Nr. 1074, 04. Mai 2017 I Costa del Sol Nachrichten
Thema der Woche 21
Thema der Woche
Tosende Wellen und abgeschirmt von der Zivilisation: Die Isla de las Palomas in Tarifa. Dort befindet sich ein Auffanglager für Flüchtlinge. Touristen dürfen die Insel besuchen. Wer aber nach den dort untergebrachten Immigranten fragt, erhält keine Antwort. Fotos: Lena Kuder, Aránzazu Triguero Hernández, CSN-Archiv
60 Tage der Freiheit beraubt Menschenunwürdige Zustände: Die Auffanglager für Immigranten (CIEs) haben einen schlechten Ruf – Eine Momentaufnahme Lena Kuder Málaga/Tarifa In der Hoffnung auf ein besseres Leben kommen Boat People nach Spanien. Ohne Papiere wird das vermeintlich bessere Leben jedoch oft zum Spießrutenlauf. Eine dieser Stationen, die viele illegale Immigranten dabei durchlaufen müssen, sind die Auffanglager, die Centros de Internamiento para Extranjeros, kurz CIEs. Davon gibt es spanienweit sieben – in Madrid, Barcelona, Valencia, Murcia, Algeciras, Las Palmas de Gran Canaria und auf Teneriffa. Offiziell existiert auch ein CIE auf Fuerteventura, doch seit Jahren ist dort kein Immigrant festgehalten worden. Einige dieser Lager stehen in der Kritik. Menschenunwürdige Zustände sollen dort herrschen. 1985 wurden die CIEs unter der Prämisse gegründet, die Immigranten dort zunächst festzuhalten, um sie später in jedem Fall abzuschieben. Der Sinn ist jedoch vollkommen verfehlt. 2016 durchliefen nach Angaben der Tageszei-
tung „El País“ 7.597 Immigranten ohne Dokumente die sieben CIEs in Spanien, 71 Prozent konnten letztendlich im Land bleiben, nur 29 Prozent wurden zurück in die Ursprungsländer geschickt. Ohne jeglichen Grund wurden sie also 60 Tage lang weggesperrt. „2016 wurden 2.300 Immigranten in Tarifa festgehalten, jedoch nur 80 abgeschoben“, sagt der Rechtsanwalt José Luis Rodríguez
ten einige der Mängel, auf die Mitarbeiter der NGOs immer wieder aufmerksam machen. Offiziell gibt es für jeden Flüchtling ein Kleidungs-Kit aus Sportschuhen und einem Jogginganzug, doch das bekommen nicht alle. Viele müssen sich mit zerschlissener Kleidung und im Winter mit einer Wolldecke über den Schultern begnügen. In einigen Lagern haben Immigranten nur einen kleinen Innen-
Auf Drängen der NGOs gibt es heute in den Auffanglagern Ärzte und einen Notdienst. Der 40-jährigen Kongolesin Samba Martine nützte dies nichts. Ihre Krankheit wurde nicht erkannt Candela, der sich als Freiwilliger in der Immigrantenorganisation Málaga Acoge engagiert. Seit Jahren kritisieren Nichtregierungsorganisationen wie Pueblos Unidos und Málaga Acoge die unmenschlichen Bedingungen in den Auffanglagern. Kaum Kleidung zum Wechseln, keine Heizung und keine Toiletten in den Zimmern, die eher Gefängniszellen gleichen, so lau-
hof, in dem sie sich kurz bewegen können. Ansonsten gibt es dort kaum mehr als karge Kost, Metallstühle und -tische. Wenn sie Glück haben, kommt ab und zu das Rote Kreuz vorbei und gibt ihnen auf begrenzte Zeit einen Fußball. Zwar gibt es in den CIEs keine Gefängniswärter, dafür aber Polizeibeamte, die auf diese Aufgabe oftmals nicht vorbereitet sind.
Häufig werden gerade angekommene Immigranten mit Flüchtlingen zusammengelegt, die vorbestraft sind. Der ehemalige Innenminister Jorge Fernández Díaz hatte bereits im Juni 2012 angekündigt, dass diese beiden Gruppen getrennt werden sollten. Ein Versprechen, das nie eingehalten wurde. 2014 wurde zwar ein Regelkatalog für die CIEs verabschiedet, in diesem wird es jedoch lediglich als „wünschenswert“ bezeichnet, dass, wie es Artikel 89 des Strafgesetzbuchs vorsieht, Immigranten, die straffällig geworden sind, von Flüchtlingen ohne Papiere zu trennen sind. Wie „El País“ weiter berichtet, ist kaum einer der CIE-Mitarbeiter den Sprachen der Immigranten mächtig. 48 Prozent der Insassen sind Schwarzafrikaner, nicht alle von ihnen sprechen Englisch oder Französisch. Fatal wirkt es sich aus, wenn sie sich beim Arzt nicht verständigen können. Auf Drängen der NGOs gibt es heute in den Auffanglagern Ärzte und einen Not-
dienst. Der 40-jährigen Samba Martine aus dem Kongo, die im CIE von Aluche (Madrid) lebte, nützte dies jedoch nichts. Zehnmal ging sie zum Arzt, ohne wirksam behandelt zu werden. Am 19. Dezember 2011 starb sie in einem Madrider Krankenhaus. Mitte März dieses Jahres ordnete ein Richter nun an, den Prozess gegen einen Arzt und eine Krankenschwester zu eröffnen. Sie hatten Martine zwar im CIE behandelt, aber nicht erkannt, wie ernst ihre Erkrankung tatsächlich war. Martine hatte Aids und eine Infektion, die zum Tod führte, weil beides nicht rechtzeitig erkannt worden war (CSN 1.069). Den Nichtregierungsorganisationen sind die Auffanglager seit langem ein Ärgernis. Seit Juni 2016 ist Aránzazu Triguero Hernández Präsidentin der Immigrantenvereinigung Málaga Acoge. Spezialisiert auf Ausländerrecht, kennt sie sich bestens mit den Regelungen für Abschiebungen und der Situation in den CIEs aus. Sie erklärt, dass es verschiedene Parameter gibt, die