Der Fußgängerverkehr als Ausgangspunkt für lebendige Städte Ein Entwurf zur Umwandlung der Potsdamer Straße
Masterarbeit Luisa Balz | 355828 Master Urban Design
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Master Thesis zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science (M. Sc.) Titel: Der Fußgängerverkehr als Ausgangspunkt für lebendige Städte Ein Entwurf zur Umwandlung der Potsdamer Straße vorgelegt von: Luisa Balz | 355828 Master Urban Design Technische Universität Berlin Betreuung durch: Prof. Dr.-Ing. Angela Million (Erstbetreuung) Dr.-Ing. Grit Bürgow (Zweitbetreuung) Fakultät VI Planen Bauen Umwelt Institut für Stadt- und Regionalplanung Fachgebiet Städtebau und Siedlungswesen
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Eigenständigkeitserklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und eigenhändig sowie ohne unerlaubte fremde Hilfe und ausschließlich unter Verwendung der aufgeführten Quellen und Hilfsmittel angefertigt habe. Die Arbeit wurde noch nicht veröffentlicht oder einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
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Hinweise und Abkürzungsverzeichnis
Gender Hinweis Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.
BBSR
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
EG
Erdgeschoss
FNP
Flächennutzungsplan
hbs
Heinrich-Böll-Stiftung
IGS
Interessensgemeinschaft Potsdamer Straße
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
MIV
Motorisierter Individualverkehr
UBA
Deutsches Bundesumweltamt
Inhaltsverzeichnis
Teil 1 Forschungsziel und Diskurs 8- 9 10-11 12-13 14-18
Vorwort und Einleitung Zusammenfassung Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit Relevanz des Forschungsthemas aus neun Perspektiven
Teil 2 Typologien und Instrumente 22-28 30-33 34-41
Theoretischer Hintergrund Gebaute Beispiele und Referenzstrategien Abstrahierter Katalog
Teil 3 Implementierung im Ort 44-48 49-55 56-75 76-78 80-95 96 98-99 100-103
Die Potsdamer Straße - Methodik und Eignung Die Potsdamer Straße - Analysen Die Potsdamer Straße - in Segmenten Masterplan Interventionen Checkliste Exkurse Ausblick, Diskussion, Fazit
Anhang 106 Abbildungsverzeichnis 107-109 Literaturverzeichnis
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Teil 1 Forschungsziel und Diskurs
“Ein Netz aus bestehenden Grünräumen und Straßen, die künftig als öffentliche Freiräume nutzbar sind, liefert das Grundgerüst der lebenswerten Stadt von 2050. [Daher] können Straßenräume und große Magistralen neu interpretiert und umgestaltet werden.” SenStadtUm, 2014
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Vorwort und Einleitung
Ausgangspunkt der Arbeit ist die dichte und sich momentan fortschreitend verdichtende Stadt. Mit der Errichtung neuer Wohn-, Büro- und Gewerbeeinheiten schwinden Freiflächen in der Stadt und auch durch neue Verkehrserschließungen resultiert zusätzliche Versiegelung. Einer steigenden Anzahl von Bewohnern steht demnach weniger Fläche für Erholung, Aktivitäten und Kommunikation zur Verfügung. Dieser Nutzungsdruck unterschiedlicher Interessensgruppen besteht besonders in innerstädtischen Lagen. Als Konsequenz müssen die verbleibenden Räume zugänglich gemacht, qualifiziert und multicodiert gestaltet werden, um die Lebensqualität in der dichten Stadt zu erhalten. Die sich wandelnde Gesellschaft ruft viele neue Anforderungen an öffentliche Freiräume hervor: Das Individuum genießt mehr Freizeit, Bewegungsmuster werden komplexer, immaterielle Werte wichtiger und Lebensstile diverser. Aber auch eine alternde Bevölkerung, zunehmender Bewegungsmangel und ein gestiegener Umwelteinfluss prägen unsere Städte (Gehl architects, 2009). Fahren Menschen mit dem Auto ins Fitnessstudio, um dort Rad zu fahren, zeigt dies eine Absurdität der Gegenwart auf. Der Außenraum kann nicht mehr nur einer sozialen oder ökologischen Funktion isoliert zugeordnet werden und sollte die Ansprüche lokaler Akteure einbeziehen. Andernfalls werden menschliche Bedürfnisse vernachlässigt, soziale Konflikte gefördert und ökologische Probleme verstärkt. Mobilitätsthemen prägen zur Zeit die tagespolitischen und wissenschaftlichen Debatten. Der Konsens daraus ist, dass das bestehende Verkehrssystem nicht zukunftsfähig ist. Alternative Konzepte werden gefordert und sukzessive erprobt, wobei jeder Beitrag dazu die Diskussion über das Freiraumpotential von Straßen stärkt. Diese würden mit einer neuen Mobilitätskultur tatsächlich Freiraum werden (Becker, 2016). Es ist weder realistisch noch erstrebenswert, dass in einer dichten Stadt jeder mit seinem privaten Fahrzeug zur Arbeit fährt, unabhängig von dessen Antriebsart.
Ausgangspunkt
Die Arbeit beschränkt sich auf öffentliche Räume, denn diese sind jedem zugänglich, sind nicht Konsum gebunden und schließen so niemanden aus. Jan Gehl bezeichnet sie als Quelle neuer, inspirierender und stimulierender Erfahrung. Im öffentlichen Raum treffen viele Interessen aufeinander: Während die einen in Ruhe flanieren wollen, wollen die anderen mit dem Auto vorfahren, während die einen parken wollen, wollen die anderen sich dort hinsetzen, während die einen ausgelassen feiern wollen, wollen die anderen nachts ruhig schlafen. Da Berliner Verkehrsflächen zu 58% dem parkenden oder fahrenden Auto vorbestimmt sind (Strößenreuther, 2014), spielen Straßen eine große Rolle im Alltag und sollten nicht ausschließlich als Bewegungskanal gestaltet werden. Diese Arbeit begreift Straßen zunächst als Teil des öffentlichen Freiraums und dann untergeordnet als Verkehrsraum. „Sie müssen wieder zu konstituierenden Teilen der Stadt werden, die den Raum formen und prägen“, sagt auch Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur (Heinz, 2014). In diesem Sinne sind Straßen viel genutzt und gleichzeitig untergenutzt. Auch wenn nur 33% der Berliner ein Auto besitzen, ist unser kognitives Bild von Straßen bis heute entscheidend durch die Dominanz des motorisierten Individualverkehrs (MIV) festgelegt. Dies führt zu Benachteiligungen für alle anderen Verkehrsbeteiligten und nur ein Umdenken kann Flächengerechtigkeit herstellen und den Mangel an wohnungsnahem Freiraum abbauen. Besonders kurze Autofahrten sollten durch andere Mobilitätsformen substituiert werden. Noch ist jede zehnte Fahrt kürzer als ein Kilometer (infas, 2018), doch neue Konzepte, Fahrzeugarten und Sharing-Konzepte werden die Verkehrslandschaft verändern. Die Straße ist Ausdruck der spezifischen politischen, kulturellen und sozialen Gegebenheiten (Höfler, 2016) und spiegelt nicht mehr die heutige Haltung. Eine neue gesellschaftliche Betrachtung von öffentlichen Räumen im Allgemeinen und Straßenräumen im Besonderen ist gefordert.
Fokus öffentlicher Straßenraum
Fokus Fußgängerperspektive
Unter allen Verkehrsteilnehmern betrachtet die Arbeit priorisiert die Perspektive des Fußgängers. Der Stadtbewohner soll eingeladen werden, sein Auto stehen zu lassen und stattdessen zu Fuß zu gehen oder Rad zu fahren. Dabei wird die Anreizschaffung für den aktiven Verkehr als Aufgabe der Politik verstanden. Die Arbeit fokussiert sich auf Top-down-Prozesse, es sollen aber Bottom-up-Ansätze angerissen werden. Wie eine Kopenhagener Umfrage zeigte, nennen die meisten Radfahrer als Motivation den Komfort des schnellsten, günstigsten Verkehrsmittels, nicht die Umwelt oder eigene Gesundheit. Der Arbeitsschwerpunkt liegt auf dem Fußgänger, denn Zufußgehen ist Teil jeder Wegekette und attraktive Fußverkehrsnetze sind ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende. Die aktive Mobilität, also der Antrieb aus eigener Muskelkraft, macht Radfahrer und Fußgänger zu Hauptakteuren für das Konzept der lebendigen Stadt. Zudem ist Zufußgehen die Fortbewegung, die durch ihre geringe Geschwindigkeit die höchste Aufmerksamkeit mit der Umgebung und den Mitmenschen ermöglicht, dabei günstig, gesund und ohne Equipment möglich ist (Pafka, 2011). Momentan ist das Zufußgehen häufig unnötig unattraktiv zum Beispiel durch schmale Gehwege, kurze Ampelphasen, Abgasemissionen und detailarme Fassaden. Doch zeigt sich in anderen Städten, dass nach Investitionen in die Infrastruktur für Rad- und Fußverkehr, die Nutzerzahlen ansteigen (Speck, 2013). Aktive Mobilität ist die billigste Infrastruktur für eine Stadt und zugleich der effizienteste Weg zur lebenswerten Stadt, sagt Jan Gehl. Das Stadtgeschehen würde lebendiger, lokale Nachbarschaften gestärkt und ökonomische Möglichkeiten geschaffen. Auch Promenadologe Bertram Weisshaar meint, unsere Städte wären gesünder und klimafreundlicher, wenn mehr Menschen zu Fuß gingen (Gensichen, 2019). Die Förderung der aktiven Mobilität bedeutet zugleich auch ein Schritt hin zur Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Obwohl in den deutschen Kernstädten ein Drittel aller Wege zu Fuß stattfinden, wird das Zufußgehen als Teil des alltäglichen Verkehrsgeschehens kaum wahrgenommen (UBA, 2018). Verkehrsstudien in Deutschland betrachten den MIV und ÖPNV, während öffentliches Leben und Fußgängerströme kaum bis gar nicht erfasst werden.
Ziel der Arbeit
Die Arbeit geht den folgenden zwei Fragen theoretisch nach, um sie am Ende prototypisch für eine explizite Straße entwurflich zu beantworten. Warum sollte Zufußgehen gefördert werden und welche Qualitäten und Vorteile bringt die Umverteilung des Raums zwischen den Gebäuden für die Stadt und ihre Bewohner? Wie wird der Straßenraum wieder attraktiver für Fußgänger, sodass er sich vom Kraftverkehr dominierten Transitraum zu einem Ort des Aufenthalts, des sozialen Austauschs und der sicheren Fortbewegung für alle Verkehrsteilnehmer wandelt? Die Typologie Straße soll neue Nutzungen aufnehmen ohne die bestehenden zu vernachlässigen. Dabei soll durch die Implementierung punktueller Projekte die Aufmerksamkeit von Politik und Anwohnern geweckt werden und der Anstoß zum Umdenken und neuen Verständnis von Straßenraum gegeben werden. Der öffentliche Freiraum Straße dient hierbei als Impulsgeber und Katalysator für ein neues Verkehrsverständnis in der Gesellschaft.
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Zusammenfassung
Wie andere Großstädte wird Berlin immer dichter, sowohl baulich als auch bezüglich der Einwohnerzahl. Mehr Menschen mit diverseren Lebensstilen leben in kleineren Wohnungen und suchen Aktivität und Entfaltungsmöglichkeiten im öffentlichen Freiraum. Der Außenraum kann daher nicht mehr nur einer sozialen oder ökologischen Funktion isoliert zugeordnet werden, sondern sollte multikodiert gedacht werden und die Bedürfnisse lokaler Akteure mit einbeziehen. Besonders Straßenräume bieten sich im Zuge der Mobilitätswende für eine Neukonzeption an und sollten vom reinen Transportweg wieder zurückfinden zu ihrer Rolle als Aufenthaltsraum und sozialer Treffpunkt in einer lebenswerten und nachhaltigen Stadt. Obwohl Zufußgehen fester Bestandteil unseres Alltags ist, die Gesundheit fördert, die kommunikativste Fortbewegungsart ist und kaum Ressourcen benötigt, fehlt es hierfür in Deutschland an Aufmerksamkeit. Auch wenn sie nicht konkret den Fußgänger als Zielgruppe haben, so möchten doch die Berliner Bezirke Schöneberg und Tiergarten ihre Anwohner einladen, das private Auto abzuschaffen und zu alternativen Verkehrsmitteln zu wechseln. Die dadurch gewonnenen Flächen sollen für alle zugänglich als öffentlicher Freiraum gestaltet werden. Bedingung hierfür ist ein Konzept mit drei gleichberechtigten Säulen aus aktiver Mobilität, öffentlicher Mobilität und motorisiertem Individualverkehr. Intention der Masterarbeit ist es, auf die Relevanz des Fußverkehrs hinzuweisen und zunächst theoretisch und dann konkret am Beispiel der Potsdamer Straße Parameter fußgängerfreundlicher Räume zu entwickeln. Die Straße wird nach den Leitlinien des Konzepts der walkable city von Jeff Speck so modifiziert, dass das private Auto ein optionales Werkzeug für die persönliche mobile Freiheit ist. Dabei wird auf den charakteristischen Maßstab eingegangen, der durch die Perspektive auf Augenhöhe und die Geschwindigkeit von maximal 5 km/h bedingt ist. Fußgänger nehmen mehr Details wahr als Rad- oder Autofahrer und beurteilen einen Raum vor allem nach der Erdgeschosszone und dem Raumverhältnis Gebäude zu Freiraum. Vor allem die Gestaltung der Randzone, Fassaden und Nischen schaffen interessante, qualitätsvolle Aufenthaltsorte. Wird ein Platz von vielen Aktivitäten bespielt, zieht das weitere Menschen an. Die Potsdamer Straße mit ihren vielen Geschäften, Cafés und Bahnhöfen, aber auch vielfältigen Quartieren und Anwohnern ist daher ein geeigneter Forschungsraum. Zudem ist die Geschwindigkeit bereits auf 30 km/h beschränkt. Dennoch überschreiten die Lärm- und Emissionswerte die Richtlinien und für keinen Verkehrsteilnehmer funktioniert die Straße ideal und fließend. Die Arbeit analysiert detailliert die Verkehrsachse, kartiert die Spurenanzahl, Gehwegbreiten, Gebäude- und Freiraumangebote sowie Nutzertypen und –zeiten. Dadurch entsteht ein Masterplan, der Potentiale und Ziele für Segmente definiert und Interventionen vorschlägt. Der aus Recherchearbeit hervorgegangene abstrahierte Katalog versteht sich als lebendiges Dokument, das neue und kreative Überlegungen zum Aufbrechen des konventionellen Straßenbildes gibt. Er soll Anregung zu Werkzeugen geben und kann ergänzt werden. Je nach Ausgangslage werden Fahr- oder Parkspuren angepasst beziehungsweise umgewidmet, sowie Schutzelemente und Orientierungspunkte ergänzt. Zudem werden Aufenthaltsorte geschaffen, Straßenkunst etabliert, Haltestellen gestärkt und Vorschläge für Neubauten gemacht, die positive Auswirkungen auf den Stadtraum haben. Teilweise wird nur das Grundgerüst modifiziert und Teilflächen für Aneignung durch Anwohner oder neue Mobilitätsformen freigehalten. Alle Maßnahmen laden Anwohner und Besucher ein, ihre alltäglichen Wege, aber auch neue Verbindungen zu Fuß zu erkunden. Die Interventionen sind teilweise temporär und teilweise permanent gedacht. Sukzessive wird der Straßenraum wieder attraktiver für Fußgänger, sodass er sich vom Kraftverkehr dominierten Transitraum zu einem Ort des Aufenthalts, des sozialen Austauschs und der sicheren Fortbewegung für alle Verkehrsteilnehmer wandelt.
Abstract
Like other cities, Berlin is becoming increasingly dense, both in terms of buildings and population. More people with diverse lifestyles live in smaller units and seek activity and personal expression in public open spaces. Therefore, outdoor space can no longer be assigned to a social or ecological function in isolation, but should be thought of in a multi-coded way and include the needs of local actors. In the course of the mobility shift, street spaces in particular lend themselves to a new conception and should find their way back from a mere transport route towards their role as a recreational space and social meeting place in a liveable and sustainable city. Although walking is an integral part of our everyday life, promotes health, is the most communicative form of transport and requires hardly any resources, there is a lack of attention for pedestrian traffic in Germany. Even though they do not specifically target walkers, the Berlin districts of Schöneberg and Tiergarten would like to invite their residents to abandon the private car and switch to alternative forms of transport. The areas thus gained are to be made accessible to all as public open space. The condition for this is a concept with three equal pillars of active mobility, public mobility and individual transport. The intention of the master thesis is to point out the relevance of the pedestrian traffic and to develop parameters of foot-friendly spaces, first theoretically and then concretely using Potsdamer Straße as an example. The street will be modified according to the guidelines of the concept of the walkable city by Jeff Speck in such a way that the private car is an optional tool for personal mobile freedom. The characteristic scale, which is determined by the perspective at eye level and the maximum speed of 5 km/h, will be addressed. Pedestrians perceive more details than cyclists or motorists and perceive a space primarily according to the ground floor zone and the ratio of building to open space. Especially the design of the edge zone, facades and niches create interesting, high-quality places to spend time. If a place is occupied by many activities, it attracts more people. Potsdamer Straße with its many shops, cafés and stations, but also its diverse neighbourhoods and residents is therefore a suitable research area. Moreover, the speed is already limited to 30 km/h. Nevertheless, the noise and emission levels exceed the guidelines and for no road user does the street function ideally and smoothly. The work analyses the traffic axis in detail, mapping the number of lanes, pavement widths, building and open space offers as well as user types and times. This results in a master plan that defines potentials and goals for segments and proposes interventions. The abstracted catalogue resulting from research work is to be understood as a vivid document, which gives new and creative ideas for breaking up the conventional street landscape. It is intended to provide inspiration for tools and can be expanded. Depending on the initial situation, lanes for driving or parking are adapted or redesignated along with protective elements and orientation elements. In addition, places of residence are created, street art is established, bus stops are strengthened and suggestions for new buildings are made that have a positive impact on the urban space. In some cases, only the basic structure is modified and some areas are kept free for appropriation by residents or new forms of mobility. All measures invite residents and visitors to explore their everyday paths as well as new connections on foot. The interventions are partly temporary and partly permanent. Gradually, the road space will become more attractive for pedestrians again, so that the transit space dominated by motor traffic will be transformed into a place of rest, social exchange and safe movement for all road users.
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Forschung
Methodisches Vorgehen
Forschung
gebaute Referenzen gebaute Referenzen
und Aufbau der Arbeit Geodaten
Die Arbeit ist in drei Abschnitte untergliedert. Der erste beantwortet die Geodaten Fragen Was? und Warum? während die beiden folgenden sich mit dem Wie? beschäftigen. Während der zweite Teil die Antwort aus theoretischer Sicht beleuchtet, zeigt der dritte anschließend die praktische Anwendung auf. Hier steht die Potsdamer Straße in Berlin mit ihren angrenzenden Freiräumen im Mittelpunkt und die zuvor entwickelten Instrumente werden konkret auf den Ort übertragen. Teil I Ziel und Teil I Diskurs Ziel und Fragen Methode Relevanz Diskurs Fragen
Methode
Forschung
Forschung
Aufbau
Relevanz
Referenzen
Werkzeuge
Referenzen
Werkzeuge
Ortsanalyse Ortsanalyse
Intervention Intervention
Teil III Teil III Ort Ort
Geodaten Geodaten Arbeitsstruktur Arbeitsstruktur Fachliteratur Fachliteratur EigeneErgebnisse Ergebnisse Eigene
Schematische Darstellung des Aufbaus der vorliegenden Arbeit
Das Umdenken sowie die Umgestaltung von Straßenräumen und großen Magistralen ist in aktuellen Berliner sowie bundesweiten Handlungsstrategien festgehalten (SenStadtUm 2014) und bietet große Potentiale für die Beantwortung der Forschungsfragen. Die Erarbeitung eines Katalogs von Typologien und Instrumenten ist das Ergebnis des zweiten Abschnitts und bildet zusammen mit der Ortsanalyse die Basis der abschließenden Interventionen. Hier wird ein Netzwerk aus öffentlichen Stadträumen entlang der Straße entwickelt. Im Fokus der Arbeit stehen vor allem soziale Aspekte, während ökonomische wie ökologische Betrachtungen in geringerem Maße Ausschlag geben, um die komplexe Ausgangslage im Rahmen einer Masterarbeit behandeln zu können. Zunächst wurden theoretische, generell gültige Erkenntnisse gewonnen. Für diese Grundlage und als Überblick über das Thema verwendete ich Literatur der Fachrichtungen Architektur, Städtebau, Landschaftsarchitektur und Soziologie. Artikel in Fachzeitschriften, Tagespresse und andere Abschlussarbeiten ergänzten die Informationen und brachten eine zeitaktuelle Komponente. Dazu gehören auch augenblickliche Bauprojekte und die Aktivität von Vereinen vor Ort, wie zum Beispiel politische Bewegungen an der Potse und bezirksinitiierte Kampagnen. Die verwendeten städtischen Planungshandbücher dagegen zeigen die angestrebten Leitbilder für Mobilität und öffentlichen Raum. Diese gesellschaftlichen Trends werden kritisch mit der aktuellen Planungspraxis und der Ortssituation
Werkzeug Katalog
Intervention
Teil II Typologien Teil II
Typologien
Werkzeug Katalog
Methodik
Intervention
abgeglichen. Ein umfassendes Wissen über den Ort Potsdamer Straße kann nicht ausschließlich über Recherchen generiert werden, daher bildeten Ortsbesuche eine weitere wichtige Grundlage. Auch vom Land Berlin über das Geoportal FIS-broker zur Verfügung gestellte Geodaten wurden verwendet. Konkrete Potentiale und Herausforderungen wurden bei Beobachtungen und Analysen erschlossen. Beginnend mit dem Ortsaufmaß und der Aufnahme von Nutzungen wurden Aktivitäten erfasst. Da sich witterungsbedingt das Nutzungsbild des Raums deutlich innerhalb der Jahreszeiten unterscheidet, mussten die Daten mit Annahmen und Erfahrungswerten abgeglichen und gegebenenfalls angepasst werden. Neben der Variabilität im Jahresverlauf sollen auch Fluktuationen während des Tages betrachtet werden. Während das Verständnis der Intensitätsspitzen wertvoll ist, soll das Design immer versuchen, die Bedürfnisse und Funktionen der verschiedenen Zeiträume miteinander in Einklang zu bringen. Die abschließende räumliche Anwendung im Verlauf der ca. 2,5 Kilometer langen Potsdamer Straße arbeitet sowohl mit kurz- als auch langfristigen Zielen und soll neben räumlichen Verbesserungen auch strukturelles Umdenken in der Anwohnerschaft bewirken. Zur Beantwortung der Forschungsfragen werden die im Laufe des Urban Design Studiums erworbenen Fähigkeiten angewendet. Die Qualitäten der breiten Aufstellung von Fachrichtungen werden genutzt, wobei der Schwerpunkt auf der Disziplin Landschaftsarchitektur liegt.
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Relevanz des Forschungsthemas aus neun Perspektiven
Globale Ressourcen schützen Der motorisierte Massenverkehr stößt an seine Grenzen. Mit fossilen Brennstoffen heizt er das Klima auf und es werden Treibhausgase, Luftschadstoffe und Lärm produziert (hbs 2019). Fossile Brennstoffe sind global begrenzt und auch die Herstellung erneuerbarer Energien ist momentan noch mit der Verwendung nicht-nachhaltiger Materialien verbunden. Unser stetig wachsender Energiebedarf macht sich bemerkbar: 2019 war das wärmste Jahr in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen. Auch die Konzentration an Kohlendioxid in der Atmosphäre ist weiter gestiegen (Der Tagesspiegel, 08.01.20). Zufußgehen hilft, viele kurze Autofahrten zu vermeiden (UBA, 2018).
Lokale Ressourcen schützen Berlin als dichte Stadt und sich weiter verdichtende Stadt sucht verstärkt nach potentiellen Baugebieten, wodurch Freiflächen für Erholung und Aktivitäten der Menschen, aber auch Lebensräume der Tier- und Pflanzenwelt verloren gehen. „Wenn Berlin sechs Quadratmeter wohnungsnahen (max. 500 Meter entfernten) Freiraum pro Einwohner anstrebt, der Parkplatz vor der Haustür mit ca. 13 Quadratmetern aber als Normalität angesehen wird, wird ein Umdenken von Seiten aller Beteiligten notwendig“ (Höfler, 2016). Im Gegensatz zum MIV spart Zufußgehen Flächen und erhöht die Aufenthaltsqualität (Bundesumweltamt, 2018). Ziel der Bundesregierung ist, deutschlandweit die Flächeninanspruchnahme auf 30 ha/Tag bis 2030 zu reduzieren (2017). Das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz schlägt sogar 20 ha/Tag als Ziel vor. Eine Mobilitätswende würde dieses Ziel unterstützen und Städte sollten den wertvollen Straßenraum so effizient wie möglich nutzen.
Zukunftsfähig sein Der Klimawandel ist kaum wegzudenken aus den Medien und 75% der Autofahrer würden gerne kürzere Strecken zu Fuß gehen, wenn die Rahmenbedingungen besser werden würden (Bundesumweltamt, 2018), dies ist eine Intention, die politisch gefördert werden sollte. Aktuell zu beobachtende gesellschaftliche Veränderungen bringen neue Ansprüche an den Außenraum mit sich. Zum Beispiel gibt es in Großstädten viele Singlewohnungen (in Berlin 54% der Haushalte (berlin.de, 2013)), dadurch erhöhe sich der Bedarf an Begegnungen außer Haus, sagt Jan Gehl (2015). Zudem wird aus Gründen der Flächeninanspruchnahme planerisch weniger Wohnraum pro Einwohner angestrebt. Momentan wohnt der Durchschnittsdeutsche auf 47 qm, ein Wert, der sich seit den 1960ern mehr als verdoppelt hat (Der Tagesspiegel, 01.01.20). Wird der zur Verfügung stehende Platz weniger, müssen kreative Konzepte multifunktionale Gebäude und Freiflächen schaffen. Auch der Einzelhandel ist sich am verändern und kämpft zunehmend mit den Folgen des Onlinemarktes. Es werden neue konkurrenzstarke Geschäftsdesigns benötigt, wie beispielsweise Apple es vormacht (s. Abschnitt Referenzen). Aber auch das Konzept der Lieferdienste muss überdacht werden und neue Lagerräume gefunden werden, insbesondere für die sogenannte letzte Meile. Genau wie Sharing-Konzepte zukünftig immer mehr Räume einnehmen werden, die jetzt noch von Privatgütern belegt sind. Der Wandel betrifft auch unsere Arbeitsumgebung, denn der Dienstleistungssektor ist so stark wie nie und immer mehr Arbeiten können ungebunden von einem festen Arbeitsplatz umgesetzt werden (Gehl, 2015). Ebenfalls zu beobachten ist die verstärkte Aneignung von öffentlichen Räumen seitens der Anwohner. Urban Gardening, Märkte und Straßenkunst nehmen zu und der Raumanspruch wächst (Petrow, 2018).
Abb. 1-3
Zukunftsweisend sind auch neue Technologien und Mobilitätsformen, die nach und nach den breiten Markt erobern. Neue Fahrzeuge, Drohnen, VR-Brillen und weiteres erfordern angepasste Freiräume. Dadurch steht die gebaute Umwelt in Konkurrenz zu unserer Aufmerksamkeit für das Smartphone und ähnlichem. Phänomene wie Smombies (ein Neologismus aus Zombie und Smartphone) entstehen und das Stadtdesign muss darauf eingehen. Des Weiteren ist zu beachten, dass unsere Gesellschaft immer älter wird und demnach auch andere Bedürfnisse zu erfüllen sind. „Attraktive Fußverkehrsnetze sind eine Investition für die Zukunft. Angesichts von Klimawandel, Energiewende und Änderungen im Mobilitätsverhalten bietet der Fußverkehr eine hohe Resilienz, denn seine Infrastruktur ist gegenüber Störungen widerstandsfähig“ (UBA, 2018).
Flächengerechtigkeit herstellen In Berlin werden 30% der Wege mit dem Auto zurückgelegt, jedoch sind 58% der Verkehrsflächen dem Autoverkehr vorbehalten (hbs, 2019). Davon sind allein 19% für den parkenden Individualverkehr, denn ein Pkw steht durchschnittlich 23 von 24h still und benötigt ca. 13qm (infas 2018). Obwohl der gesamte Radverkehr Berlins nur 3% der Verkehrsfläche einnimmt, werden 13% der Wege mit dem Rad zurückgelegt. Parkenden Autos wird hier demnach sechsmal mehr Raum zugesprochen als dem gesamten Radverkehr (Strößenreuther, 2014). Fußverkehr hat einen Anteil von 31% und ÖPNV von 27%. Dabei sind die Hälfte der Autofahrten kürzer als 5km und 10% kürzer als 1km (infas, 2018). Ist es richtig, den Großteil der 1,2 Mio. Berliner Autos ungenutzt an den Straßenrand zu stellen? Und dies zu keiner oder einer geringen Parkgebühr? Ein 3,5m breiter Gehweg kann 10.000 Passanten/h transportieren, ein 4m breiter Radweg 10.000 Radfahrende/h, und 7m Straße (2 Pkw Spuren) lediglich 1000-2000 Fahrzeuge/h. 1 Pkw-Stellplatz bietet Raum für 10 Fahrradstellplätze. In der Bundesrepublik übersteigt die Straßenverkehrsfläche die Wohnfläche deutlich (Heinz, 2014). Verkehrsplanung ist also auch eine Frage der Flächengerechtigkeit. 140
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Auto in Betrieb (1 Pers., 50 km/h) und geparkt (u.)
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Straßenbahn mit 50 Passagieren
Rad in Betrieb (15km/h) und Rad geparkt (u.)
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2 0,5 Fußgänger laufend und stehend (u.)
Platzbedarf der jeweiligen Verkehrsmittel, Darstellung des Platzbedarfs an Verkehrsfläche pro beförderte Person in qm, Amsterdam Mobilitätsatas hbs (2019), eigene Darstellung
Gesundheit des Individuums
Abb. 4-5
Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit als Zustand vollständigen physischen, mentalen und sozialen Wohlbefindens und nicht das bloße Fehlen von Krankheit. Eine Stadt, die alle drei Ebenen der Gesundheit ermöglicht, ist zugleich eine Stadt mit breitem öffentlichen Leben (Gehl Institute, 2017). Der motorisierte Individualverkehr (MIV) hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit aus verschiedenen Gründen: Zum ersten produziert er Lärm und Luftverschmutzung. Dies führt zu schlechterem Schlaf, Stress und Krankheiten wie zum Beispiel Asthma (Speck, 2013). Laut der Umweltbewusstseinsstudie fühlen sich 76% der Deutschen durch Verkehrlärm belästigt (BMU, 2018). Zum zweiten ist zwar die Zahl der Autounfälle gesunken, die Zahl der verletzten Fußgänger und Radfahrer jedoch gestiegen (Der Tagesspiegel, 02.12.19). Zum dritten bewegen sich die meisten Menschen zu wenig im Alltag. Dies führt vermehrt zu Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und Herzinfarkten. Aktiver Sport als Hobby braucht Zeit, Geld und Willenskraft, daher ist die Integration in den Alltag umso wichtiger. Sind die Straßen menschenunfreundlich ohne Ruhemöglichkeiten gestaltet und sammelt sich dort die Hitze, sind gerade ältere Menschen betroffen. Es wird immer deutlicher, dass 17
die amerikanische Gesundheitskrise vor allem eine urbane Krise ist, bei der die Lauffähigkeit im Mittelpunkt der Heilung steht, meint Jeff Speck. Zufußgehen ist gesund und kann helfen, Krankheiten entgegenzuwirken und es beugt Depressionen vor (UBA, 2018). Zum vierten wurde empirisch gezeigt, dass Autofahren Stress für den Menschen bedeutet. Eine deutsche Studie kam zu dem Schluss, dass eine Stunde Autofahren das Herzinfarktrisiko in den folgenden Stunden verdreifacht (Speck, 2013). Eine Studie in Miami ergab, dass Universitätsstudenten nach einer 45-minütigen Fahrt mit dem Auto durch die Stadt einen höheren Blutdruck, eine höhere Herzfrequenz und eine geringere Frustrationstoleranz hatten (ebd.). Zum fünften bringt eine erlaufbare Stadt auch eine höhere Lebensqualität mit sich und Lebensqualität trägt zum Wohlbefinden bei (UBA, 2018). Eine Studie in den USA unter Prof. Sullivan fand heraus, dass sich Kinder, die nach Stresssituationen auf begrünte Außenräume blicken, signifikant schneller erholen (Garten+Landschaft, 09/2018).
Frühzeitige Todesfälle durch verkehrsbedingte Stickoxide, Lärm, Feinstaub, Ozon sowie Unfälle Mobilitätsatlas hbs (2019), Schätzungen für 2015, Darstellung angepasst
Ökonomische Gründe für die Kommune Die Förderung aktiver Mobilität lohnt sich aus mehreren ökonomischen Gründen für die Kommune. Zum ersten steigt der Umsatz des umliegenden Gewerbes und damit auch die Steuereinnahmen, wie mehrfach empirisch belegt wurde (UBA, 2018; Heart Foundation, 2011; NACTO, 2013). Ökonomisch ebenfalls positiv wirken sich öffentliche Sitzgelegenheiten auf die Gastronomie aus. Umgekehrt sinkt der Umsatz bei Entfernung dieser, denn die Cafénutzung steht in Zusammenhang mit dem vorhandenen Leben und zu beobachtbaren Aktivitäten. Diesen Synergieeffekt beschrieben sowohl Speck (2013) als auch Gehl (Pafka, 2011). Eine Studie in London zeigte, dass 85% der Ladenbesitzer die Straßengestaltung als wichtig für ihren Umsatz und die Anwerbung von Kunden sehen und 89% zudem ihre Straße als Eingangstür und kritisch für das Selbstbild betrachten (Heart Foundation, 2011). In Berlin werden ca. 30% der Einkäufe mit dem Auto erledigt, dies ähnelt den Anteilen anderer europäischer Städte (UBA, 2018). Neben Gewerbe profitiert auch die Immobilienbranche. Christopher Leinberger hat für die USA den Walk Score entwickelt, der von 1 (autoabhängig) zu 100 (Läuferparadies) geht. Leinberger konnte nachweisen, dass mit jedem Punkt auf der Skala die Nachfrage und somit auch der Immobilienwert steigt. Auch das Wall Street Journal kommt zu ähnlichen Ergebnissen über das ökonomische Potential von erlaufbaren Quartieren (Speck, 2013). Desweiteren ist aktive Mobilität die billigste Infrastruktur für eine Stadt und zugleich der effizienteste Weg zur lebenswerten Stadt (Gehl, 2015). Obwohl Rad- und Fußverkehr für den Staat am günstigsten sind, werden sie dennoch am wenigsten gefördert (Buchmann, 2019). Die gleiche Zahl Radfahrer kann mit viel weniger Investition in die Infrastruktur transportiert werden und verursacht zugleich weniger Straßenverschleiß. Die externen Kosten des MIV sind vergleichsweise höher als beim ÖPNV. Die Preise
Abb. 6
im Verkehr spiegeln nicht die Wahrheit dar, denn das Verursacherprinzip wird missachtet und milliardenschwere, klimaschädliche Subventionen gezahlt (hbs, 2019). Dazu gehören wahrscheinlich bald auch zu bezahlende Sanktionen der EU. Der von der EU seit 2010 vorgeschriebene Stickstoffdioxid-Grenzwert wurde wiederholt in zahlreichen deutschen Städten überschritten (Buchmann, 2019). Wegen zu starker Luftverschmutzung hat die EU-Kommission Deutschland nun verwarnt und zur Umsetzung von wirksamen Gegenmaßnahmen aufgefordert. Der Straßenverkehr trägt mit etwa 40 Prozent zu den NO2-Emissionen bei (UBA, 2017). Auch die steigenden Kraftstoffpreise für Individualzahler dürfen nicht vergessen werden. Zudem beansprucht der ruhende MIV große Flächen und auch wenn Parken teilweise kostenlos oder günstig ist, heißt das nicht, dass der Stellplatz umsonst ist. Speck nennt für die USA Herstellungspreise pro Stellplatz von 4.000-60.000$ abhängig vom Grundpreis und straßenseits oder Tiefgarage. Die reinen Fertigungskosten belaufen sich in Deutschland auf mindestens 1.500€ (Agora Verkehrswende, 2019). Dazu kommen dann noch Steuern und jährliche Unterhaltungskosten. Die Kosten werden auf alle umgelegt, unabhängig ob Autobesitzer oder nicht. Das Umweltbundesamt führt zudem Ersparnisse durch die Reduktion vermeidbarer Pflege- und Gesundheitskosten an und auch Gehl argumentiert mit weniger Krankheitsfällen.
Externe Durchschnittskosten des Personenverkehrs /km in €, 2017, Mobilitätsatlas hbs (2019), Darstellung angepasst
Gesellschaftliche Gründe Der öffentliche Raum ist nicht konsumgebunden, daher können ohne Ausschluss alle Schichten der Gesellschaft teilhaben und Gruppen können sich kennenlernen, die sonst nicht aufeinander treffen. Dazu gehört auch die Aushandlung von Konflikten, denn wenn sich Fremde treffen, können sich Toleranzen entwickeln. Um Stress durch vielfältige Lebensweisen in dichten Räumen entgegen zu wirken, müssen Freiräume daher großzügig sein und entlasten (Petrow, 2018). „Die Fußverkehrsinfrastruktur verbessert soziale Teilhabe für Kinder, Arme, Ältere. Die Förderung trägt zu einer geschlechtergerechten Mobilität bei“ (UBA, 2018). Mit der Dominanz des Autos schwanden Spiel- und Bildungsräume in der Stadt. Straßen sollten wieder auch als Lebensraum für Kinder verstanden werden, sagte schon Jane Jacobs (Pafka, 2011). 51% der Berliner Haushalte sind autolos, dennoch sind viele Lebensbereiche am Lebensstil eines Autobesitzers ausgerichtet, während speziell für autolose Haushalte abgestimmte Angebote rar sind (Buchmann, 2019). In den letzten Jahren gab es soziokulturelle Verschiebungen, so hat zum Beispiel Freizeit eine wichtigere Rolle eingenommen (Zimmerli, 2019) und immer weniger Menschen legen Wert auf das Statussymbol Auto. Für sie ist die Kultur des Teilens Abb. 7
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Ausdruck von Freiheit und Luxus. Eine Stadt der kurzen Wege ist auch gut für die Gemeinschaft, wie Harvard Professor Robert Putnam zeigte: Jeweils 10 Minuten mehr in der täglichen Pendlerzeit würden das Engagement in Gemeindeangelegenheiten um 10% reduzieren (Speck, 2013).
Ökologische Gründe Verkehrsräume sind auch Ökosysteme. Sie haben Einfluss auf den urbanen Wasserhaushalt, Urban Heat Island Effekte und Lebensräume. Die Verkehrsinfrastruktur nimmt viele Flächen in Anspruch und sollte daher auch unter stadtökologischen Aspekten betrachtet werden. In der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt wurde 2007 das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2020 die Durchgrünung der Siedlungen einschließlich des wohnumfeldnahen Grüns deutlich zu erhöhen (BMUB, 2017). „Zum einen sind Straßen temporäre Überstau- und Abflusstrassen für die zunehmenden Starkregenereignisse. Zum anderen befinden sich entlang von Straßen große Potenziale für Grünstrukturen“ (ebd., S. 23). „Innovative Straßenraumgestaltungen und neue Verkehrskonzepte könnten wesentlich zu einer Reduzierung von Verkehrsfläche zugunsten von mehr Grün und einer höheren Aufenthaltsqualität beitragen“ (ebd., S. 27). Da sich versiegelte Flächen aufheizen, Wärme speichern und nur langsam wieder abgeben, stellen Hitzewellen in Städten ein Problem dar (Umweltatlas Berlin, 2016). Sind Straßen vollständig versiegelt und ohne Grünanteil, ist der Kontakt zwischen Boden und Wasser wie Luft unterbrochen. Wird Regenwasser zentral in der Kanalisation abgeleitet, verliert der Boden seinen Wert als Lebensraum und die Klimaerwärmung wird unter anderem durch die entfallende Verdunstung beschleunigt (BMUB, 2017). Fehlen Bäume und Sträucher so fehlen auch Lebensräume und Nahrungsquellen für Vögel und Insekten und auch die luftreinigenden Funktionen vieler Pflanzen können nicht zum Tragen kommen; die Abgase des Verkehrs legen sich nieder. Viele Städte sind Engstellen für die Lebensraumkorridore in Deutschland; diesbezüglich kann urbanes Grün einen Beitrag zur Vernetzung der Biotope leisten (ebd.).
Aktuellen Planungskonsens erfüllen Die Folgen der autogerechten Stadt zurückbauen und eine lebendige, nachhaltige Stadt schaffen, die sich durch kurze Wege auszeichnet, das sind die aktuellen Stadtentwicklungsziele der deutschen Großstädte. Die letzte Baukulturwerkstatt in Erfurt/Weimar fasste es folgendermaßen zusammen: „Bewohnte Innenstädte und kürzere Wege senken den CO2-Ausstoß und steigern die Lebensqualität. Die differenzierte Gestaltung der Erdgeschosse darf nicht vergessen werden“. Aussagen, die den Dialog um unsere Städte seit Jahren dominieren und dennoch bisher zu wenig zur Anwendung kommen (Baeriswyl, 2019). Das Leitbild der kompakten, funktionsgemischten Stadt schafft ein attraktives Fußverkehrsnetz, sagt die Fußverkehrstrategie des UBA. Ziele seien 150-50 private Autos/1000 Einwohner, für den ruhenden, motorisierten Individualverkehr maximal 3 qm/ Einwohner bis 2030 und langfristig 1,5 qm/Einwohner sowie erhöhte Parkgebühren, die Einnahmen für Investitionen in den ÖPNV, Sharing-Angebote und aktive Mobilität schaffen (UBA, 2018). Mit dem Klimaschutzplan 2050 steht das Ziel, bis dahin ein Verkehrskonzept zu entwickeln, das „nahezu unabhängig von Kraftstoffen mit fossilem Kohlenstoff“ funktioniert (BMUB, 2016). Für die Umsetzung verweist das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 auch auf die notwendige Stärkung des Fußverkehrs. Auch die Leipzig Charta fordert: „Die strukturelle Abhängigkeit vom Auto soll verringert werden“. „Verkehr wird als multimodal interpretiert und der öffentliche Raum soll wieder stärker ins Bewusstsein von Planern und Politikern rücken“, sagt auch die Berlin Strategie 2030 (SenStadtUm, 2015). Die aktuelle Stellplatzsatzung in Berlin ist positiv, denn es sind keine Pkw-Stellplätze mehr nachzuweisen. Dennoch gehören neue Pkw-Stellplätze zu den meisten Bauprojekten auf Bauherrenwunsch noch dazu.
Abb. 8-9
21
Teil 2 Typologien und Instrumente
„If the edge fails, then the space never becomes lively.“ Christopher Alexander, A Pattern Language (zitiert von Speck, 2013)
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Theoretischer Hintergrund
Im Folgenden werde ich die für meine Interventionen nötigen theoretischen Hintergründe aufführen. Neben Entwurfskonzepten und –haltungen gehören dazu auch soziologische wie verkehrsplanerische Grundlagen. Zur besseren Orientierung sind die Erkenntnisse in Unterthemen unterteilt. Als Basis der Informationsbeschaffung diente mir Fachliteratur der letzten zehn Jahre sowie Videomitschnitte vergangener Planungskongresse und Vorträge.
Methodik
Wenn der Mensch sich durch seine Umgebung bewegt und sie wahrnimmt, tut er dies in einer bestimmten Art und Weise. Diese ist, wie Gehl empirisch zeigte, unter anderem durch unsere Physiognomie zu erklären. Unsere Sinnesorgane sind auf Gehgeschwindigkeit (maximal fünf Stundenkilometer) bis Laufgeschwindigkeit (maximal 15 Stundenkilometer) ausgerichtet. Die Wahrnehmungsschärfe und die sozialen Handlungsmöglichkeiten variieren bei dem jeweiligen Tempo. Planer orientieren sich für die Raumgestaltung am erwünschten Hauptakteur und dessen Schnelligkeit. Da sich die menschliche Wahrnehmung grundlegend abhängig von der Geschwindigkeit verändert, wird das Design bei 50 km/h kaum detailliert und leicht überschaubar gehalten. Während bei Gehgeschwindigkeit der Reiz alle fünf bis sechs Meter angemessen ist, werden die Raumsequenzen mit zunehmender Geschwindigkeit immer größer. Daher ist für Fußgänger eine kleinteilige Ladenzeile besonders interessant, während eine für Autofahrende gestaltete Straße für Fußgänger eine lange, eintönige Achse darstellt, die uninteressant und ermüdend erscheint. Gehl zeigte in Studien, dass Passanten vor geschlossenen, passiven Fassaden ihren Schritt beschleunigten, während vor abwechslungsreichen Eingängen mehr Aktivitäten stattfanden.
Menschlicher Maßstab Design auf Augenhöhe
Setting
v (km/h)
involvierte Sinne
Orientalischer Bazar
5
Tasten, Riechen, Hören, Sehen
Mittelalterliche Straße
5
Tasten, Riechen, Hören, Sehen
Strip von Las Vegas
60
Sehen
Zeichen Symbole
W
Wahrgenommene Raumelemente nach Bewegungsgeschwindigkeit und Sinnen
Paflek (2011), eigene Darstellung
Geschwindigkeit hat noch weitere Auswirkungen auf das Stadtleben. Zum einen steigt mit ihr die produzierte Geräuschemission. Ein Lärmpegel über 60 db reduziert die Gesprächsqualität und ab 60 db werden alle 8 db zusätzlich als doppelt so laut empfunden (Gehl, 2015). Die Aufenthaltsqualität und die Möglichkeit für Kommunikation kann durch schnell fahrende Autos also signifikant reduziert werden. Eine Herabsenkung der Geschwindigkeitsbegrenzung schafft nicht nur durch Lärmreduktion eine kommunikativere Umgebung: „Wenn jeder in der Stadt 30 km/h fahren würde, dann gäbe es eine ganz neue Konvivialität. Man schaut sich wieder in die Augen, kommuniziert direkter und das kreiert einen neuen öffentlichen Raum der Interaktion. Er gewinnt an Qualität – sogar ohne zusätzliches urbanes Grün“, sagt Alain Thierstein, Ökonom und Professor für Raumentwicklung (Garten+Landschaft 04/2018). Dies sei wichtiger als die quantitative Grünversorgung pro Einwohner. Wenn Lebendigkeit wie bei Gehl durch die Anzahl von Akteuren und deren Aufenthaltsdauer definiert wird, so führt langsamerer Verkehr zu lebendigeren Städten und schnellerer automatisch zu leblosen. Zudem spielt Geschwindigkeit eine entscheidende Rolle in der Ursache und Schwere von Unfällen (NACTO, 2013). Es gibt eine direkte Korrelation zwischen steigendem Tempo und sich verengendem Sichtfeld des Fahrers, wie in der Tabelle ersichtlich. Neben rechtlichen Beschränkungen ist besonders die
Spurbreite essentiell, denn Autofahrer reduzieren intuitiv die Geschwindigkeit, wenn ihre Fahrspur schmaler ist (ebd.). Geschwindigkeit
Bremsweg (m)
relatives (%)
16-24 32-40 48-56 >65
8 12 23 36
5 15 55 90
(km/h)
Unfallrisiko Todesrate (%)
2 5 45 85
Höhere Geschwindigkeiten führen zu höherem Unfallrisiko und größerer Unfallschwere
NACTO (2013), eigene Darstellung
Über alle Kulturen hinweg suchen Menschen instinktiv die Gegenwart anderer Menschen und werden von Orten angezogen, wo etwas zu beobachten ist (Gehl, 2015). William H. Whyte beobachtete in den 1970er bis 90er Jahren das Geschehen auf den Straßen vor allem von New York City und schrieb die erkannten Verhaltensweisen unter anderem in The Social Life Of Small Urban Spaces auf. Zum Beispiel stoppen Menschen, die für ein Gespräch stehen bleiben, meist in der Mitte des Fußgängerstroms, sie bewegen sich nicht heraus. Vor allem Straßenecken sind reich an Aktivitäten und Begegnungen. Whyte spricht vom Phänomen 100 Procent Location „We have the tendency to self congest ourselves“.
Kartierung von Gesprächen, die länger als 2 Minuten dauern, Konzentration in der Ecke und vor Eingängen, Saks 5th Avenue and 15th Street, W. H. Whyte, Abb. 10
Da selten genügend menschliche Aktivität für alle Räume vorhanden ist, sollte die Aktivität geleitet und konzentriert werden, sodass hierarchisierte Freiräume entstehen. Läden, Restaurants und öffentliche Gebäude sollten dort platziert werden, wo Menschen direkte, logische Wege finden. Werden die Aktivitäten verstreut und Wege erzwungen „passiert nichts, weil nichts passiert, weil nichts passiert“ (Gehl, 2015). Gehl zeigt in seinen Studien zum Beispiel in Melborne, dass ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen verbesserter baulich-struktureller Qualität und mehr Leben in der Stadt besteht. „Ästhetisch und baulich-räumlich machen Gebäude die Straße erst erlebbar und geben dem Straßenraum seinen stadträumlichen Charakter. Dabei spielen besonders Fassaden eine wichtige ästhetische Komponente“ (Höfler, 2016). Das Verhältnis von Gebäudehöhe zu Freiraum ist hier von essentieller Bedeutung. Speck nennt folgende Idealwerte: Quartierstraße 1:1, Plätze 1:3 und ein Verhältnis von 1:6 ist nicht mehr als Raumeinheit wahrnehmbar. Kleine Einheiten in einem größeren Raum zu schaffen, stellt eine Methode dar, wie weiträumige Stadtbereiche zum menschlichen Maß finden können. Zum Beispiel mit Baumreihen lassen sich kleinere Räume innerhalb eines größeren etablieren. Intimere, zugängliche Freiräume entstehen auch mit Pergolen, Sonnensegeln, Pavillons, Solitärbäumen, Pflanzen und Sitzgelegenheiten. Auch mit vorgelagerten Gebäuden kann extremen Situationen wie vor Hochhäusern geholfen werden. Als Beispiel nennt Speck in seinen Vorträgen ein Projekt in Charleston, South Carolina, wo ein 7,5 m niedriger Gebäuderiegel mit Mischnutzung, die dahinter befindliche 75 m hohe Garage für Fußgänger verdeckt. Eben diese Fußgängerperspektive auf Augenhöhe bekommt im Großteil der aktuellen Planungen nicht mehr Aufmerksamkeit als die oberen Stockwerke, bemängelt Oliver Schulze. Er macht sich stark für eine besondere Detaillierung des Erdgeschosses und dem Übergangsbereich zwischen Innen und Außen (Schulze, 2016). Diese fünf mal fünf Meter bezeichnet er als integrierte Erdgeschosszone. Der Mensch schaut naturgegeben normalerweise 10° nach unten und orientiert sich eher linear als weit in die Höhe (Gehl, 2015). Daher ist bei Gebäuden neben der Höhe besonders der Schwellenbereich auf Augenhöhe wichtig für das positive Fußgängererlebnis. 25
Gebäudenutzung Gebäudekante Schwellenbereich öffentlicher Raum
1 2 3 4
2 4
3
1
Integrierte Erdgeschossumgebung, eigene Darstellung nach Schulze (2016)
Im Abschnitt zuvor zitiere ich Whyte, der Menschenansammlungen als immanente Tendenz bezeichnet. Doch damit ist nicht jede größere Menschentraube und überfüllte Einkaufspassage gemeint. Wichtig ist die Einführung des Kriteriums der Freiwilligkeit. Gehl unterscheidet notwendige, optionale und soziale Aktivitäten. Erstere finden im öffentlichen Raum unabhängig von dessen Qualitäten statt, zweitere hängen von den Qualitäten ab und letztere finden spontan statt, wenn es ein breites Spektrum anderer Qualitäten gibt. Die reine Dichte an Nutzern gibt nur Aussage über die Effizienz des Raums. Aber auch ein Platz mit geringfügiger Menschendichte kann eine wichtige soziale Rolle erfüllen, beziehungsweise ein dicht gefüllter Platz muss nicht unbedingt eine hohe Qualität sozialer Beziehungen aufweisen (Speck, 2015). Laut Gehl ist der freiwillige Aufenthalt ein Kennzeichen optionaler oder sozialer Aktivität, während Bewegungen des Querens eine notwendige Beschäftigung ohne Aussage über die Raumqualität sind (ebd.). Für den Aufenthalt sind nicht-bewirtschaftete Sitzgelegenheiten wichtig und somit förderlich für die Belebung des Freiraums. Die Wirkung von Bänken untersuchte W. H. Whyte in New York über Jahre und zeigte, dass genutzte Sitzgelegenheiten auch die Aufenthaltsdauer in der nahen Umgebung erhöhten. Empirisch ist nachgewiesen, dass die im öffentlichen Raum verbrachte Zeit direkt proportional zu dem Angebot an fußgängerfreundlichen Räumen ist; die Aufenthaltsdauer wiederum ist direkt proportional zu der Frequenz von zwischenmenschlichen Kontakten (Pafka, 2011). Lebendigkeit ist ein relatives Konzept, denn eine Dorfstraße braucht weniger Menschen um belebt zu wirken als ein großer Platz. Nicht die Menge sondern der Eindruck ist maßgebend. Dabei ist die vielfältige, längere Nutzung entscheidend, nicht die reine Masse, die auch zu Stress führen kann. Für den Soziologen Lotland gehören die Funktionen Kommunikation, Lernumgebung, Ruhepause und Entspannung in den öffentlichen Raum. Sie machen das Individuum aus und schaffen soziopetale Räume, also Räume, die das Knüpfen sozialer Kontakte erleichtern.
Qualitätsindizien für lebendige Räume
Die meisten Gehwege folgen demselben Grundaufbau: Zone 1 Gebäudeeingänge, Zone 2 Laufbereich, Zone 3 Ausstattungselemente, Zone 4 Abstandsstreifen oder Radweg. Die Zone 1 ist noch dem Gebäude zugehörig und hier finden Eingangsbereiche und Cafébestuhlung Platz. Die zweite Zone sichert den Fußgängern ein sicheres Durchkommen und läuft parallel zur Straße. Die letzten beiden Zonen sind flexibler zu betrachten, denn hier finden sich je nach Straßenquerschnitt der Radweg, die Baumscheiben oder Ausstattungen wie Fahrradbügel oder Sitzbänke. Grundbaustein jedes Gehwegs ist der komfortable, zielgerichtete Fußverkehr. Häufige Mängel in dieser Zone werden in der Fußverkehrsstrategie (UBA, 2018) aufgezählt: Barrieren wie Bordsteine, schlechte Qualität der Gehwege durch kaputte Oberflächen, wenig Platz und schlechte Beleuchtung, zudem schwer zu querende Straßen oder zu lange Wartezeiten, Nutzungskonflikte um den vorhandenen Raum verbunden mit fehlendem Unrechtsbewusstsein von Auto- und Radfahrenden, schlechte Aufenthaltsqualität durch negative Sinneswahrnehmungen und fehlende Sitz- und Spielmöglichkeiten, soziale Unsicherheit in unbelebten Ecken sowie Unterführungen, im Weg stehende Infrastrukturen wie Ampeln, Poller, Bäume, Schilder, Briefkästen, Beleuchtung etc. Sind diese Beeinträchtigungen beseitigt, kann bei den sekundären Funktionen des Gehwegs, zu nennen sind Kommunikation, Spiel und Bildung, angesetzt werden. Werden Gelegenheiten zu Sport und Spaß in den Stadtraum eingebaut, so werden kreative und kulturelle Aktivitäten gefördert. Das Konzept der bespielbaren Stadt baut auf subtile räumliche Interventionen, die punktuell ähnlich einer urbanen Akupunktur Aktivitäten etablieren (Zimmerli, 2019). Sitzgelegenheiten werden nur dann angenommen, wenn gewisse Kriterien beachtet wurden: angenehmes Mikroklima, ein geschützter Rücken, geringer Lärmpegel und wenig Verschmutzung. Freiwilliges Ausruhen wird nicht dort stattfinden, wo nichts beobachtet oder keine angenehme Aussicht genossen werden kann. Bereits im Abschnitt Menschlicher Maßstab wurde die wichtige Rolle des Erdgeschosses betont. Nun soll konkre-
Bauliche Details
tisiert werden, wie die gewünschten freiwilligen und sozialen Aktivitäten hier gefördert werden. Sind die Erdgeschosse vom öffentlichen Raum aus offen oder interessant gestaltet, spricht Gehl von sanften Übergängen. Der Mensch besetzt intuitiv zuerst die Raumkanten, da sie Sicherheit vermitteln und Orientierung geben. Säulen und Nischen am Rand laden zum Beispiel zum Verweilen, Warten und Beobachten ein. Befinden sich reine Wohngebäude in der Straße, so tragen Haustüren, Fassadendetails und Vorgärten zum attraktiven Fußweg bei. Die Herausforderung von Wohnen an der Straße ist es, nicht einsehbaren Wohnraum zu schaffen und dennoch nicht den Straßenraum abzuschotten (Schulze, 2016). Christopher Alexander formuliert es in folgender Art: „Wenn der Rand nicht funktioniert, wird der Raum nie lebendig“. Städtebauliche und stadtplanerische Ebene
Die Entscheidung, welche Straßen vorrangig vom Verkehrsraum zum Stadtraum umgewandelt werden und wo welche Gebäudenutzungen einziehen sollen, muss in einem größeren Maßstab entschieden werden. Dabei ist die Straße kein reiner Transportweg, sondern soll zukünftig auch soziale Aufgaben übernehmen. In den Empfehlungen zur Straßenraumgestaltung innerhalb bebauter Gebiete werden den materiellen Ansprüchen sogenannte immaterielle Ansprüche zur Seite gestellt: soziale Brauchbarkeit, Identität, Identifikation, Anregung, Orientierung und Schönheit (Heinz, 2014). Heinz geht sogar so weit, dass die heutigen primären und sekundären Funktionen einer Straße neu hierarchisiert werden müssen und eine rein verkehrsgewidmete Straße niemals ein funktionierender Raum sein kann. Berlinweit wird nach potentiellen Bauflächen geschaut, diese können sich auch auf eingeschossigen Discountern befinden. Diese Tendenz zeigt sich auch dadurch, dass als neue Flächennutzungsart das Urbane Gebiet (MU) eingeführt wurde. Der Berliner Senat hat allein an 330 Standorten mit eingeschossigen Lebensmittelmärkten ein Potenzial für 14.000-36.000 Wohnungen ausgemacht. Eine Studie der TU Darmstadt und des Pestel-Instituts Hannover sieht mit 22.000-38.000 Wohneinheiten ähnliche Größenordnungen. Dabei sollte auf die Nutzungsmischung geachtet werden, denn die räumliche Trennung von Wohnen und Arbeiten ist der Tod für die erlaufbare Stadt (Speck, 2015). Ebenfalls im größeren Zusammenhang müssen Haltestellen des ÖPNV betrachtet werden. Gerade größere Bahnhöfe sollen zentrale Fixpunkte von besonderer Bedeutung für den Stadtteil werden (gehl architects, 2009). Die Heinrich-Böll-Stiftung (2019) empfiehlt Haltestellen als Treffpunkt und Knotenpunkt für Service zu verstehen, also Orte, an denen sich alles bündelt.
Mobilitätsstationen als Knotenpunkte einer neuen Verkehrsinfrastruktur hbs (2019), angepasste Darstellung
Temporär und Testweise
Bauliche Änderungen im Straßenprofil sind mit hohen Investitionen verbunden und bedürfen auch zum Teil längerer Planungs- und Implementierungszeiten. Sind die Maßnahmen abgeschlossen, besteht keine Garantie, dass die Änderungen angenommen werden oder die berücksichtigten Prognosen zutreffen. Eine temporäre Lösung beziehungsweise ein Zwischenentwurf kann als Brücke dienen, um Verständnis und Unterstützung in der Gemeinschaft zu generieren, sowie seine Funktionalität zu testen, bevor er in den Bau geht (NACTO, 2013). Das Testen von Raumumstrukturierungen ist kostengünstiger, da ein geringerer Anspruch an Materialbeständigkeit besteht und auf Grund der Entwurfsflexibilität Planungs-, Genehmigungs- sowie Beteiligungsprozesse abgekürzt wer27
den können. Das Testen bietet sich zum Beispiel an, wenn für die permanente Variante nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, kurzfristige Handlungen zum Beispiel auf Grund hoher Unfallzahlen nötig sind, oder Unklarheit darüber besteht, ob die Maßnahmen tatsächlich den bestehenden Defiziten entgegen wirken können. In Paris wurden zum Beispiel zwei auf den Place de Bastille zulaufende Straßen temporär mit Betonpollern vom motorisierten Verkehr abgetrennt. Im Anschluss wurde beobachtet, welche Akteure sich den neuen Stadtraum aneignen und welche Aktivitäten stattfinden. Für ebensolchen Mut zu Provisorischem plädierte Undine Giseke beim Zukunftskongress zur Langfristigen Siedlungsentwicklung in München 2017. In diesem Sinne schlägt auch Jan Gehl drei Kategorien in der Planungspolitik vor: Festes (der bauliche Rahmen), Flexibles (temporäre Strukturen und Ereignisse wie Straßenfeste und Musik) und Flüchtiges (kurzweilige Events), die im Einklang ein robustes Gerüst städtischen Lebens schaffen. International gibt es mehrere erfolgreiche Projekte, die sich dem Trial and Error Prinzip bedienen. Zum Beispiel die autofreien Sonntage ciclovía in Bogotá oder die summerstreets in New York City. Die gemeinnützige Organisation Projects für Public Spaces (PPS) fördert Akteure weltweit bei örtlichem placemaking, also Projekten zur Schaffung aktiver und attraktiver Orte. Als primäre und sekundäre Ziele temporärer Installationen nennt PPS die Aktivierung lebloser Räume und den Abbau von Widerstand gegen Wandel. Gleichzeitig würde das Interesse öffentlicher und privater Investoren geweckt, das Interesse am öffentlichen Raum angestoßen und die Wahrnehmung zu diesem geändert. Bestehende Projekte bringen so auch Interessensgruppen für neue Projekte zusammen. Der Wunsch der Bürger, bei Entscheidungen zur Stadt mitzureden und mitzuwirken hat in den letzten Jahren zugenommen. Möchte eine Kommune die Aneignung durch die Anwohner fördern, schlägt die Schweizer Soziologin und Planerin Dr. Joelle Zimmerli (2019) mehrere Handlungsstrategien vor: Es können mobile Ausstattungselemente eingesetzt, bewusst Räume durch geringe Gestaltung freigehalten, oder alternativ nur eine Teilgestaltung und anschließend nach Baufertigstellung ein Partizipationsverfahren für die verbleibenden Orte ausgeschrieben werden. Dennoch sollte vorher seitens der Planer ein Profil für den Freiraum definiert werden. Würde eine unscharfe Agenda alle Bedürfnisse gleichermaßen verfolgen, könne kein idealer Freiraum daraus hervorgehen. Ein belebter Marktplatz erfüllt andere Zwecke als ein grüner Park und dieser wiederum andere als ein großer Spielplatz und jede Freiraumkategorie hat laut Zimmerli seine eigene Berechtigung (ebd.). Doch warum wird nicht jede scheinbar leere Fläche durch Zwischennutzungen belegt? Dazu gibt das Barkers Tehorem über das Behavior Setting einen Erklärungsvorschlag. Dieses sagt aus, dass nutzungsoffene Räume nicht angeeignet und sogar gemieden werden, wenn durch die unklare Nutzungsdefinition Zweifel bezüglich der Nutzungsrechte entstehen. Ein Raum muss demnach zur Nutzung einladen, sei es eine festgelegte oder eine offene. Wandelt sich der Verkehrsraum zum Stadtraum, entstehen laut Gehl Chancen zur Aneignung. Der Stadtraum würde nutzungsoffener werden, das heißt, dass eine Nutzung die wichtigste sein darf, aber keine Nutzung so dominiert, dass bei ihrem Wegfall der Raum tot ist. In einem nutzungsoffenen Raum darf Niemand unerwünscht sein und die Gestaltung des Ortes muss überraschende Aktionen ermöglichen und derartige sogar fördern. Fehle es an einer Einladung zur Aneignung, mangelt es dem potentiellen Nutzer an Mut, sich länger auf der Fläche aufzuhalten, oder die Fläche erscheint durch andere Nutzungsansprüche belegt zu sein (Tessin, 2011). Bei Aneignungsprozessen wird auch das Bedürfnis nach wohnungsnahen Freiräumen deutlich. Es gibt Aktivitäten, für die Menschen weite Strecken in Kauf nehmen, andere werden im nahen Umkreis erwartet. Das liegt zum einen daran, dass zum Beispiel Kinder und ältere Menschen einen reduzierten Erschließungskreis haben. Zum anderen „kalkuliert der Mensch Kosten und Nutzen der Handlungsoptionen, wägt sie gegeneinander ab und entscheidet dann, was er tut“ (ebd., S. 126). Tessin zeigt in seinen Forschungen zur Entfernungssensibilität, dass für unterschiedliche Verhaltenswünsche sehr unterschiedliche Wegezeiten als angemessen eingestuft werden.
Aneignung durch Anwohner nutzungsoffen vs. ungestaltet
Im öffentlichen Raum treffen Menschen aufeinander, die sonst nicht in Kontakt miteinander treten würden. Das gilt vor allem, wenn sich Menschen sich langsam durch ihre Umgebung fortbewegen. Dies bekräftigt unter anderem die
Einladung für Alle
Fußverkehrsstrategie: „Wirkt eine Straße einladend auf zu Fuß gehende Menschen, entstehen Leben, Kommunikation und sozialer Austausch“ (UBA, 2018, S. 19). Daher sind hier festgeschriebene Ziele breitere Gehwege, Gründe zum Verweilen, ein höherer Grünanteil, verkehrsberuhigte Straßen und Sitzgelegenheiten. Die meisten Aktivitäten im Freiraum werden unentgeltlich angeboten und sind finanziell jedem möglich. „Auch sind an das Freiraumverhalten kaum bildungsmäßige Voraussetzungen geknüpft, die schichtspezifisch variieren würden. Vor allem das Alter bzw. die jeweilige Lebensphase scheinen für das Freiraumverhalten besonders relevant“, sagt Wulff Tessin nach seinen empirischen Forschungen. Es gäbe zwar kaum eine Beschäftigung, die nicht in allen Altersgruppen irgendwie gewünscht sei, aber die Anteile „differenzieren sich doch altersgruppenspezifisch recht stark“ (Tessin, 2011, S. 81). Er zeigte in seinen Studien, dass sich gebäudegebundene Freizeitaktivitäten wie Theaterbesuche, Film- und Literaturauswahl schichtspezifisch unterscheiden, im Freiraum jedoch Aktivitäten keinem Milieu zugewiesen werden können. Tessin fördert daher eine Außenraumgestaltung, die von konkreten Nutzungen und Trends ausgeht und weniger gruppen- und schichtspezifisch unterteilt. Dennoch sollten aus demographischer Sicht mit der alternden Bevölkerung auch mehr Sitzgelegenheiten integriert werden. Fernreisen (>700 km) 1% Fernreisen (125-700 km) 3% Erweiterte Region (40-125 km) 9% Region (5-40 km) 21% Nahbereich (<5 km) 11% Passive Mobilität Aktive Mobilität Alle Entfernungen 55%
Mobilitätspyramide: Sie stellt das Zeitbudget einer Person für Mobilitätsformen dar. Die Basis ist die aktive Mobilität und darüber die passive Mobilität, angetrieben durch Fremdenergie. Dabei wird nach Entfernung differenziert. Es wird empfohlen, über die Hälfte der Zeit für aktive Mobilität zu nutzen. (slowmotion, 2011, angepasste Darstellung, Abb. 11)
Induzierter Verkehr
Verkehrsflächen für den MIV nehmen große Anteile des städtischen öffentlichen Raums ein. Sind die Straßen dennoch überlastet und kein Verkehrsfluss gegeben, wird häufig Straßenerweiterung als Maßnahme angesetzt. Doch meist ist nach kurzer Zeit die Straße wieder an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen (Speck, 2015). Speck führt als Beispiel London an, wo Straßen 80% des öffentlichen Raums ausmachen und dennoch der Verkehr regelmäßig erliegt. Diese Erscheinung wird als induzierter Verkehr bezeichnet. In der Verkehrsplanung ist dieses Phänomen in den letzten Jahren zunehmend akzeptiert worden, auch wenn es vieler Orts noch nicht umgesetzt wird (ebd.). Jeff Speck beschreibt in seinem Buch walkable city ausführlich, warum Verkehrsplaner ihren Anteil an der Entstehung autodominierter Städte und damit Qualitätsverluste des Außenraums beigetragen haben. Er führt als Hauptproblem von vergangenen Verkehrsprognosen an, dass sie fast nie den induzierten Verkehr, die induzierte Nachfrage berücksichtigen. Der Bau neuer Straßen macht den Verkehrsfluss in der Regel schlechter. Gleichzeitig führt die doppelte Spurenanzahl zu doppelt so vielen Unfällen (ebd.). Speck führt Beispiele in den USA an, wo Gebiete mit gutem Anschluss an den ÖPNV, die stark in den Ausbau der Straßenkapazität investierten, keine Stauentlastung erzielen konnten gegenüber vergleichbaren Kommunen, die nicht investierten. In Großbritannien hat die Straßenkonstruktion drastisch abgenommen, seitdem Planer nicht mehr alleinig mit der Begründung von Verkehrsentlastung neue Verkehrsachsen bauen dürfen. Speck geht sogar weiter und spricht von der reduzierte Nachfrage. Hier zeigte sich, dass nachdem wichtige Verkehrsadern aus den Städten entfernt wurden, der Verkehr 29
Erweiterung
verschwand. Der induzierte Verkehr gilt auch für Radfahrer. Wird der Straßenraum unter den Verkehrsteilnehmern aufgeteilt und Investitionen in die Radinfrastruktur getätigt, führt das zu mehr Radfahrern. Empirisch zeigte sich dies bereits unter anderem in Portland, Paris und New York (Speck, 2015). Doch wenn vermeintlich jede Spur für Radfahrer ist, dann ist keine Spur für Radfahrer. tät
ali
Re
Induzierter Verkehr
Prognose
Straßenkapazität
Induzierter Verkehr durch
Zeit
Straßenerweiterungen
Speck (2013b), eigene Darstellung
Geht es um die Stärkung der Rolle des Fußgängers in der Stadt, sind mehrere Planer zu nennen. Dazu gehört zum Beispiel in den 1950er und 60er Jahren Jane Jacobs, die folgende Aussage traf: „Lowly, unpurposeful and random as they may appear, side walk concacts are the small change from which a city‘s wealth of public life may grow“ (Jacobs, 1961, eigene Übersetzung: So unwichtig, unzweckmäßig und willkürlich sie auch erscheinen mögen, Bürgersteigbegegnungen bringen die kleine Veränderung, aus der der Reichtum des öffentlichen Lebens einer Stadt wachsen kann). In den 70er und 80er Jahren wandte dann auch der Urbanist William H. Whyte seine Aufmerksamkeit auf die Untersuchung des menschlichen Verhaltens in Städten und veröffentlichte umfangreiche Studienergebnisse zu Sitz- und Aufenthaltsgewohnheiten (Pafka, 2011). Seit einigen Jahrzehnten und bis heute forschen unter anderem Jan Gehl und Jeff Speck ebenfalls in diesem Themenfeld und kommen zu sehr ähnlichen Forschungsergebnissen. Ihre Forderungen an moderne Städte gleichen sich, obwohl sie aus verschiedenen Weltregionen kommen. Sowohl Gehl, der mit seinen Studien in Kopenhagen begann, als auch Speck, der seinen Schwerpunkt in den USA hat, setzen sich für fußgängerorientierte Städte ein. Die Bücher walkable city von Speck und Städte für Menschen von Gehl haben viel Einfluss auf diese Arbeit genommen. Das Konzept der walkable city von Jeff Speck zeichnet eine Stadt aus, in der das private Auto ein optionales Werkzeug für die persönliche mobile Freiheit ist. Im Folgenden möchte ich den Begriff der erlaufbaren Stadt einführen, da es meines Erachtens kein deutsches Equivalent für die walkable city gibt. In der erlaufbaren Stadt ist das Zufußgehen für kurze bis mittellange Strecken das komfortabelste Fortbewegungsmittel, unterstützt von dem Fahrrad und dem ÖPNV für längere Strecken. Zufußgehen ist Start und Ende jeder Wegkette, denn auch der Weg zur Haltestelle oder zum privaten Auto beginnt zu Fuß und dieser Weg will gestaltet werden (UBA, 2018). Speck stellt die These auf, dass Wege nur dann trotz alternativen Verkehrsmitteln zu Fuß zurückgelegt werden, wenn vier Konditionen erfüllt sind, wobei keine alleine ausreichend ist. Diese sind erstens Nutzen, also dass die meisten Produkte und Dienstleistungen des alltäglichen Lebens sich fußläufig befinden, zweitens Sicherheit, wobei man tatsächlich sicher sein muss und sich auch sicher fühlen soll, drittens Komfort, der entsteht, wenn Gebäude und Stadtraum zusammen ein Freiluftwohnzimmer formen und zuletzt Interesse durch detailreiche Fassaden, individuelle Gebäude, Anzeichen von menschlichem Leben und Überraschendem. Gehl formuliert nur drei Konditionen, dennoch finden sich die meisten Aspekte wieder. Er nennt Schutz vor Verkehr, Verbrechen und unangenehmen Sinneswahrnehmungen, des Weiteren Komfort durch Angebote für Fußgänger, wie Fassaden und hindernisfreie Wege mit Aufenthaltsgelegenheiten, Sehenswürdiges, Orte für Kommunikation, Spiel und Sport und zudem Beglückendes. Letzteres entsteht durch angenehme Größenverhältnisse, Mikroklima, positive Sinneseindrücke wie Sichtbeziehungen und ansprechende Materialien. Die übergeordneten Ziele einer modernen Stadt sollten nach Gehl Lebendigkeit, Nachhaltigkeit, Gesundheit und Sicherheit sein (2015). Diese ließen sich größtenteils umsetzen, wenn die Bedürfnisse von Fußgängern und Radfahrern sowie allgemein der Qualität des Stadtlebens höchste Priorität eingeräumt würden (ebd.). Im Handbuch für die Seestadt Aspern betont er, dass Bürger eingeladen werden müssen, ihr Auto stehen zu lassen.
Konzepte walkable city und lebendige Stadt
„Das Gehen ist der einfachste und unmittelbarste Zugang zur Welt und zur Teilhabe im öffentlichen Raum.“ Bertram Weishaar, Spaziergangsforscher (zitiert von Genichen, 2019)
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Gebaute Beispiele und Referenzstrategien Es gibt unzählige nationale und internationale Beispiele im Themenfeld Straßenraum und Fußgängerperspektive. Hier findet sich eine Auswahl von Bauprojekten, Strategien und temporären Events, die die große Bandbreite aufzeigen sollen. Hinter jedem Beispiel stehen viele andere, ähnliche Projekte. Bewusst sind sowohl bottom-up und towndown organisierte Referenzen dabei, da beide Formen parallel und sich ergänzend genutzt werden können. Die Beispielen zeigen zum einen, wie andere Orte mit neuen Mobilitätskonzepten umgehen und zum anderen inspirieren sie, welche Möglichkeiten vielleicht für die Potsdamer Straße bestehen. Die tatsächliche Umsetzbarkeit zeigt sich dann im dritten Teil mit der Ortsanalyse und den Interventionen.
Auf startnext.com sammelt das Gemeinschaftsprojekt finanzielle Unterstützung für den Bau eines mobilen, gemeinschaftlich nutzbaren Freiraums am Straßenrand auf jetzigen Parkflächen. Der Grundbetrag von 2.600 € ist bereits erreicht, das zweite Förderungsziel sind 4.500 € für die „Traumversion mit Verdeck, saisonaler Bepflanzung und Veranstaltungen“. Vorbild sei das kleine Parkraumwunder von Gerhard Wollnitz in Stuttgart. „Es ist, was die Menschen daraus machen: Ein Ort, an dem sich die Nachbarschaft trifft, ein Platz zum Kennenlernen, Entspannen, dem Straßentreiben zuzusehen, die Sonne zu genießen und auch ein neuer Ort für Kunst“ (freiraumwunder, 2019).
Freiraumwunder Lichtenberg, Berlin
Das öffentliche Leben wird bewusst an bestimmten Orten zentriert, eine Ringstraße führt durch alle Quartiere hindurch und fungiert als Eintrittskarte. Die Ringstraße ist ausgebildet als einladender Stadtraum, der minimale Verkehrsflächen hat und dafür wohnungsnahe Spielflächen bietet. Die Außenraum- und Erdgeschossnutzung hängen von der Bebauung ab. So haben Wohnen und Gewerbe zum Beispiel unterschiedliche Hauptnutzungszeiten. Eine Einkaufsstraßen GmbH unterstützt die Synergie zwischen Außenraum und Architektur. Orte für Handel und ÖPNV werden mitgedacht, alle Bordkanten sind barrierearm maximal 3 cm hoch (gehl architects, 2009).
Seestadt Aspern, Wien
Gastronomie und Gewerbe, aber Wohnhäuser werden über private Mittel oder gefördert von der Kommune mit Bänken und Sitznischen ausgestattet. Die Materialien sind meist einfach gehalten. Hier können die Besitzer ruhen und beobachten, aber auch Passanten. Dieses Bild wurde in Portugal ausgenommen, doch in Berlin sieht man ähnliche Beispiele und zum Beispiel auch an der Potsdamer Straße.
halböffentliche Sitznische, Lissabon Abb. 12-14
In Wien gibt es das Konzept der Wohnstrasse, die unserer Spielstraße ähnelt, aber zudem nur von Anliegern befahren darf. Neben dem Schild gemäß Straßenverkehrsordnung kommen häufig Bodenmarkierungen zum Einsatz. Diese sind vergleichsweise kostengünstig und zeigen jedem, dass in dieser Straße etwas ganz anders ist. Farbenfrohe Formen erzielen Aufmerksamkeit und mahnen Autofahrer zu besonderer Vorsicht, während Kinder zur spielerischen Nutzung eingeladen werden (Mobilitätsagentur Wien, 2018).
Wohnstraße, Wien
Parklets eignen sich v. a. dort, wo Gehwege zu schmal sind, um das dort befindliche oder gewünschte Leben aufzunehmen. Der Ursprung findet sich in San Francisco, wo das Netzwerk aus Parklets mittlerweile eine Art Grünzug (csd, 2012). Es ist Bestandteil des Pavement to Parks Programm und begann 2005. 2012 wurden jährlich 30 neue Parklets gebaut. Meist handelt es sich um öffentliche Räume in privater Hand, die die Umwandlung initiiert, aber nicht gewerblich nutzen darf. Parklets können temporär oder permanent sein, sind meist modulartig konstruiert und kosten ca. 5.000 - 15.000€ (edb.). Parklets werden individuell für den Ort entworfen und meist zu Beginn pro bono von ortsansässigen Architekten.
Parklets, Face to Face in Toronto
Ergänzend zum Programm Pavements to Parks gibt es Pavement to Playground, das Flächen für neue Spielplätze in dichten Stadtbereichen sucht. Im Fokus stehen Sackgassen und untergeordnete Straßen, die vom Straßennetz abgekoppelt werden können. Innerhalb von fünf Jahren sollen so in New York 100 Spielplätze entstehen (State of Play, 2019).
Pavement to Playground, New York City
Eine der verkehrsreichsten Kreuzungen in San Francisco ist als Ort bekannt geworden, an dem man eine Pause vom Lärm der umliegenden Stadt einlegen kann (NACTO, 2013). Der Jane Warner Plaza ist seit seiner Eröffnung 2009 umgeben von einem Schirm aus Bäumen und Pflanzkästen und ausgestattet mit bunten Café-Tischen und Stühlen. Er ist zunächst temporär ausgelegt worden und entstanden in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für öffentliche Planung und der gemeinnützigen Organisation Castro CBD. Letztere beaufsichtigt und bezahlt die Instandhaltung des Platzes, stellt das Mobiliar zur Verfügung und Freiwillige bewässern die Pflanzen (Castro CBD, 2019).
Jane Warner Plaza, San Francisco Abb. 15-18
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Geschäftsräume sollten aus unterschiedlichen Gründen umgedacht werden. Sind die Räume unabhängig ihrer Produkte attraktiv, steigern sie die Qualität des Freiraums und ziehen zudem mehr Kunden an (sidewalklabs, 2017). Apple ist Vorreiter solcher neuer Hybridmodelle zwischen Freiraum und Gebäude sowie zwischen Privat und Öffentlich. Das Konzept nennt sich town squares instead of stores und Beispiele dafür findet man unter anderem in Manhatten, Shanghai und Mailand.
Geschäfte als Freiraum, Apple Store Mailand
Es ist eine Kampagne, die 2012 in North Carolina von Matt Tamasulo gestartet wurde. Er klebte 27 witterungsbeständige Poster an Laternenmaste, jede mit Informationen über anliegende Ziele und deren Entfernung. Eine App ergänzt mit fußgängerfreundlichen Routenvorschlägen. Das Projekt gibt es nun weltweit in Städten und motiviert zu mehr Bewegung und die Entdeckung unbekannter Orte (pps, 2015).
Walk (your city), international
Straßen, die leicht für Fußgänger zu überqueren sind, bestärken Zufußgehen. Daher hat Transport for London neben anderem das Projekt Healthy Streets. Dazu gehört neben sicheren Übergängen und angepassten Grünzeiten auch eine Gestaltung, die signalisiert, dass hier die Straße nicht nur den Autos gehört. Dies bringt Farbe in die Stadt und erhöht zudem die Aufmerksamkeit im Verkehr (Transport for London, 2015).
Straßenübergang, Southwark Street London
Wege werden attraktiver, wenn interessante, unerwartete Erlebnisse entstehen. Kunst ist eine Möglichkeit, dies zu erzielen. Der Künstler Florian Rivière nutzt Alltagsgegenstände, Wände und Gehwege für seine Installationen, die meist konstruktiv einfach und temporär sind. Einkaufswagen, Zäune, Mülleimer etc. inszeniert er auf eine Art, die eine neue Betrachtungsweise und Spielwert erzeugt. Die gleiche Intention, aber eher permanent arbeitet das Designstudio tous les jours. Sie haben z. B. Haltestellen mit Schaukeln ausgestattet. Städte können solche Interventionen fördern, sei es finanziell oder durch einen strukturellen Rahmen, wie Dublin es mit seinem Hack the City Festival tut (urbanshit, 2012).
Kunstinstallationen im öffentlichen Raum
Abb. 19-22
Das Programm 100 Public Spaces zielt darauf ab, hundert öffentliche Räume in London zu schaffen oder aufzuwerten. Es soll zeigen, welchen Unterschied verbesserte öffentliche Räume machen können und wie man ohne übermäßige Ausgaben die höchste Qualität der Gestaltung sicherstellen kann (architects journal, 2005). Das Programm wurde im Juli 2002 mit der Ankündigung von 10 Pilotprojekten gestartet und ging bis 2008. Nachfolger war das Programm Great Outdoors unter Johnson von 2008 bis 2016. Insgesamt bekamen ca. 250 öffentliche und private Projekte zur Aufwertung von Parks, Plätzen und Straßen eine finanzielle und strategische Förderung (Garten+Landschaft 07/16).
100 Public Spaces / Great Outdoors, London
Oslo wurde 2019 dank ambitionierter Ziele zur European Green Capital ernannt. Die Stadt möchte den CO2-Ausstoß bis 2030 um 95% senken, zudem soll die Innenstadt deshalb gänzlich autofrei werden (ZDF, 2020). Schon jetzt ist ein Drittel der Autos elektrisch betrieben, ab 2025 sind keine Verbrennungsmotoren mehr in der Innenstadt zugelassen (ebd.). Mautgebühren haben bereits zu einem erheblichen Rückgang des Verkehrs geführt. Das 2015 genannte Ziel 2030 wird wohl nicht erreicht werden, denn vor allem die Unternehmen haben sich dagegen gewehrt. Doch in der Bevölkerung wächst der Zuspruch für die ökologische Stadtplanung (DW, 2019).
Autofreie Innenstädte, Oslo
Die Aktion begann 2005 in San Francisco und soll sowohl geistigen Wandel in der Gesellschaft als auch physischen Wandel in der Stadt auslösen. Der Park (ing) day stieß die Diskussion darüber an, wem der öffentliche Raum gehört und wer bestimmt, wofür er genutzt werden kann (csd, 2012). Für einen Tag werden Objekte, Räume und Ideen geschaffen, die Menschen anregen, ihre Umwelt und ihre Rolle darin umzudenken. In Berlin ist das nächste Event am 18. September 2020 während der europäischen Mobilitätswoche geplant. Die zugehörige Internetseite informiert über gesetzesgetreue Interventionen an den Straßenrändern (parking-day-berlin.de).
Park (ing) day, international, Abb. Mainz
Straßenfeste und temporäre Spielstraßen zeigen die Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten von Straßen auf. Sie können als Vorläufer eines zukünftigen Projekts oder als saisonale Veranstaltung durchgeführt werden (NACTO, 2013). Beispiele sind das Bergmannstraßenfest, das einmal im Jahr stattfindet oder als Test für eine permanente Umwandlung die zunächst für drei Monate geplante Fußgängerzone Friedrichstraße. Hier erkannte Umweltstadträtin Weißler, dass die Straße „für niemanden funktioniert, weder für Touristen, Berliner, Autos oder Radfahrer“ (Tagesspiegel, 15.12.18). Nach bereits zwei Wochenenden in der Vergangenheit ist die nächste längere Sperrung voraussichtlich ab dem 21.6.20.
Straßenfest, Bergmannstraße Berlin Abb. 23-26
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Abstrahierter Katalog Die Erkenntnisse aus den vorangegangenen Abschnitten sollen nun in abstrahierter Art und Weise zu Werkzeugen konvertiert werden. Diese funktionieren im Schema links Defizit / rechts Anpassung, wobei die behandelten Mängel alle von Experten in Richtlinien und Fachliteratur beschrieben worden sind und die Attraktivität des Fußverkehrs mindern. Die dargestellten Mittel gehen teilweise auf Veränderungen von Bestandssituationen aus, teilweise sind sie für Neubauten gedacht. Erstere können nach dem Trial and Error Prinzip erprobt werden, können kurzfristig implementiert werden und beruhen teilweise auf feinen, kleinräumlichen Veränderungen wie Kunstinstallationen, Bodenmarkierungen, mobilen Elementen und zeitlich limitierten Sperrungen. Testen kann zum Beispiel heißen, einen Stellplatz zu entfernen, das Bord erstmal zu belassen und nur als Trennung einen Pflanzkübel aufzustellen. Andere Werkzeuge benötigen bauliche Veränderungen. Sie verändern den Straßenquerschnitt oder Fassadenelemente und setzen Baumpflanzungen ein. Der Katalog versteht sich als lebendiges Dokument, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Vielmehr soll er Anregung zu weiteren Werkzeugen geben und kann ergänzt werden. Dabei geht um es um neue, kreative Überlegungen zum Aufbrechen des konventionellen Straßenbildes. Ideen zur Qualifizierung von Straßen als Sozialraum können dabei von Planern, Anwohnern oder Politikern kommen. Alle Maßnahmen verbessern den Ort hinsichtlich mindestens einer von Specks Kriterien für erlaufbare Städte. Die Kürzel für Interesse, Komfort, Sicherheit und Nutzen sind am Rand gekennzeichnet. Welches der 18 Instrumentarien für welche explizite räumliche Situation geeignet ist, wird im dritten Teil der Arbeit behandelt. i
Interesse
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Komfort
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Nutzen
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Sicherheit
Hinweis: Alle im Katalog genannten Fakten, sind bereits auf den letzten Seiten genannt und mit Quellen belegt worden. Zur besseren Lesbarkeit wird auf eine wiederholte Quellenangabe verzichtet. Bei allen Grafiken handelt es sich um eigene Darstellungen.
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1
Fußgängerübergänge haben zu kurze Grünphasen und Ampelschaltungen bevorzugen den MIV. Auch ihre Gestaltung gibt der Straße gegenüber dem Gehweg den Vorrang. Die Hierarchie ist gestalterisch ablesbar.
Fußgängerübergänge, die mit Mustern und Farben gestaltet sind, erhöhen die Aufmerksamkeit und somit Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. Die Grünphasen sollten Fußgängern das Queren einer Kreuzung ohne Zwischenstops auf der Mittelinsel ermöglichen.
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Das menschliche Gehirn möchte alle 4-5 Sek. / ca. 5-6m neue Reize haben. Monotone Fassaden mit wenig Türen führen zu Langeweile und der Weg kommt dem Fußgänger vergleichsweise länger vor. „Wenn der Rand nicht funktioniert, wird der Raum nie lebendig“ (Christopher Alexander).
Spannung in der Gestaltung der Erdgeschosszone kann z. B. durch Eingänge, offen gestaltete Schaufenster, Wandkunst, kleinteilige Fassadendetails oder eine vertikale Fassadenteilung entstehen. Studien zeigen, dass Menschen vergleichsweise langsamer laufen, wenn die Fassaden aktiv und abwechslungsreich sind.
k
30
50
3
70 dB Fahren die Pkws 50 km/h kann das zu Werten über 70dB führen. Ab 60dB kann man sich schwer unterhalten, danach werden alle weiteren 8dB als eine Lautstärkenverdoppelung wahrgenommen. 68dB erscheinen Menschen also doppelt so laut wie 60dB und Unterhaltungen werden vermieden.
60 dB Können Pkws auf Grund von Geschwindigkeitsbegrenzungen oder schmalen Spuren maximal 30 km/h fahren, werden zumeist nur 60dB gemessen und Unterhaltungen sind gut möglich.
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n k
Fußgänger nehmen in erster Linie einen Raum von 5x5x5m um sich wahr. Das bedeutet, dass auch die Einsicht in das Erdgeschoss wichtig ist, um einen interessanten Weg zu gestalten. Freiraum und Gebäude sollten daher nicht separat betrachtet werden.
Gebäude und öffentlicher Freiraum können physisch über Durchbrüche, Buchten etc. verbunden werden. So entstehen neben Einladungen und abwechslungsreichen Perspektiven auch witterungsgeschützte Unterstände. Die Bereiche sollten dann auch funktional verbunden werden. Wichtig ist die Beleuchtung, um Angsträume zu verhindern.
Damit Menschen wieder mehr in ihrem Alltag laufen, sollten sich auf ihrem Weg durch das Quartier auch Geschäfte und Dienstleistungen des alltäglichen Bedarfs befinden. Sind Geschäfte in Malls gebündelt, zu verstreut oder weit entfernt, verstärkt das den MIV.
Hier haben sich eine Bar, ein Sportstudio und ein Lebensmittelhändler in das Erdgeschoss der Straße eingemietet und bieten den Nachbarn einen „nützlichen“ Spaziergang.
Angenehme Räume hängen mit dem Verhältnis Freiraum zu Raumkanten zusammen. Jan Gehl zeigte, dass 1:1 ideal für Quartiersstraßen sei. Das entspricht in Berliner Gründerzeitvierteln der Straßenbreite von 22m bei einer Traufhöhe von ca. 22m. 1:3 ist für größere Stadtplätze angemessen, darüber liegt über dem angenehmen Maßstab.
Sind die Raumkanten bereits gesetzt, müssen nachträglich raumbildende Elemente gesetzt werden, um kleinräumliche Aufenthaltsqualität zu schaffen. Dies kann durch Baumreihen oder -pakete, Pergolen oder belebte Raumkanten geschafft werden.
5
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6
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nachhher
7
Manchmal werden mit der Begründung der allgemeinen Verkehrssicherheit Fußgänger durch Absperrgitter am Queren außerhalb offizieller Fußgängerüberwege gehindert. Diese machen zum einen Besorgungen umständlich, da Umwege notwendig sind, auch wenn kein Auto in Sicht ist. Zum anderen werden die Gitter kaum in das ästhetische Straßenbild eingefügt.
Sichere Übergänge sollten geschaffen werden, sodass keine Notwendigkeit für erzieherische Maßnahmen mehr besteht. Diese Übergänge können kreativ gestaltet werden und auch mit neuen Straßenbäumen kombiniert werden.
S k
8 POST
Der Fußgänger muss sich den Gehweg mit vielen Elementen teilen, die Hindernisse darstellen können. Dazu gehören Baumscheiben, Fahrradbügel, Leuchten und Ampeln, Poller, Briefkästen, Schilder und weiteres.
POST
Die Elemente können nicht auf der Fahrbahn stehen, doch eine Einschränkung des Fußverkehrs ist ebenfalls nicht akzeptabel. Daher sollten Elemente kombiniert werden und der Gehweg verbreitert werden, sodass ein Streifen für eben diese Infrastrukturen bleibt. Dort sollten öffentliche Sitzgelegenheiten integriert werden. Diese bieten v. a. Älteren eine Pause und erhöhen die Auslastung in den angrenzenden Gastronomien.
S
9
Hohe Bordsteine und Gehwegschäden wie Belagsschäden findet man häufig. Sie schränken die Mobilität v. a. von Älteren, aber auch Personen mit Kinderwagen etc. stark ein. Für alle Nutzergruppen sinkt der Komfort. Darauf muss in Planung und Unterhalt geachtet werden.
In der Seestadt Aspern werden momentan nur noch barrierearme Bordkanten mit max. 3cm Höhenunterschied gebaut. Das Budget für Gehwegsunterhaltung sollte für das Konzept der walkable city erhöht werden und könnte aus Einsparungen im Straßenbaussektor finanziert werden.
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k
Lange, breite, gerade Straßenführung führt zum einen zu hohen Geschwindigkeiten der Autos. Zum anderen erscheint Fußgängern der Weg länger und schwerer, weil die visuellen Reize sich kaum wahrnehmbar verändern. Übersteigt zudem das Verhältnis Straßenraum zu Gebäudetraufhöhe den Wert 3:1, fühlt sich der Mensch unangenehm klein und verloren.
In der Planung von neuen Gebieten sollte der menschliche Maßstab und die Perspektive für Fußgänger Beachtung finden. Ist der Raum bereits gebaut, sind Änderungen möglich, aber weniger wirksam und zugleich teurer. Es müssen kleinere Raumeinheiten gebildet werden, die den zu großen Raum unterteilen. Zudem sollte die Perspektive nicht durchgehend unverändert bleiben.
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P
51% der Berliner Haushalte sind autolos, dennoch wird
51% der Berliner Haushalte sind autolos, S parkenden Pkws 6x mehr Raum zur Verfügung gestellt als dennoch wird parkenden Pkws 6x mehr Raum dem gesamten Radverkehr. Und während ein Auto vor der zur Verfügung gestellt als dem gesamten Radk Haustür 13qm beansprucht, ist das Ziel von 6qm wohverkehr. Und während ein Auto vor der Hausnungsnahem Freiraum pro Einwohner noch nicht erreicht. tür 13qm beansprucht, ist das Ziel von 6qm Die Flächengerechtigkeit Verkehr und wohnungsnahem zwischen Freiraumruhendem pro Einwohner öffentlichem Freiraum sollte Die wiederhergestellt werden. noch nicht erreicht. Flächengerechtigkeit zwischen ruhendem Verkehr und öffentlichem Freiraum sollte wiederhergestellt werden.
(P)
Parkletts, also die temporäre oder permanente Umnutzung von zumeist zwei Stellplätzen kommt ursprünglich aus San Francisco und ist nun weltweit bekannt. Aufmerksamkeit wird u. a. durch den jährlich stattfindenden Park(ing) Day erzielt. Viele Parkletts kommen mit kleinem Budget zurecht und entstehen in Kooperation mit Anwohnern oder anliegendem Gewerbe.
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Bietet der alltägliche Fußweg keine Überraschungen oder interessanten Beobachtungen, ist er kaum attraktiv. Menschen werden von anderen Menschen angezogen. Jan Gehl hat es folgenderweise beschrieben: Wenn nichts passiert, weil nichts passiert, weil nichts passiert.
Öffentliche Räume werden auch durch Unerwartetes und Überraschungen charkterisiert. Das macht Spaziergänge interessant und attraktiv. Dies kann unterstützt werden durch temporäre Interventionen, wie zum Beispiel wöchentliche oder saisonale künstlerische Aktionen.
vorher
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Mit stark versiegelten Flächen gehen einige Nachteile einher. Teilweise ist dies funktional zu rechtfertigen, häufig können jedoch durch partielle Entsiegelung ökologische und sozialräumliche Qualitäten entstehen.
Begrünte Orte werden weniger heiß im Sommer, speichern Wasser, dämpfen Verkehrslärm und senken das Stressgefühl des Betrachters. Je nach Ausgangslage können Bäume, Fassaden- oder Flächenbegrünung eingesetzt werden.
S k
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Werden zuerst die Gebäude, dann die Straßen und zu letzt die verbleibenden Freiräume gesetzt, kommt es zu Qualitätsverlusten. Die Gebäude wirken isoliert und nach innengekehrt und potentielle Synergien mit der Umgebung gehen verloren.
P
Hier in Anlehnung an den CopenHill von BIG ist erkenntlich, wie durch eine parallele, gleichberechtigte Entwurfsweise ein Gebäude entsteht, dass öffentliche Räume und vielfältige Aktivitäten ermöglicht.
P
BUS Taxi
+ Die Geschwindigkeit der Autos hängt direkt mit der Spurbreite zusammen. Querparken braucht 5m Breite. In Berlin verlaufen neu geplante Radwege meinst zwischen rechter Spur und Parkstreifen. Das führt zu Gefahrensituationen bei offenen Türen und führt zu Ärger, wenn auf dem Radweg gehalten wird. Hier ist kein Platz für Bäume oder Versickerungspflanzungen.
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BUS Taxi
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Wird die Pkw-Spur schmaler, wird automatisch langsamer und rücksichtsvoller gefahren. Längsparken reduziert zwar die Stellplatzanzahl, braucht aber nur 2 - 2,5m. Durch die Platzeinsparungen kann ein Streifen entsiegelt werden. Das Kopenhagener Modell zeichnet sich dadurch aus, dass der Radfahrer durch den ruhenden Verkehr geschützt wird. Eine Sperrfläche reduziert Türunfälle.
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Momentan domiert meist der MIV fahrend und ruhend das Straßenbild. Die Theorie der induzierten Nachfrage (induced demand) zeigt das Phänomen, dass mehr Straßen mehr Verkehr und weniger Straßen weniger Verkehr hervorrufen. Der Umbau von Straßen ist jedoch teuer und die Theorie noch nicht von allen Planungsinstanzen akzeptiert.
Durch temporäre Straßensperrungen mit günstigen, flexiblen Elementen können Veränderungen nach dem Trial and Error Prinzip getestet werden. Zahlreiche Beispiele gibt es beim Projekt Lighter, Quicker, Cheaper. Diese Methode wurde z. B. in San Francisco, New York oder Wien getestet und bietet auch eine Grundlage für Bürgerbeteiligung. Pflanzkübel, Stühle und Bodenmarkierungen sind günstig bei hoher Wirksamkeit. Foodtrucks etc. können das Angebot ergänzen.
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Über Straßenschilder hinaus wird der Fußgänger meist orientierungslos alleine gelassen, während Autofahrer durch Beschilderungen geleitet werden. Anonyme Fassaden und Verbauung von Sichtachsen erschweren die Orientierung und auch an Anreizen zum Laufen und Entdecken fehlt es.
Neben Sehenswürdigkeiten, Grünflächen und Gemeinschaftsräumen können auch andere Anreize zum Laufen gesetzt werden. Zum Beispiel Angaben zu Schrittanzahl und anderen Gesundheitsparametern. Auch Bodenmarkierungen geben Hilfestellung und haben zugleich Spielwert.
Hochhäuser schaffen viel Wohn- und Arbeitsfläche bei geringer Flächeninanspruchname, doch geht so auch der menschliche Maßstab verloren und der Kontakt zwischen Grund und Wohnungen ab 16m Höhe bricht ab, wie Gehl zeigte.
Es gibt verschiedene Beispiele für die Kombination von Hochhäusern und vorgelagerten 2-3 geschossigen Gebäuden. Diese fangen den Maßstab ein und bieten dem Hochhaus ein lebendiges Entrée. Beispiel sind zum Beispiel Charlestown, South Carolina oder das Studentenwohnheim an der Potsdamer Str.
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kostengünstig
Das Diagramm stellt die Werkzeuge in Bezug auf ihre Ausrichtung innerhalb der Parameter Kosten und Planungshorizont dar
Die insgesamt 18 vorangegangenen abstrakt arbeitenden Werkzeuge behandeln ganz unterschiedliche Problemstellungen und dies auch mit verschiedenen Herangehensweisen. Um einen schnellen Überblick zu erhalten, sind sie im Diagramm unter den Kriterien temporär / permanent und kostengünstig / kostenintensiv eingeordnet. Dabei beruht die Kostenschätzung auf keinen exakten Werten sondern setzt die verschiedenen Mittel zueinander in Relation. Für die x-Achse ist ausschlaggebend, ob die Initialintention eher kurz- oder langfristig angelegt ist, nicht ob das Vorgehen grundsätzlich auch kürzer oder länger Bestand haben kann. Im oberen linken Quadrant befindet sich kein Werkzeug, da teure und temporäre Interventionen kaum sinnvoll sind. Wenige günstige, permanente Maßnahmen bilden die Ausnahme zu der Geraden, die sich ansonsten abzeichnet. Die Wahl des angemessenen Werkzeugs ist abhängig vom vorliegenden Problem, den finanziellen Mitteln, dem gewünschten Umsetzungszeitraum und der Datensicherheit. Ist zunächst eine Testphase gewünscht und dies möglichst kurzfristig, sind temporäre Maßnahmen vorzuziehen. Bei ausreichenden Fördermitteln und ausreichender Planungssicherheit lohnen sich längere Planungs- und Beteiligungsprozesse mit größerem Bauaufwand.
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Teil 3 Implementierung im Ort
„Die reichsten sozialen Umgebungen sind solche, in denen wir uns frei fühlen, näher zusammen- oder weiter auseinander zu rücken, ganz wie wir es wünschen.“ Charles Montgomery, Happy City, 2013
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Die Potsdamer Straße Methodik und Eignung
Der dritte und letzte Teil der Arbeit wendet die zuvor gesammelten Erkenntnisse in der Potsdamer Straße konkret auf örtliche Situationen angepasst an. Schritt für Schritt werden für die Interventionen am Ende der Arbeit zunächst Daten und Analysen des Ortes dargestellt. Beginnend mit einer Begründung zur Eignung der ausgewählten Straße werden dann von der Stadt und der Tagespresse zur Verfügung gestellte Geodaten, Analysen und Statistiken ausgewertet. Darauf folgt die eigene Aufnahme des Straßenraums mit seinen Nutzungen, Gebäuden, Zonen, Ausstattungen und Nachbarschaften. Des W-eiteren werden Fußgängertypen aufgenommen, Fotos gezeigt, subjektive Empfindungen festgehalten und Querschnitte der Straße in Abschnitten dargestellt. Hervorgehend aus den Untersuchungen wird die heterogene Straße in Segmente unterteilt, die als in sich relativ homogene Räume betrachtet werden können. Für jeden dieser sechs Unterabschnitte werden im Masterplan Defizite und Potentiale und daraus folgende Handlungsstrategien festgehalten. Die in den Interventionen dargestellten Maßnahmen zeigen mögliche Beispiele für die Umsetzung. Bevor es zum Fazit und Abschluss der Arbeit kommt, fasse ich in einer Kontrollliste Fragen zusammen, die sich Planer und Politiker für andere Straßen aus der Perspektive des Fußgängers stellen sollten, wenn sie diese auf Fußgängerfreundlichkeit prüfen möchten.
Methodik und Aufbau
Meine Wahl für die praktische Anwendung fiel auf die Potsdamer Straße im Berliner Zentrum. Die Liste der Straßen in der Stadt, die eine Überarbeitung aus Sicht des Fußgängers benötigen, ist lang, dennoch sprach für mich einiges für diese Straße im Speziellen. Zunächst besitze ich eine gute Ortskenntnis, da einige meiner Lebensabschnitte um die Potsdamer Straße herum stattfanden und –finden. Auch meine Bachelorarbeit behandelte mit dem Magdeburger Platz einen angrenzenden Bereich. Da meine Analysephase mit Ortskartierungen und -beobachtungen im Spätherbst und Winter stattfinden, ist es förderlich, auch das Sommerbild vor Augen zu haben. Die Potsdamer Straße wandelt sich stetig, viele Nutzungen haben sich in den letzten Jahren gewandelt. Die Google Street View aus dem Jahr 2008 zeigt dies deutlich, da sie immer wieder vom heutigen Bild 2019/2020 abweicht. Die Potsdamer Straße durchquert zwei Bezirke, vom Kleistpark bis zur Kurfürstenstraße Berlin-Schöneberg (Ortsteil Schöneberg) und anschließend Berlin-Mitte (Ortsteil Tiergarten-Süd). Die im Rahmen der Arbeit untersuchte Strecke vom Kleistpark bis zur Berliner Philharmonie misst 2,3 Kilometer. Im zügigen Schritt benötigt ein Fußgänger dafür eine knappe halbe Stunde, der Bus der BVG nach eigenen Angaben 15 Minuten und mit dem privaten Auto braucht man laut Google bei „leicht erhöhtem Verkehrsaufkommen wie gewohnt“ 9 Minuten (Abruf Samstag 16 Uhr). Auch wenn der Großteil der Fußgänger die Straße nur in Teilen laufen wird, ist es mir dennoch wichtig, dass der zeitliche Rahmen von 30 Minuten im Alltag umsetzbar ist. Ausschlaggebendes Kriterium für die Ortswahl war, dass der Straßenraum momentan für kein Verkehrsmittel komfortabel und schnell funktioniert.
Eignung der Potsdamer Straße
Busse der BVG im Feierabendverkehr, es kommt regelmäßig zu stockendem Verkehr (eigenes Foto)
Die Probleme für Fußgänger werden detailliert auf den nächsten Seiten aufgezeigt. Radfahrern steht nicht überall ein eigener Weg zur Verfügung und wenn, ist dieser schmal und teilweise mit Pflasterschäden. Für Autofahrer ist die Geschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer begrenzt. Zu Stoßzeiten erhöht sich die Fahrtzeit auf Grund von stockendem Verkehr deutlich. Werktags zwischen 17 und 18 Uhr gibt Google bis zu 22 Minuten Fahrtzeit an und dies erscheint mir aus Erfahrungswerten realistisch. Die Busse haben zwar eine eigene Spur, sind aber dennoch vom Verkehr beeinträchtig, sodass die im 5- bis 10-Minutentakt verkehrenden Linien manchmal in Reihe aufgelaufen zu sehen sind. Durch neue Bauprojekte wird die Potsdamer Straße noch dichter und die Zahl an Wohnungen und Gewerbeeinheiten steigt. Damit nimmt auch der Verkehr zukünftig zu, sodass sich das Problem verschärfen dürfte, sollten keine Maßnahmen ergriffen werden. Die erwähnte Begrenzung auf 30 km/h ist auf Grund der Überschreitung von Lärm- und Schadstoffemissionen entlang der Straße eingeführt worden. Die genauen Ergebnisse der Messungen sind dem Nahverkehrsplan Berlin 2019-2023 (SenUVK, 2019) zu entnehmen. Die Belastungen sollen nun für die Anwohner reduziert werden, auch um Sanktionen der EU zu vermeiden. Die Senatsverwaltung hat erklärt, dass erste Erfolge in der Luftreinhaltung erzielt wurden und die Geschwindigkeitsbegrenzung dauerhaft bleiben soll. Jedoch wird das Tempo noch mit 36-47 km/h überschritten (mitteNdrin e. V., 01/2019).
Verkehrsbedingte Emissionen 2015 (Umweltatlas)
Potsdamer Platz
Emissionsmengen anhand von NOx und PM10 weit unterdurchschnittlich überdurchschnittlich weit überdurchschnittlich
Po ts
da
me
rS
tr.
durchschnittlich
Kleistpark
Verkehrsbedingte Emissionen, weit überdurchschnittliche Werte für die Potsdamer Straße Umweltatlas, 2015, Geoportal fisbroker, Abb. 27
Die existierende Geschwindigkeitsbegrenzung ist ein Potential für den Entwurf, da somit der erste Schritt für mehr Aufenthaltsqualität gemacht wurde. Auch die diversen Erdgeschossnutzungen für alltägliche Erledigungen aber auch überquartierliche Angebote machen die Potsdamer Straße zum wertvollen Entwurfsraum. Die Geschäfte, Restaurants, Dienstleistungen und Bahnstationen locken Menschen für notwendige aber auch optionale Aktivitäten auf die Straße. Sie erfüllt bereits einige Ideale der europäischen Stadt: Sie ist kompakt, nutzungsgemischt und der öffentliche Raum ist bespielt durch verschiedene Nutzer und Funktionen (polis convention, 2016). Durch ihre Nutzungsvielfalt, Brandbreite an sozialen Strukturen, diversen räumlichen Querschnitten und der sehr guten zentralen Lage ist die Potsdamer Straße ein interessantes Objekt, an dem verschiedene Werkzeuge und Strategien getestet werden können. Die Potsdamer Straße ist als B1 im übergeordneten Straßennetz wichtig, wirkt dadurch kleinräumlich aber trennend. Dabei bildet sie stadträumlich wie auch funktional die Schnittstelle zwischen den angrenzenden Quartieren und sollte in diesem Sinne zukünftig gestärkt werden. Geoportal Berlin, PDF erstellt am 26.11.2019
Aktuelle Planungen
Seit November 2018 gilt von der Kurfürstenstraße bis zum Schöneberger Ufer das Millieuschutzgesetz. Die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung soll gehalten werden und nun müssen Nutzungsänderungen und bauliche Änderungen eigens genehmigt werden (mitteNdran e. V., 02/2019). Das Förderprogramm Soziale Stadt für das Quartiermanagement Tiergarten Süd lief Ende 2016 aus, doch man merkt das vielfältige Engagement, das in der Bevölkerung bestehen blieb. Unter anderen berichtet die Kiezzeitung mitteNdran zweimal im Jahr über Geschehnisse und Aktionen, aber auch Kleingewerbe im Quartier und unterstützt engagierte Vereine und andere soziale Einrichtungen. Auch Mitteilungen wie folgende Fördermaßnahmen des Bezirks werden über diesen Weg an die 47
Anwohner gebracht: „Der Bezirk stellt jährlich Mittel von 5000€ für Anwohnerprojekte zur Verfügung, die der Kommunikation und dem Zusammenleben dienen. Die Bewerbungen laufen über die Stadtteilkoordination Tiergarten Süd und vergeben pro Projekt maximal 500€“ (mitteNdran e. V., 02/2018).
Gebiet Millieuschutz, Bundesamt Mitte, 10/18, aus mitteNdran e. V., 02/2018, S. 5
Die Zeitschrift mitteNdran wird von Anwohnern geschrieben und erscheint halbjährlich Deckblatt 02/2019 mitteNdran e. V.
Seit Juni 2019 sammelt das Kiez Zentrum Villa Lützow gemeinsam mit dem Boulevard Potsdamer im Auftrag des Bezirksamts Mitte im Rahmen des Projektes Wie geht‘s denn so? Daten. Alle in Tiergarten Süd anwohnenden und arbeitenden Menschen können ihre Meinung über Gesundheit und Wohlbefinden im Alltag einfließen lassen. Die Teilnahme fand online und mittels Interviews statt. Folgende Fragen waren Bestandteil: Was fördert das Wohlbefinden im Stadtteil? Welche Orte und Angebote helfen dabei, sich selbst gesund zu erhalten? Was fehlt in unserem Kiez? Wie muss Tiergarten Süd sein, damit man sich hier wohlfühlen und gesund bleiben kann? Die Datenerhebung soll in späteren Schritten zu Verbesserungsmaßnahmen führen. Ein Kiezprobiergang im Oktober 2019 gab Raum für Reaktionen und weiteren Austausch (Interessengemeinschaft Potsdamer Straße, 2019). In Schöneberg Nord dagegen setzt der Bezirk mit dem Projekt Kiez erFahren ein Signal zu einer Umverteilung von der Autonutzung hin zum Umweltverbund (ebd.). Auf der Agenda stehen die Verkehrssituation, die Auswirkungen auf die Lebensqualität und lokaler Klimaschutz. Gewählte Instrumente sind hier Bildungskampagnen und Ideenwerkstätten zur Neu-Nutzung des öffentlichen Raums. Die IG Potsdamer Straße ist als lokaler Akteur eingebunden. Mehr Einblicke zu Kiez erFahren gibt es am Ende dieser Arbeit. Im Nahverkehrsplan Berlin 2019-2023 (SenUVK, 2019) werden Vorzugstrassen für den zukünftigen Streckenausbau des ÖPNVs gezeigt. Dazu gehört auch die Verlängerung der M4, die ab 2035 zwischen Alexanderplatz bis zum Rathaus Steglitz führen soll. Im Planungsstand 2018 verläuft die Trasse auch über die Potsdamer Straße. Dies ist interessant, insofern dies auch mit deutlichen Verän-
derungen des Straßenquerschnitts und Umbaumaßnahmen verbunden ist. Der Plan unterscheidet die Zeithorizonte laufend (bis 2021), Sofortmaßnahme (2025) und ÖPNV-Bedarfsplan (2035). Da die M4 erst in der letzten Phase angedacht ist, wird die Planungsabsicht in dieser Arbeit ausgeklammert. Dennoch stärken die anstehenden Veränderungen eine Umgestaltung der Potsdamer Straße aus Sicht der Fußgängerperspektive. In Zuge der Umbaumaßnahmen, aber auch davor sollte der Fußverkehr gleichwertig mitgedacht werden. M4, Strecke bis Rathaus Steglitz Linie/Strecke, in Planung Linie/Strecke im Bestand Potsdamer Str.
Straßenbahn: Angebotskonzeption in der Hauptverkehrszeit im zukünftigen Netz, Vorzugstrassen SenUVK (2019), S. 319, Stand 2018, angepasste Darstellung
Auch bezüglich des Radverkehrsnetzes kann die Potsdamer Straße in der Zukunft eine Rolle spielen. Die Fertigstellung des Radschnellwegs Teltowkanalroute steht oben auf der Prioritätsliste des Senats und ist für 2024 angesetzt. Allerdings endet er momentan am S-Bahnhof Yorckstraße (SenUVK / SHP Ingenieure, 2017). Die Verlängerung nach Mitte wäre sehr wünschenswert und wird geprüft, aktuell ginge diese durch den Gleisdreieckpark. Dort haben Fußgänger jedoch Vorrang, was Konflikte vorhersehbar macht, wie der ADFC anmerkt (Neumann, 01.02.2019). Kurz vor dem Potsdamer Platz wäre dann am Landwehrkanal Schluss, da eine Brückenverbindung fehlt. Die Potsdamer Straße läuft parallel zu dieser Verbindung und könnte nach Umbaumaßnahmen auch genutzt werden. Momentan stellt sie nur streckenweise geeignete Radwege zur Verfügung. Auch die Schnittstelle mit der am Bahnhof Bülowstraße geplanten Radverbindung n1 birgt Potential. In den nächsten Jahren wird unter anderem dort das Reallabor Radbahn entstehen, finanziert durch das Bundesinnenministerium und die Stadt Berlin.
Die Perspektive aus der Machbarkeitsstudie zeigt den Routenabschnitt der n1 unter dem Hochbahnhof Bülowstraße (Radbahn Berlin, 2017, Abb. 30)
Die Potsdamer Straße ist von der Goebenstraße bis zur Eichhornstraße in die drei Parkraumbewirtschaftungszonen Nummer 21, 22 und 55 unterteilt. Für Besucher kostet die Stunde Parken 1 €, Anwohner können dagegen eine Bewohnervignette für 10,20 € pro Jahr erwerben. Günstige Gäste- und Handwerkerausweise stehen ebenfalls zur Auswahl. Diese Summe deckt aber nicht mal den damit verbundenen Verwaltungsaufwand (Tagesspiegel, 05.01.2020). Momentan wird über die stadtweite Preiserhöhung für die Bewohnerausweise diskutiert. 49
Die vom Deutsche Städtetag vorgeschlagenen 200 € sind laut Verkehrssekretär Streese eine gute Grundlage, wenn die Erhöhung schrittweise erfolgt (ebd.). Andere europäische Großstädte nehmen deutliche höhere Preise für Parkraum und haben teilweise zusätzlich Innenstadtmauten eingeführt, um den Besitz eines privaten Pkws im Stadtzentrum zunehmend teurer und unattraktiver zu machen. Die Grundstücke an der Kurfürstenstraße, auf denen sich noch Woolworth in einem zweigeschossigen Gebäude und LSD in einem mehrgeschossigen Gebäude befinden, wurden an die SPG & Co Berlin Projektentwicklungsgesellschaft verkauft (Berliner Morgenpost, 18.07.2019). Der Entwickler möchte Gewerbe bauen, sobald er Baurecht hat. „Wir wollen der Stadt aber etwas zurückgeben und bieten an, zwei Etagen für ein Museum zur Verfügung zu stellen – kostenfrei, bis auf die Betriebs- und Nebenkosten“, sagt der Geschäftsführer (edb.). Der Bezirk sieht nach eigener Aussage der Veränderung und Aufwertung positiv entgegen und hofft auf eine weitere Stabilisierung im Schöneberger Norden. Die Interessensgemeinschaft Potsdamer Straße unterstützt die Veränderung, fordert aber die Berücksichtung gemeinnütziger Interessen und die Einbindung lokaler Akteure in die Planungen. Am Bahnhof Bülowstraße sind zwischen Potsdamer Straße und Steinmetzstraße die Neubauten der pecan Projektentwickler mit Büro- und Gewerbeflächen bereits im Bau. Die Bestandsgebäude werden umfassend saniert und mit einem Neubau ergänzt. Dort zieht dann der bisher in München ansässige Hauptsitz des Musikkonzerns Sony ein (ebd.).
Büroeigenes Rendering, Sanierung und Neubau befinden sich bereits im Bau Berliner Morgenpost, 18.07.2019, Abb. 31
Die Potsdamer Straße
erlin), Stand Neubekanntmachung 2015
Analysen
hte 2018 (Umweltatlas)
Das Planungsinstrument zeigt, welcher quartierlicher Charakter für den jeweiligen Abschnitt der Straße vorgesehen ist. Mein Entwurf soll dieser Intention nicht widersprechen. Vor allem die Konzentration des Einzelhandels ist interessant, insofern er auch vor Ort deutlich zu erkennen ist. Vom Kleistpark bis zur Winterfeldstr. / Alvenslebenstr. ist Wohnbaufläche deklariert, anschließend Gemischte Baufläche und vom Landwehrkanal bis zur Eichhornstr. Gemeinbedarfsfläche.
Flächennutzungsplan
Versorgung mit öffentlichen, wohnungsnahen Grünanlagen 2016 (Umweltatlas)
Je höher die Einwohnerdichte, desto mehr Bedarf an öffentlichen Freiräumen besteht auch. Meist ist sie auch ein Hinweis auf einen höheren Familienanteil und somit das Bedürfnis nach Orten mit Spielwert und Verkehrssicherheit für Kinder. Die Dichte ist über fast das gesamte Bearbeitungsgebiet hoch, doch zwischen der Goebenstr. und Bülowstr. sowie um das Studentenwohnheim ist eine höhere Konzentration ersichtlich (350550 Ew./ha). Zwischen Landwehrkanal und Eichhornstraße gibt es keine Wohnnutzung.
Einwohnerdichte
Auch wenn die quantitative Versorgung mit Grünraum keine Aussage über die tatsächliGeoportal Berlin, PDF erstellt am 27.12.2019 che Qualität und Nutzbarkeit aussagt, sollte ein Wert kleiner als 6 qm Aufmerksamkeit erhalten. Dieses Defizit sollte dann vor Ort überprüft werden. Wichtig sind sowohl wohnungsnahe Räume im Umkreis von 500m als auch größere Grünflächen im weiteren Einzugsgebiet, die in dieser Karte weniger betrachtet werden. Nahezu alle Abschnitte halten weniger als 6 qm Grünraum pro Einwohner bereit. Besonders wenig Flächen gibt es auf der westlichen Straßenseite zwischen Bülowstr. und Landwehrkanal. alle Abb. Geoportal fisbroker
Grünraumversorgung
Geoportal Berlin, PDF erstellt am 11.03.2020
Wohnbaufläche, W1 (GFZ >1,5) Wohnbaufläche, W2 (GFZ < 1,5) Wohnbaufläche, W3 (GFZ < 0,8) Gemischte Baufläche, M1 Gemischte Baufläche, M2 Gemischte Baufläche, M3 Einzelhandelskonzentration
5-30 31-70 71-150 151-250 251-350 351-450 451-550 >551 Einwohner/ha
> 6,0 6,0 - 3,0 3,0 - 0,1 < 0,1 Versorgungsgrad mit öffentlichen Grünanlagen in qm/Ew.
51
< 0,1 0,1-0,25 0,25-0,4 0,4-0,6 > 0,6 Spielplatzfläche je Einwohner bei einem Richtwert von 1 qm/Ew. Spielplatzversorgung, fisbroker, Abb. 32
Die Spielraumversorgung dient mir als Orientierung für die Anwohnerbedürfnisse, auch wenn Details wie die Qualität der Spielräume und die angesprochene Altersgruppe sind nicht ablesbar sind. Besonders hoher Mangel (unter 0,25 qm/Ew.) besteht auf der östlichen Seite vom Kleistpark bis zur Bülowstr. Ansonsten wird die Versorgungsstufe 4 angegeben, die ebenfalls unter dem Berliner Zielwert liegt.
Po ts
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Geoportal Berlin, PDF erstellt am 26.11.2019
Konzentration von Bildungs- und Pflegeeinrichtungen um die Pohlstraße/Lützowstraße eigene Darstellung nach mitteNdran e. V., 02/2018, S. 8 und 9
Der Tagesspiegel hat alle 2018 gemeldeten Unfälle in einer interaktiven Karte zusammengetragen. An der Potsdamer Straße kam es in diesem Jahr nahezu überall zu Unfällen mit Schwerverletzten oder Verkehrstoten. Drei Konzentrationspunkte kristallisieren sich jedoch heraus: Die Kreuzungssituation Bahnhof Bülowstraße, der Straßenabschnitt Pohlstraße / Lützowstraße und vor der Nationalgalerie. Letztere kann durch die komplexe Struktur an Abbiegespuren und Straßengabelungen erklärt werden. Die Politik sollte auf diesen Unfallschwerpunkt reagieren. Er wird aber nicht im Rahmen dieser Arbeit behandelt werden, da dort nur durch schwerwiegende Umbauarbeiten Aufenthaltsqualität für Fußgänger entstehen könnte und hierfür auch weiträumigere Verkehrsuntersuchungen vorliegen müssten. Für den Bahnhof Bülowstraße sind mit geplantem Radweg und Tramverbindung ohnehin Maßnahmen geplant, sodass eine Erhöhung der Sicherheit in Zuge dieser unbedingt anzustreben ist. Die Unfalldichte zwischen Pohlstraße und Lützowstraße unterstützt meine Analysen und macht umso mehr deutlich, dass hier Interventionen kurzfristig stattfinden sollten.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Internationale Schule Kinderhilfe Stadtteilbibliothek Nachbarschaftstreff Stadtteilkoordination Pflegeheim Kita Kita Kita Jugendtreff Grundschule Kita Kita Kita Kita Grundschule Gymnasium
Unfallkartierung 2018 In Berlin gab es im vergangenen Jahr gemeldete 144.325 Verkehrsunfälle. Bei mehr als 90 Prozent dieser Unfälle ist keiner zu Schaden gekommen, doch 13.652 Mal sind Menschen leicht oder schwer verletzt worden. 45 Menschen sind 2018 bei einem Verkehrsunfall gestorben. „Leicht verletzt“ bezeichnet alles, wofür man weniger als 24 Stunden im Krankenhaus verbracht hat (interaktive Unfallkarte, Tagesspiegel, 2019).
20 Unfälle, davon drei mit Schwerverletzten
Unfall mit Leichtverletzten Unfall mit Schwerverletzten
12 Unfälle
14 Unfälle, davon einer mit Schwerverletzten
7 Unfälle
7 Unfälle, davon einer mit Schwerverletzten
6 Unfälle
4 Unfälle, davon einer mit Schwerverletzten
5 Unfälle, davon einer mit Schwerverletzten
Unfallkarte, Tagesspiegel, 2019, eigene Darstellung
53
Transportinfrastruktur
Fußgängerzahlen
U
Potsdamer Straße, abstrahiert
Gebäudestruktur
U
U
U U
U-Bahnhof Bedeutung
8 -; 13-; 20 Uhr Anzahl
Für das nebenstehende Diagramm wurde die Potsdamer Straße verzerrt, sodass sie als eine gerade y-Achse fungieren kann. Anbindungen über Bahnhöfe und die Hierarchie der einmündenden Straße können so gezeigt werden. Dabei wird die Bedeutung für Fußgänger dargestellt. Die Zuordnung in drei Kategorien erfolgt dabei auf Grundlage eigener Analysen. Es gilt, dass untergeordnete Straßen vor allem der Erschließung von Wohnorten dienen. Bestehen zudem Angebote der Alltagsversorgung wird ein moderates Gewicht angenommen, während übergeordnete Bedeutung Verkehrsachsen zugewiesen wird, die überquartierlicher Erschließung dienen oder anderweitig stark frequentiert werden. Dazu gehören die Bülowstraße, die Kurfürstenstraße und Verbindungen zum Bahnhof Yorckstraße und dem Gleisdreieckpark. Um die quantitative Nutzung durch Fußgänger zu analysieren, wurden sowohl eigene Beobachtungen als auch Öffnungszeiten der Angebote und Daten zu Stoßzeiten von Google Maps verwendet. Daraus geht hervor, welche Straßenabschnitte am Morgen, Mittag und Abend besonders stark oder kaum besucht werden. Dabei ist um 8 Uhr vor allem mit Arbeits- und Schulwegen zu rechnen, gegen 13 Uhr ist die Mittagspausenzeit und ab 19/ 20 Uhr finden Freizeit- und Unterhaltungsaktivitäten statt. Die jeweilige Nutzungszeit und –art gibt Aufschluss über die Freiraumanforderungen, aber auch welche Orte allgemein intensiver oder weniger intensiv bespielt werden. Um die Bülowstraße und Pohlstraße sind über den gesamten Tag viele Fußgänger anzutreffen, während am Kleistpark und am Kulturforum die Intensität stark von der Uhrzeit abhängt. Dies liegt vor allem an den ansässigen Nutzungen. Bürogebäude wie Fachgeschäfte werden vor allem von 8-17 Uhr belegt, Kultureinrichtungen sind meist von 10-19 Uhr geöffnet und die Gastronomie hat ihre Hochzeiten abends und teilweise mittags.
Auf der Fotoaustausch Plattform flickr.com sieht man die ortsgebundenen Fotouploads rund um die Potsdamer Straße. Dabei fällt zunächst auf, das entlang der Straße deutlich mehr Aktivität als in den Seitenstraßen verzeichnet ist. Auch sind einige Konzentrationspunkte zu erkennen: Am Pallasseum, am Bahnhof Bülowstraße, um die Kita und den Stadtteilverein in der Pohlstraße und über dem gesamten Straßenabschnitt zwischen Pohl- und Lützowstraße. Die höchste Dichte findet sich jedoch um die Nationalgalerie und das gesamte Kulturforum samt Philharmonie. Auch wenn die Plattform keine repräsentative Datenquelle für die gesamte Besucherschaft zeigt, gibt sie doch Indiz über beliebte Orte. Fotouploads auf flickr.com, Stand 2016, Darstellung angepasst nach spiegel.de, 18.01.2016
55
Typen von Fußgängern
Der Fußgänger bildet keine homogene Gruppe, auch wenn physisch bedingt ähnliche Maßstäbe als angenehm empfunden werden und er den Raum bei ca. 3-5 km/h wahrnimmt. Menschen laufen aus verschiedenen Motivationen, sie haben vielfältige Bedürfnisse, sie sind unterschiedlich alt und besitzen Ortskenntnis oder sind neu im Quartier. Neun Grundtypen von Fußgängern konnte ich auf der Potsdamer Straße identifizieren, die vor allem abhängig von den Gebäudenutzungen und verkehrlichen Anschlüssen in bestimmten Abschnitten häufiger oder seltener auftreten. Da Beobachtungen im Winter witterungsbedingt schwierig sind, mussten Annahmen, welche Fußgänger bei warmem Wetter den Raum nutzen, auf Grund der genannten strukturellen Gegebenheiten getroffen werden. Die folgende Karte soll bei den Intentionen helfen, die jeweiligen Bedürfnisse der Segmente zu identifizieren. Zusammen mit den Analysen kann so das angemessene Freiraumprofil geschärft werden, das durch die abschließenden Interventionen erreicht werden soll.
Anwohner, die durch die Straße schlendern, um etwas Bewegung zu bekommen, frische Luft oder Ablenkung suchen.
Frischluftsuchende
Menschen, die sich treffen, um sich auszutauschen und ihre Freizeit miteinander zu verbringen. Diese Begegnungen können spontan oder verabredet sein. Kommunikative
Anwohner, die notwendigen Aktivitäten nachgehen. Diese gehören zur Alltagsroutine wie zum Beispiel Einkaufen oder den Hund ausführen.
Effektive
Menschen, die schnell von A nach B wollen, zum Beispiel von der Bahnstation zur Arbeit oder von zu Hause zum Bus.
Eilige
Menschen, die aus dem Quartier oder von außerhalb kommen, um auf Grund der Angebote und Geschäfte durch die Straße zu schlendern.
Bummler
Zur Mittagszeit kommen die im Quartier Arbeitenden aus ihren Büros und möchten in den Cafés etwas bestellen oder auf Bänken ihre Brote auspacken und ihre Pause genießen.
Pausenmacher
Besonders abends gehen Menschen aus dem Quartier, aber auch von außen kommend, aus. Das ist die Stoßzeit für Restaurants, Bars und Kultureinrichtungen. Vergnügte
Sind die Hausaufgaben erledigt, wollen die Kinder spielen. Je nach Alter findet dies nicht nur auf Spielplätzen statt, sondern auch ohne Eltern und in Kleingruppen auf dem Gehweg. Morgens und nachmittags sind Eltern mit ihren Kindern unterwegs zur Kindertagesstätte, zur Schule oder zum Sport.
Verspielte
Anfänger
57
Übersichtsplan M 1:20.000 Verortung in Berlin, o. Maßstab, Abb. 34
Brandenburger Tor
Tiergarten
Potsdamer Platz
Lützowplatz
Nollendorfplatz
Park am Gleisdreieck Kleistpark
Viktoriapark
Rathaus Schöneberg
Abb. 35
Platz der Luftbrücke
Potsdamer StraĂ&#x;e in Segmenten M 1:10.000
59
Fotoeindrücke Potsdamer Straße
links: Am Kleistpark gibt es viele Büros und eine Fakultät der Universität der Künste, die Kreuzung ist durch U-Bahn, Busse und die vielen Autos geprägt, hier wird die Potsdamer Straße zur Hauptstraße rechts: Fassaden und Erdgeschossnutzungen sind nicht attraktiv, Einfahrten gibt es einige, Straßenbäume dagegen kaum
links: auf der westlichen Seite befindet sich der Eingang zum Kleistpark und zum Verfassungsgericht rechts: Die Erdgeschosszone ist leblos, der Weg erscheint lang. Der breite Gehweg bietet keine Angebote oder abwechslungsreichen Sichtperpektiven
links: Angrenzend sind Wohnungen des Pallaseums zu sehen, im Erdgeschoss befinden sich Cafés und Einzelhandel. Trotz der vielen Besucher wird der Gehweg kaum genutzt rechts: Altbaufassaden und Neubauten aus den 50er und 60er Jahren wechseln sich ab, straßenseitig sind Längsparker
links: Die Baulücke an der Alvenslebenstraße wird für Kunst genutzt. Auf der anderen Seite führt die Winterfeldstraße Richtung Nollendorfplatz
eigene Fotos
rechts: Blick Richtung Bahnhof Bülowstraße, interessante Fassaden und Geschäfte für Alltagsbedarf prägen das Bild, teilweise Straßenbäume
links: Der Hochbahnhof Bülowstraße wurde 1902 eröffnet und ist ein Baudenkmal für die Berliner Verkehrsbauwerke der damaligen Zeit. Die Radbahn n1 plant unter der Hochbahn ihre Route rechts: Die Eingänge des Bahnhofs Kurfürstenstraße liegen versteckt und in der Fahrbahn. Der Abriss des zweigeschossigen Woolworth ist geplant. Hier beginnt der markierte Radweg Richtung Potsdamer Platz
links: Blick Richtung Kurfürstenstraße, breiter Gehweg, häufig geschnitten von Gehwegüberfahrten zu Garagen und Anlieferstellen rechts: Kurfürstenstraße, Blick Richtung Gleisdreieckpark, interessante Mischung von Gebäuden aus verschiedenen Jahrzehnten
links: Blick in die sanierten Panama Höfe. Hier haben sich Büros und Gastronomie angesiedelt, der Eingang lädt zum Eintreten ein rechts: östliche Straßenseite, das Buchgeschäft hat Bänke herausgestellt
links: Raumtrennung durch Diagonalparken, gemischte Erdgeschossnutzungen, teilweise passive Fassaden rechts: Blick Richtung Pohlstraße, breiter Gehweg, geschlossene Baumreihe, attraktive Fassaden
eigene Fotos
61
links: Blick Richtung Potsdamer Platz, geschlossene Fassaden, fehlende Angebote rechts: Blick Richtung Lützowstraße, Geländesprung, Bus- Haltestelle
links: auflaufender Geländesprung, attraktive Pflanzung mit Baumbestand, keine Sitzelemente rechts: Studentenwerk mit vorgelagertem zweigeschossigen Gebäude mit Gewerbenutzung, trennende Straße
links: Blick Richtung Potsdamer Platz und Philharmonie, Mangel an maßstabsgebenden Elementen, zudem fehlt es dem Freiraum an Raumkanten rechts: Blick Richtung Landwehrkanal, breiter ungenutzer Rasenstreifen in der Mitte, autodominierter Freiraum
links: ungestaltete Resträume, Vielzahl an Pollern und Schildern, keine Sitzangebote
eigene Fotos
rechts: Blick Richtung Philharmonie und Tiergarten, Endpunkt des Entwurfgebiets
Potsdamer Platz
Kleistpark
Digitales farbiges Orthophoto, 2019, fisbroker
0
100
500
1000m
63
Fassaden entlang der StraĂ&#x;e
65
Zwischen Kleistpark und GoebenstraĂ&#x;e
Lageplan Ausschnitt A, M 1:1500
0
10
20
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40
50m
Legende 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Firmensitz myToys Büros und Hochschule Kathreiner Haus Verwaltung Büros, Bildung Café Café Potse Jugendzentrum Café Bunker Pallaseumdurchfahrt Verwaltung Pallaseum Friseur Hotel KFZ-Gutachten Ingenieurbüro
17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32
Fachgeschäft Transport Fachgeschäft Büromobiliar Café Friseur Kosmetik Friseur Fachgeschäft Perücken Fachgeschäft Sicherheitssysteme Möbel (€€€) Supermarkt (€) Restaurant Café Friseur Restaurant Fachgeschäft Fahrräder PallasT Kinder-/Jugendzentrum
Dienstleistung Einzelhandel Gastronomie, Unterhaltung Soziales, Vereine, Bildung Leerstand geschlossene Fassade
1-2 Geschosse 3-4 Geschosse ca. 22m Traufhöge 8-9 Geschosse >10 Geschosse Gehweg Radweg Grünfläche Straße
Kurzbeschreibung des Straßenabschnitts
überquartierlich interessante Angebote
Diversität der Erdgeschossnutzungen
kaum
gering
viele
Angebote über alle Tageszeiten kaum
Sehenswertes viele
gering
hoch
Mobilitätsbedeutung
Komfort für Fußgänger gering
hoch
hoch
gering
hoch
Hier stehen sich viele Gebäude aus den 1950er und 60er Jahren historischen Gebäude rund um den Kleistpark gegenüber. Es gibt kaum Cafés und der wenige Einzelhandel bedient spezielle Bedarfsgüter, die kaum für alltäglich Besorgungen und zum Bummeln einladen. Der Anteil geschlossener Fassaden ist auffallend hoch. Bäume sind rar und nur auf der westlichen Straßenseite. Der Abschnitt erscheint Fußgängern unattraktiv, der Weg wirkt lang durch die gerade Achse, fehlende Blickpunkte und die Dominanz der Verkehrsmagistrale. Die Anbindung ist sehr gut, einige Firmenvertretungen haben sich hier niedergelassen.
Straßenquerschnitt, schematisch, M 1:250
67
Zwischen Goebenstraße und Bülowstraße
Lageplan Ausschnitt B, M 1:1500
0
10
20
30
40
50m
Legende 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Fahrschule Zahnarzt Friseur Friseur Lohnsteuerhilfe Afrikanische Produkte Handyladen Bar Supermarkt Pfandhaus Gardinengeschäft Imbiss Imbiss Imbiss Bäckerei Juwelier
17 18 19 20 21 22 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
Kiosk Schlüsseldienst Nagelstudio Imbiss Imbiss Friseur Hotel Imbiss Restaurant (€€) Restaurant (€) O2 Blumengeschäft (€) Bar (€) Restaurant (€€) Kultur für Frauen Reisen für Frauen
34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49
Hilfe gGmbH Vodafone Kiosk Verlag Grundeigentum Hotel Sportwetten Sportsbar Friseur Café Restaurant (€) Restaurant (€€) Reisebüro Kleidung (€) Asiatische Produkte Apotheke Imbiss
Kurzbeschreibung des Straßenabschnitts
überquartierlich interessante Angebote
Diversität der Erdgeschossnutzungen
kaum
gering
viele
Angebote über alle Tageszeiten kaum
Sehenswertes viele
gering
hoch
Mobilitätsbedeutung
Komfort für Fußgänger gering
hoch
hoch
gering
hoch
50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65
Kneipe (€) Casino Supermarkt Eiscafé Restaurant (€) Kiosk Bäckerei Restaurant (€) Kleidung (€) Reisebüro Friseur Imbiss Café Restaurant (€) Restaurant (€€) Fahrradgeschäft
Das Gebiet ist Wohnbaufläche W1 und durch eine hohe Bevölkerungsdichte geprägt. Die Gebäude sind aus der Gründerzeit bzw. Nachkriegsbauten, dazu gehört auch das Pallasseum. Die Pallasstr. führt zum Winterfeldmarkt, die Goebenstr. zum S-Bhf. Yorckstraße. Die sehr breiten Gehwege werden nur vereinzelt für Gastronomiebestuhlung genutzt und sind ansonsten potentiell frei. Die Geschäfte sind auf alltägliche Bedürfnisse ausgerichtet, es gibt viele Imbisse. Einige schöne Fassaden sind zu sehen, aber kaum attraktive Angebote auf Augenhöhe und keine Sitzmöglichkeiten. Die Brandwände Höhe Alvenslebenstr., werden für Kunst zwischengenutzt.
Straßenquerschnitt, schematisch, M 1:250
69
Zwischen Bülowstraße, Kurfürstenstraße und Pohlstraße
Lageplan Ausschnitt C, M 1:1500
0
10
20
30
40
50m
Legende Bülowstraße // Kurfürstenstraße 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Finanzamt Imbiss Geldtransfer Taxiausbildung Apotheke Physiotherapie Friseur Secondhand Elektronik Supermarkt Drogerie Bäckerei
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23
Kurfürstenstraße // Pohlstraße Imbiss Sexshop Supermarkt Euroshop Kleidung (€) Juwelier Handyshop Wäscherei Imbiss Friseur Kiosk Neubau mit Gewerbe im EG
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Woolworth Imbiss Bäckerei Restaurant Fleischerei Friseur Imbiss Kneipe Imbiss Kiosk Imbiss Café
13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Brillengeschäft Apotheke Café (€€) Goldankauf Secondhand Kleidung verschiedene Büros Brillengeschäft Leerstand o2 Service Friseur Hörgeräte Citytoilette
Kurzbeschreibung des Straßenabschnitts
überquartierlich interessante Angebote
Diversität der Erdgeschossnutzungen
kaum
gering
viele
Angebote über alle Tageszeiten kaum
Sehenswertes viele
Komfort für Fußgänger * gering
hoch
gering
hoch
Mobilitätsbedeutung * hoch
gering
hoch
Die Straße ist beidseitig von Bäumen begleitet. Im EG befindet sich diverser Einzelhandel und Gastronomie mit günstigen bis mittelpreisigen Angeboten, von denen fast alle dem alltäglichen Bedarf dienen. Der Abschnitt ist verkehrlich sehr gut angebunden. Die beiden Abschnitte sind die einwohnerdichtesten mit bis zu 550 Ew./ha. Einige größere Bauprojekte sind zu sehen bzw. geplant. Das Gebiet ist laut FNP als Gemischte Baufläche M2 deklariert, ab der Bülowstraße beginnt zudem die Einzelhandelskonzentration. Der getrennte Radweg beginnt an der Kurfürstenstraße. Hier wechselt es auch von Längs- zu Diagonalparkplätzen.
*schwarz = abweichender Wert zwischen Kurfürstenstraße // Pohlstraße
Straßenquerschnitt, schematisch, M 1:250
71
Zwischen Pohlstraße und Lützowstraße
Lageplan Ausschnitt D, M 1:1500
0
10
20
30
40
50m
Legende 1 2 3 4 5 7 9 10 11 12 13 14 15
Sportwetten Bar (€€) Bar (€€) Schuhgeschäft (€€€) indische Produkte Porzellangeschäft Kunstgalerie Zahnarzt Variete Wintergarten Kirche Büros, Anwaltskanzleien Hotel Securitas Büros
16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Bäckerei Secondhand Kleidung Apotheke Juwelier Kiosk Restaurant (€) Bestattungen Bar Kleidung (€€€) Möbel (€€€) Brillengeschäft (€€) Kleidung (€€€) Hotel
29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41
Kleidung (€€€) Designapartments Ärzte Ärzte, Anwaltskanzleien Restaurant Restaurant Panama Höfe, Büros, Gastronomie orientalische Haushaltswaren Restaurant (€€) Schul- und Bastelbedarf Buchfachgeschäft Nagelstudio Restaurant
Dienstleistung Einzelhandel Gastronomie, Unterhaltung Soziales, Vereine, Bildung Leerstand geschlossene Fassade
Gehweg Radweg Grünfläche Straße
Kurzbeschreibung des Straßenabschnitts
überquartierlich interessante Angebote
Diversität der Erdgeschossnutzungen
kaum
gering
viele
Angebote über alle Tageszeiten kaum
Sehenswertes viele
gering
hoch
Mobilitätsbedeutung
Komfort für Fußgänger gering
hoch
hoch
gering
hoch
Angrenzend befinden sich Kindergärten, eine Grundschule, die Stadtteilbibliothek, die Stadtteilkoordination und das Elisabeth Klinikum. Zudem prägt die mittel- und hochpreisige Gastronomie und Einzelhandel neben vielen Büros, Praxen und Kanzleien den Straßenabschnitt. Der Komfort für Fußgänger ist zu allen Tageszeiten relativ hoch, da es neben interessanten Eindrücken und Erdgeschossen auch einige Sitzgelegenheiten gibt und die Bäume ein Schutzdach und einen angenehmen Maßstab bilden. Dennoch stellen die parkenden Autos eine hohe Barriere zwischen den Straßenseiten her und die Autodominanz dämpft den Komfort.
Straßenquerschnitt, schematisch, M 1:250
73
Zwischen Lützowstraße und Schöneberger Ufer
Lageplan Ausschnitt E, M 1:1500
0
10
20
30
40
50m
Legende 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Zentrum für die Palästinenser in Dt. Erotik Club Restaurant (€) Sexbar Hotel ** Hotel **** Pizza Lieferservice Umweltstiftung Stoffhandel Hotel * degewo Zentrale Galerie
13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Ergotherapie Hundepension Bäckerei Casino Studentenwohnheim Galerie Willkommenszentrum e. V. Verwaltung Studentenheim Hotel *** Restaurant (€) Restaurant (€) Restaurant (€) Kneipe (€)
Dienstleistung Einzelhandel Gastronomie, Unterhaltung Soziales, Vereine, Bildung Leerstand geschlossene Fassade
Gehweg Radweg Grünfläche Straße
Kurzbeschreibung des Straßenabschnitts
überquartierlich überquartierlich interessante interessante Angebote Angebote kaum
viele
Angebote über alle Tageszeiten kaum
hoch
Sehenswertes viele
gering
hoch
Mobilitätsbedeutung
Komfort für Fußgänger gering
Diversität der Erdgeschossnutzungen gering
hoch
gering
1-2 Geschosse 3-4 Geschosse ca. 22m Traufhöge 8-9 Geschosse >10 Geschosse
hoch
Der Abschnitt bildet den Übergang von der divers geprägten Potsdamer Straße für den Berliner zum Kulturzentrum um den Potsdamer Platz. Die Gebäude sind teilweise Gründerzeit, aber auch geprägt von den 1960ern. Richtung Kanal liegen die Eingänge bis zu 2m tiefer. Die Schere der Gebäudenutzungen ist hoch; vom hochwertigen Hotel über Studentenwohnheim, günstigen Erotikclubs, Unternehmenszentralen und gewerblichen Nutzungen ist alles vertreten. Weder auf die Nähe zum Park, zum Wasser noch auf Sichtachsen wird eingegangen. Der breitere Straßenquerschnitt wird für einen ungepflegten, grünen Mittelstreifen genutzt.
Straßenquerschnitt, schematisch, M 1:250
75
Zwischen Schรถneberger Ufer und Eichhornstraร e
Lageplan Ausschnitt F, M 1:2000
0 10 20 30 40 50m
Legende 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Neue Nationalgalerie Kirche Berliner Philharmonie Sony Center Büros Hotel (€€€) Theater und Spielbank Staatsbibliothek zu Berlin Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts Geplanter Standort Museum der Moderne
Dienstleistung Einzelhandel Gastronomie, Unterhaltung Soziales, Vereine, Bildung Leerstand geschlossene Fassade
1-2 Geschosse 3-4 Geschosse ca. 22m Traufhöge 8-9 Geschosse >10 Geschosse Gehweg Radweg Grünfläche Straße
Kurzbeschreibung des Straßenabschnitts
überquartierlich interessante Angebote
Diversität der Erdgeschossnutzungen
kaum
gering
viele
Angebote über alle Tageszeiten kaum
Sehenswertes viele
gering
hoch
Mobilitätsbedeutung
Komfort für Fußgänger gering
hoch
hoch
gering
hoch
Dieser Abschnitt unterscheidet sich sowohl städtebaulich als auch durch seine Gebäudenutzungen deutlich. Als Fußweg ist er nicht attraktiv, denn das Verhältnis zwischen Gebäudehöhen und Freiraum ist zu groß. Zudem stehen die Solitärgebäude frei im Raum und bilden keine Fluchtlinie. Die Straße ist deutlich breiter mit sechs Fahrspuren und grünem Mittelstreifen. Dennoch fehlen Bäume als Schutz- und Leitelement sowie einladende Aufenthaltsräume. Die auf Stadtebene wichtigen Einrichtungen wirken introvertiert und sind sehenswert für Touristen, aber nicht für Pendler. Mit einem Knick nach Osten führt die Straße zum Potsdamer Platz.
Straßenquerschnitt, schematisch, M 1:250
77
Masterplan Quartiere und Verbindungen Tiergarten
Schutz
Kultur Hub Aufenthalt
Tiergarten
Spielraum City West Sensibel Aufwerten Gleisdreieck Nollendorfpl.
Gleisdreieck
Bülow Hub Entschleunigen
Grünzug Grünzug
Verbinden
S-Bahn Yorck Hub
Kleist Hub
Entlang der Potsdamer Straße gibt es einige wichtige Querverbindungen, die zu anderen Quartieren und Orten von stadtweitem Interesse führen. Dies gilt für den öffentlichen Personennahverkehr sowie für den Rad- und privaten Autoverkehr. Diese Knotenpunkte sind zudem Anlaufstellen für Fußgänger und sollten mit besonderer Aufmerksamkeit gestaltet werden und Orientierungspunkte in der Stadt bilden. Für die anschließenden Quartiere von kleinräumlicher Bedeutung gilt, dass die Potsdamer Straße zukünftig als Eintrittskarte fungiert. Im Zuge der ausführlichen Analyse des Straßenraums und die Unterteilung in sechs in sich relativ homogene Segmente konnten die jeweiligen Defizite aber auch die ungenutzten Potentiale identifiziert werden. Aus den Nutzungen der Erdgeschosse, aber auch den umgebenden Gebäudenutzungen und Bevölkerungsdaten ergeben sich sechs unterschiedliche Freiraumprofile, die zu erzielen sind. Ebenfalls Bestandteil des Profils sind die nötigen räumlichen Anpassungen, um Fußgänger zum Laufen einzuladen. Das resultierende Zwischenergebnis sind die daraus hervorgehenden Handlungsempfehlungen. Diese könnten die Grundlage für einen partizipativen Prozess mit den lokalen Akteuren bilden.
B96
Potsdamer Hub
Dem Fußgänger fehlt es an Schutz und Orientierung, daher sollen Bäume und Kleinarchitekturen den großen Raum in kleinere Einheiten teilen. Es fehlt an Orten, die zum Aufenthalt einladen. Der bis zu 12m breite Rasenstreifen zwischen den Fahrtrichtungen ist ungenutzt und ungepflegt. Dies soll geändert werden. Die Bushaltestellen sind trotz repräsentativer Bedeutung kaum im Freiraum eingebettet. Der Abschnitt ist sehr autodominiert, die Übergänge müssen gestärkt und komfortabler werden. Der Kontrast zwischen national bedeutsamen Gebäuden und uninteressantem Freiraum soll relativiert werden.
Obwohl ein Großteil der Gebäude der Zimmervermietung in Form von Hotels und Studentenwohnheim dienen, ist draußen keine Aufenthaltsqualität erkennbar. Auch am Bezug zum Park oder dem Landwehrkanal fehlt es. Der Geländesprung von ca. 2m wirkt als Grenze zwischen Straßenraum und Restraum, ohne mögliche Potentiale der Ruhe zu nutzen. Die Fassaden agieren nicht mit dem öffentlichen Raum und es gibt kaum interessante Blicke für Fußgänger. Der eingeschossige Vorbau des Studentenheims ist interessant, aber momentan untergenutzt. Die Haltestellen sollten mehr Bedeutung bekommen.
Der Abschnitt ist geprägt von einer hohen Kindertagesstätten- und Schuldichte. Vor diesem Hintergrund fällt die hohe Unfallrate besonders negativ auf. Beidseitiges Diagonalparken entlang des knapp 300m langen Segments erschwert die Querung und schränkt die Sicht ein. Doch aufgrund der vielen attraktiven Geschäfte sollte man zwischen den Seiten sicher wechseln können. Besonders im westlich anschließenden Quartier ist Grünraum knapp. Auf dem Luftbild ist erkenntlich, dass auch die Innenhöfe meist versiegelt sind. Dabei stellt die Pohlstraße die für Fußgänger angenehmste Verbindung zum Gleisdreieckpark dar.
Der Bhf. Bülowstr. ist schon jetzt ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hier fahren die U2 und fünf Buslinien in alle vier Richtungen. Zukünftig sollen auch die M4 und die Radbahn n1 hier verlaufen. Noch wird der Raum unter der Hochbahn zum Parken genutzt und die Ästhetik des historischen Bahnhofs geht unter. Die komplexe Linienführung führt zu einigen Unfällen, auch gibt es erst ab Kurfürstenstr. einen Radweg. Durch Nutzungen wie Hotels, Finanzamt und bald Sony Hauptquartier wächst die überquartierliche Bedeutung. Der Weg ist interessant für Fußgänger, Richtung Pohlstr. wird das Gewerbe sukzessive hochwertiger.
Der relativ ruhige Bereich bietet vor allem Güter des alltäglichen Bedarfs. Der breite Gehweg würde bei vielfältigeren Erdgeschossnutzungen zum Promenieren einladen. Der Abschnitt ist dicht bevölkert, an genügend potentiellen Nutzern für Sitz- und Bewegungsangebote mangelt es nicht. Einige Fassaden sind kunstvoll gestaltet und auf beiden Seiten stehen Bäume. Um die Jugendzentren PallasT die gerade geräumte Potse haben sich vielfältige Angebote für Kinderund Jugendliche angesiedelt. Der Protest der Anwohnerschaft zur Schließung ist in den Medien und auch in Form von Graffitis auf Hauswänden präsent.
Die EG-Zone ist von Einfahrten, Wohnungen und Fachgeschäften geprägt. Dies führt zusammen mit der geraden, breiten Straßenführung zu einem eintönigen und unattraktiven Weg für Fußgänger. Ohne Bäume, Gastronomiemarkisen und Rastmöglichkeiten wird der Komfort stark eingeschränkt. Auf den 400m gibt es keinen Fußgängerüberweg und auch Radfahrern wird durch den fehlenden Radweg das sichere Nutzen der Straße erschwert. Die Wahrnehmung des historischen Parks und denkmalgeschützten Gebäuden wie das Kathreiner-Haus (1928) oder den ehemaligen Verwaltungsgebäuden (1935 und 1938) ist schwach. 79
Masterplan Interventionen
Legende querende Straße Grünfläche Intervention
In dieser Arbeit werden mit Hilfe der erklärten Freiraumprofile und Handlungsziele Interventionen dargestellt, die das Ergebnis eines partizipativen Prozesses sein könnten. In jedem Anschnitt gibt es mindestens eine Maßnahme, die im Anschluss auf Grundlage einer aktuellen Situation erklärt wird. Dabei sollte die Straßengestaltung für alle Tageszeiten und Nutzergruppen funktionieren und eine Balance der verschiedenen Bedürfnisse und Funktionen über den Tag schaffen. Dennoch ist das Verständnis von Hauptzeiten wichtig. Trends wie neue Mobilitätsformen und Herausforderungen wie Versandlogistik und eine alternde Gesellschaft sollen dabei mitgedacht werden, um den Freiraum für die Zukunft zu rüsten. Dabei wird von neuen Formen individueller und vernetzter Mobilität ausgegangen und hierfür flexible Flächen zurückgehalten. Zudem gibt es Interventionen für kurz-, mittel- und langfristige Planungen beziehungsweise Phasenmodelle, die auf semi-temporalem Testen aufbauen. Dadurch kann schneller agiert werden und auf bereits bestehende Ansprüche in Varianten reagiert und daraus gelernt werden. Die Implementierung kleiner, günstiger Projekte soll Aufmerksamkeit erregen und Anwohner zum Umdenken inspirieren.
„Mit einer neuen Mobilitätskultur wären Straßen tatsächlich Freiraum. “ Antje Stokman, 2016
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Zwischen Kleistpark und Goebenstraße
Verbinden
Ausgangssituation Von der Potsdamer Straße aus gibt es nur einen Zugang zum Kleistpark und zum Gericht. Hier fehlt es an einem Überweg für Fußgänger, denn auf dem 400m langen Abschnitt zwischen Kleistpark und Goebenstraße gibt es weder Ampeln noch Zebrastreifen. Der Verkehr und parkende Autos trennen beide Seiten. Auf der östlichen Seite befinden sich vor allem Neubauten verschiedener Jahrzehnte, die viele Einfahren und abweisende Fassaden zur Straße zeigen. Immer wieder zerschneiden Poller den breiten Gehweg. Das Erdgeschoss wird vor allem von Hochparterrewohnungen und Fachgeschäften ohne interessante Schaufenster geprägt. Einen Radweg gibt es nicht, die Busspur wird jedoch von fünf Linien stark befahren. Straßenbäume gibt es nur vereinzelt auf der westlichen Seite.
Straßenquerschnitt, nach der Intervention, M 1:250
Kleist // Goeben neu die vielen introvertierten, geschlossenen Fassaden werden anhand der Checkliste geprüft und zum Freiraum geöffnet
Stadtklimaresistente Straßenbäume werden gepflanzt, dafür entfällt ein Teil der Stellplätze
auf Höhe des Parks gibt es einen Straßenüberweg in Form von einer Ampelschaltung oder Zebrastreifen
Radweg schaffen, Busspur entlasten Parken nur noch für Lieferverkehr und Carsharing, die trennende Wirkung wird reduziert, Baumscheiben werden intergriert
bestehende Einfahrten werden in den Gehweg intergriert, Poller werden wenn möglich durch Stadtmobiliar ersetzt
Östliche Straßenseite, die Gehwegüberfahrt wird wie der Gehweg dargestellt, ein Radweg etabliert und die trennende Wirkung des Parkstreifens abgemildert freie Fahrt für Radfahrer sonntags bei diesem Event ciclovia, Bogotá durchgehende Gehwege bei kleinen Stichstraßen, Kopenhagen temporäre, mobile Angebote durch Foodtrucks, Polen Inspirierende Referenzen
Abb. 36-38
Beschreibung In den bis zu 7m breiten Gehweg wird ein Radweg integriert, der das Radfahren sicherer macht und auch die Spur der Linienbusse entlastet. Der restliche Gehweg wird mit Sitzmobiliar ausgestattet und bekommt durch die neuen Straßenbäume ein angenehmes Schutzdach. Die Gehölze stehen im umgewandelten Parkstreifen, der ohne Sondergenehmigung nicht mehr von MIV genutzt werden kann. Die Trennung der Straßenseiten wird dadurch aufgelockert und andere Nutzungen können Anspruch auf den Raum erheben. Auf Höhe des Parkeingangs ist ein Überweg angedacht. Zudem bekommt der Fußverkehr entsprechend seines Vorrangs eine durchgehende Gehweggestaltung, die die Einfahrten erhält aber subtil vermittelt. Das neue Mobiliar erfüllt soweit möglich die Funktion der jetzigen Poller und gliedert sich in das Bild ein. Der Abschnitt wird komfortabler und interessanter. Rast- und Überquerungsmöglichkeiten verbessern die Zugänglichkeit für alle Nutzergruppen Komfort für Fußgänger, der Radweg und Straßenbäume fehlen unbedingt, diese Maßnahme ist kurzbis mittelfristig und permanent umzusetzen Es entstehen Kosten, die auch nicht volkswirtschaftlich wieder zurückkommen werden, jedoch gehören die Maßnahmen zu hoch priorisierten Zielen der Stadt
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Zwischen Goebenstraße und Bülowstraße
Entschleunigen
Ausgangssituation Die Kreuzung Potsdamer-/Goebenstr. ist breit und die Eckgebäude nicht hoch genug, um das Verhältnis aufzufangen. Straßenbäume gibt es in Kreuzungsnähe nicht, ebenso wenig Konsum ungebundene Sitzmöglichkeiten. Dennoch ist durch kleinere Geschäfte, Gemüsemärkte und Eiscafés Potential für vielfältige Aktivitäten. Der angrenzende Wohnkomplex Pallasseum gilt als sozial schwach, viele Familien leben hier auf wenig Raum. Während die Kinder im Hof im Blickfeld der Eltern spielen, stromern die Jugendlichen durch die Gegend, besuchen den PallasT oder Sportplätze. Die Pallasstraße hat in beide Richtungen zwei Spuren, bevor sich die Straße bald verengt. Der grüne Mittelstreifen ist ungenutzt, der Vorplatz des niedrigeren Pallasseumriegels ohne Kleinräume und Angebote.
Lageplanausschnitt, nach der Intervention, M 1:500
der Platz soll mit mehr Angeboten ausgestattet und den Anwohnern zusammen angepasst werden auch der PallasT wird in die Planung eingebunden
der Mittelstreifen wandelt sich vom Straßenbegleitgrün zum grünen Gegenspieler des Vorplatzes
die Fassade könnte zur künstlerischen Gestaltung freigeben werden je eine Fahrspur pro Richtung entfällt, der Mittelstreifen wird erweitert
der Überweg wird hervorgehoben und optisch gestärkt
Anfänge sind vor Ort bereits zu sehen, allerdings sollte der ökologische Wert der Pflanzenwahl verbessert werden, so können kleinräumlch Insektenweiden realisiert werden
Westliche Straßenseite, Reduzierung von zwei zu einer Spur, Gestaltung des Mittelstreifens und Förderung abgrenzender Gastronomie (Pflanzen, Markisen, etc.) Gestaltung der Übergange abweichend von der Straße Lima, Peru Umnutzung von Verkehrflächen Dundas Square, Toronto breiter Mittelstreifen mit unterschiedlichen Angeboten Seestadt Aspern, Wien Inspirierende Referenzen Abb. 39-41
Beschreibung Auf der südlichen Seite sind zwei Spuren auf der Goebenstr. vertretbar, da eine Linksabbiegerspur darunter ist. Auf der gegenüberliegenden Seite wird nun schon ab der Kreuzung auf eine Spur verschmälert und der Platz dem Mittelstreifen zugeteilt. Da es sich um eine untergeordnete Straße handelt, wird der Fußgängerverbindung auch gestalterisch eine höhere Bedeutung zugewiesen. So entsteht vis-à-vis zum Jugendzentrum ein Aufenthaltbereich, der zudem die Verbindung zum Vorplatz des Pallasseums schafft. Der Mittelstreifen wird nicht mehr als Restfläche betrachtet sondern einbettet, er liegt leicht erhöht zur Fahrbahn. Richtung Kleistpark werden entlang der Potsdamer Straße Bäume ergänzt. Zudem wird ein Förderprogramm vorgeschlagen, das Gewerbe finanziell und inhaltlich bei der Umsetzung von Pflanzkübeln unterstützt. Die Intervention bringt viel Komfort, da nun Fußgänger die Kreuzung ruhig überqueren können und wohnungsnahe Aufenthaltsräume entstehen Eine temporäre Testphase ist zwar möglich, dennoch sind die Umbaumaßnahmen langfristig gedacht Die Veränderung kann sozialen Konflikten entgegen wirken und als Präventivmaßnahme gesehen werden, die langfristig staatliche Gelder spart
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Zwischen Bülowstraße und Pohlstraße
sensibel Aufwerten
Ausgangssituation Die Kurfürstenstraße ist seit Quartiersentstehung für ihren Straßenstrich bekannt. In den kommenden Jahren sollen auf der heutigen Fläche von Woolworth und dem LSD Erotikmarkt neue Gebäude entstehen. Der Bezirk zeigt sich wohlwollend und unterstützt die weitere soziale Stabilisierung. Der Projektentwickler gibt an, zwei Etagen für ein Museum zur Verfügung stellen zu wollen. Gegenüber befindet sich ein eingeschossiger Supermarkt. Eine Nachverdichtung wäre zu prüfen, da das anschließende Gebäude keine Brandwand hat. Ab Kurfürstenstraße steht ein Radweg zur Verfügung, aber der Anschluss Richtung Kleistpark fehlt. Es gibt Straßenbäume, die Baumscheiben sind jedoch zu klein dimensioniert. Die U-Bahn-Eingänge sind kaum in den Freiraum eingebettet.
Straßenquerschnitt, nach der Intervention, M 1:250
Die Fußgängerverbindung zum U-Bhf. wird komfortabler gestaltet, z. B. durch eine passende Ampelschaltung im Übergang Kurfürstenstr. Der Bauentwickler stellt zwei Etagen für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung, das EG wird mit sensibler, transparenter Grenze zum Freiraum gestaltet
Ggf. müssen partiell Stellplätze entfallen, um den Radweg zu etablieren
Die Spurbreiten werden überprüft und ggf. angepasst, um die Einhaltung der 30 km/h zu fördern und Raum für den Radweg zu gewinnen
Ein Radweg wird in den Gehweg integriert
Die Aufstockung des eingeschossigen Supermarkts wird geprüft, ggf. Nachverdichtung mit Mietwohnungen
Östliche Straßenseite, die 1-2-geschossigen Gebäude werden ersetzt, gemeinnützige Nutzungen sind anteilig vorgeschrieben, der Radweg wird implementiert fließende Grenze zwischen Freiraum und Gebäude Bank of Iceland, BIG besondere Verbindung von Gebäude und Freiraum Bundeskunsthalle, Bonn A Track Printed On The Memory, Radweg, Lissabon Inspirierende Referenzen
Abb. 42-44
Beschreibung Durch schmalere Pkw-Spuren und partiellen Entfall von Stellplätzen kann ein Radweg gebaut werden. Die genaue Führung und Konfliktpunkte mit beispielweise Haltestellen müssen geprüft werden. Die Entwicklung der neuen Gebäude soll unter Einbeziehung der lokalen Akteure erfolgen, das Angebot von gemeinwohlorientierten Flächen wird angenommen und konkretisiert. Die Höhe richtet sich mindestens nach der Berliner Traufhöhe, ein Landmark ist zu prüfen. Bei der Fassadengestaltung und der Erdgeschosszone wird besonderes Augenmerk auf die Fußgängerperspektive gelegt. Die öffentliche Nutzung verschmilzt so im Eingangsbereich mit dem Freiraum und verbessert das Straßenbild. Die Übergänge zu den Bahneingängen werden herausgearbeitet und dafür die Ampelschaltungen angepasst und Orientierungselemente gesetzt. Die Veränderung der Nutzerstrukturen erhöht das Sicherheitsgefühl, zudem wird durch die neuen Gebäude das Freiraumverhältnis angenehmer abhängig von der Genehmigungsdauer und dem Zeitplan des Projektentwicklers Im Zuge der Bauprojekte könnte die Aufwertung der umliegenden Freiräume seitens der Stadt gefordert werden. Frankfurt a. M. bietet aktuelle Referenzen
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Zwischen Pohlstraße und Lützowstraße
Spielraum
Ausgangssituation An einer Ecke Pohlstr./Potsdamer Str. bildet sich durch einen Gebäuderücksprung eine platzartige Situation. Die einzigen dort befindlichen Ausstattungen sind vier etwa 30cm erhöhte Pflanzbeete, in denen jedoch nur einige Sträucher und nackte Erde zurückgeblieben sind. Die Palisadeneinfassung kann zum Sitzen genutzt werden, ist jedoch nicht bequem. Doch der Ort hat Potential, er wird vormittags von der Sonne beschienen, liegt in der ruhigen Pohlstraße und steht gesunden Straßenbäumen gegenüber. Entlang der Pohlstraße gibt es weitere größere und kleinere Plätze, die ihre Möglichkeiten nicht entfalten. Gerade aufgrund der hohen Dichte an sozialen Einrichtungen und Kindertagesstätten sollten sie qualifiziert werden.
Planausschnitt, nach der Intervention, M 1:250
Einfassung mit Sitzauflage, Palisaden farbig gestrichen
Erweiterer Streifen für Fahrradbügel oder andere Stellplatzformen, auch Baumscheiben
Aktivitätsstreifen, mit kleineren Spielgeräten
Die Strauchflächen werden neu bepflanzt mit klimafesten Pflanzen. Evtl. in einer Ideenwerkstatt mit den Anwohnern
Solitärsträucher werden erhalten, neue Bodendecker statt blanker Erde
Sicht von der Potsdamer Straße aus, EInladung zur Rast
Westliche Straßenseite, der Gebäuderücksprung wird für einen Aufenthaltsort genutzt, Qualifizierung existierender Strukturen
temporäre Events, bottom-up Urban Kitchen, Berlin-Neukölln informelle Spielorte Florian Riviere, Straßburg Gestaltung kleiner Räume Paley Park, New York Inspirierende Referenzen
Abb. 45-47
Beschreibung Dies ist eine minimalintensive Veränderung, die zusammen mit der Bevölkerung geplant und auch teilweise umgesetzt werden könnte. Die Beete werden erhalten, aber mit Sitzauflagen ausgestattet, sodass eine angenehme Sitzhöhe und -fläche entsteht. Zudem müssen sie mit geeigneten Pflanzen bestückt und gegebenenfalls ein neues Pflegekonzept entwickelt werden. Zudem werden die betongrauen Palisaden farblich gestaltet. Kleinere Spielgeräte wie Balancierbalken und Trampoline werden integriert. Durch die geringe, aber einladende Gestaltung, werden Anwohner ermutigt, mobiles Mobiliar aufzustellen und auch Streetart oder temporäre Aktivitäten wie die Urban Kitchen können stattfinden. Der Gehweg ist breit genug, um den Randstreifen zu erweitern und mehr Fahrradbügeln und Rollerstellplätzen Raum zu geben. Ungenutzte Restflächen bergen Sicherheitsprobleme; spricht der Raum viele Nutzer an, wird er belebt und seine Rolle als öffentlicher Raum gestärkt Das Projekt könnte kurzfristig umgesetzt werden. Der Entwurf wird durch die Anpassung des Bodenbelags gestärkt, funktioniert aber auch ohne Eine Teilfinanzierung wäre möglich über Fördergelder des Bezirks für anwohnerinitiierte Projekte, die Pflege könnte ggf. gemeinschaftlich organisiert werden
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Zwischen Pohlstraße und Lützowstraße
Spielraum
Ausgangssituation Der Bereich birgt Potentiale wie hochgewachsene Bäume, eine diverse Auswahl an Geschäften und Gastronomie sowie einige attraktive Fassaden mit Gestaltungsdetails und Nischen auf Augenhöhe. Die Dominanz der Autos stört den Komfort, das beidseitige Diagonalparken trennt die Straßenseiten, es kommt zu überdurchschnittlich vielen Unfällen. Die umliegenden Wohngebiete sind dicht besiedelt, haben eine zu geringe Spielplatzversorgung von unter 0,6 qm und eine schlechte bis geringe Grünraumnahversorgung. Die Dichte an Kitas, Bildungseinrichtungen und Kiezvereinen ist auffallend hoch. Die Wertentwicklung der letzten Jahre in der Erdgeschossnutzung soll für alle nutzbar in den öffentlichen Raum übertragen werden und Spiel- und Aufenthalt ermöglichen.
Bordkante Bestand
Straßenquerschnitt, nach der Intervention, M 1:250
Pohl // Lützow NEU
freie Laufspur, barrierefreier Gehweg
Randbereich für Gewerbe
Aktivitätsstreifen, teils grün, Pflanzkübel, Kommunikationsraum, teils informelles Spielen
breiterer Radweg, Puffer zum Weg, teilweise durch Stadtmobiliar
zunächst Erhalt der Parkplätze, dann sukzessive Reduzierung und temporäre Umnutzung Evtl. Anpassung der Spurbreite, damit die Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten wird
Erhalt Geh-/Radweg, Verbreiterung könnte im Zuge der Tram folgen, Förderung von Schutzelementen seitens des Gewerbes
Westliche Straßenseite, neue Zonierung schafft momentan fehlende Spielund Aufenthaltsmöglichkeiten
flexibles Mobiliar Plaza Euskadi, Spanien Umnutzung von Verkehrsflächen Dundas Square, Toronto Nischen in Bestandgebäuden Zeit für Brot, Berlin Inspirierende Referenzen
Abb. 48-50
Beschreibung Signifikante Änderungen der Fahrbahn sind nicht möglich, ohne Bäume zu fällen. Aus dieser Einschränkung heraus, ergab sich das Konzept, zunächst die westliche Seite umzubauen. Die Anpassungen verfolgen drei Ziele: 1. Dem Rad- und Fußverkehr ein fließendes Durchkommen ermöglichen: Dafür werden Hindernisse abgebaut und Breiten angepasst. 2. Defizite der Naherholung ausgleichen und Spielwert schaffen: Dafür wird der ehemalige Parkraum zu einem Aktivitätsstreifen umgewandelt, in dem Baumscheiben, Pflanzflächen, Sitzgelegenheiten, Spielelemente, Stellplätze für neue Mobilität und evtl. Paketlager Platz finden. Kübel trennen von der Fahrbahn. 3. Anwohner und Gewerbe bei Mikrointerventionen finanziell und strukturell fördern: Zum Beispiel bei Markisen, Sitzelementen, Fassadengrün, Pflanzen, Straßenkunst etc. Der Weg wird sicherer, Unfälle vermieden, bietet mehr interessante Aktivitäten und Beobachtungen, neue Sitzmöglichkeiten schaffen Komfort eine größere Maßnahme steht am Anfang, weitere Veränderungen können folgen sukzessive, wenn der MIV an Bedeutung und Raumanspruch verliert Es entstehen Kosten für die Umbaumaßnahmen und Fördergelder, doch ist mit Einnahmen durch Umsatzsteigerungen und höhere Parkgebühren zu rechnen
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Zwischen Lützowstraße und Schöneberger Ufer
Aufenthalt Wohnheim
Ausgangssituation Das Anfang der 70er Jahre erbaute Ensemble mit Hochhaus bietet fast 500 Zimmer für Studierende, der Großteil davon möblierte Einzelapartments mit Pantry. Die günstigen Wohnungen sind beliebt und nur über Wartelisten erhältlich. Das vorgelagerte 2-geschossige Eingangsgebäude beherbergt Verwaltung und externes Gewerbe wie Carglass. Dessen ca. 10-13 m breites Dach wird nicht genutzt. Das Wohnheim ist als solches von außen kaum erkennbar, denn keine Ausstattungen oder Aktivitäten weisen auf die vielen Studenten hin. Zwar steht ihnen ein teilbegrünter Innenhof zur Verfügung, doch dieser ist meist beschattet und u. a. auch zum Parken genutzt. Die Potsdamer Straße weitet sich ab der Lützowstraße auf 3 Spuren je Richtung auf, obwohl die Verkehrsmenge nicht signifikant steigt.
Bordkante Bestand
Straßenquerschnitt, nach der Intervention, M 1:250
DIE BOX
Vorherige Intervention: Eine berankte Pergola schafft einen angenehmen Raum
Vorherige Intervention: Die Bushaltestelle wird gestärkt, Sitzgelegenheiten ergänzt
Ca. jeder sechste Stellplatz wird zur Baumscheibe, denn Fußgänger brauchen bei der Auflösung des bisherigen Gebäude-Freiraum-Verhältnisses eine Orientierung und Schutz
Eine Spur (zeitabhängig als Park- oder zweite Pkw-Spur genutzt) ist nun für logistische Nutzungen wie Paketlager, Fahrrad- oder Rollerstellplatzfläche etc.
Ökologische Aufwertung: Neue Baumpflanzungen auf dem Mittelstreifen, zudem pflegeextensivere Pflanzen als Rasen
Wenn statisch umsetzbar, sollte das Dach des Vorbaus als Terrasse für die Studenten nutzbar sein
Vor dem Wohnheim gibt es Sitz- und Aufenthaltsangebote, Verbindung zum Innenraum
Östliche Straßenseite, das Dach wird genutzt, das Studentenwerk zeigt sich offen nach außen, der Vorbau wird repräsentativer Verdeckte Garage, Charleston, South Carolina Dachspielplatz, Parking House Lüders, Kopenhagen Eingang und Treffpunkt, Gammel Hellerup High School, Bjarke Ingels Group Inspirierende Referenzen
Abb. 51-53
Beschreibung Momentan ist das Wohnheim aufgrund des Wohnungsmangels in Berlin beliebt, zukünftig soll es auch wegen seiner Wohnqualität attraktiv sein. Der Freiraum wird zum Ausgangspunkt für komplexe soziale Interaktion und Austausch zwischen unterschiedlichsten Kulturen und zeigt sich dann introvertiert zur Straße. Zudem ist die hohe Bewohnerdichte verbunden mit wachsenden logistischen Anforderungen, daher soll die Straße wie im vorangegangenen Straßenverlauf auf je eine Spur für Busse und MIV verschmälert werden. Durch werden ca. drei Meter Freiraum gewonnen, die für Sitzlandschaften, Baumpflanzungen und Lagerflächen von Paketen und Mobilitätsangeboten u. ä. genutzt werden können. Die Statik des Dachs sollte geprüft werden und wenn möglich als Austritt und Aufenthaltsort auf dem 2. OG genutzt werden. Die Intervention verbindet Nutzen und Komfort miteinander und schafft durch die Einladung zum Treffen einen interessanten Ort auch für externe Fußgänger Kurz- und mittelfristige Umsetzung. Neue Ausstattungselemente und die Gehwegverbreiterung gehen relativ schnell, erfordern aber Genehmigungen
Kosten werden gespart, wenn die Spur abgetrennt, aber nicht angehoben wird, Logistik könnte über Sponsoren laufen, Gastronomieeinnahmen sind möglich
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Zwischen Lützowstraße und Schöneberger Ufer
Aufenthalt Geländesprung
Ausgangssituation Die Haltestelle Potsdamer Brücke für M48 und M85 besteht aus einem Schild und ein etwas entferntes Wartehäuschen. Der Übergang zur gleichnamigen Haltestelle des M29 ist nicht ausgeschildert und bei Google Maps falsch markiert. Von der Brücke aus kommend, führten die Stufen vor einigen Jahren hinunter zu einem Restaurant, nun nimmt eine Praxis für Ergotherapie die Erdgeschosszone ein, der abgesenkte Raum ist ungenutzt und erscheint leblos. Eine regelmäßige Begleitung durch Straßenbäume gibt es nicht, nur vereinzelt stehen einige im Mittelstreifen oder den Vorgärten. Die Vorgärten vor der Degewo sind gepflegt, der Rasen zwischen den Fahrspuren ist dagegen vertrocknet. Einige Traufhöhen sind deutlich über 22m, die Nutzung sind vor allem Gewerbe und Übernachtung.
Planausschnitt, nach der Intervention, M 1:250 Der Schnitt ist in der vorherigen Intervention erkenntlich.
Eine gastronomische Nutzung wäre wünschenswert, andernfalls müssten die Änderungen in enger Absprache mit der Praxis erfolgen
Die Haltestelle wird durch Bündelung von Leistungen (Sharing, WLAN) gestärkt und besser ausgeschildert
Die Pergola bildet ein transparentes Dach, der einen geschützte Ort bildet und berankt werden kann, zusätzlich werden Pflanzkübel aufgestellt
Hier ist Platz für Bänke, Wasserspender, Fahrradbügel etc.
Der Parkraum wird erhalten, kann aber zukünftig neugedacht werden
neue Baumstandorte sind zu prüfen, auch als Orientierungselement
Der ökologische und ästhetische Wert wird erhöht. Ist keine Pflege für Rasen möglich, sollten extensive Bepflanzungen getestet werden
Westliche Straßenseite, die Haltetstelle wird räumlich in ihrer Rolle gestärkt, der abgesenkte Raum lädt nun zum Aufenthalt ein
Installtion NetzWerk, Zeche Zollverein Essen NoHo Plaza, Los Angeles Fassadenbegrünung mit Wandverankerung Inspirierende Referenzen
Abb. 54-56
Beschreibung Der tiefer liegende Raum birgt das Potential zur Ruheoase. Da er momentan karg und kühl wirkt, wird eine Pergola installiert, die die Sichtbeziehungen mit der Umgebung erhält und dennoch Schutz gibt. Dabei müssen die Flurstücksgrenzen und Mieteransprüche näher geprüft werden. Eine halböffentliche Nutzung dieses Bereiches ist zukünftig wünschenswert. Kletter- und Kübelpflanzen bringen weitere Freundlichkeit und sind ein Blickfang. Der obere Bereich wird mit kleineren Anpassungen qualifiziert. Die Haltestelle bekommt W-LAN, einen Trinkbrunnen und Sitzbänke. Die Baumreihe wird straßenbegleitend weitergeführt. Vor allem Nutzung und Interesse sind die Kategorien, die hier angesprochen und gestärkt werden Die Maßnahme bedarf einiger Absprachen unter anderem mit der BVG und dem Hauseigentümer und ist nicht als Intervention erste Priorität zu sehen Der Kostenaufwand ist als mittel einzustufen, der Investitionsrahmen der Pergola hängt stark von der Konstruktionsart ab, dazu Pflanzkästen und Mobiliar
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Zwischen Schöneberger Ufer und Eichhornstraße
Schutz
Ausgangssituation Zwischen Kanal und Philharmonie liegen vor allem Kultureinrichtungen, während Wohnen und Gewerbe jeder Art nicht vertreten sind. Philharmonie, Galerien etc. locken Berliner wie Touristen an. Die Nähe des Potsdamer Platzes und vieler Hotels verstärkt dies. Dadurch bündelt sich die Nutzungszeit vom Vormittag bis zum frühen Abend. Die Straße weitet sich auf 6-8 Spuren auf und der breite Mittelstreifen erhöht die räumliche Trennung. Der repräsentative Charakter der Gebäude wurde nicht auf den rein funktionell gestalteten Außenraum transferiert. Die Haltestellen und Fußgängerüberwege sind unattraktiv gestaltet, es mangelt an Aufenthaltsorten und einer angenehmen Kleinteiligkeit. Das geplante Museum der Moderne, das ab 2026 öffnen soll, wird hier nur partiell berücksichtigt.
Straßenquerschnitt, nach der Intervention, M 1:250
mehr öffentliche Sitzgelegenheiten (an Orten mit angenehmem Mikroklima, geschütztem Rücken, interessanter Aussicht)
Anpassung der Fahrspurbreite an 30 km/h, um Geschwindigkeitsüberschreitungen auf Grund der breiten Achse zu mindern
Orientierungsysteme, auch als Anregung und Stärkung des Fußgängerverkehrs
Fußgängerüberwege gestalten, ggf. einen Überweg hinzufügen
Qualifizierung des breiten Grünstreifens, Aufenthaltsqualität schaffen, Doppelbaumreihe als Schutzdach und Leitlinie, Anhebung der Fläche gegenüber der Fahrbahn, teilweise bepflanzt/ teilweise befestigt
Die Bushaltestelle stärken und mit anderen Serviceleistungen und Überdachung ergänzen, Flächen für tempräre Kunstinstallationen bereitsstellen
Östliche Straßenseite, Orientierungssysteme laden zum Erkunden ein, Orte zum Rasten werden geschaffen, auch im Außenraum sollen künstlerische Bestandteile sichtbar sein
dachähnliche Strukturen Paredes Pino, Córdoba, Spanien künstlerischer Überweg Southwark Street, London temporäre Nischenbildung Festival of Love, London Inspirierende Referenzen
Abb. 57-59
Beschreibung Drei Defiziten soll durch die Intervention entgegengewirkt werden: Orientierungsmangel, fehlende Aufenthaltsorte, ungenutzte Restflächen. Die Haltestellen werden sowohl visuell als auch funktionell gestärkt. Neben ausreichender Beschilderung sollen sie auch Witterungsschutz, Zugang zu weiteren Mobilitätsformen, Informationsservice und ggf. ein kleines Café bieten. Zudem werden die fehlenden Übergänge auf Höhe des Halts ergänzt. Der kulturelle Anspruch der Gebäude wird auch im Freiraum erkennbar sein. Zum Beispiel können ausgewiesene Kleinräume temporär über Konzeptverfahren an Künstler übergeben und von diesen gestaltet werden. Der bis zu 12m breite Mittelstreifen wird zugänglich und nutzbar gemacht und zudem mit einer durchgehenden Doppelreihe Bäume bepflanzt. Mittelfristig ist die Fahrspurreduktion zu prüfen. Der Straßenraum wird belebter und interessanter, ein kleinräumlicher Maßstab wird geschaffen, neue Sitzmöglichkeiten schaffen Komfort Baumpflanzungen und temporäre Kunstprojekte können direkt umgesetzt werden, die Erweiterung der Haltestellen und der Straßenumbau folgen mittelfristig Der Museumsbau wird auf 450 Mio. € geschätzt, eine Aufwertung des Freiraums in der weiteren Umgebung ist essentiell für die Stärkung des Kulturforums
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Checkliste Diese Liste soll dabei helfen, Defizite in der Straßenraumgestaltung aus Fußgängerperspektive exakter identifizieren zu können. Aussagen, die von Passanten nicht bejaht werden können, sollten als Ansatzpunkt verstanden werden. Mit jeder positiven Aussage, verstärkt sich die Einladung zum Zufußgehen. Dabei sind alle vier Überthemen von gleicher Relevanz, um lebendige Stadträume zu schaffen. Die Liste ist auf Grundlage von bereits veröffentlichen Zusammenstellungen erarbeitet (UBA, 2017b; Gehl, 2015; NCDC, 2013; gehl architects, 2009) und ergänzt durch eigene Erkenntnisse. Sicherheit: Fühle ich mich als Fußgänger geschützt? Sicherheit vor Unfällen, insbesondere durch zu schnelle und abbiegende Autos, ist gegeben Unabhängig vom Alter kann stressfrei am Verkehr teilgenommen werden Gesundheitliche Beeinträchtigung ist kein Ausschlusskriterium zur Verkehrsteilnahme Bei Dunkelheit besteht Schutz vor Verbrechen, die Wege können weiterhin begangen werden Der Lärmpegel ist nicht unangenehm und schränkt die Kommunikation nicht ein Luftverschmutzung und Gerüche sind nicht unangenehm und haben keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden Bei Bedarf gibt es in angemessener Form Schutz vor Witterungen wie Regen, Wind und Hitze Sichtachsen und Ausschilderungen geben ausreichend Orientierung im Raum
Nutzen: Ist das Zufußgehen für kurze Distanzen die günstigste Fortbewegung? Die Hierarchie zwischen den Verkehrsteilnehmern ist balanciert, keiner dominiert und Flächengerechtigkeit besteht Die Fahrtpreise spiegeln die tatsächlichen Kosten wieder; der Nutzer entscheidet nachhaltiger Es gibt ausreichend Konsum ungebundene formale Sitzgelegenheiten (Bänke) Es gibt informelle Rastmöglichkeiten wie Poller, Nischen, Fassaden, Randzonen Es gibt ausreichend Platz zum Gehen, das Zufußgehen ist in allen Geschwindigkeiten möglich Lange Wartezeiten und Umwege werden soweit möglich verhindert Es gibt Anschlussmöglichkeiten zu anderen Verkehrmitteln (ÖPNV, Sharingangebote), Bahnhöfe werden angemessen in den Freiraum integriert und zu Knotenpunkten qualifiziert Die Angebote sind auf die Gebäudenutzungen und -zeiten abgestimmt
Komfort: Lädt der Raum zum freiwilligen Laufen und Verweilen ein? Sitzmobiliar wird gerne angenommen, der Rücken ist geschützt, die Aussicht ist interessant Das Verhältnis Freiraum/Gebäude ist angenehm, der Fußgänger fühlt sich geborgen, aber nicht beengt oder verloren klein Das Mikroklima ist angenehm, kein starker Wind, sengende Sonne oder durchgehend Schatten Der Ort als Gesamtes wird als schön empfunden (Design, Materialien, Pflanzen, Atmosphäre) Jeder hat Zugang, keine Barrieren schränken komfortables Fortkommen ein
Interesse: Macht Zufußgehen Spaß und ist attraktiv? Anregendes, Inspirierendes und Überraschendes sind auf dem Fußweg zu erwarten Temporäre Events können stattfinden, der Raum lädt ein und fördert diese Detailreiche Fassaden und interessante Sichtbeziehungen lassen den Weg kürzer erscheinen Es gibt interessante Schnittstellen zwischen Innen und Außen, die Einheiten sind kleinteilig Menschliche Aktivität und lebendiges Treiben finden statt und kann beobachtet werden Der Raum bietet Möglichkeiten für unterschiedliche Tätigkeiten, Spiel und Bewegung
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Interessensvertretung Exkurs I Der Begriff Lobbyarbeit hat in Deutschland selten einen guten Ruf, doch steht er zunächst allgemein für Interessensvertretung. Die Automobilbranche hat durch ihre wirtschaftliche Rolle einen intensiven Austausch mit der Politik, aber auch der Radverkehr hat in den letzten Jahren ihre Forderungen immer lauter und medienwirksam vorgetragen. Zum Beispiel durch Aktionen wie Mahnwachen und Demonstrationen versucht der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club ADFC für die Durchsetzung radfreundlicher Wege zu sorgen. Den Fußgängern fehlt eine solche Lobby. Zwar gibt es zum Beispiel den Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V., doch fehlt Aufmerksamkeit, um tatsächlich Druck ausüben zu können. Auch Bertram Weisshaar fordert eine Fußgängerlobby ähnlich den Radfahrern (Gensichen, 2019). Fußverkehr sei noch kein Geschäftsmodell und habe kaum eine wirksame Lobby. Zudem sei in Verwaltungen der Fußverkehr nur in Ausnahmefällen mit ausreichend personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet (ebd.). Die Fußverkehrsstrategie (UBA, 2018) schlägt vor, die fußläufige Erreichbarkeit als Entwurfskriterium für die Entwicklung der Siedlungsstrukturen in das BauGB einzuführen. Das würde zu Quartieren mit attraktiven Fußwegenetzen führen. Außerdem würde die Verankerung einer Öffnungsklausel im Straßenverkehrsrecht Kommunen mehr Raum zum Experimentieren und Ausprobieren von alternativen Verkehrslösungen bieten (ebd.). Die fehlende Lobby und damit verbunden die unzureichende Wahrnehmung des Fußverkehrs kann auch im Report Mobilität in Deutschland (infas, 2019) anhand einer Wortsuche abgelesen werden: „Fuß“ hat 35 Ergebnisse, „Rad“ erscheint 70 mal und die Begriffe „Auto, Pkw, MIV“ kommen auf 150 Treffer. Auch in der Potsdamer Straße führte die Umstellung der Ampelschaltung im Zuge des 30km/h Limits zu einer Verkürzung der Grünphase für Fußgänger (mitteNdran e. V., 01/19). Positiv ist bewerten ist die aktuelle Umfrage des Tagesspiegels im Auftrag der Stadt. Hier werden Verkehrsszenarien aus Sicht von Auto- und Radfahrern sowie Fußgängern betrachtet und Daten gesammelt. Weniger Autospuren Weniger Autoparkplätze Es soll bleiben wie es ist Schmalere Gehwege Weniger Radwege Gesamtergebnis Weniger Busspuren Weniger Grünflächen
ohne Auto mit Auto
Zwischenstand der Umfrage. Fragestellung: Wo sollte auf Berlins Straßen am ehesten Platz eingespart werden? Der Tagesspiegel, 16.02.20, Darstellung angepasst
Die Studie Mobility Futures, die Anwohner 31 internationaler Städte befragt hat, kommt zu dem Schluss, dass der Verkehrsanteil des Autos von 51 Prozent auf 46 Prozent im Jahr 2030 sinken wird (Der Spiegel, 15.02.20). Die Nutzung des Fahrrads wird demnach um 18 Prozent steigen, aber auch der Anteil des Fußverkehrs nimmt um 15 Prozent zu. Eine stärkere Berücksichtigung der Fußgängerbelange ist wichtig für eine zukunftsorientierte Stadt.
Kiez erFahren Exkurs II Das Projekt ist initiiert vom Bezirk Tempelhof-Schöneberg vertreten durch Christiane Heiß, Bezirksstadträtin für Bürgerdienste, Ordnungsamt, Straßen- und Grünflächenamt. Gefördert wird Kiez erFahren vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie der Nationalen Klimaschutz Initiative. Die IGS ist als lokaler Akteur bei der Organisation und der Umsetzung eingebunden. Das Projekt setzt sich aus verschiedenen Maßnahmen zusammen. Dazu gehören die Umparkerkampagne im September 2020, Mobilitätsspaziergänge im Frühsommer, ein Tag zur Mobilitätserprobung im Juni und weitere Bildungskampagnen. Ziel ist es, die Verkehrssituation in Schöneberg-Nord zu verbessern und somit die Lebensqualität zu steigern. In einer Ideenwerkstatt sollen zusammen mit den Anwohnern Vorschläge entwickelt werden, wie der Raum genutzt werden kann, der durch den Entfall von Pkw-Stellplätzen frei wird. Das Projekt sieht die Stadt der Zukunft autofreier durch geteilte Mobilität und besser ausgebaute Mobilitätsalternativen. Die Veranstaltungen werden von Projektpartnern unterstützt, unter anderem von der TU Berlin, dem BUND und Jelbi von der BVG. Informationen zu aktuellen Aktionen sind zum Beispiel unter www.kiezerfahren.berlin zu finden. A
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Stellen Sie sich ein Leben ohne Auto vor. Werfen Sie dann jeweils eine Kugel in die Gläser, die ihren Assoziationen am ehesten entsprechen! A. Ich leiste einen Beitrag zum Klimaschutz B. Ich kann Geld sparen C. Mein Alltag wird komplizierter D. Ich habe weniger Stress im Alltag E. Ich kann neue Mobilitätsformen kennenlernen Interaktiver Tisch bei der Auftaktveranstaltung von Kiez erFahren
Besuch der Auftaktveranstaltung von Kiez erFahren, Abb. 60
Für diese Arbeit ist die vom Bezirk ausgerufene Kampagne interessant, da sie sich mit einer neuen Mobilitätskultur und die Erreichung dieser beschäftigt. Zudem liegt der südliche Teil der Potsdamer Straße im Einzugsgebiet der Diskussion. Vor Ort war in ihrer Rolle als Vorsitzende der Interessensgemeinschaft Potsdamer Straße Regine Wosnitza, mit der ich bereits während meiner Bachelorarbeit Kontakt hatte. Ziel ist es auch nach Fertigstellung der Masterarbeit das Projekt zum Beispiel mit einem Beitrag während der Spaziergänge oder Werkstätten zu unterstützen. 101
Ausblick, Diskussion, Fazit
Diese Arbeit hat ihren Fokus auf die Perspektive des Fußgängers gesetzt. Andere Verkehrsteilnehmer wurden dabei bewusst nur peripher betrachtet. In diesem Fazit werden die Forschungsfragen kurzgefasst beantwortet, aber auch aufgezeigt, welche Komplexität hinter dem Thema steht und welche Bestandteile nicht im Rahmen der Masterarbeit behandelt werden konnten. Zunächst ist wichtig hervorzuheben, dass Zufußgehen aus unterschiedlichsten Gründen gefördert werden sollte. Neun Betrachtungsebenen wurden eingangs angerissen, die Vorteile auf globalem bis quartierlichem Maßstab und auch auf individueller wie auch gesellschaftlicher Ebene bringen. Anschließend konzentriert sich die Arbeit auf Veränderungen, die die Qualität der Straße in ihrer Rolle als sozialer Raum verbessern. Positive Auswirkungen zum Beispiel auf die Biodiversität, das Stadtklima, den urbanen Wasserhaushalt und die lokale Wirtschaft gehen mit einher, werden aber nicht priorisiert angestrebt. Ein Ausgangspunkt der Arbeit ist die Einschätzung, dass die momentane Dominanz des motorisierten Individualverkehrs auf unseren Straßen nicht zukunftsfähig ist. Schon jetzt steht die Flächeninanspruchnahme für fahrende und parkende Fahrzeuge in keinem vertretbaren Verhältnis zum Verkehrsanteil des MIV. Die Arbeit fordert daher das Umdenken des Raums zwischen den Gebäuden zur Wiedergewinnung von städtischem Freiraum. Zudem soll die Stärkung der aktuellen Mobilitätswende hin zu einem System dreier gleichberechtigter Säulen aus aktiver Mobilität, öffentlicher Mobilität und MIV erwirkt werden. Zur aktiven Mobilität gehören alle Fortbewegungen, die aus eigener Kraft erfolgen. Insbesondere Kurzstrecken unter einem Kilometer sollten ohne Kraftstoff zurückgelegt werden und würden 10% aller Autofahrten reduzieren. Dies steigert die Lebensqualität und Sicherheit in Städten, die besonders in Zentrumsnähe baulich immer dichter werden. Essentielle Erkenntnis und zugleich weiterer Ausgangspunkt der Forschungsarbeit ist, dass der Fußgänger in Deutschland ein unterschätzter und vernachlässigter Parameter ist. Verkehrsstudien und -prognosen haben sich lange auf den passiven Verkehr beschränkt. In den letzten Jahren kam Aufmerksamkeit für den Radverkehr hinzu. Zum Aufenthalt und der Fortbewegung von Passanten mangelt es aber an Daten. Fußgängerströme und öffentliches Leben sollten zukünftig regelmäßig überprüft werden, auch damit die Stadt weiß, was angenommen wird und wo weiter gedacht werden muss. Jede Wegestrecke beginnt und endet mit einem Fußweg und durch die geringe Geschwindigkeit ist Laufen die kommunikativste Fortbewegungsweise. Auch ist sie grundsätzlich jeder Einkommens- und Altersschicht möglich und schließt niemanden aus. Doch durch stetige Zurückdrängung und Einschränkungen ist der tägliche Fußweg für viele unattraktiv geworden. Zahlreiche empirische Studien zum Beispiel von Gehl, Speck und Whyte zeigen Faktoren, die das Laufen in Städten erschweren und uninteressant machen. Speck nennt vier Vorraussetzungen für freiwilliges Zufußgehen und die
Schaffung dieser ist stetiges Ziel meiner Ausarbeitung: Nutzen, Sicherheit, Komfort und Interesse. Durch Investitionen sollten diese Qualitäten geschaffen werden, um den Teufelkreis von unattraktiven Wegen, die zu mehr Autos führen und mehr Autos, die die Wege noch unattraktiver machen, zu brechen. Wie dies umgesetzt werden kann, behandelt meine zweite Forschungsfrage. Dabei ist eine allgemeingültige Antwort nicht möglich, sondern es bedarf auf den Ort abgestimmte Lösungen. Interesse wird entstehen, wenn Menschen etwas beobachten können und ihnen Überraschendes widerfährt. Aktivität sollte demnach gebündelt werden, sodass Straßen, die bereits Geschäfte und Bahnhöfe bereithalten, auch für freiwilligen Aufenthalt aufgesucht werden. Dadurch wird Nützliches mit Schönem verbunden, Gehl spricht von notweniger im Gegensatz zu freiwilliger beziehungsweise sozialer Aktivität. Dabei spielen Konsum ungebundene Sitzmöglichkeiten eine wichtige Rolle. Sind Bänke, Sitzstufen und Nischen einladend platziert, profitieren auch die umliegende Gastronomie und der Einzelhandel davon. Menschen halten sich gerne dort auf, wo auch andere Menschen bereits sind. Dabei ist es jedoch wichtig, dass jeder den Abstand einhalten kann, mit dem er sich wohl fühlt. Menschengedränge in Straßen darf daher nicht mit der Qualität eines gut besuchten Platzes verwechselt werden. In der erlaufbaren Stadt muss sich der Nutzer bei jeder Tageszeit sicher fühlen. Dies betrifft zum einen Schutz vor Verbrechen, aber auch zum anderen vor Witterung und negativen Sinneswahrnehmungen. Bei einer Geschwindigkeit von ca. 5 km/h erwartet das menschliche Auge alle 4 bis 5 Sekunden einen neuen Reiz. Dies trifft bei Einkaufsstraßen mit kleinteiligen Ladenabschnitten zu, wird aber kaum bei einem Einkaufszentrum realisierbar sein. Für den Stadtraum sind größere Blockeinheiten demnach qualitätsmindernd, vor allem wenn die Fassaden detailarm gestaltet sind. Auch wenn hier nur konzeptionell in Form vom Masterplan mit Verkehrsknotenpunkten und den Interventionen an Bushalten angesprochen, ist es für die neue Mobilitätskultur unumgänglich, dass der ÖPNV bequem und sicher erreicht werden kann und die Haltestellen in den Freiraum integriert sind. Nach Abschluss meiner Analyse und Arbeit rund um die Potsdamer Straße bin ich weiterhin der Meinung, dass dies ein passender Ort für fußgängerfreundliche Maßnahmen ist. Sie bringt Probleme aber auch Potentiale mit sich und lockt bereits viele Menschen an, wenn auch bisher vor allem für notwendige Aktivitäten. Die Potsdamer Straße ist aufgrund der geplanten Tramstrecke planungsbefangen. Doch da die Fertigstellung für ca. 2035 festgesetzt ist, lohnen sich kleinere Investitionen dennoch vorher. Die umfangreichen Kartierungen und die anschließende Unterteilung in Segmente haben mich zu einem tieferen Raumverständnis geführt. Ob für weitere Planungen diese Parzellierung den richtigen Maßstab hat, müsste geprüft werden. Die dargestellten Interventionen sind als Vorschläge zu verstehen, welche Möglichkeiten sich aus dem abstrahierten Katalog und den konkreten Ortsbegebenheiten entwickeln lassen. Sie stellen Varianten dar, die Ergebnis von Planungs- und Beteiligungsprozessen sein könnten. Ziel ist es, im Laufe der Arbeit generiertes Wissen an das Projekt Kiez erFahren und die Interessensgemeinschaft Potsdamer Straße weiterzugeben und somit die aktuell laufenden Kampagnen zu unterstützen. Straßen sind zumeist öffentlich, daher müssen Impulse und Rahmenbedingungen von der öffentlichen Hand ausgehen. Grundlegend für die teils massiven Änder103
ungen im Straßenland ist eine Politik, die bereit ist, zum einen Investitionen zu tätigen und zum anderen auch für die Haltung einzustehen. Die vorgestellten Planungen führen nicht an der Komfortreduktion für private Autobesitzer vorbei, die zum Teil ihren Einspruch vehement vertreten werden. Um die Anzahl individueller Fahrzeuge zu reduzieren, gibt es drei Herangehensweisen, die sicherlich in Kombination umgesetzt werden sollten. Zum ersten kann die Politik die Autohaltung verteuern durch Parkgebühren, Steuererhöhungen und die Einführung einer Innenstadtmaut. Zur Zeit werden einige Kosten für die Infrastruktur des MIV auf die Gesellschaft umgelegt, sodass die tatsächlichen Kosten nicht erkennbar sind. Zum zweiten kann der Komfort der alternativen Transportwege finanziell und strukturell erhöht werden, sodass für den Nutzer das Auto an Attraktivität verliert. Zum dritten kann der Verzicht auf das eigene Auto durch andere Qualitäten kompensiert und damit angeregt werden. Dazu gehören beispielsweise ruhigere und sauberere Wohngegenden, neue angenehme Erholungs- und Spielräume und erhöhte Sicherheit. Ziel sollte es sein, dass sich das allgemeine Verständnis von Straßen dahingehend verändert, dass ebenso wie heute schon die Vorstellung von Autos in Grünanlagen auch die Befahrung von Wohnund Spielstraßen absurd erscheint. Dafür brauchen wir eine Diskussion darüber, wie wir unseren Lebensraum in Städten als Gemeinschaft gerecht verteilen, nutzen und gestalten wollen. Wenn diese Neuinterpretation ernsthaft angestrebt werden soll, wird es notwendig, dies politisch mit unterschiedlichen Akteuren zu diskutieren und umzusetzen. Die Rollen und Möglichkeiten der Beteiligten konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht ausreichend dargestellt werden und wäre essentielle Aufgabe im Falle einer Weiterentwicklung. Dabei gilt es jetzt zu handeln und Prozesse anzustoßen. Denkbar sind hierfür auch Testphasen, wie es sich in anderen Großstädten bereits bewährt hat. Dadurch kann die Stadt mit einer geringeren Vorlaufzeit und einem kleineren Budget Maßnahmen erproben und begutachten. Beschleunigte Genehmigungsverfahren und reduzierte rechtliche Standards könnten Inwertsetzungen fördern und den Einstieg für schwächere Akteure vereinfachen. Außerdem schreiten die aktuellen Entwicklungen wie Sharing-Konzepte schnell voran und sichere Prognosen über neuartige Mobilitätsformen gibt es nicht. Relativ sicher ist nur, dass immer mehr und immer diverse Transportmittel zukünftig im Straßenland zu finden sein werden. Daher müssen Räume ein robustes Grundgerüst mitbringen und Details flexibel modifizierbar sein. Hierbei bilden Verkehrräume nur einen Ausschnitt aus dem Katalog der städtischen Flächen, die neu konzipiert werden könnten und bei der voranschreitenden Auslastung der Innenstädte auch werden sollten. Unter anderem wurden im Zuge der Arbeit Dachflächen, halböffentliche Innenhöfe und Gebäudefassaden ausgeklammert. Die Integration dieser in ein komplexes Gefüge zusammen mit den Straßen ist sicherlich wertvoll. Gleiches gilt für nur temporär genutzte Einrichtungen wie Schulen, die Potentiale zur Schaffung lebenswerter Städte bieten, aber über die Möglichkeiten innerhalb einer Masterarbeit hinausgingen. Funktionierende Freizeiträume müssen nicht grün sein und gerade grüne Reststreifen tragen kaum zu einem ökologischen oder ästhetischen Wert bei. Dennoch inkorporieren viele meiner Interventionen neue Pflanzflächen, da diese mit dem richtigen Einsatz durchaus Qualitäten bringen. Dabei ist zu beachten, dass diese Flächen und Gehölze Pflege bedürfen und alternative Konzepte
hierfür gefunden werden müssen, wenn die städtischen Budgets nicht erhöht und so keine ausreichende Bewässerung und Betreuung gewährleistet werden können. Ebenso für unsere Planungskultur sollten Anpassungen überprüft werden. Im Zuge der Arbeit kam ich zu dem Schluss, dass Stadträume von Generalisten geplant werden müssen, die Herausforderungen ganzheitlich betrachten und alle Disziplinen miteinander abwägen. Die neue Mobilitätskultur erfordert eine sensible Balance und angemessene Dimensionen. Stehen einzelne Fachrichtungen und Interessen in Konkurrenz, entstehen starre Kompromisse, die übergroße Räume monofunktional beanspruchen. Tilman Latz schlägt vor, dass Landschaftsarchitekten zunehmend große Teams leiten, bei denen Architekten und Stadtplaner, Ingenieure und Lichtplaner, Ökonomen und Marketingexperten mitarbeiten. Speck wirft folgende Fragen auf, deren generalistische Beantwortung zur erlaufbaren Stadt führen soll: Welche Art von Stadt ist nachhaltig auch für die folgenden Generationen, welche Stadt wird ihre Bürger nicht nur sicher sondern gesund halten? Berlin sollte daher zukünftig von Beginn des Planungsprozesses an den Entwurf auch aus Augenperspektive betrachten und Gebäude fordern, die die Stadt zu einem besseren Ort machen. Zu einer Stadt, deren Straßenräume von der Dominanz der Kfz-Systeme befreit und wieder Lebens- und Arbeitsräume des Alltags aller werden.
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„Wer zu Fuß geht, tut Gutes für seine Gesundheit, spart Geld und schont die Umwelt. Mehr noch: Die Stärkung der aktiven Mobilität ist ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Verkehrswende und nachhaltige Mobilität in der Stadt. Doch […] gilt der Fußverkehr in Deutschland immer noch als unwichtig, unattraktiv und wenig zeitgemäß. Das soll sich ändern.“ UBA, 2018
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Abbildungsverzeichnis Alle hier nicht aufgeführten Abbildungen sind eigene Darstellungen oder bereits im Text mit der Quelle beschrieben. Angepasste Darstellungen sind gekennzeichnet.
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