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Analyse, Entwurf, Konstruktion Grundlagen der Architektur

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Bachelor-Studium

Bachelor-Studium

Dozentin

Prof. Friederike Kluge

Assistenz

Jan Borner Daniel Ebertshäuser Silvio Hoffmann Andrew Mackintosh Magdalena Stalder

ECTS

15

Bewertungsgrundlage

Projektarbeit benotet

Form

Vermittlung von Grundlagenwissen (Vorlesungen, Inputs, Referate) Wochenübungen mit unterschiedlichem Fokus. Entwicklung eines architektonischen Projekts im begleiteten Selbststudium mit regelmässigem Austausch in unterschiedlichen Gruppengrössen und -konstellationen. Finale Ausstellung.

Integration und Begleitung

Prof. Andrea Klinge: Zirkuläres Bauen

Aus dem Leben eines Baumaterials

Im ersten Semester des Grundstudiums nähern wir uns dem architektonischen Entwurf und der Konstruktion, indem wir uns mit Materialien der Primärkonstruktion beschäftigen. Es geht darum, Baumaterialien möglichst genau und direkt kennen zu lernen, mit ihrer Erscheinung, ihren gestalterischen und konstruktiven Eigenschaften sowie dem jeweiligen Lebenszyklus, von der Rohstoffgewinnung, der Herstellung und Verarbeitung, zu Transport und Nutzung bis zum Recycling, bzw. zur Frage der Kreislauffähigkeit.

Wir beschäftigen uns mit dem uns zugeordneten Ausgangsmaterial handwerklich, haptisch, künstlerisch, recherchierend sowie über die Analyse von ausgewählten, gebauten Referenzen. Wir sehen uns den ökologischen Fussabdruck der Materialien an und stellen einfache Berechnungen zu den Konstruktionen auf, um sie miteinander zu vergleichen.

Aus dem erworbenen Wissen heraus wird über das Semester hinweg in Teams ein übergeordnetes Konzept für eine erweiterte Nutzung der drei Wartenberg Ruinen in Muttenz entworfen. In Einzelarbeit entwickeln wir einen ungedämmten Schutz- und Informationsraum für je einen der drei Standorte. Ziel ist dabei, über aufeinander abgestimmte Übungen hinweg die wesentlichen Grundlagen des architektonischen Raumbildens sowie die Konstruktionsprinzipien zu erlernen und sich gleichzeitig ein breites Repertoire an Werkzeugen und Entwurfsmethoden zu erarbeiten. Die Studierenden entwickeln ein Verständnis für die Interaktionen gebauter und natürlicher Lebensräume und was beim Entwickeln von Architektur zu berücksichtigen ist, damit diese sich in das Ökosystem und einen Stoffkreislauf einfügt. Dabei wird stets der Zusammenhang von Gestalt, Konstruktion, Material und Funktion in einem kontinuierlichen Diskurs im Atelier mit Mitstudierenden und Lehrenden analysiert, diskutiert und interpretiert.

Polizeirapport über den Wartenbergrutsch, am späten Nachmittag des 10. April 1952 aufgenommen. Foto: Wachtmeister Frey, Polizeikorporal Wagner

Übungsablauf

Nach einer intuitiven Einstiegsübung, bei der wir uns mit lokalen, vorgefundenen Abfallmaterialien beschäftigen, lernen wir im ersten Block, neben dem Material (Übung 02) auch den Ort kennen, dessen Geschichte sowie das vorgefundene Ökosystem. Wir konzentrieren uns auf einzelne Sinneswahrnehmungen (Übung 03) und stellen atmosphärische Beobachtungen an, um die Qualitäten des Ortes zu erkennen. In Übung 04 beschäftigen wir uns mit den Nutzern des Ortes, d.h. sowohl mit den unterschiedlichen Tierarten und ihrem Habitat, als auch mit den Menschen, die den Ort besuchen und beleben. Wir experimentieren mit unterschiedlicher Massstäblichkeit und entwickeln aus diesen Untersuchungen eine erste Idee, wie man den Ort bespielen könnte. Diese Annäherung wird zur Zwischenkritik im grossen Plenum besprochen. Dabei geht es weniger um richtig und falsch, sondern darum, ein architektonisches Vokabular zu entwickeln, eine eigene Haltung im Spannungsfeld zwischen gebautem Eingriff, Geschichte und Natur zu finden und die dafür notwendige Eingriffstiefe zu definieren.

Im zweiten Block und in der Übungsfolge 7 – 9 beschäftigen wir uns mit unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien und lernen die Gesetzmässigkeiten von Massiv- und Filigranbau kennen. In vier Workshops mit begleitender Vorlesung (Massiv I: Geschalte Masse, Massiv II: Geschichtete Module, Filigran I: Industrielles Stabwerk, Filigran 2: Biogenes Stabwerk) erlernen wir die Prinzipien von grundlegenden Konstruktionen. Wir kategorisieren die untersuchten Materialien und finden Parallelen, Prinzipien, Vor- und Nachteile. In praktischen Übungen untersuchen wir Positiv- und Negativraum, experimentieren mit Prinzipien des Mauerverbands und lernen Gesetzmässigkeiten des Fügens stabförmiger Elemente kennen.

Ansichtkarte Ruinen Wartenberg, adressiert an Herrn Hauptlehrer Jost, Baden. Frankiert mit 10 Rappen, Foto: Verlag des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Muttenz

Östliche Umfassungsmauer mit Tor, Vordere Ruine Wartenberg, aufgenommen um 1860, Foto: Quiquerez, Edouard Für die folgenden Übungsschritte wählen die Studierenden, zusätzlich zu dem von ihnen untersuchten Material ein weiteres Material ihrer Gruppe aus. Das können zwei Massivbaumaterialien, ein reiner Filigranbau oder eine Hybride Konstruktion aus einem massiven und einem filigranen Material sein. Wir fokussieren uns in Übung 10 auf die Kräfte, die unsere Konstruktionen aufnehmen müssen, auf die Tragwerksstruktur und die Einleitung der Kräfte in den Boden. Wie wird ein Gebäude ausgesteift? Wie formuliert sich Sockel und Fundament? Als weitere konstruktionsbestimmende Einflüsse kommen in Übung 11 die Themen Wasser und Sonne hinzu. Wie reagiert die Konstruktion abhängig von Klima, Topografie, Ort und Ausrichtung? Wir lernen vom gebauten Bestand und lassen unsere Erkenntnisse in die Konstruktionen der Semesterentwürfe einfliessen. Wir bauen Detailmodelle, um unsere Aussagen zu überprüfen und die architektonische Idee zu verdeutlichen. Das fertige Projekt wird in der vorgezogenen Schlusskritik erläutert und diskutiert. Das gebaute Resultat setzen wir mit der prognostizierten Lebensdauer und dem C02 Verbrauch der Konstruktion in Relation.

Im letzten Block werfen wir noch einmal einen gezielten Blick auf das Thema der Kreislauffähigkeit und nehmen den Entwurf wieder auseinander. Wir geben Raum für das Danach, wenn die Nutzungszeit des Projekts vorüber ist und allfällig noch vorhandene Materialien zurückgebaut werden. Was lernen wir dabei über die von uns projektierte Konstruktion? Wie kann man das Auseinandernehmen vereinfachen, die Verbindungen trennen, Bauteile und Materialien wieder-, weiterverwenden oder rezyklieren? Wie das Ende des Gebäudes bereits am Anfang mitdenken? Wir schärfen die Terminologie, lernen vom aktuellen Forschungsstand und experimentieren mit Möglichkeiten der Wiederverwendung. In der vorletzten Übung beleuchten wir das Thema des Bauprozesses, bevor wir den ganzen Lebenszyklus des Materials gemeinsam mit externen Experten rekapitulieren. Für das Semesterendgespräch organisieren wir eine Ausstellung, reflektieren Gelerntes wie offene Fragen und versuchen zuletzt gemeinsam zu beantworten, was Entwerfen bedeutet und wie es gelingen kann.

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