Bond´s bunte Tierwelt

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VORWORT 01

VORWORT

Als Kinder STAUNEN wir und freuen uns. Gras, Hund, Käfer, Mülllaster, Feuerwehr, Weihnachtsmann, Osterhase – BOAHHH! Wie hoch der Papa mit nem Ball schießen kann … Wie schnell ein Gepard rennen kann … Wie schnell ICH rennen kann … Dann STAUNEN über die körperliche Verwandlung, das eigene und vor allem das andere Geschlecht, berauschende Erlebnisse (Liebe, Feiern, Reisen, das Wunder der Geburt). Aber irgendwie und so ganz unbemerkt schleicht sie sich hinfort, die liebe Staunerei.

„Freudig war vor vielen Jahren, Eifrig so der Geist bestrebt, Zu erforschen, zu erfahren, Wie Natur im Schaffen lebt. Und es ist das ewig Eine, Das sich vielfach offenbart; Klein das Große, groß das Kleine, Alles nach der eignen Art, Immer wechselnd, fest sich haltend; So gestaltend, umgestaltend – Zum Erstaunen bin ich da.“

Goethe „Doch – oh Glück – Ist´s nicht verloren, Das Erstaunen, wunderbar. Kommt zurück in machen Stunden Und verzückt mich, Nice, hurra!“

Bond


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INHALT 03

INHALT

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Vorwort

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Inhaltsverzeichnis

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Übung zum Warmwerden

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Butterdiebe

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Kleine Drachen

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Spinner

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Der Streifentrick

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Aliens

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Baumeister

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Sargassosee und zurück

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Untote

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Eintauchen

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Impressum


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ÜBUNG ZUM WARMWERDEN

Nimm dir einen Apfel. Schau ihn dir genau an. Fühl den Apfel in deiner Hand. Nimm dir nun Zeit, und iss das Teil gaaaaanz langsam: Happs für Happs. Denk darüber nach, was passiert, wenn du ihn isst. Der Apfel wird auf wundersame Weise ein Teil von dir. Dein Wahnsinnskörper kann das! Einfach so.


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BUTTERDIEBE

Schmetterlinge sind doch possierliche kleine Flatterer. Wir freuen uns, wenn wir sie sehen. Wie sie so scheinbar unkoordiniert und planlos herumschwirren. Mit ihrem schrägen Flugstil, der eher wie ein zufälliges Sich-irgendwo-hinwehenLassen erscheint als ein gezieltes Von-A-nach-B-Kommen. Wir wissen nicht viel über sie. Vielleicht noch etwas über die erstaunliche Metamorphose von einer fetten Raupe zum komplett anderen Fluginsekt. Aber das war’s meist auch schon. A: „Okay, fangen wir mal mit dem Namen an … Schmetterling. Hast du eine Idee, woher der stammt?“ B: „Kommt sicher irgendwie von schmettern.“ A: „Nee … da schmettert nichts. Schmetten ist das mitteldeutsche Wort für „Rahm“, das seinerseits auf das tschechische smetana, „Milch“, zurückgeht. Die Falter kamen angeflogen, wenn die Bauern damals Butter hergestellt haben. Deshalb auch im Englischen Butter-Fly.“ A: „Und wie viele Schmetterlingsarten gibt es wohl?“ Du: „..................1“

Geil, das Magazin ist interaktiv und du darfst immer mal wieder raten. Die Auflösung findest du unten auf der Seite. Supernasen, Fußschmecker, Flugkünstler Es kann bis zu sieben Jahre dauern, bis sich ein Schmetterling über mehrere Umbauphasen aus einer Raupe oder Puppe entwickelt und losflattert. Dann muss alles schnell gehen, denn sein Leben als Fluginsekt dauert nur wenige Tage bis höchstens ein Jahr. Da heißt es: Los, schnell Nahrung und eine süße Partnerin finden! Die spüren sie über extrem gute Geruchszellen an den Fühlern oder Härchen auf. Die funktionieren ganz ähnlich wie die Riechzellen in unserer Nase, nur deutlich besser. Das ist wichtig, denn auch in kärgsten Regionen will der Duft

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einer Blüte oder eines paarungsbereiten Weibchens wahrgenommen werden. Weibchen der Seidenspinner produzieren beispielsweise einen Duftstoff und locken so Männchen aus vielen Kilometern Entfernung an. Sie können nicht fliegen, sondern sitzen nur da und warten, bis das Männchen angeflattert kommt. Die alte Story – hübsch aussehen und gut duften, dann kommt schon ein schicker Kerl. :) Schmetterlinge können aber nicht nur super riechen, sondern auch außerordentlich gut schmecken – nur nicht mit Mund-Nase wie wir, sondern mit den Füßen. Mit speziellen Sinneshaaren an den Beinen können die Weibchen einzelne Inhaltsstoffe eines Blattes analysieren und sogar Alter und Gesundheitszustand eines Gewächses herausschmecken. Bevor sie ihre Eier auf einem Blatt ablegen, trommeln sie mit den Füßen darauf herum und testen so, ob das Blatt für ihre Kinderlein auch lecker und gesund ist. Damit sie zufrieden sind, muss die Pflanze sechs bestimmte Substanzen enthalten. Ja, und dann gibt’s da noch die unglaubliche Geschichte des Monarchfalters. Drei Generationen hin, eine zurück Wir begeben uns dafür in die Sierra-Madre-Berge, nordwestlich von Mexiko-Stadt, auf eine Höhe von 2.750 Meter. Schöner Tannenwald, blauer Himmel, klare Luft, und da sind sie auch schon. Überall! Abermillionen Monarchfalter bedecken hier auf einer Fläche von mehreren Hektar dicht gedrängt Bäume und Boden und überwintern dicht gekuschelt in einer Art Kältestarre. Erst wenn es im März langsam wärmer wird, starten sie ihren Flug gen Norden. Nennen wir das mal die Generation null. Sie fliegen ein paar Hundert Kilometer in den Norden der USA, legen Eier und sterben. Die daraus entstehende erste Generation schlüpft im Mai, lebt ein paar Wochen, fliegt etwas weiter gen Norden, legt Eier und stirbt. Die Falter der zweiten Generation schlüpfen im Juni und Juli und wandern nur noch ein wenig weiter nach Norden. Eier ablegen, sterben. Dann kommt Generation drei und erreicht den nördlichsten Teil der USA und Kanada.

175.000 Schmetterlingsarten (die meisten davon Nachtfalter). In Deutschland leben nur etwa 3.700 Arten.


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legen Eier und sterben. Die daraus entstehende erste Generation schlüpft im Mai, lebt ein paar Wochen, fliegt etwas weiter gen Süden, legt Eier und stirbt. Die Falter der zweiten Generation schlüpfen im Juni und Juli und wandern nur noch ein wenig weiter nach Norden. Eier ablegen, sterben. Eier ab Eier, sterben. Jetzt schlüpft – OH WUNDER – eine Art Eier ablegen, sterben. Dann kommt Generation drei und


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Eier, sterben. Jetzt schlüpft – OH WUNDER – eine Art Super-Monarchfalter, die nächste Generation null. Und die fliegt in acht bis zehn Wochen zielstrebig und quasi nonstop rund 4.000 Kilometer zurück bis ins mexikanische Wäldchen. Die Ur-Ur-Enkel landen in etwa dort, wo die Ahnen zehn oder elf Monate zuvor aufgebrochen sind. Die weniger als ein Gramm wiegenden Superfalter haben deutlich stärkere Muskeln als ihre Vorgänger aus Generation eins, zwei und drei. B: „Wie jetzt: Drei Schmetterlingsgenerationen entwickeln sich über Ei/Raupe/Puppe/Falter, fliegen weit verteilt gen Norden, und dann kommt plötzlich eine vierte Generation, die deutlich muskulöser ist, und fliegt die ganze Strecke zurück zum Ursprung! Wie geht das? Es ist doch der gleiche Schmetterling! Und woher weiß die Generation 0 überhaupt, wohin sie fliegen muss?“ A: „Gute Fragen! Dazu gibt es nur vage Vermutungen. Und es geht noch weiter mit dem Monarch-Wunder: Denk mal an die Massen von Makrelen im Meer, die Lachswanderungen in den kanadischen Gebirgsbächen oder an die Gnu-Herden, die durch die Savanne wandern … Welche Bilder kommen dir da aus zahlreichen Naturdokus in den Kopf?“ B: „Wale, Bären und Krokodile, die bei den Wanderungen fette Beute machen.“ A: „Exactly! Große Tierwanderungen ziehen auch immer viele Fressfeinde an. Man kann ja die Uhr danach stellen, wann an einer Wanderroute extrem viel Beute vorbeizieht, und muss nur warten und zuschnappen.“ Monarchfalter wandern auch und verbringen lange Zeit als regungslose Eiweißteppiche im Wald. Die Raupen sind zudem fette Eiweißhappen. Und hier kommen wir zum nächsten Monarch-Wunder: Schmetterlingsraupen haben die unglaublichsten Abwehrmechanismen entwickelt, um nicht gefressen zu werden. Eine Raupenart sieht aus wie ein fetter Vogelschiss auf einem Blatt. Und falls doch mal ein Vogel – nur so interessehalber oder aus Langeweile – an der Raupe rumpickt, verströmt diese einen echt üblen Duft. Es stinkt, als ob ein Elefant einen amtlichen Haufen abgelegt hat. Und das schreckt auch den schrägsten Vogel ab. Andere Schmetterlingsraupen fressen Blätter zur Hälfte durch, biegen sie um, fixieren sie und können so in ihrer blickgeschützten Blätterhöhle ungesehen mampfen. Andere haben am

ganzen Körper spitze Dornen entwickelt und leuchten dazu noch aggressiv-bunt. Wieder andere schrecken mit langen, dünnen Gifthärchen ab. Die bei uns heimischen Eichenprozessionsspinner gehören dazu. Aber zurück zum Monarch-Schmetterling: Der ist Spezialist für Autointoxikation (schützende Selbstvergiftung). Die Raupen nehmen über ihre Lieblingsblätter Giftstoffe auf und sind damit wie auch die späteren Falter ungenießbar. Jäger, die einmal einen unbekömmlichen Biss getan haben, merken sich das besondere Aussehen des Ekelhappens. B: „Also allet schick im Schritt bei den Monarchen?“ A: „Mitnichten! Die Population ist nur noch ein schwacher Abklatsch dessen, was die Forscher in den Siebzigerjahren vorfanden, als sie die Überwinterungsplätze der Monarchfalter entdeckten.“ Zuerst kamen die mexikanischen Holzfäller und haben den Wald verkleinert. Gemein! Das wurde gestoppt. Gut! Jetzt ist das Falter-Habitat geschützt. YEAHH! Dann kamen die tollen Bayer-Monsanto-Produkte an den Start: genmanipuliertes Power-Saatgut in Kombination mit der fetten Unkrautkeule. Übel! Der ganze mittlere Westen der USA wird so mit unkrautfreien Monokultursuperfeldern bebaut. Das rafft nicht nur die süßen Bienchen dahin, auch die Falter finden immer von weniger ihrer einzigen Leibspeise, dem „Unkraut“ Seidenpflanze. Pfui! Und dann – na klar – kloppt noch der Klimawandel einen obendrauf. Wissenschaftler vermuten, dass nicht nur Eisbären, sondern auch Monarchen zu den ersten massenhaften Klima-Opfern der kommenden Jahre zählen werden. In den mexikanischen Überwinterungsgebieten wird es dadurch stürmischer und nasser. Schlecht für die Wintergäste; sie können in ihrer Winterstarre zwar erstaunlich viel trockene Kälte ertragen, aber keine nasskalten Stürme. B: „OK, aber vielleicht passen sich die Monarchfalter ja an und überwintern dann an einem anderen Ort?“ A: „Fraglich, ob das geht. Wobei sie ja weite Strecken fliegen können und damit einen evolutionären Vorteil haben. So konnte sich damals wohl auch die Libelle vor einer Umweltkatastrophe retten, aber das ist eine andere Geschichte …“


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KLEINE DRACHEN

Bereit für eine kleine Reise in die Vergangenheit? Los geht’s … Vor ... 30 Jahren kam das Handy. 300 Jahren dampft die Dampfmaschine. 3.000 Jahren entdeckte der Grieche das Eisen. 30.000 Jahren malten unsere Vorfahren in Höhlen rum. 300.000 Jahren Homo sapiens und Faustkeil. 3.000.000 Jahren der erste aufrecht gehende Vormensch in Afrika. 50.000.000 Jahren kollidierte der indische Kontinent mit Asien und das Himalajagebirge schob sich hoch. (Unsere Alpen wachsen hingegen erst jugendliche 25 Millionen Jahre in die Höhe.) 66.000.000 Jahren starben die Dinosaurier aus. 235.000.000 Jahren entwickelten sich die ersten Dinosaurier. A: „Und seit wann schwirren wohl Libellen auf der Welt umher?“ Du: „................. .2“

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Seit 320 Millionen Jahren. Seit etwa 200 Millionen Jahren hat sich das Aussehen der Libellen nicht mehr wesentlich geändert.


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Ja, lieber Leser, liebe Leserin. Da fragt man sich doch: Wie konnten Libellen wohl so lange überleben? Sie sind 13-mal älter als unsere Alpen – BÄMM! – und eine der am längsten existierenden Tiergruppen der Erde. Warum sind die Dinosaurier infolge des Kometeneinschlags ausgestorben – Libellen aber nicht? Hast du eine Idee? Wir erinnern uns … Es war ein schöner Herbsttag. Das Leben auf der Erde wuselte ungetrübt vor sich hin, als völlig unterwartet BÄMM!!! ein fetter Meteorit mit unglaublichen 20 km in der Sekunde (!) Speed in das Karibische Meer einschlägt WRRROOMMS!!! und einen 30 km tiefen, 100 km breiten Krater hinterlässt. Monster-Druckwelle, Erdbeben, Tsunami – feuchte Träume von Roland Emmerich. Und dann kam es noch schlimmer: Ein dichter Schleier aus Staub und Schwefelsäure-Tröpfchen verdunkelte den Himmel so stark, dass kaum noch Licht durchkam. ZACK war es 26 Grad kälter, fies finster und es sollte 30 dunkle Jahre dauern, bis sich Himmel und Temperaturen wieder freundlicher zeigten. Pflanzen packten das nicht und gingen großflächig ein. Große Tiere mit großem (Dino-)Hunger machten die Grätsche. Kleine, genügsame Tiere und insbesondere solche, die woandershin flüchten konnten, überlebten. Erst etwa 30 Jahre später war die Temperatur wieder okay – zu spät für Dino & Co. Libellen überlebten: Ein kleiner Insektenhapps am Tag reicht, ihre Larven überleben lange Zeit im Wasser und sie können relativ schnell andere, lebenswertere Orte auch in Übersee erreichen. Die Wanderlibelle fliegt beispielsweise jedes Jahr rund 15.000 km Südindien–Südafrika und zurück. 600 bis 800 km davon übers offene Meer – kein Ding. Libellen sind zudem exzellente Jäger, aber nur schwer zu jagen: Sie fliegen schnell, rückwärts, senkrecht hoch oder runter. Und sie sehen alles! Mit zwei aus bis zu 30.000 Einzelaugen zusammengesetzten Facettenaugen, extremem Weitwinkel und einer UV-Linse on top entgeht ihnen nichts. Lässig durch spiegelnde Wasseroberflächen hindurchsehen. Kleinste Tümpel aus Kilometern Entfernung erspähen. Die Libelle kann es! Was sie übrigens nicht kann, ist stechen. Und sie ist auch nicht giftig. Du kannst also entspannt mit ihr im See planschen.

Viele Tiere nutzen Sehen im ultravioletten Farbbereich, um die richtige Nahrung zu finden oder auch eine fitten Sexpartner. Bei der Blaumeise wählen die Weibchen zum Beispiel diejenigen Männchen, die am stärksten im Ultraviolettbereich leuchten. Das finden die Meisendamen sexy, hat aber natürlich (wie alles) auch einen evolutionären Grund. Gesunde Männchen haben gesunde Federn, die wiederum durch ihre starke Mikrostruktur besonders viel UV-Licht reflektieren. Die Evolution ist schon ein ausgebuffter Haudegen. Lustig, wie sie uns (auch uns Menschen) individuell empfundene Attraktivität vorgaukelt, es unterm Strich aber nur um schnöde Fortpflanzung mit einem gesunden, genetisch passenden Partner geht.


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A: „Es gibt noch ein Urtier, das fliegen kann. Auf das kommst du nie!!!“ B: „Sag mal …“ A: „Es hat acht Beine.“ B: „Acht Beine und kann fliegen, hmm … Keine Ahnung. Sag mal!“ A: „Okay, im nächsten Beitrag!“


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SPINNER

Jetzt geht’s noch weiter zurück in die Vergangenheit: Spinnen krabbelten schon vor 400 Millionen Jahren auf der Erde rum. Sie sind damit mehr als doppelt so alt wie Dinosaurier und gehören neben den Haien und Krokodilen zu den ersten Tieren überhaupt. Ja, und viele Spinnen können tatsächlich fliegen – zu geil! Insbesondere kleine Jungspinnen und die Baldachinspinnen produzieren Flugfäden, mit denen sie durch die Luft reisen und neue Lebensräume besiedeln können. Dafür gibt es sogar einen Fachbegriff: Ballooning. Vor dem Start machen die Spinnen einen Check: Flugfadendüse bereit? Check! Flugbahn frei? Check! Windgeschwindigkeit okay? Check! (Es geht tatsächlich erst los, wenn die Windgeschwindigkeit unter drei Metern pro Sekunde liegt. Sonst reißt wahrscheinlich der Faden.) Sobald sie bereit sind, recken sie ihren Hinterleib in die Höhe und schießen in Sekundenbruchteilen 50 bis 60 Seidenfäden ab – und die Reise geht los. Manchmal nur ein paar Meter. Manchmal kilometerweit. Charles Darwin berichtete von Spinnen, die 1832 während einer Reise 100 Kilometer entfernt von der argentinischen Küste auf seinem Schiff landeten – spooky! Gelegentlich geraten sie auch in Jetstreams und können ganze Ozeane überqueren. 2012 und 2015 wurde in Australien ein millionenfacher Spinnenflug beobachtet, der den Boden nach der Landung wie schneebedeckt aussehen ließ – oberspooky! Neuere Erkenntnisse deuten sogar auf Spinnenflug völlig ohne Wind hin, unter Ausnutzung elektrostatischer atmosphärischer Felder. Schau mal auf YouTube nach „Spinnen + Ballooning“ – da findest du coole Action-Videos.

Um den Faden wieder aufzugreifen: Spinnenfäden sind der Wahnsinn, sie sind … bezogen auf ihre Masse viermal so belastbar wie Stahl um das Dreifache ihrer Länge dehnbar, ohne zu reißen dreimal schützender als Kevlar (das Zeug, aus dem kugelsichere Westen hergestellt werden) wasserfest, können aber hervorragend Luftfeuchtigkeit als Tröpfchen sammeln resistent gegen Pilze und Bakterien, dennoch biologisch abbaubar Spinnen benötigen Fäden zu unterschiedlichen Zwecken und produzieren deshalb auch ganz unterschiedliche Sorten. Mit ihren bis zu sieben verschiedenen Spinndrüsen können sie Fadendicke, chemische Zusammensetzung und Struktur blitzschnell variieren. In der Regel besteht ein Faden aus mehreren Einzelfäden. B: „Ja, aber Spinnennetz ist doch Spinnennetz. Warum da das ganze Bohei mit den vielen Fäden?“ A: „Das denkt man. Aber schaun wir mal genauer hin. Es gibt …“ stabile Fäden für das Netzgrundgerüst einfache Fäden für die nicht klebende Hilfsspirale beim Netzbau Klebefäden zum Fixieren an einer beliebigen Unterlage speziellen Klebstoff für die Fangspirale antibiotisch wirkende Fäden zum Einspinnen und Konservieren der Beute feine Fäden für die Innenauskleidung und zähe Fäden für die äußere Umhüllung des Eikokons Fäden mit Pheromonen und anderen beigemischten Substanzen (zum Auffinden paarungsbereiter Weibchen oder der Artenerkennung) und natürlich Flugfäden


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Fäden werden auch mechanisch zur Kommunikation eingesetzt. Anhand der Schwingungen ihres Netzes kann eine Spinne auf die ungefähre Größe und den Ort eines Beutetieres schließen, das sich verfangen hat. Die Männchen einiger radnetzbauender Arten können sich dem Weibchen nur nach Zupfsignalen am Netz nähern. Das Zupfen gehört zum Balzritual. Und damit die Spinne morgens auch genug zum Trinken hat, haben die Fäden des Spinnennetzes eine spezielle Mikrostruktur. Abschnitte zur Kondensation von Luftfeuchtigkeit wechseln sich mit Wasser sammelnden Abschnitten ab. Ein Millimeter Netz saugt Wasser aus der Luft, der nächste Millimeter Netz speichert es. Ein ziemlich ausgebufftes System. B: „Ahh, deshalb gibt es auch immer so eine Wasserperlenoptik in Spinnennetzen morgens auf Wiesen oder im Wald.“ A: „Ja, genau.“ 400 Millionen Jahre Evolution können was! Und wir wären doch blöd, wenn wir das nicht nachbauen und auch nutzen würden. Immerhin haben schon die Indios in Südamerika Wunden mit Spinnennetzen geheilt. Mit Spinnenfäden will die plastische Chirurgie gerissene Sehnen und Nervenfasern reparieren. Auch die NASA und (natürlich) das Militär würden gerne rumspinnen können und Weltraumlifte, Schutzkleidung etc. erspinnen. Aber so richtig bekommen wir das nicht hin mit den Spinnenfäden. Fun Fact: 5,6 Prozent Frauen und 1,2 Prozent Männer geraten bei Spinnen richtig in Panik. Eine nicht ganz so gravierende Angst vor Spinnen belastet sogar jede dritte Frau und jeden zehnten Mann. B: „Warum eigentlich?“ A: „Anderes Thema! Hier geht’s ausnahmsweise mal nur um Tiere und nicht um uns und unsere Ängste oder Wünsche oder um Scheiß-Corona, Beherbergungsverbote oder Impfstoffkrams! Aber googel das doch ruhig mal … “ B: „Ja, gute Idee. Vielleicht später. Jetzt würde ich lieber wissen wollen, warum Zebras Streifen haben.“ A: „Super Thema! Auch dazu gibt es neueste Erkenntnisse …“


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DER STREIFENTRICK

A: „Ja, warum sind Zebras wohl gestreift? Was meinst du?“ Du: „ ........... ...........“ Über die Jahre gab es vor allem zwei Theorien dazu, die jetzt widerlegt wurden: 1. Die Streifen dienen der Tarnung. Ist Quatsch mit Soße! 2. Die Streifen dienen der Kühlung. Könnte man denken, stimmt aber nicht! Die Evolution hat sich aber „etwas dabei gedacht“, die afrikanischen Pferde mit schicker Streifenoptik upzugraden. Auf dem Kontinent leben nicht nur die typischen Pferdebremsen, sondern auch deutlich gefährlichere Insekten wie die Tsetsefliege. Die Streifen der Zebras verwirren das optische System dieser Fliegen derart, dass sie nicht richtig abbremsen und landen können. Sie fliegen heran und möchten sooo gerne saugen. Frisches Pferdeblut – einfach lecker! Sie sind richtig heiß drauf, packen die Landung aber nicht. Die Fliege düst frustriert ab. Das Zebra lacht.


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ALIENS

A: „Was hat drei Herzen? blaues Blut? Gehirn im ganzen Körper? acht oder zehn Arme? und kann Tinte herstellen? B: „Ein adliger Alien, der auf den langen Reisen durch das Weltall gerne seine Gedanken oldschool-mäßig mit echter Tinte aufschreibt?“ A: „Falsch. Ich geb noch einen Hinweis: Es bekommt spielerisch Schraubverschlüsse auf.“ B: „Ach, klar, jetzt weiß ich’s: ein Tintenfisch!“ A: „Korrekt.“ B: „Jetzt hab ich aber noch ne Frage: Wie schreibt ein Krake?“ A: „Hmm, weiß nicht.“ B: „Krakelig.“ A: „Super Witz.“ B: „Danke.“ Tintenfisch, Kalmar, Oktopus … wo ist da eigentlich der Unterschied? Tintenfisch ist der Oberbegriff. Kalmare bilden die größte Tintenfisch-Gang. Ihr Spektrum reicht von 30-Zentimeter-Kalimärchen bis hin zu den mächtigen Tiefsee-Gigantomaren. Kalmare haben zehn Fangarme mit Saugnäpfen, zwei davon deutlich länger. Die in den Achtzigern so beliebten fettigen „Calamari fritti“-Ringe sind (Italienkenner wissen es) vom Kalmar. Sepien besitzen wie die Kalmare auch zehn Fangarme und haben einen oval bis rund geformten Körper. Aber anders als der Kalmar, der frei im Wasser schwimmt, hält sich die Sepia in Bodennähe auf und ernährt sich von Fischen und Krebsen. Oktopusse haben nur acht Arme (octo = acht) und werden oft auch Kraken genannt.


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Was weißt du so über Tintenfische?

Du: „................. .“ Genau, sie können die Farbe und Musterung ihrer Haut in Sekundenbruchteilen perfekt und millimetergenau an die Umgebung anpassen! Ihre Haut funktioniert wie ein lebender 3D-Bildschirm mit Millionen von Pixeln. In der Oktopushaut sind elastische Zellen, die mit Farbpigmenten gefüllt sind. Winzige Muskeln ziehen diese Farbsäckchen rasch zusammen oder dehnen sie, sodass sie mal deutlich sichtbar sind, mal zu verschwinden scheinen. Und selbst die Oberfläche ihrer Haut können die Oktopusse beeinflussen; je nach Umgebung wirkt sie dann körnig wie Kies, weich wie Algen oder abenteuerlich gezackt wie eine Koralle. Mr. Obermagic ist der Thaumoctopus mimicus. Statt optisch mit der Umgebung zu verschmelzen, verwandelt sich der Mimik-Oktopus in andere, bedrohlichere Tiere, um sich so vor Feinden zu schützen: ZACK sieht er aus wie ein giftiger Plattfisch. Oder er huscht in eine Höhle und lässt nur einen schwarz-weiß gefärbten Arm rausbaumeln, der wie eine gefährliche Seeschlange aussieht. Und dann gibt es noch diesen ganz besonderen Trick … Ab und an gibt’s Zoff um ein Weibchen. Meist haut der Unterlegene ab und überlässt dem andern das Feld. Manchmal schaltet der Schwächere blitzschnell auf eine neue Taktik um und wandelt sich plötzlich zum Weibchen. Das stärkere Männchen vergisst den gerade noch erbittert geführten Kampf und macht dem als Weibchen getarnten Gegner sexuelle Avancen. Mit etwas Glück macht sich das richtige Weibchen dann aus dem Staub und kann später wieder gefunden und beglückt werden. Schweinchenschlau der Meere Unter Wasser sind die Kopffüßler die Gehirn-Champions. 500 Millionen Gehirnzellen hat ein Oktopus (davon nur etwa 40 Prozent als Haupthirn im Kopf). Das restliche Denken und Welt-Wahrnehmen geschieht in den Armen.

Die Arme sind teilautonome Organe, die weitgehend unabhängig von der Zentrale denken und agieren können. Sie scheinen über einen eigenen Nervenring zu kommunizieren, der am zentralen Gehirn vorbeiführt. So können sie autark und doch gemeinsam arbeiten, während sich das Haupthirn um andere Aufgaben kümmert. Tintenfische haben einen eigenen Charakter (der eine ist scheu und ängstlich, der nächste verspielt, wieder einer aggressiv). Sie reagieren zudem unterschiedlich auf verschiedene Menschen, sind sehr neugierig, können sich hervorragend Umgebungen einprägen und bestehen allerhand Tests und Aufgaben, die sich Forscher so den lieben langen Tag ausdenken: Schraubverschluss von einem Glas aufdrehen, um an Shrimps zu kommen? Kein Problem! Aus dem eigenen Aquarium raus, über den Boden kriechen und in ein benachbartes Aquarium rein, um da leckere Shrimps zu verspeisen? Easy! Eine ausgeprägte Neugierde ist wohl wichtig, denn sie sind von Geburt an auf sich gestellt und leben meist nur ein bis zwei Jahre – selbst die Zwölf-Meter-Riesenkalmare der Tiefsee werden nur drei bis fünf Jahre alt. A: „Schon merkwürdig, dass sie nicht älter werden. Die intelligentesten Wesen in dem größten Lebensraum der Erde leben nur ganz kurz. Warum wohl?“ B: „Keine Ahnung.“

A: „Wie muss es wohl sein, mit dem ganzen Körper zu denken?“

A: „Ich finde auch dieses verteilte Denken und Handeln bei den Tintenfischen erstaunlich. Das erinnert mich irgendwie an Ameisenstaaten. Es sind einzelne Ameisen, die rumkrabbeln, aber sie gehören gleichzeitig auch voll einer kollektiven Intelligenz an.“

B: „Vielleicht wie Träumen.“

B: „Ja, stimmt. Kennst du denn auch gute Ameisen-Storys?“

A: „Ja, vielleicht.“

A: „Aber hallo!“


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BAUMEISTER

Ein Rekordsommer jagt den nächsten. Die Nachfrage nach Klimaanlagen und Lüftern ist in den letzten Jahren explodiert. Wäre es da nicht besser, wenn wir Häuser bauen würden, die sich selbständig in der Sommerhitze kühlen und belüften – und zwar ohne Energie zu verbrauchen!? An dieser Aufgabe tüfteln etliche Bauherren und Architekten. Für Termiten ist das kalter Hipsterkaffee. Sie sind schon ewig und drei Tage Passivhaus-Baumeister. Bauwunder Termitenhügel können haushoch gebaut werden: bis zu 10 Meter hoch und 30 Meter breit – ziemlich monströs für so kleine Krabbler. Dafür passen dann auch mehrere Millionen Termiten in den Bau. Gebaut wird mit Erde, zerkautem Pflanzenmaterial sowie Speichel der Termiten. Das Baumaterial ist erstaunlich fest und beständig. A: „Rat mal, wie alt der älteste Termitenhügel ist, der gefunden wurde!“ Du: „ ...........3“ Im Zentrum ist immer das Allerheiligste: die Kammer der Termitenkönigin. Der ganze Bau mit seinen Galerien, Kammern, Schächten ist extrem effizient um diesen wichtigen Mittelpunkt angelegt. In der Nähe der KöniginnenKammer liegen die Kammern für Eier und kleinere Larven. Nach außen folgen die Kammern für größere Larven und Arbeitertermiten. Daran schließen sich die Pilzkammern an, in denen die Arbeiter als Hauptnahrungsquelle für das Termitenvolk essbare Pilze kultivieren, sowie Abfallkammern. Der gesamte Bau ist von einem komplizierten Labyrinth aus Gängen und Luftschächten durchzogen.

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4.000 Jahre alt


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Aero-Dynamik Wenn sich die Lufttemperatur außerhalb des Hügels erhöht, wird auch die Luft in den äußeren Hügelkanälen wärmer und steigt nach oben. Da Termitenhügel so gut wie keine Öffnungen besitzen, kann die Luft jedoch nicht entweichen. An der Spitze des Kegels angekommen, fließt sie stattdessen im Schornstein des Hügels nach unten. Die kältere Luft, die sich dort befindet, wird weitergeschoben. Ist sie unten angelangt, fließt sie über Kanäle zur Außenseite und der Kreislauf beginnt erneut. Wird es abends um die Hügel herum wieder kälter, dreht sich der Zyklus um. Dann kühlt die Luft in den äußeren Kanälen ab, fällt hinab und warme Luft steigt im Schornstein auf. Die Forscher vergleichen einen Termitenhügel daher mit einer großen Lunge, die morgens ein- und abends wieder ausatmet. Die komplexe Struktur von Gängen, Luftschächten und dämmenden Isolationsschichten sorgt selbst in den heißen Zonen von Afrika und Australien dafür, dass im Bau ein gleichmäßiges, verhältnismäßig kühles Klima herrscht. Viele Hügel sind zudem länglich geformt und in Nord-Süd-Richtung angelegt, sodass nur die schmalere Seite zur Sonne zeigt und sich der Bau so weniger aufheizt. Für die Termiten ist es aus zwei Gründen wichtig, dass ihr Bau immer gut durchlüftet und die Innentemperatur konstant ist: Die Insekten produzieren beim Fressen Methan. Zirkuliert die Luft im Bau ausreichend, gelangt dieses zu den äußeren Kanälen. Dort kann es über winzig kleine Poren in der Wand des Baus entweichen. Viele Termitenarten betreiben in ihren Hügeln regelrechte Pilzfarmen. Damit die Pilzbakterien optimal produzieren, benötigen sie die richtige, konstante Temperatur. B: „Termiten bauen Pilze an? Nicht dein Ernst …“ A: „Doch, tatsächlich. Manche Termiten- bzw. Ameisenarten sind darin echte Meister. Bei den Blattschneiderameisen sind Pilze die einzige Nahrungsquelle – ihre gesamte Kolonie ist davon abhängig.“ B: „Ja, krass. Erzähl mal …“ Der Pilzanbau erfolgt wie am Fließband in 29 Arbeitsschritten, die jeweils von einer speziellen Ameisenkaste ausgeführt werden (mit Spezialisten für drinnen und draußen).

Draußen: Kundschafter, die in der Umgebung nach geeigneten Sträuchern und Bäumen suchen. Sie legen eine Duftspur, auf der die Blattschneide-Spezialisten zu ihrem Einsatzort wandern. Dort schneiden sie mit ihren messerscharfen Zangen Blattstücke aus dem Laub heraus. Transporteure schleppen die Blattstücke wie aufgespannte Segel zurück zum Nest, doch auf dem Weg lauern Gefahren wie zum Beispiel Buckelfliegen. Die Fliegen greifen die Ameisen mit ihren Blättern aus der Luft an, denn dann sind diese wehrlos. Daher reiten meist kleinwüchsige Leibwächter auf den Blattschnipseln mit und verteidigen die Transporteure gegen Angriffe aus der Luft. Am Bau angekommen übernimmt der Innendienst: Die abgelegten Blättern werden von kleineren Blattschneidern in Stücke von etwa einem Millimeter Durchmesser zerschnitten und an noch kleinere Arbeiterinnen übergeben, die diese zerkauen und zu kleinen Kügelchen verarbeiten – dem Grundmaterial für die Pilzzucht in speziellen Kammern. Die Pilzgärten werden von den kleinsten Arbeiterinnen kontrolliert: Sie betasten die Oberfläche des Pilzgeflechts und säubern es von Sporen und Pilzfäden fremder Schimmelpilzarten. Sie zupfen immer wieder ein Stück des Pilzrasens aus und bringen es ihren Artgenossinnen als Nahrung oder sie setzen Pilzfäden auf frisches Pflanzenmaterial und legen so neue Kulturen an. Außerdem beißen sie regelmäßig die Enden der Pilzfäden ab und verhindern so die Bildung von Fruchtkörpern. Stattdessen entstehen eiweißhaltige, knollenartige Verdickungen. Die Symbiose zwischen den Ameisen und dem Pilz ist dabei so eng, dass beide nicht mehr ohneeinander existieren könnten. Denn der Pilz selbst kann von einem Schlauchpilz befallen werden, der ihn zerstört. Forschungen lassen vermuten, dass die Ameisen an ihrem Körper Bakterien tragen, die nicht nur das Wachstum des Schlauchpilzes hemmen, sondern gleichzeitig auch ihren Futterpilz düngen. Jährlich erntet eine durchschnittliche Kolonie Blattschneiderameisen etwa 35.000 kg Laub. Ein in Brasilien mit Gips ausgegossenes Nest enthielt über 1.000 verschieden große Kammern, von denen 390 mit Pilzgärten gefüllt waren. A: „Beeindruckend, oder?“ B: „Uff jeden!“


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SARGASSOSEE UND ZURÜCK

Der Aal war in der ersten Bunten Welt schon einer der Protagonisten. Wer die Story bereits kennt, darf getrost weiterblättern. Für alle anderen: Jetzt wird’s noch mal richtig spannend! B: „Was soll denn bitte schön am Aal spannend sein? Hatten wir nicht schon genug Tiergeschichten?“ A: „Abwarten. Der Aal ist klar unterbewertet und seine Geschichte ist bemerkenswert. Also Schweigefuchs und zugehört.“ Schon Aristoteles rätselte Der Lebenszyklus des Europäischen Aals gab den Menschen über Jahrhunderte Rätsel auf. Den Stein der Aal-Forschung brachte Aristoteles vor rund 2.400 Jahren ins Rollen. Obwohl für seine Logik berühmt, brachte er nur nebulöse Vermutungen hervor, wie: „Aale entstehen spontan im Schlamm“ oder „Aale werden von Erdwürmern geboren“. Er konnte seine Behauptungen nicht beweisen; widerlegen konnte sie aber auch niemand. Später dann, im Mittelalter, wurden Aale den Schlangen zugeordnet. Manch einer sagte, Aale und Schlangen würden sich zumindest paaren. Die Wissenschaft tappte im Dunkeln. Nie wurde auch nur ein Hinweis auf Ei- und Samenzellen oder Aallarven gefunden. Selbst in einer berühmten Aalfischerei im italienischen Comacchio, die über Jahrzehnte Millionen der schlänglichen Tiere gefangen und ausgenommen hatte, fand man keine Indizien zur Fortpflanzung. Doch irgendwie und irgendwo mussten diese Tiere doch entstehen … Forschungen von Freud und Carlsberg klären auf Erst Sigmund Freud brachte Licht in diese Blackbox. Er startete seine Karriere nicht mit der Psychoanalyse, sondern als forschender Tiermediziner. Sein erstes Forschungsobjekt waren die Fortpflanzungsorgane des Aals. 1876 stieß er auf

„weißliche Gewebeschleifen“ in der Körperhöhle des Aals und beschrieb diese in seiner ersten wissenschaftlichen Veröffentlichung treffend als Aalhoden. Wenige Jahre später trug die dänische Carlsberg-Brauerei zur weiteren Erforschung bei. Warum eine Brauerei Fische erforscht? Amors Pfeil war schuld daran. Die Erbin des Brauerei-Imperiums bandelte nämlich mit einem jungen, adretten Meeresforscher namens Johannes Schmidt an. Dieser überzeugte seine Verlobte und dann die Herren aus der Brauereidirektion, dass die Erforschung von Kabeljau und Hering im innersten Interesse jedes patriotischen Dänen liegen müsse. Und dass ein florierendes Unternehmen wie Carlsberg seinen Beitrag zur nationalen Vormachtstellung auf hoher See leisten müsse (der Schwede würde schließlich nicht schlafen …). Das zog. 1904 segelte Schmidt mit einem gut ausgerüsteten Forschungsschiff über den Atlantik. Kurs: weit raus zu den Faröer-Inseln. Und wer landete da als Beifang in den Schmidt’schen Netzen? „Anguilla anguilla“ (der Europäische Aal). Große Verwunderung an Bord. Wie nur kommen Jungaale bzw. Aallarven in dieses entfernte Gewässer? War es denn möglich, dass die Aale, die in dänischen Bächen lebten, auf hoher See mitten im Atlantik laichten? Schmidt nahm Fährte auf. Immer weiter Richtung Amerika folgte er den Aallarven, wie sie klein und kleiner wurden, bis in die Sargassosee, ein Gebiet östlich von Florida und südlich der Bermuda-Inseln. Hier, 5.000 Kilometer fernab der Heimat, müsse das Laichgebiet des in europäischen Flüssen lebenden Aals liegen, so seine Vermutung. 1923 schrieb Schmidt in sein Logbuch: „Eine Larvenwanderung von solcher Entfernung und Dauer [...] ist im Tierreich einzigartig. Es ist kein anderer Fall bekannt, bei dem ein Fisch ein Viertel des Erdumfanges zurücklegen muss, um sein Leben zu beginnen und zu vollenden.“ Schmidt sollte mit seiner These recht behalten.


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Einmal Sargassosee und zurück bitte Stell Dir vor, man setzt dich in Italien in ein Motorboot, ohne Navigationsinstrumente, und deine Aufgabe besteht darin, nach Afrika zu schippern. Mit viel Glück schaffst du das. Nun wird es schwieriger, denn die Aufgabe lautet „von den Bermudas an die französische Küste“. Die meisten würden hierbei versagen. Nicht so die Aallarve, denn für das millimeterkleine, nahezu durchsichtige Tier beginnt mit ebendieser Aufgabe sein Leben. Die Larven benötigen etwa drei Jahre, um an die europäischen Küsten zu gelangen. Während man früher annahm, dass sie sich dabei rein passiv vom Golfstrom mitziehen lassen, weiß man heute, dass die Larven aktiv navigieren. Kurz vor Europa angekommen, zeigen Larven eine negative Phototaxis, das heißt sie ziehen aktiv von Lichtquellen weg. Ansonsten würden sie vom Golfstrom zu nah an die Küsten getrieben werden, noch bevor sie eine Anpassung an das Brackwasser vollzogen haben. Wie sich die Aale paaren und weshalb sie überhaupt diese biologisch fragwürdige Reise quer durch den Ozean unternehmen, ist unbekannt. Vor der Küste Europas wandeln sich die Aallarven zu ca. 7 cm langen Glasaalen, die dann in Richtung der Flussmündungen ziehen. Hier lauern viele Gefahren: Schicksal 1: Das Tier wird als Glasaal gefangen und in sogenannten Aalfarmen (zumeist in den Niederlanden) gemästet. Der Aal landet dann nach zwei bis drei Jahren zumeist geräuchert auf dem Teller. Allein in Europa werden jährlich etwa 25 Millionen kg Aal gegessen, was gegen den Verzehr der Japaner (100 Millionen kg) eher bescheiden ist. Japaner stehen auf gegrillten Aal (Kabayaki). Sie glauben, Frauen bekommen durch häufigen Genuss von Aalfleisch schöne Haut. Und sie sprechen ihm vor allem im Sommer Red Bull’sche Fähigkeiten zu; denn Aal konsumieren verleiht Energie. Die Fische werden fast ausschließlich in speziellen Aal-Restaurants verspeist. Schlachten, Ausnehmen und Zubereiten der Tiere erfordert Fachkenntnisse, denn ihr Blut enthält ein Nervengift, das erst durch Kochen oder Räuchern seine Wirkung verliert. Schicksal 2: Die Glasaale werden umgehend als Delikatesse verspeist. Die Preise für ein Kilo – das entspricht ca. 3.000 bis 4.000 Fischen – liegen bei 600 bis 1.000 Euro. Du kannst dir vorstellen, wie konsequent Fischer in Spanien, Portugal, Frankreich und anderswo auf Glasaalfang gehen. So, als

würde da Gold im Wasser herumschwimmen. Die gefangenen Glasaale landen dann vor allem in Asien (hauptsächlich in China) auf den Tellern reicher Menschen. Die wenigen Glasaale, die es bis in die Flüsse schaffen, wandeln sich in pigmentierte Süßwasserfische, die ca. 10 cm langen Steigaale. Aber auch das Steigaal-Leben ist kein Zuckerschlecken. Er muss sich über Flussbebauungen wie Dämme und Betonwälle hochkämpfen, ist übler Wasserverschmutzung ausgesetzt und findet immer weniger Lebensräume, wie etwa urige Fluss-Alt-Arme. Die Tiere brauchen ruhige, warme Gewässer mit schlammigen Böden und Würmern oder Insektenlarven als Nahrung. Diese Lebensräume wurden über die Jahrzehnte vom Menschen okkupiert, zugeschüttet und in Gewerbegebiete, Siedlungen, Fußballplätze und Sonstiges umfunktioniert.

Heute findet man Aale vor allem in Seen und Tümpeln. Diese erreichen sie häufig auch über den Landweg (!). Aale gehören zu den wenigen Fischen, die auch über die Haut atmen können. Sie schlängeln sich vornehmlich nachts über feuchte Felder und Wiesen, um in stehende Gewässer mit den für sie optimalen Lebensbedingungen zu kommen.

Dort wandeln sie sich zu Gelbaalen um und verlassen bis zur Geschlechtsreife (12 bis 15 Jahre bei den Weibchen; die Jungs sind in 6 bis 9 Jahren so weit) nicht mehr ihr Gebiet. In dieser Zeit drohen nur Angler und, viel schlimmer, der aus Asien eingeschleppte Schwimmblasenwurm (Gefahr Nr. 3). Er zerstört die Schwimmblase des Aals, was seinen späteren Rückweg in die Sargassosee unmöglich macht. Gelbaale sind sehr lichtscheu und verbringen den Tag in selbst gegrabenen Schlammhöhlen, aus denen oft nur der Kopf herausschaut. Sie ernähren sich vorwiegend von frischen Larven. Es ist zwar richtig, dass früher Viehköpfe zum Fischfang genutzt wurden. Der lichtscheue Aal hat sich darin jedoch tagsüber nur versteckt. Fischer wissen, dass Aale bestenfalls frisch getötete Köder fressen, niemals aber verweste. Gelbaale sind sehr ortsgebunden. Eine Studie fand heraus, dass sich Aale in einem Bach innerhalb eines Jahres nur wenige Meter vor- und zurückbewegten. In einer anderen Untersuchung wurden sie in ein 200 km entferntes Gewässer gebracht. Sie waren noch nach einem Monat in der Lage, ihr Heimgewässer wiederzufinden. Dabei zeigte es sich als rela-


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tiv unerheblich, ob der Rückweg über Wasser oder teilweise über Land erfolgen muss (!). Den Aal drängt es zurück Wenn die Geschlechtsreife naht, machen sich die Tiere auf den langen Rückweg gen Bahamas. Selbst bei Aalen in Gefangenschaft ist dieses unbändige Heimweh zu beobachten. Sie versuchen sich dann mit aller Gewalt durch die Filteranlagen von Aquarien zu quetschen oder schwimmen full speed gegen ihr

Glasverlies an. Das endet oft mit dem Tod. Die freilebenden Aale werden zwischen Oktober und November, unruhig und ziehen los. Vor allem bei richtig schlechtem Herbstwetter, wenn es stürmt und regnet, scheint sich die Reiselust der Aale zu erhöhen. Dann geht´s zurück über Land in kleine Bäche, Flüsse und große Ströme wie Rhein, Weser, Ems, Elbe und Oder. Hier lauert Gefahr Nummer 4: In den letzten Jahrzehnten wurden an den Flüssen Mitteleuropas Zigtausende Wasserkraftwerke gebaut. Für viele Fische sind die Rotoren der Turbinen kein Problem; für den bis zu 1,40 Meter langen Gelbaal sehr wohl. Er wird in diesen „nachhaltigen“ Stromgewinnungsanlagen häufig zerhackt oder zumindest verletzt.Während der letzten Phase in den Binnengewässern und auf dem Weg zurück zum Meer verändern sich die Körpermerkmale der Tiere: Ihre ursprüngliche Färbung wechselt von grünbraun zu silbrig grau, der After

zieht sich ein und die Augen vergrößern sich – der Gelbaal wird zum Blankaal und damit wieder zum Salzwasserfisch. Dieser Umwandlungsprozess dauert rund vier Wochen. In dieser Zeit wird die Nahrungsaufnahme immer weiter eingeschränkt und schließlich ganz eingestellt. Der Verdauungstrakt bildet sich komplett zurück. Stattdessen entwickeln sich die Geschlechtsorgane, die später die gesamte Leibeshöhle einnehmen. Das Umfärben ist vermutlich eine Anpassung an die Gegebenheiten des offenen Meeres – dort ist ein silbrig glänzender

Unterbauch weniger auffällig und weniger gefährlich als ein gelber. Auch die vergrößerten Augen der Tiere könnten eine weitere Anpassung an die Gegebenheiten des Meeres sein. Hast du schon mal gefastet? Ein oder zwei Wochen sind easy – selbst vier Wochen gehen gut. Der Aal fastet aber 12 bis 18 Monate. So lange dauert sein Rückweg in die Sargassosee. Eine Zeit vollständig ohne Nahrung. Die Energie für den „Umbau“ vom Gelb- zum Blankaal und für die lange Schwimmstrecke zum Laichort entnehmen die Aale ausschließlich ihren Fettreserven, die sie sich im Laufe der Jahre angefressen haben. Aale gehören zu den sogenannten „Fettfischen“, denn ihre Körpermasse kann bis zu 30 Prozent aus Fett bestehen, deshalb sind sie auch besonders schmackhaft (Fett ist ein wichtiger Geschmacksträger).


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Aale schwimmen tagsüber in kühlen Wassern zwischen 200 und 1.000 Metern Tiefe (vermutlich weil sie dort vor räuberischen Vögeln geschützt sind) und nachts in wärmeren Oberflächenbereichen. Dabei legen sie auf den ersten etwa 1.300 Kilometern nur 5 bis 25 Kilometer pro Tag zurück.

fliegen, orientieren sich anscheinend am geomagnetischen Feld. Ebenso Tauben, Hamster, Mäuse, Hühner, Pferde, Kühe und etwa 50 weitere Tierarten. Ein Indiz für die Funktion des Bio-GPS haben Wissenschaftler kürzlich gefunden: das in Zellen eingelagerte Eisenoxid-Mineral Magnetit.

Würden sie diese Geschwindigkeit konstant beibehalten, würden sie es nicht bis an ihr Ziel schaffen und vorher verhungern. Sie scheinen zu wissen, dass ihnen ab Kilometer 1.300 für die Reststrecke eine starke Strömung als Turbo zu Hilfe kommt. Schon faszinierend, dass der Aal ohne jegliche Erfahrungswerte mit seiner ihm gegebenen Energie, ohne Nahrungsaufnahme, eine solch lange Zeit exakt haushalten kann und nicht zu schnell oder zu langsam schwimmt.

In diesen Zellen wird die Information über das Magnetfeld in einen Nervenreiz umgewandelt, der wiederum dem Tier die Richtung weist. Außerdem wurde eine Gruppe von Eiweißen, die sogenannten cryptochromen Proteine, als Basis des Magnetsinns ausgemacht. Sie reagieren auf Magnetfelder mit chemischen Reaktionen – und übersetzen auf diese Weise die unsichtbaren magnetischen Informationen in optische Reize. So können beispielsweise Rotkehlchen diese Felder nicht nur wahrnehmen, sondern sie tatsächlich sehen. Aber auch hier sind noch nicht alle Rätsel gelöst.

„Zu Hause“ angekommen, laichen sie vermutlich in Tiefen von 500 bis 2.000 Metern (Genaues ist nicht bekannt; der Liebesakt wurde nie beobachtet) und sterben dann entkräftet. Beeindruckend ist auch die Navigationspräzision, mit der er den Ozean durchquert. Wie macht er das, so ganz ohne Navi? Liegt es am guten Riecher? Supernasen der Natur Zum Teil. Der Aal ist in der Lage, einzelne Geruchs- oder Geschmacksmoleküle wahrzunehmen. Er hat ein unvorstellbar feines Unterscheidungsvermögen für Geruchsstoffe – eines der besten auf diesem Planeten. Mit seinen röhrenartig ausgebildeten Nasenlöchern kann er eine Geruchsspur in allen drei Dimensionen wahrnehmen und verfolgen. Er kann also riechend „sehen“ – und das über Kilometer. Versuche haben ergeben, dass er wenige Tropfen eines Duftstoffes (1 cm3) noch in einer Wassermenge wahrnehmen kann, die 58-mal derjenigen des Bodensees (!) entspricht. Tierischer Magnetsinn Kann also der Aal seinen langen Weg durch Ozean und Flüsse erriechen? Die Antwort ist „jein“. Er kann sehr wohl den Weg vom Ozean in die Flüsse per Geruchssinn bestimmen. Riechend den Weg durch einen ganzen Ozean zu finden, ist aber aufgrund der Entfernung, der Strömung und der enormen Wassermenge nicht einmal für den Aal möglich. Das wurde in Versuchen bestätigt: Versuchsaalen wurden die Riechgruben künstlich verstopft, und sie haben dennoch unbeirrt ihr Ziel gefunden. Alles spricht dafür, dass sich Aale am Magnetfeld der Erde orientieren. Auch Vögel, die gezielt über Tausende Kilometer zwischen den Kontinenten, über Meere, Wüsten und Gebirge

Bedrohte Tierart Aale gibt es seit etwa 50 Millionen Jahren. Heute ist der Aal eine bedrohte Tierart. Ob Amerikanischer, Europäischer oder Japanischer Aal: Überall gehen die Bestände zurück. Lachs und Forelle kann man reproduzieren und züchten. Beim Aal ist das nicht möglich. Er ist eines der wenigen Tiere, das sich nur in seiner natürlichen Umgebung fortpflanzt. Allerdings gibt es auch europaweite Rettungsprogramme und internationale Handelskontrollen, um den Europäischen Aal vor dem Aussterben zu schützen. Wie gut oder schlecht das funktioniert, wird sich zeigen.


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A: „Wer ist wohl das widerstandsfähigste Tier auf der Welt? Es ist quasi unkaputtbar! Ein Tipp: Es ist nicht die Kakerlake.“ Du: „ ...........“


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Bärtierchen (auch Wasserbären genannt) sind winzig. Nicht mal einen Millimeter groß. Sie sehen aus wie kleine, plumpe Bärchen und leben im arktischen Eis, in tropischen Regenwäldern, im Himalaja, auf abgelegenen Inseln, in der Tiefsee, auf mitten im Atlantik treibenden Algen oder selbst in der Regenrinne auf deinem Dach. Um in den vergangenen Millionen von Jahren Trockenperioden, Kälteeinbrüche, starke Schwankungen im Salzgehalt des Wassers oder Sauerstoffmangel überstehen zu können, haben sie einzigartige Anpassungen entwickelt. Die extremste Form der Anpassung ist die sogenannte Kryptobiose, bei der die Tiere in einen todesnahen Zustand übergehen, in dem sich keinerlei Stoffwechselaktivität mehr registrieren lässt. In diesem Stadium kann man mit den Tierchen machen, was man will: jahrzehntelang extrem austrocknen, in Salzlake, Äther oder reinem Ethanol baden, auf - 272 Grad Celsius schockfrosten, mit 500.000 Röntgen radioaktiv bestrahlen (500 Röntgen sind für Menschen, 5.000 Röntgen für Kakerlaken sofort tödlich). Sie überleben als einzige bekannte Tierart selbst das Vakuum im Weltall. In diesem Zustand finden zudem keinerlei Alterungsprozesse statt, wodurch die Tiere im Extremfall Lebenszeiten von mehr als 100

Jahren erreichen können. Sobald wieder genügend Wasser vorhanden ist, muss man nur kurz warten und sie wuseln wieder quicklebendig umher. Vielleicht schauen sie sich sogar nach einem Partner/einer Partnerin um. Bärtierchen haben nämlich Hoden bzw. Eierstöcke und auch richtig Sex, so mit gegenseitig kuscheln, Orgasmus und so. Forscher haben ihre Unkaputtbarkeit untersucht und extrem viel fremde DNA im Erbgut entdeckt. Der genetische Clou: Bärtierchen können nicht nur ihre eigene beschädigte DNA reparieren, wenn die Zellen rehydrieren, sondern dabei auch fremdes Erbgut einfügen und so ein Mosaik von Genen verschiedener Spezies kreieren. Die meisten Tiere besitzen weniger als ein Prozent fremdes Erbgut in ihrem Genom – beim Bärtierchen sind es 17,5 Prozent! Der Großteil der gefundenen Fremdgene stammt von Bakterien – und damit von Organismen, die in den extremsten Lebensräumen der Erde Milliarden Jahre überlebten. Das ist noch einzigartig, aber wer weiß, ob Elon Musk oder Bill Gates oder irgendein supergeheimes Biotech-Labor irgendeiner supergeheimen Organisation nicht auch schon an sowas rumentwickeln. Kann ja alles sein heutzutage …

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Ich hoffe, dir hat dieses kurze Eintauchen in die Welt der Tiere gefallen. Tiere sind ja eigentlich nichts, womit man ein ganzes Magazin füllen möchte. Sie sind irgendwie da, aber zünden nicht in unserem Hirn.

Und – wer hätte es gedacht – selbst unser Darm ist super interessant und ein lebender Organismus. Giulia Enders hat in ihrem Sachbuch „Darm mit Charme“ einen neuen Blick darauf geworfen. Auch wir sind Wunderwerke der Natur.

A: „Schau mal, da krabbelt ein Käfer.“

Wie sich der Muskel unserer Iris immer wieder blitzschnell zusammenzieht und entspannt, um die Linse perfekt scharfzustellen. Wie wir plötzlich Jahre ungenutzten Wissens aus einer „Schublade“ im Hirn abrufen können. Wie wir allein durch unser Denken und einfache Versuche unglaubliches Wissen über unser Universum, Quarks und die universellen Regeln herausbekommen haben. Alles ziemlich geiler Scheiß! Alles ziemlich zum Staunen.

B: „Aha.“ Erst bei Gefahr (Hai), Ekel (Spinne), Fürsorge (kleines Kätzchen), Witz (Balztanz) oder Rumgenerve (Mücke im Schlafzimmer) bekommen sie kurz unsere volle Aufmerksamkeit. Man muss nur eintauchen, um den Zauber der Natur zu erkennen. Ein bisschen so wie beim Meer oder einem See: Vom Ufer sieht man einfach eine Wasserfläche. Taucht man aber ein, findet man eine ganz wundervolle, komplexe eigene Welt. Man STAUNT, was für eine unglaubliche Vielfalt an Leben da verborgen unter der Wasseroberfläche herumwuselt! Alles in der Natur ist komplex und meist auch erstaunlich. Zum Beispiel der Wald. Ein Waldspaziergang ist schon nett und erquickend. Liest man aber Peter Wohllebens Knaller-Bestseller, versteht man erst, wie der Wald tickt, und betrachtet ihn irgendwie respektvoller. Wenn Bäume über komplexe Pilzsysteme und Botenstoffe miteinander kommunizieren, eine Art Sozialleben führen und ihre Alten ehren – tja, dann könnte man den Wald doch irgendwie als Organismus, als Lebewesen bezeichnen, oder?

Ja, wir sind die Brain-Superheros auf der Welt. Die OberChecker, die Erste-Reihen-Sitzer. Wir können unglaubliches Zeug bauen, sind mega-kreativ. Aber was machen wir bloß mit unserer Natur? Bekommen wir das Ding mit der Klimaerwärmung noch hingebogen, wenn wir uns siegreich aus den Geißeln der Corona-Krise befreit haben? Wer weiß … Meine Gedanken dazu und zur DNA der Weltwirtschaft unter bond-pr-agenten.de/undwasistmitdemklima B: „Boah, muss ich das jetzt auch noch lesen?“ A: „Nein. Wir können jetzt auch einfach mal nur so dasitzen und ganz bewusst einen Apfel essen. Oder mal ohne Handy in die Natur gehen. Oder jemandem ein Kompliment machen.“ B: „Ja, gute Ideen.“


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Herausgeber, Konzept, Redaktion, Gestaltung BOND Business-Kommunikation / bond-pr.de Marcus Bond Müritzstr. 16 10318 Berlin Art Direktion: Esther Schaarhüls / spreewert.com Lektorat: Andrea Mayer / textveredelung.de Fotos mit freundlicher Unterstützung toller Menschen von pixabay.com, unsplash.com und pexels.com sowie teuer erworben auf istockphoto.com Baumschonend gedruckt auf FSC-Papier. Alle Daten und Angaben wurden gewissenhaft nach hartem journalistischen 2-Augen-Prinzip recherchiert, geprüft und freigeistig zusammengemodelt. Es gibt weder Fake News noch News Fakes. Dennoch lag es dem vielbeschäftigten Herausgeber fern, strengste Penibilität walten zu lassen. Etwaige Fehlerchen oder Ungereimtheiten seien an dieser Stelle präventiv entschuldigt. Jubel-, Schmäh- & andere Feedback-Mails an: marcus.bond@bond-pr.de © 2020 Marcus Bond


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