the track: axiom | 2014

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The Track: Axiom|2014

Das Kunstsymposion â—? Gleisdorf September & Oktober 2014


The Track: Axiom|2014 Das Kunstsymposion ● Gleisdorf

Wir blicken in einem Dialog zwischen Kunst- und Kulturschaffenden aus Österreich, BosnienHerzegowina und Serbien auf ein Jahrhundert, in das wir zu verschiedenen Momenten hineingeboren wurden. Drei Generationen suchen bei diesem Kunstsymposion Augenhöhe in der Begegnung für eine Verständigung über diese Epoche, in der Imperien versanken und vollkommen neue Vorstellungen entstanden, was wir einander im kulturellen und politischen Gefüge dieser kontrastreichen europäischen Region sind. Dieses Kunstsymposion ist in einer Ereignislinie angeordnet, die sich auf eine Route im realen Raum bezieht. Ich stellte 2006 auf der Landkarte eine Verbindung her: Wien, Beograd, Istanbul. Drei kulturelle Felder mit historischen Wechselwirkungen: Die Lateiner, die Orthodoxen, die Muslime. Impressum kultur.at: verein für medienkultur Florianiplatz 8, 8200 Gleisdorf Covermotiv: Radenko Milak 2014, Text von Martin Krusche

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Michaela Knittelfelder-Lang

Über mehrere Jahre verdichten sich nun im Gravitationsfeld Gleisdorf kulturelle Ereignisse, die in diesem Zusammenhang vitale Querverbindungen nach außen haben. Ab dem Jahr 2007 wurden derlei Schritte konzeptionell enger verzahnt. Eine Ausstellung mit dem Titel „Nobody Wants To Be Nobody“ markierte den Auftakt dessen, was sich in den Jahren darauf als dialogischer Prozeß einlöste. Damit bekam das erste Jahrzehnt des Langzeitprojektes „The Long Distance Howl“ eine kompaktere Struktur. Ich hatte mir zwischen 2002 und 2003 vorgenommen, ein Kräftespiel in Gang zu setzen, um über Wissensarbeit und künstlerische Beiträge in einer kollektiven Praxis mit wechselnden Besetzungen auf einen realen Lebensraum einzuwirken. Kein Event. Keine Intervention. Ein Verlauf im Leben der Men-


2013 an, wo niemandem verborgen blieb: Bald werden wir erneut über die Schüsse von Sarajevo (1914) zu reden haben, über deren Konsequenzen.

Ausschnitte: Radenko Milak

schen einer konkreten Region als Möglichkeitsraum für „The Long Distance Howl“. In den letzten Jahren rückte der Fokus auch über diesen Raum hinaus, richtete sich zunehmend auf Südosteuropa. Im Untergang Jugoslawiens war für uns noch einmal erfahrbar geworden, was das 20. Jahrhundert ideologisch und politisch dominiert hat: Ethnische und nationalistische Konzepte, die zu schweren Krisen führten. Kaum jemand von meinen Leuten verbindet heute etwas mit dem Ort Jasenovac. Also bot sich Srebrenica an, unserem Erinnern wieder auf die Sprünge zu helfen. Doch für Omarska, Trnopolje, Keraterm, Kosarac waren wir gleich wieder taub. Das sind alles keine Angelegenheiten, in denen Zurufe kurzfristig etwas erreichen könnten. So kamen wir mit der Arbeit im Jahr

Nach einem Gleisdorfer Kunstsymposion im Jahr 2012 war für mich klar, es möge vorab einen wachsenden Dialog zwischen Kunstschaffenden und Intellektuellen aus Österreich, Bosnien-Herzegowina und Serbien geben. Da trennten sich einige Wege. Wer eben noch im geistigen Klima der Region eine markante Rolle spielen wollte, die Gegenwartskunst hier als relevante Kraft hervorzuheben gedachte, wies diese Aufgabenstellung zurück, widmete sich der künstlerischen Retrospektive. Dabei ging es bloß um die Zeit nach 1945. Also blieb ich mit einigen regionalen Kräften im Dissens und konzentrierte mich auf die größere Themenstellung, die Betrachung eines Jahrhunderts. Der Abschnitt „The Track: Axiom“ war 2012 initiiert und Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov hielt mit mir an dieser Orientierung fest. Was wir dann 2013 mit „The Track: Axiom|Südost“ in einem nächsten Kunstsymposion manifestiert haben, darf als inhaltliche Arbeit verschiedener Kräfte 3


aus allen drei Ländern gelten. So realisieren wir auch dieses 2014er Kunstsymposion als Work in Progress mit vertrauten Kräften aus Österreich, Bosnien-Herzegowina und Serbien. Dabei ist mir auf südslawischer Seite speziell Selman Trtovac zu einem wesentlichen Gegenüber im Kunstdiskurs geworden. Im laufenden Prozeß spielen Milica Milicevic und Milan Bosnic eine wichtige Rolle. Sie arbeiten als das Duo diSTRUKTURA. Die zwei heurigen Hauptereignisse der Kunst hat Peitler-Selakov mit Radenko Milak und Jelena Juresa besetzt. In der schrittweisen Annäherung an reales Leben über die Kunst, die dieses Programm vollzieht, nimmt schließlich der bosnischen Dichter Muhidin Saric eine besondere Position ein. Der Autor überlebte in den 1990er-Jahren die Konzentrationslager des Raumes Prijedor. Er ist mit seiner radikalen Innenansicht einiger unserer Themen ein wertvoller Gast, den wir in unserer Mitte willkommen heißen, um jener Soldateska zu antworten, die ihn und andere auslöschen wollte. Diese Antwort lautet: Wir sind immer noch da, den Menschen und der Kunst zugetan, während 4

Muhidin Saric

man sich von euch und euren Taten nur abwenden kann. Ihr seid ein Fall für die Gerichte. Darüber hinaus muß keiner eurer Namen notiert werden. Außerdem gehen wir im Rahmen des Symposions mit Ida Kreutzer und Jaqueline Pölzer erneut in die „Kriegsküche“ um die Frage nach „Brot und Kuchen“ à la 1914 noch einmal auszuloten. Dieses Kunstsymposion erstreckt sich mit Pausen über die Monate September und Oktober 2014. Es ist in etliche andere Bereiche verzweigt. Dazu gehört eine Reihe von Tagungen, die einerseits den Fragen der Kulturpolitik, andererseits dem Kunstdiskurs gewidmet sind. Wir kooperieren dabei mit dem „Netzwerk Salzkammergut“, wo auch eine Konferenz stattfindet, sowie mit dem Eisenerzer Projekt „Rostfest“.


Deutungen der regionalen Alltagskultur. Während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich in der Oststeiermark die agrarische Welt sowie handwerkliche und industrielle Optionen intensiv mit Formen urbanen Lebens verknüpft. Dazu ist heuer unser Kuratorium für triviale Mythen mit „Mythos Puch“ aktiv. Im Wechselspiel all dieser Themen und Genres wird „The Long Distance Howl“ im zweiten Jahrzehnt des Prozesses langsam von „The Track: Axiom“ zu „The Track: Pop“ übergeleitet.

Aus „Mira“ von Jelena Juresa

Wir sind bestrebt, der Öffentlichkeit klar zu machen, daß wir Kunst- und Kulturschaffende der Regionen längst nicht mehr in einem Referenzmodell des Verhältnisses Zentrum-Provinz arbeiten, sondern die Konzepte für unser Vorgehen aus den eigenen Erfahrungen und Kompetenzen ableiten. Zu diesem speziellen Thema (Zentrum-Provinz) werden wir einen Themenabend mit Kulturminister Josef Ostermayer anbieten. Wir verknüpfen die Erörterung von Kunst und Kultur ferner mit

Über den Kulturpakt Gleisdorf ist dieser künstlerische Verlauf mit soziokulturellen Vorgängen in der Stadt und in der Region verknüpft. Dabei wurde der TIP Tourismusverband Gleisdorf zu einem Angelpunkt für die Verbindung zwischen den verschiedenen Genres. Auf solcher Praxisebene der Regionalentwicklung unterstreicht die Kooperation von Kunst Ost und dem kultur.at: verein für medienkultur einen Arbeitsschwerpunkt, der für die kommenden Jahre mit folgender Themenstellung überschrieben ist: Die Ehre des Handwerks Das Gewicht der Kunst Der Geist in der Maschine 5


The Track: Axiom|2014

Das Kunstsymposion ● Gleisdorf

● 12. September 2014 19:00 Uhr, Radenko Milak (BiH): „Beyond Memory“, Vernissage, Kuratorin: Mirjana Peitler-Selakov (SRB/A) Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov und Galerist Pierre Courtin

Ein Text von Martin Krusche zum Zischenstand von „The Long Distance Howl“ zum aktuellen Kunstsymposion. Alle Details zum 2014er Kunstsymposion und zur Zusammenarbeit mit den hier genannten Einrichtungen finden Sie im Internet unter: The Track: Axiom|2014 www.van.at/track/ set12axiom/2014/

● 17. September 2014 16:00 Uhr, Kunst-Konferenz, Impulsreferat: Selman Trtovac (SRB) Anmeldung erforderlich! ● 18. September 2014 16:00 Uhr, Kunst-Konferenz, Impuls-Session: „Rostfest“, Anmeldung erforderlich! ● 23. September 2014 19:00 Uhr, „Zentrum/Provinz“: Konferenz mit Kulturminister Josef Ostermayer, Anmeldung erforderlich! ● 27. September 2014 15:00 Uhr, Ida Kreutzer & Jaqueline Pölzer: „Brot und Kuchen“ Experimentelle Session & Diskurs zur Kriegsküche 1914 Außenstelle Brodingberg, Anmeldung erforderlich! ● 18. Oktober 2014 19:00 Uhr, Jelena Juresa (SRB): „Mira, Study for a Portrait“, Vernissage & Buchpräsentation. Kuratorin: Mirjana Peitler-Selakov Lesung: Muhidin Saric (BiH)

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Martin Krusche

● 20. Oktober 2014 16:00 Uhr, Kunst Ost, die abschließende Konferenz (Koordination: Günther Marchner), Anmeldung erforderlich! ● 21. Oktober 2014 17:00 Uhr, Regionale Kulturkonferenz (Koordination: Iris Absenger-Helmli), Anmeldung erforderlich! ● 24. Oktober 2014 16:00 Uhr, Round Table: „Räume“ (Werkstatt, Atelier und Museum/ Galerie), Koordination: Martin Krusche, Impulsreferat: Anja Alexandra Weisi-Michelitsch, Anmeldung erforderlich! ● 31. Oktober 2014 14:00 Uhr, Workshop: „Gegenwartskunst – Kulturarbeit – Regionalentwicklung“, Koordination: Günther Marchner im EIKE-Forum Woferlstall in Bad Mitterndorf

Veranstalter; Netzwerk Salzkammergut, Anmeldung erforderlich! ● September/Oktober 2014 Irmgard Hierzer, Michaela Knittelfelder-Lang, Martin Krusche und Herta Tinchon im Dialog mit Sigrid Meister: „9.500.000“, Installation im Geschichtsraum des Museum im Rathaus, über die gesamte Symposions-Laufzeit Siehe das extra Heft dazu! ● Online „Monitoring Foreign Ground“, Running Code on diSTRUKTURA (SRB) Repräsentanz im Internet: www.van.at/track/ set12axiom/2014/distruktura/ The Track: Axiom|2014 www.van.at/track/ set12axiom/2014/ 7


Martin Krusche

The Track: Axiom|2014

Das Kunstsymposion ● Gleisdorf Das heurige Teilprojekt „The Track: Axiom|2014“ ist auf einen Dialog Kunst- und Kulturschaffender aus BosnienHerzegowina, Österreich und Serbien angelegt; wie im Vorjahr in „The Track: Axiom|Südost“ initiiert. Diese aktuelle Position zum Auftakt des zweiten Jahrzehnts im Langzeitprojekt „The Long Distance Howl“ finden Sie im Internet dokumentiert unter: www.van.at/track/set12axiom/2014/

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