DAS MAGAZIN FÜR HÖHERES LEBEN O VORARLBERG! ALP WINTER #4
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER
Wer jetzt keinen Alpkäs hat, käst sich keinen mehr. Der Kreis hat sich geschlossen, es ist Winter, die vier Jahreszeiten sind durchmessen, neben Vivaldis Komposition können Sie jetzt vier Alpmagazine ins Regal stellen. Tatsächlich waren diese Hefte als Sammelobjekt gedacht. Als Kulturgegenstand, der angemessen mit dem Kulturgut Alp umgeht. Das Team um Christian Zillner hat wieder sein Bestes gegeben. Der Landeshauptmann von Vorarlberg hat sich mit einer kleinen Alp-Hommage eingestellt. Atemberaubende Winter-Fotos leiten das Heft ein; Meinrad Pichler schildert die Anfänge der Käsedynastie Rupp in einem historischen Stück über die Käsereischule Doren. Mit erstaunlichen Bildern zeigt Nini Tschavoll das Alp-Instrument schlechthin auf einer Reise um die Welt, das Alphorn. In Südtirol gibt es sogar eine Alp, die im Winter bewirtschaftet wird. Weitere Facetten des Alpwinters: Lawinen, Skifahren, Forstwirtschaft per Pferd, des Literaten Natters Träume; und am Ende des Hefts wird wie immer gekocht. Diesmal auch mit meiner Mutter, die vergangenes Jahr 100 Jahre alt wurde. Ich danke zum Schluss noch einmal Josef Rupp, dem Initiator dieser Hefte, und allen denen, die bei Rupp und im Falter Verlag zur Gestaltung beigetragen haben. Es ist sehr schön geworden, ich hoffe, es hat auch Sie beim Lesen und Entdecken so sehr gefreut wie mich.
Armin Thurnher
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Herausgeber und Medieninhaber: Rupp AG, Krüzastraße 8, 6912 Hörbranz, T: +43 5573 8080, E: cheese@rupp.at, www.rupp.at.
Konzept, Redaktion, Produktion: Falter Verlagsgesellschaft m. b. H., Bereich Corporate Publishing, Chefredaktion: Christian Zillner, Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, T: +43 1 53660-0, E: magazine@falter.at; Artdirektion/Grafik: GREAT Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges. m. b. H.
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2 ALP #3
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ALP #4
Fotos: Nini Tschavoll (2), Vorarlberger Landesbibliothek (3),Peter Mathis, Mathis Barz, Adolf Bereuter, Georg Alfare (3), Chris toph Skofic
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Grün sind die Seiten im Magazin, auf denen wir einen Überblick über ein Thema geben, Fakten oder Zahlen bringen, oder aus der Geschichte, etwa über Hexen auf der Alp, erzählen.
3 HERBST 4 Alpwinter 12 Armin Thurnher im Gespräch mit Landeshauptmann Markus Wallner 16 Die Geschichte der Käsereischule in Doren 20 Mit dem Alphorn unterwegs in der Welt 32 Forstarbeit mit Pferden 38 Zwei Alpen im winterlichen Südtirol 46 Die Anfänge des Skisports in den Alpen 52 Mit Pistenraupen über die Alpen 56 Natters Alpträume im Winter 60 Vorarlberger Alpen im Winter 68 Lawinen – Gefahr auf der Alp 74 Armin Thurnher kocht Käsknöpfle nach dem Rezept seiner hundertjährigen Mutter 78 Familie Bickel bewirtschaftet ihre Alp auch im Winter. Ein Porträt der Alpwirtinnen Martha und Kathi Bickel
INHALT 38 46 52 78 56 68 WINTER 60 74
URGEWALT
DER WINTER MACHT
DIE ALP ZUR
SCHÖNEN
UNGEHEUERLICHKEIT
4 ALP #4
Foto: Nini Tschavoll Sonntag-Stein im Großen Walsertal. Von der Sesselbahn Oberpartnom sind es nur ein paar Minuten hinunter zur gleichnamigen Alp. Bei solchem Winterwetter können die sich aber ziehen … 5 WINTER
Foto: Nini Tschavoll Ständige ,,Alpbewohner“ wie dieser Baum im Großen Walsertal sind den Schikanen des Winterwetters ausgesetzt 6 ALP #4
Foto: Nini Tschavoll Im Winter auf freiem Feld kommen nur die härtesten Lebewesen durch. Das können auch Waldarbeiter und Jäger sein 7 WINTER
8 ALP #4
Nur der Mensch hat im Winter Mittel gefunden, um die Wildheit der Natur in den Bergen auch zu genießen
Foto: Nini Tschavoll
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Foto: Georg Alfare Im Sommer versprechen solche Hänge um Alphütten harte Arbeit. Im Winter Lawinen und anderes Ungemach 10 ALP #4
Der Winter lässt uns noch am ehesten erfahren, was einst unter „wilder Natur“ verstanden wurde Foto: Georg Alfare 11 WINTER
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Markus Wallner, Landeshauptmann von Vorarlberg, unterwegs am Ochsentalergletscher am Piz Buin
Foto: Peter Mathis
MARKUS WALLNER ARMIN THURNHER IM GESPRÄCH MIT
ARMIN THURNHER
Herr Landeshauptmann, was ist Ihre persönliche Beziehung zur Alp?
MARKUS WALLNER
Ich bin im Sommer wie im Winter viel in der Natur unterwegs. Sei es bei Skitouren oder bei Wanderungen. Da spielen Alpen natürlich eine besondere Rolle, und ich kehre gerne und regelmäßig bei Touren in Alphütten ein.
AT Warum heißen die Alpen in Vorarlberg Alpen, sonst überall Almen?
MW Das hat vor allem damit zu tun, weil wir in Vorarlberg einen anderen historischen und kulturellen Hintergrund haben. Hergeleitet ist die Alp vom Gebirge der Alpen. Diese ursprüngliche Bedeutung von Alp ist heute noch im alemannischen Sprachraum lebendig.
AT Haben Sie, wie manche Vorarlberger, einmal auf einer Alp gearbeitet?
MW Ja, das habe ich. Als Kind habe ich im Sommer regelmäßig Ferien auf der Alp Gamp gemacht und dabei auch in der Alpwirtschaft mitgearbeitet. Eine spannende und lehrreiche Zeit!
AT Erzählen Sie doch ein bisschen. Was haben Sie dort gearbeitet?
MW Ich habe im täglichen Alpbetrieb mitgeholfen: Melken, Stall reinigen, Tiere hüten und abends wieder geschlossen von der Weide in den Stall bringen – eigentlich ganz normale Aufgaben eines Hütten-Jungen.
AT Ich nehme an, die Alp Gamp besuchen Sie heute noch, oder?
MW Ja, da haben Sie recht. Zudem ist die Alp in der Nähe von meinem Wohnort, weshalb ich sie auch heute noch jeden Sommer ein- bis zweimal besuche.
AT Sind Alpen für Sie „Staatsbesuchsziele“, wenn etwa ein Bundespräsident, Kanzler oder ein ausländischer Amtsträger Sie besucht?
MW Die Anreise ist meistens mit sehr viel Aufwand bzw. Zeit verbunden. Auch wenn wir mit Ministern und dabei vor allem mit Landwirtschaftsministern schon Besuche auf Alpen gemacht haben, ist ein Besuch mit Amtsträgern von außerhalb von Vorarlberg doch eher eine Ausnahme.
AT Wie sähe Vorarlberg ohne Alpen aus?
MW Die Alpen sind nicht mehr aus Vorarlberg wegzudenken. 55 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Vorarlberg werden ausschließlich alpwirtschaftlich genutzt. Daraus ist erkennbar, wie wichtig die Alpwirtschaft für die Vorarlberger Bauern ist. Auch für die Erhaltung und Attraktivität der Kulturlandschaft sind die Älplerinnen und Älpler unverzichtbar.
AT Was macht das Alpwesen für Vorarlberg so wichtig?
MW Eine funktionsfähige Alpwirtschaft ist aus meiner Sicht sowohl ein wichtiges Standbein für unsere Landwirtschaft, aber auch eine bedeutende Grundlage für den Tourismus und die Sicherheit bzw. den Erosions- und Lawinenschutz in den Bergregionen. Europaweit fast einzigartig ist der hohe Anteil der Kuhhaltung, speziell der Sennalpen, wo die Milch zu hervorragendem Vorarlberger Alpkäse verarbeitet wird.
AT Der legendäre Landesrat Schwärzler sagte: „Alpen sind nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für den Tourismus wichtig, und neuerdings auch für die einheimische Bevölkerung. Viele Menschen schöpfen an den Sommertagen auf den Alpen Erholung und Kraft.“
MW Da kann ich ihm nur zustimmen! Gerade Landesrat Schwärzler hat sich über Jahre hinweg intensiv für die Alpwirtschaft eingesetzt. Auch in der Bevölkerung erkenne ich zusehends ein Umdenken in Richtung der Würdigung für die Erzeugung von hochwertigen regionalen Produkten. Und da spielen die Alpen natürlich eine wesentliche Rolle. Wer schon einmal selber bei herrlichem Sommerwetter auf eine Alp gewandert ist, weiß auch um den Erholungsfaktor, den so eine Tour bildet.
13 WINTER
LIEBER AUF DER ALP ALS IM KAFFEEHAUS
AT Denken Sie persönlich bei Alpen eher an Natur oder an Kultur?
MW Ich denke, beide Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden und enorm wichtig. Ohne Natur keine Alpen, ohne Kultur keine Alpen. Wir brauchen jedenfalls auch in Zukunft weiterhin eine gute Balance zwischen Natur und Kultur.
AT Die sogenannte „Älplerbevölkerung“ ist ein eigener Menschenschlag. Sie haben ja schon mit einigen Kontakt gehabt. Was sind das für Leute?
MW Das kann man – im besten Sinne – so sicherlich sagen. Um den Kontakt zu den Älplerinnen und Älplern zu halten, findet jedes Jahr eine Alpwanderung mit allen Mitgliedern der Landesregierung statt, bei der wir verschiedene Alpen besuchen. Für mich ist diese Alpwanderung jedes Jahr ein Highlight, und man lernt nicht nur die Menschen hinter den Alpen kennen, sondern auch ihre Produkte und ihre Arbeit noch mehr wertzuschätzen.
AT Sehen Sie Nachwuchsprobleme auf der Alp? Wenn ja, was tun Sie dagegen?
MW Auch wenn wir regionale Unterschiede haben, ist die Alpwirtschaft aus meiner Sicht für die Zukunft gut aufgestellt, und ich mache mir derzeit eigentlich keine Sorgen um den Nachwuchs. Von Landesseite gibt es eine eigene Landesförderung für Jugendliche, die auf einer Alp arbeiten. Diese zielt darauf ab, junge Menschen mit der Alpwirtschaft bekannt zu machen und dass sie die Vielfalt der Alpwirtschaft hautnah kennen- und erleben lernen. Dies hat natürlich positive Auswirkungen. Angesichts der herausragenden Bedeutung der Alpwirtschaft für unser Land und der besonderen Leistungen der Alpverantwortlichen und des Alppersonals steht das Land Vorarlberg jedenfalls auch in Zukunft zu den Älplerinnen und Älplern.
AT Sollte man die Alpen eher schützen, also den Zugang erschweren? Oder sollte man sie verkehrsmäßig, also touristisch besser erschließen?
MW Auch über die Grenzen des Landes hinaus finden die hochwertigen Erzeugnisse Beachtung. Die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bauern bzw. Älplern, Vermarktern, Handel, Tourismus und Konsumenten ist aus meiner Sicht vorbildhaft. Diese Kooperation ist unverzichtbar für die regionale Vermarktung der Produkte, und wie bereits oben beschrieben, sollte dieser Austausch in einer guten Balance zwischen Natur, Umwelt, Landwirtschaft und Tourismus erfolgen. Nur wenn alle Player an einem Strang ziehen, können wir die Alpwirtschaft nachhaltig weiterentwickeln. Ich halte jedenfalls nichts davon, einen touristischen Ausbau um jeden Preis voranzutreiben.
AT Was würden Sie zum Vergleich Wiener Kaffeehaus und Vorarlberger Alpen sagen? Vor manchen Wiener Kaffeehäusern gibt es Touristenschlangen; man diskutiert ja auch schon Zugangsbeschränkungen …
MW Solche Vergleiche hinken natürlich immer ein wenig, aber grundsätzlich kann man ihn schon ziehen. Die Wiener Kaffeehauskultur in allen Ehren: Ich würde einen Besuch in der Natur immer einem Besuch im Kaffeehaus vorziehen.
AT Waren Sie schon bei der Alpkäseproduktion dabei?
MW Ja, des Öfteren. Ein wirklich spannender und lehrreicher Prozess!
AT Ziehen Sie den Fettkäse oder den mageren Sauerkäse vor?
MW Mein Lieblingskäse ist ein guter Bergkäse aus Vorarlberg.
AT Wie oft essen Sie persönlich Alpkäse?
MW Täglich! (lacht) Ich sage immer wieder, dass ich eigentlich täglich einen guten Vorarlberger Käse brauche. Und wir haben auch immer genug Käse auf Vorrat bei uns zuhause.
ALP #414
15 WINTER ,,Eine funktionsfähige Alpwirtschaft ist auch eine bedeutende Grundlage für den Erosions- und Lawinenschutz in den Bergregionen“
Foto: Georg Alfare
EMMENTALER AUS DEM BREGENZERWALD
Um den österreichischen Käse mit dem Schweizer Emmentaler konkurrenzfähig zu machen, wurde in der k. u. k. Monarchie die Landeskäsereischule in Doren eingerichtet
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VON MEINRAD PICHLER
IM FRÜHJAHR 1913 STELLTE
DAS LAND JOSEF RUPP I. ALS OBERKÄSER AN DER LANDESKÄSEREISCHULE EIN
Eigentlich begann alles in Wien. Das hört der gelernte Vorarlberger zwar nicht gern, aber die Wahrheit ist „zumutbar“. Die beiden Wiener Käsegroßhändler Sigmund Burkart und Josef Wild, beide zugleich Berater des k. k. Ackerbauministeriums in Molkereifragen, kannten die Nachfrage auf dem österreichischen Käsemarkt. In den Großstädten Europas hatte sich seit den 1880er-Jahren der vollfette Laibkäse nach Emmentaler Art auf dem gehobenen Käsemarkt durchgesetzt. Um 1900 galt der Emmentaler als der Modekäse schlechthin.
Ein Import aus der Schweiz war teuer, und die österreichischen Molkereibetriebe waren auf die Geschmacksveränderung kaum vorbereitet. Molkereiexperten von Bezau bis Wien führten Klage darüber, dass es im Inland zu viel „Ausschussware“ und zu wenig marktgerechte Qualität gebe. Anlässlich der Wiener Molkereiausstellung 1898 war im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten kaum mehr Käse aus den Alpenländern in die ersten Prämienklassen gekommen. Die adeligen Großgüter in Mähren und Ungarn hatten die Genossenschaftsproduzenten
weitgehend überflügelt. Mit modern eingerichteten Käsereien und im In- und Ausland angeworbenem Fachpersonal wurde die österreichische Käseproduktion in ihrer Vielfalt und Qualität auf ein neues Niveau gehoben. Als Ursachen für die qualitätsmäßige Stagnation der Kleinproduzenten wurden von den Experten eine mangelhafte Einrichtung der Käsereien, Nachlässigkeit bei der Milchgewinnung und -behandlung sowie ganz besonders „der große Mangel an tüchtigem Käsereipersonal“ diagnostiziert.
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Foto: Vorarlberger Landesbibliothek
Die Landeskäsereischule in Doren kam mit Unterstützung von Vizekanzler Jodok Fink zustande
18 ALP #4
Fotos: Vorarlberger Landesbibliothek
Doren lag „nur“ vier Fußstunden von Bregenz entfernt
Jodok Fink war Vorsitzender des Landeskulturrats, der Vorgängerorganisation der heutigen Landwirtschaftskammer
Die Wahl der Experten fiel auf Doren als Standort der Käsereischule
Die Gemeinde Doren stellte den Bauplatz für die Schule kostenfrei zur Verfügung
Fotos: Vorarlberger Landesbibliothek
Fotos: Vorarlberger Landesbibliothek
Fotos: Vorarlberger Landesbibliothek
DIE VERBESSERUNG DES HEIMISCHEN KÄSES VON VORARLBERG AUS
Da die beiden Käseexperten Wild und Burkart die österreichische Molkereilandschaft durch ihre Einkaufstouren bestens kannten, schlugen sie dem Ministerium vor, die Verbesserung der nationalen Käseproduktion von Vorarlberg aus anzugehen. Mit einer Ausbildungsoffensive, die alle bisherigen Defizite mindern, am besten ausmerzen sollte.
Nachdem die regionale Standortentscheidung gefallen war, galt es, einen einflussreichen lokalen Politiker für die Sache zu gewinnen, der im Land Vorarlberg die Gründung einer Ausbildungsstätte vorantrieb. Diesen fanden sie im Reichratsabgeordneten und späteren Vizekanzler Jodok Fink, der zugleich Vorsitzender des Landeskulturrats, der Vorgängerorganisation der Landwirtschaftskammer, war. Mit ihm zusammen führten die beiden Wiener eine Begehung im Bregenzerwald durch. Sie entschieden sich schließlich dafür, die zukünftige Käsereischule in Doren zu platzieren.
DIE EINRICHTUNG DER KÄSEREISCHULE IN DOREN
Der Ort lag nur vier Fußstunden von Bregenz entfernt am Eingang zum Bregenzerwald und beheimatete eine ausreichende Menge an Milchbauern. Die mit der Schule kombinierte Mustersennerei benötigte nämlich eine Tagesanlieferung von mindestens 2.000 Liter Milch pro Tag, damit jeweils zwei Laibe Emmentaler hergestellt werden konnten. Den Lieferanten wurde ein marktüblicher Milchpreis zugesagt, und als zusätzlicher Anreiz zur Qualitätssteigerung waren Sonderprämien für Sauberkeit, die Einhaltung der Molkereivorgaben und den Fettgehalt vorgesehen. Der Bauplatz wurde von der Gemeinde kostenfrei in der Ortsparzelle Huban zur Verfügung gestellt.
Im Frühjahr 1899 kam es zur Gründung eines Aufsichtsrats für die zu schaffende Institution. Ihm gehörten die beiden Wiener Käsegroßhändler, Jodok Fink, Willibald Winkler, Professor für Molkereiwesen und landwirtschaftliche Bakteriologie an der Hochschule für Bodenkultur in
Wien, und ein Ministerialrat an. Das Ministerium übernahm die gesamten Er- und Einrichtungskosten für die Käsereischule. Danach ging die Schule wie abgemacht in den Besitz des Landes Vorarlberg über, das in den Folgejahren für die statutenmäßige Führung verantwortlich war und eventuell entstehende finanzielle Defizite abzudecken hatte.
Für die Planung schlug Josef Wild den Wiener Architekten Arnold Heymann vor, der zwei Jahre zuvor das repräsentative Haus der Firma Gebrüder Wild am Neuen Markt in Wien, offensichtlich zur Zufriedenheit der Bauherren, geplant hatte. Die Bauaufsicht übernahm das Land, die Errichtung lag in den Händen bewährter lokaler Maurer- und Zimmermeister.
Am 8. Juni 1900 wurde die Grundsteinlegung in einem großen Festakt begangen, in welchem die Redner die Bedeutung der Schule für die gesamte österreichische Reichshälfte betonten. Bereits am 16. November gleichen Jahres begann der Schulbetrieb in der Landeskäsereischule. Als deren Direktor engagierte der Aufsichtsrat Michael Reinisch aus Graz. Der BOKUAbsolvent hatte zuvor die Institutsmolkerei der steirischen Landesackerbauschule Grottendorf geleitet. Hier in Doren war er für die Gesamtorganisation zuständig und unterrichtete weitgehend die theoretischen Fächer, welche die Schüler an den Nachmittagen zu besuchen hatten. Pro Jahrgang wurden zwölf Zöglinge – so die damalige Bezeichnung der Kursteilnehmer – aufgenommen, die im Schul- und Sennereigebäude verpflegt wurden und untergebracht waren. Die intensive praktische und theoretische Ausbildung dauerte elf Monate. Die Schlussprüfungen wurden jeweils in Anwesenheit einiger Aufsichtsratsmitglieder abgenommen. Ein Oberkäser leitete die Käserei, später wurde ihm noch ein Unterkäser zur Seite gestellt.
ALLES KÄSE: EIN ERZHERZOG IM BREGENZERWALD
Am 17. Juni 1901, der erste Jahrgang hatte zu dieser Zeit bereits zwei Drittel der Schulzeit absolviert, fand die feierliche Übergabe der Käsereischule an das Land Vorarlberg statt. Anwesend bei diesem Staatsakt waren Erzherzog Eugen, der Ackerbauminister, die Spitzen des Lan-
des Vorarlberg und die Mitglieder des Aufsichtsrats. Die Väter der Schule, Josef Wild, Sigmund Burkart und Jodok Fink, erhielten für ihren Einsatz „das Goldene Verdienstkreuz mit Krone“.
In den Folgejahren gelang es der Schule, den hohen Erwartungen durchaus gerecht zu werden. Die Absolventen waren gefragt, und einige Sennereien warben damit, dass bei ihnen ein Absolvent der Käsereischule für die Käseherstellung verantwortlich sei. 1904 gab es in Vorarlberg bereits zwölf Sennereien, in denen Emmentaler hergestellt wurde. Im übrigen Österreich lediglich zwei. Zudem war Direktor Reinisch ein gefragter Referent auf landwirtschaftlichen Tagungen, und die mehrmals wechselnden Oberkäser wurden vom Land verpflichtet, Käsereiinspektionen durchzuführen.
Im Frühjahr 1913 stellte das Land Josef Rupp I. als Oberkäser ein. Er hatte bereits im Winter 1906/07 die schweizerische Molkereifachschule in Rütti-Zollikofen bei Bern absolviert und in der Sennerei Schwarzenberg originalen Emmentaler produziert. Seit 1908 war er als selbstständiger Milchkäufer aktiv geworden, und nun übernahm er die Dorener Lehrkäserei „auf seine eigene Rechnung“, das hieß, die Käserei wurde ab 1. November 1913 an Josef Rupp verpachtet.
Der Erste Weltkrieg führte aus Personal- und Schülermangel zum Ende des Lehrinstituts. Die Landesregierung wollte sich nach 1918 nicht mehr wie vordem engagieren, Josef Rupp verfolgte eigene Pläne. So wurde die Käserei 1923 an die neu gegründete Käsereigenossenschaft Huban verkauft. Knapp hundert Jahre später erwarb Josef Rupp III. die sanierungsbedürftige Sennerei. Damit schließt sich ein Kreis – für Rupp und für die Käserei(schule) Doren-Huban.
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20 ALP #4
FOTOS
YOU TEXT NINI TSCHAVOLL
MATHIS UND NOËL BARZ MADE
MY HOLIDAY!
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Nebelhorn. Das Raxmassiv gehört zu den Wiener Hausbergen und liegt zwischen der Steiermark und Niederösterreich
Der in Wien lebende Schweizer Architekt Mathis Barz hat auf seinen Reisen durch die Welt ein Hightech-Alphorn dabei und spielt damit an den entlegensten Orten. Sehr zur Freude seiner zufälligen Zuhörer
Der Geburtstag im Jahr 2011 sollte für den Schweizer Mathis Barz, der in Wien ein Architekturbüro führt, unvergesslich bleiben, wenn auch nicht wegen eines ausufernden Festes. Seine Schwiegermutter in Wien hatte ihm einen Alphornkurs beim Steirischen Volksliedwerk in Graz geschenkt. Vom ersten Moment an war er vom Klang dieses Instruments fasziniert, das, wiewohl aus Holz, zu den Blechblasinstrumenten gezählt wird. Der Grund: Man bläst es wie eine Trompete oder Tuba über ein Kesselmundstück an, die Vibrationen der Lippen erzeugen die Töne.
Nach dem Kurswochenende kaufte sich Barz ein Alphorn zum Üben und fuhr damit sehr motiviert nach Wien zurück. Die ersten Versuche im Alleingang waren freilich ernüchternd. Ein ganzes Jahr verbrachte er damit, vier Töne zu spielen. Er konnte in der Stadt keinen Lehrer auftreiben und musste daher autodidaktisch vorgehen. „Das war zu Beginn schon frustrierend. Du hast keine Klappen, keine Züge, keine Ventile. Alles hängt von deinen Lippen ab“, schildert er seine ersten mühsamen Übungseinheiten. Schließlich fand er einen Hornisten, der ihm viel über Phrasierung und Intonation beibrachte. Heute spielt Barz mit einem zerlegbaren Alphorn aus Carbon, das ihm dank seines geringen Gewichts große Bewegungsfreiheit erlaubt.
Sein Hightech-Instrument ist – wie bei hölzernen Alphörnern in Österreich und Deutschland üblich – auf F gestimmt.
Schweizer stimmen das etwa vier Meter lange und vier Oktaven umfassende Instrument auf Ges. Dies macht ein Zusammenspiel der Alphornnationen schwierig bis unmöglich, wie Barz seit dem Versuch eines Duetts mit einer Alphorn spielenden Hüttenwirtin weiß. „Das funktionierte gar nicht“, lacht er.
DAS »SCHWEIZER HANDY« FÜR DIE ALP
Selbstverständlich ist er als Schweizer davon überzeugt, dass das Alphorn in seiner Heimat erfunden wurde. Allerdings gibt es ähnlich lange fingerlochlose Instrumente in vielen Kulturen, etwa bei den Maori in Neuseeland, aber auch in den Karpaten, in Polen oder in Skandinavien. Die erste schriftliche Erwähnung eines Alphorns in der Schweiz ist auf 1527 datiert, als im Rechnungsbuch eines Klosters „2 Batzen für einen Walliser mit Alphorn“ als Ausgang vermerkt wurden. Für welche Zwecke das Horn ursprünglich zum Einsatz gekommen ist, gilt als umstritten. Vom „Schweizer Handy“ sprechen manche scherzend, denn es wird angenommen, dass früher damit zwischen den Alphütten kommuniziert wurde. Bei gutem Wind kann man einen Ton aus dem Alphorn noch in zehn Kilometern Entfernung hören.
Dennoch erscheint es aufgrund der Länge des Instruments eher unwahrscheinlich, dass Alphörner als Kommunikationsmittel der Hirten auf den Alpen verwendet wurden. Auch ist inmitten der Berge eine
genaue Ortung der Schallquelle schon wegen des Echos so gut wie unmöglich. In den Notenbüchern für Alphornisten dürfen die „Kuhreihen“ trotzdem nicht fehlen. Diese Gattung von Hirtenliedern diente dazu, das Vieh von den Weiden zum Melken in die Ställe zu rufen. Neben dem Alphorn kam oft auch eine Schalmei, eine Art Flöte aus Holz oder Metall mit einem Mundstück aus Doppelrohrblatt (was sie zum Holzblasinstrument macht), oder eine Sackpfeife, auch Dudelsack genannt und ebenfalls ein Holzblasinstrument, zum Einsatz.
Melodien und Texte für Kuhreihen sind vor dem Jahr 1800 aus Regionen wie dem Emmental, dem Simmental oder dem Tal Entlebuch belegt. Meist enthalten sie den Ruf „Looba por aria!“ („Kühe, kommt zum Melken!“). Daran wurden die Namen der einzelnen Kühe angehängt. Doch bis ins 19. Jahrhundert verlor das Alphorn immer mehr an Bedeutung. Mit englischen Touristen, die es für ein Nationalsymbol der Eidgenossen ansahen, gewann es die Aufmerksamkeit zurück. Es passte als „typisch Schweiz“ so schön zu Käse, Schokolade, Heidi und einem Schweizer Offiziersmesser.
Das Alphorn ist ein archaisches Instrument: Verschiedene Töne werden nur durch eine minimale Lippenbewegung am Mundstück erzeugt. Eine Spielerin oder ein Spieler bringen sie durch die Spannung ihrer Lippen und einen variierenden Blasdruck hervor. Das lange Rohr fungiert als Lautsprecher. Die zwölf gut spielbaren Töne entstammen der Naturtonreihe. Damit sind dem Alphorn melodisch Grenzen gesetzt. Die Töne sind in einem mathematischen Verhältnis festgelegt, die Tiefen liegen weit auseinander, in der Höhe verringert sich der Abstand zwischen den Tönen. Für ein gelingendes Spiel ist jahrelanges Üben die Voraussetzung.
„Manchmal merke ich, dass ich große Fortschritte gemacht habe, und denke: So gut wie heute habe ich noch nie gespielt. Es gibt aber auch Tage, da klingt es gar nicht“, erzählt Mathis Barz. Spätberufene wie er sind unter den Alphornisten selten. In der Schweiz erlernen interessierte Jugendliche das Instrument bereits früh in Dorfgruppen, die es in vielen ländlichen Gemeinden gibt.
22 ALP #4
23 WINTER
Seehorn. Der Oeschinensee im Berner Oberland liegt auf einer Höhe von 1.578 Metern und gehört zu den größeren Bergseen der Schweiz
Mathis Barz hat sich schon früh für die Berge begeistert. Aus einer unsportlichen Familie stammend, begann er in seiner Jugend im Alleingang zu wandern. Später wurde daraus alpines Sportklettern auf immer längeren und anspruchsvolleren Touren. Besonders der harte Granit in den Schweizer Bergen hatte es ihm angetan: „Die Sicherungshaken sind meist weit auseinander, das hat mich immer gereizt. Ich mag es gern technisch schwierig.“ Der gebürtige Basler hatte damals das Gefühl, er könnte alles klettern. „Wir sind viel gereist, haben Wände wie Big Walls am El Cap im Yosemite-Nationalpark in den USA gemacht. Dabei waren wir drei oder vier Tage in der Wand. In drei Wochen sind wir dreimal hinauf, auch bei einem heftigen Sturm. Da mussten wir während der Nacht weiter, sonst wären wir in der Wand erfroren.“
Dann aber war es aus mit langen und schwierigen Klettertouren. Seit der Gründung einer Familie mit seiner Frau Irene und seinen Kindern Ronja und Noël unternimmt er lieber anspruchsvolle Bergwanderungen. Von Wien Ottakring aus ist es nicht weit bis ins Höllental, zur Rax, zum Hochschwab oder zum Dachstein. Er verbringt auch viel Zeit mit der Familie in einem gemütlichen Haus im niederösterreichischen Mariensee.
Bei den Wanderungen ist ein Alphorn immer dabei – aus Carbon. Das sogenannte AlpFlyingHorn lässt sich in zwölf Teile zerlegen, passt in einen Rucksack und wiegt nur 1,2 Kilogramm. Er hatte bei einer Recherche im Internet herausgefunden, dass eine Schweizer Firma ultraleichte, zusammenklappbare Alphörner herstellt, und gab eines in Auftrag. Dann hörte er monatelang nichts von seiner Bestellung. Der Erfinder des Carbon-Alphorns und Firmengründer Roger Zanetti, einst Mitglied der Schweizer Pantomimengruppe „Mummenschanz“, war unerwartet verstorben. Schließlich meldete sich eine Dame und versprach die baldige Lieferung: Zanettis Familie hatte den Betrieb übernommen.
MIT DEM ALPHORN DURCH
DIE GANZE WELT
Auch auf Reisen nimmt Mathis Barz sein leichtes Carbon-Alphorn meist mit: Ob in Bali oder am Peilstein, ob am Fuße der Eiger-Nordwand, auf der Insel Silba in Kroatien oder auch mitten im Großen Walsertal, immer ist das hochwertige Schweizer Präzisionsinstrument im Schulterbeutel dabei, um gespielt zu werden. Am liebsten tönt Barz damit in ein Tal hinein oder über einen See, der von Felswänden umringt ist. Dabei liegt das Horn schwimmend auf der Wasseroberfläche, denn so geht der Klang über den ganzen See bis ans andere Ufer.
Barz schwärmt vom Echo am Almsee und von jenem am Toplitzsee, auf dem er einmal mit einer Plätten fuhr und spielte: „Das klang wie in einer gewaltigen Naturkathedrale, fantastisch. Wenn ich in den Bergen spiele, kommen sehr oft Menschen den Hang herauf oder über die Wiese und bedanken sich. Fast immer reichen sie mir die Hand und fassen sich dabei intuitiv ans Herz. Das Alphorn trifft einen ganz tief drin. Es geht dabei nicht nur um die Unterhaltung. Man spürt und kann beobachten, dass die Menschen emotional ergriffen sind. Eine Frau saß einmal ganz lange auf einem Felsen und hörte mir zu. Danach ist sie zu mir gekommen und sagte: „You made my holiday!“ In Vietnam habe ich einmal kurz vor Einbruch der Dunkelheit auf einem einsamen Reisfeld gespielt. Eine sehr alte Frau hat mich dabei beobachtet. Als ich fertig war, kam sie auf mich zu, öffnete ihren Korb und schenkte mir wortlos eine Lotusblume. Am Bachalpsee bei Grindelwald in der Schweiz spielte ich letzten Sommer mit einem japanischen Firmentycoon ein Duett mit Holzflöte und Alphorn. Anschließend haben sie mich zu einer japanischen Teezeremonie am See eingeladen. Das sind unvergessliche Erlebnisse.“
Vergangenes Jahr wurde der Architekt zu einer Exkursion in die weißen Marmorbrüche von Carrara in Italien eingeladen. Das Alphorn im Gepäck sorgte dort für Furore. Vom spontanen Konzert in der gigantischen Marmorhalle tief im Berginneren waren Besucher wie Werksarbeiter begeistert.
Auch Vorarlberg hat Mathis Barz schon bespielt. Während eines Reha-Aufenthalts in Schruns hielt es ihn nicht lange im Tal, denn Bewegung ist seine Medizin. Bereits am ersten Wochenende wanderte er durch den Schnee zur Lindauer Hütte hinauf, um dort einige Stücke zu spielen. Japanische Touristen staunten vor der Hütte und dann wieder, als sie ihn später kichernd überholten, der im Schneckentempo gelenkschonend ins Tal hinunterrodelte. Während des alljährlichen Familien-Winterurlaubs auf der Garmilhütte im Großen Walsertal stapft er allmorgendlich noch bei Dunkelheit auf einen nahegelegenen Gipfel hinauf, um zum Sonnenaufgang das Tal mit Klang zu erfüllen und den Tag zu begrüßen.
Barz sucht seine Spielorte sorgsam aus, da sich der Klang des Instruments nicht überall optimal entfaltet. So findet er manchmal außergewöhnliche Echoplätze, wie die Bürserschlucht bei Bludenz, den SilvrettaStausee, Gaschurn oder die Sopra-Alp am Fuße der Sulzfluh. Ganz oben auf seiner Echoort-Wunschliste steht ein stillgelegtes unterirdisches Treibstofflager in den schottischen Highlands. „Ein Akustiktest in der 200 Meter langen Tunnelanlage von Inchindown ergab ein Echo von einer Minute und 52 Sekunden. Das ist Weltrekord! Der Nachhall im Taj Mahal beträgt im Vergleich nur rund zwanzig Sekunden.“ Er spielt auch gern in Kirchen: „Orgel und Alphorn bilden eine spannende Kombination, weil die Orgel vermutlich das komplizierteste und komplexeste Instrument überhaupt und Alphorn das simpelste ist – quasi die Antithese zur Orgel. Trotzdem passen die beiden Instrumente klanglich sehr gut zusammen.“
Ein Projekt bereitet dem Ästheten Barz ein besonderes Vergnügen. Er hält viele seiner Reisen und Touren fotografisch fest: „Früher haben meine Kinder fotografiert, inzwischen mache ich die Fotos mittels Stativ und Fernauslöser selbst.“ Seine Alphornabenteuer rund um die Welt sowie die spektakulären, witzigen und mitunter kuriosen Bilder sind auf seiner Website und seinem Instagram-Account zu sehen: Follow #alpthehorn www.alphorn.cc
24 ALP #4 WIE ES ZUM »ALPFLYINGHORN« KAM
25 WINTER
Nasshorn. Das Alpsteingebiet mit dem See liegt im Kanton Appenzell
26 ALP #4
27 WINTER
Felshorn. Im Gletschertor vom Großen Gosaugletscher
28 ALP #4
29 WINTER
Weißhorn. Alphornklänge im weißen Marmorsteinbruch von Carrara
30 ALP #4
31 WINTER Schneehorn. Mittags auf der Alp unter der Wandfluh im Gemeindegebiet Sonntag-Stein im Großen Walsertal
STARK WIE EIN TRAKTOR
VON IRMGARD KRAMER
FOTOS VON ADOLF BEREUTER
32 ALP #4
33 WINTER
Forstarbeit mit Norikern. Dietmar Kempf mit seinen Pferden im Winterwald
Foto: Adolf Bereuter
34 ALP #4 Die Pferde kommen vor allem bei der Durchforstung und der Pflege junger Wälder zum Einsatz Foto: Adolf Bereuter
Sie
haben zusammen zwei PS, leisten aber im Forst mindestens so viel wie eine Maschine:
Die Pferde von Dietmar Kempf in Andelsbuch
Starker Regen prasselt auf das Dach eines alten Bauernhauses in Andelsbuch. Es ist das einzige Haus weit und breit. Zwischen Dorf und Stausee liegt es einsam in der Talsenke und doch nah am Dorfkern. In einem dunklen Teich schwimmen Forellen und Saiblinge. Die Haustür öffnet sich. Ein schlanker Mann im Wollpullover kommt heraus. Um seine Beine springt ein Hund. In Holzfellschuhen, sogenannten Hölzlern, stapft der Mann über den aufgeweichten Boden zu einem Unterstand. Zwei Pferde, ein Noriker und ein süddeutsches Kaltblut, recken ihre Köpfe. Schneeweiße Mähnen über einem glänzenden Fell. Die Pferde schnauben, blubbern, blasen an, blähen ihre Nüstern und freuen sich auf ihren Herrn.
Er heißt Dietmar Kempf. Mit seinen ein Meter neunzig reicht er gerade an den Hals seines Hengstes Timo. Der wiegt stattliche 900 Kilo. Neben ihm scharrt Simi – etwas kleiner, zarter und wendiger. Mann und Pferde strotzen vor Kraft. Sie verstehen einander, ohne die gleiche Sprache zu sprechen, und fühlen immer, wie es dem anderen geht. Sie brauchen sich gegenseitig, verbringen viel Zeit gemeinsam und können sich aufeinander verlassen. Vor allem, wenn sie miteinander arbeiten. Und Arbeit haben sie genug.
WIE EIN FORSTARBEITER AUF
DIE PFERDE KAM
Dietmar Kempf ist Fuhrmann und Forstarbeiter. Zehn Jahre lang fuhr er für eine Holzfirma aus Au mit schwerem Gerät und Megatraktoren in den Wald, um gefällte Baumstämme an Seilwinden aus dem Dickicht zu ziehen. Im Winter walzte er mit Pistenraupen Skipisten in Mellau und Damüls. Dann wurde er krank, lag im Spital, hatte plötzlich viel Zeit, nachzudenken, und fragte sich, was ihm wirklich wichtig ist.
Mit Tieren verband ihn immer schon ein besonderes Naheverhältnis. Schon als Kleinkind fand man ihn in Nachbars Stall, weil es dort ein paar Tiere mehr gab. Mit sieben verbrachte er seinen ersten Sommer auf der Alp – war erst Pfister, später dann Hirte. Mit achtzehn kaufte er sich einen Haflinger, spannte das Pferd ein und transportierte mit ihm Brennholz auf einem Schlitten. Viel Arbeit im Holz und besonders im Ausland bedeutete immer weniger Zeit für den Haflinger – so musste er ihn schweren Herzens weggeben. Abstellen ließ sich die Tierliebe trotzdem nie. So beschloss Dietmar im Krankenhaus, seiner Leidenschaft zu folgen: Er machte sich selbstständig, kaufte zwei Kaltblüter namens Fuchs und Max – dunkle Pferde mit weißen Mähnen – und holte sich von einem erfahrenen Fuhrmann Rat. Dann ging es los.
Anfangs lief alles gut. Aber Fuchs wurde krank und musste eingeschläfert werden. Timo rückte an seine Stelle. Während der Arbeit waren Timo und Max sanftmütig und hochkonzentriert, aber im Stall ging es zur Sache: Sie bissen und schlugen einander, fügten sich gegenseitig mit den Stolleneisen tiefe Narben zu und trugen brutale Machtkämpfe aus, bei denen sie
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sich fast umbrachten. Zwei Alphatiere waren eines zu viel. Dietmar blieb nichts anderes übrig, als Max zu verkaufen. An seine Stelle trat Simi. Der verstand sich sofort mit Timo. Die beiden harmonieren gut, können eng nebeneinander leben und arbeiten. Dietmar kauft seine Pferde zweijährig und „roh“, wenn sie noch nichts gelernt haben. So kann er sie ausbilden, wie er es braucht. Mit dem Kennenlernen lässt er sich viel Zeit. Bevor er ihnen zum ersten Mal das Zaumzeug anlegt, macht er sich mit ihnen vertraut. Jeder Hengst verhält sich anders – während der eine sofort auf einen Befehl reagiert, verlangt der andere nach Geduld. Davon scheint Dietmar viel zu haben. Schließlich spannt er die Hengste zusammen und führt sie zum ersten Mal gemeinsam in den Wald. Im Idealfall lernt der Jüngere vom Älteren.
ZWEI PFERDE STATT
MASCHINEN IM HOLZ
Es ist Herbst. Hochsaison. Abends macht Dietmar seinen Geländewagen mit dem Anhänger bereit. Sofort wissen die Pferde, dass es am nächsten Tag ins Holz geht. Endlich! Vier Uhr früh. Dietmar hat sich nur um wenige Minuten verspätet, doch die beiden klopfen schon ungeduldig mit den Hufen gegen die Stalltür. Sie warten auf Hafer. Zum Fressen brauchen sie viel Zeit. Unterdessen springt Fly, der Hund, über den Hof und kann es kaum erwarten.
Die Fütterung ist anspruchsvoll. Pferde sind schlechte Energieverwerter. Wenn sie zu wenig arbeiten und zu viel Hafer fressen, übersäuern ihre Muskeln schnell. Sie gehen zu Boden, kommen nicht mehr hoch und bleiben gelähmt liegen: Der gefürchtete Kreuzschlag. An dem ging wahrscheinlich auch Fuchs zugrunde. Oder an einer vermehrt auftretenden degenerativen Muskelerkrankung namens PSSM, von der
laut einer Studie in Österreich jeder dritte Noriker betroffen sein soll. Nach dem Fressen lädt Dietmar die Rösser auf den Anhänger und fährt mit ihnen ins Rheintal oder ins Oberland, nach Dornbirn, nach Bürs, Nüziders oder sonst wohin. Nur das Gelände der Wälder im Bregenzerwald eignet sich nicht so gut: Schnell wird es zu hoch oder zu steil. Die Pferde werden vor allem für die Durchforstung und Pflege junger Wälder geholt. Die Förster sortieren die kranken zwanzig- bis dreißigjährigen Bäume aus, damit die gesunden mehr Platz zum Wachsen bekommen.
Die Pferde sind wendiger, kommen besser durch den Wald als Traktoren und schonen den Boden. Trotzdem wird ihre Arbeit noch von vielen unterschätzt. Förster, die zum ersten Mal erleben, was für gewaltige Holzmengen Dietmar mit seinen Pferden in einem Tag bewältigen kann, staunen. Bei idealem Gelände, wenn es leicht abwärts geht, bewegen sie fast gleich viel Holz wie Maschinen.
„Hott!“ und „Wist!“ schallt es durch den Wald. Die Befehle für rechts und links. Timo und Simi folgen Dietmars Anweisungen aufs Wort. Sie reagieren auf seine Stimme, seine Körpersprache, auf Mimik und Gestik. Er muss sich hundertprozentig auf die Tiere verlassen können. Sein Leben hängt daran. Hängt er schwere Holzstämme mit einer Kette zusammen, könnte ein Schritt der Rösser in die falsche Richtung den Verlust seiner Hand oder Schlimmeres bedeuten.
IM SOMMER MIT ALLEN TIEREN AUF DER ALP
Mittags machen sie eine Stunde Pause. Die Pferde bekommen Heu und Wasser. Keines legt sich hin. Das tun nur Fohlen während der Nacht. Pferde schlafen in kurzen, über
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den Tag verteilten Intervallen, wobei der längste Schlafzyklus nur fünfzehn Minuten dauert. Werden sie älter, legen sie sich gar nicht mehr hin. Dass sie nicht umfallen, verdanken sie der speziellen Anordnung ihrer Bänder und Sehnen, die sie verschließen können. Evolutionär gesehen eine gute Idee: Pferde sind Fluchttiere und können im Notfall davonlaufen, ohne vorher aufstehen zu müssen.
Dietmar braucht die Natur. In einem Büro an einem Schreibtisch sitzen? Absolut unvorstellbar. Am Wochenende spazieren oder auf einen Berg wandern? Einfach so? Ohne Grund? Warum sollte er das tun? Er ist ohnehin immer im Wald. Dieser verändert sich. Dürre. Hitze. Überschwemmungen. Stürme. Borkenkäfer wüten. Eschen sterben. Der Forstarbeiter hofft, dass sich die Natur den neuen Bedingungen anpassen wird. Er trägt seinen Teil dazu bei. Reich wird er nicht von seiner Arbeit. Aber die nächste Generation wird davon profitieren, dass er schonend geforstet hat.
Ein Arbeitstag geht zu Ende. Ein letzter Rundgang um den Hof und zum Fischteich, wo er für Gastwirte Fische züchtet. Im Stall ist es bettwarm. Es riecht angenehm. Das Radio dudelt. Auch die anderen Tiere sollen ihren Spaß haben und sich
nicht allein fühlen, wenn er mit den Rössern unterwegs ist. Dreizehn neugeborene Geißen springen herum. Acht weitere sollen in den nächsten Tagen zur Welt kommen. Noch brauchen die Kleinen die Milch selbst, aber dann möchte Dietmar selbst Geißkäse produzieren. Und bald soll es auch Käse von seinen Jersey-Rindern geben. Mit vier Kälbern, die zur ältesten Rinderrasse der Welt gehören, fängt er an. Sie gehören zu den kleinsten und leichtesten Hausrindern und geben Milch mit sehr hohem Fettgehalt.
Im Sommer trifft man Dietmar mit seiner Lebensgefährtin Cathi auf der Alp Els am Muttersberg. Er ist zuständig für die Tiere auf der Weide und im Stall. Cathi, eine Volksschullehrerin, sorgt sich um das Wohl der Gäste.
Dietmar nimmt dorthin alle mit: seine Rösser, den Hund, die zwanzig Hühner, die dreißig Geißen und die vier Kälber. Zurück bleiben nur die drei Katzen.
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Pferde sind wendiger als Maschinen, kommen besser durch den Wald als Traktoren und schonen den Boden
Foto: Adolf Bereuter
DER
BEGEGNUNGEN
WIN
ALP #4
Viele Alpen wie etwa die Weitenbergalm in Südtirol sind im Winter geschlossen. Dort nistet sich die Wintersennerin ein. Andere, wie die Geisleralm im Südtiroler Naturpark Puez-Geisler, werden auch bei Schnee bewirtschaftet
VONSOPHIEHANAK
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TERSENNERIN
K
Foto: pivat WINTER
Der Schnee knirscht unter den schweren Stiefeln. Bei minus 25 Grad weht der Wind eisig ins Gesicht. Die Bäume scheinen wie erstarrt unter der Schneelast. Schneeverwehungen erschweren den Aufstieg. Bei der Ankunft auf der Alp ist es schon finster geworden. Dicke Schneewechten liegen am Dach des Hauses. Um in die Alphütte hineinzukommen, muss der Eingang mühsam vom meterhohen Schnee freigeschaufelt werden. Ist das geschafft und die Tür geöffnet, schlägt einem die eisige Luft der Hütte entgegen, auch steigt ein vertrauter Geruch in die Nase. Gleich wird in Herd und Kachelofen Feuer gemacht. Nach einer kalten Nacht muss nach Sonnenaufgang wieder Schnee geschaufelt werden. Schneeschuhe helfen bei der mühsamen Arbeit.
DIE WINTERSENNERIN MIT DEM SCHWEINSRÜSSEL
Die Winter auf einer Alp sind sehr anstrengend, mit viel Arbeit verbunden und können mitunter auch sehr gefährlich sein: Lawinen! Ursprünglich sollte eine Alp dazu dienen, die Bauern im Tal zu entlasten und Lebensmittel wie etwa Käse für das Winterhalbjahr vorzubereiten. Auf einer Alp auch im Winter zu leben, daran
dachten früher nur die wenigsten, vielleicht aus Furcht, der Wintersennerin über den Weg zu laufen. Ein Fabelwesen, das als „großes, starkes Weib“ oder als „schmutzige kleine Hexe“ beschrieben wird, mit grauem Gewand, einem Schweinsrüssel im Gesicht und langen Ohren.
Wenn Kühe und Senner nach dem Abtrieb die Alp schon längst verlassen haben, spätestens am Martinstag, dem 11. November, zieht mancherorts in die Alphütten die „Winterbrentlerin“ ein, wie die Wintersennerin im Süden Österreichs genannt wird. Den Sommer hindurch hat sich das geheimnisvolle Wesen versteckt gehalten.
Um ihre Gestalt ranken sich viele Legenden. So sollten Senner, wenn sie die Alp verlassen, Käse, Milch und Brot für die Wintermonate zurücklassen, denn dann wird die Wintersennerin im nächsten Frühjahr dafür sorgen, dass das Weidevieh den Weg vom Tal auf die Alp unbeschadet übersteht. Einmal ist einem Wanderer die Winterbrentlerin erschienen, als dieser im Spätherbst aus Not in einer Alp übernachten musste. Der Wanderer war zunächst sehr erschrocken, bekam jedoch von der
Wintersennerin wohlschmeckende Krapfen aufgetischt. Als er die Hütte wieder verließ, nahm er heimlich einen Krapfen mit. Doch als er ihn auf seinem Weg ins Tal essen wollte, hatte der sich in Spinnweben verwandelt.
Heute glauben nur noch wenige Menschen an solche Legenden. Sie trauen sich auch im Winter auf die Alp hinauf, meistens, um diese für touristische Zwecke zu nutzen. War es einst fast unmöglich, einen Winter auf der Alp zu überstehen, erleichtern uns heute praktische Geräte auch das höhere Leben im Winter. Viele Hütten sind mit einem Fahrzeug erreichbar, außerdem gibt es oben Strom.
Ohne diese Erschließungsmaßnahmen könnten Alpen und ihre Hütten nicht mehr bestehen. In den letzten Jahrzehnten hat die Bedeutung der Alpwirtschaft in vielen Regionen abgenommen. Wenn eine Alp nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter für Wanderer, Tourengeher oder Schneeschuhwanderer Bewirtung und Unterkunft bereitstellt, trägt sie dazu bei, dass die Alpwirtschaft nicht vollends untergeht.
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Foto: Florian Meister
Heute wäre die Wintersennerin wohl mit Ski auf den Alpen unterwegs
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Foto: Florian Meister Die Hütte Die Weitenbergalm in den südlichen Zillertaler Alpen in Südtirol
Weitenbergalm in Südtirol
Eine Alp, die der Wintersennerin noch einen Unterschlupf bieten kann, ist die Weitenbergealm. Sie liegt in Südtirol oberhalb von Pfunders auf 1.950 Meter Seehöhe in einem sehr abgelegenen Tal in den Zillertaler Alpen, von einer markanten Berggruppe umgeben. Hier leben nur wenige Menschen – im Unterschied zum Nebental, in dem unter anderen die Brixnerhütte liegt.
In den zwei Steingebäuden der Weitenbergalm finden sich eine Gaststube, eine Käserei, ein Melkstall und Zimmer für die Belegschaft. Vorbeikommenden Wanderern werden Produkte aus eigener Produktion serviert. „Ich hatte schon immer große Lust, in den Bergen zu arbeiten“, sagt Florian Meister. „Das erste Mal habe ich gleich nach dem Studium auf einer Berghütte gearbeitet. Auch später, während meiner Karriere als Banker, hat mich der Gedanke, in den Bergen zu sein, nie losgelassen.“
Der ehemalige Investmentbanker ist heute als Managing Director in einer Firma tätig, die sich ausschließlich auf Entwicklungsfinanzierung konzentriert und Geld für positive Veränderungen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereitstellt. „Im Jahr 2004 hatte ich die Gelegenheit, auf der Weitenbergalm mitzuhelfen. Das hat mir sehr großen Spaß gemacht.“ Dann ergab sich eines Tages die Möglichkeit, die Weitenbergalm zu pachten. „Seit 2007 führe ich nun die Alp hauptverantwortlich mit einem motivierten Team weiter.“
Die Weitenbergalm ist rund neunzig Tage lang offen, von Mitte Juni bis Mitte September. Im Winter hat sie geschlossen. Florian Meister kann sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen in der Investmentfirma gut absprechen und findet somit ausreichend Zeit für die Alp. „Hin und wieder kommt es vor, dass ich während meiner Zeit auf der Alp mit dem Computer im Internet arbeiten muss. Früher war dies aufgrund der Abgeschiedenheit kaum möglich. Heute entferne ich mich nur etwa 200 Meter von der Alphütte und habe Internetempfang“, lacht Meister.
DAS LEBEN AUF DER WEITENBERGALM
Auch auf der Weitenbergalm ist die Veränderung des Klimas zu spüren. In den letzten Jahren wurde beobachtet, dass der Winter immer später kam und schwächer ausfiel. „Natürlich gibt es auch im Sommer immer wieder Kälteeinbrüche, aber der Dauerschnee des Winters kommt immer später und bleibt kürzer liegen. Für den Fall eines Kälteeinbruchs im Juli oder August haben wir auf der Alp einen kleinen Heuvorrat“. Schwieriger ist es für die Kälber. Die Sennen müssen bei Kälteeinbrüchen stets darauf achten, die Tiere rechtzeitig von den höheren Lagen herunter zur Alphütte zu holen. „Auf der Suche nach Gras haben Kühe ja prinzipiell die Tendenz, in die Höhe zu laufen, und das kann gefährlich werden, wenn das Gras durch den Schnee rutschig wird“, erklärt der Alppächter Meister.
Im Sommer grasen rund um die Weitenbergalm Milchkühe, Galtvieh, also junge Kühe, die noch nicht gekalbt haben, und Rinder. Sie werden von einem Hirten betreut, der in einer Hütte weiter oben auf dem Gelände der Alp wohnt.
„Am Anfang des Sommers weiden die Kälber unterhalb von unserer Alp auf 1.700 bis 2.000 Metern“, erklärt Meister. „Mitte Sommer werden sie an uns vorbeigetrieben auf etwa 2.200 Meter, und Anfang August sind sie dann auf den oberen Weiden, die bis 2.500 Meter Seehöhe hinaufreichen. Ab Mitte August bringen wir das Vieh dann weiter herunter. Das ist sehr wichtig, denn da besteht schon die Gefahr eines Wintereinbruchs. Im
September schließlich sind die Kälber auf unseren Wiesen nahe der Alp.“ Nach und nach wird es kälter, die Qualität des Futters lässt nach. Spätestens Anfang Oktober sind die Kälber wieder zurück im Tal. „Der Alpabtrieb wird natürlich von Menschen eingeleitet, aber auch die Tiere haben da einen recht guten Instinkt. Viele kennen das dann schon. Es spricht sich in der Herde herum, dass es talwärts geht.“
Im Herbst beginnt die Vorbereitung auf den Winter. So werden die Dachrinnen abmontiert, da sie die Schneelast am Hüttendach nicht aushalten würden. Wenn alle im Tal sind, kommt der Alpmeister noch einmal herauf und lässt das Wasser aus, damit es nicht in den Rohren gefriert. Er schaltet das Wasserkraftwerk ab und verschließt die Läden.
Im Winter ist auf der Weitenbergalm Ruhe. Nur wenige Schneeschuhwanderer oder Tourengeher verirren sich in die Gegend. „Der Weg durch die Klamm, die den Zugang zur Weitenbergalm bildet, ist nicht ganz ungefährlich. Wegen der Lawinen trauen sich nur ganz wenige Menschen in diesen Talabschnitt“, sagt Meister. Zu denen, die sich trauen, gehört der Jagdaufseher. Er kann die Lawinengefahr gut abschätzen und geht regelmäßig hinauf. Die Ruhe von den Menschen tut dem Wild, Hirschen, Rehen und Murmeltieren, gut. „Wir haben etwa beobachtet, dass Turmfalken vor unserem Wiederkommen im Frühsommer im Dachstuhl unseres Stalls gebrütet haben. Außerdem leben hier nun wieder Adler und Bartgeier. Dieser war in der Gegend schon ausgestorben, hat sich nun aber wieder angesiedelt.“
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AUF DER
DIE WINTERSENNERIN
WEITENBERGALM
Foto: pivat
Florian Meister, hier im Spätherbst mit Besuchern vor der Hütte, führt die Weitenbergalm seit 2007 hauptverantwortlich
Die Geislergruppe mit Wasserkofel, Odla di Valdussa, Furchetta, Sass Rigais, Mittagsscharte und Großer Fermeda (v. l. n. r.)
Geisleralm in Südtirol
43 WINTER
Foto: IDM Südtirol/Dietmar Denger
44 ALP #4 Foto: IDM Südtirol/Dietmar Denger ,,Ich liebe den Winter sehr, besonders das Glitzern des Schnees. Und den Sonnenaufgang zu beobachten.“ Gerhard Runggatscher, Eigentümer der Geisleralm
STILLE WINTER AUF DER GEISLERALM IN SÜDTIROL
Alpen, die auch im Winter geöffnet haben, sind mehr oder weniger auf den Wintertourismus spezialisiert. So auch die Geisleralm auf 1.996 Meter Seehöhe im Villnösser Tal mitten im Naturpark Puez-Geisler in Südtirol. „Begonnen haben wir im Jahr 1988“, erzählt Gerhard Runggatscher, Eigentümer der Alp. „Damals haben wir unsere eigene Alp umgebaut und eine kleine Jausenstation eröffnet. Wir wollten Produkte wie etwa Fleisch und Gemüse, die wir am Hof produzieren, auch auf der Alp verkaufen. Im Laufe der Jahre sind immer mehr Menschen zu uns heraufgekommen, es hat sich ein Tourismus entwickelt.“
Rund zwanzig Jahre später wurde 2006 erneut umgebaut. Aus dem Holz der alten Hütte entstand eine neue im Südtiroler Stil. Seither hat die Geisleralm auch im Winter geöffnet. Zwar gibt es in der Nähe kein Skigebiet, dafür aber ausreichend Wandermöglichkeiten. Schneeschuhwandern und Tourengehen sind hier sehr beliebt. „Auch im Winter wollen die Menschen, die hierherkommen, vor allem die Ruhe in der Natur genießen“, erklärt Runggatscher.
„Uns ist es sehr wichtig, Einheimischen wie Gästen diese Stille zu bieten. Unsere Alp liegt sehr abgeschieden, das macht es möglich, den Winter und die Natur ungestört zu erleben. Damit haben wir tatsächlich eine Marktlücke getroffen. Zu uns kommen die Menschen, die noch die reine Natur genießen möchten, abseits
vom Trubel der Skigebiete. Viele suchen die Abgeschiedenheit, und genau das können wir hier bieten. Tatsächlich hat all dies dazu geführt, dass wir hier heroben nun im Winter auch schon recht viel zu tun haben“, lacht Runggatscher.
Das kulinarische Angebot wird auch im Winter mit Produkten vom Hof der Familie Runggatscher ständig erweitert. Es kommen auch vermehrt Waren von den Bauern aus der Umgebung hinzu. Das folgt dem Trend zu regionalen Lebensmitteln. Im Naturpark Puez-Geisler hält man Schafrassen, die es nur in diesem Tal gibt, wie etwa das Brillenschaf. Es bezieht seinen Namen von der markanten Zeichnung um die Augen. Diese Schafe werden in einem Gebiet gehalten, das den Kontakt zu anderen Schafrassen verhindert. So will man eine Vermischung vermeiden. Neben dem Brillenschaf ist auch das graue Geisler Rind eine endemische Rasse. Es stammt ausschließlich vom Grauvieh ab, kommt nur in dieser Region vor und wird heute wieder gezüchtet.
KLIMAWANDEL AUF DER GEISLERALM
„Natürlich haben auch wir in den letzten Jahren die klimatische Veränderung im Winter zu spüren bekommen“, sagt Runggatscher. „In den letzten dreißig Jahren sind die Schneemengen und ist vor allem die Länge der schneereichen Perioden zurückgegangen. Es schneit einfach nicht mehr so häufig wie früher. Die Perioden mit Regen können wie auch die Sonnenperioden sehr lang sein. Es ist wirklich ganz anders als früher. Viel trockener –
und wenn es regnet, dauert der Regenguss viel länger und ist stärker. Im vorletzten Winter hatten wir auf der Alp über drei Meter Schnee, es blieb aber alles im Rahmen. Für uns sind große Schneemengen überhaupt kein Problem!“
Die Geisleralm ist von Weihnachten bis Ende März geöffnet. Danach nimmt die Nachfrage, sprich die Zahl der Wanderlustigen, ab und steigt erst wieder mit den warmen Monaten an. Auch wenn nun im Winter auf der Alp schon viel los ist, bleibt der Sommer die Hauptsaison für Touristen. „Ich selbst bin ein stiller Genießer“, lächelt Gerhard Runggatscher, „und liebe den Winter sehr, besonders das Glitzern des Schnees. Gern gehe ich Schneeschuhwandern. Ganz besonders liebe ich es, den Sonnenaufgang zu beobachten. Das sind unbezahlbare Momente.“
Alpwirtschaft, auch wenn sie zunehmend touristische Bedeutung erlangt, bedeutet selbst auch heute noch und gerade zur Winterszeit vor allem eines: Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen oder Muren. Wird eine Hangwiese nicht beweidet und steht daher dort das Gras hoch, wird der Hang im Winter rutschig. An Steilhängen droht dann die Gefahr von Gleitschneelawinen (mehr zu Lawinen ab Seite 68). Auf der Geisleralm, die rund ums Jahr betreut wird, kann man freilich die andere, die schöne Seite der Natur genießen. Selbst im Winter.
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Foto: IDM Südtirol/Dietmar Denger
Die Geisleralm ist Anziehungspunkt für Wintersportbegeisterte
RUCKSACK HERING IM
Im Winter sind die Alpen verschneit, Zeit für den Skilauf. Was einst Heringe damit zu tun hatten und wie sich das Skifahren in Vorarlberg entwickelte, hier wird es erzählt
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VON GEORG SUTTERLÜTY
Foto:
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Vorarlberger Landesbibliothek
Lech am Arlberg: Sessellift am Kriegerhorn mit Karhorn und Biberkopf
Am Anfang war das Wort – und ein Paar Ski. Der Warther Dorfpfarrer blätterte sich an einem eisigkalten Winterabend gerade durch den „Deutschen Hausschatz“, eine katholische Ratgeberzeitschrift, als er auf ein Inserat mit einer Abbildung stieß, die seine Neugierde weckte. Es zeigte einen Skiläufer im hohen Norden, der sich mit zwei Holzlatten unter den Füßen in einer tief verschneiten Hügellandschaft fortbewegte. Das wäre doch was für hier, dachte sich der Geistliche. Seit Tagen war er eingesperrt in dieser Berggemeinde, metertiefe Schneehänge ließen das abgeschiedene Dorf in einen Winterschlaf versinken. Doch mit diesen zwei Latten müsste es ihm gelingen, der Natur ein Schnippchen zu schlagen. Er las weiter, die sonderbaren Dinger wurden Ski genannt. Er gab eine Bestellung auf, legte dieser auch gleich das Geld bei, und es dauerte keine zwei Wochen, bis der Postbote mit einem Paket an die Tür klopfte.
Johann Müller war einer der Ersten in Vorarlberg, der mit dem Skifahren experimentierte. Seine Erzählung geht auf die frühen 1890er-Jahre zurück. Allerdings soll vor ihm schon der Skipionier Viktor Sohm aus Bregenz die ersten Schwünge auf „Brettern“ ausprobiert haben. Sein Bruder hatte bereits in den 1880er-Jahren Ski erworben, aber nicht recht gewusst, wie mit ihnen umzugehen sei. Sie waren daher rasch im Giebel des Hauses verstaut worden, wo sie der jüngere Bruder später wieder ausgraben und entstauben sollte. Er ging auf den Gebhardsberg, schnallte sich die Ski an und – ho ruck – schon ging’s talwärts.
Es wird erzählt, dass sein Abenteuer ein rasches Ende fand. Wie bei Pionierfahrten so üblich, verlor der Draufgänger einmal die Kontrolle über die Bretter und stieß gleich zwei spazieren gehende Frauen nieder. Er entschuldigte sich höflich, doch eine von den Damen war die Gattin des Bürgermeisters, der wiederum Vater und Sohn ins Amt zitierte. Die Ski landeten hierauf wieder auf dem Dachboden.
Der moderne Skilauf hat seinen Ursprung in Norwegen. Da galten Ski schon länger als verkehrstaugliche Mittel, um im Winter größere Wegstrecken zurückzulegen. In Österreich war es Mathias Zdarsky, der auf die tollkühne Idee kam, den Skilauf nordischer Prägung auch im steilen alpinen Ge-
lände auszuprobieren. Er war beeindruckt von Fridtjof Nansens Expeditionsbericht „Auf Schneeschuhen durch Grönland“, der 1891 auf Deutsch erschienen war, und ließ sich sogleich nordische Bretter in seine Heimat Lilienfeld schicken. Allerdings: Mit diesen ließen sich die steilen alpinen Hänge nur schwer bezwingen. Er kürzte die Latten auf gut zwei Meter und tüftelte an der Bindung, die seiner Ansicht nach dem Schuh – vor allem seitwärts –zu wenig Halt gab. 1896 meldete er die „Lilienfeld-Stahlsohlenbindung“ zum Patent an, und ein Jahr später gab er ein Lehrbuch mit dem Titel „Alpine SkifahrTechnik“ heraus. Sein Credo: Weg von der Telemarktechnik sowie reiner Schussabfahrt hin zum Stemmschwung und zur Einstocktechnik. Ein erster Eckpfeiler der österreichischen Skischule war hiermit geschaffen.
Müller konnte von den ersten skitechnischen Hinweisen Zdarskys noch nichts wissen. Er musste selbst schauen, wie er die schneereichen Hänge am Tannberg skifahrerisch meistern würde. Später berichtete er, er habe anfangs geglaubt, die Technik sei ähnlich wie beim Schlittschuhlauf, er würde am besten einen Schritt nach dem anderen in den tiefen Schnee setzen. Kein Wunder, dass er da gleich mit einem Purzelbaum in der weißen Pracht verschwand. Auch verriet er, er fürchtete das Gespött der Dorfbewohner, das diese seltsame, noch unbekannte Art der Fortbewegung im Schnee – zudem bei Eis und Kälte –hervorrufen würde. Anfangs wagte er sich für Übungszwecke nur nachts aus dem Haus. Als er dann glaubte, sicher genug auf den Brettern zu stehen, machte er in
aller Herrgottsfrühe einen Ausflug zu seinem Pfarrerkollegen nach Lech. Ein Bauer wollte seinen Augen nicht trauen, als er in der Morgendämmerung eine schwarze Gestalt den weißen Hang hinter seinem Haus hinabhuschen sah. Hatte er da womöglich
den Teufel gesehen?
Müllers winterliche Ausflüge in die Umgebung wurden häufiger. Er legte die erste Scheu ab, die Bergbauern schüttelten zwar ihre Köpfe, doch die Kinder fanden Gefallen daran. Sie taten es dem Pfarrer gleich und zimmerten aus Fassdauben schneetaugliche Geräte. Müller verstand das Skilaufen nie als sportliche Betätigung, sondern lediglich als probates Verkehrsmittel im Hochwinter, um einfacher von A nach B zu kommen.
Das war bei Viktor Sohm anders. Er sollte zu einem bedeutenden Pionier und – wie es der Bergsportjournalist Walther Flaig formulierte – „Mitbegründer des Skisports in Mitteleuropa“ werden. Der Bregenzer aus großbürgerlichem Haus war in der Welt herumgekommen, als er kurz vor der Jahrhundertwende wieder in seine Heimat zurückkehrte und einen Ausgleich zum Berufsalltag suchte. Der passionierte Schlittschuhläufer wollte es nochmals mit den Ski probieren. Jahre später erzählte er: „Richtig angefangen skilaufen habe ich also erst im Winter 1899. Dann aber recht, (und) ohne Pausen.“
Damals wagte sich nur eine Handvoll von Skiläufern in die Berge. Mit skisportbegeisterten Freunden aus Vorarlberg und Süddeutschland begann er, einen Gipfel nach dem anderen der West- und Ostalpen zu erklimmen. Es war eine kleine Sensation, als er mit zwei Freunden am 1. Jänner 1900 die Schesaplana bestieg – das hatte sich vor ihnen im Winter noch keiner getraut. Es folgten weitere winterliche Erstbesteigungen, die zum Teil auch in den Medien Widerhall fanden: Am 1. Februar 1902 berichteten die „Innsbrucker Nachrichten“ von einer elfstündigen Skitour Sohms von St. Christoph aus auf die Valluga und den Galzig. Ein Jahr später folgten die Sulzfluh und der Rüfikopf sowie weitere bedeutende Gipfel in der Schweiz und Tirol.
Auch Sohm stellte sich die Frage: Wie schafft man es, elegant und sicher die alpinen Hänge hinunterzugleiten? Damals
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Foto: Sammlung Risch-Lau
Blick vom Ochsentaler Gletscher zum Silvrettahorn und zur Schneeglocke
Foto: Vorarlberger Landesbibliothek/Sammlung Risch-Lau
Auch mit einfacher Skiausrüstung war Skifahren lustig
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bestand eine Abfahrt sprichwörtlich aus kurzen Schussfahrten, bis der Skiläufer der Geschwindigkeit nicht mehr standhalten konnte und es ihn in den Schnee setzte. Das war ihm bald zu wenig. Die Vorschläge Zdarskys, den Innenski auszustemmen und mit der sogenannten Lanze den entscheidenden Impuls der Drehung auszulösen, wollten Sohm nicht recht gefallen. Zdarsky legte Wert auf Effektivität und Sicherheit, was fehlte, war die Eleganz. Da sah nicht nur der Aufstieg, sondern auch die Abfahrt nach harter, gegen den Berg gerichteter Arbeit aus. Wo blieb der Genuss?
Am Arlberg ging man nun daran, die Skitechnik zu verfeinern. Sohm gab Einheimischen Skikurse und unterrichtete sie in Telemark, Kristiana und im Springen. 1906 soll in Zürs einer der ersten Kurse stattgefunden haben. Mit dabei war der damals erst 16-jährige Stubener Hannes Schneider. Dieser hatte schon mit Interesse die ersten Skiausflüge Sohms und seiner Kameraden auf den Arlberg verfolgt. Mit selbst gebastelten Ski hatte er sich jeden Hang hinuntergestürzt. Seine Vorliebe: die Geschwindigkeit.
Sohm erkannte sein außergewöhnliches Talent, nur musste es gezügelt werden. Die Sohm-Schule sollte den späteren Begründer der Arlberg-Technik entscheidend prägen. Schneider erinnerte sich: „Unvergeßlich wird mir bleiben, wie ich gelegentlich eines Ausfluges zum Zürsersee Herrn Sohm einen Stemmbogen ausführen sah, der mich in größtes Staunen versetzte. Diesem Stemmbogen verdanke ich mein späteres Können.“
Sohm wusste, Schneider hat die Gabe, einen runden, eleganten Bogen zu fahren – zuerst leicht ausstemmen und Geschwindigkeit verringern, um dann aus der Kurve heraus wieder zu beschleunigen. Dafür musste nun der Außenski stärker belastet und der Einsatz von Stöcken auf das Nötigste reduziert werden. Bei Hannes Schneider sah jeder Schwung so spielerisch und dynamisch aus, als wäre der Skifahrer fest mit Schnee und Berg verschmolzen. Er war schnell und zugleich schien er die Kontrolle über die Ski nicht zu verlieren.
1907 stellte der St. Antoner Postwirt den jungen Draufgänger als Hausskilehrer an.
Nach dem Ersten Weltkrieg sollte Schneider in St. Anton ein modernes Skischulwesen aufbauen. Er zerlegte den Skilauf in methodische Schritte: von der einfachen Schussfahrt im leicht abfallenden Gelände bis zum Stemmbogen in ausgesetzten steilen Hängen. Diese Methodik sollte schließlich den Grundstock der Österreichischen Skischule bilden.
Der Skilauf bereitete sich nach der Jahrhundertwende allmählich über ganz Vorarlberg aus. In den Bergtälern eiferten junge Burschen, aber auch Mädchen den Pionieren nach. Sie bastelten zuweilen selbst skiartige Geräte. Einer von ihnen war Julius Dobler aus Blons, der aus Eschenholz ein Paar Ski zimmerte, doch anstelle einer Bindung die Schuhe gleich direkt an die Bretter schraubte und diese mit einem Rist- sowie Fersenriemen versah.
Andernorts waren es Schreiner und Küfer, die aus Hartholz Ski herstellten. Die Spitzen wurden mit heißem Wasser gebogen. Bindungen bestanden aus Bandeisen, Draht und Lederriemen. An Skiwachs dachte man anfangs nicht. Gegen die
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Foto: Sammlung Risch-Lau
Foto: Sammlung Risch-Lau
Foto: Vorarlberger Landesarchiv/Sammlung Risch-Lau
Skifahrerin mit Riemenbindung
Älpele über Dornbirn
Terrassenrestaurant am Albonagrat mit Kuchenspitze
„Stollenbildung“, also den festklebenden Schnee an den Ski, empfahl man, die Bretter mit Hering einzureiben. Die Fische wurden zu diesem Zweck immer im Rucksack mitgeführt.
Die Talbevölkerung wollte sich mit dem Skifahren aber nicht so recht anfreunden –für sie wohl eine weitere Flause der Stadtbewohner. Warum sollte man den Berg herausfordern, wenn die Natur besonders im Winter so unbarmherzig sein konnte? Immer wieder kam es zu Lawinenabgängen, die unvorsichtige Skiläufer in den Tod rissen. Oder zu folgenreichen Unfällen. 1911 verunglückte in Marul ein deutscher Skifahrer tödlich, ein anderer verletzte sich schwer. Das sprach sich im Dorf herum. Darauf landete eine Vielzahl an Brettern im Holzofen.
Entscheidend für die Weiterentwicklung des Skisports sollte die Gründung von Skivereinen sein. Im Herbst 1905 kam es zur Taufe des „Verbandes Vorarlberger Schiläufer“ (VVS). Daran maßgeblich beteiligt war – wie sollte es auch anders sein – Viktor Sohm. Das Ziel lautete, den Skisport in die breite Masse zu tragen. Einmal jährlich sollte ein Wettbewerb stattfinden, Sohm
selbst gab im ganzen Land Skikurse. Im Februar 1906 sollte dann auf dem Bödele das erste offizielle Skirennen in Vorarlberg ausgetragen werden. Die Bewerbe: ein Abfahrtslauf und ein Springen sowie ein Fassdaubenrennen für Jugendliche.
Die Bemühungen des VVS schienen auf fruchtbaren Boden zu fallen: Bis zum Ersten Weltkrieg taten sich in Schruns, Riezlern, Bregenz, Bludenz, Feldkirch, Egg und Schwarzenberg skibegeisterte Personen zusammen, um Wintersportvereine zu gründen. Sie organisierten ihrerseits erste Wettbewerbe. 1909 fand in Egg-Schetteregg das erste Skirennen im Bregenzerwald statt. Der Teilnehmerliste ist zu entnehmen, dass der Skisport noch in städtischer Hand war, von den 27 Teilnehmern kamen 14 aus Bregenz und Umgebung, 13 aus dem Bregenzerwald.
Das Ski-Mekka Vorarlbergs war zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht der Arlberg, sondern das Bödele. Es wurde zum Treffpunkt einer Erholung suchenden und dem neuen sportlichen Trend frönenden Oberschicht. Wer das Skifahren lernen oder sich darin sportlich messen wollte, begab sich auf die Alp Lose. 1905 entstand
am Lank eine Sprungschanze, zwei Jahre später wurde dort sogar eine technische Aufstiegshilfe in Betrieb genommen: der erste Skilift Österreichs. 140 Meter lang, konnte er in der Stunde vierzig Personen befördern. Die Wettbewerbe am Bödele wurden meist von Sportlern aus dem benachbarten Ausland dominiert. 1911 setzte sich endlich ein Einheimischer durch. Der Bregenzer Josef Bildstein gewann sowohl den Abfahrts- als auch den Sprunglauf. Seine Höchstmarke: dreißig Meter – neuer Schanzenrekord.
1912 wurden auf dem Bödele schließlich die 6. Österreichischen Skimeisterschaften ausgetragen. Das Sportgroßereignis dominierten die Athleten aus Norwegen. Gesamtsieger wurde Lauritz Bergendahl. Sein Sprung über 32 Meter wurde von über 5.000 Zuschauern beklatscht.
Foto: Sammlung Risch-Lau Foto: Sammlung Risch-Lau Foto: Samml. Risch-Lau
Albonabahn mit Blick zum Hohen Riffle
Blick vom Muttersberg zu Elsspitze und Stierkopf
51 WINTER
Schetteregg im Bregenzerwald
Nachts am Grat oder später im ,,Kinderland“: Arthur Weißenbach präpariert mit seiner Pistenraupe in Warth den Schnee auf den Hängen für die Skifahrer in der Früh
52 ALP #4 D E
R N A C H T S
HANNAH GREBER FOTOS VON GEORG ALFARE D I E R A U P E F Ä H
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Meterhohe Schneeverwehungen im Scheinwerfer der Pistenraupe – genauso schnell niedergewalzt, wie sie aufgetaucht sind. Außerhalb des Lichtkegels herrscht stockdunkle Nacht. Pfeifender Wind und Schneeflocken, die im Licht aufblitzen. Wir sind hoch oben am Grat eines Berges. In der Pistenraupe ist es warm und geradezu gemütlich. Doch unmittelbar auf der anderen Seite der Scheibe entfaltet die Natur ihre Kraft. Frühschicht für Arthur Weißenbach und seine Pistenraupe. Den Grat in Warth am Arlberg kennt er nach 45 Jahren als Pistenraupenfahrer nahezu auswendig.
DIE ANFÄNGE DER
PISTENPRÄPARATION: TRIPPELN
Hoch über dem Schnee thront Weißenbach in seiner Pistenraupe und befreit die Bergstationen der Sessellifte vom sich auftürmenden Schnee. Vorwärts schiebt er Schnee, rückwärts ändert er seinen Anfahrtswinkel, dann schiebt er wieder Schnee. Eine schwarze Haube auf dem Kopf, die Hand auf den Joysticks zu seiner Rechten, bedient er die große Maschine, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht. Neben den Joysticks hängt auf Augenhöhe ein Bildschirm, der ihm die
Schneehöhe anzeigt. „Aber das brauche ich meistens nicht. Das hatten wir früher ja auch nicht“, sagt Weißenbach und grinst verschmitzt. Vieles von dem, was man heute in einer Pistenraupe findet, wie Schneehöhenmesser, GPS-Sensor oder auch die 520 PS Motorleistung, gab es zu Weißenbachs Anfängen auf der Piste nicht.
Der Raupenfahrer hat die Entwicklung des Skigebiets Warth-Schröcken miterlebt und mitbegleitet. Wie der Körbersee gehört er selbst schon beinahe zur Landschaft. „Als Schüler mussten wir in Warth noch trippeln, um eine Piste zu schaffen. Dann
53 WINTER
Pistenraupen-Power: Arthur Weißenbach lässt seine 520 PS auf die Pisten des Skigebiets Warth-Schröcken
54 ALP #4 ,,Als ich noch meinem Vater helfen musste, habe ich tatsächlich im Dienst angehalten, um die Kühe zu melken.“ Arthur Weißenbach
hat man Rollen entwickelt: Ein Skifahrer vor und einer hinter der Rolle ließen diese langsam zu Tal. Als ich nach fünf Jahren als Liftangestellter 1974 zum ersten Mal mit einer Pistenraupe fahren durfte, hatte ihr Motor noch 145 PS. Heute bringt er es auf 520 PS.“ Sich gegen die Veränderung stellen und eine Weiterentwicklung behindern, das mache er nicht: „Es ist wichtig, den Jungen zuzuhören und sie machen zu lassen. Sie machen vieles anders, als ich das tun würde – aber das ist ja nicht unbedingt schlecht!“
DIE LIEBE ZUR NATUR IM PISTENRAUPENFAHRER
Warth war bis auf die Jahre im Internat des Klosters Mehrerau in Bregenz Weißenbachs Lebenssitz. Er ist in dem kleinen Bergdorf geboren, aufgewachsen, hat hier seine Familie gegründet und wird auch hier in Pension gehen. In den Sommermonaten betreibt Weißenbach mit seinen Söhnen drei Alpen und eine Landwirtschaft mit 14 Kühen am Rand von Warth „gleich neabs am Hubbsi“, dem Olympiasieger Hubert Strolz. Zum ersten Mal in seinem Leben ist der fünffache Vater im Jahr 2018 in Urlaub gefahren. Nach Berlin, wo er sich mit langjährigen Freunden, die in Warth ihre Skiferien verbringen, getroffen hat. „Früher war vieles anders, damals sind die Gäste regelmäßig wiedergekommen“, erinnert sich Weißenbach. „So hat man als Einheimischer die Urlauber in Warth gekannt. Heute kann sich kaum jemand einen 14-tägigen Skiurlaub leisten, und die, die es können, wechseln jedes Jahr das Skigebiet.“
Unter den Pistenraupenfahrern im Bregenzerwald ist Weißenbach, oder „’s Arthürle“, wie er genannt wird, weithin bekannt. Man erzählt sich Geschichten darüber, dass Weißenbach während des Dienstes Pause macht und zu seinem Hof springt, um die Kühe zu melken. Oder dass er die Pistenraupe selbst im Schlaf beherrschen würde. „Als ich noch meinem Vater helfen musste, habe ich tatsächlich im Dienst angehalten, um die Kühe zu melken. Als ich den Hof dann übernommen habe, habe ich angefangen, jeweils um zwei Uhr morgens und nachmittags zu melken“, kommentiert Weißenbach die Gerüchte und lacht. Auf seinen Schlaf würde sich dieser Rhythmus kaum auswirken, er habe gelernt, zu jeder Tages- und Nachtzeit zu schlafen.
Der gemeinsame Nenner in Weißenbachs Leben ist die Arbeit in und mit der Natur. Hoch oben auf dem Berg fühlt er sich im Sommer wie im Winter wohl. „Schüa isch as do doba scho, wenn’s schneit und da Schnee drübat stübt!“, beschreibt er seine Faszination für den winterlichen Berg. Im Frühling reue es ihn, aufzuhören mit der Raupe zu fahren, und im Herbst freue er sich immer wieder auf den ersten Arbeitstag. Die Freude an der Natur ist auch wichtig, denn neben seiner Verpflichtung als Bauer und dem Pistenraupenfahren bleibt kaum Zeit für etwas anderes. Wenn die Kühe gemolken sind oder der Dienst früher als gedacht zu Ende ist, geht Weißenbach auf ein Bier ins Dorf.
AUCH PISTENRAUPEN KONNTEN IN LAWINEN GERATEN
An einer Mulde vorbeikommend, zeigt Weißenbach auf die Stelle, an der er in seiner Pistenraupe einmal von einer Lawine getroffen wurde. „Der hintere Teil der Pistenraupe war verschüttet, nach vorn konnte ich noch sehen. Zu sechst haben wir drei Stunden gebraucht, um die Raupe wieder auszuschaufeln. Damals war der Hang noch nicht vor Lawinen gesichert, das haben wir dann vorangetrieben. Heute schützen uns die Lawinenverbauungen, auch da haben sich die Zeiten geändert.“ Gefährlich sei seine Arbeit heute nicht mehr. Die einzigen Situationen, die für
Weißenbach unangenehm seien, seien Fahrten auf der Piste während des Betriebs: „Skiläufer fahren am liebsten direkt hinter der Raupe her, als wäre sie ein Magnet. Das macht die Situation für uns in der Raupe unübersichtlicher und unberechenbarer.“
War Weißenbach vor gut zwei Stunden noch mitten im Schneesturm auf dem Gipfel, ist er jetzt im Zentrum des Dorfes angekommen, um das „Kinderland“ zu präparieren. Langsam wachen die Menschen auf, Lichter gehen in den umliegenden Hotels an. Der Bürgermeister und Vorsitzende der Lawinenkommission ruft an, um die aktuelle Schneelage zu besprechen. Dank seiner langjährige Erfahrung als Pistenraupenfahrer hat Weißenbach ein Gespür für den Schnee. „Viele sagen, wenn ich gehe, steht alles still. Aber das stimmt nicht. Die kriegen das auch gut ohne mich hin!“, meint er in Hinblick auf seinen Plan, im Frühjahr den Schlüssel zu seiner Pistenraupe abzugeben. Die 45 Jahre wolle er noch voll machen. Aufhören wollte er schon mehrmals, übers Herz gebracht hat er es aber noch nie.
55 WINTER
Gespür für Schnee. Arthur Weißenbach beginnt am Gipfel und arbeitet sich ins Tal vor
WAS TUT DER WIND, WENN ER NICHT WEHT?
Der Philosoph Peter Natter begibt sich auf eine Alp, um dort zu träumen.
Diesmal: die Äuele-Alp
56 ALP #4
Alpträume
Natters
Tief verschneit ist das Tal, noch t
Von Hittisau aus noch eine kurze Autofahrt, dann die Tourenski angeschnallt und ab die Post. Ich nehme eine von sommerlichen Ausflügen her wohlbekannte Route in Angriff. „Spuren des Heiligen“ nennen sie die Tourismusleute mit ihrem latenten Hang zur Reklame, auf der fünf, sechs kleine Kapellen – Zeugen der Volksfrömmigkeit oder zu Stein gewordener Aberglaube? – meinen Weg säumen.
Es ist kein Spaziergang, was auf mich wartet, es ist ein weiter Weg in einem weiten Land, in einem weiten Tal zumindest. Auch unter die Heiligen zu geraten ist trotz der zahlreichen Kapellen nicht mein Ziel. Wennschon, dennschon will ich „unter die Schwärmer gehen“, wie Friedrich Nietzsche es ausdrückt. Ein Schwärmer unter Schwärmern zu sein als hehres Ziel. Ausschwärmen will ich, wie man so schön sagt, oft ohne zu wissen, was man Schönes sagt.
Bei Lichte besehen, und davon gibt es heute genug, wollen einfach die Träume entdeckt werden, erobert oder geträumt, und das heißt nicht weniger als: gelebt werden. Man ersitzt sich seine Einsichten nicht, man erwandert sie sich, so ähnlich hat es wiederum der von mir gern konsultierte Nietzsche, der Erfahrungs- und Wanderdenker par excellence, ausgedrückt.
Tief verschneit ist das Tal, noch tiefer bzw. höher verschneit sind die das Tal säumenden Berge. Sind es säumige Berge? Gewiss ist das nicht das passende Wort, doch trifft es einen Umstand, der meine Alpträumerei stetig begleitet und der sich jetzt, mitten im Winter, da von Alpvieh und -personal weit und breit nichts zu sehen ist und die Älplerei kein Thema zu sein scheint, auf umso sanftere Art denken lässt. Die Berge und generell die Natur, so ist zu argumentieren, haben es nicht eilig. Sie sind aber auch keine Herumtrödler oder Lahmsüder und hinken niemandem hinterher – wem und wie denn sollten sie? Genauso wenig stehen sie nur in der Landschaft herum, die Berge, um einen Zweck zu erfüllen, wage ich zu behaupten, sie illustrieren und sie wollen nichts. Abgesehen davon: „Stehen ist eine Handlung“, schreibt der Philosoph Hans Blumenberg. Sie sind da.
Es liegt zudem in ihrer Natur, dass sie gar nicht anders können. Dieses Nicht-andersKönnen gefällt dem Träumer. Es gilt in
manchen sehr weit und gründlich gefassten Anschauungen des Glücks, denen dann quasi die Stabilität der Berge zukommt, als dessen verlässlichste Quelle.
Wir kennen sie zum Beispiel aus Luthers Mund: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Amen.“ Luther setzt noch eins drauf. Was wäre nämlich dieser Satz ohne sein „Amen“ wert? Ohne dieses Ja-und-Amensagen-Können, mit dem auch Friedrich Nietzsche seine Versöhnung mit Welt und Leben signalisiert hat! Nachdenklich stimmt demgemäß, oder sollte stimmen, wie komplett quer das derart und dermaßen alternativlose Eingespanntsein und Verwobensein in ein Dasein zur postmodernen, smart-digitalisierten Beliebigkeit steht, zu einem Tun, das meint, nur aus unendlich vielen Wahlmöglichkeiten sei die eine selig- oder wenigstens Spaß machende zu erhaschen. „werch ein illtum!“, könnte man mit dem Dichter Ernst Jandl sagen.
»Träum weiter!«, wird mir die eine oder der andere aus der Leserschaft zurufen. So ist es mir recht. Erstens wäre dann mein Auftrag erfüllt, eine Art Traumprotokoll abzuliefern, und zweitens ein Hinweis gefordert, wo Luther und Nietzsche, die übrigens auch ein besonderes Gespann bilden, sich mit dem Älplerischen treffen. Sie treffen sich, und wir treffen sie dort, wo es ums Zuhören geht, ums Gewährenlassen. Nicht ums berüchtigte Loslassen aber, dann schon eher ums Zupacken, ganz älplerisch. Dem Winter zuhören. Das ist nun heuer ein richtiger Winter und noch dazu heute ein Wintertag wie aus dem sprichwörtlichen Bilderbuch. Doch aufgepasst, die Idylle hat immer eine Rückseite. So ist der Alpträumer gut beraten, sich warm anzuziehen, denn es ist bitterkalt. Natürlich gehört sich das so im Jänner, eine Vorgabe ist es trotzdem, und es ist besser, sich daran zu halten, als den Helden oder gar den Anarchisten zu spielen. Ich bin auch gut beraten, dem Schein nicht zu trauen, dem Sonnenschein nicht und auch nicht der scheinbaren Stille und Ruhe ringsum.
Ein blütenweißes Kleid liegt auf den Hängen, Eisplatten decken das Bachbett zu, bis auf die vereinzelten Rufe der Raubvögel, die sehr hoch droben in den Lüften ihre Kreise ziehen, ist nichts zu hören außer Flugzeugen und ihre Luftmalerei
57 WINTER iefer bzw. höher
die
verschneit sind
das Tal säumenden Berge. Sind es säumige Berge?
Foto: Georg Alfare
natürlich, aber die zählen nicht, hier nicht! Nicht nur alpmäßig ist das eine tote Zeit, könnte man meinen oder sagen. Doch schon der Glanz, das Funkeln der zahllosen Schneekristalle, das Gleißen der blendend weißen Flächen spricht eine andere Sprache. Sie verlangt nur ein anderes und ein genaueres Hinhören und Hinsehen, nämlich ein selbstloses, ein „uninteressiertes“, wie es Arthur Schopenhauer nennt, Betrachten, als die geradezu schreienden Farben, mit denen der Sommer das Land einkleidet, aber für den, der Ohren hat und hören will, hält die Winterschrift großartige Botschaften bereit.
So weit bin ich allerdings noch nicht, mein Weg zur Äuele-Alp ist noch lang. Da heißt es zügig aufsteigen, auch der Rückweg steht heute noch auf dem Programm, und ein Tisch im Gasthof am Dorfplatz ist schon reserviert. Bald lasse ich den Lecknersee links liegen, ungern, denn er ist von einem tatsächlich unbeschreiblich schönen, tiefen Blau. Ich hätte meine Füllfeder mitnehmen sollen, denke ich mir. Der Alpengasthof liegt verwaist. In Anbetracht der vielen ständig meinen Weg kreuzenden Tierspuren ist das zwar wenig präzise ausgedrückt. Wanderer sind keine auszumachen, wollte ich sagen, und Fenster und Türen sind fest verschlossen. Das schaut im Sommer anders aus. Knappe zwei Stunden später bin ich am Ziel und richte mich sozusagen häuslich ein, das gehört zum Träumen dazu. Das ist ja nicht einfach eine Alphütte, es ist eher ein Alpanwesen. Jetzt, eingeschneit und menschenleer, kommt mir das Gebäude geradezu stolz vor, selbstbewusst und stark.
Zuerst wird gejausnet, gevespert. Ganz, nein: fast von selbst gerät sogar das Essen, das Kauen von Brot und Käse, zu einem meditativen Akt, der Schluck vom selbst gebrannten Traubenschnaps sowieso. Er wird nicht einfach getrunken, er wird zelebriert. Das ist das Stichwort für den Träumer: Zelebration, also das Feiern, das Feierliche, Erhabene in Verbindung mit Andacht. All das ist nicht schwer, jetzt nicht, hier nicht, was nicht am Schnaps liegt, an einer Art Rausch schon eher. Es ist ein trockener Rausch, ein heilsamer. Mit ein wenig Improvisation lässt sich ein gemütliches Plätzchen für die Mittagsruhe finden. Die Sonne steht hoch und wärmt mild. Da bin ich doch glatt eingeschla-
fen. Naturgemäß merke ich das erst beim Erwachen. Das stimmt nicht ganz, weil im Traum wesentlich mehr steckt, Verstecktes: „Denn nur im Schlafe schaut man solchen Staat und solche Feste solcher Frauen …“, heißt es in Rainer Maria Rilkes „Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“, einem unerschöpflichen Text. Im Schlaf, im Traum weißt du mehr, weißt du also, dass du träumst, so sehr auch die Grenze zwischen Traum und Realität manchmal zu verschwimmen scheint. Nicht von ungefähr war der große Traumforscher Freud auch der Entdecker des Unbewussten und des Realitätsprinzips, mehr noch der tiefen, das ganze soziale und emotionale Leben durchziehenden, prägenden Paradoxie der sogenannten Realität.
Was ich geträumt habe, vor der ÄueleAlp an der Sonne sitzend, weiß ich nicht mehr. Es ist ja gar nicht der Sinn der Träume, erinnert zu werden, die Realität heimzusuchen. Der Traum, hat Freud gesagt, ist der Hüter des Schlafs. Ich bin so gesehen ein guter Träumer: Wenn ich schlafe, schlafe ich; wenn ich träume, träume ich. Dann weckt mich nicht so schnell etwas auf. Vor allem nichts von dem, was die „institutionalisierte Welt“, wie sie Theodor W. Adorno nennt, für ach so wichtig hält. Wenn ich träume, dann, weil ich träumen will, wenn nicht gar muss. Man weiß auch, wie ungesund es ist, beim Träumen gestört zu werden, und wie riskant bzw. gemein es ist, Traumwandler aufzuwecken. Das alles gilt ebenso für Tagträumer, für Visionäre und die allzu schnell verrufenen, belächelten Idealisten.
So, das Nickerchen ist um, die Mittagsrast noch nicht, und ich mache mich daran, den Rest der Jause zu verzehren. Die ist auch ein Traum: ein Traum von Brot, Käse und Wurst. Viel esse ich nicht, ich will am Abend Appetit haben für ein schönes Essen. Was ich esse, ist dafür von allerbester Qualität: Frisches Brot von meiner Dornbirner Hausbäckerei, alter Alpkäse vom Großdorfer Bauern, Ziegensalami aus Schwarzenberg. Für dieses Menü an diesem Ort lasse ich jede Sternenküche in jedem Gourmettempel stehen – ohne Schmäh. Dabei geht es nicht um billigen Lokalchauvinismus oder eine kulinarisch verbrämte Variante von Patriotismus, auch nicht um Sentimentalität, schon gar nicht um Geld: Man könnte sich wesentlich
wohlfeiler verpflegen, verdiskontieren. Es geht um meinen Alptraum und auch um Mut, um Einsicht und Erkenntnis. Wozu bin ich Philosoph, wenn nicht um zu wissen, was ich wirklich brauche, was mir wirklich gut- und nottut?
Wie jeder Traum macht er mir Bereiche meiner selbst zugänglich, die dem wachen, dem rechnenden und berechnenden, dem scheinbar kontrollierenden Ich versperrt und fremd sind. „Was mir die Liebe erzählt“, ist einer der sechs Sätze von Gustav Mahlers monumentaler dritter Sinfonie überschrieben, deren Programm lautet: „Von der Natur hinauf zu Gott“.
Ich bin kein Mahler und kein Monumentaler. Ich begnüge mich damit, von der Natur wieder hinunter zu den Menschen zu wandern, etwas anderes stünde mir auch nicht zu. Aber dass der Weg sowohl zum lieben Gott wie auch zu den Menschen von der Natur ausgeht, das leuchtet mir ein, das verstehe ich, das erzählen mir die Äuele-Alp und das verschneite Lecknertal, das erzählt mir der Geschmack des Käses und das Aroma der Wurst. „Der Herrgott kann auch in einem Stück Speck zu Hause sein“, so ähnlich habe ich das einmal gelesen. Das mag haarscharf ans Blasphemische grenzen, was noch nicht gegen die Richtigkeit der Aussage spricht. Der Rückweg zieht sich in die Länge, nicht allein der Kapellen wegen, die zusätzlich zu Natur und den Gedanken zur Einkehr einladen. Aber ich bin ausgeruht und motiviert. Zudem komme ich spätnachmittags gerade recht, um die Sonne hinter dem Hittisauer Kirchenbühl untergehen zu sehen. Das ist ebenso real wie traumhaft, genauso wie das Kalbsbeuschel und ein Glas, nein, zwei Gläser Neuburger im altehrwürdigen Gasthof „Krone“ am Dorfplatz, und ein passender Abschluss meiner Traumwanderung. Nach meinem Alptraum ist es das sanftestmögliche Erwachen, nämlich eigentlich gar keines: „… als Mahl begann’s und ist ein Fest geworden“ – wie bei Rilke. Fazit: Kein Wachen ohne Träumen. Kein Alpsommer oder Alpwinter.
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Der Rückweg zieht sich in die Länge, nicht allein der Kapellen wegen, die zusätzlich zu Natur und den Gedanken zur Einkehr einladen Foto: Georg Alfare
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KALTSTART ZU HÖHEREM LEBEN
61 WINTER FOTOS VON GEORG ALFARE Wintersonne. Die Alp Oberpartnom im Großen Walsertal liegt auf 1.680 Meter
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63 WINTER Versteckt. Verschneite Waldlichtung nahe Sonntag-Stein im Biosphärenpark Großes Walsertal
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65 WINTER Steil. Idyllisch liegt die Alp Sera unter dem Pfronthorn bei Blons
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67 WINTER Ausgesetzt. Von der Gaßneralpe bei St. Gerold hat man einen herrlichen Ausblick ins Tal hinunter
Gefährlich und unberechenbar:
Im Winter kann die Alp zum Katastrophengebiet werden, wenn Lawinen selbst geübte Bergsteiger unvermutet erwischen
DIE ALP
VON JOSHUA KÖB
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„Ich war wie einbetoniert“, erinnert sich Erwin Rinderer. „Während ich mitgerissen wurde, hielt ich meine Arme schützend vor Mund und Nase. Plötzlich war die Fahrt zu Ende. Als ich bemerkte, dass ich keinerlei Spielraum hatte, versuchte ich mich ruhig zu verhalten. Bloß nicht unnötig Sauerstoff verbrauchen. Es muss reichen, bis mich die anderen finden. Dann bin ich eingeschlafen.“
Am 3. März 1994 wurde der passionierte Skitourengeher von einer gewaltigen Schneebrettlawine begraben: Anrisshöhe 80 bis 150 Zentimeter, 120 Meter breit und 250 Meter lang. Gemeinsam mit drei Freunden war Rinderer auf dem Weg zur Spitze des 3.137 Meter hohen Piz Laviner
im Schweizer Albulagebiet. Wie immer bestens vorbereitet und ausgerüstet. Suchgerät, Sonde und Lawinenschaufel im Gepäck, die Lawinenvorhersage: unbedenklich.
Während des Aufstiegs teilt sich die Gruppe auf. Sie halten große Abstände, um im Falle einer Lawine nicht gemeinsam verschüttet zu werden. Als sie den steilen Südhang erreichen, ist es etwa zwölf Uhr Mittag. Erwin Rinderer ist als Letzter dran. Sekunden vor der Lawine bewundert er noch die wunderbar ruhige Natur. Ein perfekter Sonnentag. Der Südhang scheint unbedenklich, der Schnee gut verfestigt. Plötzlich macht es „wumm“, dann gleich noch mal. Rinderer schreit, die anderen hören ihn und reagieren sofort.
Mit dabei war Andreas Pecl, heutiger Leiter des Vorarlberger Lawinenwarndienstes. Ohne die professionelle Hilfe seiner Freunde hätte Rinderer nicht überlebt. Ortung, Bergung und Erstversorgung in nur zehn Minuten – ein Kraftakt, nahezu perfekt. Während die anderen den Zustand des Verschütteten stabil halten, macht sich Pecl sofort auf den beschwerlichen Rückweg, um Hilfe zu holen. Schon nach etwas mehr als einer Stunde landet der Schweizer Rettungshelikopter und bringt den Verunglückten ins Churer Kantonsspital. Abgesehen von starker Unterkühlung und einer leichten Nierenquetschung bleibt Rinderer praktisch unverletzt. Bis heute ist er überzeugt, dass die Schneebrettlawine nicht vorhersehbar war.
WILD WIRD
Foto
69 WINTER
Vorarlberger Landesbibliothek
Von 1, gering, bis 5, sehr groß: Der Lawinenlagebericht warnt Alpinsportler vor potenziellen Gefahren durch Lawinen am Berg. Kaum noch per Telefon. Mittlerweile sind Internet und Apps die bevorzugten Quellen. Im Winter wird er jeden Morgen von Andreas Pecl und dessen Team erstellt. 1994 war der gebürtige Tiroler aus Galtür im Paznauntal am Piz Laviner als Retter zur Stelle, 1996 bis 1998 machte er die Ausbildung zum staatlich geprüften Bergund Skiführer. In dieser Zeit war er schon erstmals für den Lawinenwarndienst tätig.
Seit 2001 ist Pecl in der Landeswarnzentrale für die Lawinenwarnung zuständig. „Für den Lagebericht sind aktuelle schnee- und wetterspezifische Daten der Beobachter und automatische Messstationen auszuwerten, Wetterprognosen zu sichten und zu analysieren sowie sonstige Informationen über die Schneedecke aus den Regionen zu berücksichtigen.“ Nach der Berichterstattung geht es für die Lawinenwarner zur Beobachtung und Schneedeckenuntersuchung ins Gebirge. Neben den meist privat betriebenen, automatischen Messstationen mit rund um die Uhr verfügbaren Daten liefern Beobachter auch im 21. Jahrhundert die wichtigsten Hinweise.
Die Trefferquote des Lawinenlageberichtes schätzt Pecl auf etwa 85 Prozent. In zehn Prozent der Fälle werde die Gefahr zu
hoch eingestuft, nur in fünf zu niedrig. „Die Materie Schnee und die Wechselwirkung der vielen relevanten Faktoren machen die Sache recht komplex“, erklärt er. Dennoch sollte jedem Alpinsportler bewusst sein, dass der Lagebericht nur als Ergänzung dienen könne.
„Im Gelände ist die Einzelhangbeurteilung und das angepasste Verhalten der einzelnen Wintersportler zentral“, betont der Experte. Viele Lawinen werden aus Unachtsamkeit von Menschen verursacht, dennoch seien das Risiko- und Gefahrenbewusstsein sowie das Interesse für Schnee und Lawinen in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen. Vermehrte Aufklärungsarbeit und Kursangebote von Lawinenwarndiensten, alpinen Vereinen und anderen Organisationen sowie von Bergführern tragen dazu bei.
DER ERSTE
LAWINENWARNDIENST ÖSTERREICHS
Der erste Lawinenwarndienst Österreichs wurde 1953 in Vorarlberg gegründet. Seither hat sich viel getan. Vorsorge, Schutz und Rettung wurden professioneller. Wissenschaft und Technik förderten neue und präventive Schutzmethoden. Gezielte Sprengungen, elektronische Suchgeräte, Lawinenairbags, automatische Messstationen und ausgefeilte Verbauungen wie Stahlschneebrücken oder Schneenetze zählen längst zum Repertoire des Lawinenschutzes. Nicht zuletzt erkannte und
verstärkte man die natürliche Schutzfunktion des Waldes.
Nach den Katastrophenwintern 1951 und 1954 wurde massiv in die Sicherung des alpinen Lebensraums investiert. Die Wildbach- und Lawinenverbauung Vorarlberg (WLV), eine Dienststelle des Landwirtschaftsministeriums, entwickelte hierfür in den 1970er-Jahren eine systematische Gefahrenzonenplanung. „Auf deren Grundlage wurde die weitere Besiedlung des Alpenraumes gesteuert und wurden alle Schutznotwendigkeiten dargestellt und finanziert“, erklärt Leiter Andreas Reiterer. In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Kartierung dank exakter Geländemodelle mittels Laserscanning und neuer Rechenroutinen stark verbessert.
Bauen lässt es sich heute ebenfalls leichter: „Früher mussten die schweren Stahlteile und Betonfundamente mit Seilbahnen transportiert und in mühsamer Handarbeit zur Baustelle gebracht und aufgerichtet werden. Heute geht es mit dem Hubschrauber schneller“, sagt Reiterer. Gefährlich ist es aber weiterhin.
Enorme Fortschritte gab es auch in der künstlichen Lawinenauslösung. Während vor fünfzig Jahren noch Sprengseilbahnen erprobt wurden, gibt es heute eine Vielzahl an verlässlichen Detektionsmöglichkeiten und Auslösesystemen.
Rund 18 Millionen Euro fließen in Vorarlberg jährlich in den Schutz vor Naturgefahren. Sechs Millionen davon wendet die WLV für den Lawinenschutz auf.
Mit den Mitteln werden Schutzwaldbegründungen, Sanierungen, technische Verbauungen und Lawinenbremsdämme geplant und umgesetzt. Neben dem Bund, der rund sechzig Prozent des Budgets beisteuert, beteiligen sich das Land Vorarlberg sowie die direkt betroffenen Gemeinden, Straßenverwaltungen und Bahngesellschaften mit jeweils zwanzig Prozent.
Eine besonders wichtige Rolle beim Lawinenschutz spielt der Wald. „Sind steile Hänge mit optimal aufgebautem Schutzwald bestockt, so wird die Entstehung von Lawinen und Steinschlag weitgehend verhindert“, erklärt Reiterer. Wirklich stabil ist jedoch nur ein Wald aus alten
SCHNEEDECKENUNTERSUCHUNG
IM GEBIRGE
Foto: Erwin Rinderer Mitglieder der Bergrettung bei einem Hubschraubereinsatz zur Bergung eines Verletzten 1994 70 ALP #4
und jungen Bäumen. Die Abfolge der Lebenszyklen verhindert jene Lücken, die Lawinen begünstigen. Da Nadelbäume viel Schnee in den Baumkronen binden, entstehen keine großen Schneeflächen am Boden. Für Andreas Reiterer und die WLV ist ein intakter Schutzwald „die kostengünstigste und nachhaltigste Art, unsere alpinen Täler vor Lawinen zu schützen“.
WIE UNTERSCHIEDLICHE LAWINEN ENTSTEHEN
Der Begriff „Lawine“ kommt aus dem Lateinischen. Labi, „hin- oder herabgleiten“, wird spätlateinisch zu Labina, „Erdrutsch“, in den Mundarten von Engadin und Tessin zu Lavina und später zur heute geläufigen Lawine. So viel zur Etymologie. Wie sich einzelne Schneekristalle zur existenziellen Bedrohung entwickeln, blieb lange ein Rätsel. Erst in den späten 1930er-Jahren entwickelte sich ausgehend vom Schweizerischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung, dem SLF in Davos, ein eigener Forschungszweig. Experimente und Feldversuche brachten bahnbrechende Erkenntnisse, welche wiederum zur Entwicklung neuer Messgeräte und Lawinenschutzmaßnahmen führten.
In Österreich ist das „Institut für Naturgefahren“ des „Bundesforschungs- und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft“ in Wien hinter dem Schönbrunner Zoo für die Erforschung der alpinen Welt zuständig. Wie eine Lawine entsteht und was sich dabei unter der Schneedecke zuträgt, erklärt Jan-Thomas
Fischer, Abteilungsleiter für Schnee und Lawinen am BWF: „Es kommt auf den Anbruchmechanismus an. Während der wohl bekannteste Vertreter, die Schneebrettlawine, von einer Bruchinitialisierung und -ausbreitung in einer Schwachschicht lebt, spielt bei Gleitschneelawinen der Reibungsverlust zwischen Schneedecke und Boden die Hauptrolle. Lockerschneelawinen hingegen hängen von anderen Eigenschaften ab – etwa von der Kohäsion, also wie gut der Schnee zusammenklebt.“ Fischer und seine Kolleginnen beschäftigen sich mit der räumlichen Verteilung, Mechanik und Variabilität des Materials Schnee, mit der Aktivität, Dynamik und Wirkung von Lawinen sowie mit der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen. Zur Erforschung nutzen die Wissenschaftler unterschiedliche Methoden wie Computersimulationen, Labor- und Feldversuche. Drohnen und Radar helfen bei der Vermessung.
LAWINEN IN ZEITEN DES KLIMAWANDELS
Verändert sich das Klima in den alpinen Regionen, ändern sich auch die Umweltbedingungen. Noch wird intensiv zu den möglichen Auswirkungen der steigenden Temperaturen geforscht. Erste Prognosen versprechen jedoch wenig Gutes. Wie auch in anderen Weltregionen werden extreme Wetterereignisse in Zukunft eher zunehmen. „Die Prognosen sagen, dass in niederen Lagen weniger Schneetage zu erwarten sind, Gesamt- und Extremniederschläge allerdings zunehmen werden – je
nach Temperatur in Form von Regen oder Schnee“, meint Jan-Thomas Fischer vom BFW. Dennoch sei eine exakte Aussage zur Auswirkung für das Auftreten von Lawinen nicht so einfach. „Lawinen und Schnee reagieren sehr sensitiv auf Temperatur. Die Bewegungsform, ob eine Lawine als Staublawine oder als Fließlawine zu Tal geht, hängt von der Schneetemperatur ab.“ Bei künftig höheren Temperaturen seien daher mehr Fließ- oder sogar Nassschneelawinen zu erwarten als bisher. „Wir können davon ausgehen, dass uns Lawinen weiter begleiten werden – auch wenn sich ihre Erscheinungsformen und Orte vielleicht verändern.“
Andreas Reiterer von der Wildbach- und Lawinenverbauung sieht das ähnlich. Trotz Erwärmung geht er davon aus, dass auch in künftigen Wintern der meiste Niederschlag in alpinen Lagen als Schnee fallen wird. Bei zumindest gleichbleibender Lawinenproblematik gelte es daher, die Schutzmaßnahmen im selben Maße fortzuführen. Die Niederschlagsmenge könnte künftig aufgrund der wärmeren und zugleich feuchteren Luft zunehmen. „Dann steigt entweder die Schneehöhe oder das spezifische Gewicht des Schnees. In jedem Fall ist hier eine stärkere Belastung der Schutzbauwerke und auch der Bäume in den Wäldern möglich“, sagt Reiterer.
Ein schon heute beobachtbares Phänomen könnte direkt mit dem Klimawandel in Verbindung stehen. Zuletzt gab es immer öfter Gleitschneelawinen. „Der Erdboden
Foto: Vorarlberger Landesbibliothek
Foto: Vorarlberger Landesarchiv
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Arlbergbahn: Streckensicherung oberhalb von Klösterle Alp Stogen nach der Lawine 1926
wird über das ganze Jahr um ein bis zwei Grad mehr erwärmt. Dadurch bildet sich nach dem Einschneien leichter eine nasse Gleitschicht zwischen Schneedecke und Boden, auf der auch bei flachen Hangneigungen der Schnee abrutscht.“
DAS VERHEERENDE ERGEBNIS EINER STAUBLAWINE
Seit Jahrhunderten schneiden immer wieder große Schneemassen Bergdörfer und Täler von der Außenwelt ab. Gekappte Strommasten und fehlende Lebensmittelversorgungen sind das eine, doch schwerer wiegt die latente Gefahr von oben, die Lawine. Keine Spur von weißer Pracht. Stürzt der Schnee plötzlich mit unbändiger Wucht die Hänge hinunter, sind die Lebensgrundlage und die eigene Existenz bedroht. Frühe Fotografien und Aufzeichnungen erinnern an die Zeit vor dem modernen Lawinenschutz. Im Kleinwalsertal ging am 31. Januar 1907 im Weiler Ahorn bei Mittelberg eine gewaltige Staublawine ab. Zwei Häuser und neun Ställe wurden verschüttet. Zehn Personen starben unter dem Schnee, fünf wurden lebend geborgen. Der Schaden belief sich auf 200.000 Kronen, umgerechnet etwa eine Million Euro. Damals organisierte das zuständige Pfarramt eine etwas makaber anmutende Spendensammlung. Für den Kauf eines Katastrophenfotos gingen 15 Heller an die Überlebenden. Nach dem tragischen Vorfall wurden Trockenmauer- und Erdterrassen zum Schutz errichtet und einzelne Waldbereiche aufgeforstet.
Solche Mauern zur Entschärfung steiler Berghänge errichteten Bergbewohner ab der frühen Neuzeit. Wirksame Schutzverbauungen aus Stahl, Drahtseilnetze und Bremshöcker wurden erst infolge der entstehenden Lawinenforschung entwickelt. Ab den 1930er-Jahren konnte die unberechenbare Macht der Lawinen einigermaßen bezähmt werden. Aufzeichnungen früherer Ereignisse wurden gesammelt, durch neue Messdaten ergänzt und ausgewertet. So entstanden im Laufe der Jahre detaillierte Gefahrenzonenpläne und Lawinenkataster für weite Gebiete der Alpen. Hilfreiche Instrumente, um bei drohender Gefahr Straßen und Pisten zu sperren. Aber die Natur lässt sich nicht so einfach kontrollieren.
DIE LAWINENKATASTROPHEN
1951 UND 1954
Nach massiven Niederschlägen forderten im Winter 1950/51 schwere Lawinen allein in Österreich 135 Menschenleben, mit der Schweiz und Italien waren es über 200. Vorarlberg wurde weitgehend verschont. Doch nur drei Jahre später geschah auch im Ländle ein großes Unheil. Zwischen 10. und 12. Jänner 1954 starben in Blons, Sonntag,Fontanella, St. Gerold, Bartholomäberg, Dalaas, MellauundHittisau insgesamt 125 Menschen durch Lawinen. Über 500 Gebäude wurden zerstört, mehr als 600 Stück Vieh getötet. Auch 1954 waren Unmengen an Neuschnee und Verwehungen durch ungünstige West- und Nordwestwinde verantwortlich.
Am schwersten traf es die kleine Gemeinde Blons im Großen Walsertal. Ein Drittel der 365 Bewohner wurde verschüttet, 57 Menschen starben.
Dem Lawinenwinter ging eine äußerst bizarre Wetterperiode voraus. Noch am 9. Dezember 1953 werden in Blons sommerliche Temperaturen von 30 (!) Grad gemessen. Zahlen, die selbst die heutige Klimakrise in den Schatten stellen. Um die Jahreswende kommt dann der gnaden-
lose Umschwung. Innerhalb eines Tages fallen bis zu zwei Meter Neuschnee. Doch noch ist der Boden warm, der Schnee bindet nicht ab – und bricht. Plötzlich gehen gewaltige Lawinen ab, reißen den Ort in Stücke und isolieren ihn von der Außenwelt. Die erfährt erst am folgenden Tag vom Unglück. Blons ist von heute auf morgen weltbekannt. Die traurige Berühmtheit hat auch eine gute Seite. Über 1.500 Menschen, internationale Hilfsdienste und sogar Helikopter der US-Army eilen zur Hilfe. Bis heute wirkt die Katastrophe nach, in Erinnerungen, Büchern, Dokumentationen oder im Roman und Spielfilm „Der Atem des Himmels“ von Reinhold Bilgeri.
Die bis heute größte Lawinentragödie ereignete sich allerdings zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Winterkrieg in den Dolomiten ließen am 13. Dezember 1916 rund fünftausend Soldaten und Zivilisten ihr Leben unter dem Schnee. Nach neun Tagen unterunterbrochen starken Schneefalls brachten warme Wetterströmungen Regen bis ins Gebirge. Das Wasser drückte auf die Schneedecke. Immer dichter und schwerer, entlud sich deren Energie schließlich in mehreren gewaltigen Lawinen. Noch heute geben die abschmelzenden Gletscher Leichen frei.
Foto: Vorarlberger Landesbibliothek Die Lawinenkatastrophe von Blons im Großen Walsertal am 11. Jänner 1954 72 ALP #4
ANRISSHÖHE:
Senkrecht am Hang gemessene Höhe der Lawine.
TYPOLOGIE
SCHNEEBRETTLAWINE:
Abgerissene Schneetafel. Entsteht nach Loslösung eines Schneebretts von einer Schwachschicht. Sowohl bei trockenem wie auch bei nassem Schnee selbst ausgelöst oder fremdverursacht möglich. Anriss meist linienförmig und breit. Fordert über neunzig Prozent der Lawinenopfer.
LOCKERSCHNEELAWINE:
Abrutschender, lockerer Schnee. Reißt auf dem Weg nach unten weiteren Schnee mit sich. Meist spontan ausgelöst. Fordert weniger als zehn Prozent der Lawinenopfer.
GLEITSCHNEELAWINE:
Rutscht als gesamte Schneedecke direkt vom Untergrund ab. Ohne Schwachschicht und Bruch. Löst sich bei erhöhter Feuchtigkeit am Boden der Schneedecke.
NASSSCHNEELAWINE:
Löst sich meist spontan bei Regen oder Erwärmung. Kann als Schneebrett- oder Lockerschneelawine auftreten und bewegt sich langsamer als trockene Arten.
STAUBLAWINE:
Vermischung von trockenem Schnee und Luft. Entwickelt sich aus Schneebrettlawinen mit großer Fallhöhe. Kann bis zu 300 km/h erreichen und riesige Schneestaubwolken erzeugen.
ALTSCHNEE:
Mindestens drei Tage alter, bereits körniger Teil der Schneedecke (Dichte: 0,2–0,4 g/cm3).
FISCHMAUL:
Den Boden freilegender Gleitschneeriss in Form eines Mundes und Alarmzeichen für kommende Gleitschneelawinen. Bereiche unterhalb von Fisch- bzw. Gleitschneemäulern sollten wegen der möglichen Gefahr von Gleitschneerutschen bzw. Gleitschneelawinen möglichst gemieden werden.
FIRN:
Mindestens ein Jahr alter, stark verdichteter Schnee infolge von Schmelz- und Gefriervorgängen (Dichte: 0,4–0,8 g/cm3).
LAWINENHÖCKER:
Aufgeschüttete Erdhaufen zur Lawinenabwehr, erinnert an gewaltige Maulwurfshügel.
LAWINENSCHADHOLZ:
Nach dem Winter in mühsamer Arbeit wegzuräumende Überreste aus Baumstämmen, Ästen und Zweigen. Beliebter Nistplatz von Borkenkäfern.
NEUSCHNEE:
Frisch gefallener, lockerer, da meist wenig gebundener Schnee (Dichte: 0,05–0,1 g/cm
SCHWACHSCHICHT:
Tiefer liegende, nicht erkennbare poröse Schicht der Schneedecke, die im Lawinenfall bricht
LAWINENABC
e 73 WINTER
ICH, SPÄTZLEGOTT,
VON ARMIN THURNHER
74 ALP #4
UND MEINE MUTTER
Foto: Christoph Skofic
Sie, von der unser Autor gelernt hat, wie man Kässpätzle richtig zubereitet, ist heuer hundert Jahre alt geworden.
Ihre Kässpätzle sind so perfekt wie immer
Jeder Vorarlberger hat seine Privatgeschichte des Alpkäses. Einst fand er sich bei meinen Wanderungen in Proviantdosen aus Aluminium zwischen Schwarzbrothälften, weich und schwitzend vor Hitze, neben der Feldflasche mit kaltem Pfefferminztee. Er spielte bei jedem Abendessen eine Rolle, egal ob als Brotauflage oder zu Pellkartoffeln. Wurde der Käse, täglich ausund wieder eingepackt, dann zu hart zum Essen, eignete er sich immer noch gut für Spätzle. Die gab es oft, aber niemals zu oft. Ich erinnere mich gut an jenen Verkäufer im feinsten Wiener Feinkostgeschäft, der vor einem Tisch stand, auf dem turmartig Käse aus Vorarlberg aufgeschichtet war: Alpkäse, Räßkäse, Mischling, gekrönt von einem Wimpel in den Vorarlberger Landesfarben. Und ich erinnere mich noch besser an sein ratloses Gesicht, als ich ihn fragte, ob er wisse, wozu dieses Arrangement eigentlich diene?
Er, dessen Aufgabe es war, alles über die angebotenen Delikatessen zu wissen, und der jederzeit imstande war, über die Schattierungen diverser Blauschimmel und den cremigen Reifezustand des Brie, die bitterblaue Würze des Stilton oder die herbe Feuchte des Ziegenkäses im Kastanienblatt Auskunft zu geben, für ihn, der das alles wusste, war der Brauch des Anfertigens von Kässpätzle ungefähr so exotisch wie das legendäre Braten des ominösen Hammels im Hinterhof, das zu gewissen Zeiten einheimische Nasen in unzumut-
barer Weise belästigte und einer gewissen Variante anrüchiger Politik geradezu als Chiffre diente.
Ich konnte dem Mann im Meinl helfen, obwohl er es im Grunde gar nicht so genau wissen wollte. Ein halb verlegenes, halb erleichtertes Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Aha, Kässpätzle! Er tat dankbar, war aber zugleich peinlich berührt. Er war für Belehrungen zuständig, nicht dafür, belehrt zu werden.
Was ich ihm nicht sagte: Meine Großeltern waren Wirtsleute, und ich bin in ihrem Wirtshaus auf die Welt gekommen, im ersten Stock zwar, wo damals meine Eltern wohnten, aber immerhin nicht im Spital, und die Wette gilt, dass während meiner Geburt, die nicht sehr zügig verlaufen sein soll, unten Kässpätzle zubereitet wurden, von meiner Großmutter, deren Kompetenz in derlei Dingen unbestritten war. Sie galt auch als unübertroffene Köchin von Schnecken (selbst gezogen), Kutteln (gebraten!), Beuschl, sauren Leberle und Nierle.
Diese Gerichte waren so gefragt, dass mein Großvater, als er in Pension ging und das Haus verpachtete, seinen Pächtern Folgendes zur Bedingung machte: Egal was sie sonst anboten, sie müssten diese Innereien in der klassischen Form im Angebot haben. So konnte man in späteren Jahren, denn es handelte sich um das Gasthaus Zoll in Bregenz, nachmals mit drei Hauben ausgezeichnet und für eine kurze Zeit bestes Lokal des Landes genannt, Menschen im Blaumann erblicken, die sich an einem mit Damast gedeckten Tisch gemütlich machten, Nierle bestellten und aus der Küche statt eines raffinierten, aber doch dürftigen Grußes einen ordentlichen Teller voll des Bestellten bekamen. Nach der zweiten Haube war es damit vorbei, der Großvater starb, und die Frau des Koches flötete die Gäste nur noch an, ob sie wohl „üsere Nüdele“ kosten möchten, also die hausgemachten Nudeln, in deren Nest sich ein „Hümmerle“ schmiegte, und andere gewiss großartig zubereitete Speisen. Vergangen waren Nierle und Spätzle, vertan das kulinarische Erbe der Oma.
Aber da war (und ist) ja meine Mutter, und von der lernte ich, was Essen betrifft, so allerlei. Die erste Lehre bestand darin, dass man besser nicht ein Wirtshaus übernehmen solle. Sie hatte erlebt, was
das bedeutet: karges Familienleben, Arbeit und Einsatz rund um die Uhr. Aber sie lehrte mich auch, wie man Spätzle macht. Die einzig richtigen natürlich. Spätzle halfen mir zum Start meiner Karriere als Küchenautor, und von keiner Speise habe ich so oft Rezepte veröffentlicht. Vor Jahrzehnten erschien mein erstes, gleich in einer Kochzeitschrift. Werner Meisinger war damals Chefredakteur des Kochjournals „Gusto“ und erteilte mir zum ersten Mal den Auftrag, etwas über die end-, letzt- oder absolut gültigen Kässpätzle zu schreiben. Konsequenterweise verwies ich ihn an meine Mutter. So saßen wir in meinem Elternhaus in Bregenz zu Mittag und aßen an einem schönen Augustmittag bei zirka 35 Grad im Schatten Kässpätzle, wie sie sich gehören und wie man sie leider allzu selten bekommt. Am Abend gingen wir dann auch noch in den Zoll ordentlich essen, was mit unserer Unterlage kein Problem darstellte.
Im Rezept, das ich Meisinger dann lieferte, schrieb ich, was ich seither immer wieder wiederhole, was aber an den weiterhin publizierten Kässpätzle-Rezepten im Wesentlichen nichts ändert. Man soll sich als Publizist über seinen Einfluss keine Illusionen machen. Diese Rezepte der diversen Foren und die Anleitungen selbst von Meisterköchen strotzen vor Irrtümern und werden pappige, nockerlhafte Gebilde hervorbringen, aber keine Kässpätzle. Das bäuerliche Gericht mag seine Varianten haben, es mag verschiedene Schulen und Richtungen geben, wie es zuzubereiten sei. Aber eins ist klar: Die Spätzle müssen klein sein, nicht zu hart und nicht zu weich. Im Übrigen sind Kässpätzle eine Glaubensfrage. Es gibt für mich nur eine wahre Art, sie zuzubereiten, und die wird in den folgenden Handreichungen auch für Nicht-Vorarlberger minutiös erklärt, wie ich es von meiner Mutter gelernt habe.
75 WINTER
HANDREICHUNG
NUMMER EINS:
Sagen Sie niemals Käsespätzle, oder gar Keeesespetzle! Es heißt Kässpätzle, das „ä“ so offen und scharf wie in „mäh“, „bäh“ oder „Räßkäs“ (auch dieser besser ohne „e“ am Ende).
HANDREICHUNG
NUMMER ZWEI: Besorgen Sie sich den richtigen Spätzlehobel und nennen Sie ihn fortan „Spätzler“ („ä“ wie oben). Was man Ihnen in Wien und Umgebung – diese reicht in diesem Fall bis zum Arlberg – als Hobel anbieten wird, hat viel zu große Löcher. Spätzle (die Diminutivnachsilbe deutet es an) sind zierliche Dinger, keine groben, fetten Nockerln. Man kann ja auf östlichen Tellern Nockerln erblicken, die westliche Suppeneinlagen wie Grieß- oder Leberknödel an Größe übertreffen. Besorgen Sie sich einen Spätzler aus Vorarlberg! Maximaler Lochdurchmesser: 6,5 Millimeter.
HANDREICHUNG
NUMMER DREI:
Schlagen Sie den Teig niemals glatt ab. Schlagen Sie vielmehr dem Koch, der Ihnen solches empfiehlt, diese Empfehlung glatt ab. Er offenbart damit nur seine spätzlemäßige Inkompetenz. Spätzle müssen schnell hergestellt werden, am besten in kleinen Portionen. Niemals eine größere Teigmenge anrühren! Dazu unten mehr. Das Wasser muss schon sprudelnd kochen, ehe Sie mit der Teigvorbereitung überhaupt beginnen!
HANDREICHUNG
NUMMER VIER:
Beginnen Sie mit dem Frittieren der Zwiebeln. Diese werden nudelig, also in längliche Streifen geschnitten, bemehlt und frittiert – das dauert eine Zeitlang, da wir keinen Ehrgeiz haben, ein tiefes Dunkelbraun zu erreichen, sondern uns mit einem milden Goldbraun zufrieden geben, aber dennoch ausreichend Zwiebeln benötigen, die wir vermutlich nicht auf einmal frittieren können; anschließend auf Küchenpapier abtropfen lassen, salzen und warm stellen.
HANDREICHUNG
NUMMER FÜNF:
Besorgen Sie die richtigen Käse. Fertige Spätzlemischungen müssen Sie ausprobieren. Hier gibt es verschiedene Schulen, aber die Tradition der Rechtgläubigen verlangt, dass fette und magere Käsesorten sich folgendermaßen mischen: Entweder je 1/3 Alp-, Räß- und Sauerkäse oder je ein Viertel von diesen, ergänzt durch ein Viertel vom Mischlingskäse, das ist etwas Tilsiterartiges aus verschiedenen Milcharten (deswegen Mischling). „Räß“ bedeutet scharf, scharf wird der Räßkäse durch das Salzbad, in dem er lange liegt. Der Alpkäse braucht nicht von edelster Sorte zu sein, aber – als Geschmacksträger – von guter. Und nicht zu junger, zwölf Monate werden vorgeschrieben. Der Saure Käse (Surakäs) ist ein Magerkäse, der aber nicht zu sehr gereift sein darf, sonst quargelt er, und wenn er gar nach Ammoniak riecht, mag er die Gelüste manchen Käseperverslings befriedigen, die Spätzle würde er ruinieren.
HANDREICHUNG
NUMMER SECHS:
Reiben Sie diese Käse mit den gröberen Löchern Ihrer Raspel und mischen Sie sie sorgfältig miteinander.
HANDREICHUNG
NUMMER SIEBEN:
Bringen Sie das Wasser in einem großen Topf zum Kochen und salzen Sie es ausgiebig. Ein paar Löffel dieses Wassers werden am Schluss unter die Spätzle-KäseMischung gerührt und lösen den Käse auf, sodass dieser zart fließend die Spätzle umhüllt.
HANDREICHUNG
NUMMER ACHT:
Jetzt kann’s an den Teig gehen. Das Mehl: fein und weiß, am besten das beliebte Mehl Typ 700. Bereiten Sie den Teig in kleinen Portionen vor. Prinzip: Wenig Ei, mehr Wasser, Salz nicht vergessen. Geben Sie zuerst Salz und das Ei hinein, dann das Wasser und „stupfen“ sie das Ganze kurz, wenn zu trocken, mit Wasser strecken.
Ganz wichtig: den Teig keinesfalls abschlagen und dann womöglich ruhen lassen! Nein, ganz kurz vermischen, sodass Eigelb und Eiweiß noch unterscheidbar sind.
Auch die fertigen Spätzle sind gelb-weiß, wenn sie richtig gemacht wurden. Fertige Teigportion sofort mit dem Kochlöffel in den Spätzler geben und ins kochende Wasser hobeln, einmal aufkochen lassen, herausheben, in einer Schüssel warm halten.
HANDREICHUNG
NUMMER NEUN:
Spätzle schichtweise in einer vorgewärmten Schüssel mit dem vorbereiteten Käse vermischen, etwas vom Kochwasser drunterrühren. Die Konsistenz sollte etwa der eines Risotto all’onda gleichen. Ordentlich zerlassene Butter darübergeben, mit grobem Pfeffer würzen und mit gerösteten Zwiebeln garnieren.
HANDREICHUNG
NUMMER ZEHN:
Sind Sie Vorarlberger und nostalgisch gestimmt, nehmen Sie Erdäpfelsalat dazu. Grüner Salat ist jedoch erlaubt. Sollten wider Erwarten Spätzle übrig bleiben, braten Sie diese am nächsten Tag in einer beschichteten Pfanne knusprigbraun. Das ist eine Herausforderung für Ihren Dunstabzug und Ihren Cholesterinhaushalt, wird Ihnen aber hervorragend schmecken.
MEINE MUTTER FEIERTE
IM AUGUST 2019 IHREN
100. GEBURTSTAG, IN PRÄCHTIGER VERFASSUNG, NUR DAS KURZZEITGEDÄCHTNIS LÄSST NACH. IHREN SPÄTZLE
IST DAS NICHT ANZUMERKEN.
DIE SCHMECKEN
WIE IMMER.
76 ALP #4
ZUTATEN FÜR
VIER PERSONEN:
40 DAG MEHL (TYP 700)
MAXIMAL 2 EIER (ZU VIELE MACHEN DIE SPÄTZLE HART)
CA. 3/8 L WASSER
SALZ
30 DAG KÄSE (ALP-, RÄSS-, MISCHLING, SAUERKÄSE) BUTTER
1 GROSSE ZWIEBEL
77 WINTER
Foto: Fotowerk.cc/Frigesch Lampelmayer
AUCH I M RETNIW FUA D E R ALP
VON NINI TSCHAVOLL
Foto: Nini Tschavoll Kathi Bickel hat die Breithornhütte auf der Alp Oberpartnom im Jänner 2020 von ihrer Schwiegermutter Martha übernommen 78 ALP #4
Im Winter gibt es auf der Alp nichts außer Schnee zu beißen? Falsch. Auf der Alp Oberpartnom bekochen Martha und Kathi Bickel, die neue Hüttenwirtin, Gäste, die es schaffen, bis hier herauf zu kommen
WIE ICH AUF DIE ALP OBERPARTNOM GEKOMMEN BIN
Sonntag – nein, nicht der Tag, die Gemeinde im Großen Walsertal. Von hier führt eine Seilbahn über das tiefe Tal der Lutz hinüber nach Sonntag-Stein. Die Kabine ist klein und alt – Nostalgie? Ich will auf die Alp Oberpartnom, mit Schneeschuhen oder Tourenski bei guter Kondition in eineinhalb Stunden zu erreichen. Ich nehme den Sessellift. Auch er ist alt, ohne gewärmte Sitze oder gar Schneehaube. Die Bergstation empfängt mich mit Schneefall, der Liftwart mit einem wettergegerbten, spitzbübischen Gesicht. Er weist mir den Weg hinunter zur Breithornhütte, die zur Alp Oberpartnom gehört. Ich stapfe ins weiße Nichts, das Geräusch des Sessellifts wird bald leiser. Dann höre ich nur noch das Knirschen der eigenen Schritte im Schnee. Zu sehen ist hauptsächlich Weiß. Trotzdem finde ich zur Alp. Hier warten zwei Frauen zu einem schönen Gespräch am warmen Ofen in der Breithornhütte auf mich. Die Alp Oberpartnom im Großen Walsertal gehört zum Gemeindegebiet Sonntag-Stein. Ein Hüttenensemble duckt sich unter dem 2.081 Meter hohen Berg, von dem die Hütte den Namen hat. Nach dem Gespräch geht es zurück. Fünfzehn Minuten bergauf. Am Sessellift erblickt mich der Liftwart im Schneegestöber und läuft um eine Wolldecke.
Wie heißt es über die Streif: „A Hell of a Ride“. Der erwartet mich jetzt. In der Wolldecke auf dem eiskalten Sessel, die Kapuze übers Gesicht gezurrt in der Hoffnung, den nadelstichartigen Schneegraupeln zu entgehen. Keine Mausefalle, kein Steilhang, aber Kompression: Windstöße lassen das Stahlseil und die Sessel des Liftes hin- und herpendeln, auch auf und ab geht es. Wieso wohl bin ich die Einzige am Lift? Ich versuche, mich durch das Geschaukel zu atmen – seekrank am Berg? Nicht über Sonntag! Es graupelt mich zu.
In Sonntag-Stein taumle ich aus dem Sessel. Tee! Schnaps! Jetzt nur noch die alte Seilbahn. Mit wetterscheuen Skitouristen dränge ich mich in die kleine Kabine. Ahnungslos, dass auch eine talwärts fahrende Seilbahnkabine atemberaubend schaukeln kann. Endlich kommt Sonntag in Sicht.
WIE MARTHA AUF DIE ALP
OBERPARTNOM GEKOMMEN IST
Im Winter 1962 wurde Martha als eines von acht Kindern in Fontanella geboren. Als die Mutter schwer erkrankte, musste das einzige Mädchen der Familie Verantwortung übernehmen. Mit 18 Jahren lernte sie Hermann Bickel aus Raggal kennen, mit 21 war er dann „ihrer“. „Vielleicht aus Angst, ich würde sonst für immer im Elternhaus bleiben müssen und meine
Brüder versorgen“, lacht sie. Den ersten Sommer verbachten die Frischvermählten auf der Alp Oberpartnom. Zu dieser Zeit noch eine gewöhnliche Alphütte: Wo heute Waschraum und Toilette sind, ging das Vieh aus und ein.
Von da an zog die Familie jeden Sommer mit dem Vieh vom Hof in Raggal auf die Alp auf 1.690 Meter Seehöhe. Hermann kümmerte sich um das Vieh. Später wurde auch die Sennerei heroben wieder in Schwung gebracht. Martha brachte vier Kinder zur Welt, zog sie im Tal und auf der Alp groß. Dann verlor sie einen Sohn. Ein Bild von ihr und dem lächelnden Manuel, der an seinem 21. Geburtstag verunglückte, hängt in der Gaststube neben dem Ofen.
Es musste weitergehen. Der Zusammenhalt der Familie half, das Unglück zu verkraften – so gut es ging. Bernhard, ihr Ältester, kam als Techniker weit in der Welt herum – und dann doch wieder zurück, weil am Hof viel Arbeit war. Für die langen Walser Winter suchte der junge Bauer eine Beschäftigung und fuhr 2009 ins Pitztal, um sich auf die Skilehrerprüfung vorzubereiten. Dort begegnete er Kathi aus St. Leonhard. Die gelernte Köchin und Küchenchefin in einem Hotel wollte aus Neugier im Winter einmal im Service arbeiten. „Ein Glück, dass er die Kathi dort kennengelernt hat“, sagt Martha.
79 WINTER
Filmdorf
Von Sommer 2009 bis Winter 2010 wurde die Alpe Oberpartnom zum Schauplatz für den Film „Der Atem des Himmels“ nach einem Roman von Reinhold Bilgeri. Die Handlung dreht sich um die Lawinenkatastrophe von 1954 im Großen Walsertal, bei der 125 Menschen ihr Leben lassen mussten. Bilgeri, der auch Regie führte, ließ von lokalen Handwerkern und Kulissenbauern mehrere Gebäude, darunter eine Dorfkirche, die Dorfschule und ein Gasthaus, errichten. Martha Bickel mimt in diesem Film die Frau des Bürgermeisters. Kochen musste sie nicht, die Filmfirma hatte ein Catering.
WIE KATHI AUF DIE ALP OBERPARTNOM GEKOMMEN IST
Kathi wurde 1985 in Tirol geboren. 2010 kam sie ins Große Walsertal und zog auf den Hof der Familie Bickel in Raggal. Bevor sie mit ihrem Mann Bernhard, mit dem sie die Leidenschaft fürs Wandern teilt, eine Familie gründete, absolvierte sie eine kaufmännische Lehre. „Ich hatte damals noch nicht die Gedanken, dass ich die Hütte später einmal übernehmen würde“, erzählt die junge Frau. Aus heutiger Sicht fügte sich so eines zum anderen, das Gelernte lässt sich jetzt bestens anwenden. Dann kamen die drei Töchter Leonie (7), Sophia (6) und Milena (3) zur Welt. Damit und mit der Arbeit am Hof waren die letzten Jahre mehr als ausgefüllt. Die junge Familie wohnt im oberen Stock, Martha, Hermann und die Tochter Maria im unteren Teil des Hauses in Raggal. „Das Melken ist bei uns reine Männersache“, sind sich die beiden Bäuerinnen einig. Ansonsten habe jede ihren Aufgabenbereich und könne dennoch der anderen zu jeder Zeit aushelfen. Kathi ist gut im Vermarkten der hauseigenen Käse- und Wurstprodukte, bis nach Wien verschickt sie den Käse aus Oberpartnom. Wenn oben auf der Hütte viel los ist, zaubert die Köchin routiniert Traditionelles und Bodenständiges auf die Teller. Bei Hochzeiten, Familienfesten oder Firmenfeiern lassen sich die beiden Frauen selbst im größten Trubel nicht aus der Ruhe bringen.
„Die Martha hat Nerven aus Stahl, wenn es rundgeht.“ So jemanden habe sie im Gastgewerbe noch nicht angetroffen, erzählt Kathi bewundernd. Besonders gut kommen im Winter die Kässpätzle auf der Breithornhütte an, gefolgt vom würzigen Älplerrösti, das heute auf der Karte steht. Auch Kaspressknödel gibt es, eigentlich ein Tiroler Gericht, das mit Kathi auf die Alp gefunden hat. Die einfachen und vorwiegend bei Vorarlbergern beliebten „Gsottne Grumpra“ aka Pellkartoffeln werden mit Käse, Butter und Kräuteraufstrich serviert.
Foto: Nini Tschavoll
80 ALP #4
Martha und Kathi Bickel in der Breithornhütte auf der Alp Oberpartnom
Zu Jahresanfang hat Martha den Betrieb offiziell an ihre Schwiegertochter übergeben. Es habe sie überrascht, dass das Angebot bereits jetzt kam, sagt die frisch gebackene Hüttenwirtin. „Aber das Leben besteht aus Herausforderungen. Ich habe mich gefreut und sofort Ja gesagt!“ Die offenkundige Harmonie zwischen den zwei Frauen beruht auf ihrem spürbaren Einverständnis in vielen Dingen und auf der Achtung vor der Leistung der jeweils anderen. „Die Martha ist eine ganz besondere Frau. Ich habe das Gefühl, landauf, landab kennt sie einfach jeder“, sagt Kathi. Zu Martha käme man zu Besuch, nicht als Gast. Ihre Schwiegermutter würde bei so gut wie jedem ein Wohlgefühl erzeugen. „So gesehen liegt die Latte hoch“, lacht die junge Wirtin.
Martha wiederum erwartet sich von ihrer Schwiegertochter nicht, dass sie alles genau so weiterführt, wie sie es in den letzten dreißig Jahre gemacht hat. „Ich gehöre nicht zu denen, die glauben, dass alles immer so bleiben muss, wie es war. Ich denke, dass ein Zusammenwirken aus der Erfahrung der Alten und den Ideen der Jungen für beide Seiten sehr inspirierend und gedeihlich sein kann. Wenn meine Enkelinnen später auch einmal mithelfen wollen, geht es vielleicht sogar in die dritte Generation, wer weiß? Solange ich mithelfen kann und gebraucht werde, bin ich da. Aber ich werde bestimmt nicht klammern, bis ich achtzig bin.“
Dazu sind Martha und ihr Hermann noch viel zu aktiv. Beide sind sportlich, Skifahren zählt zu ihren großen Leidenschaften. Dafür fahren sie auch gern einmal ein
Stück weiter und schauen, ob es sich im südtirolerischen Alta Badia auch so gut die Hänge hinunterwedeln lässt wie in Vorarlberg. Zum Wandern hat es sie sogar schon in die Berge von Ruanda und Uganda verschlagen, wo sie am Margherita Peak unterwegs waren. Wenn Martha davon erzählt, leuchten ihre Augen. „Schön war das. Man kann nicht immer nur schaffa und dann irgendwann in den Gummistiefeln umfallen“, meint sie, bevor sie einigen rotbackigen schneeschuhwandernden Bäuerinnen aus Sonntag ein Willkommensschnäpsle serviert.
ALP
EINE NEUE HÜTTENWIRTIN AUF DER
OBERPARTNOM
Foto: Nini Tschavoll
Familienbetrieb Bickel: Auch Kathi Bickel hofft, dass eines ihrer Kinder die Tradition fortführt 81 WINTER
ÄLPLERRÖSTI
ZUTATEN
für 1 Portion:
250 g Kartoffeln
80 g Speck
1/2 Zwiebel
Salz
Pfeffer
Kümmel
Butter zum Braten geriebenen Käse zum Überbacken
1 Ei
3.
VON KATHI BICKEL 82 ALP #4
2.
Rezept
Zubereitung
Die Kartoffeln kochen, schälen und fein reiben.
Tipp:
Die Kartoffeln lassen sich leichter reiben, wenn sie ganz abgekühlt sind!
Seit 1994 ist die Sennerei auf der Alp Oberpartnom wieder in Betrieb. Jährlich werden hier von Othmar und Petra Schneider 9 Tonnen Käse und 1.000 kg Butter produziert. Ein Drittel davon wird über den Großhändler Rupp vermarktet, der Rest wird privat verkauft.
Den Speck und die Zwiebel in kleine Würfel schneiden.
Den Backofen auf 180 Grad vorheizen.
Etwas Butter in einer Pfanne erhitzen, die Kartoffelmasse in die heiße Pfanne geben, mit Salz, Pfeffer und Kümmel würzen und 5–6 Minuten bei kleiner Flamme goldbraun braten. Dabei immer wieder wenden.
In der Zwischenzeit die Speckund Zwiebelwürfel in einer Pfanne kurz anbraten und diese dann unter die Kartoffelmasse mischen.
Die Rösti-Masse in ein feuerfestes Geschirr geben, geriebenen Käse darüberstreuen und für ca. 5 Minuten in den Backofen geben.
In der Zwischenzeit etwas Butter in einer Pfanne erhitzen und ein Spiegelei braten.
Das Spiegelei auf die überbackenen Rösti geben und nach Belieben mit frischem Schnittlauch bestreuen.
1. 2. 3. 4. 5. 4. Breithornhüt te · FamilieBickel · Gä s t e z mi rem · frodhcriK 941 – laggaR1476 · htierb o r n h u e tte. at · 83 WINTER
O VORARLBERG, DEIN KÄSEWERK SAGT MUH DAZU!