Oh! Typografie und Emotionen

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Oh!



Typografie und Emotionen

Lisa Katharina Hauser Bachelorarbeit II Studiengang "Informationsdesign" an der FH JOANNEUM Graz Betreuer: Alexander Kada


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Eidesstattliche Erkl채rung Vorwort Abstract

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Begriffserkl채rung Emotion Typografie

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13-15

16-20 21 24 25 25

Schrift Entstehung der Schrift Entstehung der Schriftformen Kalligrafie Westliche Kalligrafie Arabische Kalligrafie Chinesische Kalligrafie Schriftklassifikationen Anatomie der Schrift Anwendung Leseverhalten Lesbarkeit von Wortbildern


Seite 31 33-35

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Lesbarkeit Schrift als Emotionstr채ger Wie entstehen Emotionen Sprache und Emotion Schrift und Emotion Emotionsausdruck Bild und Emotion Bilderverbot im Islam Kalligramm Digitale Welt und Schrift Serifenlose Schriften im digitalen Einsatz Der handschriftliche Aspekt in der digitalen Welt Politik und Schrift Schrift als Informationstr채ger Die richtige Schrift zur richtigen Zeit

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Typografisches Glossar Quellenverzeichnis Abbildungsverzeichnis

36 39 48-53

54-63


Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen/ Hilfsmittel nicht benutzt und die den benutzen Quellen wörtlich und inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Graz, 30. Oktober 2013

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Eidesstattliche erklärung


Vorwort Freude, Leichtigkeit, Weiblichkeit, Männlichkeit, Ernst und Trauer. Emotionen und die daraus resultierenden Gefühle bestimmen unser Leben und Zusammenleben mit unseren Mitmenschen. So unterschiedlich die Auffassung und Interpretation von Gefühlen sein kann, so vielfältig ist die Welt der Schrift. Typografie hat die Fähigkeit, mithilfe von Serifen, Versalien oder sonstigen Eigenschaften Emotionen hervorzurufen oder zu beeinflussen. Die richtige Schrift in Verbindung mit dem vorgesehenen Text kann gezielt wirken und im Gedächtnis bleiben. Mein Anreiz für dieses Thema war schlichtweg die Tatsache, dass es zwar schon einige Bücher über Typografie und deren Einsatz gibt, allerdings keines, welches sich allein mit der emotionalen Komponente beschäftigt. Schrift ist so gegenwärtig in unserem Leben, aber sie wird oftmals falsch ausgewählt und erreicht somit nicht das Ziel, das der Schrift eigentlich vorgegeben wird: »Erzähl mir eine Geschichte und zieh mich mit deiner Schönheit in deinen Bann.« Durch diese Arbeit soll der Leser zumindest für ein paar Minuten in die spannende Welt der Emotionen und Typografie abtauchen und sich treiben lassen.

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abstract Deutsch Oh! Typografie und Emotionen Typografie hat die Macht, Botschaften zu vermitteln, Informationen auszutauschen und dabei auch noch Emotionen zu beeinflussen. Sie ist allgegenwärtig aber bekommt nicht diese Aufmerksamkeit, die sie verdient. Diese vorliegende Arbeit zeigt die verschiedenen Aspekte der Schrift und ihren Einfluss auf die verschiedensten alltäglichen Themen: Wie wähle ich die richtige Schrift für die richtige Botschaft und was kann ich noch von der Schrift lernen? Diese Aufschlüsselung soll das Verständnis und den Blickwinkel für Typografie ein klein wenig verändern.

English Oh! Typography and Emotions Typography has the power to mediate messages, to commute informations and to affect emotions. Typography is ubiquitous in our everyday life but doesn't get the affection it deserves. This bachelor thesis shows the various aspects of typefaces and their influences on daily topics: How do I pick the right font for the right message and what can I learn from Typography? This thesis should infect the appreciation for type and maybe change the angle for it.

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Abstract


Begriffserklärung Emotion Die Emotion ist ein psychischer Prozess, der durch die bewusste und/oder unbewusste Wahrnehmung eines Objekts oder einer Situation ausgelöst wird. Es äußert sich mit psychischen Veränderungen und geänderten Gefühlserleben. „Emotionen treten beim Menschen und bei höheren Tieren auf. Die aus einer Emotion folgende Interpretation eines Objekts oder einer Tatsache bezeichnet man als Gefühl.“ Typografie Der Begriff Typografie ist die Kunst des Druckens mit Lettern und grob gesehen der Umgang mit Schrift, Bildern, Linien, Flächen genauso die Gestaltung eines Layouts und der Entwurf von Schriften. Vielmehr kann man den Begriff bis zur richtigen Auswahl des Papiers oder des Einbands ausweiten und sogar von typografischer Kalligrafie oder kalligrafischer Typografie sprechen. Die gestalterischen Merkmale des Schriftsatzes einer Druckseite unterteilt man in Mikrotypografie und Makrotypografie.

Wikipedia http://de.wikipedia.org/ wiki/Emotion (zuletzt aufgerufen am 8. Juni 2013)

vgl. Wikipedia https:// de.wikipedia.org/wiki/ Typografie (zuletzt aufgerufen am 8. Juni 2013)

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"There are now about as many different varietes of letters as there are different kinds of fools" - Eric Gill

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Schrift

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Schrift Entstehung der Schrift Jedes Lebewesen auf der Erde kommuniziert bewusst und unbewusst und seit die Menschheit die Schrift entwickelt hat, hat der Mensch sich zur Hochkultur erhoben. Angefangen bei Höhlenmalereien, die oft alltägliche Szenen zeigten, über Hieroglyphen aus Ägypten, die schon viele Informationen und Geschichten mittels Schrift überbringen konnten, bis zur heutigen, großen Auswahl an verschiedenen Schrift und Schriftklassifikationen, die er lateinischen Schriftzeichen abstammen. Entstehung der Schriftformen

Vgl. Willberg: 2011, S. 19

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schrift

Es war einmal eine Zeichnung eines Stierkopfes und ist heute der Buchstabe »a« – Schriften sind nicht einfach so aufgetaucht, sondern haben sich über Jahrtausende hinweg zu dem entwickelt, was sie heute sind. Jede Kultur hinterließ seine Spuren, so auch beim Buchstaben »a«. Die Phönizier (ca. 1000 v. Chr.) nannten ihn »Aleph«, die Griechen »alpha« und die Römer (ca. 50 v. Chr.) »ah«. Durch die Geschichte kamen immer mehr verschiedene Buchstaben ins Alphabet, so dass es heute nur noch aus 26 Buchstaben besteht. Als eine entscheidende Veränderung könnte man den Schritt zur Kombination der Majuskelschrift (Großbuchstaben) mit der Minuskelschrift (Kleinbuchstaben) ansehen.


Kalligrafie

Before the Rain

Kalligrafie Eine bekannte Form der Schrift ist die Kalligrafie, eine Art der Schreibschrift (oder auch Schönschrift) die mit der Hand, Pinsel, Feder oder anderen Schreibmitteln geschrieben wird. Genauer gesagt kann man die Kalligrafie auch den Gegensatz zur Typografie sehen, da sie zufällig entsteht und die Typografie gesetzt wird. „Das Ansehen der Kalligraphie ist in der Kulturgeschichte überall dort gegeben, wo das Abschreiben heiliger Texte selbst als sakraler Vorgang eingestuft wird: So etwa traditionell im Christentum bei der Kopie der Bibel oder im Islam, wo die Basmala die häufigste kalligrafische Form ist. Noch heute ist auch für die chinesische und japanische Schriftkultur die Kalligrafie wichtig und inspirierend. Wichtiger als die Lesbarkeit ist dabei die Erzielung perfekter ästhetischer Ausgewogenheit und das Sichtbarmachen von Emotionen.“

https://de.wikipedia.org/ wiki/Kalligrafie (zuletzt aufgerufen am 29. Juli 2013)

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Westliche Kalligrafie In den westlichen Ländern spielte die Kalligrafie eine wichtige Rolle, da sie das einzige Schriftmittel war, um Literatur zu übermitteln. Der eigentliche Buchschmuck waren aber Bilder und Illustrationen, da im Christentum kein Bilderverbot herrschte, im Gegensatz zum Islam oder Judentum. Die Kalligrafie wurde auch häufig als eine eigenständige Kunstform für Überschriften verwendet, da die Lesbarkeit nicht immer gegeben war. In der Zeit der Renaissance und des Barocks wurde die bewusste Schönheit der Kalligrafie als Antwort auf die gedruckte Schrift gesehen und fand in Italien, Frankreich und England ihren Höhepunkt. Heutzutage wird die Kalligrafie nur mehr sehr vereinzelt verwendet, wie zum Beispiel bei Gestaltungen von Urkunden oder Plakaten, aber sie erfreut sich stets noch größter Beliebtheit. Arabische Kalligrafie Die arabische Kalligrafie besitzt eine jahrhundertelange Tradition und galt in den meisten arabischen Ländern der islamischen Welt als einzig erlaubte Kunstform. Aufgrund des Bilderverbots im Islam wurde die arabische Schrift, die nur kursiv geschrieben wird, wie Linien verwendet, wodurch typografische Bilder entstanden, auch Kalligramme genannt.

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kalligrafie


Chinesische Kalligrafie Im heutigen chinesischen und japanischen Raum hat die Kalligrafie immer noch hohen Stellenwert in der Gesellschaft und Kunst. Die Schreibweise, bei der Pinsel, Tuschestange und Tuschestein verwendet werden, ist impulsiv und spontan, wodurch die Schriftzeichen oft unleserlich aber umso mehr wie Bilder wirken. Die Schrift stellt den Text und die Lesbarkeit in den Hintergrund und die k端nstlerische, kalligrafische Gestaltung in den Vordergrund, dadurch gilt sie als Bild und nicht als Schrift.

Kalligraie Chinese Cally TFB

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HQdpx

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schriftklassifikationen

}

Oberl채nge

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Mittell채nge Grundlinie

}

Unterl채nge


Schriftklassifikationen Die Gliederung der Schriftfamilien wird in DIN 16 518 festgelegt. Sie beinhaltet elf Schriftgruppen.

Abc Abc

Gruppe I: Venezianische Renaissance Antiqua Die Renaissance Antiqua Schriften sind aus der humanistischen Minuskel des 15. Jahrhunderts hervorgegangen. Sie weisen geringe Strichstärkenunterschiede auf und die Serifen haben zum Grundstrich gerundete Übergänge. Das Schriftbild ist durch eine elastische, spannungsvolle Leichtigkeit charakterisiert. Der Buchstabe »o« besitzt keine senkrechte Achse, und der Querstrich des kleinen »e« ist schräg angesetzt. Vertreter: Centaur (1914-1924), ITC Weidemann (1939), ITC Berkeley Old Style (1983);

Abc Abc

Gruppe II: Französische Renaissance Antiqua Sie ist im Vergleich zur Venezianischen Renaissance Antiqua ruhiger, solider sowie gleichmäßiger und ist dadurch als Leseschrift besonders bewährt. Der Querstrich des »e« liegt waagrecht und die Achse des Buchstabens »o« nähert sich fast der senkrechten. Oberlängen der Minuskel sind meist etwas länger als die Höhe der Versalien. Vertreter: Bembo (1930), Minion (1990), Garamond;

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Abc Abc

Gruppe III: Barock Antiqua Die Barock Antiqua entstand aus dem Einfluss der Kupferstecher-Schriften und ist aufgrund größerer Unterschiede in der Strichstärke und fast senkrecht stehenden Achsen eine gut lesbare Schriftfamilie. Vertreter: Caslon (1725), Baskerville (1768), Times (1932); Gruppe IV: Klassizistische Antiqua

Abc Abc

Auch die klassizistische Antiqua entstand aus KupferstecherSchriften, und der extreme Unterschied zwischen Haar- und Grundstriche machen diese Gruppe zu einer Auszeichnungsschrift. Die Schriftfamilie wirkt statisch, als ob sie konstruiert wären. Die Serifen sind ohne Rundungen waagrecht an den Buchstaben angesetzt, die Achse des Buchstabens »o« liegt in der Senkrechten. Vertreter: Bodoni (1791), Wallbaum (1803), Didot; Gruppe V: Serifenbetonte Linear Antiqua

Abc Abc

Zu dieser Gruppe zählen die Schriften, die eine stark auffallende Betonung der Serifen zeigen und stark abgerundet sind. Früher wurden sie auch als »Egyptienne« bezeichnet. Die Haar- und Grundstriche unterscheiden sich wenig in der Dicke. Dennoch bleiben die Strichstärken unterschiedlich. Vertreter: Clarendon (1952), Glypha (1977), Boton (1986);

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Schriftklassifikationen


Gruppe VI: Serifenlose Linear Antiqua

Abc Abc

Bei der Gruppe der serifenlosen Linear-Antiqua-Schriften ist die Strichstärke optisch ganz einheitlich. Bekannt sind sie auch unter dem Namen »Grotesk« oder »Endstrichlose«. Im 19. Jahrhundert wurden die Schriften noch als Auszeichnugsschrift verwendet doch im Laufe des 20. Jahrhundert wurden sie auch als Leseschrift für längere Texte eingesetzt. Aufgrund der Vielzahl an serifenlosen Schriften entstanden auch verschiedene Untergruppen: Basierend auf der klassizistischen Antiqua bildeten sich die Akzidenz Grotesk (1898), Univers (1957) und Helvetica (1957).

Abc Abc

Abgeleitet von der Renaissance-Antiqua entstanden Lucida Sans, Frutiger (1976), FF The Sans Parallel zur europäischen Entwicklung entstanden auch die amerikanischen Groteskschriften, wie Antiqua Olive (1966), Franklin Gothic (1904) und Trade Gothic. Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich aus der Anfangsbewegung des Bauhauses die Schriften Futura (1928) und Eurostile. Gruppe VII: Antiqua Varianten

Abc

Zu den Antiqua Varianten zählen alle Schriften, die den vorhergegangen Gruppen nicht zugeordnet werden konnten. Hauptsächlich findet man darin Versalschriften für dekorative und monumentale Zwecke. Vertreter: Optima, Cooperplate, Eckmann; 19


Abc

Gruppe VIII: Schreibschriften Zu dieser Gruppe zählen Schul-, Kanzlei- und Schreibschriften, die mit der Zeit auch zur Drucktypographie wurden. Vertreter: Mistral

Abc

Abc

Gruppe IX: Handschriftliche Antiqua Es entstehen immer mehr Schriften, die von diversen Handschriften ausgehen und einen persönlichen Eindruck hervorrufen sollen. Vertreter: Zapfino, Brush Script Gruppe X: Gebrochene Schriften Diese Gruppe war vor 1941 im deutschsprachigen Raum üblich für Alltagsschriften. Gotisch, Rundgotisch, Schwabacher, Fraktur Gruppe XI: Fremde Schriften

Vgl. http://www.nixberg. at/uni/pim/downloads/ Schrift_Klassifikation.pdf (zuletzt aufgerufen am 29 Juni 2013)

Darunter fallen alle Schriften, die weit verbreitet sind, wie zum Beispiel die chinesische Handschrift, die arabische Handschrift und viele mehr.

Vgl. http://de.wikipedia. org/wiki/DIN_16518 (zuletzt aufgerufen am 29. Juni 2013) Vgl. Willberg: 2011, S.80)

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Schriftklassifikationen


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1 4

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8 9

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9

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7 12

2

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Anatomie der Buchstaben 1 Schaft und Grundstrich 2 An- und Abstrich 3 Querbalken 4 Schwanz 5 Bauch 6 Schulter 7 Schenkel 8 Querstrich 9 Punze 10 F채nchen 11 Ein- und Ausgang 12 Arme

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"typografie ist das bild der sprache, ist die visuelle form des sprechens." - otl aicher

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Anwendung

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Typografie verfolgt das Ziel, Inhalt, Information und Zweck eines Werkes zu vermitteln. Typografen versuchen, die Botschaft eines Werkes mit der visuellen Erscheinung in Einklang zu bringen oder manchmal auch das Gegenteil, so dass die Botschaft des Textes in den Hintergrund tritt und das Visuelle in den Vordergrund. Dies gelingt mit verschiedenen Stilmitteln wie Schriftart, Schriftgröße, Wahl der Zeilenlänge, Satzspiegel, dem passenden Papier, Strukturierung oder gar Reduktion. Wie wäre eine Welt ohne Schrift? Für uns kaum vorstellbar, ist sie doch überall um uns herum. Sie findet sich auf Zeitungen, Werbeplakaten, Briefen, Anleitungen, Milchpackungen und so weiter. Die Schrift vermittelt uns ständige Information, die wir abrufen können, wann immer wir wollen. In weiterer Folge werden verschiedene Stilmittel besprochen, die die Einprägsamkeit von Typografie und die emotionalen Komponenten beeinflussen.

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anwendung


Leseverhalten Wie jeder weiß, besteht eine beschriebene Seite aus aneinandergereihten Wörtern und diese wiederum bestehen aus verschiedenen Buchstaben. Aber in Wahrheit lesen wir nicht Buchstabe an Buchstabe, sondern Wortbilder. Wir buchstabieren ja auch nicht jeden Satz, so wie man es in der Schule gelernt hat, sondern Buchstaben haben den Sinn, einzelne Wortbilder entstehen zu lassen. Entscheidend für das Leseverhalten ist, unverwechselbare Bilder zu schaffen und durch unser Alphabet, das ja bekanntlich aus 26 Buchstaben besteht, wird jedes einzelne Wort zu einem Individuum.

Vgl. Aicher 1988, S.50

IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII IIII IIIIIII IIIIII II II IIII II IIII II Beispiel der Lesbarkeit von Wortbildern Die erste Reihe zeigt Linien ohne Höhenunterschied und Abstand. Es ist schwer, die Linien zu zählen. Fügt man aber Abstände hinzu, erkennt man schon mehr Individuen. Noch deutlicher werden die verschiedenen Wortbilder, wenn man typische Silhouetten der Groß- und Kleinbuchstaben einsetzt. „Die Entwicklung zu einer fortschrittlichen Schriftkultur ist verbunden mit der Anerkennung unterschiedlich großer Buchstaben.“ (Aicher: 1988, S.53)

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(Willberg: 2011, S.35)

Beim Lesen gleiten unseren Augen nicht von Zeile zu Zeile, sondern springen von einem Punkt zum nächsten. „Während der Bewegung (Saccade) sieht man nichts, beim Stillstand (Fixation) sieht man etwas, und zwar ungefähr neun Buchstaben im Umkreis der Fixation.“ Das beschränkt sich nicht auf eine Zeile, sondern passiert von links nach rechts sowie von oben nach unten. Somit ist es die Aufgabe des Typografen, das Auge beim Lesen in einer Zeile zu halten. Wenn vom Auge ein Buchstabe nicht identifiziert werden konnte, wird das nochmals gelesen (Regression). Vom Zeilenende muss das Auge des Lesers wieder zum Anfang der nächsten Zeile (Rückschwund), um somit weiterlesen zu können.

(Willberg: 2010 S. 14)

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leseverhalten

Bevor ein Buchstabe verstanden werden kann, muss man ihn erst lesen und in Verbindung bringen, welche Buchstaben und Satzzeichen danach folgen. Entscheidend für eine Buchgestaltung sind sowohl die Regeln, wie Schrift und Satz gesetzt werden müssen, als auch die Art, wie gelesen wird. „Lesetypografie ist Buchgestaltung, die vom Leser und vom Lesen aus gesehen.“


So unterscheidet Willberg (2010, S.14 ff) in acht Gruppen von Lesearten, die jeweils ihre Anforderungen an den Typografen stellen: · Lineares Lesen · Informierendes Lesen · Differenzierendes Lesen · Konsultierendes Lesen · Selektierendes Lesen · Typografie nach Sinnschritten · Aktivierende Typografie · Inszenierende Typografie

Lineares Lesen ist die klassische Leseart. Jeder Buchstabe und jeder Satz wird nacheinander gelesen und bietet den höchsten Lesekomfort. Am häufigsten kommt diese Form bei Romanen oder erzählender Prosa vor. Hier werden die »klassischen« Regeln angewandt: unaufdringliche Schrift, Schriftgrad zwischen 8 und 11 Punkt, enger Satz ohne »Löcher«, ca. 60 bis 70 Zeichen pro Seite, 30 bis 40 Zeilen pro Seite. Die einzige Individualität, die man als Typograf einbringen kann, ist die Variation mit Überschriften. Der Text wird grundsätzlich in Blocksatz gesetzt, doch wenn es die Satzqualität zulässt, kann man auch (einen gut gesetzten) Flattersatz verwenden. Das Papier darf nicht zu weiß sein und die Schrift nicht zu klein, um den Lesefluss nicht zu unterbrechen. 27


Informierendes Lesen bedeutet ein schnelles, diagonales Lesen des Textes, um einen Überblick über die Informationen zu bekommen, ohne alles lesen zu müssen. Angewandt wird diese Form vor allem bei Sachbüchern, Ratgebern und Zeitungen. Müsste man die Zeitung Wort für Wort durchlesen, wie bei Romanen, würde manseinen Tagesablauf nicht mehr bewältigen können. Somit werden die Überschriften kurz und deutlich, in fetter oder halbfetter Schrift sowie informativ gehalten. Wichtig ist, dass der Text in überschaubare Textmengen gegliedert wird und in Spalten gesetzt wird. Absätze im Text werden durch einen Einzug oder ein Leerzeichen gekennzeichnet. Der Schriftgrad muss leserfreundlich (also zwischen 8 und 11 Punkt) und durch die schmalen Sätze entstehen »Löcher«, die aber nicht weiter störend sind. Differenzierende Typografie

Diese Form wird oft bei wissenschaftlichen Büchern und stark strukturierten Texten verwendet, die nur mit einer gut ausgebauten Schrift, mindestens mit Kapitälchen und Halbfetter. Im Gegensatz zum informierenden Lesen findet man bei der differenzierenden Typografie längere und enger gesetzte Zeilen, kleinere Schriftgrade und vollere Seiten. Bei Überschriften und Auszeichnungen werden nur Kapitälchen, Schriftmischungen, Versalien oder Farbe verwendet.

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leseverhalten


ist die wohl weit verbreitetste Art des Lesens. Wörterbücher, Lexika, Fahrpläne, Kinoprogramme, Stunden- oder Ersatzpläne sowie noch viele weitere Beispiele zeigen, dass man hier einen Text »konsultiert«. Die typografischen Mittel sind kleine Schriftgrade (7-8), knapper Zeilenabstand und mehrspaltige Zeilen. Überschriften und Auszeichnungen sind stark strukturiert und so deutlich wie möglich. Vor allem Nachschlagewerke wie Lexika und Wörterbücher leben von Stichwörtern und diese benötigen als Luft eine gut funktionierende Typografie. Wenn das gesuchte Stichwort gefunden wurde, kann der Text in verschiedenen Weisen gelesen werden. „Informierend, wenn der Leser sehen möchte, ob er überhaupt die erhoffte Auskunft erhalten kann. Differenzierend, wenn der Begriff wissenschaftlich dargelegt wird. Linear, wenn es sich um einen Kurzartikel handelt."

Hier werden verschiedene Ebenen verwendet, die zusammenhängend oder extra stehen können und oft bei Schulbüchern und Kochbüchern in Funktion treten. Wichtig ist, dass die Gestaltung nicht ablenkt sowie eine eindeutige Trennung der Ebenen, damit man sie ohne Mühe lesen bzw. lernen kann. Überschriften und Auszeichnungen sind eindeutig und herausstechend. Die Schriftgröße ist leserfreundlich und man kann bei den Schriftschnitten aus dem Vollen schöpfen.

Typografie für konsultierendes Lesen

(Willberg: 2010, S.35)

Typografie für selektierendes Lesen

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Typografie nach Sinnschritten

Aktivierende Typografie

Inszenierende Typografie

Vgl. Willberg: 2010, S.16 ff

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leseverhalten

Für Leseanfänger, Lehrbücher für Fremdsprachen und Bilderbücher wird eine größere Schriftgröße, ein höherer Zeilenabstand und eine sinngerechte Zeilenbrechung verwendet. Wichtig sind auch eine gut lesbare Typografie und gut sichtbare Überschriften.

Ins Auge stechende Gestaltung und Typografie – sie wirken aktivierend und sollen Leser, die eigentlich nicht lesen wollen, und Schüler, die eigentlich nicht lernen wollen, zum Lesen direkt einladen. Es sind keine typografischen Grenzen gesetzt und erlaubt ist, was gefällt. Wichtig ist, anders zu sein und aufzufallen!

hier sind auch den Mitteln und der Gestaltung keine Grenzen gesetzt. Verschiedene Schriftarten, Farben, Formen, Schriftgrößen, Spalten sowie Schriftrichtung sind erlaubt und können sowohl für Bücher als auch für Gedichte, Einladungen oder Aktionen verwendet werden.


Lesbarkeit Allen vorangestellt ist die Auswahl der richtigen Schrift, die die Lesbarkeit und somit das Verständnis eines Textes maßgeblich beeinflusst. Sie muss in der Lage sein, eindeutige und schnell erfassbare Wortbilder zu erzeugen, um das Auge in der Zeile zu halten. Grundvoraussetzung für eine Informationsübermittlung von Schrift ist die Lesbarkeit. Diese kann durch verschiedene Einstellungen beeinflusst werden. Die Wirkung der Schriftzeile wird durch die Laufweite beeinflusst, also durch den gleichmäßigen Abstand zwischen den Buchstaben. Das Auge entscheidet am besten, welche Laufweite zum Lesen angenehm ist. Entscheidend ist auch das Kerning. Das bedeutet, dass für bestimmte Zeichenpaare automatische Werte für das Enger- oder Weiterstellen in die Schrift eingebaut sind.

Vgl. Willberg: 2010, S.76

Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier werden die Laufweite und das Kerning gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier werden die Laufweite und das Kerning gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier werden die Laufweite und das Kerning gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier werden die Laufweite und das Kerning gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen.

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Eine weitere Einstellung ist der Wortabstand, der im Verhältnis zum Zeilenabstand steht. Die Wörter einer Zeile müssen gut erkennbar von einander getrennt sein. Der Wortabstand wird generell automatisch gestellt, kann aber auch für jede Satzart und Schriftgröße einzeln bestimmt werden. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier wird der Wortabstand gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier wird der Wortabstand gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier wird der Wortabstand gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier wird der Wortabstand gezeigt.

Die wohl einflussreichste Veränderung der Lesbarkeit bewirkt der Zeilenabstand. Ist der Zeilenabstand (oder wie früher gesagt wurde: Durchschuss) zu groß, springt das menschliche Auge zu viel und der Lesefluss wird dadurch beeinflusst. Ist der Abstand zu niedrig, »hängt« sich das Auge sehr leicht in einer Zeile fest. Zusätzlich können die Satzqualität, die Textmenge und die Übersichtlichkeit eines Textes einen Part in der Lesbarkeit spielen. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier wird der Zeilenabstand gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen. Hier wird der Zeilenabstand gezeigt. Hier ist nur ein Beispieltext um verschiedene Beispiele der Lesbarkeit zu zeigen.

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lesbarkeit


Schrift als Emotionsträger Wie entstehen Emotionen? Emotionen und Gefühle bestimmen seit Anbeginn unser Leben. Warum freuen wir uns, wenn wir zu Weihnachten Schnee sehen, warum fürchten wir uns vor Spinnen oder warum werden wir wütend, wenn wir ein Glas zerbrechen sehen? Nach Hellgard Rauh, eine bekannte deutsche Psychologin, entwickeln sich die »Grundemotionen« schon im Säuglingsalter: · Vergnügen und Freude · Ängstlichkeit und Furcht · Wut und Ärger. Im fortgeschrittenen Alter spezifizieren wir unsere Emotionen und Gefühle wie z.B.: Überraschung, Ekel usw.

http://de.wikipedia. org/wiki/ Emotion#Entwicklung_ der_Emotionen

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Bei der Entstehung von Emotionen spielen verschiedene Aspekte mit: · Wiederherstellung einer früheren emotionalen Bedeutung (Was hat die betreffende Person schon mal erlebt? Wie prägend war die Situation? Genauso entscheidend ist Ort, Zeit oder Kontext der Erfahrung) · die Erziehung (War zum Beispiel Weihnachten sehr wichtig für die Familie? Wurde der Geburtstag besonders gefeiert?) · das Geschlecht (Männliche Leser nehmen »härtere, schwarzlastigere« Schriften mehr wahr als Frauen, die »leichtere, geschwungenere« Schriften bevorzugen.) · Traditionsbewusstsein · das Alter · intellektuelle Erziehung/Wissen · ethnischer Hintergrund Eine Emotion hat üblicherweise eine kognitive, eine physiologische, eine Gefühls- und eine motivationale Komponente. Das bedeutet: Personen, die eine bestimmte Emotion haben, · haben bewertende Gedanken, · bemerken körperliche Veränderungen, · erleben ein meist definierbares und benennbares Gefühl, · zeigen in der Folge der Emotion häufig ähnliche Verhaltensweisen. Emotionen tragen demnach ihre Bedeutung in sich selbst und verweisen auf nichts anderes außer auf sich.

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emotion

Vgl. Gutschi: 2010, S.31


Die Emotion ist ein komplexer Prozess, der auf verschiedenen psychischen/seelischen Funktionsebenen abläuft. Unterschiedlich dazu ist der Begriff Gefühl, der nur das subjektive Erleben der Emotion bezeichnet, wie z.B. Freude, Lust, Geborgenheit, Liebe, Trauer, Ärger, Glücklich sein, Wohlbehagen. Gefühle werden gewöhnlich als verschieden von Wahrnehmungen, Empfindungen und Denken, aber auch vom Wollen angesehen, können sich jedoch mit allen anderen Erfahrungsweisen verbinden. Stimmungen unterscheiden sich von Emotionen und Gefühlen durch ihre zeitliche Länge und Intensität (z.B.: Gute Laune).

Vgl. Wikipedia http:// de.wikipedia.org/wiki/ Emotion#Entwicklung_ der_Emotionen (zuletzt aufgerufen am 11. Juli 2013)

Sprache und Emotion Emotionen und die Auseinandersetzung mit Sprache sind wichtige psychologische Themenfelder, die auch bisher kaum miteinander verbunden wurden. „Einerseits können Emotionen empfunden werden, ohne dass diese in Form einer sprachlichen Äußerung zum Ausdruck kommen. Andererseits können Emotionen aber auch als Sprache an sich aufgefasst werden.“ Es ist aber schwierig, eine Emotion richtig zu deuten, denn eine anerkannte Emotionsdefinition gibt es nicht, da Emotionen ein persönlich erfahrbarer Zustände sind, die durch verschiedene Ausdrücke (Gesicht, Haltung, Stimme) von außen wahrgenommen werden können.

Gutschi: 2010, S. 30

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Schrift und Emotion Innerhalb von einer Hundertstelsekunde entsteht der erste Eindruck einer gedruckten Seite. Das Zusammenspiel der Elemente, so auch das Aussehen jedes Einzelnen, wird schon von unserem Gehirn verarbeitet, bevor überhaupt ein Wort gelesen wurde. „Was wir am meisten lesen, lesen wir am besten“. Soll heißen, dass sich gewisse Schriftbilder tief ins Gedächtnis der Leser einprägen und, so wie der erste Eindruck bei einem Menschen, schwer wieder zu verändern sind. Schrift hat neben der Eigenschaft, schön auszusehen, auch die Fähigkeit, Emotionen auszudrücken. „Man muss sich einen Buchstaben etwas näher ansehen: Er hat doch eine Persönlichkeit, ist leicht oder schwer, rund oder eckig, mager oder füllig.“ Sie können eng aneinander stehen und kaum Luft lassen oder uns ein Gefühl von Leichtigkeit vermitteln. So wie manche Wörter schöner klingen als andere, können Buchstaben auch schöner aussehen als andere. Schwerwiegende Gefühle wie Zweifel oder Trauer verlangen nach stärkeren, schwereren Zeichen, oder nicht. Das Problem ist, dass man zwar die angemessene Schrift aussuchen kann, Sobald diese aber auf der Seite steht, umgeben von anderen Elementen und etwas Raum, kann alles ganz anders wirken.“

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schrift und emotion

(Spiekermann: 2004, S.40)

(Spiekermann: 2004, S.40)

(Spiekermann: 2004, S.40)


Somit liegt ein Augenmerk auf der Auswahl der Schrift aber auch auf den die Schrift umgebenden Raum. Wie viel Platz lasse ich, um die Schrift wirken zu lassen? Braucht die Schrift eventuell auch Luft zum »atmen«? Die Wissenschaft gibt sich damit nicht zufrieden, dass manche Gesichter einfach »schön« sind und manche »hässlich«: Das Gesicht wird vermessen um herauszufinden, warum manche Gesichter angenehmer erscheinen als andere. Die Arbeit der Grafiker oder Typographen ist da nicht anders. Die Schrift wird ausgewählt, weil sie gefällt. Zwar kann man einzelne Buchstaben auch nach Einzelheiten, Proportionen und vielen weiteren Kriterien messen, aber diese geben kaum Auskunft darüber, ob diese Schrift auch gleich »schön« ist. „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“, sagte schon David Humes (1742) und dies verhält sich mit der Schrift nicht anders. Ob jetzt eine leichte, schwingende Schrift beim Leser gleich ein Gefühl von Leichtigkeit und Sorglosigkeit hervorruft, lässt sich nur schwer erzwingen, aber oft

Vgl. Spiekermann: 2004, S.40

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herausfordern. Denn jede Emotion wird von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgelöst, abhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Hintergrund und/oder Erfahrung. Somit sollte die Aufgabe, die richtige Schrift zur richtigen Art von Text und Information auszusuchen, Spaß machen und wie ein Urlaub sein: Man lässt Gewohnheiten zurück, freut sich auf kleine oder größere Abenteuer, man kleidet sich lockerer, luftiger als Zuhause und ist bereit für etwas Neues.

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schrift und emotion

Vgl. Spiekermann: 2004, S.40


Emotionsausdruck Schriften sind wie Gesichter – sie leben Emotionen aus, jede ist verschieden, sind kantig oder rund und werden somit einzigartig. Hier werden die Grundemotionen gezeigt, wie sie sich durch Gesichtsmimik äußern und welche Schrift sie durch ihr »Gesicht« zeigen:

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emotionsausdruck


Der Zweifel ist ein schwerwiegender Gemütszustand, der den Menschen nicht mehr klar und konstruktiv denken und handeln lassen kann. Dunkle Gefühle wie der Zweifel verlangen auch nach dunklen und schwarzen Schriften, die mit ein paar Ecken und Kanten fest im Raum stehen.

Zweifel? Zweifel? Zweifel? Zweifel?

Abril Fatface

Clarendon

Impact

Poplar Std

Wie man hier sieht, unterscheiden sich die Schriften von einander doch wirken sie alle schwer und sehr schwarzlastig. Schnörkel und Spielereien wären hier fehl am Platz. Die Clarendon nimmt sich den Platz, die sie braucht um zu wirken wohingegen die Impact weniger Luft lässt aber dafür massiver wirkt.

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emotionsausdruck


Eines der stärksten Emotionen ist die Freude. Sie lässt die Hormone in die Höhe schießen und lässt den Menschen strahlen. Genauso sollte man mit der Schrift umgehen: Eine leichte, lockere, positive Schrift (auch Handschriften sind möglich), die den Leser dann vielleicht in Verzückung bringt?

Freude! Freude! Freude! Freude!

Arual

Mensch

KG Eyes Wide Open

Ginette

Locker, leicht und sympathisch - die beste Mischung für eine freudige Nachricht. Hier wurden auch Handschrift-Fonts verwendet, die die Emotion noch weiter unterstützen sollen. Bei der Arual wirkt der Buchstabe »e« schon wie ein lachendes Gesicht und die Ginette wirkt wie eine persönlich geschriebene Botschaft. Perfekt für den Einsatz. 43


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emotionsausdruck


Wut ist wie der Zweifel eine starke Emotion, die nach schwarzen, schweren Schriften verlangt aber auch Platz braucht, um laut zu brüllen. Die Schrift kann ruhig mit Macken kommen, es unterstützt die Wut noch mehr.

Wut. Wut. Wut. Wut.

Bemio

My Gal Swoopy

Flood Std

Prima09

Wut braucht wie die Verzweiflung schwere Schriften. Hier sind sie sogar noch schwarzlastiger als beim ersten Beispiel. Sie müssen aufwecken und in Erinnerung bleiben. Die My Gal Swoopy weist verschiedene Strichstärken auf, wodurch sie wuchtig wirkt. Die Flood Std scheint mit einem dicken Stift einfach so geschrieben worden zu sein. Sie drücken die Emotion ganz gut aus.

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emotionsausdruck


Hier sollte das Gestalten am meisten Spaß machen. Überraschung ist eine Emotion, die spontan hervorgerufen wird und die dazu passende Schrift soll locker und leicht sein. Sie kann ruhig ein paar handschriftliche Aspekte beinhalten aber sollte trotzdem viel Spaß machen.

Überraschung Überraschung Überraschung Überraschung

Bradley Hand ITC TT

Hobo Std

Lavanderia

Reklame Script

Hier steht nur Spaß im Vordergrund. Erlaubt ist, was gefällt und einen gewissen persönlichen Touch hat. Am besten eignen sich hier Handschriften und leichte, serifenlose Schriften wie die Lavanderia oder die Reklame Script. 47


Bild und Emotion Bilderschriften Bilderschriften, oder auch bekannt als Piktogramme, sind Bilder, aus denen die Bedeutung direkt ableitbar ist. Die wohl bekanntesten Vertreter sind die Hieroglyphen, die verschiedene Bilder aneinanderreihten, um Informationen zu vermitteln. Auch die chinesische Schrift lässt sich eher in den Bereich der Bilderschriften ansiedeln, da jedes Wort aus ein bis zwei Schriftsätzen besteht. Diese Schriftsätze entstanden, wie auch der Buchstabe »a«, durch verschiedene Bilder. Das Zeichen für „Pferd“ entstand beispielsweise aus einer Zeichnung auf einem Orakelknochen. Die chinesische Schrift hat keine Interpunktion, die Zeichen stehen immer im gleichen Abstand zueinander und auch die Schreibrichtung wurde von oben nach unten von links nach rechts verändert. Ein Wörterbuch aus dem Jahre 100 v. Chr. enthielt 9353 verschiedene Schriftzeichen und seit 1995 besteht das chinesische Alphabet aus 1500 bis 2000 Schriftzeichen. Somit gibt es verschiedene Schriftzeichen für Wörter, die auch doppeldeutig gesehen werden können. Für uns, die die chinesische Schrift nicht beherrschen, sehen wir statt den uns bekannten Buchstaben lauter kleine Bilder und es werden uns somit keine Informationen überliefert. Doch der emotionale Kontext ist ein weitaus größerer: Die chinesischen Schriftzeichen sind etwas Unbekanntes, Spannendes, die wie ein Gemälde erscheinen können.

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bild und emotion


Eine weitere Bilderschrift ist die arabische Schrift. Die arabische Schrift ist heute eine der am weitest verbreiteten Schriften der Welt und blickt im engeren Sinne auf eine Geschichte von etwa eineinhalb Jahrtausenden zurück, obwohl ihr Ursprung, wie der fast aller Alphabetschriften, älter ist. Sie wird von rechts nach links geschrieben. „Mit dem Bilderverbot im Islam erlangte die Ornamentik, ein Muster mit symbolischer Funktion, schon bald eine überragende Bedeutung, die auch die Schrift in diesem Bereich mit einbezog. Dadurch, dass hierbei immer mehr Gewicht auf die künstlerische Ausbildung der Schrift gelegt wurde, entwickelte sich auch zunehmend eine anspruchsvolle arabische Kalligrafie, die zu einer Entwicklung zahlreicher recht verschiedener Stilarten führte. Zwar kamen später einige dieser Stilarten wieder aus der Mode, doch sind einige von ihnen noch bis zum heutigen Tage erhalten geblieben.“ Durch die zwei Grundelemente der arabischen Schrift, der eckigen und der runden Grundform, lassen sich dadurch auch künstlerische Schriftbilder erstellen, die im öffentlichen, politischen oder gestalterischen Sektor gern verwendet werden. So verwendet etwa Al Jazeera, der größte Nachrichtensender in der arabischen Welt, ein Logo, dass aus Schrift besteht, aber künstlerisch verändert wurde. Es sollte wie eine Insel erscheinen, da der Firmensitz von Al Jazeera in Quatar ist.

Wikipedia http:// de.wikipedia.org/wiki/ Arabische_Schrift (zuletzt augerufen am 3. August 2013)

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In den arabischen Ländern wird die Kalligrafie immer noch oft für wichtige Dokumente und kunstvolle Zwecke verwendet. Ein Grund dafür ist die kursive Schreibweise, die die Anpassung an den Druck erschwerten und die Einführung der Druckpresse im arabischen Raum erschwerten. So wurde noch über hunderte Jahre hinweg die Bücher noch von Hand produziert. Aufgrund der geschwungenen und eckigen Eigenschaften der Schrift wurde sie auch schon in der Werbung verwendet, doch wurde die Schrift »zweckentfremdet«. Sie ist auf den ersten Blick zwar arabisch, bei genauerem Hinsehen ist der Text in Deutsch. Diese Form von Schriftgestaltung wurde schon öfters verwendet, um dem Leser zwar etwas Orientalisches zu vermitteln, soweit aber mit den orientalischen Schriften aber an sich nichts mehr zu tun hat.

Auch in der Werbung wurde das schon verwendet: Die österreichische Werbeagentur Demner, Merlicek und Bergmann hat im Auftrag für den steirischen herbst ein Plakat entwickelt, dass den zweiten Blick auf die arabische Welt schärfen soll. Beim ersten Betrachten sieht man eine arabische Schrift, doch beim genaueren Hinsehen liest man den Satz: »Auf den ersten Blick scheint vieles unverständlich.«

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bild und emotion


Bilderverbot im Islam Zur Zeit des Propheten Mohammeds beteten die Menschen Bilder von Göttern in Tier- oder Menschengestalt an, dies wiederum regte die Fantasie der Menschen an und sie konnten sich selbst ein Bild machten, wie Gott aussehen könnte. Um dies zu unterbinden, wurde die Darstellung Gottes im Islam verboten. Eigentlich sind auch die Darstellungen von Tier und Mensch untersagt, das gilt auch für das Kreuz, das ein christliches Zeichen für die Religion. Besonders streng gilt das Bilderverbot in Moscheen, weshalb sie mit Mustern und Kalligrafien geschmückt sind. Um Gott nicht bildlich darzustellen, wurde Allah durch seine 99 Namen beschrieben. „In Verbindung mit der großen Bedeutung des Wortes, gleichsam als Träger der Offenbarung, führt das Vermeiden bildlicher Darstellungen zu einer überragenden Rolle von Schrift (Kalligraphie) und Ornament in der islamischen Kunst. Dabei wird die Schrift häufig selbst zum Schmuck, oder Ornamente werden schriftähnlich gestaltet.“

https://de.wikipedia.org/ wiki/Bilderverbot_im_ Islam

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Das Bilderverbot galt auch in der jüdischen und christlichen Religion. So findet sich im Alten Testament ein Zusatz zum Ersten Gebot: Dann sprach Gott alle diese Worte: Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation;bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld. – (2.Mose 20,1-5)

Das Bilderverbot kommt unter anderem auch von der Weigerung Gottes, seinen Namen zu nennen: Da sagte Mose zu Gott: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen darauf sagen? Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der »Ich-bin-da«. Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der »Ich-bin-da« hat mich zu euch gesandt. Weiter sprach Gott zu Mose: So sag zu den Israeliten: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name für immer und so wird man mich nennen in allen Generationen. -- (2. Mose 3, 13-15)

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bild und emotion


Um das Wissen über Jesus und Gott sowie der Religion zu verbreiten, rückte die Wichtigkeit der Schrift in den Vordergrund.

Kalligramm Ein Kalligramm, oder auch Figurengedicht, ist ein Text oder Gedicht, der durch seine Anordnung und Formung wie ein Gegenstand aussieht. Vor allem wurde diese Form in der Spätantike und im frühen Mittelalter verwendet. Das besondere an Kalligrammen ist das Buchstabenraster aus dem es besteht, dass wie ein heutiges Wortsuchrätsel funktioniert. Die eigentliche Aufgabe der Kalligrammen ist die Wirkung des Bildes und nicht des Textes. Dieser wird, damit das Bild »realistisch« aussieht, verzerrt, verformt oder auch verdreht.

Vgl. https://de.wikipedia. org/wiki/Kalligramm (zuletzt aufgerufen am 3. August 2013)

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Digitale Welt und Schrift Schrift ist für viele Computerbenutzer heutzutage ein Allgemeingut geworden. Wenn man bedenkt, wie viele Schriften schon vorinstalliert sind und in verschiedenen Text-verarbeitungsprogrammen verfügbar sind, um Texten ein Gesicht zu geben. Experten schätzen, dass die Zahl der verfügbaren Fonts zum downloaden und verwenden mittlerweile weit über eine Million beträgt. Fonts sind elektronische Schriften und basieren auf den klassischen Schriftarten, die mit in Blei gegossenen Lettern auf Papier gedruckt wurden. Fonts werden pixel- oder vektorbasierend in einer Fontdatei abgespeichert und sind immer abrufbar. Zur Zeichendarstellung in Computern und informationstechnischen Systemen gibt es verschiedene Techniken. Diesen zufolge werden Fonts unterschieden in: · Rasterfonts (auch als Pixelfonts oder Bitmapfonts bezeichnet), bei denen jeder Bildpunkt einer Glyphe – das ist das konkrete Erscheinungsbild eines Zeichens – einzeln festgelegt ist. · Vektorfonts, bei denen die Darstellung der Glyphen durch Angabe von Vektoren für deren Umrisse erfolgt.

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digitale welt und schrift


Vektorfonts, in die auch Outlinefonts fallen, sind Fonts, die in ihrer gespeicherten Information, die auf einer von digitalen Nullen und Einsen abstrahierten Ebene basiert, hauptsächlich für die Ausgabe auf Vektorbildschirmen und Plottern gedacht sind. Im Gegensatz zu Rasterfonts sind Vektorfonts unabhängig von der Auflösung der Ausgabegeräte und können ohne Qualitätsverlust beliebig verändert werden. Da die meisten Ausgabegeräte mit Pixeln arbeiten, ist eine Umrechnung von Nöten und nur eine ähnliche Ausgabe möglich. Bekannte Outline-Fontformate sind: · TrueType (ein Standard zur Schriftdarstellung auf Bildschirmen und Druckern) · PostScript (entwickelt von Adobe Systems) · und OpenType (ein eigens überarbeitetes Fontformat, das auf TrueType und PostScript aufbaut und die Begrenzungen erweitert hat). Diese Formate erlauben es, ein möglich gleiches Aussehen von Bildschirm- und Druckerausgabe zu ermöglichen (das Prinzip: »What You See Is What You Get«). Man könnte in diese Materie natürlich noch weiter abtauchen, da dass Prinzip Schrift in der digitalen Welt eine umfassende Größe angenommen hat, jedoch wollen wir uns hier auf den Umgang mit Schriften beschränken.

Vgl. http://de.wikipedia. org/wiki/Font_ (Informationstechnologie) zuletzt augerufen am 28. August 2013

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So alltäglich der Umgang mit elektronischen Hilfsmitteln geworden ist, so alltäglich ist der Gebrauch von Schriften. Man schreibt Geschäftsbriefe, E-Mails, Statusnachrichten, Bestellformulare und SMS mit einer Selbstverständlichkeit, dass einem gar nicht auffällt, welche Fonts hierfür verwendet werden. Natürlich werden ein paar standardisierte Schriften verwendet, doch steht uns eine Fülle an Fonts zur Verfügung, die jedes Schriftstück zu einem personalisierten Brief machen würde. Später wird hier noch erklärt, für welche Momente man welche Schriften am besten verwenden kann. Ein Aspekt, dem wenig Beachtung geschenkt wird, ist die verwendete Schrift bei Mobiltelefonen. Nur wenige Leute beachten, dass zwischen den beiden größten Herstellern Samsung und Apple ein großer Schriftunterschied besteht. Beide verwenden serifenlose Schriften, doch verändert sich dadurch der Umgang mit dem Gerät. Es hat sich ja auch in der heutigen Smartphone-lastigen Welt ein Trend entwickelt, in dem fast jeder Verfasser einer SMS nur mehr Kleinbuchstaben verwendet. Die digitale Welt hat uns zu schnelllebigeren Menschen werden lassen. Obwohl man weiß, dass es Groß- und Kleinbuchstaben gibt und diese dann der korrekten Schreibweise entsprechen, wird aufgrund

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der Schnelligkeit nur »klein geschrieben«. Wie schon bei dem Kapitel „Lesbarkeit“ beschrieben, unterscheidet das Auge zum flüssigen Lesen zwischen den verschiedenen Höhen, die sich aus Groß- und Kleinbuchstaben ergeben. Otl Aicher, ein bekannter deutscher Gestalter und Typograf, verwendete durchwegs für seine Publikationen Kleinbuchstaben, da diese schneller und praktischer zum schreiben waren. Im Jahr 1925 verwendete das Bauhaus durchwegs nur Kleinbuchstaben: „wir schreiben alles klein, denn wir sparen damit zeit. außerdem: warum 2 alfabete, wenn eins dasselbe erreicht? warum großschreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?". Zurzeit fällt die reine Kleinschreibung noch unter Kunst und künstlerischer Betätigung, wenn sie in Zeitungen, Büchern oder sonst öffentlich aufkommt, doch wahrscheinlich wird sie immer mehr akzeptiert werden.

Wikipedia http:// de.wikipedia.org/wiki/ Kleinschreibung (zuletzt aufgerufen am 28. August 2013)

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Serifenlose Schriften im digitalen Einsatz Stellt man sich auch mal den Fall vor, es würden auf unserer Tastatur statt serifenlosen Schriften Serifen stehen, oder gar eine Fraktur? Serifenlose Schriften erleichtern uns das Lesen und Erstellen ungemein. Sie lassen sich digital durch die einzelnen Pixel gut darstellen und sind leichter lesbar als Schriften mit Serifen. Ein weiterer Aspekt ist es, dass die serifenlose Schrift der Handschrift am ähnlichsten ist, um sie digital einzusetzen. Niemand würde sich beim Schreiben die Zeit nehmen, um bei den Buchstaben noch Serifen anzusetzen. Auch im digitalen Medium wird die serifenlose Schrift durchwegs eingesetzt oder wie würde sonst das SMS schreiben z.B. am iPhone wirken? Wenn man mit der Geschichte der Schrift und des Buchdrucks bewandert ist, verbindet man mit den Serifen immer etwas Altes und mit Serifenlosen etwas Neues. Dieser Eindruck wird auch dadurch unterstützt, dass das Digitale schnelllebig ist und die Entwicklung der Schriften nicht hinterher kommt. Somit setzt man hier auf eine sichere Seite und verwendet eine serifenlose Schrift, welche gut lesbar, sparsam einsetzbar und digital perfekt umsetzbar ist.

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Solange wir noch etwas auf Papier drucken, ist die Schriftwahl gleichzusetzen mit der Wichtigkeit der Botschaft, dem Verständnis des Lesers und den technischen Bedingungen. Doch der Bildschirm bietet hie einen anderen Nährboden als ein Blatt Papier. Nichts ist so scharf und schön wie die Natur selbst und um diese Schärfe so gut wie möglich auch am Bildschirm zu erzeugen, müssen wir unsere Augen betrügen: Am Bildschirm sehen wir Flecken farbigen Lichts in RGB, also Rot-Grün-Blau. „Buchstaben sind zusammengestückelte Linien oder Punkte, und Schwarz ist keine Druckfarbe, sondern die Abwesenheit von Licht." Unter diesen Bedingungen ist es schwer für bestimmte Arten von Schriften zu überleben. So weit der Fortschritt auch sein mag, für das menschliche Auge wird es immer unangenehm sein, in ein Bildschirmlicht zu starren und dabei etwas zu lesen. Hier können serifenlose Schriften am besten überzeugen.

(Spiekerman: 2004, S. 73)

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Der handschriftliche Aspekt in der heutigen digitalen Welt Seit den Jahren, in denen Mobiltelefone und Computer erfunden wurden, hat sich unser tägliches Leben verändert. Wir sind immer und überall erreichbar, können E-Mails und Nachrichten während eines Meetings schreiben und gerade durch die Veränderung unseres Lebens durch Smartphones geht alles viel schneller. Smartphones sind Mobiltelefone, die Computerfunktionalitäten aufweisen und großteils mittlerweile mit berührungsempfindlichen Bildschirmen ausgestattet sind. Hat man sich früher noch aktiv Zeit genommen, um beispielsweise einen Einkaufszettel zu schreiben, gibt es mittlerweile eigene Applikationen, kurz Apps, die uns diese Aufgabe abnehmen. Termine werden in den digitalen Kalender eingetragen und da wir mittlerweile fast rund um die Uhr online und erreichbar sind, werden wir ohne großes Nachdenken an alles erinnert. Großteils wird die tägliche Arbeit im Job heutzutage am Computer erledigt, Meetings werden digitalisiert und Skripten an den Universitäten werden nach den Vorlesungen per E-Mail oder Online Storage zur Verfügung gestellt. Selbst der Postbote lässt den Erhalt des Pakets digital unterschreiben. Gibt es überhaupt noch Momente, in denen der gute alte Stift und das Blatt Papier den erhellten Bildschirm ablöst?

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Und geht durch den heutigen digitalen Umgang nicht die Kultur der Schrift/Handschrift verloren? Wurden früher noch handschriftliche Briefe verschickt, um dem Empfänger Informationen zu übermitteln, schreibt man heute teilweise in nicht mal 60 Sekunden eine E-Mail, um Informationen zu überbringen oder gar noch unkonventioneller schreibt man eine SMS, die Abkürzung für »Short Message Service«. Diese Möglichkeit, schnell und einfach Text zu versenden, gibt es seit der Erfindung von Mobiltelefonen, doch wird sie seit ca. 10 Jahren voll ausgeschöpft. Man braucht nichtmal mehr jemanden anzurufen, um sich mitzuteilen, sondern kann ganz einfach auf verschiedene Tasten (oder heutzutage an bestimmten Punkten am Touchscreen) drücken und der Buchstabe erscheint am Bildschirm. Diese Form der Mitteilung birgt aber auch schon einen negativen Punkt in sich: Legte man beim Schreiben eines Briefes noch großen Wert auf die Rechtschreibung, die man so mühevoll in den ersten Jahren der Schulausbildung erlernt hat, »vergisst« man dies beim Erstellen einer SMS – schnell und einfach soll es sein. Das Verschicken von SMS wird heutzutage in Österreich zum größten Teil von Jugendlichen genutzt, um sich mit Freunden auszutauschen und um somit so schnell wie möglich antworten zu können, wird alles in Kleinbuchstaben und manchmal sogar nach Mundart und fehlender Grammatik geschrieben.

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Durch das tägliche verwenden von digitaler Schrift ohne Rücksicht auf Grammatik und Rechtschreibung geht somit teilweise auch die Richtige, kulturell wichtige Schrft verloren. Im Gegensatz zum Schreiben einer SMS am Mobiltelefon, spielt der Laptop auch eine große Rolle im täglichen Leben. Er ist ein treuer Begleiter, der schnell zur Hand ist und verlässlich die Aufgaben erledigt. Der Informationsaustausch im Beruf erfolgt rein digital, wobei aber die wichtigen Schriftstücke immer noch ausgedruckt und somit Schrift auf Papier ist. Auch Schulbücher und die dazu verwendeten Hefte verlangen noch nach Handschriften aber auch hier wird nicht auf Laptops verzichtet, doch wird noch versucht, eine Ausgeglichenheit zu erhalten. Der handschriftliche Aspekt bringt noch einen Punkt mit sich: Beim Schreiben mit einem Stift auf einem Blatt Papier beschäftigt man sich bewusster damit. Der Ablauf einer Notiz setzt ein gewisses geistiges Bewusstsein voraus, dass in dem Moment passiert, wenn der Stift das Papier berührt und die erwünschte Nachricht aufträgt. Wenn man es dann wieder löschen will, muss teilweise das Schriftstück zerstört werden und diese Gefahr will man nicht eingehen. Die Notiz auf einem Stück Papier hat auch den Vorteil, dann vorhanden zu sein, wenn Laptop oder Mobiltelefon nicht

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digitale welt und schrift


funktionieren und bindet vor allem auch emotional. Wenn der Leser etwas Handschriftliches liest, fühlt er sich emotional erfasst, da er weiß, dass sich der Ersteller der Nachricht aktiv damit auseinander gesetzt hat. Und ehrlich gesagt: Wer freut sich nicht über eine nette handgeschriebene Nachricht? Doch hat der digitale Verlauf der Schrift auch genügend Vorteile: alles lässt sich leicht lesen (was sich mit der Handschrift nicht immer machen lässt), es stehen eine gigantische Fülle an verschiedenen Schriften zur Auswahl und man kann seine Nachrichten schnell und in einer großen Vielzahl vervielfältigen und verschicken. Um bei Grafikern wieder mehr »handschriftliches« in den Alltag zu bringen, bieten die Hersteller von Grafiktablets eine Zusatzsoftware an, bei der das Tablet die handschriftlichen Buchstaben digital umsetzt. Daher werden die Bordcomputer von Autos der High-Class-Marken damit ausgerüstet, dass sie über ein berührungsempfindliches Tablet Buchstaben in digitale Schrift umschreiben und der Benutzer somit leichter den Computer bedienen kann. Somit lässt sich sagen, dass sich die digitale Welle niemals aufhalten lassen wird, aber es doch ab und zu schön ist, an die analoge Welt zu denken und den Stift in die Hand zu nehmen.

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Schrift und Politik Politik ist ein alltägliches Thema. Gerade auch vor den Wahlen wird kräftig die Werbetrommel gerührt und viel Geld u.a. auch die in Printwerbung gesteckt. Laut Statistik Austria wird ein Großteil der Werbekosten immer noch in den Printbereich investiert und auch von den potenziellen Wählern am besten aufgenommen. Um auch wirklich die richtige Botschaft zu vermitteln, ist das Layout entscheidend. Welche Schrift wird verwendet, ist sie farbig oder schwarz? Mit Bild oder ohne? Ohne hier eine politische Stellung einnehmen zu wollen, werden nachfolgend die Plakate der derzeit größeren Parteien für die Nationalratswahl 2013 gezeigt.

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schrift und politik


ÖVP Die österreichische Volkspartei setzt bekanntlich auf gutbürgerliche Werte und versucht diese auch auf den Plakaten widerzuspiegeln. Es wird sehr auf Patriotismus gepocht und Österreich als das Land der Möglichkeiten gezeigt. Die verwendete Schrift ist Nimbus Sans Novus Bold und die Laufweite wurde erhöht und durchwegs nur Groß-buchstaben verwendet, um auffallend und informativ zu wirken. Durch die Botschaft z.B.: „Österreich gehört den Entdeckern.“ wird die emotionale, sehnsuchtbehaftete Ebene angesprochen, die mit dem Bild eines Sees im Sommer eine gewisse Sehnsucht und den Patriotismus ansprechen soll. Um dies zu unterstreichen, wird das Wort „Entdeckern.“ mit Gelb hinterlegt, wobei die Schrift schwarz ist und somit als Eyecatcher eingesetzt wird.

SPÖ Die soziale Partei Österreichs verwendet hier auf den Plakaten ihren führenden Vorstehenden und Bundeskanzler Werner Faymann, der sichtlich während/bei einer Rede fotografiert wurde. Als Schrift wurde hier die serifenlose Gill Sans Std in Bold verwendet, die durch den Abstrich bei dem Buchstaben »a« nicht so statisch wie die Helvetica wirkt und durch die Schriftweise eine Nähe zum Betrachter aufbauen will. Der Spruch „Wir kämpfen für sichere Pensionen.“ soll das gemeinschaftliche Gefühl wecken und eine gewisse Vertrautheit zur Partei und Bundeskanzler erstellen. Der Hintergrund wirkt wie eine wehende rote Flagge.

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FPÖ Die freiheitliche Partei Österreichs ist bekannt für ihre Themen wie Asylpolitik, Sicherheit und Recht und schreckt nicht davor zurück, diese auch laut in die Öffentlichkeit zu bringen. Für das Plakat für die Nationalratswahl wurde die Schrift Europa Grotesk No.2 in Black Condensed verwendet, die mit geringer Laufweite und hartem Kearning richtig knallt und einen hohen Schwarzanteil mitliefert. Die Plakate heben sich deutlich von den Mitbewerben ab, da diese zu einem gewissen Teil überladen wirken: Die Schrift wird hier in Rot und Schwarz gesetzt, die österreichische Flagge zieht sich quer durch den unteren Bildrand und das Parteioberhaupt, H. C. Strache wird vertraut mit einer älteren Frau gezeigt, was den Spruch „Liebe deine Nächsten“ nur noch unterstreichen soll, sowie ein „Siegel“ im rechten unterem Eck. Der Sub-Spruch „Für mich sind das unsere Österreicher“, der in Schwarz und umrandet gesetzt wurde, soll klar gesagt werden, wen dieses Plakat erreichen soll. Das gesamte Layout wirkt auf den Betrachter überladen und reizüberflutend, die Signalfarben und -elemente wurden hier zuviel eingesetzt. Team Stronach Hier wurde als einziges Wahlplakat ein dunkler Hintergrund gewählt und nur mit zwei Stilelementen gearbeitet: Rechts ein Bild von Frank Stronach und links nur der Schriftzug „Jetzt Frank“. Es werden zwei Schriftschnitte einer serifenlosen, sehr feinen Schrift verwendet. Das Plakat soll zwischen den anderen durch die dunkle Farbe und dem kurzen Satz herausstechen und den Platz der neuen Partei sichern. 66

schrift und politik


Grüne Die Grünen vertreten Themen wie Umwelt, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit und sind auch bekannt dafür, dass ihre Plakate und Wahlwerbungen immer sehr bunt in den Vordergrund treten. So wie hier auch bei der Plakatserie, die ganz anders als bei den Mitstreitern in Grün und mit Tierbildern ausgestattet wurde. Die Schrift, die hier verwendet wurde, ist serifenlos und kommt aus dem linken Seitenrand in ca. 10 Grad Neigung in Grün und Weiß. Durch die farbige Hinterlegung in Pink wird hier ein Eyecatcher eingesetzt. BZÖ Das Bündnis Zukunft Österreich setzt bei der Nationalratswahl im September auf Steuersenkung und Sicherheit in Österreich. Die Wahlplakate nutzen die Farbe Orange als Signalfarbe, die auch die Parteifarbe symbolisiert. Die hier verwendete Schrift ist, wie auch bei den anderen Parteien, die serifenlose Benton Sans Condensed Black. Die Laufweite wurde etwas erhöht um die Lesbarkeit zu garantieren. Neben der Schrift ist auch das Bild von dem Parteiobmann zu sehen, der direkt in die Kamera schaut und somit auch direkt in die Augen der Betrachter.

Nächste Seite: Abbildungen der Wahlplakate mit Fokus auf Schrift

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www.oevp.at

Wir kämpfen für faire Bildung. Mit sicherer Hand für Österreich.

R E G I N WE T R E M BELÄM E I D S AL 68

Kapitel


GenuG Gezahlt!

r e t n u r n r e u Ste Mehr Geld zum leben!

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Schrift als InformationsträgeR Jeder von uns kennt es: Man schlägt die Zeitung auf und befindet sich mitten im Informationsstrudel. Wörter über Wörter trudeln auf den Leser ein und fett gesetzte Überschriften sollen die Aufmerksamkeit erwecken. Seit Anbeginn der Hochkultur, die mit Verwendung der Schrift einsetzte, war es immer ein Anliegen, Informationen zu verbreiten. Höhlenmalereien sollten Geschichten über die damalige Jagd- oder über das Familienleben erzählen. Hieroglyphen aus dem antiken Ägypten wurden als Kommunikationsmittel zwischen den Menschen und Völkern verwendet und aus der lateinischen Schrift resultierte unter anderem unsere heutige, im westlichen Teil der Welt verwendete Schrift. Durch die Erfindung des Buchdrucks im Jahre 1452 durch Gutenberg wurde der Informationsaustausch revolutioniert. Somit war es möglich, Texte für die damalige Zeit schnell und einfach, zu verbreiten und somit Informationen öffentlich verfügbar zu machen. Dies ist heute, letztlich auch durch das digitale Zeitalter, viel einfacher geworden. Wenn Informationen zu einem bestimmten Thema fehlen, wird es einfach schnell gegoogelt oder über Wikipedia, die freie Enzyklopädie, recherchiert. Sowohl digital als auch analog trägt letztendlich die jeweils verwendete Schrift dazu bei, Informationen für den Empfänger leicht verständlich zu übertragen. „Man kann nicht nicht kommunizieren“ - Paul Watzlawick

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schrift als informationsträger


Dieser Satz wird als erstes Gesetz der Kommunikation bezeichnet. Soll so viel heißen: Wir werden täglich und zu jeder Zeit von Informationen umgeben. Ob wir wollen oder nicht. Zeitungen sind so alltäglich, dass wir nicht mehr genau hinschauen, wenn wir lesen. Wenig Leute machen sich den Aufwand, die Schriften der verschiedenen Zeitungen miteinander zu vergleichen, aber trotzdem fällt jedem auf, dass manche Zeitungen leichter zu lesen und zu verstehen sind, als andere. Dies liegt nicht nur an der verwendeten Schrift, sondern auch an den Informationen, die dahinter liegen. „Das Gesicht der Zeitung entsteht überhaupt erst aus den verwendeten Schriften und ihrer Anordnung auf den Seiten." Selbst Zeitungen, die einen mit der hohen Anzahl an Schrift und Schwarzanteil quasi erdrücken, sind bewusst so gesetzt.

Vgl. Spiekermann: 2004, Seite 15

Spiekermann: 2004, Seite 15

Ein wichtiger Informationsträger neben der Schrift ist auch das Bild, das oft mit der Schrift in Zusammenhang steht. »Bilder sagen mehr als tausend Worte«, diesen Satz hört man öfters, wenn man Fotos von vergangenen Zeiten anschaut oder sich ein Bild für die neu eingerichtete Wohnung aussucht. Doch die Aufnahme der vermittelten Information durch ein Bild hängt mit mehreren Aspekten zusammen: Ist der Betrachter männlich oder weiblich, welches Alter, welche intellektuelle Vorgeschichte prägt den Leser, welche Traditionen spielen mit; um nur mal ein paar der ausschlaggebenden Aspekte zu nennen. Somit hat das Bild als Informationsträger weniger »Kraft« als die Schrift, aber als Emotionsträger kann es die Schrift unterstützen (wie z.B. in Sachbüchern), wenn nicht sogar manchmal in den Schatten stellen. 71


Die richtige Schrift zur richtigen Zeit Die richtige Schrift für den richtigen Anlass oder für die richtige Mitteilung kann Spaß machen, aber auch viel Arbeit verursachen. Will ich die Botschaft in den Mittelpunkt stellen oder Persönlichkeit reinbringen? Warum kann ich einen Text dekorieren und illustrieren? Selbst eine »neutrale« Schrift kann Arbeit ersparen, aber auch eine falsche Botschaft rüberbringen durch die Neutralität. Bei der Auswahl der richtigen Schrift kann es sein, dass wir öfters zu den gleichen Schriften greifen, da man weiß, wie sie sich unter bestimmten Bedingungen verhalten und wie sie wirken. Im Gegensatz dazu stehen die »neuen« Schriften, die man unbedingt mal ausprobieren wollte, aber nie wusste, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Ein weiteres Kriterium ist die Lesbarkeit, da man bestimmte Texte eher anschaut als liest. Auch wenn nie jemand Schriften nach ihren Fähigkeiten eingeteilt hat, Probleme zu lösen, so wurden doch die meisten bekannten Schriften für einen bestimmten Zweck entworfen. Die »Times New Roman« wurde zum Beispiel 1931 eigens für eine Londoner Zeitung erfunden.

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die richtige schrift zur richtigen zeit


Mit der richtigen Schriftart zur richtigen Zeit und Einsatz kann man also viel bewirken. Wie sonst kennen so viele Menschen die Schriftart von Coca Cola und assoziieren damit den »american way of life«? Folgend werden verschiedene Schriftarten vorgeschlagen, die für verschiedene Situationen – persönlich gesehen – gut funktionieren. Denn wie man weiß, die passende Schriftart hat auch viel mit der persönlichen Aufnahme zu tun, daher ist nicht schlecht, sich auf etwas Neues und Spannendes einzulassen:

Vgl. Spiekermann:2004, S. 60 ff.

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Die seriöse Botschaft In diesem Fall handelt es sich um Geschäftsberichte, Kündigungen oder sonstige seriöse Anliegen, die die Ernsthaftigkeit des Anliegens vermitteln sollen.

Univers

Hier kann man „klassisch“ bleiben und die oft verwendete Times New Roman oder Bodoni verwenden.

Times

Diese Schriften kommen mit Serifen, die eine gewissen Bodenständigkeit und Traditionsbewusstsein vermitteln. Im Serifenlosen Bereich empfiehlt sich auf Frutiger, Univers oder Akkurat zu setzen.

Typografie Typografie Typografie Typografie

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Univers

Helvetica

Times

Bodoni

die richtige schrift zur richtigen zeit

Helvetica


Die Leichte, lockere Botschaft Wenn es um weibliche Themen in der Werbung geht, wird gerne in die Kitschkiste gegriffen: Schreibschriftschriften und Scripts sollen die weiblichen Kunden ansprechen und persönliche Nähe aufbauen. Durch die Arbeit mit dem Gravierstift aus Stahl wirken diese Schriften auch aristokratisch und königlich. Psychologisch gesehen sprechen eine zarte, mit vielen Rundungen gehaltene Schrift die romantische Seite der Frau an, die direkt im Gehirn verarbeitet wird. Bekannte Vertreter sind Zapfino, Snell Roundhand, Bickham Script und Tangier.

Typografie Typografie Typografie Typografie

Coneria Script

Ginette

Reklame Script

Florence

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Die „EverYday working“ Aufgaben Hier werden Schriften bezeichnet, die im Alltagsleben eingesetzt werden und nicht großartig auffallen oder vom Namen her bekannt sind. Sie werden deswegen ausgewählt, weil man sich auf sie verlassen kann und sie einem nicht im Stich lassen. Für Gebrauchsanweisungen oder Inhaltsangaben müssen Schriften verwendet werden, die leicht unterscheidbar, kompakt und Belastungen wie Drucken und Kopieren leicht aushalten. Wichtig für die Auswahl einer Alltagsschrift: · Ein funktionaler Normalschnitt · ein fetter Schnitt mit großem Kontrast zum · Normalschnitt · Lesbare Ziffern

Typografie

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Officina Serif

Officina Serif

Typografie

Meta Serif Pro

Typografie

Myriad Pro

Typografie

Franklin Gothic

die richtige schrift zur richtigen zeit


Die Förmlichen Anlässe Eine gewisse Schrift, die einen förmlichen Anlass bedarf, sind heute nicht mehr allgegenwärtig so wie früher. Damals wurde ein großer Wert auf förmliche Einladungen auf Papier mit speziellem Design gelegt, wo heutzutage die meisten Einladungen über soziale Medien wie Facebook und Twitter erstellt und verschickt werden. Trotzdem werden haptische Einladungen nicht von heute auf morgen aufhören und somit sollte man sich auch Gedanken darüber machen, welche Schriften verwendet werden können. Früher waren es Script-Schriften, die meistens zentriert gesetzt wurden und an alte Menükarten erinnern. Heute ist die Schrift eigentlich zweitrangig, das Papier und das Format wird öfters in den Vordergrund gerückt, da förmliche Anlässe ein seltener Punkt im alltäglichen Leben sind und somit etwas Einzigartiges, Besonderes vermitteln. Diesbezüglich sollte natürlich auch die Schrift ausgewählt werden.

Typografie

Zapfino

Typografie

Snell Roundhand

Typografie

Edwardian Script ITC

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Die Neumoderne Schriften „Niemand kann vorhersagen, was eine Schrift plötzlich angesagt sein lässt, auch die Marketingleute der Schrifthersteller nicht.“ Es kann schon sein, dass verschiedene Medien wie Zeitungen oder Fernsehen Schriften verwenden, die dann bekannt werden und einen Trend auslösen, doch dafür muss diese Schrift mal erfunden und ausprobiert werden. Durch verschiedene Programme kann man heutzutage schon selbstgestaltete Schriften innerhalb von Tagen oder Stunden in eine Font verwandeln und einsetzen. „Zurzeit erleben wir gerade eine Rückkehr zu den Klassikern und deren modernen Überarbeitungen bzw. Interpretationen“. Soll heißen, dass Typografie auch ein Anzeiger für die derzeitigen Trends der Gesellschaft ist. Seit mittlerweile zwei Jahren geht der Trend wieder Richtung Beständigkeit und Traditionsbewusstsein. Es wird wieder Abstand zu den ganz angesagt Schriften genommen und mehr Wert auf Tradition gelegt. „Für manche Schriften gibt es nur gelegentlich eine Gelegenheit.

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die richtige schrift zur richtigen zeit

(Spiekermann: 2004, S. 71)

(Spiekermann: 2004, S. 71)


Für die ernsten Anwendungen sind sie zu modisch und etwas unbequem.“ Genauso ist es interessant zu beobachten, dass Schriften, die eigentlich für andere Zwecke erfunden wurden (z.B. wurde die FF Din auf Basis der deutschen Nationalschrift entwickelt oder Verdana wurde eigentlich als Webfont und nicht für den Druck entwickelt, wo sie aber jetzt den meisten Einsatz findet) ganz woanders besser wirken und ihr eigentlich angedachter Zweck sich verschiebt. Die Gestaltung mit solchen Ausnahmesituationen soll Spaß machen und den Gestalter wo hinbringen, wo er noch nicht war und somit auch selber Trends setzen kann. Alt soll mit Neu gemischt werden und Aufregend mit Bodenständigkeit – was raus kommt ist der Mix, den man braucht, um Emotionen anzusprechen und in Erinnerung zu bleiben.

Typography Typografie Typografie Typografie

(Spiekermann: 2004, S. 71)

el&font Block

Aller Display

BadaBoom

GhostTown

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If you remember the shape of your spoon at lunch, it has to be the wrong shape. The spoon and the letter are tools; one to take food from the bowl, the other to take information off the page‌ When it is a good design, the reader has to feel comfortable because the letter is both banal and beautiful. - Adrian Frutiger

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Anhang

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Danksagung Diese Arbeit hat mich monatelang begleitet und mir die Augen für das Schöne und Geheimnisvolle in Typografie geöffnet. Doch ohne tatkräftige Unterstützung würde dieses Buch heute nicht vor mir liegen: Ein großes Danke für die fachkompetente und immer wieder aufmunternde Unterstützung an meinen Betreuer Alexander Kada, der meine Begeisterung für Typografie noch mehr entfacht hat. Danke auch an meine Familie und Freunde, die mich immer wieder aufgebaut haben und immer für mich da sind.

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danksagung


Erstellt am MAC Gesetzt und gestaltet von Lisa Hauser mit Adobe InDesign und Illustrator Geschrieben in Baskerville, LatoSans und Coneria Script. Gedruckt von der Druckerei Khil und gebunden bei der Buchbinderei Folkhard

Gender Aufgrund der Lesbarkeit des Textes sind s채mtliche personenbezogenen Bezeichnungen geschlechtsneutral zu verstehen.

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Glossar von typografischen Terminologien

Akzidenz, Akzidenzsatz

Durchschuss, Zeilenabstand

Diverse Drucksachen z.B.: Geschäfts- Abstand zweier Zeilen, gemessen von papier, Anzeigen usw. der Unterlänge der oberen und Oberlänge der unteren Zeile; Ausgleichen

ZAB: Abstand zweier Zeilen, gemessen Beiseitigen von Unregelmäßigkeiten im von Fuß bis Fuß der Zeile Wortbild Einzug Auszeichnungen

Hervorhebungen im Text

Hängender Einzug Gemeine

Ausschluss

Kleinbuchstabe (Minuskel) Wortzwischenraum; Der Abstand zwischen den Wörtern Grundlinie Schriftlinie, auf der die Minuskeln aufBleisatz setzen In Metall gegossene Typen. Vorherrschende Technik für Schriftdruck vom Guillemets 15. Jahrhundert bis zum 20. Jahrhun- Französische Anführungszeichen dert. Hurenkind Detailtypografie

alleinstehende Zeile am Kopf einer Mikrotypografie, Satzgestaltung zwi- Seite schen Buchstaben, Zeichen, Wörtern Initial und Sätzen Hervorgehobener Anfangsbuchstabe Dickte

Breite eines Buchstabens/Zeichens in- Kapitälchen Buchstaben in Form von Großbuchstaklusive Vor- und Nachbreite ben, Größe und Strichstärke von Kleinbuchstaben

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typografisches glossar


Kursive

Regular

Schräggestellte Schrift

Normale Schriftstärke

Laufweite

Sans Serif

Genereller Buchstabenabstand einer Schrift ohne Serifen, Grotesk Schrift Script

Schriften, die sich von der Handschrift Buchstabenkombinationen, die als ei- abgewandelt haben gene Form gestaltet sind Ligatur

Serifen

Majuskeln

Großbuchstaben, Versalien Mediävalziffern

Zahlen mit Ober- und Unterlänge Minuskeln

Kleinbuchstaben, Gemeine

An- und Abstriche bei den Schriften Spationieren

Ausgleichen des Zeichenabstands Sperren

Erweiterung des Buchstabensabstands Versalien

Großbuchstaben, Majuskeln Höhe der Kleinbuchstaben ohne OberVersalziffern und Unterlänge Zahlen ohne Ober- und Unterlänge Mittellänge (x-Höhe)

Ober- und Unterlänge

Teile der Kleinbuchstaben, die die Mittellänge überragen Punze

Vgl. Glänzer: 2010, S.56

Kleine Binnenformen der Buchstaben

Vgl. Coles: 2012, S.9 Vgl. Willberg: 2011, S.101 Vgl. Willberg: 2010, S.8 85


Quellenverzeichnis Aicher, Otl: typographie. Berlin: Verlag Ernst & Sohn

1988 Coles, Stephen: The Geometry of Type. London: Thames

& Hudson Limited 2012 Glänzer, Kurt: Take me with you. Typografische Grund-

lagen zum Mitnehmen. Graz: Leykam 2010 Gutschi, Christian: Schriftwirkung und Sprachraum.

Untersuchung zur emotionalen Wahrnehmung von Druckschriften in Abhängigkeit vom Sprachraum und der Buchstabenstruktur verschiedener Sprachen. Boizenburg: Verlag Werner Hülsbusch 2010 Spiekermann, Erik: Über Schrift. Mainz: Verlag Hermann

Schmidt 2004 Tschichold, Jan: Ausgewählte Aufsätze über Fragen der

Gestalt des Buches und der Typographie. 2. Auflage. Basel: Birkhäuser Verlag 1993 Willberg, Hans Peter/Forssman, Friedrich (Hg.):

Lesetypografie. Mainz: Hermann Schmidt 2010 Willberg, Hans Peter: Wegweiser Schrift. Erste Hilfe

für den Umgang mit Schriften was passt - was wirkt - was stört. 4. Auflage. Mainz: Hermann Schmidt 2011 86

quellenverzeichnis


Online Arabische Schrift. In: Wikipedia. Die freie Enzyklopä-

die. Stand: 2. September 2013. http://de.wikipedia.org/ wiki/Arabische_Schrift (zuletzt aufgerufen am 13. September 2013) Bilderverbot im Islam. In: Wikipedia. Die freie Enzy-

klopädie. Stand: 23. August 2013. https://de.wikipedia. org/wiki/Bilderverbot_im_Islam (zuletzt aufgerufen am 13. September 2013) DIN 16518. In: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Stand:

29. Juli 2013. http://de.wikipedia.org/wiki/DIN_16518 (zuletzt aufgerufen am 13. September 2013) Emotion. In: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Stand:

25. August 2013. http://de.wikipedia.org/wiki/Emotion (zuletzt aufgerufen am 13.September 2013) Entwicklung der Emotionen. In: Wikipedia. Die freie

Enzyklopädie. Stand: 13. September 2013. http://de.wikipedia.org/wiki/Emotion#Entwicklung_der_Emotionen (zuletzt aufgerufen am 13. September 2013) Font (Informationstechnologie). In: Wikipedia. Die

freie Enzyklopädie. Stand: 28. März 2013. http://de.wikipedia.org/wiki/Font_(Informationstechnologie) (zuletzt aufgerufen am 13. September 2013)

87


Geschichte der Kleinschreibung. In: Wikipedia. Die

freie Enzyklop채die. Stand: 9. August 2013. http:// de.wikipedia.org/wiki/Kleinschreibung#Geschichte (zuletzt aufgerufen am 13. September 2013) Kalligrafie. In: Wikipedia. Die freie Enzyklop채die. Stand:

10. Juli 2013. https://de.wikipedia.org/wiki/Kalligrafie (zuletzt aufgerufen am 13. September 2013) Schneeberger, Hans Peter: Schriftklassifikationen. In:

http://www.nixberg.at/uni/pim/downloads/Schrift_Klassifikation.pdf (zuletzt aufgerufen am 3. Juli 2013) Typografie. In: Wikipedia. Die freie Enzyklop채die. Stand:

12. September 2013. https://de.wikipedia.org/wiki/Typografie (zuletzt aufgerufen am 13. September 2013) Was versteht man im Islam unter dem Bilderverbot? In: http://www.wasistwas.de/geschichte/die-themen/

artikel/link//c3fd3a9748/browse/2/article/was-verstehtm a n - i m - i s l a m - u n t e r- d e m - b i l d e r ve r b o t . h t m l ? t x _ ttnews%5BbackPid%5D=48 (zuletzt aufgerufen am 29 Juli 2013)

88

quellenverzeichnis


Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Arabische Kalligrafie. In: http://www.

arabische-kalligrafie.ch/downloads_archiv.html (zuletzt aufgerufen am 22. September 2013) Abbildung 2: Schrifthรถhe. Eigens erstellte Grafik von

Lisa Katharina Hauser Abbildung 3: Federn. Eigens erstellte Grafik von

Lisa Katharina Hauser Abbildung 4: Anatomie der Schrift. Eigens erstellte

Grafik von Lisa Katharina Hauser mit Anlehnung an: http:// theclarkhodges.com/projects/anatomy (zuletzt aufgerufen am 22. September 2013) Abbildung 5: Beispiel der Lesbarkeit von Wortbildern.

In: Aicher, Otl: typographie. Berlin: Verlag Ernst & Sohn 1988, S.53 Abbildung 6: Beispiel Laufweite und Kerning. Eigens

erstellte Grafik von Lisa Katharina Hauser Abbildung 7: Beispiel Wortabstand. Eigens erstellte

Grafik von Lisa Katharina Hauser Abbildung 8: Beispiel Zeilenabstand. Eigens erstellte

Grafik von Lisa Katharina Hauser

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Abbildung 9: Zweifel. Eigens erstelltes Foto von Lisa Katharina Hauser Abbildung 10: Freude. Eigens erstelltes Foto von Lisa

Katharina Hauser Abbildung 11: Wut. Eigens erstelltes Foto von Lisa

Katharina Hauser Abbildung 12: Ăœberraschung. Eigens erstelltes Foto

von Lisa Katharina Hauser Abbildung 13: Al Jazeera Logo. In: http://www.brandsoftheworld.com/logos?dnid=113161 (zuletzt aufgerufen am 22. September 2013) Abbildung 14: Look twice. In: http://www.markenfaktor.

de/2012/10/17/kreativitat-gegen-islam-vorurteile-wieneragentur-halt-mit-look-twice-den-spiegel-vor/ (zuletzt aufgerufen am 22. September 2013) Abbildung 15: iPhone mit Text. Eigens erstelltes Foto von

Lisa Katharina Hauser Abbildung 16: Ă–VP Wahlplakat Nationalratswahlen

2013. In: http://www.oevp.at/service_multimedia/Plakate. psp (zuletzt aufgerufen am 22. September 2013)

90

abbildungsverzeichnis


Abbildung 17: FPÖ Wahlplakat Nationalratswahlen

2013. In: http://www.fpoe.at/kampagne/download-plakatkampagne/ (zuletzt aufgerufen am 22. September 2013)

Abbildung 18: SPÖ Wahlplakat Nationalratswahlen

2013. In: http://wahl2013.spoe.at/materialien/ (zuletzt aufgerufen am 22. September 2013) Abbildung 19: BZÖ Wahlplakat Nationalratswahlen

2013. In: http://www.bzoe.at/kampagne-2013.html (zuletzt aufgerufen am 22. September 2013) Abbildung 20: Grüne Wahlplakat Nationalratswahlen

2013. Zur Verfügung gestellt von der Presseabteilung Grüne Abbildung 21: Team Stronach Wahlplakat National-

ratswahlen 2013. Zur Verfügung gestellt von der Presseabteilung Team Stronach

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!hO 94

Kapitel


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