Oberhausen rr 13 1

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OBERHAUSEN-SPEZIAL

OBERHAUSEN-SPEZIAL

Kultur in Oberhausen

Gute Hoffnung Oberhausen hatte in diesem Jahr einen runden Geburtstag zu feiern. Ein über die Stadtgrenzen hinaus schallendes Fest gab es jedoch nicht: Die Zeiten sind einfach nicht danach. „Stadt der guten Hoffnung“ heißt, wie zum Trotz, eine historische Geburtstagsausstellung im Rheinischen Industriemuseum. Sie wurde erst im Herbst zum Ende des Jubiläumsjahrs eröffnet. Da können wir dann wohl auch noch unsere herzlichen Glückwünsche nachreichen.

— Vom Schloss Oberhausen (Fotos oben und ganz rechts) ging der Name auf den Bahnhof über. Dann erst wurde die Gemeinde Oberhausen gegründet. Im Wasserturm des Bahnhofs residiert heute die stadt-

Aus „rund“ darf man in diesem Fall nicht auf ein ehrwürdiges Alter schließen; unter den Städten ist Oberhausen mit 150 Jahren wahrlich ein Jungspund. Seine kurze Geschichte wird gern als typisch für das ganze Ruhrgebiet zitiert. Nicht ganz zutreffend. Aber es erzählt sich halt so schön wildwestmäßig. Denn wo heute „Alt“Oberhausen ist, war vor 200 Jahren so gut wie – nichts. Karge Heide, ein paar Bauernhöfe. Wenige hundert Menschen.

Dann kam bekanntlich 1847 die Eisenbahn in diese verlassene Gegend und eröffnete einen Bahnhof. Der Name: Oberhausen. Nach dem zwei Kilometer entfernten Schlösschen des unbedeutenden Maximilian Friedrich von Westerholt-Gysenberg. Die Bahn baute ihre Strecke durchs platte Niemandsland, weil es billiger war. Aber nicht nur. Von Anfang an waren geschäftstüchtige Leute daran beteiligt, die Eisenbahn gerade an diesen Ort zu holen – und dann das Beste draus zu machen. Zum Beispiel Franz Haniel, Haupteigentümer der drei frühen Eisenhütten, die später als „Gutehoffnungshütte (GHH)“ firmierten und 1847 die Bahn gut als Anschluss wie als Kunden gebrauchen konnten. Ein anderer Haniel gründete 1854 gleich beim neuen Bahnhof die Zeche „Concordia“. Auch ein schlauer Bauer namens Stöckmann mischte mit: Schon 1846 baute er am Bahnhof eine Schankwirtschaft, mit der er bald die Arbeiter der neuen Zeche Concordia anzapfen konnte. 1859 schenkte Stöckmann der Gemeinde Styrum ein Grundstück – mit der geschäftstüchtigen Maßgabe, dass dort täglich Markt gehalten werden solle. Der heutige „Altmarkt“ wurde so zu einem Kern der späteren Stadtentwicklung. Dass es gut wäre, wenn das heranwachsende Etwas eine eigene Verwaltung bekäme, fanden alle Beteiligten. Im November 1861 wurde schließlich die Bürgermeisterei gegründet. Erst am 1. Februar 1862 trat Bürgermeister Friedrich Schwartz sein Amt an – zunächst kommissarisch. Er blieb dann aber 27 Jahre, und da er

beizeiten an seinem Ruhm arbeitete, wurde seine Amtseinführung zum Stichtag für alle Jubiläumsfeiern, auch 2012. Den Namen Oberhausen erbte die Gemeinde vom Bahnhof oder, wenn man will, vom Schloss, das allerdings bis 1909 gar nicht zum Gemeindegebiet gehörte.

| Gutehoffnungsstadt 1901 wurde Oberhausen mit über 40.000 Einwohnern kreisfreie Stadt, 1915 nach kleineren Eingemeindungen Großstadt (über 100.000 Einwohner). Bei der großen Gebietsreform 1929 schlossen sich die Städte Oberhausen, Osterfeld und Sterkrade zusammen: 193.000 Einwohner. Es gab Überlegungen, die neue Einheit „Gutehoffnungsstadt“ zu nennen. Das war eine schöne Anspielung auf die Prosperität der Industriestadt, vor allem aber eine realistische Beschreibung der Dominanz, welche

die GHH („Gehört Hauptsächlich Haniel“) mit ihren über die Stadt verteilten Hüttenwerken, Zechen und Siedlungen erlangt hatte. Am Ende gab doch Oberhausen als Seniorpartner des Zusammenschlusses den Namen für das Ganze. Im Rückblick war das wohl gut so. Es ist kein Wunder, dass ein Industriemuseum mit mehreren Standorten zu den kulturellen Höhepunkten im heutigen Oberhausen zählt. Das Haupt-Haus findet sich gleich hinter dem Hauptbahnhof. Die ehemalige Zinkfabrik Altenberg produzierte noch bis 1981dort, in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt. Heute wird hier die Geschichte der Schwerindustrie gezeigt, vor allem der Metallindustrie: riesenhafte Maschinen, Hämmer, Öfen, Gussformen, denen man sich zu ebener Erde und auf einem Galerieweg in halber Höhe nähern kann. Einen Kontrast zu so massiver

belebende Künstler-Initiative „kitev“.

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Ruhr Revue

Ruhr Revue

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Gute Hoffnung Oberhausen hatte in diesem Jahr einen runden Geburtstag zu feiern. Ein über die Stadtgrenzen hinaus schallendes Fest gab es jedoch nicht: Die Zeiten sind einfach nicht danach. „Stadt der guten Hoffnung“ heißt, wie zum Trotz, eine historische Geburtstagsausstellung im Rheinischen Industriemuseum. Sie wurde erst im Herbst zum Ende des Jubiläumsjahrs eröffnet. Da können wir dann wohl auch noch unsere herzlichen Glückwünsche nachreichen.

— Vom Schloss Oberhausen (Fotos oben und ganz rechts) ging der Name auf den Bahnhof über. Dann erst wurde die Gemeinde Oberhausen gegründet. Im Wasserturm des Bahnhofs residiert heute die stadt-

Aus „rund“ darf man in diesem Fall nicht auf ein ehrwürdiges Alter schließen; unter den Städten ist Oberhausen mit 150 Jahren wahrlich ein Jungspund. Seine kurze Geschichte wird gern als typisch für das ganze Ruhrgebiet zitiert. Nicht ganz zutreffend. Aber es erzählt sich halt so schön wildwestmäßig. Denn wo heute „Alt“Oberhausen ist, war vor 200 Jahren so gut wie – nichts. Karge Heide, ein paar Bauernhöfe. Wenige hundert Menschen.

Dann kam bekanntlich 1847 die Eisenbahn in diese verlassene Gegend und eröffnete einen Bahnhof. Der Name: Oberhausen. Nach dem zwei Kilometer entfernten Schlösschen des unbedeutenden Maximilian Friedrich von Westerholt-Gysenberg. Die Bahn baute ihre Strecke durchs platte Niemandsland, weil es billiger war. Aber nicht nur. Von Anfang an waren geschäftstüchtige Leute daran beteiligt, die Eisenbahn gerade an diesen Ort zu holen – und dann das Beste draus zu machen. Zum Beispiel Franz Haniel, Haupteigentümer der drei frühen Eisenhütten, die später als „Gutehoffnungshütte (GHH)“ firmierten und 1847 die Bahn gut als Anschluss wie als Kunden gebrauchen konnten. Ein anderer Haniel gründete 1854 gleich beim neuen Bahnhof die Zeche „Concordia“. Auch ein schlauer Bauer namens Stöckmann mischte mit: Schon 1846 baute er am Bahnhof eine Schankwirtschaft, mit der er bald die Arbeiter der neuen Zeche Concordia anzapfen konnte. 1859 schenkte Stöckmann der Gemeinde Styrum ein Grundstück – mit der geschäftstüchtigen Maßgabe, dass dort täglich Markt gehalten werden solle. Der heutige „Altmarkt“ wurde so zu einem Kern der späteren Stadtentwicklung. Dass es gut wäre, wenn das heranwachsende Etwas eine eigene Verwaltung bekäme, fanden alle Beteiligten. Im November 1861 wurde schließlich die Bürgermeisterei gegründet. Erst am 1. Februar 1862 trat Bürgermeister Friedrich Schwartz sein Amt an – zunächst kommissarisch. Er blieb dann aber 27 Jahre, und da er

beizeiten an seinem Ruhm arbeitete, wurde seine Amtseinführung zum Stichtag für alle Jubiläumsfeiern, auch 2012. Den Namen Oberhausen erbte die Gemeinde vom Bahnhof oder, wenn man will, vom Schloss, das allerdings bis 1909 gar nicht zum Gemeindegebiet gehörte.

| Gutehoffnungsstadt 1901 wurde Oberhausen mit über 40.000 Einwohnern kreisfreie Stadt, 1915 nach kleineren Eingemeindungen Großstadt (über 100.000 Einwohner). Bei der großen Gebietsreform 1929 schlossen sich die Städte Oberhausen, Osterfeld und Sterkrade zusammen: 193.000 Einwohner. Es gab Überlegungen, die neue Einheit „Gutehoffnungsstadt“ zu nennen. Das war eine schöne Anspielung auf die Prosperität der Industriestadt, vor allem aber eine realistische Beschreibung der Dominanz, welche

die GHH („Gehört Hauptsächlich Haniel“) mit ihren über die Stadt verteilten Hüttenwerken, Zechen und Siedlungen erlangt hatte. Am Ende gab doch Oberhausen als Seniorpartner des Zusammenschlusses den Namen für das Ganze. Im Rückblick war das wohl gut so. Es ist kein Wunder, dass ein Industriemuseum mit mehreren Standorten zu den kulturellen Höhepunkten im heutigen Oberhausen zählt. Das Haupt-Haus findet sich gleich hinter dem Hauptbahnhof. Die ehemalige Zinkfabrik Altenberg produzierte noch bis 1981dort, in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt. Heute wird hier die Geschichte der Schwerindustrie gezeigt, vor allem der Metallindustrie: riesenhafte Maschinen, Hämmer, Öfen, Gussformen, denen man sich zu ebener Erde und auf einem Galerieweg in halber Höhe nähern kann. Einen Kontrast zu so massiver

belebende Künstler-Initiative „kitev“.

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Gute Hoffnung Oberhausen hatte in diesem Jahr einen runden Geburtstag zu feiern. Ein über die Stadtgrenzen hinaus schallendes Fest gab es jedoch nicht: Die Zeiten sind einfach nicht danach. „Stadt der guten Hoffnung“ heißt, wie zum Trotz, eine historische Geburtstagsausstellung im Rheinischen Industriemuseum. Sie wurde erst im Herbst zum Ende des Jubiläumsjahrs eröffnet. Da können wir dann wohl auch noch unsere herzlichen Glückwünsche nachreichen.

— Vom Schloss Oberhausen (Fotos oben und ganz rechts) ging der Name auf den Bahnhof über. Dann erst wurde die Gemeinde Oberhausen gegründet. Im Wasserturm des Bahnhofs residiert heute die stadt-

Aus „rund“ darf man in diesem Fall nicht auf ein ehrwürdiges Alter schließen; unter den Städten ist Oberhausen mit 150 Jahren wahrlich ein Jungspund. Seine kurze Geschichte wird gern als typisch für das ganze Ruhrgebiet zitiert. Nicht ganz zutreffend. Aber es erzählt sich halt so schön wildwestmäßig. Denn wo heute „Alt“Oberhausen ist, war vor 200 Jahren so gut wie – nichts. Karge Heide, ein paar Bauernhöfe. Wenige hundert Menschen.

Dann kam bekanntlich 1847 die Eisenbahn in diese verlassene Gegend und eröffnete einen Bahnhof. Der Name: Oberhausen. Nach dem zwei Kilometer entfernten Schlösschen des unbedeutenden Maximilian Friedrich von Westerholt-Gysenberg. Die Bahn baute ihre Strecke durchs platte Niemandsland, weil es billiger war. Aber nicht nur. Von Anfang an waren geschäftstüchtige Leute daran beteiligt, die Eisenbahn gerade an diesen Ort zu holen – und dann das Beste draus zu machen. Zum Beispiel Franz Haniel, Haupteigentümer der drei frühen Eisenhütten, die später als „Gutehoffnungshütte (GHH)“ firmierten und 1847 die Bahn gut als Anschluss wie als Kunden gebrauchen konnten. Ein anderer Haniel gründete 1854 gleich beim neuen Bahnhof die Zeche „Concordia“. Auch ein schlauer Bauer namens Stöckmann mischte mit: Schon 1846 baute er am Bahnhof eine Schankwirtschaft, mit der er bald die Arbeiter der neuen Zeche Concordia anzapfen konnte. 1859 schenkte Stöckmann der Gemeinde Styrum ein Grundstück – mit der geschäftstüchtigen Maßgabe, dass dort täglich Markt gehalten werden solle. Der heutige „Altmarkt“ wurde so zu einem Kern der späteren Stadtentwicklung. Dass es gut wäre, wenn das heranwachsende Etwas eine eigene Verwaltung bekäme, fanden alle Beteiligten. Im November 1861 wurde schließlich die Bürgermeisterei gegründet. Erst am 1. Februar 1862 trat Bürgermeister Friedrich Schwartz sein Amt an – zunächst kommissarisch. Er blieb dann aber 27 Jahre, und da er

beizeiten an seinem Ruhm arbeitete, wurde seine Amtseinführung zum Stichtag für alle Jubiläumsfeiern, auch 2012. Den Namen Oberhausen erbte die Gemeinde vom Bahnhof oder, wenn man will, vom Schloss, das allerdings bis 1909 gar nicht zum Gemeindegebiet gehörte.

| Gutehoffnungsstadt 1901 wurde Oberhausen mit über 40.000 Einwohnern kreisfreie Stadt, 1915 nach kleineren Eingemeindungen Großstadt (über 100.000 Einwohner). Bei der großen Gebietsreform 1929 schlossen sich die Städte Oberhausen, Osterfeld und Sterkrade zusammen: 193.000 Einwohner. Es gab Überlegungen, die neue Einheit „Gutehoffnungsstadt“ zu nennen. Das war eine schöne Anspielung auf die Prosperität der Industriestadt, vor allem aber eine realistische Beschreibung der Dominanz, welche

die GHH („Gehört Hauptsächlich Haniel“) mit ihren über die Stadt verteilten Hüttenwerken, Zechen und Siedlungen erlangt hatte. Am Ende gab doch Oberhausen als Seniorpartner des Zusammenschlusses den Namen für das Ganze. Im Rückblick war das wohl gut so. Es ist kein Wunder, dass ein Industriemuseum mit mehreren Standorten zu den kulturellen Höhepunkten im heutigen Oberhausen zählt. Das Haupt-Haus findet sich gleich hinter dem Hauptbahnhof. Die ehemalige Zinkfabrik Altenberg produzierte noch bis 1981dort, in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt. Heute wird hier die Geschichte der Schwerindustrie gezeigt, vor allem der Metallindustrie: riesenhafte Maschinen, Hämmer, Öfen, Gussformen, denen man sich zu ebener Erde und auf einem Galerieweg in halber Höhe nähern kann. Einen Kontrast zu so massiver

belebende Künstler-Initiative „kitev“.

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OBERHAUSEN-SPEZIAL

© Cornelia Funke

— Die „Wiege der Ruhrindustrie“: Ein Häuschen im Grünen zeugt von der ersten Eisenhütte des Ruhrgebiets. Heute ist es Teil des Industriemuseums.

Cornelia Funke Tintenherz, Wilde Hühner und Gespensterjäger

— Das blaue Bauhaus-Haus in Eisenheim dient Roland Günter als Bibliothek und Arbeitsplatz.

Ganz im Grünen finden sich die Reste der St. Antony-Hütte. Sie war die erste von drei Eisenhütten, aus denen später die mächtige GHH entstand, und ihr verdankt Oberhausen seinen Beinamen „Wiege der Ruhrindustrie“. Ein Fachwerkhäuschen diente einst den Hüttenchefs als Wohnund Bürogebäude. Später war darin das GHH-Archiv untergebracht. Seit 2008 wird dort die Geschichte dieser ersten Eisenhütte des Ruhrgebiets beschrieben. Jenseits der Straße kann man unter einem kühn

— Der Oberhausen-Patriot Roland Günter vor seinem Häuschen in Eisenheim, 40 Jahre nach der Rettungsaktion

| Von wegen Kulturwüste Industriekultur, schön und gut – aber sonst, so meinen viele Auswärtige, sei Oberhausen doch eine typische, gesichtsund kulturlose Stadt des nördlichen Ruhrgebiets, wild gewachsen und ohne jede Struktur. Und hat man nicht wegen des fehlenden urbanen Zentrums zwischen Sterkrade, Osterfeld und Alt-Oberhausen die „Neue Mitte“, gebaut, das „Centro“? Wer offenen Auges durch die (Alt-)Oberhausener Innenstadt geht, muss eigentlich an diesem Klischee zweifeln. Einen Kronzeugen für diesen Zweifel finden wir in Roland Günter.

Der 76-Jährige hat einst Kunstgeschichte studiert, wurde mit einer Arbeit über „Wand, Fenster und Licht in der spätantikfrühchristlichen Architektur“ promoviert und arbeitete im Rheinischen Denkmalamt Bonn, als er von dort ins Ruhrgebiet entsandt wurde, um kulturgeschichtliche Schätze zu inventarisieren. Der Hintergedanke: Viel wäre nicht zu tun in dieser Kulturwüste, da kann man mal den Neuen hinschicken. Roland Günter war das sehr lieb. Er interessierte sich sehr für Industrieund andere Bauten der jüngeren Vergangenheit, als der Denkmalschutz kaum etwas anderes gelten ließ als Burgen, Schlösser, Kirchen. Er sah sich also um in Mülheim, Oberhausen, Dinslaken, und in seinem Buchmanuskript inventarisierte er 1969 eben nicht nur ein paar alte Kirchen, sondern auch Industrie-, Verkehrs-, Wohnund Infrastrukturbauten der jüngeren Zeit. Der eine Vorgesetzte wies entsetzt zum Papierkorb, der andere sah: „Da ist was dran.“ Kurz darauf kehrte Günter als Bielefelder Professor für Kunst und Kulturtheorie nach Oberhausen-Eisenheim zurück, um

— Früher Kaufhaus und Verlagsgebäude, heute Stadtbibliothek und VHS: das Bert-Brecht-Haus

20. 1. – 20. 5. 2013

© 2003 Institut für Kulturaustausch, Tübingen

der mächtige Bau des ehemaligen GHHZentrallagers, entworfen von Peter Behrens. Heute dient er als Depot des Industriemuseums; Besichtigungen sind im Rahmen von Führungen möglich. Immer zugänglich ist die Arbeitersiedlung „Eisenheim“, 1846 gegründet und damit eine der ältesten ihrer Art. Dort kann man nach Gutdünken herumgehen; an vielen Häuschen hängen Tafeln mit Geschichten aus dem früheren Siedlungsleben. Ein Haus ist zu einem kleinen Museum umgebaut.

geschwungenen Dach sehen, was Archäologen von den einstigen Produktionsanlgen ausgegraben haben – so wie andernorts Fundamente römischer Thermen gezeigt werden. (Informationen zu allen Standorten unter www.industriemuseum.lvr.de) In diesem Jahr hat Oberhausen erstmals eine „Hop on-hop off“ Bustour zu diesen Sehenswürdigkeiten – vielleicht kommt man im Frühjahr darauf zurück.

Die fantastischen Bildwelten von den frühen Kinderbüchern bis Reckless

Weegee – The Famous Fotografie

26. 5. – 8. 9. 2013

© VG Bild-Kunst, Bonn 2013

Hardware bietet jetzt die Sonderausstellung „Stadt der guten Hoffnung“. Sie erzählt mit Bildern, wie es sich in dieser Stadt gelebt hat und heute lebt, mit und von der Industrie, ohne die Industrie. Die Präsentation ist in Teilen durchaus ungewöhnlich: Dass man Ordner aus einem Regal nehmen und sich ruhig in Details vertiefen kann, sieht man nicht alle Tage. Für einen Besuch im alten Zinkwerk sollte man daher mehr als ein bisschen Zeit mitbringen. Zum Industriemuseum zählen mehrere Außenposten. Gleich nebenan sind am „Museumsbahnsteig“ des Hauptbahnhofes einige Groß-Exponate versammelt, darunter eine Lokomotive und ein Güterwagen, mit denen früher flüssiges Roheisen über die Schiene transportiert wurde. In der Nähe des „Centro“ steht

Hair ! Das Haar in der Kunst Meisterwerke aus der Sammlung Ludwig von der Antike bis heute

22. 9. 2013 – 12. 1. 2014

2013 www.ludwiggalerie.de | Tel. 0208 41249 28

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© Cornelia Funke

— Die „Wiege der Ruhrindustrie“: Ein Häuschen im Grünen zeugt von der ersten Eisenhütte des Ruhrgebiets. Heute ist es Teil des Industriemuseums.

Cornelia Funke Tintenherz, Wilde Hühner und Gespensterjäger

— Das blaue Bauhaus-Haus in Eisenheim dient Roland Günter als Bibliothek und Arbeitsplatz.

Ganz im Grünen finden sich die Reste der St. Antony-Hütte. Sie war die erste von drei Eisenhütten, aus denen später die mächtige GHH entstand, und ihr verdankt Oberhausen seinen Beinamen „Wiege der Ruhrindustrie“. Ein Fachwerkhäuschen diente einst den Hüttenchefs als Wohnund Bürogebäude. Später war darin das GHH-Archiv untergebracht. Seit 2008 wird dort die Geschichte dieser ersten Eisenhütte des Ruhrgebiets beschrieben. Jenseits der Straße kann man unter einem kühn

— Der Oberhausen-Patriot Roland Günter vor seinem Häuschen in Eisenheim, 40 Jahre nach der Rettungsaktion

| Von wegen Kulturwüste Industriekultur, schön und gut – aber sonst, so meinen viele Auswärtige, sei Oberhausen doch eine typische, gesichtsund kulturlose Stadt des nördlichen Ruhrgebiets, wild gewachsen und ohne jede Struktur. Und hat man nicht wegen des fehlenden urbanen Zentrums zwischen Sterkrade, Osterfeld und Alt-Oberhausen die „Neue Mitte“, gebaut, das „Centro“? Wer offenen Auges durch die (Alt-)Oberhausener Innenstadt geht, muss eigentlich an diesem Klischee zweifeln. Einen Kronzeugen für diesen Zweifel finden wir in Roland Günter.

Der 76-Jährige hat einst Kunstgeschichte studiert, wurde mit einer Arbeit über „Wand, Fenster und Licht in der spätantikfrühchristlichen Architektur“ promoviert und arbeitete im Rheinischen Denkmalamt Bonn, als er von dort ins Ruhrgebiet entsandt wurde, um kulturgeschichtliche Schätze zu inventarisieren. Der Hintergedanke: Viel wäre nicht zu tun in dieser Kulturwüste, da kann man mal den Neuen hinschicken. Roland Günter war das sehr lieb. Er interessierte sich sehr für Industrieund andere Bauten der jüngeren Vergangenheit, als der Denkmalschutz kaum etwas anderes gelten ließ als Burgen, Schlösser, Kirchen. Er sah sich also um in Mülheim, Oberhausen, Dinslaken, und in seinem Buchmanuskript inventarisierte er 1969 eben nicht nur ein paar alte Kirchen, sondern auch Industrie-, Verkehrs-, Wohnund Infrastrukturbauten der jüngeren Zeit. Der eine Vorgesetzte wies entsetzt zum Papierkorb, der andere sah: „Da ist was dran.“ Kurz darauf kehrte Günter als Bielefelder Professor für Kunst und Kulturtheorie nach Oberhausen-Eisenheim zurück, um

— Früher Kaufhaus und Verlagsgebäude, heute Stadtbibliothek und VHS: das Bert-Brecht-Haus

20. 1. – 20. 5. 2013

© 2003 Institut für Kulturaustausch, Tübingen

der mächtige Bau des ehemaligen GHHZentrallagers, entworfen von Peter Behrens. Heute dient er als Depot des Industriemuseums; Besichtigungen sind im Rahmen von Führungen möglich. Immer zugänglich ist die Arbeitersiedlung „Eisenheim“, 1846 gegründet und damit eine der ältesten ihrer Art. Dort kann man nach Gutdünken herumgehen; an vielen Häuschen hängen Tafeln mit Geschichten aus dem früheren Siedlungsleben. Ein Haus ist zu einem kleinen Museum umgebaut.

geschwungenen Dach sehen, was Archäologen von den einstigen Produktionsanlgen ausgegraben haben – so wie andernorts Fundamente römischer Thermen gezeigt werden. (Informationen zu allen Standorten unter www.industriemuseum.lvr.de) In diesem Jahr hat Oberhausen erstmals eine „Hop on-hop off“ Bustour zu diesen Sehenswürdigkeiten – vielleicht kommt man im Frühjahr darauf zurück.

Die fantastischen Bildwelten von den frühen Kinderbüchern bis Reckless

Weegee – The Famous Fotografie

26. 5. – 8. 9. 2013

© VG Bild-Kunst, Bonn 2013

Hardware bietet jetzt die Sonderausstellung „Stadt der guten Hoffnung“. Sie erzählt mit Bildern, wie es sich in dieser Stadt gelebt hat und heute lebt, mit und von der Industrie, ohne die Industrie. Die Präsentation ist in Teilen durchaus ungewöhnlich: Dass man Ordner aus einem Regal nehmen und sich ruhig in Details vertiefen kann, sieht man nicht alle Tage. Für einen Besuch im alten Zinkwerk sollte man daher mehr als ein bisschen Zeit mitbringen. Zum Industriemuseum zählen mehrere Außenposten. Gleich nebenan sind am „Museumsbahnsteig“ des Hauptbahnhofes einige Groß-Exponate versammelt, darunter eine Lokomotive und ein Güterwagen, mit denen früher flüssiges Roheisen über die Schiene transportiert wurde. In der Nähe des „Centro“ steht

Hair ! Das Haar in der Kunst Meisterwerke aus der Sammlung Ludwig von der Antike bis heute

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OBERHAUSEN-SPEZIAL

— Schöne Bausubstanz in der Oberhausener Innenstadt. Das Haus rechts grüßt Besucher mit der geschwungenen Leuchtschrift „Wiege der Ruhrindustrie“.

— Mit dem Amtsgericht am Friedensplatz begann Oberhausen, sich auf altem Industriegelände seine erste „Neue Mitte“ zu schaffen.

die Siedlung mit seinen Studenten zu dokumentieren. Damals verdichteten sich Pläne, die gesamte Siedlung abzureißen. Roland Günter und seine Frau Janne hatten schon einen gewissen Ruf, weil sie in Bonn mit einer Bürgerinitiative den Abriss der gründerzeitlichen „Südstadt“ erfolgreich bekämpft hatten. Im Gespräch mit Eisenheim-Siedlern, die durchaus nicht in moderne Hochhäuser verpflanzt werden wollten, bildete sich eine Allianz zwischen Arbeitern, Professor und Studenten. Statt „Dokumentieren vor dem Abriss“ ging es bald um „Abriss verhindern“. 1974 zog Professor Günter mit seiner Familie in eines der kleinen Häuschen. Eisenheim wurde zum Ausgangspunkt vieler Initiativen gegen die Zerstörung alter Bausubstanz. Erst 1977 wurde die Rettung Eisenheims verkündet, und 1981 war die Sanierung der angeblich menschenunwürdigen Häuser beendet. Sie waren vom vorgeblichen Schandfleck zum Vorzeigeobjekt geworden, „Studiengruppen kamen busweise“, erzählt Günter, „das war der Beginn des Tourismus im Ruhrgebiet.“ Roland Günter war noch an der Rettung vieler angeblich entbehrlicher Bauten beteiligt, nicht zuletzt in Zeiten der IBA (1989 bis 1999), oft Hand in Hand mit IBA-Geschäftsführer Karl Ganser. Auch in Oberhausen war die Abriss-Fraktion weiter aktiv und hatte den 1988 stillgelegten Gasometer im Visier. Als Karl Ganser eines

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Ruhr Revue

Nachts vom unmittelbar bevorstehenden Abriss erfuhr, so erzählt Roland Günter, hat er sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt und gedroht, die viel gelobte IBA abzubrechen. Und heute ist der Gasometer Oberhausens womöglich wichtigster kultureller Anziehungspunkt: als staunenerregender Raum vor allem, als Aussichtspunkt, als Industriedenkmal – und als Veranstaltungsort. Im kommenden Jahr wird Christo zum zweiten Mal nach 1999 („The Wall“) eine Installation im Gasometer einrichten: „Big Air Package“. www.gasometer.de

| „Schlechtgeredet ohne Ende“ Roland Günter und seine Frau wohnen noch heute in Eisenheim. Der Grundriss ihrer Wohnung ist genau derselbe wie ein paar Häuser weiter beim Taubenvater Manni Held. Nur die Einrichtung ist halt etwas professoraler. Eine Straße weiter haben sich die Günters einen Traum erfüllt mit ihrer „Bibliothek“: Wo bis zum Krieg der Kindergarten der Siedlung stand, ließen sie 2003 („mit ererbtem Geld“) ein blaues Haus im Bauhaus-Stil errichten, entworfen von Bernhard Küppers, dem Architekten des Bottroper Museums „Quadrat“. Das Haus dient auch dem „Werkbund“ als Stützpunkt, dessen NRWVorsitzender Roland Günter ist. Die Günters wohnen zeitweise auch in einem toskanischen Städtchen und in Amsterdam. Sie stehen also kaum im Verdacht, provinziell auf Oberhausen fixiert zu sein. Dennoch nennt Roland Günter sich einen „Oberhausener Patrioten“ und verteidigt die Stadt: „Oberhausen – und das Ruhrgebiet – ist schlechtgeredet worden ohne Ende.“ Und so machen wir uns in Günters kleinem italienischen Auto auf den Weg in die Oberhausener Innenstadt. Heftig behupt, weil langsam, rollt er durch Alt-Oberhausen und zeigt auf die Bauten zwischen Marktstraße und Bahnhof, um — Das Europahaus von Hans Schwippert: Auch nach dem Krieg wurde am Friedensplatz Gutes gebaut.

das Rathaus herum, auf die eingestreuten Parks: „das beste historische Innenstadtensemble im Ruhrgebiet“, sagt Günter, der Oberhausen-Patriot. Bis 1902 hatte Oberhausen kaum eine Chance, sich inmitten der wuchernden Industrie und Verkehrswege eine richtige Innenstadt zu schaffen. Aber dann brach ein Betrieb aus der Umzingelung weg; die „Styrumer Eisenhütte“ direkt südöstlich des Bahnhofs machte Pleite und wurde abgeräumt. Wegen des Krieges und der folgenden Krisen dauerte der Prozess lang, aber dort legte sich die Stadt nach und

nach den Kaiserplatz (heute Friedensplatz) zu, das Amtsgericht, das Realgymnasium, das Polizeipräsidium, das Finanzamt und die Reichsbank-Nebenstelle. Nicht weit entfernt folgten ein repräsentatives Kaufhaus, das Arbeitsamt, das prächtige Rathaus samt Grillopark, der neue Hauptbahnhof und gegenüber das Ruhrlandhaus. Die meisten davon backsteinverkleidet, expressionistisch oder klassisch-modern. Eine „Neue Mitte“ in der Tat, die auch dem 1929 zusammengeschlossenen Oberhausen Ehre machte. Sie überstand weitgehend den Zweiten Weltkrieg und wurde

mit respektablen Bauten der 50er Jahre ergänzt. Dazu gab es jede Menge Geschäfte und angenehme Wohnstraßen. Warum dann hat man immer wieder gelesen, die dreigeteilte Stadt brauche unbedingt eine „Neue Mitte“? Städtebaulich, sagt Roland Günter, hätte es die gewiss nicht gebraucht. Da sei es mehr um Arbeitsplätze gegangen, die Pläne seien „aus der schlimmsten Not geboren. Wir sind damals in ein tiefes Loch gefallen, weil die Konzerne einfach abgehauen sind, ohne Vorwarnung.“ Da hat er etwa die Firma Thyssen im Sinn, die als Mutter der

Wir sind umgezogen ! Ab 1. Oktober 2012 in unsere neue Galerie Akazienallee 1

Michel Carré

Venus au Bain 200 x 200 cm

Ausstellung vom 1.12.2012 bis 31.12.2012

Der Maler Michel Carré, ist in seiner Arbeit von Beginn an beeinflusst durch die Tradition Alter Meister der klassischen Malerei. Er versucht in seiner Arbeit, den Gedanken des Ewigen und Mythischen aus dem Verborgenen heraus zu lösen. Seine Bilder bringen Gedanken, Intuitionen und Gefühle in eine Form, die das zutiefst Menschliche sichtbar werden lassen. Seine Malerei erscheint wie eine angehaltene Bewegung in unserer turbulenten Zeit und manifestiert damit das Ziel, wonach der Mensch sich sehnt, ohne es zu kennen. Akazienallee 1,

Klaus Dobrunz

Clemens Briels Ekaterina Moré Hans P. Mader Mario Malfer Max Grimm Peter Meijer Ripolles Ton Schulten Udo Lindenberg Uwe Herbst

45127 Essen ( Am Parkhaus Akazienallee ) Tel. : 0201 – 17 88 759 / 60

Daniel Malzmann

Devin Miles

George Heidweiler

Angele Etoundi Essamba

Alex & Felix

Axel Crieger

e-mail : kunstauktion@arcor.de www.dasauktionshaus.com


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— Schöne Bausubstanz in der Oberhausener Innenstadt. Das Haus rechts grüßt Besucher mit der geschwungenen Leuchtschrift „Wiege der Ruhrindustrie“.

— Mit dem Amtsgericht am Friedensplatz begann Oberhausen, sich auf altem Industriegelände seine erste „Neue Mitte“ zu schaffen.

die Siedlung mit seinen Studenten zu dokumentieren. Damals verdichteten sich Pläne, die gesamte Siedlung abzureißen. Roland Günter und seine Frau Janne hatten schon einen gewissen Ruf, weil sie in Bonn mit einer Bürgerinitiative den Abriss der gründerzeitlichen „Südstadt“ erfolgreich bekämpft hatten. Im Gespräch mit Eisenheim-Siedlern, die durchaus nicht in moderne Hochhäuser verpflanzt werden wollten, bildete sich eine Allianz zwischen Arbeitern, Professor und Studenten. Statt „Dokumentieren vor dem Abriss“ ging es bald um „Abriss verhindern“. 1974 zog Professor Günter mit seiner Familie in eines der kleinen Häuschen. Eisenheim wurde zum Ausgangspunkt vieler Initiativen gegen die Zerstörung alter Bausubstanz. Erst 1977 wurde die Rettung Eisenheims verkündet, und 1981 war die Sanierung der angeblich menschenunwürdigen Häuser beendet. Sie waren vom vorgeblichen Schandfleck zum Vorzeigeobjekt geworden, „Studiengruppen kamen busweise“, erzählt Günter, „das war der Beginn des Tourismus im Ruhrgebiet.“ Roland Günter war noch an der Rettung vieler angeblich entbehrlicher Bauten beteiligt, nicht zuletzt in Zeiten der IBA (1989 bis 1999), oft Hand in Hand mit IBA-Geschäftsführer Karl Ganser. Auch in Oberhausen war die Abriss-Fraktion weiter aktiv und hatte den 1988 stillgelegten Gasometer im Visier. Als Karl Ganser eines

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Nachts vom unmittelbar bevorstehenden Abriss erfuhr, so erzählt Roland Günter, hat er sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt und gedroht, die viel gelobte IBA abzubrechen. Und heute ist der Gasometer Oberhausens womöglich wichtigster kultureller Anziehungspunkt: als staunenerregender Raum vor allem, als Aussichtspunkt, als Industriedenkmal – und als Veranstaltungsort. Im kommenden Jahr wird Christo zum zweiten Mal nach 1999 („The Wall“) eine Installation im Gasometer einrichten: „Big Air Package“. www.gasometer.de

| „Schlechtgeredet ohne Ende“ Roland Günter und seine Frau wohnen noch heute in Eisenheim. Der Grundriss ihrer Wohnung ist genau derselbe wie ein paar Häuser weiter beim Taubenvater Manni Held. Nur die Einrichtung ist halt etwas professoraler. Eine Straße weiter haben sich die Günters einen Traum erfüllt mit ihrer „Bibliothek“: Wo bis zum Krieg der Kindergarten der Siedlung stand, ließen sie 2003 („mit ererbtem Geld“) ein blaues Haus im Bauhaus-Stil errichten, entworfen von Bernhard Küppers, dem Architekten des Bottroper Museums „Quadrat“. Das Haus dient auch dem „Werkbund“ als Stützpunkt, dessen NRWVorsitzender Roland Günter ist. Die Günters wohnen zeitweise auch in einem toskanischen Städtchen und in Amsterdam. Sie stehen also kaum im Verdacht, provinziell auf Oberhausen fixiert zu sein. Dennoch nennt Roland Günter sich einen „Oberhausener Patrioten“ und verteidigt die Stadt: „Oberhausen – und das Ruhrgebiet – ist schlechtgeredet worden ohne Ende.“ Und so machen wir uns in Günters kleinem italienischen Auto auf den Weg in die Oberhausener Innenstadt. Heftig behupt, weil langsam, rollt er durch Alt-Oberhausen und zeigt auf die Bauten zwischen Marktstraße und Bahnhof, um — Das Europahaus von Hans Schwippert: Auch nach dem Krieg wurde am Friedensplatz Gutes gebaut.

das Rathaus herum, auf die eingestreuten Parks: „das beste historische Innenstadtensemble im Ruhrgebiet“, sagt Günter, der Oberhausen-Patriot. Bis 1902 hatte Oberhausen kaum eine Chance, sich inmitten der wuchernden Industrie und Verkehrswege eine richtige Innenstadt zu schaffen. Aber dann brach ein Betrieb aus der Umzingelung weg; die „Styrumer Eisenhütte“ direkt südöstlich des Bahnhofs machte Pleite und wurde abgeräumt. Wegen des Krieges und der folgenden Krisen dauerte der Prozess lang, aber dort legte sich die Stadt nach und

nach den Kaiserplatz (heute Friedensplatz) zu, das Amtsgericht, das Realgymnasium, das Polizeipräsidium, das Finanzamt und die Reichsbank-Nebenstelle. Nicht weit entfernt folgten ein repräsentatives Kaufhaus, das Arbeitsamt, das prächtige Rathaus samt Grillopark, der neue Hauptbahnhof und gegenüber das Ruhrlandhaus. Die meisten davon backsteinverkleidet, expressionistisch oder klassisch-modern. Eine „Neue Mitte“ in der Tat, die auch dem 1929 zusammengeschlossenen Oberhausen Ehre machte. Sie überstand weitgehend den Zweiten Weltkrieg und wurde

mit respektablen Bauten der 50er Jahre ergänzt. Dazu gab es jede Menge Geschäfte und angenehme Wohnstraßen. Warum dann hat man immer wieder gelesen, die dreigeteilte Stadt brauche unbedingt eine „Neue Mitte“? Städtebaulich, sagt Roland Günter, hätte es die gewiss nicht gebraucht. Da sei es mehr um Arbeitsplätze gegangen, die Pläne seien „aus der schlimmsten Not geboren. Wir sind damals in ein tiefes Loch gefallen, weil die Konzerne einfach abgehauen sind, ohne Vorwarnung.“ Da hat er etwa die Firma Thyssen im Sinn, die als Mutter der

Wir sind umgezogen ! Ab 1. Oktober 2012 in unsere neue Galerie Akazienallee 1

Michel Carré

Venus au Bain 200 x 200 cm

Ausstellung vom 1.12.2012 bis 31.12.2012

Der Maler Michel Carré, ist in seiner Arbeit von Beginn an beeinflusst durch die Tradition Alter Meister der klassischen Malerei. Er versucht in seiner Arbeit, den Gedanken des Ewigen und Mythischen aus dem Verborgenen heraus zu lösen. Seine Bilder bringen Gedanken, Intuitionen und Gefühle in eine Form, die das zutiefst Menschliche sichtbar werden lassen. Seine Malerei erscheint wie eine angehaltene Bewegung in unserer turbulenten Zeit und manifestiert damit das Ziel, wonach der Mensch sich sehnt, ohne es zu kennen. Akazienallee 1,

Klaus Dobrunz

Clemens Briels Ekaterina Moré Hans P. Mader Mario Malfer Max Grimm Peter Meijer Ripolles Ton Schulten Udo Lindenberg Uwe Herbst

45127 Essen ( Am Parkhaus Akazienallee ) Tel. : 0201 – 17 88 759 / 60

Daniel Malzmann

Devin Miles

George Heidweiler

Angele Etoundi Essamba

Alex & Felix

Axel Crieger

e-mail : kunstauktion@arcor.de www.dasauktionshaus.com


OBERHAUSEN-SPEZIAL

OBERHAUSEN-SPEZIAL

— In einem der prächtigsten Rathäuser weit und breit wird seit Jahren vornehmlich Mangel verwaltet.

ehemaligen GHH-Betriebe da tabula rasa machte, wo heute die „Neue Mitte“ ist, und auch in Sterkrade nicht viel stehen ließ. Vom Einkaufszentrum „Centro“ hält Günter wenig, aber: Wäre so etwas in AltOberhausen entstanden, „wäre wohl die ganze Innenstadt platt gemacht worden.“

| Einkaufsstadt? Vorbei! Das „Centro“ drei Kilometer nordöstlich, das „Bero Center“ auf dem ConcordiaGelände westlich – dieser Konkurrenz sei die Innenstadt als Einkaufsstadt nicht gewachsen, und das müsse man endlich akzeptieren, meint der Professor. Seine Idee: Diesen urbanen Raum, die Straßen, Plätze und Gebäude mit Kultur beleben und der Innenstadt eine neue Rolle geben.

Nicht ohne Restaurants, Kneipen und Geschäfte. Aber ohne den Anspruch, dies müsse auch ökonomisches Herz der Stadt sein. Leere Kassen? Von dem Argument lässt Günter sich nicht beeindrucken. Was ihm vorschwebt, sind Aktionen mit kleinen Budgets, einfache, temporäre Bauten. Seine Vorstellungen hat Günter schon mit wichtigen Entscheidern in Stadt und Land besprochen. Ja, gibt er zu, vor fünfzehn Jahren hätten ihn die mit einem gönnerhaften „Lieber Herr Professor …“ vor die Tür geschoben. Das sei jetzt anders; es habe sehr positive Reaktionen gegeben. Tatsächlich schlägt der 76-jährige Professor da eine Saite an, die bei Kulturmachern an der Ruhr derzeit viel Resonanz findet; Parallelen zu den Aktionen des Mülheimer Ringlokschuppens (Seite 26) sind nicht zu übersehen. Kulturell bei Null anfangen muss die Oberhausener Innenstadt ja keineswegs. Es gibt Institutionen, die weithin Renommee genießen und die sich als Kooperationspartner anbieten dürften. Allen voran das Oberhausener Theater, das schon mehrere, meist finanzbedingte Häutungen überstanden hat: 1920 im Saal der einstigen Gaststätte „Wilhelmshöhe“ eröffnet als reines Sprechtheater. Nach Kooperationen mit Nachbargemeinden wurde schließlich 1929 ein klassischer Drei-Sparten-Betrieb etabliert. 1939 wurde das Gebäude umgebaut, nach Kriegszerstörung 1949 als erstes im Ruhrgebiet wieder aufgebaut. Schon 1964 aber – die Kohlekrise bedrohte mit der Zeche Concordia ein prominentes Opfer – führten städtische Sparmaßnahmen zur Aufgabe des Balletts. Drei Jahre später war es mit der Oper zu Ende. 1973 wurde das Haus zum reinen Musiktheater reduziert, mit dem Schwerpunkt

auf Musicals und Operetten. Das Schauspiel, obwohl von gutem Ruf, wurde, bis auf ein Kindertheater, abgeschafft. Knapp 20 Jahre später vollführte die Stadt eine komplette Kehrtwende, schaffte Musiktheater und Orchester ab und ersetzte es durch ein reines Sprechtheater. Unter dem Intendanten Klaus Weise (bis 2003) erarbeitete sich der Neuling früh einiges Renommee. Auf Weise folgten Johannes Lepper und 2008 Peter Carp. Bei Carps Antritt war das Theater der verschuldeten Stadt akut bedroht. Statt der Schließung folgte eine seltsame Mischung aus brutalem Sparkurs und künstlerischem Erfolg. Trotzdem gab es aus der Politik undankbare Querschüsse, die wieder auf eine Schließung hinwiesen. Doch zu Beginn dieses Jahres bekannte Oberhausens Politik sich einmütig zu seinem so erfolgreichen Theater, worauf Intendant Peter Carp seinen Vertrag bis 2018 verlängerte. Wenige Wochen später wurde er zu seinem Ärger mit neuen Sparwünschen konfrontiert. Zwei Millionen weniger soll es von 2015 an geben. Zu schaffen ist das nur mit Kooperationen, die Fusionen nahekommen. Peter Carp hat die Herausforderung angenommen und macht weiter, äußert sogar Verständnis für die Zwänge. Die eben begonnene Saison steht unter dem kecken Titel „Krise – welche Krise?“ www.theater-oberhausen.de

| Noch niemals in New York Einiges Potential steuern die Oberhausener Kultur- und Veranstaltungszentren bei. Darunter ist mit „Fabrik K-14“ das älteste sozio-kulturelle Zentrum Deutschlands. Weiter gibt es das „Druckluft“, das „Zentrum Altenberg“ und das „Theater an der Niebu(h)rg“, allesamt in alten Industriebauten. Dazu in der Nähe des Theaters

— Im Lichtburg-Kino wuseln alljährlich die Kurzfilmtage und bringen Leben in die City. Das Kaufhaus (rechts) dagegen ist seit 8 Jahren mausetot. Den Besitzer stört’s nicht.

— Von wegen Engel: Den Alten Markt beherrscht die geflügelte Siegesgöttin Nike. Gegenüber die Herz-Jesu-Kirche, wo Christoph Schlingensief einst Messdiener war.

das „Ebertbad“, weithin bekannte Bühne für Kabarett und Kleinkunst. Nur ein paar Meter von dort finden sich in einer Direktorenvilla der Zeche Concordia die Büros der Oberhausener Kurzfilmtage, seit 1954 eine bundesrepublikanische Institution, die 1962 mit dem berühmten „Oberhausener Manifest“ gegen das alte Kintopp Kulturgeschichte schrieb. Anfang Mai 2013 werden die 59. Kurzfilmtage wieder Leben in das Lichtburg-Kino und die Innenstadt bringen. Geht doch. www.kurzfilmtage.de

Draußen im Shopping-Paradies „Centro“ gibt es seit 1999 ein Musicaltheater. Ursprünglich wurde es als Spielort für Peter Maffays „Tabaluga“ eingerichtet, doch diese Produktion hielt sich nicht lange. Auch die Nachfolger waren mäßig erfolgreich. Seit 2006 bespielt die „Stage Entertainment“ das umgebaute „Metronom“-Theater. In diesen Tagen startet dort „Ich war noch niemals in New York“ mit Melodien von Udo Jürgens. www.stage-entertainment.de

ª

Krisen meistert man am besten, indem man ihnen zuvorkommt.

ad tempus Æ consultingist eine unabh ngige deutsche Beratungsgesellschaft mit Sitz in Frankfurt und einem neu er ffneten B ro in Essen. Unsere Berater verf gen sowohl ber

48 |

Ruhr Revue

Im Gegensatz zur „Neuen Mitte“ steht das Schloss Oberhausen für die ersten Anfänge der Stadtgeschichte. Die Besitzerfamilie Westerholt verlor schon bald das Interesse an dem kleinen Herrensitz. 1911 kaufte die Stadt das Schloss; seit 1947 diente es der neugegründeten Städtischen Galerie als Heimat. 1983 kam das Ludwig Institut für Kunst der DDR hinzu. Seit einem Umbau 1998 zeigt das Haus in wechselnden Ausstellungen Kunst aus der Sammlung Ludwig sowie Fotografie, Comic und Blicke auf das Ruhrgebiet. www.ludwiggalerie.de Christoph Schlingensief, der 2010 gestorbene sanfte Kunst-Berserker aus Oberhausen, hätte sicher Provozierendes zur Transformation der Alt-Oberhausener Innenstadt beitragen können. Im Sommer hat die Stadt eine Straße nach ihm benannt – mitten in der Innenstadt, an der Kirche, wo Schlingensief einst Messdiener war, am einst von Bauer Stöckmann spendierten Altmarkt. Das sollte doch ein Ansporn sein. l -na

Was Walt Whitmann Rostow in einem Satz so treffend sagte, l sst sich in der Realit t leider nicht immer umsetzen.

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Dr. Markus Beer? mann Kaninenbergh he 2

Telefon: 0201/580 99 61 mbeermann@ad? tempus.com

Ruhr Revue

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ehemaligen GHH-Betriebe da tabula rasa machte, wo heute die „Neue Mitte“ ist, und auch in Sterkrade nicht viel stehen ließ. Vom Einkaufszentrum „Centro“ hält Günter wenig, aber: Wäre so etwas in AltOberhausen entstanden, „wäre wohl die ganze Innenstadt platt gemacht worden.“

| Einkaufsstadt? Vorbei! Das „Centro“ drei Kilometer nordöstlich, das „Bero Center“ auf dem ConcordiaGelände westlich – dieser Konkurrenz sei die Innenstadt als Einkaufsstadt nicht gewachsen, und das müsse man endlich akzeptieren, meint der Professor. Seine Idee: Diesen urbanen Raum, die Straßen, Plätze und Gebäude mit Kultur beleben und der Innenstadt eine neue Rolle geben.

Nicht ohne Restaurants, Kneipen und Geschäfte. Aber ohne den Anspruch, dies müsse auch ökonomisches Herz der Stadt sein. Leere Kassen? Von dem Argument lässt Günter sich nicht beeindrucken. Was ihm vorschwebt, sind Aktionen mit kleinen Budgets, einfache, temporäre Bauten. Seine Vorstellungen hat Günter schon mit wichtigen Entscheidern in Stadt und Land besprochen. Ja, gibt er zu, vor fünfzehn Jahren hätten ihn die mit einem gönnerhaften „Lieber Herr Professor …“ vor die Tür geschoben. Das sei jetzt anders; es habe sehr positive Reaktionen gegeben. Tatsächlich schlägt der 76-jährige Professor da eine Saite an, die bei Kulturmachern an der Ruhr derzeit viel Resonanz findet; Parallelen zu den Aktionen des Mülheimer Ringlokschuppens (Seite 26) sind nicht zu übersehen. Kulturell bei Null anfangen muss die Oberhausener Innenstadt ja keineswegs. Es gibt Institutionen, die weithin Renommee genießen und die sich als Kooperationspartner anbieten dürften. Allen voran das Oberhausener Theater, das schon mehrere, meist finanzbedingte Häutungen überstanden hat: 1920 im Saal der einstigen Gaststätte „Wilhelmshöhe“ eröffnet als reines Sprechtheater. Nach Kooperationen mit Nachbargemeinden wurde schließlich 1929 ein klassischer Drei-Sparten-Betrieb etabliert. 1939 wurde das Gebäude umgebaut, nach Kriegszerstörung 1949 als erstes im Ruhrgebiet wieder aufgebaut. Schon 1964 aber – die Kohlekrise bedrohte mit der Zeche Concordia ein prominentes Opfer – führten städtische Sparmaßnahmen zur Aufgabe des Balletts. Drei Jahre später war es mit der Oper zu Ende. 1973 wurde das Haus zum reinen Musiktheater reduziert, mit dem Schwerpunkt

auf Musicals und Operetten. Das Schauspiel, obwohl von gutem Ruf, wurde, bis auf ein Kindertheater, abgeschafft. Knapp 20 Jahre später vollführte die Stadt eine komplette Kehrtwende, schaffte Musiktheater und Orchester ab und ersetzte es durch ein reines Sprechtheater. Unter dem Intendanten Klaus Weise (bis 2003) erarbeitete sich der Neuling früh einiges Renommee. Auf Weise folgten Johannes Lepper und 2008 Peter Carp. Bei Carps Antritt war das Theater der verschuldeten Stadt akut bedroht. Statt der Schließung folgte eine seltsame Mischung aus brutalem Sparkurs und künstlerischem Erfolg. Trotzdem gab es aus der Politik undankbare Querschüsse, die wieder auf eine Schließung hinwiesen. Doch zu Beginn dieses Jahres bekannte Oberhausens Politik sich einmütig zu seinem so erfolgreichen Theater, worauf Intendant Peter Carp seinen Vertrag bis 2018 verlängerte. Wenige Wochen später wurde er zu seinem Ärger mit neuen Sparwünschen konfrontiert. Zwei Millionen weniger soll es von 2015 an geben. Zu schaffen ist das nur mit Kooperationen, die Fusionen nahekommen. Peter Carp hat die Herausforderung angenommen und macht weiter, äußert sogar Verständnis für die Zwänge. Die eben begonnene Saison steht unter dem kecken Titel „Krise – welche Krise?“ www.theater-oberhausen.de

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— Im Lichtburg-Kino wuseln alljährlich die Kurzfilmtage und bringen Leben in die City. Das Kaufhaus (rechts) dagegen ist seit 8 Jahren mausetot. Den Besitzer stört’s nicht.

— Von wegen Engel: Den Alten Markt beherrscht die geflügelte Siegesgöttin Nike. Gegenüber die Herz-Jesu-Kirche, wo Christoph Schlingensief einst Messdiener war.

das „Ebertbad“, weithin bekannte Bühne für Kabarett und Kleinkunst. Nur ein paar Meter von dort finden sich in einer Direktorenvilla der Zeche Concordia die Büros der Oberhausener Kurzfilmtage, seit 1954 eine bundesrepublikanische Institution, die 1962 mit dem berühmten „Oberhausener Manifest“ gegen das alte Kintopp Kulturgeschichte schrieb. Anfang Mai 2013 werden die 59. Kurzfilmtage wieder Leben in das Lichtburg-Kino und die Innenstadt bringen. Geht doch. www.kurzfilmtage.de

Draußen im Shopping-Paradies „Centro“ gibt es seit 1999 ein Musicaltheater. Ursprünglich wurde es als Spielort für Peter Maffays „Tabaluga“ eingerichtet, doch diese Produktion hielt sich nicht lange. Auch die Nachfolger waren mäßig erfolgreich. Seit 2006 bespielt die „Stage Entertainment“ das umgebaute „Metronom“-Theater. In diesen Tagen startet dort „Ich war noch niemals in New York“ mit Melodien von Udo Jürgens. www.stage-entertainment.de

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Im Gegensatz zur „Neuen Mitte“ steht das Schloss Oberhausen für die ersten Anfänge der Stadtgeschichte. Die Besitzerfamilie Westerholt verlor schon bald das Interesse an dem kleinen Herrensitz. 1911 kaufte die Stadt das Schloss; seit 1947 diente es der neugegründeten Städtischen Galerie als Heimat. 1983 kam das Ludwig Institut für Kunst der DDR hinzu. Seit einem Umbau 1998 zeigt das Haus in wechselnden Ausstellungen Kunst aus der Sammlung Ludwig sowie Fotografie, Comic und Blicke auf das Ruhrgebiet. www.ludwiggalerie.de Christoph Schlingensief, der 2010 gestorbene sanfte Kunst-Berserker aus Oberhausen, hätte sicher Provozierendes zur Transformation der Alt-Oberhausener Innenstadt beitragen können. Im Sommer hat die Stadt eine Straße nach ihm benannt – mitten in der Innenstadt, an der Kirche, wo Schlingensief einst Messdiener war, am einst von Bauer Stöckmann spendierten Altmarkt. Das sollte doch ein Ansporn sein. l -na

Was Walt Whitmann Rostow in einem Satz so treffend sagte, l sst sich in der Realit t leider nicht immer umsetzen.

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OBERHAUSEN-SPEZIAL

OBERHAUSEN-SPEZIAL

Dezernent Apostolos Tsalastras

— Das Rathaus mit dem zugehörigen Grillopark – wozu braucht’s da noch

Der Doppelkopf

eine Neue Mitte?

— Mahlzeit, Herr Kollege! Kulturdezernent Apostolos Tsalastras (li.) und Kämmerer Apostolos Tsalastras (re.) treffen am Paternoster des Rathauses digital aufeinander.

Seit Apostolos Tsalastras nicht mehr nur Kulturdezernent ist in Oberhausen, sondern auch noch Kämmerer, ist er fast eine Art Medienstar. Vor allem, weil nun also ausgerechnet „ein Grieche“ Finanzchef einer völlig überschuldeten Großstadt ist, haha. Uns interessierte mehr, wie Tsalastras, der Kulturdezernent, mit Tsalastras, dem Kämmerer zurechtkommt: zwei Seelen, ach! in einer Brust.

| Hie Kultur, da Gebühren Der Dezernent telefoniert noch. Durch die angelehnte Tür hört man nur ein paar Begriffe, aber die sind vielsagend: „Kulturausschuss“, dann „Theater“, und kurz darauf „Gebühren“. Passt. Dann bittet er ins Büro: dunkler Anzug, Krawatte, kurzes Haar und dickrandige Brille. Wie der klassische Kulturdezernent, wie ein halber, in die Verwaltung verschlagener Künstler wirkt er nicht. Und tatsächlich: Gelernt hat – um es wie Franz Müntefering zu verknappen – gelernt hat der Sozialdemokrat ursprünglich Volkswirtschaft, Schwerpunkt Sozialpolitik. Im Sozialbereich hat der Mann aus Hilden seine Dezernentenkarriere in Oberhausen auch begonnen. Dann wurden die Ressorts neu zugeschnitten, und Tsalastras wurde Dezernent des typischen Gemischtwarenladens „Sport, Gesundheit, Kultur“. Intern nannte er es „Dezernat für Lebensqualität“.

50 |

Ruhr Revue

Die Kultur sei damals wirklich neu für ihn gewesen, aber er habe sich „hineingestürzt“ und die Arbeit schließlich sehr gerne gemacht. Auch wenn sie ihre anstrengenden Seiten gehabt habe – weniger wegen anstrengender Künstlernaturen, sondern wegen der Beschränkungen in einer Kommune mit Nothaushalt: „Ständig ist man gefordert, gute Ideen umzusetzen – ohne Geld.“ Insofern sei er mit diesem Zwiespalt vertraut gewesen, als 2011 der Kämmerer in den Ruhestand ging und „nach intensiver Diskussion entschieden wurde, dass ich das machen soll“ – heißt: ein neugeformtes Dezernat übernehmen, das schlicht und knapp die heikle Kombination „Finanzen, Kultur“ im Schilde führt. War der Umbau vielleicht eine besonders geschickte Art, dem Kulturdezernenten den Geldhahn abzudrehen, indem man ihn selbst in Personalunion zum Kämmerer und Sparkommissar machte? Tsalastras

will das nicht so sehen, und auch die CDU-Opposition im Rat sah das bei seinem Amtsantritt nicht so; sie sprach dem Volkswirten die Qualifikation ab und prophezeite, dass unter ihm nun wieder gut sozialdemokratisch Geld verschwendet werden würde. Man kann nicht sagen, dass Apostolos Tsalastras sich seitdem einen derartigen Ruf verschafft hätte, und ganz gewiss nicht in der Kultur. Eher im Gegenteil. Dabei war Gelegenheit, die beiden Gesichter des Dezernenten zu sehen. Für Theater-Intendant Peter Carp zum Beispiel. In seiner ersten Amtszeit hatten er und seine Truppe durch energisches Sparen fast so etwas wie den Beweis für die populäre These geliefert, dass wahre Kunst nur aus Leid entstehen könne. Eine Million Euro habe das Theater in diesen Jahren gespart, sagt Dezernent Tsalastras, und zwar ohne Einbußen bei Qualität und Quantität des Programms: „Die Zuschauer haben das

Sparen nicht gespürt“, sagt er, räumt aber gleich ein: „Die Theater-Mitarbeiter schon.“ Anfang des Jahres einigte sich der leidgeprüfte Carp mit dem Dezernenten und der Stadt darauf, seinen Vertrag bis 2018 zu verlängern. Doch dann schien sich Tsalastras in einen kulturellen Dr. Jekyll und einen sparversessenen Mr. Hyde zu spalten. Im Interview mit der FAZ legte Dr. Jekyll sich, nach kostspieligem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, für die Kultur ins Zeug. Den frechen Vorschlag der FAZ, Theater und Ludwiggalerie zum Beispiel einfach abzuschaffen, zerfetzte er: Die maximal eingesparten zehn Millionen spielten angesichts des Haushaltsdefizites kaum eine Rolle. Der Schaden hingegen wäre immens: Wer wolle in einer Stadt ohne Kultureinrichtungen denn noch leben? Fast zur gleichen Zeit aber konfrontierte Mr. Hyde Peter Carp mit weiteren Sparwünschen, auf die der Theatermann offenbar nicht gefasst war. Entsprechend verärgert reagierte Carp öffentlich. Inzwischen, sagt Tsalastras, habe man sich in einem „sehr produktiven Prozess“ mit Carp und dem Theater geeinigt:

— Aufwärts mit der Kunst, abwärts mit den Finanzen, oder umgekehrt: Tsalastras macht das mit sich aus.

Weitere 2 Millionen sollen bis 2015 gespart werden. Das geht nicht, bestätigt der Dezernent, ohne so weitgehende Kooperation mit einem Nachbartheater, dass sie einer Fusion nahekommt. Das sei besser als ein „schleichendes Kaputtsparen“. Die Vorgabe sei übrigens als Vorsatz gemeint: Wenn sich trotz intensiver Bemühungen bis 2015 kein Partner findet, soll nicht gleich das Fallbeil heruntersausen. Dann würde wohl neu überlegt werden. Tsalastras nimmt aber an, dass andere Städte sich in die gleiche Richtung bewegen werden: „Ich glaube nicht an eine Entspannung bei den kommunalen Finanzen.“

| Keine Stadt ohne Kultur Die übrigen kulturellen Institutionen der Stadt sieht der Doppeldezernent nach Lage der Dinge nicht als gefährdet. Die Ludwiggalerie sei ja ein „Erfolgsmodell“ insofern, als die Kooperation mit der Ludwig-Stiftung der Stadt trotz geringer Eigenmittel hervorragende Ausstellungen einbringt. Der Gasometer finanziere sich als GmbH völlig selbst, wenn man von RVR-Zuschüssen für den Erhalt des Denkmals absehe. Auch die Kurzfilmtage, „eines unserer großen Aushängeschilder“, finanziere sich zum großen Teil mit Fremdmitteln. Auf anderen Gebieten, bei den soziokulturellen Zentren, den Bibliotheken und der VHS etwa, sei längst so viel gekürzt worden – „da ist nicht mehr viel einzusparen.“ Und er bekräftigt als Grundsatz: „Eine Stadt ohne Kultur ist keine Stadt.“ Dr. Jekyll. Zum Glück gebe es in Oberhausen kaum Versuche, etwa Soziales gegen Kultur auszuspielen, weil jeder sehe, dass

alle gleichermaßen betroffen sind und „mitmachen beim Konsolidierungskurs“. Und wie sieht es mit einer größeren Rolle der Kultur aus beim Versuch, die strukturellen Probleme der Ruhr-Städte zu heilen? „Kultur kann die Probleme nicht lösen“, meint Tsalastras. Doch er bestätigt die These Roland Günters, dass der Einzelhandel nicht mehr und künftig noch weniger die Attraktivität der Innenstadt ausmachen kann. Da könnten Kreative in der Tat eine größere Rolle spielen, und mit dem Vorschlag, dafür bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, „rennt man bei mir offene Türen ein“. Er verweist auf Kreative aller Art, die seit einigen Jahren im Wasserturm des Hauptbahnhofs („kitev“-Kunst im Turm) residieren und diesen Raum derzeit zu einem Kreativzentrum mit Laborcharakter ausweiten. Gegen eine temporäre Invasion durch den Ringlokschuppen hätte er gar nichts einzuwenden, und übrigens arbeite Peter Carps Theater längst eng mit dem Mülheimer Schuppen zusammen. Vielleicht ist das ja der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Was die finanzielle Misere seiner Stadt – und anderer Städte – angeht, spricht Apostolos Tsalastras sehr unverblümt, gibt sich aber auch gelassen. Vielleicht hat eine Nachricht dazu beigetragen, die er am Tag des Interviews erhielt: Oberhausen ist nicht mehr die am höchsten verschuldete Stadt Deutschlands. Den Part hat Kaiserslautern übernommen. Und der dortige Kämmerer wird Apostolos Tsalastras wohl einen Teil der vielen Interviews abnehmen. Allerdings ist er kein „Grieche“. Dafür Oberbürgermeister im Nebenjob. l -na

Ruhr Revue

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Dezernent Apostolos Tsalastras

— Das Rathaus mit dem zugehörigen Grillopark – wozu braucht’s da noch

Der Doppelkopf

eine Neue Mitte?

— Mahlzeit, Herr Kollege! Kulturdezernent Apostolos Tsalastras (li.) und Kämmerer Apostolos Tsalastras (re.) treffen am Paternoster des Rathauses digital aufeinander.

Seit Apostolos Tsalastras nicht mehr nur Kulturdezernent ist in Oberhausen, sondern auch noch Kämmerer, ist er fast eine Art Medienstar. Vor allem, weil nun also ausgerechnet „ein Grieche“ Finanzchef einer völlig überschuldeten Großstadt ist, haha. Uns interessierte mehr, wie Tsalastras, der Kulturdezernent, mit Tsalastras, dem Kämmerer zurechtkommt: zwei Seelen, ach! in einer Brust.

| Hie Kultur, da Gebühren Der Dezernent telefoniert noch. Durch die angelehnte Tür hört man nur ein paar Begriffe, aber die sind vielsagend: „Kulturausschuss“, dann „Theater“, und kurz darauf „Gebühren“. Passt. Dann bittet er ins Büro: dunkler Anzug, Krawatte, kurzes Haar und dickrandige Brille. Wie der klassische Kulturdezernent, wie ein halber, in die Verwaltung verschlagener Künstler wirkt er nicht. Und tatsächlich: Gelernt hat – um es wie Franz Müntefering zu verknappen – gelernt hat der Sozialdemokrat ursprünglich Volkswirtschaft, Schwerpunkt Sozialpolitik. Im Sozialbereich hat der Mann aus Hilden seine Dezernentenkarriere in Oberhausen auch begonnen. Dann wurden die Ressorts neu zugeschnitten, und Tsalastras wurde Dezernent des typischen Gemischtwarenladens „Sport, Gesundheit, Kultur“. Intern nannte er es „Dezernat für Lebensqualität“.

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Die Kultur sei damals wirklich neu für ihn gewesen, aber er habe sich „hineingestürzt“ und die Arbeit schließlich sehr gerne gemacht. Auch wenn sie ihre anstrengenden Seiten gehabt habe – weniger wegen anstrengender Künstlernaturen, sondern wegen der Beschränkungen in einer Kommune mit Nothaushalt: „Ständig ist man gefordert, gute Ideen umzusetzen – ohne Geld.“ Insofern sei er mit diesem Zwiespalt vertraut gewesen, als 2011 der Kämmerer in den Ruhestand ging und „nach intensiver Diskussion entschieden wurde, dass ich das machen soll“ – heißt: ein neugeformtes Dezernat übernehmen, das schlicht und knapp die heikle Kombination „Finanzen, Kultur“ im Schilde führt. War der Umbau vielleicht eine besonders geschickte Art, dem Kulturdezernenten den Geldhahn abzudrehen, indem man ihn selbst in Personalunion zum Kämmerer und Sparkommissar machte? Tsalastras

will das nicht so sehen, und auch die CDU-Opposition im Rat sah das bei seinem Amtsantritt nicht so; sie sprach dem Volkswirten die Qualifikation ab und prophezeite, dass unter ihm nun wieder gut sozialdemokratisch Geld verschwendet werden würde. Man kann nicht sagen, dass Apostolos Tsalastras sich seitdem einen derartigen Ruf verschafft hätte, und ganz gewiss nicht in der Kultur. Eher im Gegenteil. Dabei war Gelegenheit, die beiden Gesichter des Dezernenten zu sehen. Für Theater-Intendant Peter Carp zum Beispiel. In seiner ersten Amtszeit hatten er und seine Truppe durch energisches Sparen fast so etwas wie den Beweis für die populäre These geliefert, dass wahre Kunst nur aus Leid entstehen könne. Eine Million Euro habe das Theater in diesen Jahren gespart, sagt Dezernent Tsalastras, und zwar ohne Einbußen bei Qualität und Quantität des Programms: „Die Zuschauer haben das

Sparen nicht gespürt“, sagt er, räumt aber gleich ein: „Die Theater-Mitarbeiter schon.“ Anfang des Jahres einigte sich der leidgeprüfte Carp mit dem Dezernenten und der Stadt darauf, seinen Vertrag bis 2018 zu verlängern. Doch dann schien sich Tsalastras in einen kulturellen Dr. Jekyll und einen sparversessenen Mr. Hyde zu spalten. Im Interview mit der FAZ legte Dr. Jekyll sich, nach kostspieligem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, für die Kultur ins Zeug. Den frechen Vorschlag der FAZ, Theater und Ludwiggalerie zum Beispiel einfach abzuschaffen, zerfetzte er: Die maximal eingesparten zehn Millionen spielten angesichts des Haushaltsdefizites kaum eine Rolle. Der Schaden hingegen wäre immens: Wer wolle in einer Stadt ohne Kultureinrichtungen denn noch leben? Fast zur gleichen Zeit aber konfrontierte Mr. Hyde Peter Carp mit weiteren Sparwünschen, auf die der Theatermann offenbar nicht gefasst war. Entsprechend verärgert reagierte Carp öffentlich. Inzwischen, sagt Tsalastras, habe man sich in einem „sehr produktiven Prozess“ mit Carp und dem Theater geeinigt:

— Aufwärts mit der Kunst, abwärts mit den Finanzen, oder umgekehrt: Tsalastras macht das mit sich aus.

Weitere 2 Millionen sollen bis 2015 gespart werden. Das geht nicht, bestätigt der Dezernent, ohne so weitgehende Kooperation mit einem Nachbartheater, dass sie einer Fusion nahekommt. Das sei besser als ein „schleichendes Kaputtsparen“. Die Vorgabe sei übrigens als Vorsatz gemeint: Wenn sich trotz intensiver Bemühungen bis 2015 kein Partner findet, soll nicht gleich das Fallbeil heruntersausen. Dann würde wohl neu überlegt werden. Tsalastras nimmt aber an, dass andere Städte sich in die gleiche Richtung bewegen werden: „Ich glaube nicht an eine Entspannung bei den kommunalen Finanzen.“

| Keine Stadt ohne Kultur Die übrigen kulturellen Institutionen der Stadt sieht der Doppeldezernent nach Lage der Dinge nicht als gefährdet. Die Ludwiggalerie sei ja ein „Erfolgsmodell“ insofern, als die Kooperation mit der Ludwig-Stiftung der Stadt trotz geringer Eigenmittel hervorragende Ausstellungen einbringt. Der Gasometer finanziere sich als GmbH völlig selbst, wenn man von RVR-Zuschüssen für den Erhalt des Denkmals absehe. Auch die Kurzfilmtage, „eines unserer großen Aushängeschilder“, finanziere sich zum großen Teil mit Fremdmitteln. Auf anderen Gebieten, bei den soziokulturellen Zentren, den Bibliotheken und der VHS etwa, sei längst so viel gekürzt worden – „da ist nicht mehr viel einzusparen.“ Und er bekräftigt als Grundsatz: „Eine Stadt ohne Kultur ist keine Stadt.“ Dr. Jekyll. Zum Glück gebe es in Oberhausen kaum Versuche, etwa Soziales gegen Kultur auszuspielen, weil jeder sehe, dass

alle gleichermaßen betroffen sind und „mitmachen beim Konsolidierungskurs“. Und wie sieht es mit einer größeren Rolle der Kultur aus beim Versuch, die strukturellen Probleme der Ruhr-Städte zu heilen? „Kultur kann die Probleme nicht lösen“, meint Tsalastras. Doch er bestätigt die These Roland Günters, dass der Einzelhandel nicht mehr und künftig noch weniger die Attraktivität der Innenstadt ausmachen kann. Da könnten Kreative in der Tat eine größere Rolle spielen, und mit dem Vorschlag, dafür bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, „rennt man bei mir offene Türen ein“. Er verweist auf Kreative aller Art, die seit einigen Jahren im Wasserturm des Hauptbahnhofs („kitev“-Kunst im Turm) residieren und diesen Raum derzeit zu einem Kreativzentrum mit Laborcharakter ausweiten. Gegen eine temporäre Invasion durch den Ringlokschuppen hätte er gar nichts einzuwenden, und übrigens arbeite Peter Carps Theater längst eng mit dem Mülheimer Schuppen zusammen. Vielleicht ist das ja der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Was die finanzielle Misere seiner Stadt – und anderer Städte – angeht, spricht Apostolos Tsalastras sehr unverblümt, gibt sich aber auch gelassen. Vielleicht hat eine Nachricht dazu beigetragen, die er am Tag des Interviews erhielt: Oberhausen ist nicht mehr die am höchsten verschuldete Stadt Deutschlands. Den Part hat Kaiserslautern übernommen. Und der dortige Kämmerer wird Apostolos Tsalastras wohl einen Teil der vielen Interviews abnehmen. Allerdings ist er kein „Grieche“. Dafür Oberbürgermeister im Nebenjob. l -na

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