for these people [...] and try to create a nice atmosphere. It is, after all, like a second home to us.» It is important for Angela and her co-workers that all of the bar’s guests feel at home here, and their decorations play a decisive role to that effect. After her shift, she enjoys sticking around for a while on the other side of the bar. «The people here are hard workers. Many haven’t been home for a number of years. A lot gamble to distract themselves, and some even lose their earnings.» Skyping Home Besides the slot machines, Suzi’s also used to offer its guests access to the internet and Skype. The authorities forced them to choose between the slot machines and the internet, which is why the old computer room is now used for storage and no longer open to the public. Angela thinks it’s a shame they couldn’t keep both. Those who saw Suzi’s as a connection to their homeland now rarely come by.

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Two Shops, One Sidewalk – and a Visit EXTERNAL RESEARCHERS: Bonnie Zimmer and Carl Rosenburg are master’s students in architecture at the Berlin University of the Arts. LOCAL EXPERTS, in this case, were hesitant to answer any questions, preferring to remain anonymous or not to participate at all. The Florist and the Tailor/Cleaners … The flower shop is doing so well that they have no time for an interview: Advent is around the corner, which only increases their already booming business. The daily shift during this time of year is from 7 a.m. to 7 p.m. All of the shop’s employees are from Berlin. Their splendid displays take over a significant portion of the sidewalk making the store’s presence felt even next door. The tailor shop in the adjoining building can take on all sorts of repairs and adjustments. In 2013, Mrs X. took over the store with great hopes for the shop at this seemingly great location near both the entrance to the neighbourhood and the train station. The owner has a lot of acquaintances in the Eastern part of the city where the Vietnamese community is well represented. This is especially true of Marzahn, where she lives. The shop has a family-like atmosphere: her grandchild plays while an apprentice works in the background. A lot is going on in the room, which is divided only by a single counter into a sales and work area. However, there isn’t as much street traffic as the owner had hoped for, which she has difficulty explaining. Sultan BAR – A Look Behind the Façade An 18 and over club. Walking past a kicker table and through the subtle smell of cigarette smoke I reach a group of heavy looking chairs and take a seat. At an adjacent table, a likeness of Elvis Presley is drinking his morning coffee, sitting there through the duration of my visit. I scan the blue and orange walls of the establishment and notice three slot machines, occupied at this hour by two women and a man. Ordering an


espresso from the genuine Italian espresso machine requires a trip to the bar. I have to ask for an accompanying glass of water: coffee is apparently not their strong suit. I feel like an outsider here, even when the owner greets me, like the others guests, with a handshake. I enjoy my espresso amidst distrusting looks while pop music from the early 2000s plays in the background. I guess you have to come here more often if you want to belong. A Dacha in a Birch Forest EXTERNAL RESEARCHER: Sophia Huhle, student at the UdK Berlin. Even though she grew up in Prenzlauer Berg, Sophia only knows Lichtenberg through stories. However, she once got lost coming home from swimming in the lake in Kaulsdorf – right here, in Lichtenberg. LOCAL EXPERT: Arsen Woksanan. The Woksanan Family originally hails from a small village in Armenia, but then emigrated to Omsk via Moscow. The Woksanans have lived in Berlin for the past eight years, in one of the high-rises on Alexanderplatz. Arsen’s memories of Moscow, however, haven’t yet faded.

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The SchlemmerGrill is located on a rather unkempt lot directly next to the Lichtenberg Bridge not far from the train station. While for many Berliners and other Western Europeans this station symbolizes the «Gate to the East», the Russianborn writer Vladimir Kaminer has described it as the «Gate to the West». Kaminer arrived in Berlin-Lichtenberg – like many Russians – in 1990, gaining notoriety in the newly reunified Germany shortly thereafter with his book «Russendisko». The neighbourhood around Frankfurter Allee is ambivalent: On one side there is a six-lane, heavily trafficked road – similar to a highway – that runs right through the middle of the city, producing a lot of noise and forming a formidable pedestrian barrier. On the other side, the quiet and peaceful old Frankfurter Allee with its shops and other businesses is just a few meters away. The Schlemmergrill at the intersection of both these worlds is a familyowned business. It’s been here for roughly 13 years. For the last three years, the Woksanans have run the place. They offer German and Russian dishes, coffee and other drinks. Early in the morning, even before they open, the first guests from the Undine community centre around the corner wait for 213 a fresh cup of coffee. At lunch, other guests arrive. Long-term residents of Lichtenberg enjoy the handmade dishes and the familiar atmosphere. Stories of vacations past on the Trans-Siberian Railway are exchanged. And of course, the newest neighbourhood developments and gossip are discussed over Currywurst and Solyanka. In the evening, they offer beer at the bar. Arsen has even been invited to come visit the Undine’s open house, and the neighbours from the Sultan Bar are occasional guests. A Contemporary Pharmacy EXTERNAL RESEARCHER: Carole Deslous-Paoli, architecture student. Originally from the French Alps, Carole has all the more understanding for the pharmacist’s difficulties in adjusting to life in Berlin! She isn’t familiar with the area, but was excited to get to know a new part of Berlin. LOCAL EXPERT: Mr H., Pharmacist, was born in a hilly region of northern Bavaria and grew up in a city of 3,000 inhabitants. Sports like skiing and mountain climbing were a big thing in his hometown. In 1996, he came to Berlin to study pharmacy. It took him more than a year to get used to things.

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The Pharmacy The history of Berlin’s APONEO pharmacy began in 1995. In the fall of that year, owner Konstantin Primbas opened his first pharmacy franchise – the Bären Pharmacy in Hohenschönhausen. In February 1999, he moved to Frankfurter Allee 241 in Lichtenberg. Foreseeing the rise of online shopping in Germany, he founded the company APONEO Deutsche Versand-Apotheke Berlin [The German Mail-Order Pharmacy, Berlin] in spring of 2006. Today, APONEO is one of the ten largest internet pharmacies in Germany, employing a team of 80 in Berlin. While at first an average of only ten orders were shipped per day, today that number has increased to about 2,500. Location There are a good number of medical institutions in Lichtenberg including the hospital, for example, a medical centre and many dental practices. Access via S- or U-Bahn is uncomplicated and the district is well connected to both the city centre and the greater metropolitan area. The pharmacist values the location on Frankfurter Allee because it is on the route to the hospital. But he says this isn’t a shopping street since there isn’t a grocery store. The street is a dead end, and Mr H. thinks it is too hidden: it’s difficult to find your bearing here if you aren’t familiar with the area. A lot of residents know each other. Rent is less expensive than in Prenzlauer Berg or Neukölln. Mr H. likes working here, even if the residents – as he describes – «flip the coin twice before buying anything». He adds, that high unemployment leads to more aggression on the street, and alcohol is also a problem in the area. Recently, Mr H. has noticed a lot of new faces and explains that the population structure is beginning to change. A lot of people, who can no longer afford Mitte, Prenzlauer Berg or Neukölln, are moving to Lichtenberg. And those, who can no longer afford Lichtenberg, move even farther away.

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Transition Today, Berlin attracts a lot of tourists. Much has changed leaving the pharmacist somewhat nostalgic. In the beginning, he worked in Hohenschönhausen. In 2008, Mr H. began working at the branch in Lichtenberg. He might not want to stay in Berlin much longer and is thinking about moving to Southern Bavaria. Currently, the pharmacist lives in Prenzlauer Berg, which has been refurbished, is pleasant and very touristy. He says there are a lot of young people there and that sometimes the bars are really loud. The rents are high, and most long-term residents have since moved away: all the Berliners are gone. Mr H. spends a lot of his free time in Neukölln where his girlfriend lives. There are a lot of young people there as well, and the atmosphere is nice. But rent, he says, is going up there as well. Desires The pharmacist would like to see more parking near his store. And he believes there isn’t enough room here for the streetcar. He doesn’t think it would be useful to extend it down the street, except maybe for visitors of the hospital. But in his opinion, that decision should be left up to the district. Mr H. would also like to see the streetscape improved but worries that a construction site would discourage customers from stopping by. He also suggests building ramps to make all the shops along Frankfurter Allee wheelchair accessible. 64

Bike Factory EXTERNAL RESEARCHER: Stephanie Brenner, master’s student in visual communication. She is 27 years old and from Stuttgart. LOCAL EXPERT: Sebastian Rach, 31 years old and the owner of the Bike Factory.


Previously, Sebastian owned two small specialty stores for BMX bikes in Köpenick where he grew up. The Bike Factory recently moved from the place where the interview was conducted and reopened in a former Sparkasse Bank at Frankfurter Allee 213. The new store has a very visible storefront and is much more centrally located. In the bike shop As the name would suggest, there are bikes of every price category as well as high-quality parts on offer. Many customers come from far away because of the wide selection. However, just as many locals who value the quality of the goods and services offered come here as well. Sebastian’s family is from Köpenick, and they used to live on Poststraße in Mitte. His grandmother ran a restaurant in Monbijoupark. The entire family has a strong connection to Mitte, and Alexanderplatz remains a reference point for them. Before coming to Lichtenberg, Sebastian ran a bicycle shop in Friedrichshagen. He took over the store on Frankfurter Allee in 2004, when the bike store there went up for sale – an already established and well-visited shop. It’s not an easy business, he says, there is a lot of competition from other stores. What he misses most in Lichtenberg are decent recreational facilities: «There is nowhere to take the kids to play, no basketball courts or ping-pong tables.» There is a football field over on Bornitzstraße, but it’s completely cut off from the rest of the neighbourhood. You can’t just spontaneously go there, he says. And besides, it belongs to the local football club. «Lichtenberg is not a place that encourages you to leave the house.» He thinks it would be good if the district would provide space for more activities: «Not like a park, there are enough of those in Berlin. A sports facility would be good for the residents here, a BMX course for example, like the one in Mellowpark, or even a baseball field would be nice – those kinds of activities are completely lacking here.» And the neighbourhood atmosphere around Frankfurter Allee isn’t ideal, he thinks. In Friedrichshagen, he says, there is a business owner’s association. The store owners pay into a shared account and use the funds to decorate the street for Christmas, for example, or organize neighbourhood parties. In Lichtenberg, it’s different: 215 «A business owner’s association would be unthinkable here. At the most, I could start one with two other stores here. And no one here would take the initiative to organize a block party.» Sebastian does think, however, that there has been some positive development as of late: Ten years ago, there were only off-license shops here. Today there is more variety. There still are a lot of kebab shops, though, and the quality of their food leaves much to be desired, which is why he rides into Friedrichshain for lunch everyday. Generally speaking, the retail spaces here are rather small. It suffices for what the others are selling, but for a bike shop, says Sebastian, you need more space. The fact that many apartments are being renovated – coupled with higher rents – is sadly a good development for the district, he thinks, because that means more people with more money to spend will move in. He laments, though, that there isn’t much street traffic to his store. The public transportation users pass right by his store, but they don’t have their bikes with them. And bike riders generally ride along the raised portion of Frankfurter Allee, right behind his store. His current location is difficult to find: a lot of navigation devices incorrectly show his address next to the gas station. Sebastian’s solution for this orientation problem is surprisingly


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simple: the old Frankfurter Allee, as it’s referred to in the neighbourhood, should be officially renamed. That way, there would be no more confusion. The Traveling Worker EXTERNAL RESEARCHERS: Albane de Villegeorges and Roman Szymczak study architecture in Paris and are in Berlin for an Erasmus exchange year at the UdK Berlin. The first time they went to Lichtenberg they discovered that although this part of the city looks reminiscent of a French banlieue, the atmosphere is completely different. In Paris, there is a huge difference between the inner city and the suburbs, which often have an unsafe air about them. Local Expert: Besam Awira (name changed on request) is 29 years old. He’s of Kurdish heritage and originally from Turkey. A few years ago, he moved to Italy. After living there for two years, he made his way to Germany. Unfortunately, he wasn’t allowed to stay and had to return to Italy to first apply for a residency visa.

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At the Avci-Bistro, near the entrance to the Lichtenberg train station we speak to Besam Awira, a Kurdish man from Turkey who came to Germany via Italy and gives the overall impression of always being on the move. Besam works at the Avci-Bistro. The small building is a kebab restaurant, a café and a bar; they also have slot machines. It belongs to a chain of restaurants, and directly across the street is another, slightly larger branch. Both restaurants combined have seven employees, all of them Kurdish. Normally they only work in one of the restaurants, but if need be, they can work in the other. A normal shift for Besam begins around 9 a.m. Before lunch it’s not very busy. Around midday, business picks up, which means Besam has a lot to do, and this tempo continues more or less for the rest of the day. The customers can be divided into two categories: the regulars and the commuters, most of whom come to Avci-Bistro for lunch or dinner. The number of regulars, in contrast, remains relatively constant throughout the day. The two groups, however, have very different consumer habits: According to Besam, the regulars often come to play the slot machines, which they might in fact do for the entire day. These customers may drink a beer or a cup of coffee, maybe they’ll even order something for lunch. The commuters sometimes also only stop by for a beer or cup of coffee, but not as often. And they almost never play the slots. Besam lives with his wife and child in Reinickendorf. His wife is Turkish, but was born in Germany. Besam’s father lives in Lichtenberg, unlike his mother and sisters who stayed in Turkey. «The Germans think that everyone with brown hair and brown eyes must be Turkish. You, for example,» he says, pointing to Albane, «would pass for Turkish here.» 68

Smoke your Fruit! EXTERNAL RESEARCHERS: Selin Projer and Noemi Barnet are exchange students in the architecture programme at the UdK. Both were in Lichtenberg for the first time and if they hadn’t participated in this project probably would never have found their way here. They found it interesting to get to know the neighbourhood, to experience first-hand how urban renewal works and to find out how residents of Lichtenberg view their own neighbourhood. LOCAL EXPERT: Amin Karim, who has Egyptian roots but was born in Berlin-


Mitte in 1985. He’s lived in Lichtenberg for a number of years and regards the area as his home. Bullet Shop Amin Karim is a trained retail salesman and has owned the «Bulletshop» for three years. He sells shishas, tobacco for hookahs and accessories. His shop is well organized and offers a good selection of products, his advice professional and friendly. Karim’s regular customers include students living in the Q216 Building and others from other parts of Lichtenberg or Berlin. His customer base is very diverse, and the neighbours have slowly come to realize that he doesn’t sell drugs in his store, which is so successful that he soon needs to hire a third co-worker. His other co-workers have Turkish and Egyptian roots. An Interview with the Local Expert Selin und Noemi: «What qualities does this place have for you?» Amin Karim: «The area around my store isn’t particularly unique and doesn’t have a lot to offer: there are a lot of drunks, and it’s not very welcoming. But in comparison with the past, the atmosphere has gotten much better. I believe that the renewal efforts going on are good for neighbourhood life.» S&N: «Does this place have any positive characteristics in your view?» AK: «It’s multicultural, it’s very mixed here, nationality-wise, and you find a lot of acceptance for mixed cultures.» S&N: «Does it feel like a typical Kiez [neighbourhood] in Berlin?» AK: «No, there’s no real Kiez feeling. The atmosphere is ok, but not indicative of a real Kiez.» S&N: «What do you think about the other shops on Frankfurter Allee?» AK: «They don’t bother me. The owners change quite a bit, but I don’t have a problem with that. The food options here are lacking, though.» S&N: «Do you eat lunch here?» AK: «No. We usually drive to Kreuzberg for lunch, there are a lot more restaurants there. We like to eat a good lunch, and with the car we are more independent. Unfortunately, there aren’t many restaurants in Lichtenberg we like to frequent. The Goulash and the Currywurst at the one place are homemade and good. And the little Vietnamese Imbiss is really good. S&N: «Do you go out at night in Lichtenberg?» AK: «No. We like to go out elsewhere. I, for instance, live north of here. There is 217 almost nowhere to go at night.» S&N: «Would you like to change anything here?» AK: «More parking spaces and a more accessible street would be good, because it’s not easy to find your way to this neighbourhood. Receiving deliveries and unloading in front of the store has been a problem. And they should create more green space. That might convince more families to move here.» A lively Neighbourhood EXTERNAL RESEARCHERS: Selin Projer and Noemi Barnet (see description above) LOCAL EXPERT: Kai Dumong, 43 years old, a master carpenter and originally from Mitte. His company employs 14 people, almost all of whom live within a 10-kilometer radius. Courtyard Workshop The woodworking operation is comprised of a storefront directly on Siegfriedstraße and a workshop in the courtyard. In the shop window, a collection of small carpenter’s planes is on display and has become an eyecatcher. The collection was Kai’s idea and grows regularly with the help of

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his customers and neighbours. The store has a customer service area, where his employees offer advice and consultations before and after their shifts in the workshop. There are a variety of wood patterns on display, and here and there a piece of furniture. The offices are in the back, overlooking the courtyard, which is accessible through a gateway on Siegfriedstaße. The business – being a manual trade – has an important role in the neighbourhood. In Kai Dumong’s opinion, operations like his are just as important for the neighbourhood atmosphere as the flower shop or the bakery. The store on Siegfriedstraße is easily accessible for customers, and the neighbourhood improvements have led to an increase in customers. Dumong is happy to be here: The old Frankfurter Allee is well located, an easy public transit ride to and from the city centre. Being an active part of the neighbourhood is important for him and his business. However, because his woodworking operation falls into the category of «noisy businesses», Dumong sees a threat at his current location; and the planned two-track streetcar line extension would be very inconvenient for his shop due to delivery and loading restrictions. Cooperation and Neighbourhood During the interview, it becomes obvious how it’s possible to help one another out in a neighbourhood: «You can accept packages for the others, help repair something in a neighbouring apartment and even try to realize collaborative projects with the other business owners.» The collaboration with the camping store is an interesting example: The idea to outfit custom campers brought the two business owners together. Dumong describes this part of Lichtenberg as a «real neighbourhood» or «Kiez», but would still like to see some things changed to improve life here. This includes, for example, a newspaper stand, which could function as a meeting point for the locals. Currently, you only run into your neighbours by chance. It would also be nice if only half the number of off-license stores existed as currently do, and if the organic store was more present than it currently is, stepping out beyond its niche existence. In general, he is in favour of district improvements encouraging more pedestrian-friendly streets, but thinks automobile access – and better parking near his store – is just as important.

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A Witness to Change EXTERNAL RESEARCHERS: Belén de Pedro and Victor Martos study architecture at the ETSAV in Barcelona. This semester, they are exchange students at the UdK Berlin. They were both born and raised in Barcelona and had never before set foot in Lichtenberg. They found it interesting to experience more of the neighbourhood than the typical clichés would suggest. LOCAL EXPERT: Mrs F. was born in Weißensee and currently lives in Schöneiche in Brandenburg. She has worked in her beauty parlour on the old Frankfurter Allee since 1989. Because she lives 23 km away she drives to work by car everyday – and is annoyed by the lack of parking available in Lichtenberg. The Beauty Parlour The store measures roughly 80 square meters, is closed on Wednesdays but otherwise open Monday to Friday from 10 a.m. to 8 p.m. Mrs F. has about 50 to 60 customers each week, 80% of whom are from Lichtenberg. She knows almost all of them personally and on average spends 30 minutes to an hour with each one of them. That all depends on what they want done, and she offers a variety of treatments from hair extensions to massage, manicures or even cosmetic treatments.


Her prices are relatively low because «in Lichtenberg, there isn’t much appreciation for the world of luxury or wellness,» she says. In her opinion, there could be fewer cocktail bars, gaming parlours and casinos, and instead more playgrounds and parks in the area. Maybe it would then be possible to attract better shops, or a different clientele allowing her to raise her fees. «Here in Lichtenberg? Qualities?» (laughing) «No, there aren’t any!» Among all the shop owners on Frankfurter Allee, she is one of the longest here and has witnessed how the surroundings have changed. When she opened her salon, Lichtenberg was a luxurious place by East Berlin standards. That all changed when the wall came down. While run-down Prenzlauer Berg got nicer and nicer, the area around the old Frankfurter Allee took a turn for the worse. Some of her regular customers, however, have been coming to her since before the wall came down. «Then the wall fell and I had to start over, and at some point you just don’t have the strength to pick up and move somewhere else where it might be better. That was probably a little narrow-minded of me. We have also had years where a lot of customers have died; that’s a big problem.» If she could go somewhere else, Mrs F. would like to open up shop on Kollwitzstraße: «…Prenzlauer Berg: I like Kollwitzstraße and the area surrounding it.» In her opinion, the working conditions in Prenzlauer Berg are different. She believes you can work less there and still earn more money. The atmosphere in public spaces is also different. There are more playgrounds and parking spots. She likes to go shopping there, or to a hair stylist. In total, there are 12 beauty parlours within a one-kilometre radius – a very high density of «wellness» to be honest. That’s why it is so difficult to make a name for yourself. More Style for Lichtenberg EXTERNAL RESEARCHER: Sophie Charlotte Fetten studies architecture. She also participated in the course «stadt (per)formen», which explored Roedeliusplatz in Lichtenberg. For her it was interesting to investigate another part of the urban redevelop219 ment zone and gain a more comprehensive understanding of the entire district. LOCAL EXPERT: D. is the owner of the store, but – like her colleagues – does not live in Lichtenberg. She used to work in the neighbourhood and is therefore very familiar with the area. The Style Pur Hair Salon opened its doors in November 2013. Three people are employed there, and although the business is relatively new, it has received a lot of positive resonance. Their customer base has grown primarily by word of mouth, and they also have a Facebook page. D. sees an advantage in their «young and hip style» aimed at both young people as well as customers in their 70s and 80s. She hopes that the recent developments and revival that the old Frankfurter Allee has experienced in the last six months will continue, and that the area will – similar to neighbouring Friedrichshain – slowly improve its «Style and Trendiness». She remains optimistic and hopes that in the future, the renters of the adjacent store may even have similar interests. She thinks that by now they’ve established a good starting base: the Bike Factory and Bullet Shop up the street, whose graphic designer also created her signs, have contributed to making the neighbourhood as a whole much more attractive.

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What D. and her co-worker I. don’t find appealing are the other shops on the street with whom they have little contact. They mostly go shopping at the train station supermarket. Despite some sporadic criticism, D. has an overall positive opinion of the area. «Lichtenberg is actually very centrally located. You have everything here: S-Bahn, U-Bahn, buses and streetcars.» Plus, the many ambulances that drive to the nearby hospital and dialysis centre everyday lend a certain dynamism to the area. Because her store is located almost at the end of the street near the culde-sac, the noise from the raised highway is only slightly audible. And in the summer, D. believes, the trees will provide even more privacy and noise protection. «I mean, if we didn’t think it could work, we wouldn’t have moved here in the first place.» UrbanotopE and Local Flair The atmosphere of the old Frankfurter Allee is without a doubt defined by a certain dynamic of traffic, topography and – of course – how its space is used. It also has a certain «local flair», as seen through the stories of the area’s protagonists.

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Eating Outside EXTERNAL RESEARCHER: Amandine Descamps studies architecture at the UdK and grew up near Paris. She has lived in Germany since 2006. LOCAL EXPERT: Korinna Groschupp was born in 1973. When she was five, her family moved from Wismar to Berlin. She’s had a very personal connection to Frankfurter Allee North for quite some time now: her daughter was born here. When she discovered a store with a garden out front in 2011, she immediately fell in love with it. At first, she used it as an office, but within a few months, she opened her organic store. Natur Pur Organic Store Even from across the street the organic store stands out starkly, a colourful patch on an otherwise grey façade. The stucco has been colourfully painted with trees and a sun. A garden in front of the entrance with a swinging sofa and two small display cases invites passersby to come take a look and step inside. The only separation between this part of the street and the busy main road is a narrow lane used primarily for parking and a slight incline with a few saplings. Needless to say, there is quite a shift in scale between the nearby highway and the small, inviting garden in front of her store. The interview takes place on an early Saturday afternoon. Not only is Mrs Groschupp present, but a co-worker behind the counter as well. Another coworker whose shift has just ended is buying some things with his girlfriend, and a regular customer is sitting at one of the tables. The atmosphere is very pleasant and relaxed – Mrs Groschupp’s answers to my questions are commented on and complemented by the others. Obviously, they’ve all known each other for some time – and rather well at that. Besides the organic products and goods on offer, there is a small bistro, which has proven very popular at lunch. Her lunch guests work or live nearby or come from a bit further away; some even all the way from the Ring-Center in Friedrichshain. Starting in the late afternoon, the after work crowd shows up. They usually quickly buy something to cook that evening, but sometimes end up chatting for an hour or more. Apart from a nice array of fruit and vegetables and more common articles, there are also more unusual organic foodstuffs. Recipes for young and old or


tips and comments for the upcoming lunch menu are exchanged. The cook has by now finished up his shopping. Some of his artistic work is exhibited in the display case out front. Even before the organic store moved in, the garden was a beloved meeting place: the owner of the former clothing store would invite his customers over for coffee and cake. Once a lady who used to be a cashier at the clothing store came into the organic shop. Mrs Groschupp is unhappy about the plans to build a streetcar terminus at her doorstep. If they stored the streetcars here between runs they would block off a significant portion of the street space, she believes. And with that, any and all potential to create an attractive streetscape would be obstructed. She would like to see a block party here organized by all the shop owners and residents – one that is open to all the foreign residents. She hopes this could grow from year to year and even attract people from outside Lichtenberg. Petrol Station With a View EXTERNAL RESEARCHER: Amandine Descamps (see description above) LOCAL EXPERT: Mrs Winter (name changed as requested) was born in 1964 and spent her childhood in Prenzlauer Berg. Today she lives in Hellersdorf. She studied horticulture, but after the Berlin wall came down she spent four years working as an insurance agent and was constantly on the move. 20 years ago, her husband signed a lease to rent the Aral petrol station, which is how Mrs Winter went from spending a lot of time in the car to running her own petrol station. The Aral Petrol Station is on the southern side of Frankfurter Allee. Seen from the neighbourhood across the street, it looks like a brightly lit blue appendix to the newly renovated Q216 building. If you want to get there on foot, you either have to use the subway tunnel, or take your chances crossing the six-lane motorway. «I’ve known some of the customers for 20 years», Mrs Winter explains. «Regulars are particularly important for a petrol station. They are the alpha and omega of its existence, regardless of its location, because there are just so many 221 others.» That applies to the Winters’ petrol station as well despite its assumingly profitable location between the city centre and an important highway east of Berlin. A number of the regulars come from the neighbourhood north of Frankfurter Allee. There aren’t many customers from Q216 since many of the residents are students or on welfare, and the prices at the station are too high for them. But they don’t all only come from the neighbourhood. Those in a rush on the highway are also her customers. Whether they are manual labourers, salesmen or truck drivers: they fill up here and order a bratwurst for lunch before hitting the road again. The Frankfurter Allee is an important East-West route between Berlin and Russia via Poland, and the Aral petrol station in Lichtenberg is one of the many stops along the way. Due to the proximity of the Polish border, they are often faced with the problem of stolen cars and have to call the police. All of the employees have been here a long time, and if one leaves, Mrs Winter says that it is usually due to personal reasons that complicate working in a three-shift system. The petrol station is an informal meeting point for lonely people. Mrs Winter sees a parallel to the former mom and pop stores: «That’s where those who weren’t invited to Christmas parties met up.» The petrol station is open 24 hours everyday. Pensioners who used to work

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in the area meet here for coffee. In the past, Mrs Winter used to go shopping over on the old Frankfurter Allee. There used to be a store that sold housewares, she explains, and high-quality shoe and clothing stores, but they have since disappeared partly because so many shopping centres with a much broader assortment of goods have sprung up in recent years. The shops on Frankfurter Allee don’t interest her anymore. It’s not a lively street these days, she says. Urban Narrative: Scenes from a Street Some say Frankfurter Allee isn’t interesting anymore – others find its international flair inspiring. A few hope for more shopping variety, while others for a nice café. Many are social, while others keep to themselves. The diverse opinions on this place leave room for interpretation – and for ideas. What would happen if one day something occurred that brought all the interviewees together? What possibilities might open up? In this story, we reassemble the views of the local experts to create new narratives: some that could happen anytime and others that sound more improbable. Or maybe not? The «Scenes from a Street» story describes an event in the year 2015 – and how it came to be. Perhaps.

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Prologue: Traffic Jam Characters: streetcar, cars, bicyclists and pedestrians There’s heavy traffic on the old Frankfurter Allee: all the parking spaces are occupied, and a number of cars are double-parked. A car turns at the intersection and stops briefly. The bus behind him can’t get around because at that moment the streetcar glides around the corner. The bus collides with the car, which jack knifes into another automobile. The situation is total chaos… 1st Scene: An Accident Characters: streetcar, cars, bicyclists and pedestrians. A delivery truck is driving along Frankfurter Allee. Suddenly, the car in front of him slams on the brakes and the driver veers right running into a group of Italian tourists on bikes. One of the bicyclists is thrown from his bike and lands in the bushes next to the subway entrance. The owner of the Imbiss next door sees what happened and rushes over to help. No one is hurt, but a heated discussion ensues: The Italian bicyclists and the Turkish driver can’t understand each other. The Imbiss owner helps translate and invites them over to peacefully discuss the situation in his restaurant. Everyone agrees. 2nd Scene: The Birth of an Idea Characters: everyone from scene one plus (by coincidence) some other store owners who heard the noise. During lunch, the commotion dissipates and the eclectic group is getting along well. The cyclists were on their way to Boxhagener Platz, but now ask if there is a market like that around here. The owner of the bike shop shakes his head and says: «We don’t even have a Christmas market here. Unfortunately.» The owner of the organic store agrees and adds that she has often dreamed of using the street for more than just parking, for example by organizing a block party. In the meantime, the carpenter has joined the group and offers his support: «We could try something like that», he says. A conspiratorial core group is formed, and they begin to meet regularly – over lunch, each taking turns cooking. The neighbours are informed little by little, funding is organized and more supporters join the group.


3rd Scene: Block Party Characters: EVERYONE (in the summer of 2015) And finally the day has come: the first FAN festival is underway. Almost all of the shop and building owners have contributed something. And the atmosphere changes completely during the set up: Parking spaces become market stands, a string of lights is stretched along the length of the entire street. The bike shop owner and the carpenter build a temporary BMX course: both think that there is a lack of recreational space in the neighbourhood. The bars and pubs set up tables on the sidewalk. The florist offers her services in floral design. The street fills up with curious pedestrians and neighbourhood residents. Even the long-term residents are surprised by the sudden variety. We notice the following side scenes: The Schlemmergrill is offering Russian food and cooking lessons. The owner of the Bulletshop and his Vietnamese neighbour are preparing organic fruit for a smoke. The pharmacist and the owner of the organic store are planting medicinal herbs in the garden. The beautician paints funny masks on kids’ faces while the employees of the hair salon «Style Pur» are putting the final touches on a few old ladies across the street. Outlook: Continuation Characters: some of our protagonists and a few newcomers The exchange of local specialities at the Schlemmergrill turns into a language lab. Neighbourhood-specific recipes are developed, making its residents proud. And birch trees have been planted to make the corner more attractive. The temporary half-pipes built for the block party were just the beginning. Both men enjoy working together to sportify the area and transform the empty lots near the Q216 building into a recreational facility with a climbing wall. The pubs, shops and Imbisses start using the outdoor space more and more, turning the Allee into a lively square – with free WiFi for everyone. The tailor offers decorating courses and sewing workshops at the coffee shop. An urban gardening culture develops along the street, and new connecting routes to Q216 are created under the bridge and through the subway tunnel. 223 Instead of a conclusion An excerpt from a speech given at the film screening at the 2014 Long Night of Politics by Wilfried Nünthel, Councillor for Urban Development, Lichtenberg Town Hall. «A group of students from the UdK worked on a project focused on the old Frankfurter Allee. The task was to go there and find conversation partners. Since they went there mostly during the days, these were primarily those who worked in the area – not only the business owners, but also their employees. And it was very interesting to see what emerged from these conversations. Last night, the project’s participants presented their research to us – and I must say: they succeeded in providing a very emotional glimpse of a neighbourhood, the city’s current situation and in some respects its future development. They were charged with not only documenting the stores and taking inventory of how they look, but also with sparking up discussions with the people they encountered there to experience what it is about this place that is so unique to them, what they would like to see changed and in which direction. A lot of insight was gained, more than I can reciprocate here – but here something of interest: There is an Egyptian hookah shop on Frankfurter Allee, well-known

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throughout Berlin and very successful. The owner – who doesn’t know any better – goes to Neukölln for lunch because he thinks there isn’t anything to eat in the area. (Laughing) But in his immediate vicinity is an Armenian-run restaurant, and a man from Turkey runs another restaurant nearby. There are also some strange locales, like the four ladies mostly from Marzahn who together run a bar that’s open 23 hours a day, seven days a week, and so on and so forth – I can’t go through the entire list right now. In any case it was very – well, I’ll just say moving to experience what happens when someone from someplace completely different shows up and takes the time to talk with the locals and those who work in the area. And the whole of this is summed up in a short film, telling a story, which we would like to show you all.»

Stadt (be)setzen: Picknick urbanismus [occupying/setting up the city: Picnic Urbanism] External Researchers and Local Experts meet this time on a picnic blanket: The informal occupation of public space provides the motivation and opportunity to think about its obvious and hidden qualities. An intervention influenced by the insight gained during the discussion follows, which in turn becomes part of a larger presentation in an open-air gallery.

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The Seminar STADT BE(SETZEN) [occupying/setting up the city]: PICNIC URBANISM took place during the 2014 summer semester at the lived/space/lab at the UdK Berlin. Studio Coordinator: Saskia Hebert Project Assistance: Justus Menten Participants: Sarah Bäcker, Noemi Barnet, Pola Buske, Francisco Castanheira, Anna Derriks, Carole Deslous-Paoli, Maja Dika, Jacob Fisher, Anja Fritz, Miriam Kadel, Julia Klauer, Justus Klaus, Irene Kriechbaum, Belén de Pedro Pasamar, Sebastian Perez, Jana Tost, Bruno Torres, Albane de la Villegeorges Local Experts: Ute and Arthur from Café Maggie, Andi from WiLMa19, Mrs Fritzsche, the owners of Café Pinut, Manuela Zeumer from Casa Nostra debt counselling, a number of anonymous residents of Lichtenberg and an iguana, Sebastian the chef, Bettina and Hedwig Ulbrich, as well as Catarina and Elisabeth who are newcomers to the area. With the kind support of: The district of Lichtenberg – Department for Urban Development, Councillor Nünthel, Nora Mertes, stattbau, Anke Strauss and the Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin. 90

Sites 01 Picnic and intervention at a «non-place» at the corner of Frankfurter Allee and Alfredstraße, translation: page 225 02 Picnic and intervention for the WiLMa19 on the grounds of the former Stasi headquarters, translation: page 226 03 Picnic as a walk «throughout time» and an intervention at the entrance to the former cemetery on Ruschestraße, translation: page 228 04 Street picnic and deceleration exercise on Fanningerstraße, translation: page 229 05 Picnic and Intervention «Volkspark Lichtenberg» at the intersection of Gudrun- and Hagenstraße, translation: page 230 06 Guerilla picnic and tea station on the traffic island at the intersection of Gudrun-, Gernot- and Fanningerstraße, translation: page 231


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«Open.Space.Search», picnic and intervention on the dog lawn, Gudrun- and Rüdigerstraße, translation: page 232 08 Apartment picnic and intervention on Freiaplatz, translation: page 233 09 Picnic and intervention «God’s Acre» at the former cemetery Gotlindestraße, translation: page 234 Method The picnic, a harmless and socially accepted form of temporary occupation, is the vehicle we use to spark up conversation with strangers: The External Researchers bring the food, the Experts bring their knowledge. They discuss the immediate and more distant surroundings, their qualities and restrictions, life in the Kiez, and quite often the speed at which everything is changing. After the picnic, a panoramic image of the picnicked place was created (see: SITES), offering a 360° view of the place and the properties that had been discussed. Afterwards, the students came up with temporary interventions for each place – with the goal of emphasizing the qualities discussed, adding new ones or simply encouraging imitation: appropriation is welcome!

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The picnics took place at nine meeting points selected mutually by the researchers and the experts (see page 90). The following interventions were created primarily at these sites and were presented during a public walking tour held on June 20th, 2014. The chronological order of this performative vernissage is reproduced here in the list of featured projects (01-09). 01 | Picnic at a Non-Place EXTERNAL RESEARCHERS: Carole Deslous-Paoli and Noemi Barnet are exchange students from Grenoble, France and Vienna, Austria. This is their second time in the district of Lichtenberg with the lived/space/lab. LOCAL EXPERTS: Ute and Arthur from Café Maggie (see below) A Non-Place for a Picnic At the corner of Alfredstraße and Frankfurter Allee, there is a small, undes225 ignated rectangular plot of land fenced in by a low, decorative wrought-iron fence. Why did we choose this inconspicuous place for a picnic? It is ambiguous for a number of reasons, a «non-place»: After being heavily damaged during World War II, post-war reconstruction along Frankfurter Allee transformed the area primarily through the erection of prefabricated housing blocks, the so-called «Plattenbauten». This corner is presumably a left over plot that didn’t fit into their grid. We want to uncover the story of this place. Our local experts, Ute and Arthur, run the Café Maggie, a self-organized youth café on Frankfurter Allee providing young people with a meeting place to pursue creative ideas, or put on concerts and readings. The Kiez kitchen offers inexpensive drinks and meals. Ute has been doing outreach work in the district of Alt-Lichtenberg since 2005. She is an ideal expert, in our opinion, because her work takes her to all the public spaces in AltLichtenberg where she encounters a lot of local residents. Arthur is studying to become a social worker and is currently interning at the youth café. Picnicking in the Rain Our plan was to occupy the space by «barbecueing». But it rained, heavily. We defy the rain with our umbrellas, a rug, drinks and popcorn – and our experts play along congenially. We ask them if they have a story of their own

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about this place. Arthur says: «A story about this place? That’s a tough one. I’ve never walked through here, or spent any time here otherwise, for that matter. I’ve always just walked past it. It’s on my way home between Maggie and the U-Bahn station. To be honest, I never even noticed it, despite the fact that I pass by it everyday.» The most visible use of the plot is an informal path created by the nearby residents in an attempt to save a marginal number of meters on their walk home. There’s a ventilation pipe in the middle of the grassy area as well as the dismal remains of an old telephone booth under a beautiful tree. Ute has no connection to this place either: Normally, she says, she wouldn’t want to sit or take a break here. But she laughingly adds that our special stopover has created a new connection between her and the site. Arthur tells us that there are in general almost no public places to rest or relax in the residential quarter – particularly for the youth. In addition, there are very few playgrounds or inviting seating accommodations. And because of that, they proclaim unanimously, this place has a lot of potential: «Open spaces are good for a Kiez. You need open spaces to encourage outdoor public use. Lichtenberg has some, but they could be much more inviting. Places that the residents don’t simply walk past.» The mix of pre-war and 1960s residential buildings plus more recent singlefamily homes gives Lichtenberg its multifaceted nature. There are diverse initiatives trying to positively redevelop the district, Ute explains to us. «The people here are fighting against Lichtenberg’s right-wing image. It’s already changing, though, due to the increased amount of families and students moving here. New residences and the redevelopment efforts have made the district much more attractive, and it’s still more affordable than say, Prenzlauer Berg.» Ute looks up and suddenly cries out: «There are shoes hanging in the tree! At least seven pairs! Someone has already given this place a story.» The site’s character seems to improve the longer we stay. But as the second ambulance siren fades into the distance it becomes more difficult to believe in its potential: the Frankfurter Allee is a loud street, all day long. Is it ever attractive here?

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Obviously Invisible In the springtime, the empty lot is overgrown with plants and a wonderful meadow emerges. One could almost forget the loud street. Normally key to a good picnic site is an idyllic setting. That’s not the case here: the spot’s qualities aren’t felt by anyone, which is why we create an informal entrance gate for the inconspicuous plot in our intervention. Making the apparently invisible visible again is our attempt to transform this transitory space into a place to spend time. We also install temporary seating accommodations and a free book exchange in the former telephone booth – as a start. 98

02 | WiLMa 19 or: How a Building Finds a Group EXTERNAL RESEARCHERS: Pola Buske and Anna Derriks study architecture at the UdK Berlin. LOCAL EXPERT: Andreas Neumann, future resident of WiLMa 19 – the abbreviation stands for «Living [Wohnen] in Lichtenberg Magdalenenstraße 19,» a housing project of the alternative cooperative housing agency «Mietshäusersyndikat». Andi is currently working on his thesis project in geoecology and participates in a number of political groups. He is a member of the FAN advisory board for Frankfurter Allee Nord, for instance.


Picnic at «WiLMa» The blanket is spread out, the food served and the birds are chirping as Andi rolls into the courtyard on his bike. He seems pleased to see us, and the picnic. Andi is a tall, sporty guy with an open-minded gaze. Later he tells us his age: «I’m 29, which is pretty much exactly the group’s average.» The group he’s speaking about is the future residential community of WiLMa 19, a house project on Magdalenenstraße in Lichtenberg. The community is comprised of about 60 people from all age groups and with very diverse ideas of how life in the house should be. The building itself wouldn’t qualify as anyone’s dream home, and it requires quite a bit of imagination to conjure up what living there will be like in the future. It’s a Plattenbau and was originally the Stasi’s office for information analysis – part of the former MfS headquarters complex. In 2012, the building was put up for sale. A group quickly formed and a long repurposing process began: «We’ve been drawing plans of our dream house since then. But they handed the keys over to us just recently, in May of 2014.» That was the kick-off for the renovations and for their settling into the neighbourhood. Up until now they’ve primarily been in contact with the local political associations: Andi is a member of the FAN advisory council for Frankfurter Allee Nord. With the rest of the residents here, however, they’ve had comparatively little contact. «It’s difficult, of course, to work on a lasting connection with the neighbourhood and the locals at the moment, because we’re just building all the time. To them, we are a noisy nuisance. Coming into contact with one another on this issue is certainly not the most conducive way to create a positive relationship. However, most of the people who have stopped by were incredibly open and have told us how happy they are that this vacant building is going to be occupied again. They’re happy someone is building here and has plans to help redesign the neighbourhood.» And in fact, there are plans to include the rest of the neighbourhood in the project: The ground floor of the building will have both office space for political initiatives and flexible spaces for future uses, and the garden will be open to the public as well. But the barrier between private and public still has to be defined: «It’s not clear at the moment. At some point we need to more clearly delineate between the private and public areas. This is an issue for a lot of house projects who explicitly offer a public area, and it is sure to be an issue for us, but we 227 haven’t gotten that far yet.» The roof has, however, already become a favourite spot: we get the feeling that the group has already occupied this place with its presence up here. The courtyard, on the other hand, is more complex and there are a lot of developments that need to be managed. «We were given a framework plan for the renovations in which the inner courtyard is to be gutted and turned into a green space within five years.» This makes it more difficult to develop new plans. The Hanging Gardens of Lichtenberg The garden is a priority for our interviewee, and the district as well would like to see the greening of this space take place within the next few years. At the time being it is covered in asphalt, which is neither conducive to lounging around nor to the creation of a garden. With our intervention – two mobile gardens created from recycled building materials – we take this as our starting point to give a sense of what the future courtyard could possibly become. The planted furniture we designed could be rolled out onto the street from the courtyard and back again. They were intended primarily for the building’s residents, but once on the street, a neighbour can just as well pluck a sprig of Thyme or sit down to take a


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short break. In this way, we aimed to further the future housing community’s adaption to their new home and neighbourhood. 03 | Lichtenberg Throughout Time EXTERNAL RESEARCHERS: Belén de Pedro Pasamar and Albane de la Villegeorges are Erasmus exchange students in the architecture programme at the UdK Berlin. Belén is from Barcelona (Spain) and Albane from Paris (France). They were not familiar with the prejudices some Berliners have toward Lichtenberg. And because of this, they found what Mrs Fritzsche had to say particularly interesting. LOCAL EXPERT: Dagmar Fritzsche has always lived in Lichtenberg. She is 65 years old and could have chosen to live elsewhere, but she really likes Lichtenberg and is not planning on moving anytime soon. A Walk with the Local Expert Mrs Fritzsche’s father grew up in Lichtenberg, and her mother moved here from West Berlin to be with him. Mrs Fritzsche got married here as well, but later divorced. Lichtenberg Town Hall, where both events took place, holds a lot of memories for her. Today, her daughter lives in a small city in Western Germany. She’s not a big fan of Lichtenberg, quite the opposite of Mrs Fritzsche herself, who would never want to live in that small town. She is very active in the district and is quite knowledgeable of past and future developments.

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The Past We took a stroll together, starting at the former Stasi headquarters. She remembered the times when the public wasn’t permitted access to this area. To be honest, she liked life in the former GDR, she says. The only time she felt restricted was when her grandfather passed away in West Berlin: there was no way to go to the funeral. But otherwise, she says, she never felt the need to leave the district. In her opinion, the only ones who suffered under the dictatorship were artists who wanted to travel and doctors who couldn’t get the medicine they required. The Present Mrs Fritzsche thinks it’s a pity that so many have a negative impression of the GDR: «We miss the discipline that we used to have. Look at the youth today: they don’t wake up until noon…» That’s why she now tries to actively help improve life in Lichtenberg. Everyone has a say in the district and can change the way things are. The Future Mrs Fritzsche spoke to us about different projects that the district’s development office would like to promote. Because the population of Berlin is ageing, they are in support of a residential project encouraging young and old to live together so they can help each other out. And on top of that, there are initiatives to redesign the parks and provide better lighting. She particularly likes the former cemetery on Ruschestraße, which has since become a park. But walking there alone at night is still a little scary – in particular due to the lack of appropriate lighting. Building, Walking … and a Short Break: We weave a kind of gate and a hammock out of rope at the entrance to the cemetery to make it more inviting.


04 | Street Picnic EXTERNAL RESEARCHERS: Julius Klaus and Maja Dika study visual communication at the Berlin University of the Arts. Julius is specialising in visual systems and Maja in new media. Both are interested in developments in the urban space, which is why they decided to participate in the «Stadt (be)setzen» seminar. LOCAL EXPERTS: The owners of Café Pinut moved to Lichtenberg from Friedrichshain ten years ago. They were in need of a more spacious apartment after the birth of their first child. They opened their café in the Kiez in November 2013, and have come to regard it as a public living room. Picnic at Pinut While exploring the Frankfurter Allee Nord Urban Redevelopment Zone, Julius stumbled across the café while a concert was taking place. The owners immediately showed interest in the «Stadt (be)setzen» project. Their personal goal for the café is to improve the urban space with its presence while bringing the neighbourhood closer together. During our picnic on the sidewalk in front of the café they told us that they – much like many other young families – moved here from Friedrichshain ten years ago and have been witness to the numerous changes taking place. In the beginning, they felt out of place. But since then an increasing number of young people and young families have changed the appearance of the neighbourhood and created a more pleasant atmosphere. They have also noticed that a lot of people in search of more peace and quiet, or those priced out elsewhere, have moved here from nearby, hipper Friedrichshain. Because there were almost no informal meeting places in their neighbourhood, they opened Café Pinut in November 2013. «I am completely convinced that it will look much different here in two to three years. I believe there is a lot of potential. It’s just difficult in the beginning.» The small café quickly became a beloved spot for neighbourhood activities, due to its very central location in what we have labelled the «corridor» of the residential neighbourhood around Fanningerstraße. An extended living room for its owners, the café is a place where its guests can decelerate, where you feel welcome and can relax. It has also brought its owners into closer contact with their immediate and even more distant surroundings. During our picnic, we noticed they knew and greeted almost everyone walking past. «It didn’t use to be like this. The same people were here, we saw them, 229 but we never really noticed them individually.» For example, the residents of the building they are in regularly meet together in the café. They’ve become active as a group and have since applied for funding to renovate the courtyard and organize a house party. About their motivation to support such projects, they add: «If no one else is willing to do it, then we are happy to». They remain critical of the general lack of places conducive to lingering: a lot of people rush right by the café without stopping or slowly down. In their hopes to improve the Kiez, they wish for a nice restaurant, where one could drink a nice glass of wine, and an ice cream shop. But a lot has happened already: «In the last few months we’ve become aware of the social responsibility that we’ve acquired since opening our doors.» «That sounds so old-fashioned, doesn’t it?» «No, it’s not old-fashioned – it’s just that a few people have stopped by and told us how great it is that someone has finally opened a place like this!» Deceleration Intervention In order to create a peaceful zone in front of the café, and aided by the stencils we created, we labelled the sidewalk with chalk markings.

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05 | Volkspark Lichtenberg EXTERNAL RESEARCHERS: Francisco Castanheira is from Portugal and has been pursuing his master’s degree in architecture in Berlin for the past year. He also participated in a seminar at the lived/space/lab last semester. Julia Klauer is a master’s student in visual communication. She’s been fascinated with temporary architecture in the urban context for quite some time and was looking forward to the picnic with a local expert. LOCAL EXPERT: Manuela Zeumer heads Team Ost [East] of the Casa Nostra NonProfit Association for Integrative Help in Lichtenberg. Casa Nostra – Our House The Team Ost of the Casa Nostra Non-Profit Association for Integrative Help in Lichtenberg currently advises 60 clients who are in need of an apartment. Manuela Zeumer and her co-workers are not only concerned with finding apartments or a place to sleep for their clients, but also with rectifying the decisions that led them to this situation and with encouraging the development of the individual skills and talents of each of her «boys» and «girls», as she calls them. She doesn’t regard herself as a local institution, but during our picnic the strong connection her clients feel toward Mrs Zeumer became very obvious to us. We sat down at a picnic table in a small yard directly in front of their consulting office, chatting under two large trees and surrounded by a wrought-iron fence. Pedestrians and clients walked by now and again, greeting us or asking for some quick advice. The space was formerly a beer garden and is now used by the Casa Nostra team every week when they set up the tables and give away coffee and cake while playing interactive games. «It’s rather spectacular: we stop concerning ourselves with social work and just tell stories. Once in a while an elderly man or woman stops in awe of the 15 or so people sitting together here, who have all lived through some pretty terrible things. And because the coffee’s free, they sometimes take a seat and join the conversation.» That makes her happy, because one of the things that Manuela is critical about is the predominantly ageing population of the district. Despite the fact that Lichtenberg is becoming increasingly interesting for young families, the senior population and their lack of openness still prevails – both in regards to the socially deprived and the new younger residents. The elderly don’t want to share their neighbourhood, says Mrs Zeumer, and their distant behaviour is often founded on prejudice: «After the fall of the wall, the population of East Germany was told that everything they knew was bad and a lot had been done wrong. The ignorance toward new neighbours gets stronger when new families – who may even be from West Germany – begin moving into their neighbourhood and taking over. «The new residents often are not aware of this sentiment. There is no place for the different generations and groups of people to meet and get to know each other. … Politically speaking, this new influx of people is desired, but there are no flanking manoeuvres being pursued to encourage peaceful coexistence. Lots of individual groups have their own meeting places, but there is, for example, no weekly market where the entire Kiez can meet. Changing this doesn’t necessarily require building new places to meet. Simple actions that have a low threshold for participation, where the residents don’t have to go out of their way or comfort zone could work.» The New Volkspark Lichtenberg We find it remarkable that such actions are already taking place every week in that small front yard, where an elderly citizen might allow a young punk to refill his coffee. We would like to encourage such informal meetings with our intervention and develop a game for all age groups, build a swing and invite everyone to the new «Volkspark» Lichtenberg.


06 | Guerilla Picnic EXTERNAL RESEARCHERS: Jacob Fisher is in the 11th semester of his architectural studies and has lived in Berlin since he was 16. By participating in this project, he was able to gain a new perspective on the city and its citizens. Bruno Torres is a 6th semester architecture student and has lived in Berlin for the last three years. He was particularly excited by Ralf and Jenny’s interest in the food they brought for the picnic. LOCAL EXPERTS: Ralf (50), is a driver for a handicapped transport service, Jenny (11) is a schoolgirl from Marzahn, Udo (around 30) is a fire fighter and owns an iguana, Peter (40) installs tiles part-time and Detlef (55) is a man of independent means (their names have been changed, and their ages are estimated). Spontaneous Traffic Island Picnic Instead of setting up a fixed date ahead of time with our local experts, we decided to stage a «Guerilla Picnic» on a traffic island. Our hope was that those walking past would spontaneously decide to join, thereby becoming our local experts. Upon arriving at the traffic island on the corner of Gudrun- and Fanningerstraße, we found a plastic parrot lying on a public bench. It became our good luck charm. Shortly after we began picnicking, an older man walked past with a child. The man’s name was Ralf, he was 50 years old and asked us if we were opening a new street Imbiss. We told him about our project and invited him and his companion – the 11-year old schoolgirl Jenny – to join us. Ralf told us that Lichtenberg even extends past the railroad embankment. He has lived here his entire life and accordingly knows his way around. He says hi to Detlef, an acquaintance, passing by. Detlef didn’t want to join us or have his picture taken. Although he was meeting his wife later for lunch, he was on his way to the grocery store. Just then a tattooed fire fighter named Udo appeared and showed us his iguana. We took a «family portrait» together. Udo was on the way to the veterinarian with his iguana and couldn’t stay long. Apparently, Ralf is a well-known neighbourhood figure, at least to those who walked past our picnic spot. After Udo left, a man on a bike named Peter stopped by. He did not want to be photographed either. Peter ended up staying the longest and told us a lot about his son and his ex-wife. He seems happy not to have to pay his ex-wife any alimony – he doesn’t earn that much – and thinks it’s absurd that he should have to pay a fine for feeding 231 the ducks on the Spree River with his son. The bus station has been located here for about a year, says Ralf. Before that, there was a glass recycling container. It has since been moved to a recycling centre nearby, which is why most of the residents here no longer separate their trash. The streetcar zips around the corner and down Gudrunstraße. Since the bus stop went up, the authorities have been controlling the parking a lot more. There aren’t many pedestrians here. Most of the residents own cars. Most of them are senior citizens. There are places to shop right here in the neighbourhood. Guerilla Tea Station Lichtenberg The success of our guerrilla picnic and the fact that a fountain exists on our traffic island led us to dedicate our intervention to future spontaneous gettogethers in the public space. To the pre-existing elements at the site, we add a few stools, a teapot, a variety of teas and a camping burner. The tea station stools surround the park bench. The images show the instruction manual, the set-up and use of the tea station.

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07 | Open.Space.Search EXTERNAL RESEARCHERS: Sarah Bäcker is from the Ruhr Valley, Irene Kriechbaum from Austria. Both are Berliners-by-choice and master’s students in visual communication at the UdK. They looked forward to a pleasant picnic and Sebastian’s stories about his Lichtenberg. LOCAL EXPERT: Sebastian is originally from Marzahn but has lived here for quite some time. He works as a cook at the organic food store «NaturPur» on Frankfurter Allee.

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Picnic Lawn We spread our picnic blanket on a triangular plot of land between Gudrun-, Kriemhild- and Rüdigerstraße. The grass is out of control. A free, open space between the cemetery, the train tracks and the residential blocks. There used to be signs here designating the spot as a protected green space. According to the sign «the land can only be used in accordance with its specific nature and intended purpose» (§ 6, GrünanlG). Among other rules in this paragraph is the stipulation that all dogs must be on a leash. The vigilant neighbours made sure that everyone followed the rule, and no unleashed dog escaped their watch: the authorities were immediately informed and forced to take action at the scene of the crime. Tired of the incessant complaints, a more pragmatic strategy was devised: the sign was removed. What remains is an undefined place, open to all sides. Free SPACE «I really like our picnic site. The streetcar tracks and the Frankfurter Allee act somewhat as a protective barrier and almost no one walks by…It’s like an island, an oasis.» Sebastian, our local expert, is originally from Marzahn and has lived in the neighbourhood for the past seven years until his building was sold to investors and turned into condominiums. That’s when he moved to Friedrichshain, in the opposite direction of the more common trend these days. What he left behind was a bit of freedom: «In my old building, the people weren’t particularly warm, but no one caused any trouble. Then the apartments were sold off. I knew that my idyllic courtyard paradise with the swinging seat and apple trees was about to change. It was beautiful. The swinging seat in front of the organic store, you know the one I’m talking about? I didn’t know what else to do with it, so I brought it over to the store.» Even today he’s drawn back to Lichtenberg every day: The store he is speaking about is the organic shop «NaturPur» on Frankfurter Allee, where he works as a cook. He used to be just a regular customer and now he transforms vegetables and herbs into innovative soup creations. This is where we met for the first time. «Friedrichshain is too dense. And there are too many hipsters. That turns a lot of people off, many of whom have moved to this neighbourhood. In this area, the apartments are nicer and have high ceilings. It’s more bourgeois than say Weitlingkiez, where the apartments were built for the working class.» Sebastian has experienced first-hand the changes to the neighbourhood in the past few years. He views the increase of people moving here as a positive development because it helps to change existing prejudices about Lichtenberg. But at the same time it hasn’t gotten too much attention, and has therefore remained intact. The change has opened new doors and people are moving here who are much more open-minded. «You need courage to start something new here. And then others might follow. We have to remain flexible. If things change, we have to adapt as well – or risk something.»


Inside-Out The topography of our picnic site is characterised by holes in the ground dug by numerous dogs over the last few years. Almost completely hidden by the tall grass, the holes are sometimes as deep as 60 cm and spread out over the entire lawn. In our intervention we made casts of some of these holes and placed the negative forms beside their corresponding counterparts. Utilizing these casts to record found traces helped us tell the story of this place. By inverting the dog holes into dog hills we aim to visually illustrate how this place was used. The white mountains rise above the grass: an open invitation to sit down and rest for awhile. The dog lawn is an incredibly communicative place. Local dog owners meet here and chat. About their dogs, life in the Kiez and of course about the future of the lawn. What unites them is the concern about losing this small strip of freedom. With our intervention, we aim to highlight the pre-existing qualities of the site. 08 | Writing on Freiaplatz EXTERNAL RESEARCHERS: Miriam Kadel studies visual communication with a focus on the design of visual systems at the UdK. She is interested in all types of interdisciplinary collaborations as well as everything that has to do with design. Sebastian Perez is a guest student at the UdK and originally from New York. He studied economics and jazz guitar, and in the fall he begins an interdisciplinary master’s program at the CUNY Graduate Center in New York City. LOCAL EXPERTS: Bettina Ulbrich has lived in Lichtenberg for a long time, and she also has a very established working relationship with the district: until 2014 she was assigned as a regional coordinator for the District of Lichtenberg . Her mother-in-law, Hedwig Ulbrich, has lived here since the 1950s. Apartment Picnic A severe weather warning and high winds over Berlin and Brandenburg: The skies on May 28th are not cooperative and threaten to put an early end to our picnic plans. The scent of the quiche in the picnic basket wafts through the air as it starts to rain cats and dogs. We continue to walk down Frankfurter Allee regardless of the storm. Luckily, our local expert calls just in time to offer up her (dry) kitchen as an alternative spot for our picnic. Bettina Ulbrich welcomes us to her cosy pre-war apartment in the vicinity of 233 the Lichtenberg City Hall, where she works as a regional coordinator. We set the table as the doorbell rings. It’s Hedwig Ulbrich, Bettina’s mother-in-law, who spontaneously joins our «apartment picnic.» The Canadian language student living here at the moment joins us as well and explains that even though he’s already been jogging in Grunewald, he’s hasn’t seen too much of Lichtenberg. «There’s no cinema here any more, and to be honest a lot of places that used to be here are gone. There isn’t much to do in Lichtenberg but stay home.» But there is actually more cultural and social activity than you might at first think, explains Bettina. She knows a lot about the projects and events taking place in the Kiez: it is part of her job to be in constant contact with many social and cultural actors here, and she supports citizen participation within the context of urban planning initiatives. One of the problems, as she explains, is that a lot of people simply aren’t aware of these initiatives or of the fact that they can participate in them. The community centre, which has created a large network with a variety of institutions over the years, is located a bit out of the way, and for outsiders it’s not easy to figure out how to take part in the events going on. But there are a number of innovative projects: for example a participatory budget and an online platform for comments and suggestions from residents and the

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FAN advisory council, which has given people from the area the opportunity to take part in larger urban planning processes. «We try very hard, but almost everything is decided from higher up the food chain. We need to establish a better bottom-up approach.» We move on to coffee and cake as Hedwig Ulbrich tells us about what life used to be like here. When the kids were young, she explains, there were a lot of neighbourhood gatherings here, and laundry or bike rooms were often transformed into party spaces. Everyone met to clean up the green spaces together, but they’re too old now, and without the kids there aren’t many reasons to get together anymore. «At the most, there is only one young resident per building. A student just moved into my building, and there is a young lady who I had never seen before, but who has been living there for three years.» Increasing rents in Friedrichshain have made Lichtenberg much more attractive for young families. But there isn’t much interaction here; neither between the different generations, nor between the «original» residents and those who have moved in recently. «I always think it’s funny when someone leaves something near the garbage cans that’s still good, so that someone else can take it. Unfortunately, neighbourly interaction rarely goes past these small gestures. If there was some kind of central meeting place where people could get together – that would be nice. People need a concrete topic, something that’s not too abstract.» Bettina tells us excitedly about a variety of projects in the public space that she’s seen in other cities and asks if we would like to stay and drink a glass of red wine. On our way home an hour later, we are thankful that the rain provided us with more time to talk with Bettina and her mother-in-law. Writing on Freiaplatz Freiaplatz is a place where the paths of many individuals meet without crossing. Our intervention was an attempt to concentrate the communicative potential that exists here at one specific point. The medium we chose to accomplish this was a typewriter. By utilizing the typewriter, everyone passing by was given an opportunity to leave a message for someone else. And as an added effect, the participants might come into direct contact with one another. Shared experiences are thus created out of chance encounters.

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09 | God’s Acre (the graveyard) EXTERNAL RESEARCHERS: Anja Fritz studies architecture and Jana Tost visual communication with a focus on photography and film at the UdK Berlin. They got to know Lichtenberg through their project, developed a fascination for their picnic site and met two wonderful experts in the process. LOCAL EXPERTS: Catarina and Elisabeth who are relatively new to Lichtenberg. Unfortunately, Elisabeth’s elder brother, who is seven years old, couldn’t join the picnic. The family has lived in a residential development on Kriemhildstraße for the past two years. For their substantial support in the realization of our intervention «God’s Acre», we would also like to thank the Lichtenberg District Office’s gardening apprentice program. A Picnic at a Former Cemetery After speaking with our expert for the first time on the phone, it was clear that our picnic site would have to meet the safety requirements of a young mother: children should be given the necessary freedom to occupy themselves within clear boundaries. Thinking that an actual playground would be unfitting to this project, we went on a hunt for an alternative and eventually found the former cemetery on Gotlindestraße. The last time anyone was


buried here was around 1960. Part of the grounds is used by a plant nursery. The site is still completely surrounded by the old cemetery wall, but open to the public all day long. Some residents use it to let their dogs out or take walks – but it seems that no one spends an extended amount of time here. This quiet and safe place, we thought, was perfect for a meeting with our expert. Catarina, who until recently lived in Friedrichshain, belongs to the new generation of Lichtenbergers. «The families in Friedrichshain are all starting to move to Lichtenberg. It’s true! Almost everyone I know. It’s close enough that you’re still connected to everything you know, and especially if you have more than two kids you can’t afford an apartment there anymore.» After eating a generous portion of cake and other snacks, Elisabeth, her two-year old daughter, sets out to discover the surroundings on her own. It is amazing how naturally she embraces the site – boredom no longer stands a chance. The little girl takes over the natural setting, just as it has taken over the former cemetery. Her height means her field of view is focused on things like plants or small holes in the stones. Even Catarina, who thinks there is a general lack of playgrounds in the neighbourhood, begins looking in more detail at the unfamiliar surroundings: «The nature in this place is really something special. On the other hand, you don’t want to give visitors the impression that this is a scary meeting point for strange and dodgy types.» From Elisabeth’s unbiased perspective, there are more important questions. Catarina plays along: «Oh these blue blossoms are really pretty – do you think they’re Veronica flowers?... A lot of flowers are edible, like dandelions and daisies, among others. They are often more aromatic than many herbs!» And then Catarina adds: «Blow on it, then tomorrow a hundred new dandelions will be growing here!» Buttercups, Star of Bethlehem, Veronica, Dandelions, Daisies, Stinging Nettle, Lily-of-the-Valley, Forget-me-nots God’s Acre A lot of plants we consider weeds are in fact valuable wild herbs. When collected and prepared at home, they offer a healthy and affordable alternative to an everyday meal. We filled the old cemetery watering troughs with earth, replanted the wild 235 herbs growing here and labelled them with informational signs. We also collected a number of recipes that use wild herbs and prepared some of them for our final picnic together – using ingredients plucked on site. Conclusion The picnic – a minimally invasive method of appropriating space – is well suited to test the pre-existing and potential performance of a place, to take in its atmosphere and talk about its future potential. Preparing and bringing food made getting to know those we met along the way much easier, and they proved to be incredibly flexible and open to adapting to the given situation. Different interpretations of each respective local context led to very different interventions: These in turn changed a space’s performative potential as well as its appearance and character – if only for a short time. Everyone who attended the open-air gallery vernissage with all the different interventions was surprised at how much potential was discovered – and how many new perspectives had been developed.

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Stadt (ver)handeln: ein Wertediskurs [negotiating/acting in the city: a discourse on value(s)] How does one judge the value of an urban site? Is our appreciation of everyday, urban spaces declining in times of increasing land and property prices? We need to talk: about the practical use, the aesthetic and other relevant qualities of public space as a «common ground» of our emancipated urban society. The seminar STADT (VER)HANDELN [negotiating/acting in the city] took place during the 2014/2015 winter semester at the lived/space/lab at the UdK Berlin. Studio Coordinator: Saskia Hebert Project Assistance: Sarah Bäcker, Irene Kriechbaum Participants: Alessandro Cugola, Felix Deiters, Maria Dovris, Mattias Floxner, Mario Gundersen, Sarah Kästner, Denny Krienke, Charlotte Lenger, Constance Leurent, Diane Selma Penrad, Katri Ståhls, Lisa Steude, Zuzana Tabackova, Sara Tawfiq, Jack Taylor, Olivia Vigneron, Yang Yu, Miriam Zenk Local Experts: See the projects on the following pages With the kind support of: Council for Urban Development, Deputy District Mayor Dr. Prüfer, Stattbau GmbH, the Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin, Anke Strauss, Anja Weber

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Sites Long-term observations were conducted at specific spots in the city, first designated on a map and then later with chalk circles at the sites themselves, to uncover the atmospheric, performative and utopian potentials of each site. Interviews with pedestrians were conducted and the atmospheres, activities and situative events mapped in order to differentiate between and discuss the particularities of each site. The researchers were allowed to choose the setup for their observations themselves: It was up to them whether they positioned themselves as «outsiders» on the edge of a scene, formed alliances with the locals experts or became actors within this space of possibilities. Their decisions influenced their work. A2 The corner of Frankfurter Allee and Rathausstraße A3 The courtyard of the former MfS headquarters A4 The corner of Frankfurter Allee and Siegfriedstraße A5 On Rüdigerstraße, next to the Kiez market A7 The space in front of the Zentralfriedhof (main cemetery) B1 The intersection of Frankfurter Allee and Gürtelstraße B3 On Ruschestraße, near the entrance to the stadium B5 On Frankfurter Allee, at the entrance to the Sana Clinic B7 Somewhere, garages With the aid of a rope compass, the markings on the map were projected onto each site: nine circles, 100 m2 each, were transferred onto the urban space. Interviews were conducted on site, games played, signs hung up or performances staged: at each site different measures were taken to spark up conversation.


Method After each analytic phase the characteristics of the sites being explored were discussed and compared. The most significant qualities were then presented publicly: the audience was encouraged to express their appreciation of these qualities by raising their hands and fingers. The scale went from zero (not at all valuable, important or meaningful) to ten (very valuable, important or meaningful).

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Getting Involved We concluded our seminar and activities in the district with a live performance in the Lichtenberg Town Hall marriage chambers during the 2015 Lichtenberg Long Night of Politics. Researchers and experts were invited to judge the value of the qualities presented here by quantitatively answering the questions posed above with a number. Anyone who values the city in some way or another was encouraged to get involved – whether they live here or not.

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A2 | Noisescapes EXTERNAL RESEARCHERS: Katri Ståhls is originally from Ruotsinpyhtää, Finland. She studied at the UCCA in Rochester, Great Britain and is currently studying to become an art teacher at the UdK. Olivia Vigneron is from Rio de Janeiro, Brazil, where she studies architecture at the UFRJ. At the moment, she is an exchange student at the UdK. LOCAL EXPERTS: Wolfgang, 82, retired, has lived in Lichtenberg since 1971. Uwe, electrician, has lived in Lichtenberg since 1999. He values the great public transportation access and doesn’t want things to change too much. Ria is a student and mother of four children. Normally she avoids places like the Frankfurter Allee, preferring to ride her bike along residential streets. The day we met her she happened to be on her way to the library.

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– The variety of sounds characterises this place. Although each person has a different take on this type of soundscape, one thing is clear: no one can ignore it. – Q: How intensely does noise influence your perception of the city? A: Ø 04 237 a number of hours at the intersection of Rathausstraße and We spent Frankfurter Allee adjacent to the six-lane highway. A lot of people avoid this place; it’s simply too loud. The constant noise from the heavy traffic flow stands in stark contrast to the otherwise quiet residential neighbourhood. For pedestrians, this is a transit zone: They are on their way to the library, or are busy rolling their suitcases toward their hotel; they’re headed to the SBahn station or to the supermarket. However, we still notice a few mothers with strollers walking down Frankfurter Allee, trying to coax their little ones to sleep. Q: How important is it to you to be able to speak to one another in public spaces? A: Ø 08 The noise seems to calm the babies. We pay a visit to a restaurant, a tanning studio and the library. We want to find out how those who work here view the area. Perhaps we are also just trying to get away from the noise? The sound of traffic pervades even the interior the restaurant. It finds its way in through the half open windows, merging with the 90s pop music. We acclimate ourselves to the constant din. Pedestrians probably do not stop here often to listen to the chirping of birds. The sparrows can’t be heard unless one of the traffic lights turns red and


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brings the cars to a halt, muffling the constant background noise for a brief moment. It’s a good thing that traffic lights were put in when the new elevator at the Magdalenenstraße subway station was opened to the public. The repetitive sequence of noises – never exactly the same but very similar – makes one lose track of time. The people and the cars move incessantly. The noise level is a constant. Q: How do you assess the disruptiveness of our soundscape? A: Ø 08 A3 | Grey Zone EXTERNAL RESEARCHERS: Mattias Floxner and Mario Marsi Gundersen are both architecture students. They are spending an Erasmus exchange semester at the UdK. Originally, they both come from Scandinavia: Mario from Norway and Mattias from Sweden. LOCAL EXPERTS: Kathrin, 26, is a student and an extra in the TV Series «Weißensee.» She thinks something could be done with this place. Julia, 26, works at the Stasi Museum for the time being. Jenny, 34, has lived in Lichtenberg for a while and often takes her dog for a walk around here. Lars, 65, is a retired truck driver from Sweden who used to travel a lot between East and West Germany and is here today with his son. Kai-Uwe, mid-40s, is a developer and thinks that today’s portrayal of East Germany’s history is one-sided. – A site in transition, between black and white. – Q: How important is the history of this place? A: Ø 08 When the topic of the former MfS headquarters comes up in conversation, most people conjure up a grey image, which upon visiting the site is at first confirmed. The grounds are dominated by grey and brown tones. There are very few colours – especially at night. Upon closer inspection, though, the various qualities of the place can be surprising: it makes a great film set, for instance. We discover other, more hidden qualities: a cat house, for example, has been set up by a lady to serve as a shelter for our feline friends prowling about. She feeds the cats, but adds: «They don’t like to be pet». In general, opinions about this place are divided: more black and white than grey in grey. Q: How important is the cat for this place? A: Ø 07 What is the value of the parking spaces? A: Ø 03 One polarising topic, for instance, is the abundance of parking spaces: some see them as a problem, others would like to see even more here. The existing green spaces are also a contentious issue: many don’t even notice them, while others take full advantage of their existence. And the history of the place is of course omnipresent. Particularly the older individuals told us personal stories about their lives in the GDR and about the Stasi. The youth, by contrast, had a much less personal connection to the site: for them it is simply one more place with a complicated history – but of no personal relevance. Some nevertheless think it would be a good idea to bring in more institutions charged with exploring this history to the otherwise unoccupied buildings here. A few people wished for something like a theme park to make the history of this place more visible, while others are completely dissatisfied with the way this history is presented – from the «the winner’s perspective», as one interviewee put it.


Q: What is the importance of the fact that this place is viewed so differently by so many people? A: Ø 07 A4 | In Transit EXTERNAL RESEARCHERS: Felix Deiters, Constance Leurent and Sara Tawfiq study architecture in Berlin, Paris and Copenhagen. None of them had ever been to Lichtenberg. They recommend the soup at the organic shop next to the Sana Clinic for warming up on a chilly fall day. LOCAL EXPERTS: Mike Richter thinks: «Nothing needs to be changed here. Everything works fine the way it is». A roof might be nice, however. Ulrike Hoffmann would like to see some changes. She doesn’t understand why we chose this site for our observations.

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– Coming and going. Rushing past. Not staying put. Day in and day out. But are you really here? – Q: What is it worth to us to change this place? A: Ø 09 An intersection near the heavily trafficked bridge on Frankfurter Allee; only one leftover row of houses shields the intersection from the highway beyond. Colourful signs announce the presence of a store for smokers’ needs and the call shops. A never-ending stream of commuters flows to and fro from the Lichtenberg train station to the streetcar stop at Siegfriedstraße. «What, here? Why here? Is this even a place? Well, you chose a rather uninteresting spot, not much is going to change here in my opinion.» The wrong spot? But we explicitly chose this place…back and forth. Day in, day out, as if on auto-pilot. A junction. The U-Bahn, the S-Bahn and the streetcar. The commuters are not very excited to have their momentum interrupted by our questions. We write them boldly on the sidewalk. Where are you from? Where are you going? Do you like it here? How important is the city to you? That seems to help. This place is inconspicuous. As we traverse the terrain, we are only physically present. In our thoughts, we are far away: already in the office, still in bed, someplace sunny or with friends and family we are talking to on our cell 239 phones. And that’s okay. Q: What would it be worth to us to simply be left alone? A: Ø 07 A5 | Green.School.Quiet. EXTERNAL RESEARCHERS: Diane Selma Penrad is from France and is currently pursuing her Bachelor’s degree in architecture at the UdK. She’s already completed a master’s degree in archeology. Zuzana Tabackova is from Slovakia and is currently a master’s student at the UdK. She already has two years of work experience with a focus on participatory planning. LOCAL EXPERTS: Julia is a student and has lived on the edge of the park for the last two years. She thinks the park is nice, but problematic at the same time. The proximity of the nearby supermarket has helped to turn it into a «collection point for public drinking.» The schoolchildren we spoke with don’t live in Lichtenberg and rarely spend much time here. Sometimes after school they buy something at a nearby store. Christa moved here in 2006. Her route from the supermarket to her apartment leads directly through the park.

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– An unspectacular place, and therefore the perfect backdrop for daily routines. – Q: How important is the neighbourhood for this place? A: Ø 09 The area under investigation is on Rüdigerstraße, near the Kiez market. At first, we simply sat down on a bench and observed how the site was used. The grounds are green, the atmosphere calm. Not many people walk by. And those who do are more than willing to be interviewed and very open. This place is a place in transit. An everyday place: people go shopping everyday. Schoolchildren go to school everyday. And then they go home. The pedestrians are schoolchildren, senior citizens, customers from the Kiez market, parents with small children and people with dogs. «It would be nice to have a reason to stay here longer.» «There’s never much going on, but in a way it’s still nice.» «It’s just my route to work.» Most people think this place is «nice» because it’s green. But they simultaneously think it’s unimportant and boring. It is viewed as a place without a function and without a clear goal. How important is it that it’s green here? A: Ø 10 How important are the benches to this place? A: Ø 05 Many would like to see some changes to the area: better lighting, more greenery, new benches, a market square with fresh vegetables. We developed a game together with the pedestrians. «What would you like to see here? Draw it on a piece of cardboard and put it on the right spot!» The locals were concerned about us due to the bad weather. They were very kind-hearted, offering us coffee and cake. Apparently this is a place where people watch out for one another. A7 | The Blind Spot EXTERNAL EXPERT: Jack William Taylor is an architecture student from the UK. In the past five years, he’s studied, worked and lived in Glasgow and Berlin. In Scotland, he worked on community projects similar to this one. LOCAL EXPERTS: Lisa is from Portugal and has lived in Berlin for the past year. She is currently interning in Lichtenberg at a landscaping company. Jens Twachtmann is a master stonemason and tends to the graves at the cemetery. For him, the place is just a parking lot. – Do you come here at night as well? … No, of course not! – Q: What quality does anonymity have here? A: Ø 07 My area of observation is located in front of the entrance to the main cemetery and the memorial to the socialists, located between the train tracks and the intersection of Rüdiger- and Gudrunstraße. Its current appearance is the result of social, political and economic factors spanning over the past two centuries. Loneliness and intimidation have left their marks here. But that’s also its charm, its atmosphere. For many, this spot is a non-place between the train station and home; a parking lot, the route to work, a spot to be avoided at night. For others it is one spot on a longer route of protest, ideology and remembrance. Every year on January 15th, the Liebknecht-Luxemburg-Demonstration ends here at the memorial to the socialists. On this day, this place is no longer empty or neutral. The complexity of it becomes clear as soon as these conditions are understood. Here, I became a local expert.


Q: How important is the past here? A: Ø 08 Q: How important are the present and the future? A: Ø 06, Ø 05 Day and night I observe, invisible to some and fascinating to others. Many of those I asked were outright perplexed by the question of what this place means to them. Their answers bear witness to a lack of connection to this place and their dislike of it to the point that they don’t even notice its existence at all. The construction workers at a nearby building site aren’t in the least fazed by my activities. I became more and more invisible, like this place itself. At night, another side is revealed. By becoming a local expert, I was able to observe a number of strange activities: cars came and went, perhaps showing that others in fact value this spot more than I anticipated. What does this place mean? Is it only a parking lot in front of the cemetery, or could it be more? A place for the Kiez as a whole, to meet, debate and discover its value? One can come here, observe and become a local expert. It is a multilayered place, missing its most recent layer – future unknown. B1 | Transit Garden/Fruit Space EXTERNAL RESEARCHERS: Charlotte Lenger and Lisa Steude are studying art education at the UdK Berlin. Both live in Friedrichshain near the investigation site, and are therefore familiar with it from their daily routine. LOCAL EXPERTS: A retired couple from Lichtenberg, who have lived in the Plattenbau across the street for the past 42 years. They never sit in the park and avoid it at night. Philip and Theresa, students, think this place is well located, but not particularly urban or beautiful. Manfred, 60-ish, retiree, doesn’t like change but was interested in everything that happened in our seminar. – In the orchard, nature and the seasons are perceptible: sight, smell, taste. – Q: What is this green space worth to you? A: Ø 08 Our study area is at the intersection of Frankfurter Allee and Gürtelstraße. It is a heavily trafficked site: pedestrians shuffle between the streetcar, U-Bahn, S-Bahn and the Ring-Center shopping complex. Bicyclists, cars and 241 trucks rush past – the movement of traffic is omnipresent. One can’t help but feel a bit lost in this strange and expansive space on the border between Lichtenberg and Friedrichshain. There’s a park directly adjacent to the crossing, but it’s unkempt and rarely used. Speaking with pedestrians proves difficult: No one stops here. Our chalk circle is at first completely ignored – only after we filled it with pink flour do the passersby notice its presence. Those we asked didn’t think the park was nice, nor anything special. Almost all, however, were pleased that it existed: they said that in Berlin, there is a general lack of green spaces. Regardless of whether they are well-used or not. Q: How important is it to be able to experience the change of seasons in the city? A: Ø 08 Despite all the criticism: this space is here to stay. A hedge would be nice, and might even provide a visual break from the view of the street. But not too high, otherwise the park would no longer be visible. And the lighting situation could be improved. New benches would also be useful. The trees growing here are fruit trees. Almost no one knows that. There are cherry and walnut trees – and even a plum tree. Between the hustle and bustle and the traffic corridor a small piece of nature remains present in the everyday

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life of the city. Could this transitory place become a calm oasis for the eyes with the scent of flowers and fruit in the air, proof of the changing seasons for those lingering about – if it was shielded from the noise? The park could perhaps become a refuge, an idyllic niche that no one would expect in such a place. Q: How much would you pay for a glass of marmalade made from the fruit here? A: Ø 04 B3 | (Non)Stage EXTERNAL RESEARCHERS: Alessandro Cugola is from Italy, Yang Yu from China. Both study architecture. Maria Dovris is studying to become an art and math teacher. None of them knew each other or much about Lichtenberg before this seminar. LOCAL EXPERTS: Saskia Wenzel, painter and graphic designer, lives here. Pedestrians who walk between the Magdalenenstraße U-Bahn station, the stadium and the unemployment office. – This place is like a stage: open and on view for all to see. A platform for action? – Q: Would you say that this place exhibits a stage-like quality? A: Ø 03 Ruschestraße, the street on which we plan our intervention, provides a direct route between the U-Bahn station and the employment agency in Lichtenberg. Our spot is therefore a passageway on an axis whose two poles – the U-Bahn station and the employment agency – seem to magnetically attract pedestrians. During our observations and interviews we often stood on the sidewalk or the grass while people rushed by or pursued their various activities on the surrounding balconies or near building entrances. We are directly across the street from two large residential buildings. There are very few trees. The median is very visible from the other side of the street. We felt like we were being watched or on display. That was the point at which we began to perceive the median as a stage itself. We decided to put on a show to test our new hypothesis. For our performance, the grass became a sea to traverse in our inflatable dinghy. Q: Is visibility important? A: Ø 04 Despite our high visibility, the pedestrians showed no reaction to our performance. No one stopped to watch. Apparently they weren’t convinced by our stage idea. Why is that? We tried to rethink this place holding on to the belief that its visibility was advantageous, even if using it as a stage didn’t work out. But what could we do to transform this quality into something valuable? What places or things use high visibility to their advantage? We imagined that something like a playground, or bike racks, a dog run or maybe even a city garden might function well here: children or dogs could be watched over, bikes wouldn’t be stolen and the public space better utilized. But is it possible to accommodate all these uses here, or even necessary? Q: How much of the green space should be redesigned, in your opinion? A: Ø 04


B5 | Lichtenberg Monopoly EXTERNAL RESEARCHERS: Denny Krienke and Miriam Zenk study architecture at the UdK. Denny is from Eastern Germany, Miriam from Bavaria. They set off to Lichtenberg in the hopes of finding a «real Berliner». Update: mission accomplished. LOCAL EXPERTS: Pedestrians and residents of the urban redevelopment zone north of Frankfurter Allee. Their statements became the basis for the qualitative categorization of the respective playing cards.

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– What’s the importance of Freiaplatz? And of the strip of sidewalk in front of the clinic? – Q: How would you assess the tarrying qualities of the sites depicted here? A: Ø 04 Our study area at the entrance to the Sana Clinic is a heavily frequented spot where a lot of people pass by, but do not linger. Because we couldn’t motivate anyone to stop and chat with us, we designed the Lichtenberg Monopoly game and sat down at a table to play it with pedestrians. The first version of the game was very similar to the original Monopoly: we renamed the streets and train stations in the «Lichtenberg-Edition» after local places. Our goal was to start a conversation with locals and residents about the different sites in their Kiez and their qualities, or lack thereof. In this way we hoped to find out how they «valued» the streets in their Kiez. The final version of «Lichtenberg Monopoly» is based on these interviews. Rules of the game There are four categories of urban qualities: performative, aesthetic, sociocultural and environmental qualities. All of the streets designated on the game board were given points according to these categories. And each category has its own starting point. At the beginning of the game, each player picks one of the categories and is given the same number of coins, all of which need to be placed on the board during the game. For example, if a player selects «aesthetic quality» as the starting category and then lands on Freiaplatz, which was given three aesthetic points, then that player can place three coins down on his/her starting position. If another player lands on this starting point, then he/she is forced to take all the coins in that field. The first player to get rid of all coins is the winner. 243 Q: Would you like to play monopoly with us? A: Ø 07 B7 | Space Extension EXTERNAL RESEARCHER: Sarah Kästner studies visual communication with a focus on exhibition design at the UdK Berlin. After completing an apprenticeship as a designer in the field of visual marketing and completing her bachelor’s degree in spatial concepts and design, she has designed a number of exhibitions as a freelancer. She is originally not from Berlin and has a penchant for telling stories. LOCAL EXPERTS: A father and his daughter live in an apartment in Lichtenberg, to which a garage belongs. It has been passed down in the family for multiple generations. Because the very existence of such places is threatened at the moment, they avoid giving us the exact location of the garage. – A lot can happen in a garage, even the most unexpected things. Sometimes used as places to relax or even as greenhouses, they are urban treasure chests filled with valuable things. –

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Q: How important are such retreats on the threshold of public space? A: Ø 09 This story begins somewhere in Lichtenberg near a row of garages. Grey gravel, one garage after another. The mostly wooden doors are all closed. It looks deserted here, unwelcoming. While marking the ground with a circle of pink chalk spray, my thoughts drift away behind the garage doors. What kind of hidden worlds do they contain? What kind of stories are waiting to be told? Maybe the whistle of a model train set is about to sound, while in another the new, tinkering Steve Jobs of Lichtenberg is busily at work. Maybe even an old Trabant can be found somewhere, or an alien life form… The sound of a motor can be heard and a scooter drives up. A man is sitting on it, his cap conveying the message: «Give me a beer, my shift’s over!» in bright yellow lettering. Then he disappears as quickly as he came. A young lady follows, also on a scooter. Just like her dad, as I later found out. They share a garage, which used to belong to the girl’s grandfather. It belongs to the apartment, she says, and certainly also to the family. It is a refuge for them. They don’t often bring visitors here. Q: How important is it for you to do things yourself and improvise in your life? A: Ø 09 For me, the person with the crazy pink circle, the garage door was opened. Behind it, a world unto itself was revealed. Innumerable details, accumulated over the decades. Multiple functions and uses and self-made machines, all crammed into 15 m2. A car battery provides power to the stereo system and the sparse lighting. Granddad’s old trick. Q: How much would you like to take a peek behind the garage doors? A: Ø 07 And then: behind an inconspicuous door a secret passage is revealed leading between the garages to the open space beyond. A tiny green spot, but sufficient to garden – it’s not called urban gardening here. A collection of hauntingly veiled objects stands next to the garden patch: the contours hint at the presence of a grill and an outdoor lounge chair. A secret recreational paradise for three generations? Or am I reading too much into it? Maybe the whole construct is simply my own dream for life in a dense city?

Conclusion Both discourses inherent in this seminar, the internal and the public, display how many different views on the value of things and spaces exist – and how important it is to most people to be a part of the negotiation. At least in our trials, divergent opinions did not lead to irreconcilable problems. Rather the opposite: their potential to assess divergent values allowed for the co-existence of different opinions and the recognition that conflicting demands may be of equal importance. According to our results, planning isn’t an either/or process, but rather should joyfully combine each «either» with at least one «or». In space – and in time.

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Theory and Praxis If – as proclaimed at the beginning of this volume – the case studies illustrated here are part of a larger spatially relevant research project, then this would be a good place to draw some conclusions even though their design


(and varying methods or locations) technically allows them to continue on into the future ad infinitum. Our collaboration with the District of Lichtenberg, however, is now – in spring 2015 – coming to an end, just as the first measures of the FAN redevelopment zone plan have been completed or are just about to commence.1 According to our partner, an «active collaborative effort» beyond this point in time is no longer necessary, participation from now on being realized in the projects conducted.2 Although our activities were not aimed at developing any concrete suggestions, plans or decisions, they have left their mark, and have the potential to continue doing this – on a time delay – well into the future. Even though no block party is yet in the works for the old Frankfurter Allee, there have been efforts to preserve the old telephone booth in the non-place we turned into a free book exchange (translation: page 225). While the residents of WiLMa 19 attempt to build around their «mobile gardens» (translation: page 226 ff.) as carefully as possible, the dog hills from «Open.Space.Search» are still located on the lawn (translation: page 232). And even the effects of the projects from the first volume of this documentation can still be felt today – or in some cases are just beginning to show their influence. Roedeliusplatz, for instance, was moved to the focus of the urban development by our «spatial shift». And the Coptic Orthodox community who live there are much better connected with their neighbours since our performative visit in 2013 (LSL #1 2014:131 ff.). Although our ideas for Haus 18, which we presented to the owners and users of the former MfS headquarters in 2012 (LSL #1 2014:43 ff.) haven’t been able to solve the stalemate on the property – a result of opaque property deals – they are firmly established in the minds of those who were present at the time. In current discussions on the site’s further development,3 the question of whether setting up a «beach bar» on the roof of Haus 18 (LSL #1:18) is a good idea or possibly one that sends the wrong signal for how to repurpose this type of «authentic place» of remembrance continues to be discussed.4 These kinds of «image citations» are a good example of how our visual contributions to the debate are not only of a documentary nature, but also have the power to influence or even promote new developments. «Stadt (er)finden», our first official collaborative project, has in the meantime become a well-received interdisciplinary model project for sustainable and participatory urban development.5 Other municipalities have begun to show interest in and adopt similar approaches, and the many students (to be exact:245 a total of 97 participated in the various seminars) have been given the impression that its worth «coming down from the helicopter». (quote: JeanPhilippe Vassal (SenStadtUm, Hg., 2012) With growing confidence and continued enthusiasm, they have begun to immerse themselves in the complex and confusing yet unbelievably rich conflict situation of everyday life and action without immediately succumbing to the natural reflex and desire of most planners to rearrange the way things are. For the participants of the most recent seminar «Stadt (ver)handeln», however, this comes with the slight regret that the insight they gained during the course is difficult if not impossible to translate into concrete suggestions for the future design of our built environment. In our semester-long seminars there simply isn’t enough time to tackle such reflective thinking, even if the results of «Picnic Urbanism» (translation: page 224 ff.) and the collaborative experiment «Inventuring Lichtenberg» (translation: page 201 ff.) do give an idea of how such resource-friendly, qualitative «urban transformation design» could look like in praxis. What has begun to solidify, on the other hand, are methods and disciplinary gateways to the relevant theories. Thus it might be necessary to re-evaluate the thesis posed at the beginning of this volume – that urban space when understood as «lived space» exhibits implicit, concrete qualities.


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In the case of a positive answer to this question, the following investigation would have to assess the implications of this for architecture, urban development, the teaching of both and the inhabitation of places. And beyond that, what needs to be discussed is the relevance of all this against the backdrop of current developments taking place in Lichtenberg – the district’s currently rising population density, its ever-scarcer spatial resources and the diverging interests of the actors participating in these processes of change (see «Research & Field Revisited», translation: page 196 ff.). Last but not least, it is worth asking what this all has to do with the future development of urban spaces in general.6 The projects presented in this volume and the one preceding it are first and foremost an attempt to answer our initial question – whether the qualities of «lived» spaces at specific urban sites can be proven, and if so, how these results might be implemented to influence the future development of these places. Lived Space and Site Qualities As human beings, we are in control of our bodies and the respective possibilities of movement and sensory performance they possess, and as such – as the philosopher Elisebeth Ströker describes in her fundamental work on the phenomenon of «lived space» (Ströker 1965:19) – we are physically connected with our surroundings in three ways. As specific beings we sense our surroundings in correspondence with or in contrast to our own specificity without being acutely aware of them. This unconscious correspondence, which in principle embeds us in the world, enables a certain «Befindlichkeit» (Heidegger 2006:134) – one, which is both individual (specific, within a certain context), and general (universal, applicable worldwide).7 The existence of a phenomenon of correspondence between man and space – which is essential, characterized by ephemeral factors and individually experienced – is called atmosphere in the language of architecture. Manipulation of atmospheres can be subtle, yet very effective and inherent in its control is a certain responsibility of which the spatial designer needs to be constantly aware.8 These «atmospheric» changes can but do not necessarily need to be executed using built means. Providing a site with a new use, attitude or point of view can often transform an eerie, abandoned place into an exciting spot full of promise (for example the vacant school building from «Adventure on the Doorstep», LSL #1 2014:102 or the former cemetery in the project «God’s Acre», translation: page 234). And the impressive atmospheric transformation of a cold and expansive church interior through a lively soundscape (LSL #1 2014:152 f.), or the conceptual and programmatic reinterpretation of a maintenance wing at the former MfS Headquarters as a «Playground» (LSL #1 2014: 74 f.) are also examples of resource-friendly transformative processes that make use of pre-existing resources without much added cost, and which can help us to banish past demons. This can even work on a larger scale, as shown in the examples of «Shifiting Roedeliusplatz» (LSL #1 2014:131 ff.) and in «Scenes from a Street» (translation: page 222 ff.), where the inherited legacy of the Stasi and the critically viewed results of social transformations since 1989 were converted into positive energy. The second level of lived space – of particular importance for this approach – is deduced from the human ability to tap into one’s environment through action. This «action space» (Ströker 1964:20) is not restricted to what we encounter externally, but rather also the result of our own actions, which a given space can explicitly encourage (example: a picnic on a designated picnic lawn in a park) or discourage (example: picnicking on a traffic island, translation: page 231, in a non-place, page 94, or on a dog lawn, translation:


page 232). We call this query into the qualities of urban spaces – more or less determinate of the types of activities one can pursue there – performance. Performative qualities, according to the thesis, are not relegated to theatres or other spaces specifically designed for the staging of such productions, but are also applicable to the small, often unnoticed stages of the everyday, on which our own lives are more or less voluntarily put on display. The performative interpretation of spaces can be conformative or dissentive, is primarily associated with atmospheric change and possesses an equally high potential to enact change using minimal means. Concrete examples of this can be found in almost all of the picnic case studies in this volume (Non-Place, WiLMa 19, Guerilla Tea Station, Volkspark Lichtenberg, Writing on Freiaplatz, Open.Space.Search, God’s Acre), as well as in the performance on Ruschestraße (translation: page 242) and the game developed with the residents at the Kiez market on Rüdigerstraße (translation: page 239). On a broader, conceptual scale, this of course also applies to the fictitious block party at the site of the streetcar conflict (translation: page 222 ff.) and in «Shifting the Square» (LSL #1, 2014:131 ff.).9 The third and final level of lived space is of immediate relevance for architecture and urbanism. It stems from the spatial experiences of a sensorily aware individual integrated – or even immersed – in his/her surroundings. This «perception space» (Ströker 1964: 20) is centered on the person experiencing it and then perceived synaesthetically as a quality of the surroundings. Although this type of spatial knowledge is inexplicably linked to the person experiencing it, a relatively direct correlation can be shown between the sensory ability of the person (the individual) and a broader perceptibility (of spaces and their properties).10 It remains, however, impossible to present such perceived spaces as a projected plan – as if seen from a helicopter – because they surround us in a panoramic sense, producing a parallel to the horizon as we know it, one whose distance and breadth can vary. An attempt to develop a suitable form of representation for these site qualities can be found in Daniel Felgendreher’s two-dimensional circular panoramas, which were developed during the «Inter/faces» seminar (LSL#1 2014:34), and used in this volume to depict all the picnic sites from the seminar «Stadt (be)setzen» (translation: page 224 f.). However, this method inevitably reduces the site qualities to a purely visual level, while the panoramic qualities of lived urban space remain im247 mersive, synaesthetic and constantly in motion – both in time and space. The panoramic qualities of places include their vastness, their composure, their spatial limitations, their acoustics, resonance, materiality and tactile properties. Descriptions, such as those in «Noisescapes» (translation: page 237) or in «Transit Garden/Fruit Space» (translation: page 241), clearly show that visual factors often only play a secondary role in the urban space – and even in situations where they form the foreground, a shift in the horizon is still possible through a precise refocusing on what is already going on. Examples of this can be found in «Writing on Freiaplatz» (translation: page 233), in which a familiar site is rediscovered, and in «God’s Acre» (translation: page 234), where the unusual knee-high horizon (in correspondence with the field of vision of the two year old local expert) transforms the «weeds» growing there into precious wild herbs. Atmospheric and performative changes, shifts in focus and temporary manipulations can – as proven by the experiments we carried out – contribute to the establishment of a new perspective on otherwise familiar things, spaces and sites. A number of these purposeful small changes and shifts are based on the local expertise of those who use these places daily – or who together with us simply looked at them more closely. The diversity in perspectives, the wealth of individual stories and the range of encounters enabled


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by public urban space evident in our case studies are a product of the simple fact that so many people participated in our research. In addition to the 97 students, at least as many residents of Lichtenberg provided us with their local insight, picnicked with us, told us stories or simply explained their take on the matter at hand. Many of them are already involved in the district and had a good sense of how to participate in the area’s further development. Others, by comparison, were simply curious or intrigued by the unfamiliar format of our work. Some of our experts would never think to set foot in a town meeting, and only very few were dismissive of our project. Those who did react negatively simply animated our «researchers» to think further and develop new theories and experiments: and it must be said, that a number of students were curious to explore exactly those sites where even the locals seemed to have run out of ideas. The «utopian excess» found in unfinished or neglected spaces is not only inspirational to people who are «creative by trade». In fact, wholly independent of our project (and even outside of the pink circles we drew in «Stadt (ver)handeln») we observed numerous communal and private activities in the urban redevelopment zone, which were all aimed at improving neighbourhood interaction and the shared living conditions of the surroundings (Café Pinut, Café Maggie, Casa Nostra e.V.).

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The experimental approach tested here is at its core a resource-friendly method. It docks on to everyday strategies in order to positively assess the particular properties (of places and spaces) – or, in the case that they are found to be disruptive, simply ignores them. If one were to decide, for instance, that the most important qualities of a site are that it simply «leaves the pedestrians alone» (In Transit, translation: page 239) or that its undefined nature is exactly what allows a variety of activities to occur (Open. Space.Search, translation: page 232), then what should result is the opposite of a redesign, which could inadvertently destroy these invisible qualities. If this holds true, then it is of even greater importance to discuss and inform one another about the «value» of urban places before they are slated for «redevelopment»: at a time when everyone lives according to their own philosophy and where resources are scarce, this value-oriented debate needs to be held independent of economic, financial and aesthetic (yes, even aesthetic!) value judgements. The participation of local experts in this sense is not just a democratic gesture within an otherwise authoritarian planning procedure, but instead essential for the sustainable development of spaces and places. If they didn’t exist, then the «external» experts and researchers would have to «take the time» to become local experts themselves – as for instance in British student Jack Taylor’s project «Blind Spot» (translation: page 240) at the entrance to the central cemetery . 185

Open Spaces The comparatively detailed observations within the urban redevelopment zone, which were carried out and documented here, bring to light a collection of very diverse spaces and opinions. Within the much broader framework of «Inventuring Lichtenberg» (translation: page 201 ff.), these differences become rather marginal – and the contrasts between quarters and zones, peripheries and cores, different usages, typologies and people groups within the district even clearer. However, these differences are just as important on the smaller scale of Frankfurter Allee: In particular the corners and edges, the fissures and breaks and the «liminal spaces» of transition and transformation on the one hand promote contemplation and personal involvement for numerous residents. On the other hand, they often prevent a quick agreement about what should – or potentially should not – be done there. This does not always have to do with a «NIMBY»10 attitude either, but instead with the existential necessity to (positively) identify oneself with the


area where we live: «My» Kiez, «my» street and «my» bakery all belong to me even if I haven’t technically purchased stock in them or get asked about pending developments or changes that may occur. Add to this the idea that in our rapidly changing times, in which everyone essentially has the right to reinvent him or herself («The times they are a changin’»), there exists a general desire for stability, which is often projected onto places, and ideally onto those places in our «own» surroundings. But this desire leads us to the core of an implicit paradox, because it is impossible for a place to remain «the same» in changing times – even superficially. Conservationists and preservationists know exactly how much energy, money and effort is needed to maintain the outward appearance of historic places (and to ensure that the visual expectations of their visitors are met). Similarly, older residents are sure to remember what kind of extreme deterioration our built environment can succumb to simply when no one does anything to prevent it. It is the fear of loss which influences debates everywhere, and interestingly enough, this happens completely independent of whether the region is growing or shrinking, or whether the loss of open spaces or built structures is being debated. This is a fear to be taken very seriously, because it is growing against the backdrop of increased global land speculation, a more general crisis of trust in our political systems and the coming changes described above. Urban planning and development efforts of the past decades have proven comparatively iterative in retrospect, not (only) in Lichtenberg, but also on a more general level. Numerous municipalities in Germany have cash flow issues, while the calls for new funding programmes, identity-forming measures, participation and public provisions to secure livelihoods are getting louder. Running parallel to this development is the increased economisation of our cities’ budgets, which has resulted in the sale of publicly owned property to cover current expenditures (see also «Who Owns the City,» LSL#1:126) – even when this means losing control of how those parcels of land are developed in the future. Within the context of Berlin, the debate on affordable living space (and how best to create it), which for quite some time many believed had been solved, is once again garnering attention. Simultaneously, old and proven financial models for the erection of residential buildings (and Lichtenberg possesses some fantastic examples of modern architecture) suddenly seem outdated. Finally, rising property values make it ever more difficult to pursue alternative economic models and ways 249 of life.12 The contemporary city is under enormous pressure and directly called upon to transform its open spaces into profit. The city’s financial resources are limited, its political actors uncertain about how much they can do – partly due to the rhythm of elections and campaigning and partly because bureaucratic hierarchies provide them with little ability – in fundamentally questioning our more entrenched habits. The future city, currently being planned, has already put all these problems behind it: the vision for 2030 is based on a call for a CO2-neutral, conflict-free, ecologically valuable and resilient city, in whose development citizens readily participate and are voluntarily involved to ensure a better future for all.13 However, it’s too bad that this (from today’s perspective in multiple ways) utopian urban society will have very few «open spaces» left at its disposal, since they will all have been sold off by then if current trends continue. Perceiving urban spaces as «lived spaces» naturally cannot protect these from their hastily brokered exploitation. But it would be great if this plea could make a small contribution to our general willingness to think of new paths and methods and the value of our urban spaces. One of the most important questions that remains is how to keep those spaces still open today. For the future.


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Chapter OPEN SPACE(S) Annotations: 01 For the current levels, see: http://www.stadtentwicklung.berlin. de/staedtebau/foerderprogramme/stadtumbau/Frankfurter-AlleeNord.6109.0.html, accessed April 21, 2015) 02 The «experimental» participatory process ran parallel to the activities of the area management office. «Official» participation primarily took place in the (elected) citizen committees of the «FAN advisory council» as well as within the framework of the regularly scheduled and public «FAN conferences». In addition, there exists the «FAN fund» to which every Kiez resident can apply for funding. See also: http:// www.stattbau.de/index.php?id=177, accessed on April 21, 2015) 03 Podium discussion «Democracy instead of Dictatorship» from October 27, 2014 on the day of the audiovisual Heritage 04 Public discussion held on the Open House Day on January 17, 2015. Our presentation «Lived sapce Stasi-Stadt» also was on display there. 05 See in particular Welzer, Giesecke, Tremel (Ed.) 2014:282 as well as Sommer and Welzer, 2014:135 06 The 2015 Year of Science is dedicated to the city of the future – and how the contemporary city can be «optimized» (see also FN 13). 07 See here: Merleau-Ponty 1966:16, Hebert 2012 and the introduction to the first volume of this series (LSL#1:8 ff.). 08 A classic example of comprehensive manipulation of the spatial environment would be the parades and torch-lit processions held by the National Socialist Party after solidifying their power in 1933. They forged large-scale «immersive environments» from which no one could escape regardless of whether the spectacle at hand was viewed as exciting or unsettling. At the same time, the comparatively harmless creation of a consumer-friendly atmosphere in a department store is likewise a piece of the repertoire of spatial design. 09 In particular in the last ten years, the number of publications applying the term performativity – originially from the field of performing arts – to the field of urbanism has increased (Fischer-Lichte 2004, Arch + 183 2007, Dell 2011, Wolfrum/v. Brandis (Ed.) 2014). 10 See also Hebert 2012a:122 ff. 11 NIMBY = Not in my backyard!, a sentiment in favour of change as long as one’s own living area (or backyard) is left alone. NIMBY protests are becoming more and more prevalent particularly in metropolitan areas where plans to increase population density are currently being pursued. They can lead to delays or even prevent the completion of large-scale projects («Stuttgart 21» is a perfect example). 12 The «Rathaussterne», a group of young people who wanted to buy the former fire station on Rathausstraße, were in the end unsuccessful despite long-term deliberations and high involvement in the district. Their ideas, however, decisively contributed to the development of the so-called «conceptual process» now used. 13 The «Research and Innovation Agenda» (FINA), part of the «National Platform for the City of Tomorrow» (NPZ) is «based on the vision of a CO2-neutral, energy and resource-friendly, flexible, climatically adapted and socially inclusive city of the future worth living in...» (BMBF 2015).


Epilogue For three years, students of the Berlin University of the Arts were given the opportunity to participate in the experimental urban research and design projects presented in this book. In the end, a total of 97 students took advantage of this opportunity, enriching the district of Lichtenberg with a variety of findings, actions and interventions. For the students, this process proved to be of great benefit as well: they became familiar with a new method of urban research and design and were able to put this method to the test and even develop it further. They experienced how precisely and multifaceted local residents and other users of the urban space understood and utilised their surroundings, and encountered a number of situations forcing them to reflect on their future roles as architects, planners and designers. Saskia Hebert – the initiator and coordinator of the project – has taken an interesting step with the development of this experimental research method: from a theoretical analysis of the phenomenological fundamentals of urban experience to an effective translation of the results within a concrete, public setting. She conceived and realized a project that combines analysis and development, information and design. Within the fields of urban and landscape design, «planning culture» is a readily discussed topic – and I view this project as an important contribution to its further development. It highlights a number of (still) uncommon aspects: The question of who can and should be considered a competent actor in the analysis and planning of the city is answered by viewing the residents and users of the city as experts, and letting them speak their minds as such. It thereby focuses on the spatial and communicative structures important to everyday life, which are understood as vital and relevant, if not the key elements in the analysis and planning of spatial and social urban structures. Viewed from a methodological angle, this project combines analysis, description and intervention by cooperating with a number of participants, among whom local residents and users were given a central role. New methods of communication and representation able to depict previously overlooked moments of the spatial situation were developed making these moments explicit, and thus transforming them into the subject matter of our investigations. Recognizing the value of these (unplanned) options of appropriation and use of spatial situations is of fundamental importance to the project, and an important part of the discussion on planning objectives. 251 In my opinion the most significant message from this project is the recognition of the elementary importance of changing certain perspectives in the communication of and on planning: The experts are the locals. This realization enabled the project participants to focus on spatial structures and their relationship with the everyday and creative forces that at once make the city a communicative and social entity and preserve it as such. The project hones our ability to sense the many aspects of the social contexts in which urbanity unfolds, therefore making a contribution to both the discussion on methods as well as to how those involved in the field of urban planning and its teaching reflect on their own work. Particular thanks are due to the District of Lichtenberg and the Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin for their generous conceptual, financial and active support in making this project possible. Prof. Dr. Susanne Hauser UdK – Institute for History and the Theory of Design

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abkürzungen

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BIM

Berliner Immobilienmanagement GmbH (aus dem LiFo hervorgegangen) BImA Bundesanstalt für Immobilienaufgaben; Eigentümerin der vom BStU genutzten Gebäude auf dem ehemaligen MfSAreal BStU Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit, auch Stasi-Unterlagen- oder Jahn-Behörde genannt. Vormals Birthler- bzw. Gauck-Behörde. BVG Berliner Verkehrsgesellschaft CDU Christlich Demokratische Union Deutschlandes DDR Deutsche Demokratische Republik ETSAV Escola Tècnica Superior d’Arquitectura del Vallès FPB Freie Planungsgruppe Berlin GmbH FAN Kurzbezeichnung für das Stadtumbau- und Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord. Das Kürzel ist auch in zahlreichen kiez- und sanierungsgebietsspezifischen Begriffen enthalten (FAN-Fonds, FAN-Beirat etc). IBA Internationale Bauausstellung IGTG Institut für Geschichte und Theorie der Gestaltung, UdK Berlin HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft (ehemals Hohenschönhauser Wohnungsbau Gesellschaft) LiFO Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG (heute: BIM) LL-Demo Jährlicher Gedenkmarsch für die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Wird heute von der Linken durchgeführt, früher von der SED. LOR Lebensweltlich Orientierte Räume, ein Planungsinstrument der Senatsvewaltung für Stadtentwicklung und Umwelt MfS Ministerium für Staatssicherheit, ehemaliger Geheimdienst der DDR Q216 Quartier 216, am Bahnhof Lichtenberg gelegenes ehemaliges Verwaltungsgebäude der DB AG, 2013 umgenutzt SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands in der ehemaligen DDR SenStadtUm Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin Stasi Umgangssprachlich für die Staatssicherheit, den Geheimdienst der DDR (siehe MfS) Stattbau Sanierungsbeauftragte des Bezirks STEP Stadtentwicklungsplan UCA University for the Creative Arts, Rochester UdK Universität der Künste, Berlin UFRJ Universidade Federal do Rio de Janeiro WiLMa19 Wohnprojekt auf dem Gelände des ehemaligen MfS (Wohnen in Lichtenberg, Magdalenenstraße 19) TU Berlin Technische Universität Berlin XBV_FAN Experimentelles Beteiligungsverfahren Frankfurter Allee Nord

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Abbildungen

Die in dieser Publikation enthaltenen Informationen und Abbildungen wurden aus verschiedenen Quellen zusammengestellt. Wir haben uns bemüht, alle Inhalte korrekt wiederzugeben sowie Quellen und Bildautor_innen vollständig zu benennen. Sollte dies im Einzelfall nicht gelungen sein, bitten wir um Benachrichtigung. Alle Urheberrechte liegen bei den im Abbildungsverzeichnis genannten Autor_innen und Institutionen. Abbildungen und Grafiken ohne hier aufgeführten Nachweis wurden durch die Teilnehmer_innen der Seminare oder von den Lehrenden am lived/space/ lab der UdK Berlin erstellt. Seite 15__Luftbild, Quelle: DOP10-C/DVD 112, Hg.: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt – Abt. III 17__1 Umweltatlas: Einwohnerdichte 2014, Hg.: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (erzeugt am 31.03.2015) (erzeugt am 31.03.2015) 17__2 Umweltatlas: Versorgung mit Wohnungsnahen öffentlichen Grünanlagen, Hg.: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (erzeugt am 01.02.2013) 17__3 Grosse Wohnungsneubaustandorte in Berlin – Realisierungseinschätzung (Stand: Juli 2014) Hg.: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt – Abt. IA 24__Karte «Social and functional analysis» aus dem «County of London Plan» von Patrick Abercrombie und J H Forshaw, 1943 64__Abbildungen auf dieser Seite © Hans Friedrich, 20 ZOLL Media 108_© Anke Strauss 137–140_Infoflyer und Rezeptblatt zum «Gottesacker» 255 © Anja Fritz und Jana Tost 142 und 167–177_Stadt Wertschätzen im Rathaus Lichtenberg, © Anja Weber



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Mit Beiträgen von Isabelle Atkinson-Evans, Sarah Bäcker, Noemi Barnet, Lennart Beckebanze, Anastasia Becker, Stephanie Brenner, Pola Buske, Francisco Castanheira, Alessandro Cugola, Felix Deiters, Anna Derriks, Amandine Descamps, Carole Deslous-Paoli, Maja Dika, Maria Dovris, Sophie Fetten, Jacob Fisher, Mattias Floxner, Anja Fritz, Carlo Goldmann, Mario Marsi Gundersen, Adrian Heints, Sophia Huhle, Takuto Ihara, Borghildur Indridadottir, Miriam Kadel, Sarah Kästner, Julia Klauer, Justus Klaus, Irene Kriechbaum, Denny Krienke, Charlotte Lenger, Constance Leurent, Luise Marter, Víctor Martos Castillo, Justus Menten, Carolin Miller, Thomas Bo Nilsson, Belén de Pedro Pasamar, Diane Selma Penrad, Sebastian Perez, Selin Projer, Carl Rosenburg, Suzie Ryu, Tom Schöps, Carlos Schütz, Katri Ståhls, Lisa Steude, Roman Szymczak, Zuzana Tabackova, Sara Tawfiq, Jack Taylor, Jana Tost, Bruno Torres Suñén, Albane de la Villegeorges, Olivia Vigneron, Salomé Wackernagel, Simon Warne, Itzhak Weissmehl, Yang Yu, Miriam Zenk, Bonnie Zimmer, Fotografien von Anja Weber und einem Nachwort von Susanne Hauser. „Soziale Intelligenz baut anders: Anstatt ‚die Menschen mitnehmen‘ zu wollen, kann man sie auch ernst nehmen. Immer mehr Initiativen in Architektur und Stadtplanung behandeln Bürgerinnen und Bewohner als Experten und entwickeln mit ihnen gemeinsam Viertel und Häuser als soziale Möglichkeitsräume.“ – Harald Welzer im FUTURZWEI Zukunftsalmanach 21015/16 „Die Architektin Saskia Hebert hat das klug auf den Punkt gebracht: ‚Stadt ist kein Konsensmodell, sondern eine Differenzmaschine‘. Das heiSSt, Stadt ist auch nichts Feststehendes, was von oben regelhaftig produziert werden kann und so bleibt, Stadt verändert sich – täglich.“ – Sebastian Schlüter vom Magazin „stadtaspekte“ im Interview mit dem blog LABKultur.TV „Giving access to individually lived spaces of people planners would usually not get in touch with, lived/space/lab opens up an urban environment that would otherwise have been considered a deprived area. Pointing towards hidden places that one only gets access to when engaging people in conversations, lived/space/lab suggests to planners that areas they consider in need of renewal are worth a second look to find rich resources and important social relationships that are anything else but poor.“ – Anke Strauss in „Spaces of possibility“, Konferenzbeitrag für LAEMOS (Latin American and European Meeting on Organization Studies), Havana, April 2014


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