Marabu Chronik

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Rainer Lächele

Marabu – Eine Unternehmensgeschichte mit Farbe



Rainer Lächele

Marabu – Eine Unternehmensgeschichte mit Farbe

Marabu – a company history with color


Acknowledgment We express our deepest gratitude to our customers who have

come to value Marabu products in the past and continue to do so in the present.

We would also like to thank our employees, our suppliers, the

­members of the board, and anyone who may have contributed to the success of Marabu along the way.

Today, we are proud to present the Company’s History. Join us for a review of how a modest beginning developed into a successful

group of companies with global presence, nowadays focussed on producing and selling colours and inks for various requirements and applications.

The Marabu GmbH & Co. KG

Management and Shareholders


Danksagung Unser herzlicher Dank gilt unseren Kunden, die in ­Vergangenheit und Gegenwart die Leistungsfähigkeit von Marabu schätzen ge­ lernt und unsere Produkte gekauft haben.

Wir danken unserer Belegschaft, allen Lieferanten, Banken, Bei­

räten sowie allen Wegbegleitern, die ihren Beitrag zum Erfolg des Unternehmens geleistet haben.

Mit Freude und Stolz legen wir allen Interessierten diese Firmen­ chronik vor. Sie skizziert die aktive Entwicklung aus kleinen An­

fängen hin zu einem mittelständischen Unternehmen, das sich heute auf das Herstellen und Vermarkten von Farben mit den

vielfältigsten Einsatzgebieten und Anforderungen konzentriert. Die Gesellschafter und Geschäftsführung der Marabu GmbH & Co. KG



1859–1909:

Von Martz zu Marabu


1859–1909:

Von Martz zu Marabu

< F. Schnorr: Balingen von Westen, um 1840

Von Martz zu Marabu Die Wurzeln der Gründerfamilie von Marabu liegen nicht, wie zu vermuten wäre, in

Stuttgart, sondern im beschaulichen Städtchen Balingen am Fuß der Schwäbischen Alb, das damals etwas mehr als 3 000 Einwohner zählte.1 Carl Albert Martz kam

dort am 31. August 1830 zur Welt

und wuchs in einem ­geräumigen

Haus in der Friedrichstraße unweit der evangelischen Kirche auf. Als

Sohn des aus Sulz stammenden

Wilhelm Friedrich Martz 2 (1801–

1874) und der Marie Martz, geb. Hartmann (1803–1851) erlebte er Kindheit und Jugend in einem

<

Kaufmannshaushalt. Nicht zuletzt

Geburtshaus von Albert Martz in Balingen, Friedrichstraße

ger Kaufmannsfamilie Hartmann.3

Albert Martz’s birthplace in Balingen, Friedrichstraße

die Mutter stammte aus der Balin­

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1859–1909:

Albert Martz

Von Martz zu Marabu Albert Martz und seine Familie

Albert Martz wurde in keine unvermögende Familie hineingeboren.

Vieles spricht da­

für, dass Albert Martz im

Das zeigt der Besitz, den sein Vater in die Ehe mitbrachte: neben

väterlichen Geschäf t das

uhr“, zwei Tabakspfeifen, einen Säbel, zwei Rasiermesser und drei

hat. Mit 24 Jahren verließ er

1 100 Gulden Bargeld unter anderem auch eine „goldene Repetier­ „Meermuscheln“. Die Ehefrau verfügte als einzige Tochter ihrer Eltern über eine Mitgift von 2 000 Gulden, aber auch über eine

reiche Garderobe und Haushaltsausstattung. 4

Kauf­mannshandwerk erlernt

seine Heimat Balingen, um

über Straßburg in die Mil­ lionenstadt Paris zu reisen, die mitten in der gewaltigen

Neugestaltung durch Baron Haussmann steckte. Frankreich war neben England der 5

wichtigste Produktionsstandort für Künstler- und Schulbedarf.6 Von Paris ging es im

Frühjahr 1855 über Breslau nach Prag, wenig später nach Budapest und nach Wien. Im April 1856 kam er in München an, um von dort nach Stuttgart aufzubrechen.7

Warum sich Albert Martz gerade in Stuttgart niederließ, ist schwer zu beant­

worten. Denkbar ist, dass er hier Verwandte wie die Kaufleute C.A. Martz in der König­

straße 588 oder Wilhelm Martz in der Rothestraße 1139 antraf. Wichtig für Albert Martz waren sicherlich die günstige Verkehrslage Stuttgarts und die sich rasch ent­w ickelnde

Industrie, was zu einer Verdopplung der Einwohnerzahl in nur 25 Jahren führte.10

Am 24. März 1859 erwarb er das Stuttgarter Bürgerrecht.11

english The founder of Marabu, Albert Martz, originated from the small town of Balingen at the

foot of the Swabian hills where he was born on August 31st, 1830. After his “wandering” years, he brought in April 1859 a retail shop for “Artist paint and Materials” in Stuttgart

to life and thus founded the primary company.

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu

< von links: Eberhard Martz (Stuttgart), Elsa Martz (Balingen), Albert Martz (Balingen), Emma Martz (Balingen), Georg Martz (Stuttgart), Eduard Martz (Stuttgart), Carl Martz jr. (Balingen), Albert Martz jr. (Stuttgart), vor 1905

In der württembergischen Hauptstadt stellte Albert Martz die entscheiden­den Weichen

für seine berufliche Zukunft. 1859 ist er erstmals als Handlungsreisender im Stuttgarter Adressbuch erwähnt. In der Schwäbischen Kronik annoncierte Albert Martz am 14. April 1859: „Hierdurch beehre

ich mich anzuzeigen, dass ich heute auf hiesigem Plaze ein Farb- und Materialwaaren-Geschäft eröffnet habe und mein Verkaufslokal sich Ecke der Eberhards- und Tübinger Straße befindet. Von

allen Sorten Mal-, Druck- und Anstreich-Farben, Firnissen, Oelen, Leimen, Säuren, Pinseln, Schwäm­

men, Stärken etc. halte [ich] vollständiges Lager und bitte um geneigten Zuspruch.“12 Wenige Farbherstellung „Farbpigmente werden aus zerstoßenen, zerrie­

benen und gewässerten Pflanzen und Mineralien gewonnen, die

Wochen später offerierte er „Firniß zum

Ueberziehen positiver Photographien auf Papier“13, „Bronze“ sowie „Flüssige Farben

mit Binde- und Verdünnungsmitteln (z. B. Öl, Ei, Leim, Wachs, Wasser,

in verschiedenen Nuancen zum Malen

1800 werden synthetische Farben auf der Grundlage chemischer

und andere Materialien für die Lithogra­

Tuben vertrieben.“

Angebotes dar.15

Terpentin) zu einer Masse für den Auftrag verarbeitet werden. Seit Analysen der natürlichen Farbstoffe industriell gefertigt und in 16

auf Sammt“.14 Tinte und Tusche, Kreide

phie stellten eine Vergrößerung seines

Im August trat er mit „Schmirgel, Trippel [Kieselgur], feinst geschlemmt, Crocus, Englische

Erde, Wiener Kalk [Putzmittel], Pariser Roth [Mennige], Glas­papier, Schmirgelpapier, Schmirgellein­ wand, Fischhäute (und) Schachtelhalm“ an die Öffentlichkeit.17 Die Kunstmaler waren angesprochen, wenn die „Farb- und Materialwaarenhandlung von Albert Martz“ im Herbst 1859 Aquarellfarben

und Tuschen, Farben für Architekten, Paletten und Pinsel, Leinwand, Malkästen und Staffeleien sowie Feldstühle und Sonnenschirme für „Landschafter“ anbot.18 Freilich stand Martz nicht allein

in Stuttgart mit solchen Angeboten. Insbesondere an Künstler wandte sich die am Marktplatz ge­ legene Firma Adolph Mayer, die in ganzseitigen Anzeigen für Öl-, Aquarell- und Schulfarben warb,

aber auch Fresko- und Pastellmaler mit Material ausstattete.19

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu In der Tübinger Straße teilte sich Martz das Haus mit einem Drechsler, einer Zigarren­

handlung, einem Kaufmann, einem Goldarbeiter und einem Rentier. Unweit von Martz befanden

sich die Seifen- und Lichterfabrik Bose, eine Eisenhandlung, eine Bürsten- und Pinselfabrik, eine

Seiden- und eine Wollhandlung, aber auch Wohnungen und Arztpraxen.20

Albert Martz ging die Ehe mit Emma Wagenmann (1836–1863) aus Möglingen bei Ludwigs­

burg ein. Sie brachte zwischen 1860 und 1863 ihre vier Kinder Albert jr. (1860–1905), Hans, Johanna

und Helene Martz (1863–1928) zur Welt. Hans und Johanna überleben das Kindesalter nicht. Emma Martz wurde nur 27 Jahre alt. Wie nicht selten üblich in diesen Zeiten, heiratete Albert Martz seine

Schwägerin Mathilde Wagenmann (1840–1917). Ihr wurden ebenfalls vier Kinder geschenkt: Eberhard

Haus Tübinger Straße 1 in Stuttgart

(1865–1952), Conrad (1867–1867), Eduard (1870–1952) und Georg Martz (1874–1966).21

< links: Emma Martz, rechts: Mathilde Martz

english The early development of the company was characterized by constant growth. Martz’ first wife passed

away early, leaving behind four children. He married his sister-in-law, Mathilde, who herself had four children. The initial family as well as their descendants have influenced Marabu to this day.

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu Es ging aufwärts mit dem neuen Unternehmen. 1863 bot man

über das Sortiment ­hinaus auch Malerfarben an.22 Sechs Jahre nach der Gründung waren die Räume zu klein geworden. Daher mietete man in der

Tübinger Straße 1 das dritte Stockwerk. 23 Am 13. Januar 1866 wurde das

Unternehmen in das Stuttgarter Handelsregister eingetragen. Seit 1867

verkaufte Martz nicht nur Farben, sondern auch „Zeichnungsmaterial“.24 Im Sommer 1869 zog das Unternehmen in ein Haus in der Kanzleistraße

15 unweit des Landesgewerbeamts. In den 1830er-Jahren war es von einem

Ebenisten Klinckerfuß erworben worden.25 Hier betrieb das Unternehmen

lange Jahrzehnte nicht nur den Handel, sondern begann auch 1870 mit der „Fabrikation von Aquarellfarben und geo­metrischen Instrumenten“.26

Das war ein qualitativ neuer Schritt in der Firmengeschichte. 1879 erwarb die Familie Martz die Kanzleistraße 15.27

Vincent van Gogh „Es ist schwer, außerordentlich schwer, bei

der Arbeit zu bleiben, wenn man nicht verkauft und seine Farbe

buchstäblich von dem bezahlen muss, was für Essen, Trinken und

Wohnen allein, knapp gerechnet, nicht zu viel wäre. ... Man baut Reichsmuseen und ähnliche Dinge für Hunderttausende, aber die Künstler krepieren derweilen.“28

Nirgendwo ist überliefert, wa­

rum sich Albert Martz seit 1870 nicht mehr allein dem Handel, sondern auch

der Produktion von Farben widmete.

Denn Konkurrenz auf diesem Gebiet gab

es in Stuttgart genug. Das Adressbuch

von 1865 nennt allein acht Fabriken mit

Namen wie Kast, Knosp und Lechler, Lotter, Rau, Siegle, Silber und Stoll. 29 Nur 15 Jahre später, also

im Jahr 1880, belief sich die Zahl der Farbhandlungen auf dreißig. An Farbfabriken bestanden

die BASF, die Chemische Fabrik Friedrich Jobst, Kast und Ehinger in Feuerbach, die Lackfabrik

Ruckaberle, Schäffer und Kienzle, die Lackfabrik Schönreich und die Farbwarenfabrik Struve.30

Die Herstellung geometrischer Instrumente verdankte sich wesentlich dem Zeichner

Alfred Wachs, einer schwer zu fassenden Persönlichkeit. So plötzlich Wachs Ende der 1860er-Jahre

in Stuttgart aufgetaucht war, so plötzlich war er im Jahr 1873 wieder verschwunden.31 Bekannt ist, dass Wachs drei Jahre lang die Polytechnische Schule in Dresden besuchte und dort das Technische

Zeichnen erlernte.32 Später machte er in Frankfurt und Mainz eine Ausbildung zum Lithographen,

english Besides producing artist paints, Martz began to manufacture drafting utensils in the 1870’s. Being their tools of trade, engineers and architects were in great demand of drafting boards and drawing

sets at that time. After 1870, Martz traded under the name of “Factory of T-squares, drawing boards etc., Producer of artist paints, trading in drafting utensils & colours”.

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Von Martz zu Marabu

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Von Martz zu Marabu

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu um dann nach Stuttgart zu ziehen. Hier bewies er sein erfinderisches Talent, als er 1868 einen

„Apparat zum Constructionszeichnen. Horizontal- und ­Vertikalreißer“ entwickelte, den er folgen­ dermaßen beschrieb: „Auf einem eigends zugerichteten Reißbrett sind 2 sich kreuzende Schieber­

lineale, ein Verticalschieber (Horizontalreißer) welcher die Stelle der Reißschiene vertritt, und ein

Horizontalschieber (Verticalreißer) im rechten Winkel zu einander so beweglich, dass man mit

ihnen das ganze Arbeitsfeld bestreichen kann.“33 Damit wollte Wachs die Anfertigung technischer

Zeichnungen erleichtern. Mit etwas Fantasie lassen sich darin schon die weit später gefertigten Technische Zeichner bedienten sich vor der Computerära dem Reiß­ brett, auf dem das Zeichenpapier mit Reißnägeln befestigt wurde.

Mit Kurvenlinealen und Dreiecken, aber auch mit Reißschienen

Zeichengeräte von Marabu erkennen.

Wachs war hauptberuflich bei der Rei­ ßerei Kuhne & Metz beschäftigt. Seine

materielle Lage schilderte er als prekär

wurden darauf Aufrisse (Zeichnungen) ausgeführt. Häufig kam

und er suchte dringend einen „tüch­

Zeichenwerkzeugen.

vermarktete.34

das Reißzeug zum Einsatz, eine Kombination von verschiedenen

tigen Industriellen“, der sein Patent

Möglicherweise durch eine Empfehlung der nur einen Steinwurf von Albert Martz

entfernten Zentralstelle für Gewerbe und Handel kamen beide in Verbindung. Am 27. März 1871

meldete Wachs ein Patent über ein „Abstreich-Instrument zum Zeichnen“ an. Dieses Gerät wollte

er zusammen mit Albert Martz herstellen.35 Als Patentabgabe hatten sie für fünf Jahre 25 Gulden

zu bezahlen.36

Patent für ein „Abstreichinstrument zum Zeichnen“, 1871

Wachs ließ sich ebenfalls 1871 die Erfindung eines „Curven-Instruments oder Stellbogens“

patentieren: „Zwei in einem Scheitelpunkt bewegliche Schenkel mit abstellbaren Seiten stellen in jeder Lage einen Kegel dar, innerhalb dem ein sich ausstreckendes hartes Stahlband derart ­gebogen wird, dass es stets die Schnittlinie einer daraus erzeugten Parabel zum Vorschein

bringt, und welches man sodann als Curvenlineal zum Vorzeichnen aller parabolischen Krümmungen benutzen kann. Um eine beabsichtigte Curve zu bilden, bringt man zuvor die Schenkel in die entsprechende Winkellage. Da dieselbe durch einen um die Achse gehende Sperrvorrichtung (gezahnte Scheibe) darin erhalten bleibt, so hat man nur

beim Oeffnen den Drücker zu lüften.“

english The production by Martz of geometrical instruments owed itself substantially to the draftsman Alfred Wachs. After years of study in Dresden, Mainz, and

Frankfurt he filed patents for drawing tools which he intended to produce in cooperation with Albert Martz.

Lichtpausapparat TAMMA

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu Ob diese Instrumente jemals von Martz produziert wurden, ist nicht bekannt. Sicher ist

jedoch, dass Martz seit 1870 als „Fabrik von Winkeln, Reissschienen, Reissbrettern etc. AquarellfarbenFabrik Handlung in Zeichnungsmaterialien & Farben“ firmierte.37

Vincent van Gogh „Ich kann ja nichts dafür, dass meine Bilder sich

Die Herstellung der Farben

nicht verkaufen. Einmal aber wird der Tag kommen, da man sehen

funktionierte damals wie heute nach

mein ganzes erbärmliches Leben, das ich daran gehängt habe.“39

mittel aus Gummi arabicum, Leim,

wird, dass sie mehr als der Preis der Farbe wert sind und mehr als

denselben Prinzipien. Wässrige Binde­

­Schellack und Stärke werden mit dem

Farbstoff und weiteren Materialien in einem Rührwerk gemischt. Diese Masse wird dann auf

Reibmühlen zwischen Steinwalzen zerquetscht, wobei durch das Verstellen der Walzen eine gleich­

mäßige Feinheit und Konsistenz erreicht wird. Abschließend wird durch einen Aufstrich und die

Abmischung mit Weiß die Qualität der Farbe geprüft.38

Nicht unwesentlich anders verläuft die

Herstellung von Tusche, ebenfalls ein wichtiges Produkt des Unternehmens. Lange Jahre wurde

die Tusche aus amerikanischem Erdgasruß, aus

Schellack (für die Wasserfestigkeit) und tierischem

Werbemarke

Leim gewonnen. Anders als die Farben benötigt

die Tusche eine wesentlich feinere Konsistenz

und damit eine sehr starke Reibung. Danach wird die Tusche monatelang gelagert, damit sich die

noch vorhandenen gröberen Teile ablagern, und abschließend filtriert. Der Schellack in der Tusche

verlangt exakte Verarbeitungsmethoden und große Erfahrung. 40

Im Jahr 1873 versuchte sich Martz an

der Herstellung von Malerölfarben in der Rosen­-

straße 24. Die Tatsache, dass die Produktion bereits nach einem Jahr wieder aufgegeben wurde, zeigt, dass man auf diesem Gebiet

nicht erfolgreich war. Genaueres ist zum Ende der Ölfarbenherstellung nicht bekannt. 41

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu Am 27. Dezember 1878 starb Albert Martz nach langer, schwerer Krankheit

mit nur 48 Jahren. Seine Witwe Mathilde Martz trauerte mit fünf Kindern um ihn. 42

Sie musste nun die Geschäfte führen. Mathildes Bruder Eduard Wagenmann unter­ stützte sie, indem er 1881 für fünf Jahre Teilhaber wurde. Man firmierte nun als „Martz,

Albert, Schreib- und Zeichenmaterialiengeschäft. Theilh[aber]: Frau Mathilde Martz u. Ed. Wagenmann. Canzleistr. 15. P. u. Hhs.“43

Über Albert Martz jr. sind mehr Lebensdaten überliefert als über dessen

Vater. Nach der Schulzeit absolvierte der älteste Sohn von Albert Martz 1879 / 80 seine

Militärzeit. Wie der Vater zog er im März 1881 nach Paris, um dort bei J. Glänzer & Cie.

zu arbeiten. Mittlerweile besaß die Firma in diesen Jahren neun Mitarbeiter, vom

Prinzipal Carl Otto Finckh, über den Reisenden Joseph Mohr und den Kassier Carl Finck.

Als „Commis“ [kaufm. Angestellter] fungierte Chr. Lindenberger; gleichfalls waren vier Lehrlinge sowie ein Knecht beschäftigt. Im Oktober 1882 zog Albert Martz jr. von Paris

nach London, um bei der Firma Köbel Jameson & Cie. zu arbeiten, mindestens bis

1883. 44 Im Dreikaiserjahr 1888 besaß Albert Martz jr. ausreichend Erfahrung, um als Inhaber zusammen mit seiner Stiefmutter das Geschäft zu führen. 45 1896 heiratete

er Elise Feucht (1875–1963) aus München. Aus der Ehe gingen die Kinder Walter

(1897–1990) und Erwin Martz (1901–1978) hervor.

Kurz vor der Jahrhundertwende wurden

nicht nur Aquarellfarben produziert, sondern auch Kreiden für Künstler. Dazu war es notwendig, die

Produktionsfläche zu vergrößern. Albert Martz

ließ daher auf der Parzelle 6409 / 2 hinter der

Stuttgarter Rotebühlstraße ein 11,02 m tiefes und

21,80 m breites „Magazins- und Schreinerwerk­

statthintergebäude“ erstellen. Umweltschutz­ aspekte waren damals noch wenig ausgeprägt,

aber vorhanden: „Das Abwasser von dem projek­

tierten Neubau darf nicht nach dem städtischen

english Albert Martz Jr. continued the life’s work of his father. In 1888 after years of studying and travelling in Paris and London, he became Managing Director of the company.

Albert Martz jr.

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu

Werbeplakat

< Fabrikstandort Albert Martz in ­Stuttgart, Rotebühlstr. 169a, 1903

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu Feldweg geleitet werden. Zu dessen Aufnahme ist ein wasserdichter Schlammsammler anzulegen, welcher nach Erfordernis und ohne Belästigung dritter zu reinigen ist.“ Beleuchtet wurde das

Gebäude mit Gas. 1905 ließ Martz einen Anbau an den Holzschuppen erstellen. 47 Auguste Renoir „Weil die Alten ihr Handwerk konnten, besaßen sie

diese wunderbare Materie und diese durchsichtigen Farben, deren

Geheimnis wir vergeblich zu ergründen trachten.“46

1909 setzte man auf das Fabrik­

gebäude ein weiteres Stockwerk auf.

Damit sollten Unverträglichkeiten zwi­

schen Farbherstellung und Zeichengeräte­

produktion verhindert werden. Das Unternehmen erläuterte dem Stuttgarter Bauschauamt diese

Herausforderungen: „In dem zu erstellenden 2. Stockwerk beabsichtige ich, meine Fabrikation von

Aquarellfarben und Ausziehtuschen unterzubringen. Es ist mir deshalb vor allem daran gelegen, ein staubfreies Local zu haben. Wenn ich nun dem Anraten der städtischen Gewerbeinspektion

folge und den Antrieb von unten nehme, so habe ich den Staub, welcher in einer Schreinerei un­

vermeidlich ist, unbedingt in meiner Farbenfabrik, da die Riemenlöcher nicht abgedichtet werden

können und der Schwung der Riemen den Staub in das 2. Stockwerk heraufzieht. Wenn ich meine

Transmissionen an die Decke der neuen Lokale hänge, so ist zwischen der Wellenhöhe des jetzigen

Lokals und der Wellenhöhe der neuen Lokale kein Unterschied. Zudem ist zu erwähnen, dass bei den Farb- und Tuschreibmaschinen eine sehr kleine Turenzahl [!] (60–70 in der Minute), erforderlich

ist, und kann, wenn die Riemen gut eingemacht sind, keinerlei

Gefahr eintreten. An den Maschinen arbeitet vorerst nur ein

Mann und werden auch in Zukunft zur Bedienung der Maschinen

höchstens noch ein weiterer Mann notwendig werden, da die

Bedienung der Maschinen sehr wenig Personal beansprucht,

und glaube ich, dass die beiden Leute so viel Maschinen be­ dienen können, als die Lokale fassen.“48 Im Keller der Fabrik

befanden sich Magazin, Zentralheizung, Kohlenkeller sowie

ein Gasmotor, im Erdgeschoss dann ein großer Maschinensaal,

Leim- und Trockenraum. Hier wurden Zeichengeräte produziert. Der erste Stock bot Raum für Schreinerwerkstatt und Kontor, der zweite Stock war schließlich der Farbreibmaschine sowie

Abfüllung und Verpackung der Farbherstellung vorbehalten. 49

Ansicht Fabrikgelände Rotebühlstr. 169a

english Production increased remarkably under the aegis of Albert Martz Jr., and led to a significant ­expansion of the premises.

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu

< Marie und Eberhard Martz

Auszug eines Briefes von Eberhard Martz an Dr. Eduard Martz, 3. Juni 1908 Abstract of a letter from Eberhard Martz to Dr. Eduard Martz, June 3rd, 1908

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1859–1909:

Von Martz zu Marabu Am 23. November 1905 starb Albert Martz jr. Mit 65 Jahren war Mathilde

Martz zum zweiten Mal mit dem plötzlichen Verlust des Unternehmenslenkers

konfrontiert. Das Unternehmen wurde nun als Kommanditgesellschaft weiterge­ führt – eingetragen am 3. Juli 1906 – mit dem haftenden Gesellschafter Eberhard

Martz sowie Elise Martz.

Mit Eberhard Martz (1865–1952) übernahm ein weiterer Sohn des

Gründers die Verantwortung. Um das Geschäft von der Pike auf kennenzulernen,

absolvierte er nach dem Besuch des Realgymnasiums Königsfeld seit Herbst 1881

im elterlichen Unternehmen eine Lehre. Unter anderem arbeitete er als Magaziner

und als Fakturist, d. h. er prüfte die Rechnungen.50 Eberhard Martz war mit der Göppinger Fabrikantentochter Marie Schuler (1872–1958) verheiratet und lebte

bis zu seinem Tod in Ludwigsburg.51

Eberhard Martz ist es zu verdanken, dass aus „Martz“ „Marabu“ wurde.

Am 26. August 1909, und somit 50 Jahre nach der Unternehmensgründung, wurde

das Warenzeichen Marabu beim kaiserlichen Patentamt in Berlin eingetragen.

Das neue Zeichen sollte verwendet werden für die „Schreib-, Zeichen- und Mal­

utensilienhandlung und -Fabrik“.52 Ungesichert ist die Überlieferung, warum der nicht eben attraktive Vogel Marabu als Namensgeber gewählt wurde. Es heißt, die

Familie habe einen Namen gesucht, in welchem der Anlaut des eigenen Namens enthalten ist. Und ein Vogelname war wohl auch deshalb attraktiv, weil andere

Vertreter der Farbenbranche gleichfalls auf Vögel setzten wie beispielsweise Pelikan, Uhu oder Schwan-Stabilo.

Wie eine Rechnung aus diesem Jahr 1909 zeigt, stellte Martz in diesen

Jahren bereits Lichtpausapparate wie den „Arcus“ – ein frühes Kopiergerät – und

große Zeichengeräte wie den Zeichentisch „Zeppelin“ her. In einer Zeit, in der die Städte immer noch

über­durchschnittlich schnell wuchsen und in der die kommunale Infrastruktur auf- und ausgebaut

Anmeldung des Warenzeichens „Marabu“, 1909

aber auch Schwimmbäder und Räume für kulturelle Veranstaltungen – war viel zu planen und zu

Registration of the trademark “Marabu”, in 1909

wurde – dazu zählten Schulen und Straßen, Kanalisationen ebenso wie Wasser-, Gas- und Stromleitungen,

zeichnen.53 Von daher versteht es sich von selbst, dass Schulen, aber auch Architekten bei Martz kauften.

english After the early death of Albert Martz Jr., his stepmother Mathilde Martz continued the company as

a joint stock company. When responsibility was passed over to her son Eberhard Martz, the course

was set for the metamorphosis from “Martz” to “Marabu”. The trade mark “Marabu” was registered at the Imperial Patent Office in Berlin in 1909.

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm


Von Stuttgart nach Tamm

Der neue Standort: Tamm, Asperger Straße 4 The new premises: Tamm, Asperger Straße 4

In die Ära von Eberhard Martz fielen weitere, die Entwicklung der Firma maßgeblich

bestimmende Entscheidungen. Da es für die im Zentrum Stuttgarts befindliche Produktion keine

Entwicklungsmöglichkeiten mehr gab, intensivierte man die Bemühungen um einen neuen Standort

des Unternehmens. Noch vor dem Ersten Weltkrieg prüfte man nach guter Kaufmannssitte auf

Heller und Pfennig die Kosten für drei Alternativen: Vaihingen, Zuffenhausen und Tamm. Das bei Ludwigsburg gelegene Tamm erhielt den Zuschlag, wofür zwei Faktoren entscheidend waren: In

Tamm war bereits ein ausreichend großes Gebäude und ein großer Holzschuppen vorhanden, und hier stand am meisten freie Fläche für das Unternehmen zur Verfügung.54

Wie muss man sich Tamm und seine Menschen in der Zeit vor dem Ersten

Weltkrieg vorstellen? Der evangelische Pfarrer beschrieb sie im Frühjahr 1914 folgendermaßen: „Das Verhalten der Gemeindeglieder zueinander ist im ganzen friedlich, doch nicht ohne Gegensätze zwischen dem bürgerlichen und dem

industriellen Teil der Bevölkerung ... Nächstenliebe ist tätig im Besuchen von

Kranken und Handreichung für die Unbemittelten derselben und nicht nur für

diese – in gegenseitiger Aushilfe von Nachbarn und Verwandten in der Feld­ arbeit; eine Schattenseite ist die auch hier viel beklagte Schwierigkeit, Leute

zur Arbeit in Feld und Haus zu bekommen, weil die Jugend der Fabrikarbeit

nachgeht, soweit sie irgend im Haus entbehrlich ist, ohne danach zu fragen, ob sie nicht besser sich anderweitig in der Verwandtschaft im ­eigenen Hause nützlich machen könnte. ... Es sind zwei Schichten der Bevölkerung

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm zu unterscheiden, eine alteingesessene bäuerliche und eine zugewachsene industrielle. Den Über­ gang bildet ein von jeher bestehender kleiner Handwerkerstand, worin die gewöhnlichen Hand­

werksarten alle vertreten sind. ... Arbeiter, verheiratet und ledige, männliche und weibliche suchen

Arbeit in verschiedenen Fabriken Ludwigsburgs, besonders der Franckschen Zichorien-Fabrik, neuerdings immer zahlreicher in der Kornwestheimer Schuhfabrik (bes. das weibl. Element), ­einige

wenige in Bietigheim und in einigen kleinen u. ganz kleinen Geschäften am Ort (Rohrmatten­fabrik,

Zigarrenfabrik, Ziegelei [mit einigen italienischen Arbeitern] und Nelkenzüchterei).“55 Diese Bemer­ kungen zeigen, dass der 1 478 Einwohner zählende Ort nur wenigen Menschen Arbeit bot. Am 16. April 1914 erwarb Eberhard Martz

vom Tammer Möbelfabrikanten Adolf Entenmann

ein Wohnhaus und einen Gemüsegarten in der

Aspergerstraße.56 Noch am selben Tag verkündete

der Schultheiß von Tamm den Gemeinderäten

geheimnisvoll, „dass für das Anwesen der früheren

Ölwerke Tamm ein ernstlicher und durchaus gut­

situierter Kaufsliebhaber vorhanden sei, dessen

Namen er aber in guter Absicht zunächst nicht

mitteilen wolle, und teilt mit, dass der betreffende

Kaufsliebhaber ein Entgegenkommen der Gemein­ de in steuerlicher Hinsicht und ein Vorkaufsrecht

auf die Latrinengrube mit zugehöriger Fläche

vorlege. Der Ortsvorsteher empfiehlt dringend in

dieser Angelegenheit, soweit gesetzlich möglich,

Entgegenkommen zu zeigen, um die Ansiedlung

der betreffenden Firma in der hiesigen Gemein­ de zu verwirklichen. Ein Entgegenkommen der

Gemeinde sei auch schon deshalb geboten, weil der betreffenden Firma von anderen Gemeinden

Erleichterungen in Beziehung auf Steuerfreiheit

english Options for expansion of the premises in downtown Stuttgart were not available at the beginning of the 20th century. 1918, after the end of the first world war, production was moved to the new location in Tamm near Ludwigsburg.

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm

< Betriebsgelände in Tamm, 1931

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm und Überlassung von Baugelände in Aussicht gestellt sei.“ Die Gemeinderäte schlossen sich der Meinung des Schultheißen an. So kam Marabu zu einer Steuerbefreiung auf zehn Jahre und einem

Vorkaufsrecht für weitere Grundstücke.57

Während des Ersten Weltkriegs 1914 bis 1918 machte sich mehr und mehr die Material­

knappheit für das Unternehmen bemerkbar. Ersatzstoffe mussten beschafft werden, so zum

Beispiel für amerikanischen Ruß, der für die Tuscheherstellung benötigt wurde.58 In den Kriegs­

jahren konnte Marabu die Produktion noch nicht nach Tamm verlegen. Erst 1919 zog man um.59 In

diesem Jahr beschäftigte Marabu bereits 60 Arbeiter, zehn Arbeiterinnen und sechs Jugendliche,

vermutlich Auszubildende.60 Als das Unternehmen 1919 vergrößert wurde, zeigte sich, dass die

vorhandene Wasserleitung sowohl für den Betrieb wie auch für die Brandbekämpfung zu klein dimensioniert war. Die Kosten für diese Investitionen in die Infrastruktur teilten sich Gemeinde

und Unternehmen.61

Die Energieversorgung der neuen Fabrik basierte

auf einer Lokomobile der Mannheimer Firma Lanz – also einer fahrbaren Dampfmaschine –, die Martz während des Krieges gekauft hatte.62 Das Unternehmen war damals räumlich

und produktionsmäßig aufgeteilt in ein Fertigmacherhaus, Maschinenhaus, Trockenhaus, Farbfabrik, Lackschuppen und ein Wohnhaus.63

Die Inflation des Jahres 1923 traf auch Marabu hart.

Im Januar 1923 wurden Wasserzins und Strompreis um das

Dreißigfache der Jahre 1921 / 22 erhöht!64 Die frühen 1920er-

Jahre waren also Krisenzeiten. Ein Schlaglicht darauf wirft

ein Eintrag ins Gemeinderatsprotokoll: „Die Firma Marabu­

werke A.-G. hier beabsichtigt ihr Fabrikanwesen baulich

zu erweitern, hat aber keine hiezu geeignete Fläche und kann eine solche in der heutigen Zeit von niemand um Geld

english Raw material shortages had a strong impact on Marabu’s production. The hyperinflation of 1923

made evident that the 1920’s were crisis-ridden. At that time, more than 200 people were under the employment of Marabu.

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm

< Anbau für die Kreideproduktion, 1921 Planung Georg Martz Extension for the production of chalks, 1921

kaufen, weshalb sie bittet, ihr ein Gemeindegrundstück käuflich abzutreten, um dieses gegen

geeigneten Baugrund einzutauschen. Die genannte Firma ist vorzüglich fundiert und der weitaus größte Steuerzahler der hiesigen Gemeinde; die beabsichtigte bauliche Vergrößerung wird eine

Erhöhung des Gewerbesteuerkapitals der Firma und dadurch eine höhere Steuereinnahme der

Gemeinde zur Folge haben.“ Man beschloss also, den Marabuwerken ein Grundstück von 26 ar für

12 (!) Mio. Mark zu verkaufen.65

Zweifelsohne wusste die Gemeinde Tamm, was sie an ihrem neuen Industriebetrieb

hatte. 1922 hieß es in einem Bericht: „Die Gemeinde dürfte nunmehr der Zahl nach zur Hälfte aus

Arbeitern und Bauern und Handwerkern bestehen ..., die meisten gehen nach Kornwestheim und

Ludwigsburg, einige auch nach Bietigheim, Zuffenhausen und Stuttgart. Am Ort befinden sich

die Marabuwerke (Zeichenmaterialien) die etwa 200, eine Drahtstiftfabrik und eine Karton­fabrik, die je 15 Arbeiter beschäftigen. In der Nelkenzüchterei der Gebr. Trautmann sind 20 Arbeiter be­

schäftigt.“66 200 Arbeiter bei einer Einwohnerzahl von 1 569 Menschen – das konnte sich gut sehen lassen.

Nicht allein örtlich veränderte sich das Unternehmen Marabu, sondern auch

in der Rechtsform. Im Mai 1917 wurde die Kommanditgesellschaft Martz in eine Offene

Handelsgesellschaft mit den Gesellschaftern Elise und Eberhard Martz umgegründet. Ein

Jahr später trat Dr. Eduard Martz in die OHG ein. Die juristische Trennung zwischen dem 26


1910–1959:

Dr. Eduard Martz

Von Stuttgart nach Tamm ­Handels­unternehmen Martz / Stuttgart und der produzierenden Firma ­Marabu /

Tamm erfolgte 1920. Eberhard und Dr. Eduard Martz gründeten am 10. Juni die Marabuwerke GmbH: „Zweck der Gesellschaft ist die Fabrikation und der Vertrieb

von Zeichen- und Malgebrauchsgegenständen, welche mit dem gesetzlich ge­

schützten Warenzeichen ‚Marabu’ versehen sind.“ Die Gesellschafter übernahmen jeder eine Einlage von 150 000 Mark und setzten sich als Geschäftsführer ein.67

Am 1. Juni 1918 beleuchtete Eduard Martz die Situation in

einem Brief an seinen Bruder Eberhard: „Über die Bedenken,

dass mir Dein Betrieb zu kleinlich vorkommen könnte, etc.

Mit dem Chemiker

Dr. Eduard Martz (1870–1952)

kam der zweitjüngste Sohn von

haben wir ja schon gesprochen; ich kenne ja die Verhältnisse

Albert Martz sen. ins Unterneh­

Andererseits bin ich überzeugt, dass ich mir ein schönes

Stuttgarter Dillmann-Realgym­

und glaube nicht, dass mir das zu schaffen machen wird.

Wirkungsfeld schaffen werde, für das ich von hier ... eine Menge wertvoller Kenntnisse und Erfahrungen mitbringe

und so hoffe ich fest, dass auch Du und Elise den Entschluss nicht bereuen werdet. Ich fühle mich voll arbeitskräftig und

habe mit den Jahren an Stetigkeit und Ausdauer zugewonnen,

auch die nötige Initiative wird nicht fehlen.“70

men. Eduard Martz besuchte das

nasium und studierte ab 1888 an der Technischen Hochschule

Stuttgart und in München das

Fach Chemie. Nachdem er 1893

in Tübingen über das Thema

„Zur Kenntnis der Dinitrotere­ phtalsäuren“ promoviert hatte,

wurde er Assistent am chemisch-technologischen Laboratorium in Stuttgart.68 Später

sammelte er wertvolle Erfahrungen bei den Farbenfabriken Bayer in Leverkusen, die sich um die Jahrhundertwende zu einem international tätigen Unternehmen

entwickelten. Im Mai 1918 beschlossen Eberhard und Eduard Martz, dass der

­Chemiker Marabu möglichst bald seine Fähig­keiten zugute kommen lassen sollte.69

Materielle Interessen spielten für Eduard Martz keine zu große Rolle,

vielmehr reizte ihn die neue Aufgabe sehr: „Bezügl. der Einnahmen mache ich

mir keine zu großen Vorstellungen, ich bin ja nun genau unterrichtet. Mir ist die

Hauptsache, dass das Geschäft gut fundiert ist und dass es nicht an Geld fehlen

english The separation of the Martz’ retail business in Stuttgart and Marabu in Tamm took

place in the year 1920. The second youngest son of Albert Martz Sr., the ­chemist

Dr. Eduard Martz, joined the company. His profound knowledge about the chemistry of colours, attained during his many years of employment at Bayer in Leverkusen, was very valuable for Marabu.

27


1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm wird, die Sache gehörig umzutreiben. Wie

weit ich Erfolge haben werde, wird sich

zeigen; man kann im Allgemeinen nicht

mehr tun, als seine ganze Kraft einsetzen, dann bleiben die Früchte nicht aus. Das

Glück, das auch immer dazu gehört, habe

ich bisher stets gehabt und so hoffe ich,

dass es mir auch in den neuen Verhält­

nissen treu bleiben wird.“71 Kann man

unternehmerischen Idealismus besser

zum Ausdruck bringen? Zu allen Zeiten spielte im Familienunternehmen Marabu das Verhältnis von Geschäft und Familie

eine gewichtige Rolle. So auch am Ende

des Ersten Weltkrieges, als Eduard an

Eberhard Martz notierte: „Mit Deinen

Ausführungen betr. reinlicher Scheidung

von Familie und Geschäft bin ich durchaus einverstanden und werde meine Lieben

von vornherein in dieser Beziehung instru­

ieren. Wenn Erwin [Martz, damals 17 Jahre alt] Chemiker werden will und Interesse

für die Farbensache zeigt, so werde ich

ihn hier eintreten können lassen; es ist ganz gut, wenn er bei Zeiten sieht, um

was es sich handelt.“72 Betrachtet man die Entwicklung des Unternehmens seit den

1920er Jahren, so erscheint die Berufung von Eduard Martz als

Glücksfall. Mit seinem Fachwissen als Chemiker sicherte er die

Kompetenz des Unternehmens. Hinzu kam die Vergrößerung der

Firma, die auch Investitionen erforderte. Sie wurden ermöglicht

durch einen Kredit über 2,5 Mio. Mark, der im September 1922 bei

der Schwäbischen Treuhandgesellschaft Stuttgart (heute Ernst &

Young) und bei dem Reutlinger Bankprokuristen Karl Krüger aufge­ nommen wurde.73 Parallel dazu wuchs das Engagement von Marabu

im Export. Seit 1921 lieferte Marabu in Länder wie Italien, Finnland, Rumänien und Ungarn.74

28


1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm Am 17. April 1923 erschienen vor dem Ludwigsburger Bezirksnotar Julius

Marabu produzierte in diesen

Steinmüller Eberhard und Dr. Eduard Martz, der Stuttgarter Dr. Erich

Jahren Reißbretter, Reißschienen, Winkel,

(USA), und für Karl Krüger), der Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Richard Reis

im Farbenbereich Aquarell- und Tempe­

von Eberhard Martz. Sie gründeten die Marabuwerke Aktiengesell­

tafel- und Plakatkreiden. 1920 / 21 kamen

Dittmann (als Treuhänder für den Kaufmann Hermann Cron, Johnstown

sowie der Göppinger Fabrikant Albert Schuler –, letzterer der Schwager

schaft. Dabei übernahm die am selben Tag ins Leben gerufene Marabu-

Kurvenlineale und einfache Maßstäbe,

rafarben, Tusche und Klebstoff, Wand­ die Plakattempera und damit die ersten

Handelsgesellschaft vom Grundkapital in Höhe von 10 Mio. Mark Aktien

speziell für Entwerfer und Gebrauchs­

Mark, Dr. Erich Dittmann 1,495 Mio. Mark und Albert Schuler 5 000 Mark.

Markt.77 Sie verdankten sich der intensiven

im Wert von 7,5 Mio. Mark, Eberhard und Dr. Eduard Martz je ½ Mio.

grafiker hergestellten Farben auf den

Dr. Reis, Dr. Dittmann und Albert Schuler bildeten den Aufsichtsrat

Zusammenarbeit zwischen Marabu und

Martz bestellt.75 Eberhard Martz blieb zugleich noch Gesellschafter der

Bedeutung leuchtender Farbtöne für

des Unternehmens, zu Vorständen wurden Dr. Eduard und Eberhard

Stuttgarter Firma Albert Martz. 1928 trat dann Walter Martz, der erste 76

Sohn von Albert Martz jr., als Gesellschafter in die AG ein.

Prof. Hans Wagner (1887–1948), der die

Plakate erkannt hatte. Wagner war der

Verfasser des „Taschenbuchs der Farbenund Werkstoffkunde“.78 1925 trat Marabu

mit der Kasein-Emulsionsfarbe „Tamma“ für Dekorateure, Kulissenmaler und Kinomaler hervor, 1928 präsentierte man die Ölfarbe „Pantachrom“ für Werbung auf Glas. Eine

Neuigkeit stellten 1932 die Winkel und Reißschienen aus dem Werkstoff

„MarabuStabil“ dar. Neben den Plakat-Temperafarben waren sie der Schla­ ger im Exportgeschäft. Innovationen prägten also zweifellos diese Jahre.

Schon in den 1920er-Jahren musste Umweltaspekten Rechnung

getragen werden. Konkret äußerte sich dies im Umgang mit den Abwäs­

sern, die das Unternehmen in den Saubach einleiten durfte – wenn auch nur nach strengen Regeln. Ein Ölabscheider kam zum Einsatz, ebenso

eine Vorrichtung, die den Schlamm aus der Kreidefabrik beseitigte. Die

Abwässer aus der Farbenfabrik mussten schließlich mit speziellen Filtern

gereinigt werden. Darüber hinaus wurde der Saubach von der örtlichen

Polizei regelmäßig in Augenschein genommen sowie die Abwässer alle drei Monate untersucht.79

english Soon further expansion became necessary, and the export business increasingly gained importance. In 1923, when the company was turned into a stock corporation, the shares were mostly retained

by the owners. Back then, Marabu was producing T-squares, squares, curve templates, and simple

measuring tools supplemented in the field of colours by artist paints, tempera, Indian ink as well as adhesives and blackboard chalk.

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm

< Präsentation von Marabu-Produkten im Schaufenster der Firma Alfred Enders, Wiesbaden, 1932 Window display with Marabu products at Alfred Enders’ retail business in Wiesbaden, 1932

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm Der Eintritt des Chemikers Dr. Erwin Martz (1901–1978) in die Firma markierte

den Beginn einer über vierzig Jahre währenden Ära. Der gebürtige Stuttgarter, Sohn

von Albert Martz jr., studierte Chemie in Stuttgart, Freiburg und München. 1926 ­w urde

er von dem Nobelpreisträger Heinrich Otto Wieland promoviert.80 Der ältere Bruder

Walter Martz wählte die kaufmännische Laufbahn und führte das Ladengeschäft Albert Martz Stuttgart.

„Die Begriffe ‚Intellektueller’ und ‚Industrieller’, die sich sehr oft

Sein Onkel Dr.

gegenseitig ausschließen, waren in Dr. Erwin Martz aufs Glück­

Eduard Martz sah in Erwin

forschenden, von Neugierde geplagten Wissenschaftlers, wie der

Unternehmen. Martz schrieb

lichste vereint. Er war sowohl der Typ des empfindsamen, ständig

eine wichtige Hilfe für das

Typ des fortschrittlichen, zielbewussten, allem Neuen aufgeschlos­

im Dezember 1926 an seinen

Besonders sympathisch machte ihn sein angeborener schwäbischer

soll nun Erwin in’s Examen

leugnet), der sich nur in dem schwäbischen Wort ‚knitz’ ausdrücken

alles gut geht, am 1. Januar

senen Wirtschaftsführers. Und er wusste seine Gaben zu nutzen.

Mutterwitz (er hat den Schwaben auch in seiner Sprache nie ver­ lässt. Übersetzen lässt sich diese Wort nicht; es bedeutet etwa ‚den

Schalk im Nacken haben’, aber auch ‚sich selbst nicht allzu ernst

nehmen’. Und gerade dies wussten viele seiner Geschäftspartner

so sehr an ihm zu schätzen. Sein stets fairer Führungsstil trug ihm auch die Hochachtung seiner Wettbewerbsfirmen ein.“81

Bruder Eberhard: „Am 16. Dez.

steigen, so dass er, wenn bei uns eintreten kann. Ich

muss sagen, es wird jetzt

auch hohe Zeit, denn in der bisherigen Weise kann ich

nicht mehr weitermachen. Bei der verschiedenartigen

Inanspruchnahme bleibt mir nicht die Zeit, und vor allem die Ruhe, um die vorliegenden

Probleme, an denen es nie fehlt, gründlich zu bearbeiten. Nicht einmal kleinere Ver­

suche kann ich ungestört durchführen, so dass sie häufig wiederholt werden müssen

oder, wenn eine Sache zu sehr drängt, überhaupt unterlassen werden. Außerdem geht

diese gehetzte Arbeit allen auf die Nerven. Es muss unbedingt jemand vorhanden sein,

der sich ausschließlich und ungestört durch alles Geschäftliche allen diesen Arbeiten, die eine gründliche und systematische Bearbeitung verlangen, widmen kann. Deshalb

möchte ich Erwin – mindestens in der ersten Zeit – dem Betriebsgang fern halten; ... Ich hoffe nur, dass er sich für uns eignet und Freude an der Sache bekommt! Vielleicht

dass die Jungen dann später bessere Zeiten erleben und die Früchte unserer Arbeit genießen können, für uns selbst habe ich wenig Hoffnung mehr.“82

english With Dr. Erwin Martz, an important era in the company history lasting over forty years began. His significant influence was not only based on his scientific knowledge, being a PHD chemist, but also on his advanced thinking as a businessman.

Dr. Erwin Martz

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm Von 1929 bis April 1931 arbeitete Erwin

Martz als Betriebsleiter und Chemiker in der Lyra Bleistiftfabrik in Nürnberg. Dort leitete er die

Blei- und Kopierstiftwerkstätten. Anschließend

leitete er das Laboratorium von Marabu und war vor allem für die Fabrikation der Künstlerfarben

zuständig.83 Erwin Martz war bis 1938 als Betriebs­leiter von Marabu eingesetzt, wurde dann stell­ vertretender Direktor, und übernahm 1942 die Leitung des Unternehmens.

84

< Reißschienen-Montage Assembly of T-squares

Das Schätzungsprotokoll der Gebäude­

brandversicherung aus dem Jahr 1934 zeigt, wie

stark sich das Unternehmen entwickelt hatte. Die

Übersicht der Maschinen führt zwar nur noch

wenige aus dem Jahr 1899 auf, dagegen viele aus den 1920er-Jahren, die beim Umzug nach Tamm

angeschafft wurden. Im Maschinensaal standen allein sechs Schleifmaschinen, drei Hobel- und

zwei Fräsmaschinen. Fünf Kreissägen und viele

andere Sägen, Füg-, Abricht- und Bohrmaschinen. Im Farbreibsaal wurde an sieben Reibmaschinen

gearbeitet sowie an drei ­Trichterreibfarbmühlen.

Weitere Farbreiben waren im Erdgeschoss des Gebäudes in Betrieb.85 In diesem Jahr waren bei ­Marabu

115 Mitarbeitende beschäftigt.86 Dies zeigt, dass auch Marabu von dem Trend profitierte, der die späten

1920er- und 1930er-Jahre prägte: Die Farbenproduktion hatte allgemein eine schnell wachsende Nachfrage zu verzeichnen.87

Bislang war viel die Rede von Gebäuden, Produkten und Maschinen. Ebenso wichtig ist

es jedoch, einen Blick auf diejenigen zu werfen, die in den Marabuwerken beschäftigt waren. Über

sie erfahren wir etwas in Zeugnissen oder anderen Personalüberlieferungen. 1929 beispielsweise

kam die Bietigheimerin Hedwig Mayer (geb. Frey) zu Marabu, empfohlen durch vorzügliche Noten

in Stenografie und Buchführung, die sie an einer Privatlehranstalt in Ludwigsburg erreicht hatte.

Zwölf Jahre lang arbeitete sie als Stenotypistin bei den Marabuwerken; zu ihren Aufgaben zählten die

umfangreichen Patentangelegenheiten, die Preislisten und die Geschäftsstatistik. Nach ihrer Heirat

verließ sie das Unternehmen.88 Dass die Eheschließung zum Verlassen des Unternehmens führte,

findet sich häufig in den Personalunterlagen. So auch bei Hedwig Rüdiger, die zwei Jahre lang als

Martin Hoss, Packmeister Martin Hoss, packing foreman

„Schreibmaschinenfräulein“ für Marabu arbeitete und durch ihre „leichte Auffassungsgabe, Intelligenz

und Geschäftsinteresse“, aber auch durch „einwandfreien Charakter“ und „gute Umgangsformen“ einen sehr guten Eindruck hinterließ.89

32


1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm

< Messestand Fa. Adrian Brugger, München, 1957 Exhibition booth of the company Adrian Brugger, Munich, 1957

Viele Jahre – sowohl bei Martz wie auch bei den Marabuwerken – wirkte der Leiter der

Zeichengerätefabrikation, Wilhelm Dinkelacker. 32 Jahre lang, von 1902 bis 1934, widmete er sich

dem Unternehmen, was mit einem ganz besonderen Zeugnis belohnt wurde: „Wir stellen Ihnen das Zeugnis aus, dass Sie ... stets Ihre volle Kraft zur Bewältigung Ihrer Aufgaben eingesetzt haben

und stets dem Betriebe von größtem Segen waren. Wenn Sie in Ihrer zu großen Gewissenhaftigkeit

eine Unterlassung bei Ausübung Ihrer Tätigkeit oder eine Tat, die in Ihren Augen nicht recht war,

bedrückt, so seien Sie versichert, dass wir Ihnen dies in vollem Umfange und für die ganze Zeit Ihrer

Zuge­hörigkeit ... verzeihen und vergeben.“90

Neben der Produktion spielte der Vertrieb bei Marabu eine nicht zu unterschätzende

Rolle; das zeigen auch die Unterlagen der Vertreter, oder wie man früher sagte der „Reisenden“. Ein Musterbeispiel dafür ist der Stuttgarter Gustav Kussmaul, der zwischen 1905 und 1920 die

Firma Albert Martz vertrat, um danach in dieser Funktion auch für die Marabuwerke tätig zu

werden. Die Geschäftsleitung bescheinigte ihm eine reibungslose und fruchtbare Zusammen­

arbeit, aber auch einen tadellosen Charakter. Das Unternehmen verlor diesen vorzüglichen

Mitarbeiter aufgrund seiner guten Eigenschaften. Er wurde 1941 Betriebsleiter beim besten Kunden der Marabuwerke, bei der Münchener Firma Adrian Brugger.91

english It is not conceivable to reflect on the history of the company without acknowledging the immense contribution of the employees. Their character, good manners, qualifications, and precision were distinctive.

33


1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm Auch in Tamm drang nach 1933 die national­

sozialistische Ideologie langsam, aber ­s icher in den Alltag der Menschen ein. Anzeichen dafür sind zu

sehen in der Mehrheit der NSDAP im Gemeinderat, an Zuschüssen der Gemeinde für die Hitlerjugend

und den Bund Deutscher Mädel, aber auch in der

Umbenennung von Straßen nach führenden National­sozialisten.92 Wenig ist darüber bekannt, wie sich die

NS-Ideologie in einem Unternehmen wie ­Marabu

Platz verschaffte. Dr. Erwin Martz, der das Unter­ nehmen seit 1942 leitete, berichtete nach dem

Zweiten Weltkrieg, dass weder er noch seine zwei

Onkel (Eberhard und Eduard) und auch nicht sein Vetter Peter Martz (1898–1964) – die alle bei

Marabu arbeiteten – Mitglieder der NSDAP gewe­ sen seien. Über die Situation im Unternehmen

berichtete er: „Andererseits war ein sehr aktiver

‚alter Kämpfer’, Lothar Grüber, bei uns Betriebs­ obmann, der uns viel zu schaffen machte und

bei jeder Gelegenheit die Arbeitsfront gegen uns mobil machte.

Diese stand natürlich jederzeit, ob recht oder unrecht, auf seiner Seite. Da wir politisch

demokratisch eingestellt waren, der eine Chef war Mitglied der demokratischen Partei gewesen,

gab es im Laufe der Zeit schwere politische Zusammenstöße zwischen uns und dem Obmann.

Allmählich ging es um den Fortbestand der Firma, bzw. um den Verbleib der Firma im Besitz der Familie, die bereits von meinem Großvater gegründet worden war. Abfällige Äußerungen des

Seniorchefs spitzten die Situation dermaßen zu, dass der Obmann mit dem Äußersten drohte.

Jetzt entschloss ich mich doch noch, mich im Interesse der Firma zur Partei zu melden, weil ich nur so hoffen konnte, dass die DAF sich einigermaßen sachlich mit

unseren Angelegenheiten befassen würde.“93

Das Unternehmen musste gegen Angriffe der NSDAP

gewappnet sein, nicht zuletzt auch durch die Bitte der Marabu­

werke an wichtige Kunden, ihnen die große Bedeutung der

­Zeichengeräte- und Farbenherstellung für militärische Zwecke zu

bestätigen. Kaum anders kann ein Schreiben der Münchner Firma

Zeichenbedarf Schiller interpretiert werden, „dass ein Großteil der

von Ihnen bezogenen Erzeugnisse von mir an ... Bauleitungen des

Heeres und der Luftwaffe geliefert werden“.94 Schreiben der Zeichen­ gerätefirma Wichmann und Kuhlmann bestätigten dies ebenfalls.95

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm

< Katalog Sondererzeugnisse, 1939 Catalogue of special products, 1939

Mindestens ebenso einschneidend wie die Einflüsse von außen waren für das Unterneh­

men in der Zeit des Nationalsozialismus die Schwierigkeiten, gutes Material für die Produktion

zu erhalten. So wandten sich die Marabuwerke im Juni 1940 direkt an Hermann Göring, um zum Betrieb von Dieselmotoren Mineralölbezugsscheine zu bekommen. Die Motoren sollten die in

die Jahre gekommene Lokomobile ersetzen, die immer häufiger versagte. Damit nicht genug: das

Unternehmen wollte auf den Betrieb mit Holzgas umrüsten, die Bestandteile der Anlage standen

schon längst auf dem Betriebsgelände. Doch zum vollständigen Bau der Anlage waren drei Tonnen Eisen, Holz, 16 Tonnen Zement, Kalk und 20 000 Backsteine notwendig. Auch dieses Material konnte

nur auf Bezugsschein beschafft werden.96 Die Marabuwerke hatten mit dieser Strategie Erfolg. Der „Generalbevollmächtigte für Sonderfragen der chemischen Erzeugung“ – bombastische Titel waren typisch für den Nationalsozialismus – und damit ein Untergebener Görings genehmigte die

erforderlichen Materialien, um auf Holzgasbetrieb umzustellen.97 Bis 1953 wurde der größere Teil

des von Marabu benötigten Stroms mit dem Holzgasmotor erzeugt, versorgt mit den Holzabfällen, die bei der Produktion der Zeichengeräte anfielen.98

english During “National Socialism”, as the management was free of members of the NSDAP, conflicts with

employees who supported National Socialism occurred; yet Marabu kept distant from the NSDAP.

During the Second World War, Marabu again suffered from raw material shortages.

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm

< Albert Martz im zerstörten Stuttgart, Oktober 1945 Albert Martz in the destroyed city of Stuttgart, October, 1945

Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges waren auch in Tamm zu spüren. Immer ­wieder

fielen Brand- und Sprengbomben, die Scheunen und Felder zerstörten. Als gegen Kriegsende

­f ranzösische Truppen den Ort besetzten, wurden zahlreiche Häuser beschädigt.99 Das Werk war durch die Angriffe auf Tamm nicht beeinträchtigt. Ganz anders sah es dagegen beim Stammhaus

Albert Martz in Stuttgart aus. Das Grundstück Kanzleistraße 15 wurde im Krieg vollständig zerstört.100 Die Entwicklung des Unternehmens Albert Martz, Stuttgart Nach

Im Februar 1947 waren 88 Pro­

jahrelangem Provisorium im Gewerkschaftshaus Rote Str. 2a, gegen­

zent der Aktien im Besitz von Elise Martz,

die Kronenstraße 36, wo sie auf drei Stockwerken 20 000 Artikel

Schwagern Eberhard und Dr. Eduard

das bedeutendste Bürohandelsunternehmen in Deutschland, die

USA lebenden Hermann Cron.103 Die Ge­

über der Ruine gelegen, zog die Firma zum 100. Geburtstag 1959 in

anbot.101 Zum 1. Juli 1984 übernahm Bierbrauer und Nagel, damals

der Witwe von Albert Martz jr., ihren

Martz sowie dem mittlerweile in den

Mehrheit von Martz. Bierbrauer und Nagel ging in den 1990er Jahren

schäfte nach dem Zweiten Weltkrieg

der amerikanischen Corporate Express Corporation fusionierte und

blem bestand darin, dass die Unter­-

in der niederländischen Firma Buhrmann-Tetterode auf, die 1999 mit ihren Papierhandel an das Unternehmen Paperlinx verkaufte, „the

world‘s leading international fine paper merchant and distributor“.102

ließen sich nur schleppend an. Ein Pro­-

nehmen die Preise ihrer Artikel nicht

selbstständig festsetzen konnten, son­ dern von der Genehmigung durch das

Stuttgarter Wirtschaftsministerium abhängig waren. Dies bedeutete langwierige Verhandlungen

mit der dortigen Preisbildungsstelle, wenn wie im Fall Marabu enorm gestiegene Holzpreise, ge­

Alois Spielmann am Walzenreibstuhl, 1950er-Jahre

Produktion das Leben schwer machten.104

In the 50’s: Worker Alois Spielmann at a three-roll mill

stiegene Löhne sowie eine durch Materialmangel auf 40 Prozent der Vorkriegszahlen gesunkene

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm

Werkansicht von Süden, 1956

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm

Allmählich erholte sich die deutsche Wirtschaft in der Nachkriegszeit. Das lässt sich

auch an den Marabu-Umsätzen ablesen. 1953 waren die Umsätze schon auf das Zweieinhalb­ fache der Vorkriegsverhältnisse angestiegen.105 Die Folge war, dass es nach langer Zeit wieder zur

Erweiterung der Firmengebäude kam. Der Maschinensaal wurde aufgestockt und das Gebäude

Asperger Str. 4a in der Fläche verdoppelt.106

Die gute wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens war nicht zuletzt dem Sieb­

druck geschuldet. „Farben für Werbeschaffende“ war das Ziel, auf das hingearbeitet wurde.107 Neben den etablierten Druckformen wie Hoch-, Flach- und Tief­

druck füllte der Siebdruck eine wichtige Lücke: Mit den herkömmlichen

Druckverfahren konnten sperrige Körper aus Glas und Holz, Blech und

Kunststoff nicht bedruckt werden. Dies ermöglichte nun der Siebdruck

und darüber hinaus einen sehr kräftigen Farbauftrag. Technisch gese­ hen wird dabei Farbe durch ein feines Gewebe durchgepresst, die auf eine Schablone trifft und auf dem Druckmedium einen entsprechenden

Umriss hinterlässt.108

Schon um 1930 hatte man bei Marabu mit der Siebdrucktechnik

experimentiert. Doch auf das Jahr 1952 ist der eigentliche Beginn der

Siebdruckära zu datieren. Bei der ersten Präsentation der Siebdruckfarbe

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1910–1959:

Von Stuttgart nach Tamm Marapid ließen die Techniker durchblicken, dass dieses Produkt erst jetzt auf dem Markt erschienen sei, weil „wir

unter allen Umständen vermeiden wollten, mit einem halb­ fertigen, nicht in allen Richtungen erprobten Erzeugnis an den Verbraucher heranzutreten“.109 Die Entwicklung des damals noch wenig bekannten Siebdrucks wurde wesentlich unterstützt durch ein Siebdruck-Teststudio

in Zusammenarbeit mit dem Labor, das sich in Ent­ wicklung, Betriebskontrolle und Anwendungstechnik gliederte.110 Gerade der Anwendungstechnik kam und

kommt im Unternehmen eine besondere Rolle zu. Sie prüft als erste gründlich neue Produkte, bevor diese dann in ausgewählten Betrieben gemeinsam getestet werden.111 Somit war das Unternehmen

in den drei Geschäftsbereichen Zeichentechnik, Farben und Siebdruck tätig.

Ende der 1950er-Jahre wurde bei Marabu ein Generalbe­

bauungsplan Zug um Zug realisiert. 1958 wurden Bauanträge für neue Räumlichkeiten für die Verwaltung, die Expedition und den Reibsaal gestellt, ein Jahr später dann für den Kunststoffbau – das heutige

Verwaltungsgebäude – in dem Spritzgußmaschinen für Zeichengeräte aufgestellt waren.112 Damit zielte man ab auf eine Verbesserung der Betriebsorganisation und der ökonomischen Prozesse. Nicht zuletzt für diesen Zweck wurde eine EDV-Anlage der Firma IBM angeschafft.113

english With the end of the war, the Tamm facility was fortunately mostly unimpaired. The Albert Martz head office in Stuttgart, however, was completely destroyed. After the Second World War, business

in the German economy gradually recovered. After awhile, premises were once again expanded. In the late 1950’s, a step-by-step building plan was realized to improve the operational organization and to economise processes. The healthy economic development of the company continued not to

say the least due to Screen Printing.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …


1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Herstellung von Winkeln Manufacturing of set-squares

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … Wie sah es in Tamm zu Beginn der dritten fünfzig Jahre Marabu-Geschichte aus? Ein

Besucher berichtete aus erster Hand: „Beim Betreten des Fabrikgeländes fällt uns schon die rege

Betriebsamkeit auf, die dort herrscht: ein Lastwagen – hoch beladen mit Reißbrettern von teilweise

erstaunlichen Ausmaßen, jeder Raum der Ladeflächen mit Zeichentischen und Paketen ausge­ füllt – verlässt den Hof; ein großer gelber Postwagen wird gerade mit Paketen und Päckchen

gefüttert und zwei Arbeiter des Werkes schaffen einen gummibereiften Handwagen voll mit

Kisten zum nahe gelegenen Bahnhof.“ In der Holzabteilung herrscht „der Lärm kreischender

Kreissägen, brummender Hobelmaschinen und der intensive Geruch von auf Schleif­ maschinen verarbeitetem Holz. Durch Stapel von zugerichteten Brettern, fertigen und halbfertigen Reißbrettern kommen wir in die ruhigen Räume der Winkel- und Reißschienenherstellung. Hier überrascht die unübersehbare Vielzahl der Modelle

und Abmessungen. Außer Holz wird auch durchsichtiges Zelluloid und ein

Kunststoff namens ,STABIL’ zu Kurven und Linealen unter fleißigen Hän­ den, hier werden Prägungen aufgestanzt, dort rohe Fabrikate gebeizt, mattiert oder gewachst.“114

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … 1961 unterhielt Marabu feste Vertretungen in 45 Staaten und lieferte seine Produkte in

insgesamt 80 Länder; in Tamm waren 300 Mitarbeiter beschäftigt.115 Im selben Jahr informierten

die „Hausmitteilungen“ die Marabu-Kunden über einen wichtigen Schritt im Gesundheitsschutz

für Anwender lösungsmittelhaltiger Siebdruckfarben: „Jedenfalls freuen wir uns sehr darüber, dass uns die Umstellung der MARAPID-Farben auf nichtkennzeichnungspflichtige Lösungsmittel

ohne Gefährdung der Farbeigenschaften gelungen ist und dass nunmehr alle unsere Farben zum

Druck auf Papier als physiologisch unbedenklich bezeichnet werden können. ... Auch dieser neue Erfolg soll unseren Siebdruckfreunden zeigen, dass wir sehr bestrebt sind, immer das bestmögliche

an Farbmaterialien zu bieten und dass uns sehr viel daran liegt, jedem vernünftigen Wunsch von

Verbraucherseite so weit wie möglich entgegenzukommen.“116 In den frühen 1960er-Jahren standen strukturelle

Veränderungen des Unternehmens an. Ein externer Berater empfahl 1961, die Preise zu erhöhen, die Produktpalette zu

bereinigen, sowie Werbemaßnahmen und ­P ro­­dukt­ions­­-

abläufe zu überprüfen. Vorsichtig wurde erwogen, die Eigen­

produktion im Holzsektor aufzugeben und stattdessen auf Fremdprodukte unter der Marke Marabu auszuweichen.117

Diese Erwägungen schlugen sich auch im Dialog der beiden

Führungspersönlichkeiten von Marabu, Dr. Erwin Martz

und Dr. Gerhard Simon, nieder.

Der studierte Diplomlandwirt Dr. Gerhard Simon

(1925–1986) war mit Dr. Ursula Haldenwang (* 1924) verhei­ ratet. Deren Vater Dr. Otto Haldenwang (1883–1969) hatte

die Tochter von Eberhard Martz, Martha Martz (1899–1983), geehelicht. Ein Aspirant auf die Geschäftsleitung, Horst

Haldenwang, den sein Großvater Eberhard Martz gerne

im Unternehmen gesehen hätte 118, war im Oktober 1944 gefallen.

english By 1961, representatives in 45 countries distributed Marabu products, and Marabu exported

to a total of 80 countries. 300 people were employed in Tamm. Winds of change with a new

generation: Dr. Gerhard Simon was in the starting blocks! He had married the grand daughter of Eberhard Martz.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … So trat schließlich der branchenfremde Dr. Simon 1953 bei Marabu ein.

Intensiv wurde er auf seine künftigen Aufgaben vorbereitet: Er musste seine Kennt­

nisse in Englisch und Französisch vervollkommnen, bei der Stuttgarter Farbenfirma G. Siegle volontieren sowie bei einem großen Kunden von Marabu und im Vertrieb

Erfahrungen sammeln.119 1958 wurde er zum stellvertretenden Vorstandsmitglied

berufen.120 Dr. Erwin Martz und Dr. Simon waren in dieser Zeit mit der Umgestaltung

von Marabu vom „Meisterbetrieb zum Industriebetrieb“ konfrontiert, wie dies Erwin Martz einmal formulierte. Wie häufig beim Antritt einer neuen Generation

kam es auch hier aufgrund unterschiedlicher Mentalitäten und Konzepte zu

­Diskussionen über Veränderungsansätze.121 Die teilweise komplizierten Fragen der

Unternehmensstruktur und der Gesellschafterverhältnisse wurden gelöst, indem

die Aktienanteile der Familienstämme auf drei Teilhaber gebündelt wurden. Außer­ dem wurde Marabu 1967 von einer AG in eine GmbH umgewandelt.122

„Dr. Simon war eine Persönlichkeit, sehr gradlinig, aber auch zu­

In seinen rund

rückhaltend. Sein Wort brauchte man nicht auf die Goldwaage zu

30 Marabu-Jahren wid­

war auch einer derjenigen, die sich unters Volk gemischt haben. …

stets den betrieblichen

legen. Wenn Dr. Simon etwas sagte, dann war das auch so. Und er Er feierte auch mit uns Erfolge. Er hörte sich jede Geschichte an, die

man erzählte, er war immer sehr, sehr interessiert.“123

mete sich Gerhard Simon Belangen und pf legte

engen Kontakt mit der

Belegschaft. Den Fragen

des Vertriebs brachte er großes Interesse entgegen und förderte von Anfang an

das junge Geschäftsgebiet Siebdruck. Bauliche Erweiterungen und Modernisie­

rungen sowie Investitionen in Maschinen waren überdies häufig auf der Agenda des Geschäftsführers.

Dr. Gerhard Simon

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Abfüllung von Verdünnern und Reinigern Filling of thinners and cleaning fluids

Marabu verstärkte mit der Gründung der Siebdruckring GmbH im Jahr 1962 seine Präsenz

im Siebdruckmarkt.124 Im August 1964 belieferte die Siebdruckring GmbH mit 30 Vertragshäusern

und einer eigenen technischen Außendienstabteilung das In- und Ausland mit Siebdruckbedarf. Dazu gehörten natürlich Siebdruckmaschinen, auch Runddruckgeräte, Trockenanlagen und ­Kopiertische.125

Der Sektor Farben war abgesehen vom schnell wachsenden Siebdruckumsatz

vielen Veränderungen unterworfen. Dazu zählte das Ende der Künstlerfarbenproduk­

tion, die rasche Zunahme der Vorschul- und Schulfarben, die Einführung des Sprüh­ dosenprogramms (Klarlack, Buntlack, Fixativ etc.) und des innovativen Montageklebers

„Fixogum“ (1959). In der Zeichentechnik kamen Winkelmaßstäbe aus Spritzguss und

1964 als Innovation die Flachzeichenplatte auf den Markt. Sie war in den folgenden zwei Jahrzehnten der bedeutendste Umsatzträger im Sortiment Zeichengeräte. Die

Ausweitung der Sortimente bedingte eine erhebliche Erweiterung der Produktions­ kapazitäten und führte zum Ausbau von Verkauf, ­L abor, Anwendungstechnischer

Abteilung (AWETA), Schulungs- und Druckräumen, Farblager und Versandabteilung. Die Erweiterung des Verwaltungs- und des Laborgebäudes erhöhte 1968 die bebaute

Fläche um 2 000 qm. In diese Zeit fiel der Abschied von Dr. Erwin Martz als Leiter des Unterneh­

mens und der Beginn der Ära Dr. Simon.126 Trotz mancher idealisierender Züge gibt die folgende

Gebäude an der Werkszufahrt, ca. 1970

Charakterisierung von Dr. Erwin Martz ein treffendes Bild vom Selbstverständnis eines Familien­

unternehmers in den 1960er-Jahren.

english Dr. Simon stands for Marabu’s transition from a master crafts business to an industrial company. In order to optimize Marabu’s ability to act, he also rearranged the ownership structure. Production

facilities were expanded in line with the product range expansion. In 1968, 2 000  sqm were added

to the Marabu premises.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Reibsaal Production area

„Und als Marabu stehst Du hier vor uns nach jahrzehntelangem Marabu-Krieg ungebeugt,

wenn auch grau meliert, und manchmal mit gespreiztem Gefieder, gerecktem Hals und Kopf, wie

auch öfters sorgenvollem Blick unter der Brille; heute aber doch auf einer festen Plattform als

stets ruhender Pol am Kommandostand des Marabugeschwaders. ... Wir sehen und spüren immer wieder, dass sich in dem Bodensatz, der sich in Deiner Haltung zeigt, abgeklärte Selbstzucht und

ausgereifte Lebenserfahrung widerspiegeln, die Vertrauen und Verstehen, Güte und Wärme eines

väterlichen Freundes ausstrahlen, in Summa das prächtige Bild einer Persönlichkeit, gepaart mit den klugen Eigenschaften eines Menschenführers und der taktischen Begabung eines erfolgreichen

Wirtschaftskapitäns, zusammengeschweißt in Liebe und Sorge mit dem Betrieb und in Treuepflicht

verbunden mit den Mitarbeitern.“127 Im Jahr 1970 wurde das Unternehmen in Würdigung des vor­

maligen Seniorchefs in „Marabuwerke Erwin Martz KG“ umbenannt.

< Lackiererei und Fertigung von Zeichenmöbeln Paint shop and assembly of drafting tables

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … Nicht nur im Unternehmen veränderte sich vieles in diesen Jahren, sondern auch an

seiner Darstellung in der Öffentlichkeit. Der bekannte Typograph und Grafikdesigner Kurt Weide­ mann aus Stuttgart und der Werbeleiter Uwe Varnhorn standen vor der Aufgabe, das als unbe­ friedigend empfundene Markenbild von Marabu zu verbessern. Fast revolutionär mutete das Er­ gebnis an, das nicht nur die Einführung eines neuen Firmenlogos beinhaltete, sondern auch neue

Werbemittel und eine überarbeitete Gestaltung der Marabu-Erzeugnisse.

1934 um

um

1934

1959 um

um

bis 1967 bis

1959

Kurt Weidemann: „Auf die zeichenhafte Darstellung eines Marabu

wurde verzichtet. Die Verwechslungsgefahr, die Schwierigkeit,

1967

Wenngleich zwischen dem neu­

zu liegen scheinen, so ist das verbindende

Verkleinerung, die schwierige Übertragung im Schablonendruck

„roter Punkt über einem schwarzen M“

usw. führten zu dieser Entscheidung.“

1968

en und dem alten Markenzeichen Welten

einer­seits naturalistische Erkennbarkeit und andererseits knappste

optische Form zu vereinen, die technischen Probleme bei starker

ab

Element der rote Punkt, der das neue Logo

stark bestimmt. Das neue Markenzeichen berücksichtigte mit

den geometrischen Formen Kreis und Quadrat die Zeichengeräte ebenso wie durch seine farbige Ausführung das Produkt Farbe. Schließlich wird Rot als

stärkste aller Farben am ehesten mit dem Thema Farbe in Zusammenhang gebracht. Die Tatsache, dass dieses Logo über 40 Jahre lang genutzt wird,

ohne an Modernität zu verlieren, bestätigt, dass sich die fast prophetische

Auffassung von Prof. Weidemann erfüllt hat: „Markenänderungen oder

-neufassungen können für ein Unternehmen Entscheidungen von weittra­ gender Bedeutung sein. Sie bedürfen genauer Prüfung und sorgfältiger

Vorbereitung. Wenn jedoch die Einsicht in ihre Notwendigkeit besteht, darf weder Gewöhnung noch Traditionsbewusstsein, noch Furcht vor

Widerständen das entschiedene Handeln beeinträchtigen.“128

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … Das schnelle Wachstum von Marabu und

weitere Expansionspläne – dazu zählten der Ausbau

des Zweigwerks in Murr, Grundstückskäufe in Tamm, die Vergrößerung der Lager in Köln und Hamburg

wie auch der Auf bau einer Tochtergesellschaft in

Frankreich – erforderten zusätzliches Kapital. Im Sep­

tember 1969 wurde der entscheidende Schritt getan

und die Weichen für die Zukunft neu gestellt: Nach

Gesprächen, Prüfungen und Verhandlungen ent­

schied sich der Unternehmer Gustav Thorban (* 1923) aus Berlin zur Teilhaberschaft. Herr Thorban war bis

dahin geschäftsführender Gesellschafter der Berliner

Lichtpausfabrik Renker-Belipa, Inhaber der Firma Erland Ottoson in Malmö, die Spacio-Zeichentische herstellte

und Kuhlmann-Zeichenmaschinen vertrieb.129

< Gustav Thorban

Dynamik kennzeichnete die ganzen 1970er-Jahre. Unter maßgeblicher Wirkung des

­geschäftsführenden Gesellschafters Gustav Thorban sowie der Beteiligung des späteren Beirats

Dr. Heinz Ache als Berater wurde die Verwaltung modernisiert und die Produktion verschlankt.

Dr. Ache, der Verfasser von „Wesen und Voraussetzungen einer operativen Ökonomik“, brachte in

das Unternehmen Neuerungen ein wie Führungskonzeption, Budgetierung, Unternehmenspla­

nung und Controlling.130

Beachtliches tat sich auch bei den Marabu-Produkten, steht doch das Jahr 1970 für den

Beginn der Mittleren Zeichentechnik (MZT), die maßgeblich auf das technische Knowhow von ­Gustav

Thorban zurückging. Dazu gehörten Kleinzeichenmaschinen für den studentischen Gebrauch ebenso wie Zeichenanlagen für professionelle Zeichenanwendungen in

Architektur und Konstruktion auf mittelgroßen Platten bzw. Tischen. „Einfache Bedienung, verschleißfreie Technik, exakte Mechanik“ – mit diesen drei Begriffen warb Marabu für sein Produkt, das nicht zuletzt durch ein geradliniges, klares

Design bestach.131

english 1968 the new trade-mark was introduced into the market. 1969, Gustav Thorban, a businessman from

Berlin, became managing director and shareholder enabling the company to meet its growth and expansion plans. The 1970’s were a dynamic decade. ­Administration was modernized, and production

was streamlined. In 1970, the drafting division (MZT) had its start.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … Auf der Farbenseite erhielten in den 1970er-Jahren die Tampondruckfarben größere

Beachtung und Gewicht. Beim Tampondruck wird die Farbe mit einem elastischen Gelatine- oder

Silikontampon abgenommen und dann auf das oft unregelmäßig geformte Material übertragen. Dieses Verfahren erlaubt auch den Druck innerhalb von Gegenständen sowie die Gestaltung von

höchst unregelmäßig geformten Flächen.132 Die praktische Umsetzung zeigt das unglaublich breite

Anwendungsspektrum dieser Technik. Zu erwähnen sind Werbemittel wie Feuerzeuge, Stifte und

Büroartikel, aber auch Spielzeug. Letzteres stellt hinsichtlich der Gestaltungsvielfalt, der Lebensdauer

und auch der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Farben ganz besondere Ansprüche. Doch damit

längst nicht genug, denn Tamponfarben finden sich auch auf HiFi- und Elektrogeräten, auf Kosmetik­ artikeln, auf medizinischen Produkten wie Spritzen und Brillen, auf Sportgeräten, auf Flaschendeckeln,

Tastaturen und nicht zuletzt auf technischen Produkten wie Typenschilder und PKW-Teilen.133 Der Einstieg von Marabu in das neue Segment Hobby und Freizeit im Jahr 1971

war langfristig von erheblicher Bedeutung für das Unternehmen. Die Anfänge lagen

in der Textilmal- und Druckfarbe, der Stofffarbe „Hobbytex“; es folgten die Bastelfarbe für Bauernmalerei und später die Batik- und Färbefarbe.134

In der Nacht vom 18. auf den 19. Juni 1975 brach auf dem Firmengelände in Tamm ein

Brand aus. 50 Feuerwehrleute aus Tamm und Ludwigsburg bekämpften das Großfeuer, doch drei

Gebäude mit der Zeichengeräteproduktion, Schlosserei und Lagerräumen wurden ein Raub der

Flammen. Zunächst ging das Unternehmen von einem Schaden in Höhe von einer Mio. DM aus.

Anfang Juli 1975 stand fest, dass sich der Brandschaden insgesamt auf über zwei Mio. DM belief, der zum Glück durch Versicherungsleistungen aufgefangen werden konnte.136

Bietigheimer Zeitung „Zu einem

rabenschwarzen Unglückstag

– im wahrsten Sinne des Wortes – wurde der gestrige 19. Juni für die bekannte Farben-, Mal- und

Zeichengerätefabrik ‚Marabu’ an der Asperger Straße. In einem

Meer von Flammen brannten

in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag insgesamt drei

Hallen fast vollständig nieder.

... Was übrig blieb, war ein wü­ ster, rauchumgebener Trümmer­ haufen, der einen trostlosen

Anblick bot.“137 In der Rückschau berührt die Reaktion der Konkurrenten. Neben der Firma Faber-

Castell und Pelikan drückte die Hamburger Montblanc-Simplon GmbH ihre Bestürzung und tiefes

Mitempfinden aus und bot Hilfe beim Wiederaufbau an.138 Wenigstens eine „positive“ Seite besaß der Brand: Er schuf die Voraussetzungen dafür, dass noch 1975 ein großzügiger Neubau

für die Fertigung der Zeichentechnik begonnen werden konnte, der sich zusammen mit einem

> Ansicht von Süden, 1979

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … Palettenlager über 2 800 qm erstreckte. Drei Jahre später schloss

sich der Bau einer Versandhalle mit automatischem Regallager an. Zweifellos waren es erfolgreiche Zeiten, in denen das Unternehmen

gutes Wachstum erzielen konnte. 1968 erwirtschafteten 230 gewerb­ liche Mitarbeiter und 100 Angestellte einen Umsatz von 12 Mio. DM. Ein Jahr später waren es 240 bzw. 135 Mitarbeiter und der Umsatz kletterte auf 15 Mio. DM. 1980 war die Belegschaftsstärke auf 250

Mitarbeiter gesunken, der Umsatz dagegen auf 32 Mio. DM angestie­ gen. Die stabile Entwicklung des Unternehmens in den 70er, 80er

und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts ist der Nachfrage nach neuen, modernen Produkten, der demografischen Entwicklung sowie der

Eroberung der Exportmärkte unter der Flagge „made in Germany“ zuzurechnen. Als stabile Faktoren wirkten dazu die hohe Loyalität

und Firmentreue der Belegschaft und erfahrener Führungskräfte, die über Jahrzehnte die Geschicke des Unternehmens lenkten.

Der Kauf der schwedischen Firma Spacio in Malmö (1978) zeigt, dass Marabu seine Markt­

stellung ausbaute. 1983 begann Marabu die Fertigung von Zeichentischen und Zeichenmöbeln in der Gemeinde Satteldorf bei Crailsheim. Für die Vorrichtungen zur Bearbeitung von Stahlrohren

und eine erste kleine Pulverbeschichtungsanlage stand in Tamm kein Platz zur Verfügung, zumal auf Zuwachs geplant wurde.

< Messe Paris

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Messestand- und Produktgestaltung des Designers Kurt Popp Design by Kurt Popp (Exhibition booth in Hamburg)

In der Folgezeit entwickelten sich die drei Sortimentsbereiche ganz unterschiedlich: der

Umsatz mit Siebdruckfarben stieg kontinuierlich an – nicht zuletzt dank der 1979 eingeführten

Farbsorte „Marastar SR“, die sich in den folgenden Jahrzehnten als Glücksgriff für ­Marabu her­

ausstellte, weil sie sich als zuverlässige Allround-Farbe für vielerlei Anwendungen bewährte. Der Zeichengeräteabsatz war relativ stabil, dagegen hatte der Bereich Hobbyfarben noch große

Aufgaben der Erschließung neuer Märkte vor sich. Als Firmenphilosophie vertrat Marabu das Ziel einer Partnerschaft zwischen Hersteller und Händlern. Dabei lag die Betonung darauf, „mit allen

Produktgruppen qualitativ im oberen Drittel einer Pyramide zu bleiben, eine Aufgabe, die von

selbst verbietet, Menge über den Preis verkaufen zu wollen“. In diesen Jahren fertigte Marabu 5 000

Artikel, die in Deutschland von Reisenden und Vertragshäusern (Siebdruck) verkauft wurden.139

Der absehbare Generationswechsel führte 1984 zur Ernennung von Heiko Heß (* 1938)

zum Geschäftsführer. Herr Heß war seit 1969 in Verkaufsförderung und Vertrieb für Marabu tätig und zuletzt für den Umsatz Farben und Zeichengeräte verantwortlich.

Nach dem unerwartet frühen Tod von Dr. Gerhard Simon im Jahr 1986 übernahm Gustav Thorban

die Leitung von Entwicklung und Betrieb, während Heiko Heß das gesamte operative Geschäft in

Vertrieb und Verwaltung übernahm. Im Sommer trat Rolf Simon (* 1958) nach Abschluss seines Studiums als Assistent der Geschäftsleitung in das Unternehmen ein.

Heiko Heß

english Even the devastating fire of June 1975 could not hinder Marabu’s further development. Expansion

continued with the acquisition of Spacio in Malmo, Sweden and also with an increased production

of drafting utensils and office furniture. Heiko Heß became managing director a few years before

the early death of Dr. Simon.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … Im gleichen Jahr wurde in Satteldorf bei Crailsheim der erste Bauabschnitt eines Betriebs-

neubaus für die Zeichentechnik fertig gestellt. Dorthin siedelte zunächst die Fertigung von Tisch­

untergestellen um. Die Zeichenmaschinenmontage aus Tamm folgte 1993.

1988 erhielt Marabu France im Pariser Vorort

Bobigny ein neues Lager- und Bürogebäude. Damit

hatte Marabu im bis dahin größten Auslandsmarkt

< Marabu Frankreich Marabu France

eine repräsentative Niederlassung. Ebenfalls 1988

wurde in Wales die Vertriebsgesellschaft „Marabu UK“ gegründet, um in dem bedeutendsten Siebdruckmarkt

Europas und gleichzeitig dem Heimatmarkt der beiden

international größten Wettbewerber besser Fuß zu fassen. Der Sitz der Gesellschaft wurde wenige Jahre

später nach Milton Keynes, nördlich von London verlegt. Nach Überarbeitung bereits vorhandener Pläne wurde 1987 bis 1989 in Tamm neu gebaut,

um der Farbenproduktion den notwendigen Raum für Rationalisierung und Wachstum zu geben. Die Entwicklung der folgenden 20 Jahre bestätigte die Investition: heute fertigen nur wenig mehr Produktionsmitarbeiter die 3-fache Jahresmenge an Druckfarben. Für die Umsetzung sowohl der

technischen und organisatorischen Ziele als auch der Brand- und Umweltschutzauflagen war Rolf

Simon verantwortlich. Mit einer Investitionssumme von 14 Mio. DM entstand ein völlig neuer Ge­ bäudekomplex für Rohstofflager, Produktion, Qualitätskontrolle und Abfüllung.140 Dabei lag die

Herausforderung darin, dass das Projekt bei laufendem Betrieb und mitten im Gebäudebestand durchgeführt werden musste.

Rolf Simon

< Bauphase 1988 Construction phase 1988

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Neubau New building

In dieser Zeit wurde auch mit der Eigenfertigung von UV-Siebdruckfarben begonnen. Mit

dieser neuen Technologie wurde den Druckbetrieben nicht nur ein schnellerer Produktionsprozess ermöglicht, sondern auch die Belastung durch Lösemittelemission verhindert. Heute sind die

brillanten, UV-strahlungshärtenden Farben in vielen grafischen und industriellen Anwendungen

nicht mehr wegzudenken. Rund die Hälfte des Produktionsvolumens entfällt darauf. Annähernd

40 Prozent der Produktion wurden damals exportiert.141 Heute liegt die Exportquote bei 80 Prozent. Ab 1990 erlebten die „Marabuwerke GmbH & Co. KG“ – so der offizielle Fir­

menname seit 1989 – durch die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und

die Öffnung des ost­europäischen Raums neue Konjunkturimpulse. In den sogenannten

neuen Bundesländern bauten Vertriebspartner den Handel mit Siebdruckfarben auf.

Auch Farben und Zeichengeräte stießen auf reges Verbraucherinteresse. Zeitgleich gab es auch in Tamm Neuerungen: das Laborgebäude wurde durch ein aufgesetztes Geschoss

für Lüftungstechnik und die komplette Erneuerung der Haustechnik modernisiert.

Danach wurden die Büroräume des Verwaltungsgebäudes renoviert und mit einer Netzwerkverkabelung ausgestattet. Damit gelang der Sprung von Schreibmaschine

und Teletexgeräten in die Welt der modernen, vernetzten Bürokommunikation mit standardisierter Hard- und Software: die Arbeitsplätze erhielten zeitgemäße PC’s

sowie Internetzugang.

english

Dosierstation für Bindemittel Dispenser for binders

Following in the steps of the French subsidiary, “Marabu UK” was founded in Wales and later moved to Milton Keynes. Along with German reunification, Marabu met challenges like new construction

projects, production of UV-curable Screen Printing inks, and the modernization of internal communication technologies under Rolf Simon’s management.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Asienmeeting 2000

Mitte der 90er-Jahre wurde auch in die Fabrikationsanlagen investiert: neue Abfüllma­

schinen und fortschrittliche Mahltechnologie trugen zur Rationalisierung der Produktion bei.142 Rege Investitionstätigkeit entwickelte sich auch auf der Marktseite. Nach der Gründung in England

übernahm Spacio in Malmö die Firma Remako-Hagwin in Stockholm und Svalöv in Südschweden. In wenigen Jahren entwickelte sich Spacio vom Hersteller und Händler für Zeichenanlagen zum

bedeutenden Handelsunternehmen im gesamten skandinavischen Siebdruckmarkt. Es folgten die eigenen Vertriebsgesellschaften in Spanien (1991) und Niederlande (1997) durch Übernahme

der lokalen Vertretungen. Doch auch über Europa hinaus erstreckten sich die Aktivitäten. Durch

die wachsende Bedeutung der asiatisch-pazifischen Länder im globalen Welthandel – allen voran

China, dessen neue Regierung für eine schrittweise Öffnung des Landes sorgte – legte eine Präsenz durch eigene Mitarbeiter nahe. In Singapur wurde im Jahr 2000 eine Repräsentanz zur technischen

Beratung und Kundenbetreuung gegründet.

„Die bunten Gläser und Tuben mit dem markanten Firmenlogo, ein

knallroter Punkt über einem stilisierten M sind für viele ein Begriff. Im Kindergarten und in der Schule greifen die Kleinen beherzt in die Fingerfarbentöpfe. Wenn es um das Bemalen von Hobby- und

Bastelmaterialien geht, sind die Schwaben mit dem richtigen

Farbtiegel ebenso dabei wie bei Grafikern oder den Dekorateuren, die den richtigen Glanz oder Flitter brauchen.“143

Im Nachhinein betrachtet be­

gann in den 1990er-Jahren durch die all­-

mähliche Veränderung der Märkte und

Kundenstrukturen eine große Herausfor­ derung für die Zukunft. So übernehmen

seither im europäischen Farbenhandel

vielerorts Filialisten und Versandhändler

immer mehr die Distributionsaufgabe

der eingeführten Fachhändler. Die Seidenmalerei brachte der Hobbybranche für einige Jahre

ein umsatzstarkes Thema mit intensiv leuchtenden Farben auf edlem Material. Der allmähliche

Schwund kleiner und mittlerer Fachgeschäfte im Hauptmarkt Deutschland wurde damit jedoch nicht aufgehalten. Im Siebdruck wuchs die Konkurrenz sowie die Anforderungen bei industriellen

und grafischen Großkunden durch neue Wettbewerber, Verfahren der Druckvorstufe und inno­ vative Druckanlagen stetig. Darunter fällt auch der Siegeszug der UV-härtenden Farbsysteme als

rationellere und umweltschonende Technologie.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … Die internationale Siebdruckmesse

FESPA des Jahres 1995 in Lyon war Auslöser für die

Entscheidung, Digitaldruckfarben zu entwickeln. Das „Ende des Siebdrucks“ schien drohend nahe, denn die Arbeitsschritte der Druckvorstufe im

Siebdruck beanspruchen einige Zeit, während

der Digitaldruck hierin beeindruckend schnell

ist: ohne statische Druckform wird ein Bild oder

Text via Computer digital an eine Druckmaschi­ ne übertragen und von elektronisch gesteuerten Druckköpfen direkt auf

den Untergrund gedruckt. Bei der Farbe handelte es sich zum damaligen Zeitpunkt

um rein lösemittelhaltige Tinten in den vom Rasterdruck bekannten vier Farbtönen Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz. Nicht nur in der Entwicklung betrat Marabu

Neuland, sondern auch in der Vermarktung zeigten sich besondere Herausforde­

rungen, die es zu meistern galt. Heute entwickelt Marabu auf einem kontinuierlich aufgebauten Knowhow zeitgemäße Farbsysteme und bietet Lösungen für eine Reihe von ­Digitaldruckmaschinen.

Digital war und ist auch das Schlagwort, das die Welt des technischen Zeichnens grund­

legend veränderte. Systeme des Computer Aided Design (CAD) wurden zunehmend preisgünstiger

und hielten in Bauwesen und Industrie Einzug. Mit dem Umstellen der Berufsausbildung auf CAD wurden klassische Zeichengeräte letztlich überflüssig. Die Umsätze mit Zeichenmaschinen gingen

Jahr um Jahr zurück, so dass das Geschäftsfeld schließlich aufgegeben wurde. Damit brach 1997 ein Fünftel des Umsatzes weg.144 Der Standort Satteldorf wurde verkauft.

Die steigende Nachfrage nach Marabu-Farben erhöhte den Platzbedarf in Fertigung und

Versand stetig. Als schließlich die Fenstermalfarbe „fun & fancy“ das ganze Unternehmen in Atem

hielt und den Jahresumsatz 1999 quasi verdoppelte, mussten für Betrieb und Versandlager exter­

ne Gebäude angemietet werden. Es wurden sogar mehrere Lohnabfüller eingebunden, um dem

Auftragseingang nachzukommen. Nach zwei Jahren war der Gipfel erreicht und die Absatzzahlen fielen spürbar in Richtung Normalumsatz einer guten Hobbyfarbe.

english The 1990’s were characterized by significant market and customer structure changes, but also new

segments like UV- and Digital Printing. New subsidiaries were founded in Scandinavia, Spain, the

Netherlands and Singapore. The importance of the asian market increased constantly.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Schulungen in Sieb- und Tampondruck Screen and Pad Printing Seminars

Im Jahr 2000 wurde in Tamm das Nachbargebäude an der Einfahrt Bahnhofstraße er­

worben und zu einem präsentablen Empfangs- und Schulungsgebäude umgebaut. Zielsetzung

war es, geeignete Räumlichkeiten und vielfältige maschinelle Möglichkeiten für Vorführungen

und Tests aller drei Druckverfahren zu gewinnen, denn neue Farbrezepturen müssen ihre Eignung

durch intensive Prüfungen unter Beweis stellen. Viele Hundert werdende oder ausgebildete Sieb­ drucker haben seitdem das Angebot spezieller Schulungen in Theorie und Praxis genutzt. Intensive

Kundenkontakte werden darüber hinaus auf einer Vielzahl von Fachmessen weltweit gepflegt, die durch open house-Veranstaltungen bei lokalen Handelspartnern ergänzt werden. Für individuelle

Kundenfragen werden durch den bewährten Marabu-Außendienst Lösungen erarbeitet – weltweit

vor Ort oder in der hauseigenen Anwendungstechnik .

Prof. Dr. Walter Sigle

Ab dem Jahr 2000 begann ein Generationswechsel, sowohl in der Geschäftsleitung

als auch im Kreis der Gesellschafter und Beiräte. 2001 schied Heiko Heß altershalber als Ge­

schäftsführer aus. Peter Möller (tätig von 1990 bis 2006) und Ralph Roschlau (1981 bis 2009

im Unternehmen) übernahmen die Umsatzverantwortung für die Geschäftsbereiche ­Kreativbzw. Druckfarben, Rolf Simon zeichnet seitdem für Betrieb, kaufmännische Verwaltung und Personal verantwortlich. Nahezu alle Prokuristen, die überwiegend mehr als 20 Jahre leitende

Funktionen innehatten, gingen in den Folgejahren in Ruhestand. Nachdem Herr Roschlau

die Leitung der Sparte Kreativfarben übernommen hatte, folgte 2007 die Übertragung der

Divisionsleitung Druckfarben an Dr. Roland Stählin, der mit seiner Erfahrung aus der Sieb­

Dr. Heinz Ache, Fritz-Jürgen Heckmann

druckbranche seither neue Impulse setzt und Geschäftsführer ist.

Aus Altersgründen schied zunächst 2003 Prof. Dr. Walter Sigle (Mitglied seit 1962)

als Vorsitzender des Unternehmensbeirats aus. Danach übergab Dr. Ache (1972 bis 2007) den

Vorsitz an den Stuttgarter Anwalt Fritz-Jürgen Heckmann.

Im Gesellschafterkreis fanden weitere Anteilsübertragungen auf die nächste Generation

statt. Gesellschafter sind heute Dr. Ursula Simon und Gustav Thorban sowie Claudia und

Michaela Thorban, Andreas und Rolf Simon. Ein weiterer Anteil liegt bei den Töchtern von Dr. Erwin und Gertrud Martz, Annemarie Hubert und Gerda Holzwarth-Martz.

Ralph Roschlau, Dr. Roland Stählin

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Marabustandorte 2009 Marabu locations 2009

Veränderung und Erweiterung kennzeichnen auch die Auslandspräsenz. 2002 wurde

für den Vertrieb von Kreativfarben ein Tochterunternehmen in Antwerpen gegründet, das die

Distribution für die Beneluxländer übernahm. Heute ist diese

Marktverantwortung in der ungleich größeren Gesellschaft Marabu France integriert. 2004 entstand die brasilianische

Tochtergesellschaft in Sao Paulo für den Vertrieb von Druckfar­ ben in Südamerika. In Moskau eröffnete eine Repräsentanz zur

Betreuung russisch-sprachiger Vertragspartner und Kunden.

Damit nicht genug – es folgten wenig später zwei Unterneh­

menskäufe: in Charleston / South Carolina konnte 2007 die Firma

Clearstar inc., ein Hersteller von Digitaldrucklacken und -farben

übernommen werden. Im Jahr 2008 folgte die Übernahme des

langjährigen italienischen Vertriebspartners Serindustria srl. –

seither Marabu Italia S.a.S.

Marabu Niederlande Marabu Netherlands

english In the year 2000, further evolutionary steps became evident with the new Training and Reception

building in Tamm. Evident changes took place regarding the shareholders and the board. International

involvement increased progressively with subsidiaries in South and North America, Russia and Italy.

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1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit …

< Außenaufnahme Bietigheim Location shot of the Bietigheim premises

Das finanziell gewichtigste Ereignis für das Unternehmen ist die Errichtung des neuen

Kreativfarbenwerks in Bietigheim-Bissingen. Im Jahr 2004 gelang nach einjähriger Bauzeit die

Fertig­stellung des äußerlich anspruchsvollen und großzügig auf Wachstum geplanten Bauwerks.

Mit der bedeutendsten Investition der Firmengeschichte vereinte Marabu nur wenige Kilometer von

Tamm entfernt Produktion, Abfüllung und Logistik, die bisher auf verschiedene Standorte verteilt waren.145 In Bietigheim sind heute die Produktfamilien für Malen + Lernen, Heim & Hobby, Living

sowie Kunst & Beruf beheimatet, in Tamm die Druckfarben mit den Geschäftsfeldern Siebdruck,

Tampondruck und Digitaldruck sowie die Zentralabteilungen.146

Der Neubau brachte nicht nur Platz für das geplante Wachstum

der Betriebsabteilungen beider Sparten, sondern auch einen erneuten,

fast radikalen zu bezeichnenden Einschnitt in die Unternehmenstradition: die weitgehende funktionale Trennung der beiden Geschäftsbereiche

unterstützt die spezifische Ausrichtung der Marktbearbeitung wie auch eine unabhängige Ergebnisorientierung.

Managementaudits für Zertifizierungen und Kundenauditie­

rungen, die europäische Chemikalienverordnung REACH, Professionalisie­ rung mittels CRM und strategischer Konzepte, Arbeitszeitflexibilisierung, Globalisierung und nicht zuletzt das world-wide-web – all dies verdichtet

und beschleunigt das Tagesgeschehen und verändert Stück für Stück die Arbeitswelt in unterschiedlichsten Facetten. Die Veränderung von

Kommunikationsumfang und -verhalten ist eindeutiger Beleg für diesen

Wandel. Die Herausforderung ist dabei, den Dienst am Kunden nicht aus 60


1960–2009:

In Tamm, Bietigheim-Bissingen und weltweit … den Augen zu verlieren, den Grundbedürfnissen der Belegschaft gerecht zu werden und gleich­

zeitig den permanenten, technologischen Wandel zu beherrschen, um den Herausforderungen des Wettbewerbs zu begegnen.

< Neubau Spacio in Malmö 2008 New Spacio building in Malmo, 2008

Mit Wachstumsfantasie und Markterfolgen hatte das neue Jahrtausend begonnen,

doch am Vorabend des Jubiläumsjahres 2009 riß die Finanzwelt die gesamte Weltwirtschaft in eine dramatische Krise. 2009 stellt daher auch in dieser Hinsicht ein ganz besonderes Jahr für die

Marabu-Gruppe dar. Doch mit Selbstvertrauen, Willenskraft und Fantasie ist auch diese Hürde in der Unternehmensgeschichte zu meistern. Es werden neue Konzepte erarbeitet und innovative

Produkte entwickelt. Die gesamte Belegschaft wird in ihrem Streben nach Qualität und Service fortfahren – wie in den 150 Jahren zuvor.

Marabu wird so auch in Zukunft nicht nur Farben als nützliche und sinnvolle Produkte

anbieten sondern auch einen Beitrag zur Vielfalt in der Welt der Farben leisten und die Welt bunt erhalten.

english The new premises in Bietigheim, providing great space for Production, Packaging and Logistics, were

the most important investment in company history. Despite its anniversary, Marabu is confronted

with new challenges once again: just now, in its 150th business year, the company is facing the im-

pacts of the worldwide economic crisis. United with the staff, the family-owned company Marabu

will withstand crises, place innovations into the market, and enjoy success just like in the past 150 years. The more than 400 employees and the Management will pursue the strategy proven during

these 150 years – Innovations, combined with Quality.

61


Farben f端r perfekte Druckergebnisse


Farben zur Freude am Gestalten


Begegnungen mit Kunden

FESPA, Berlin 2007


Marabu vermittelt nicht nur Vertrauen durch Produktqualität , Expertenwissen, Sicherheit und ­Fortschritt in ökologischen Aspekten, sondern pflegt nachhaltig partnerschaftliche Beziehungen.

Paperworld, Frankfurt 2009



Anhang


Anhang

Anmerkungen 1 2

Landeskirchliches Archiv Stuttgart (fortan LKAS),

4

5

Martz, der freundlicherweise von Frau Liselotte Schilde zur Verfügung gestellt wurde. 22

Adreß-Kalender für die Königl. Haupt- und

Erbabfertigungsvertrag der weil. Anna Maria geb.

23

Ebd., 1865.

Hartmann gew. Ehefrau des Friedrich Martz Kauf­

24 Ebd., 1867.

manns hier. 3.7.1852.

25

Residenzstadt Stuttgart auf das Jahr 1863.

Stadtarchiv Balingen, Inventuren und Teilungen.

1827–1828. Beibringensinventar des Herrn Friderich

26 Der Eintrag im Adreßkalender 1870 lautete: „Martz,

Marz Kaufmanns aus Sulz gebürtig und Frau Marie,

Albert, Farben- und Zeichnungsmaterialienhandlung.

Herrn Kaufmann Hartmanns Tochter dahier, welche am

Canzleistr.15 p. Martz Fabrikation von Aquarellfarben

20. September sich ehelich verbunden haben. 11.1.1828.

und geometrischen Instrumenten. Daselbst im Hhs.“

Alfred Pletsch: Paris. Phasen seiner geschichtlichen Paris im Wandel. Stadtentwicklung im Spiegel von

27

STAL, EL 902 / 15, Bü 14790. Fragebogen Erwin Martz, 15.1.1946.

28 Johanna Gesina van Gogh-Bonger (Hg.): Vincent van

Schulbüchern, Wissenschaft, Literatur und Kunst.

Gogh. Briefe an seinen Bruder. Bd. 3. Frankfurt 1988,

Frankfurt 1989, S. 27–45, hier S.39.

S. 17.

Unternehmensarchiv Marabu (fortan UAM), Bü 280.

29 Adreß-Kalender für die Königl. Haupt- und Residenz­ stadt Stuttgart auf das Jahr 1865, S. 198 f.

Dr. Erwin Martz [Historischer Rückblick]. Anfang der 1950er Jahre. 7

UAM Bü 68. Reisepass Albert Martz, 10.1.1854. Kopie.

8

Adreß-Kalender für die Königl. Haupt- und Residenz­

9

Stadtarchiv Stuttgart (fortan STAS), Baurechtsamt, 5818 [Bauakten Kanzleistr.15].

Stadtarchiv Balingen, Inventuren und Teilungen

und städtebaulichen Entwicklung. In: Ders. (Hg.),

6

Vgl. dazu den Stammbaum der ­F amilie

Vgl. dazu Stadtarchiv Balingen, Alte Bürger- und Wohnsteuerliste, 1828.

3

21

Pfarrberichte, Pfarrbericht Balingen vom 31.12.1827.

30 Adreß- und Geschäftshandbuch der königlichen Hauptund Residenzstadt Stuttgart 1880, S. 314. 31

Adreß- und Geschäftshandbuch der königlichen Haupt-

stadt Stuttgart auf das Jahr 1858.

und Residenzstadt Stuttgart. Im Bd. 1870 findet sich:

Ebd., 1859.

„Wachs, Alfred, Zeichner. Thorstr. 9.1.“ Der Bd. 1871 weist

10 LKAS, Pfarrberichte, Pfarrbericht Stuttgart 1857.

nach: „Wachs, A. Zeichner. Friedrichstr. 199 1 / 2. 2.“ In den

11

UAM Bü 68. Bürgerbrief Albert Martz. Kopie.

späteren Ausgaben war Wachs nicht mehr zu finden.

12

Schwäbische Kronik Nr. 88, 14.4.1859.

13

Schwäbische Kronik Nr. 103, 3.5.1859.

14

Schwäbische Kronik Nr. 106, 6.5.1859.

15

Schwäbische Kronik Nr. 109, 10.5.1859.

16

Monika Wagner (Hg.): Lexikon des künstlerischen

32

Zentralstelle Stuttgart, 1.11.1868. 33

17

Schwäbische Kronik Nr. 191, 14.8.1859.

18

Schwäbische Kronik Nr. 244, 15.10.1859.

19

Schwäbische Kronik Nr. 198, 23.8.1859.

20 Adreß-Kalender für die Königl. Haupt- und Residenz­

StAL E 170 a, Bü 1032. Patentschrift 1145 des Technikers Hermann Alfred Wachs in Stuttgart: Apparat zum Constructionszeichnen. Horizontal- und Vertikalreißer.

Materials. Werkstoffe der modernen Kunst von Abfall bis Zinn. München 2002, S. 78.

Staatsarchiv Ludwigsburg (fortan STAL) E 170 a, Bü 1032, Schreiben Wachs an das Präsidium der Königlichen

34 StAL E 170 a, Bü 1032. Schreiben Wachs an das Präsidium der Königlichen Zentralstelle Stuttgart, 1.11.1868. 35

StAL E 170a, Bü 1311, Schreiben Alfred Wachs und Albert Martz an die Stadtdirektion Stuttgart, 27.3.1871.

36 StAL E 170a, Bü 1311, Schreiben Innenministerium an Zentralstelle für Gewerbe und Handel, 12.4.1871.

stadt Stuttgart auf das Jahr 1865, S. 174. 37

Adreß- und Geschäftshandbuch der königlichen Hauptund Residenzstadt Stuttgart 1871.

38 UAM Bü 280. Farben. Geschrieben für Fa. Courvoisier Sohn, Basel. 22.4.1941. 39 Johanna Gesina van Gogh-Bonger (Hg.): Vincent van Gogh. Briefe an seinen Bruder. Bd. 3. Frankfurt 1988, S. 388. 40 UAM Bü 280. Art. Farben. Geschrieben für Fa. Cour­ voisier Sohn, Basel. 22.4.1941.

68


Anhang

41

Adreß- und Geschäf tshandbuch der königlichen

63 UAM Bauarchiv, 1.1909–1919, Aufstellung 11.7.1920.

Haupt- und Residenzstadt Stuttgart 1873. Hier steht

64 GAT, Gemeinderatsprotokolle, 25.1.1923, § 144.

als Ergänzung zum Eintrag von Martz: „Fabrikation

65 GAT, Gemeinderatsprotokolle, Juni 1923, § 174. Hervor­ hebung vom Verfasser.

feiner Malerölfarben. Rosenstr. 24. 1.“ 42 Schwäbische Kronik, Nr. 300, 29.12.1878.

66 LKAS, Best. Pfarrberichte, Pfarrbericht Tamm 1922.

43

Adreß- und Geschäfts-Handbuch der Königlichen

67 UAM Bü 1, Gesellschaftsvertrag vom 11.6.1920.

Haupt- und Residenz-Stadt Stuttgart. 1881.

68 Eduard Martz, Zur Kenntnis der Dinitroterephtalsäu­

44 UAM Bü 68. Handschriftlicher Lebenslauf mutmaßlich

ren. Stuttgart 1893. Universitätsarchiv Tübingen Best.

von Eberhard Martz jr. Nur er kann als Jahrgang 1865

136 / 15. Promotionsakte Eduard Martz. Lebenslauf Eduard Martz, Oktober 1893.

im Jahr 1871 in die Elementarschule eingetreten sein. 45

Adreß- und Geschäfts-Handbuch der Königlichen

69 UAM Bü 10. Schreiben Eduard Martz an Eberhard Martz, 25.5.1918.

Haupt- und Residenz-Stadt Stuttgart. 1888. Hier heißt es: „Martz, Albert, Schreib- und Zeichenmaterialien­

70 UAM Bü 10. Schreiben Eduard Martz an Eberhard Martz, 1.6.1918.

gesch. Inh. Frau Mathilde Martz und Albert Martz. Canzleistr. 15. P. u. Hhs.“

71

UAM Bü 10. Schreiben Eduard Martz an Eberhard Martz,

72

UAM Bü 10. Schreiben Eduard Martz an Eberhard Martz,

8.6.1918.

46 Max Doerner: Malmaterial und seine Verwendung im Bilde. 18. Aufl. Stuttgart 1994, S. 309. 47

18.6.1918.

STAS, Best. Baurechtsamt 116 / 3, Bü 2244.Gemeinderat Stuttgart. Genehmigungsurkunde der offenen Han­

73

Karl Krüger von 2,5 Mio. Mark, 8.9.1922.

vom 15. Juni 1898. 15.8.1898. 48 STAS, Best. Baurechtsamt 116 / 3, Bü 2244. Schreiben

74

STAL, EL 902 / 15, Bü 14790. Fragebogen Entnazifizierung

75

UAM Bü 1. Vertrag über die Gründung der MARABU-Werke

Dr. Erwin Martz, 15.1.1946.

vom 27.1.1909. 49 UAM Bauarchiv, Best. Sektkeller A.M., 15.12.1908. Lage­ plan Albert Martz OHG Rotebühlstraße, Stuttgart.

AG, 17.4.1923. Vgl. zur Marabu-Handelsgesellschaft UAM

50 UAM Bü 68. Handschriftlicher Lebenslauf, mutmaßlich

Bü 1, Gesellschaftsvertrag vom 27.4.1923 sowie den Bericht

von Eberhard Martz. 51

über die Gründung der „Marabuwerke Aktiengesellschaft“

Marabuwerke, Akten Geschäftsleitung. Aktennotiz Erbauseinandersetzung Louis Schuler, 1913.

in Tamm bei Ludwigsburg, 15.5.1923 (UAM Bü 1). 76 UAM Bü 1. Gesellschaftsvertrag, November 1924. Durch­

52 UAM Bü 103. Urkunde vom 28.1.1909. (Kopie) 53

Landesarchivdirektion Baden-Württemberg i. V. mit

schlag. 77

dem Landkreis Rottweil (Hg.): Der Landkreis Rottweil. Bd. 1. 2. A. Ostfildern 2004, S. 139.

55

voisier Sohn, Basel. 22.4.1941.

57

Hunger. 79 UAM Bauarchiv, 1.1909-1919. Flusspolizeiliche Erlaub­

LKAS, Best. Pfarrberichte, Pfarrbericht Tamm 1914.

56 UAM Bü 7. Kaufvertrag vom 16.4.1914.

nisurkunde 10.6.1924. 80 UAM Bü 6. Art. Direktor Dr. Erwin Martz 60 Jahre.

Gemeindearchiv Tamm (fortan GAT), Gemeinderats­

81

protokolle 1911–1915, Bd. 22, S. 341–343, 345 f.

82 UAM Bü 10. Schreiben Dr. Eduard Martz an Eberhard

58 UAM Bü 10. Schreiben Eduard Martz an Eberhard Martz, 3.7.1918. 60 GAT, A 630. Verzeichnis derjenigen gewerblichen Betriebe,

Martz, 8.12.1926. Martz, 15.1.1946. 84 STAL, EL 902 / 15, Bü 14790, Meldebogen Erwin Martz, 4.5.1946.

welche unter den Erlaß des Kgl. Ministeriums des Innern

85 GAT, Schätzungsprotokoll für die

vom 9. Septbr. 1909 – Amtsblatt Seite 369 – fallen. GAT, Gemeinderatsprotokolle, 15.9.1919, § 248.

62 STAL, F 181 III, Bü 162. Schreiben Fa. Martz an Oberamt Ludwigsburg, 27.8.1919.

UAM Bü 6. Artikel Dr. phil. Erwin Martz +.

83 STAL, EL 902 / 15, Bü 14790, Stellungnahme Dr. Erwin

59 GAT, Gemeinderatsprotokolle, 15.9.1919, § 249.

61

UAM Bü 280. Art. Farben. Geschrieben für Fa. Cour­

78 UAM Bü 280. Ein Besuch bei Marabu. Bericht von Alfred

54 UAM Bauarchiv, Best. Sektkeller A.M. Kostenvoran­ schlag, 9.4.1914.

UAM Bü 41. Vertrag über ein Darlehen der Schwäbi­ schen Treuhandgesellschaft und dem Bankprokuristen

delsgesellschaft Albert Martz hier ... auf das Baugesuch

Marabuwerke AG, 1934.

86 LKAS, Best. Pfarrberichte,

Pfarrbericht Tamm 1934.

69


Anhang

87 Marion Wohlleben: „Wetterfest, lichtecht, wasch­ bar“. Adolf Wilhelm Keim und seine Erfindung, die Keim‘schen Mineralfarben. Zur Geschichte eines Pro­

102 Art. Martz: Elektronik ist auf dem Vormarsch. In: Stuttgarter Nachrichten Nr. 37, 26.4.1984. 103 UAM. Schreiben Dr. Wilhelm Treude an die Marabu­

dukts. In: Mineralfarben. Beiträge zur Geschichte und

werke, 21.2.1947. Vgl. ebenfalls das Verzeichnis der

Restaurierung von Fassadenmalereien und Anstrichen.

Marabu-Hauptaktionäre, 10.12.1947. UAM Bü 186.

Zürich 1998, S. 13–48, hier S. 38.

104 Hauptstaatsarchiv Stuttgart (ferner HSTAS) EA6 / 003,

88 UAM Bü 52. Personalunterlagen Hedwig Frey.

Bü 1964. Schreiben Marabuwerke AG an Preisbildungs­

89 UAM Bü 52. Zeugnis vom 3.1.1923. Durchschlag.

stelle des Württ.-Badischen Wirtschaftsministeriums,

90 UAM Bü 52. Schreiben Eberhard und Dr. Eduard Martz an Wilhelm Dinkelacker, Tamm, 18.8.1934. 91

UAM Bü 58. Zeugnis vom 13.9.1941. Durchschlag.

92 Paul Sauer: Tamm. Geschichte einer Gemeinde. 2. Aufl. Ulm 1994, S. 483–487. 93 STAL, EL 902 / 15, Bü 14790, Meldebogen Erwin Martz, 4.5.1946. Vgl. ebenfalls das Schreiben von Dr. Erwin Martz zum Vorstellungsverfahren, 15.1.1946. StAL EL 902 / 15, Bü 14790. 94 UAM Bü 283. Schreiben Zeichenbedarf Otto Schiller, München, an Marabu-Werke, 17.7.1939. 95 UAM Bü 283. Beide Schreiben vom 18.7.1939. 96 UAM Bü 9. Schreiben Marabuwerke an Göring, 19.6.1940. Durchschlag. 97 UAM Bü 9. Schreiben vom 24. Juli 1940. 98 UAM Bauarchiv, 3.1950–1955. Schreiben Dr. Erwin Martz an den Verband der Chemischen Industrie Frankfurt /  Main, 7.9.1953. Durchschlag. 99 Paul Sauer: Tamm. Geschichte einer Gemeinde. 2. Aufl. Ulm 1994, S. 498–504. 100 STAS, HA Gruppe 7 Abl. 14.7.99 Az. 7030, Schreiben Fa. Albert Martz an das Wirtschaftsförderungsamt der Stadt Stuttgart vom 10.2.1969. 101 STAS, HA Gruppe 7 Abl. 14.7.99 Az. 7030, Schreiben Fa. Albert Martz an das Wirtschaftsförderungsamt der Stadt Stuttgart vom 10.2.1969. Art. „Der Anzug war viel zu klein geworden.“ In: Stuttgarter Nachrichten Nr. 37, 14.2.1959. Vgl. ebenfalls http://de.wikipedia. org/wiki/Buhrmann (30.12.2008) sowie http://www.

10.9.1947. 105 UAM Bauarchiv, 3.1950–1955, Aktennotiz Änderung der Kraftversorgung, 25.11.1953. 106 UAM Bauarchiv, 3.1950–1955, Baugesuch vom 2.10.1956. 107 UAM Bü 102. Stichworte zur Geschichte Marabu, 15.1.1963. 108 UAM Bü 118. Mitteilungen der Marabuwerke AG 11. Kasein-Emulsionsfarbe TAMMA Sorte 800. Ca. 1959. 109 UAM Marabu Bü 214, Broschüre MARABU SiebdruckFarben. MARAPID Sorte A. O.J. 110 UAM Bü 102, Marabu-Chronik. 111 UAM Bü 101. Art. Betriebsbesuch bei Marabu. Buntes aus Tamm. In: gp-Magazin, Dezember 1993, S. 32 f. 112 UAM Bauarchiv, 4.1958–1961, Baugesuche vom 9.9.1958 und vom 5.3.1959. 113 UAM Bü 103. Ar t. „Ein Unternehmen von Rang“ [ca. März 1968]. 114 UAM Bü 280. Art Ein Besuch bei Marabu. Bericht von Alfred Hunger. 115 UAM Bü 6. Art. Direktor Dr. Erwin Martz 60 Jahre. 116 UAM Bü 118. Mitteilungen der Marabuwerke AG, 13. Oktober 1961. 117 UAM Bü 4. Schreiben Dr. Max Horn an Dr. Simon, 13.7.1961. 118 UAM Bü 10. Schreiben Eberhard Martz an Dr. Eduard Martz, 21.7.1938. Durchschlag. 119 UAM Bü 42. Schreiben Dr. Erwin Martz an Gerhard Simon, 4.7.1953. 120 UAM Bü 42. Vertrag zwischen Dr. Gerhard Simon und

paperlinx.com/cpa/htm/htm_company _histor y.

Marabu-Werke zur Berufung eines stellvertretenden

asp?page_id=101 (30.12.2008).

Mitglieds des Vorstandes der Marabu-Werke, 15.10.1958. 121 UAM Bü 4. Undatierte Korrespondenz Dr. Gerhard Simon / Dr. Erwin Martz [1962–1964]. 122 UAM Bü 103. Ar t. „Ein Unternehmen von Rang“ [ca. März 1968]. 123 Inter view Manfred Pulst, Bietigheim-Bissingen, am 3.7.2008. 124 Anwendungstechnische Abteilung der Marabuwerke (Hg.), Marabu Siebdruck-Report 17, April 1973, S. 9. 125 UAM. Siebdruck-Informationen, August 1964.

70


Anhang

126 UAM Bü 103. Ar t. „Ein Unternehmen von Rang“ [ca. März 1968]. 127 UAM Bü 6. Dr. Gerhard Simon, Direktor Dr. Erwin Martz 60 Jahre. 128 UAM Bü 103. Kurt Weidemann, Uwe Varnhorn: Farbe als Signal im Markenbild eines Unternehmens. Eine Fallstudie. 129 UAM, Rundschreiben Dr. Gerhard Simon, 25.9.1966. 130 Masch. Diss. FU Berlin 1962. Vgl. zum Ganzen den Vertrag zwischen Marabuwerke Erwin Martz KG und Dr. Heinz Ache, Berlin, vom 10.5.1972. UAM Bü 44. 131 UAM Bü 125. Broschüre „Mittlere Zeichentechnik ganz groß von Marabu“, ca. 1975. 132 Anwendungstechnische Abteilung der Marabuwerke (Hg.), Marabu Siebdruck-Report 17, April 1973, S. 26. 133 UAM Bü 167, Broschüre Tampondruckfarben. Indivi­ duelle Produkte für höchste Ansprüche. Nach 1993. 134 Marabuwerke, Akten Geschäftsleitung, Manuskript Unternehmensgeschichte Marabu, 2007.

136 UAM Bü 9. Aktennotiz Brandschaden, 9.7.1975. 137 UAM Bü 9. Ar t. Der Rest war Schutt und Asche. In: Bietigheimer Zeitung, Nr. 138, 20.6.1975. 138 UAM Bü 9. Schreiben Montblanc-Simplon GmbH an Marabuwerke, 19.6.1975. 139 Art. Marabuwerke – mit weitsichtigen Planungszielen. In: Der Siebdruck 12, 1981. 140 UAM Bü 279. Art. Betriebsbesuch bei Marabu. Buntes aus Tamm. In: gp-Magazin, Dezember 1993, S. 32 f. Vgl. ebenfalls Unternehmensgeschichte Marabu, Aug. 2007. 141 Christian Nolte, „Mit drei Beinen in der Nische“. In: Farbe und Lack 8, 1990, S. 629–632. 142 Marabuwerke, Akten Geschäftsleitung, Manuskript Unternehmensgeschichte Marabu, 2007. 143 UAM Bü 101. Art. Betriebsbesuch bei Marabu. Buntes aus Tamm. In: gp-Magazin, Dezember 1993, S. 32 f. 144 UAM Bü 101. Art. Betriebsbesuch bei Marabu. Buntes aus Tamm. In: gp-Magazin, Dezember 1993, S. 32 f. 145 Marabuwerke, Akten Geschäftsleitung. Marabu – Kom­

135 Monika Wagner (Hg.), Lexikon des künstlerischen

petenz in Farben auch in Zukunft „Made in Germany“.

Materials. Werkstoffe der modernen Kunst von Abfall

146 UAM. Aktennotiz Entwicklung der Marabu-Produkte,

bis Zinn. München 2002, S. 84.

2007.

Bildnachweis Landesarchiv Baden-Württemberg,

Staatsarchiv Ludwigsburg: S.11, 13 Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart: S. 32 Dr. Lieselotte Schilde, Rottenburg: S. 8 Stadtarchiv Balingen: S. 6 Stadtarchiv Stuttgart: S. 9, 10, 15 Sämtliche anderen Bilder stammen aus dem Unternehmensarchiv Marabu. Produktfotos: Michael Riedel, Werbeleiter Marabu

71


Impressum Herausgeber:

Marabu GmbH & Co. KG Autor:

Dr. phil. Rainer Lächele Gestaltung:

www.com-a-tec.de Druck:

Straub Druck + Medien AG Cover:

Siebdruck mit den Marabu Siebdruckfarben Marastar SR und Ultragraph UVSP Auflage:

1. Auflage 2009, 1 500 Stück



Seit 150 Jahren steht Marabu für Farbe und Kreativität. Dieses Buch zeichnet die bewegte Entwicklung vom „Farb- und Materialwaaren-Geschäft“ des Albert Martz in Stuttgart bis zur weltweit erfolgreichen mittelständischen Unternehmensgruppe ­Marabu nach. Aus vielfältigen historischen Quellen und umfangreichem ­Bildmaterial ist eine informative und spannende Unternehmensgeschichte entstanden, die beschreibt, wie das Familienunternehmen die Herausforderungen des 19. und 20. Jahrhunderts meisterte.


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