PS (08/2007) Z1000 alt gegen neu

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Vergleichstest Kawasaki Z 1000: Alt gegen Neu

Das Leben geht weiter ... ...und nimmt einen mit. Sogar ein markiger Knaller wie eine Z 1000, die 2003 für Furore sorgte und der Verkaufsschlager der Grünen wurde, kommt in die Jahre. Das kantige Design-Statement der neuen Zett geht 2007 in die zweite Generation – geschmeidiger, aber auch deutlich gemütlicher. Ein Blick in den Rückspiegel: Ende 2002 glich die Modellpalette von Kawasaki der Handlung eines

Kawasaki Z 1000 - was ist am großen Nakedbike besser geworden?

Rosamunde-Pilcher-Romans. Von der ersten bis zur letzten Seite seichte Stimmung, ehemalige Supersportler wie die ZX-9R waren im Verhältnis zu Yamaha YZF-R1, Suzuki GSX-R 1000 oder gar Honda Fireblade zu übergewichtigen Power-Cruisern mutiert. Es herrschte gähnende Langeweile und einschläferndes Klima im Fuhrpark. Dann kam die Z 1000. Eckig und aggressiv gestylt. Ein Knaller! Als Wegbereiterin des neuen Kawa-Designs schlug sie ein wie eine Bombe, entzündete einen Flächenbrand unter der sportorientierten Kawasaki-Klientel und wurde zum Bestseller. Sehr schnell war klar, dass die Z schwer zu biegen sein würde, denn sie fuhr sich in die Herzen der Straßenfahrer. Immerhin 5927 Stück brachte Kawa von 2003 bis 2006 in Deutschland in den Handel und die Käufer verziehen ihrer Z so manche Unausgewogenheit, mit der sie die Ingenieure ins Rennen geschickt hatten. Auf den Herbst-Messen 2006 war es dann soweit, die neue Z 1000 wurde der Öffentlichkeit präsentiert. Hohe Erwartungen gab es, denn die Fraktion der Landstraßen-Brenner verlangte nach einer verschärften Z mit deutlichem Leistungsplus. So träumte sie vom gedrosselten ZX-10R-Triebwerk, 150 PS, fettem Drehmoment und das alles in einem sportlich-straffen Fahrwerk. Und, ach ja: Leicht sollte sie sein fürs unerbittliche Glühen. Doch dann das: 13 Kilo mehr auf den Rippen, sieben PS weniger am Hinterrad! Als Indiz dieser Verweichlichung hatte das rundliche Design schon aufgeschreckt. Kawa geht nicht den eigenständigen, sportlichen Weg. Nein, die neue Z 1000 soll das Zeug zum "Everybody’s Darling" haben, versehen mit einem gemäßigten Böse-Buben-Design und einem hochvernünftigen ABS. Rosamunde, ick hör dir trapsen... Ist nun alles verloren? Das Image der Z 1000 so handzahm und brav wie das einer Suzuki Bandit? Nun, ja, zum Rasen ist die Z zu fett geworden, das Fahrwerk nach wie vor zu weich und das Handling zu träge. Aber sie hat unbestritten an Alltagsqualitäten zugelegt. Spürbar und erlebbar schon beim Kaltstart. Während die 05er-Z (dankenswerterweise von Kawasaki Höly in Schriesheim, Tel. 06203/60610, bereitgestellt) noch eine mechanische Kaltstarthilfe am linken Lenkerende hat, springt die neuen Z völlig zuwendungsfrei mit dem Druck auf das Starterknöpfchen an. Im Gewürge des Stadtverkehrs rollen die beiden Z-Sisters noch zwillingsgleich daher. Weder das Mehrgewicht der einen, noch die spitze Leistungscharakteristik der anderen fallen auf. Weiche Gasannahme, exakte und unauffällige Gangwechsel dürfen beide für sich reklamieren. Von der Stadt freigeschwommen, nehmen die beiden Kawas die Autobahn unter die Räder. Die nur minimal unterschiedliche Ergonomie bettet beide Piloten in eine sportlich aktive Position, die nicht zu aggressiv ist, allerdings später beim fetzigen Kurvenwetzen den Wunsch nach etwas weiter hinten montierten Fußrasten aufkommen lässt. Bei höherem Dauertempo fällt auf: Windschutz, na ja – 170 km/h sind aber über längere Strecken möglich. Allerdings wird es Muskelkater geben, nicht im Genick, sondern in den Schenkeln. Denn auf beiden Zetten spreitzt der Fahrtwind den Fahrern die Oberschenkel vom Tank ab, so dass diese mit permanentem Druck dagegenhalten müssen.


Vergleichstest Kawasaki Z 1000: Alt gegen Neu (Teil 2)

larer Punktsieg schon hier für den Motor der Neuen. Zwar selbst kein echter Sanftfuß, geht das überarbeitete Triebwerk deutlich vibrationsärmer zur Sache als die Rübenmühle aus dem 05er-Modell. Fiese Vibes des unkultivierten Vierers durchdringen den Piloten zwischen 6000 Kantiger, eckiger und not mainstream.

und 8000/min, peinigen ihn, wenn er sich länger in dieser Drehzahlregion aufhält.

Nach einer Weile stumpfen Kilometerfressens lockt die Schwäbische Alb mit mehreren passartigen Aufstiegen. Hier offenbart sich ein weiteres Mal, dass der neue Motor zwar oben herum einige Körner gelassen hat, dafür aber wesentlich kräftiger im relevanten, nämlich niedrigeren Drehzahlbereich zur Sache geht. Wer mit der alten Z beim forcierten Alb-Beklettern Anschluss halten will, muss drehen, drehen, drehen – und schalten natürlich. Dass diese Fahrweise nicht nur stressiger ist, sondern auch mehr Energie kostet, zeigt der um 0,7 Liter/100 km höhere Testverbrauch der Alten. Dafür bereitet diese beim Kurvenwetzen mehr Freude: Zwar ist sie nicht der Inbegriff der Handlichkeit, doch gehen ihr das Einlenken und Umlegen in Schräglage leichter von der Hand als ihrer Nachfolgerin. Allerdings liegt die alte Z nicht so stabil in der Kurve, ihre insgesamt zu weiche Abstimmung und der breite 190er auf der Sechs-Zoll-Hinterradfelge fordern Tribut. Wer sich auf der Neuen erfolgreich gegen die störrischen Reifen durchgesetzt und die Z in Schräglage gebracht hat, darf ein sattes Fahrgefühl genießen und mit ordentlicher Präzision durch die Kurven dieser Welt surfen. Allerdings erst, nachdem er die serienmäßig zu hecklastige Fahrwerkseinstellung korrigiert hat. Keiner weiß warum, aber der aktuellen Z lugte der Hintern aus der Hose. Also das zu tief stehende Heck durch Erhöhung der Vorspannung anheben (es darf im Stand ohne Fahrer nur 10 mm einsacken), die Zugstufendämpfung von komplett geschlossen eine Umdrehung öffnen, der Gabel die Vorspannung etwas nehmen (von fünf Umdrehungen auf sieben Umdrehungen entspannen) und die Zugstufe anderthalb Umdrehungen öffnen. So vorbereitet stört nur noch das mächtige Aufstellmoment beim Bremsen der unglücklich gewählten Serienbereifung den Genuss des Kurven-Swings. Weitere Attribute der Neuen sind das besser ablesbare Cockpit, das zudem eine Tankuhr bereitstellt. Allerdings fehlen ihr immer noch ein Warnblinker und ein verstellbarer Kupplungshebel. Dafür bietet sie serienmäßig ein ABS, was wiederum die Benutzerfreundlichkeit, zumindest für den Normalfahrer, erhöht. Dem flotten Burschen auf der Landstraße kann die neue Bremsanlage mit dem Blockierverhinderer zu matschig sein, er wird Transparenz und den kernigen Biss einer sportlichen Bremse vermissen. Diesen bietet die konventionelle Anlage der in Ehren ergrauten Vorgängerin. Knackig, mit deutlichem Druckpunkt und guter Wirkung, lässt sich deren Frontstopper gut dosieren, die viel zu lasche Gabel auf den Endanschlag zusammenstauchen. Was einem wieder und wieder verdeutlicht, dass auch die alte, kantige Z 1000 nie das ultimative Landstraßen-Heizgerät sein wollte und sein sollte. Sie behielt sich ihren spröden Charme und ist gebraucht eine interessante Tuning-Basis. Fazit: Die alte Z 1000 sollte ein fahraktives Naked Bike sein. Ihr fehlte aber immer die konsequent sportliche Ausrichtung. Die neue Z ist zwar ein gutes Motorrad, aber auch weiter verweichlicht, ist mehr Schwiegermutter-Liebling denn böser Streetfighter. Da werden wieder Erinnerungen an Zeiten vor 2003 wach. Es bleibt also spannend: Kommt die dritte Z 1000-Auflage mit radikalerem Ansatz? Wer weiß...


Vergleichstest Kawasaki Z 1000: Alt gegen Neu (Teil 3)

Daten Kawasaki Z 1000 (Modell 2005) Antrieb: Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 93 kW (127 PS) bei 10000/min*, Bei der neuen gibt es nur einen Endschalldämpfer.

96 Nm bei 8000/min*, 953 cm3, Bohrung/Hub: 77,2/50,9 mm Verdichtungsverhältnis: 11,2:1, Zünd-/Einspritzanlage, 38-mm-Drosselklappen,

mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, U-Kat, SLS Fahrwerk: Stahl-Zentralrohrrahmen, Lenkkopfwinkel: 66 Grad, Nachlauf: 101 mm, Radstand: 1420 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, einstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Zentralfederbein mit Hebelsystem, einstellbar in Federbasis und Zugstufendämpfung, Federweg vorn/hinten: 120/138 mm Bremsen und Räder: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17"/6.00 x 17", Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 190/50 ZR 17, Erstbereifung: Bridgestone BT 019/ BT 012, 300-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten Maße und Gewichte: Länge/Breite/Höhe 2040/760/ 1250 mm, Sitz/Lenkerhöhe 805/1000 mm, Lenkerbreite 705 mm, 223 kg vollgetankt, v./h.: 49,6/50,4 % Hinterradleistung im letzten Gang: 90 kW (122 PS) bei 236 km/h Fahrleistungen: Beschleunigung 0–100/150/200 km/h 3,1/5,6/9,9 s, Durchzug: 50–100/100–150 km/h 5,2/5,4 s Höchstgeschwindigkeit: 245 km/h Verbrauch: Kraftstoffart: Normal bleifrei, Durchschnittsverbrauch: 7,6 Liter, Tankinhalt (davon Reserve): 18/3 Liter, Reichweite: 237 km Preis: 9995 Euro (zzgl. Nk, Stand: 2005)

Kawasaki Z 1000 (Modell 2007) Antrieb: Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 92 kW (125 PS) bei 10000/min*, 99 Nm bei 8200/min*, 953 cm3, Bohrung/Hub: 77,2/50,9 mm, Verdichtungsverhältnis: 11,2:1, Zünd-/Einspritzanlage, 36-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat Fahrwerk: Stahl-Zentralrohrrahmen, Lenkkopfwinkel: 65,5 Grad, Nachlauf: 103 mm, Radstand: 1445 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, einstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Zentralfederbein mit Hebelsystem, einstellbar in Federbasis und Zugstufendämpfung, Federweg vorn/hinten: 120/150 mm Bremsen und Räder: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17"/6.00 x 17", Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 190/50 ZR 17, Erstbereifung: Dunlop D 209 Qualifier „PT“, 2300-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 250-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten, ABS Maße und Gewichte: Länge/Breite/Höhe 2100/830/ 1255 mm, Sitz/Lenkerhöhe 805/1020 mm, Lenkerbreite 705 mm, 236 kg vollgetankt, v./h.: 48,7/51,3 % Hinterradleistung im letzten Gang: 84,5 kW (115 PS) bei 220 km/h Fahrleistungen: Beschleunigung 0–100/150/200 km/h 3,3/6,0/110,6 s, Durchzug: 50–100/100–150 km/h 4,7/4,8 s Höchstgeschwindigkeit: 245 km/h


Verbrauch: Kraftstoffart: Super bleifrei, Durchschnittsverbrauch: 6,9 Liter, Tankinhalt (davon Reserve): 18,5/k. A. Liter, Reichweite: 268 km Preis: 10395 Euro (inkl. ABS, zzgl. Nk)


Vergleichstest Kawasaki Z 1000: Alt gegen Neu (Teil 4)

Wichtigste Änderungen - durchzugsstärkerer und laufruhigerer Motor dank - kleinerer Drosselklappen, zahmerer Steuerzeiten, kürzerer Sekundärübersetzung, Von vorne sehen beide schick aus.

- neu programmierter Einspritzung und neuer Auspuffanlage - geänderte Motoraufnahmepunkte im Rahmen

- steiferes Chassis - längerer Radstand (1445 statt 1420 mm) - größerer Nachlauf (103 statt 101 mm) - längerer Federweg hinten (150 statt 138 mm)radial verschraubte Bremssättel vorn, Wave-Bremsscheiben vorn und hinten - ABS serienmäßig - besser ablesbares Cockpit - größerer Tank - kein Innenkotflügel am Hinterrad, - daher ungeschütztes Federbein - höheres Gewicht (236 statt 223 kg)

Bewertungen Kawasaki Z 1000 (Mod. 2005) Antrieb Was für eine Rübenmühle! Der alte Motor nervt mit brutalen Vibrationen und hat unten herum zu wenig Druck für die Landstraße – zu zweit ein Desaster. Fahrwerk Insgesamt ist die Alte fürs Heizen zu soft abgestimmt. Die Gabel schlägt beinahe im Stand schon durch, das Federbein beginnt schnell zu pumpen. Ergonomie Straff gepolsterte Bank, angenehm gekröpfter Lenker, so passt das. Der Knieschluss am Tank ist allerdings nicht optimal für langes Schnellfahren. Fahrspaß Wer gerne dreht und zwirbelt, findet die alte Z gut. Allerdings passt die zu weiche Fahrwerksabstimmung nicht zu diesem aggressiven Motorcharakter. Urteil Die Alte wäre gern so konsequent sportlich, wie sie aussieht. Doch das weiche Fahrwerk und der unwürdige Motor harmonieren kaum miteinander. Platz: 2/ 12 Punkte

Kawasaki Z 1000 (Mod. 2007) Antrieb Der neue Motor spielt in einer anderen Welt. Druck in der Mitte und unten herum, akzeptable Vibrationen. Die Gasannahme ist leider leicht verzögert. Fahrwerk


Der Hintern der Neuen hängt serienmäßig viel zu tief. Wer das Fahrwerk richtig einstellt, wird mit sattem Feedback und ordentlichen Reserven belohnt. Ergonomie Die fahraktive Sitzposition gefällt, das Platzangebot ist etwas knapper als auf der Vorgängerin. Die Rasten könnten ein Stück weiter hinten sein. Fahrspaß Das hätte besser laufen können. Störrische Erstbereifung, Gewichtszunahme und nach wie vor der 190er am Hinterrad trüben den Landstraßenspaß. Urteil Trotz ihrer Fettleibigkeit ist die neue Z 1000 das bessere Motorrad. Für alles, außer zum Heizen. Auch Zetts werden älter – und gemütlicher. Platz 1/ 15 Punkte


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