Elke Rampfl-Platte, Murnau Das Bundesarbeitsgericht – Zweiter Senat - entscheidet am 23. August 2018, 11:30 Uhr über die Frage eines Sachvortragsverwertungsverbotes bei offener Videoüberwachung und Fragen der Anhörung bei Verdachtskündigung
Im Verfahren BAG - 2 AZR 133/18 streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung sowie um Schadensersatzansprüche des Beklagten. Der Beklagte betrieb einen Tabak- und Zeitschriftenhandel mit angeschlossener Lottoannahmestelle. Er beschäftigte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Die Klägerin war bei ihm im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses tätig. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 13. August 2016 fristlos "wegen der begangenen Straftaten". Der Beklagte ist der Ansicht, die Kündigung sei sowohl als Tat- als auch Verdachtskündigung gerechtfertigt und gab dazu an, im dritten Quartal 2016 sei ein Warenschwund, insbesondere bei Tabakwaren, festgestellt worden. Die ab 1. August 2016 durchgeführte Analyse der Aufzeichnungen des in der Filiale installierten Videogeräts habe ergeben, dass die Klägerin am 3. und 4. Februar 2016 vereinnahmte Geldbeträge nicht registriert und in die Kasse eingelegt habe.
Die Videoaufzeichnungen und ihre Auswertung seien zulässig gewesen. Die Überwachung sei öffentlich erfolgt und zum Schutz seines Eigentums erforderlich gewesen. Sie diene auch der Aufdeckung von Straftaten Dritter. Erst nach Anhörung der Klägerin zu den Vorwürfen durch zwei Mitarbeiterinnen des Beklagten am 13. August 2016 sei das vorbereitete Kündigungsschreiben ausgehändigt worden. Für die Analyse der Vorgänge sei ein Zeitaufwand von 24 Stunden à 13,80 Euro zuzüglich Arbeitgeberanteile erforderlich gewesen. Diese Kosten habe die Klägerin neben den unterschlagenen Beträgen zu ersetzen.
Den sich insgesamt errechnenden Betrag von 475,31 Euro begehrt der Beklagte mit seiner Widerklage. Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Sie habe den Beklagten nicht vorsätzlich geschädigt, insbesondere kein Geld unterschlagen. Der Beklagte könne die ausgesprochene Kündigung auch nicht auf einen dringenden Tatverdacht stützen. Sie sei vor dem Kündigungsausspruch zu den erhobenen Tatvorwürfen nicht ordnungsgemäß angehört worden. In den Vorinstanzen war die Klägerin erfolgreich mit ihrer Klage, die Widerklage des beklagten Arbeitgebers wurde abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht (LAG Hamm, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 2 Sa 192/17) begründete die Entscheidung mit einem Beweisverwertungsverbot: Der Beklagte könne sich zur Rechtfertigung der Kündigung nicht auf die Auswertungen der Videoaufnahmen berufen.
Aufgrund des Datenund Persönlichkeitsschutzes bestehe ein Beweisverwertungsverbot. Die Aufzeichnungen vom 3. und 4. Februar 2016 seien erst sechs Monate später ausgewertet und daher entgegen § 6b Abs. 5 BDSG (in der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung) nicht unverzüglich gelöscht worden. Ob die dauerhafte offene Videoüberwachung auch des Arbeitsplatzes der Klägerin überhaupt zulässig gewesen sei, könne offenbleiben.
Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Beklagten. Quelle für Verfahrensinformation: Terminmitteilung BAG August 2018 Elke Rampfl-Platte Lindenburgweg 2 82418 Murnau T: 08841-4056175 RampflPlatte@posteo.de https://jusatpublicum.wordpress.com/