ES SCHNEIT IM APRIL - EINE PASSION UND EIN OSTERFEST

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EINE PASSION UND EIN OSTERFEST ZUM 100. JAHRESTAG DES VÖLKERMORDS AN DEN ARMENIERN

7.März-25.april 2015

SONDERHEFT


SONDERHEFT

In einem seiner bekanntesten Lieder singt Komitas V ­ ardapet, der »die Stimme der Armenier« genannt wurde: »Es ist ­Frühling, aber es liegt Schnee«. Es war ein kaltes Frühjahr 1915 in ­Anatolien, mitten in den ­armenischen Frühling brach die Kälte des Todes und der Vernichtung ein. Der Völkermord an den Armeniern fand seine schreckliche Fortschreibung im Schwei­ gen. Komitas verstummte nach 1915. Aurora ­Mardiganian, ­Hauptdarstellerin im Film über ihr eigenes Überleben, zog sich traumatisiert von der Öffentlichkeit zurück. Vor 100 Jahren, am 24. April 1915 wurden 200 armenische ­Intellektuelle in Konstantinopel, der Hauptstadt des ­Osmanischen Reiches, entsprechend einer Namensliste verhaftet und ins zen­ trale Gefängnis gebracht. Unter ihnen war auch Komitas. 162 von ihnen verloren ihr Leben. Diese Verhaftungswelle nahm dem Volk seine Stimme und markierte den Beginn des ­Völkermords an der armenischen Bevölkerung. Seitdem gibt es immer wieder KünstlerInnen, JournalistInnen, AutorInnen und mutige PolitikerInnen, die sich auf die Suche nach den verlorenen Stimmen begeben. Ihnen widmet das ­Gorki einen Frühling mitten in Berlin. Von Jugend an be­gleitet mich der Völkermord als Wunde in der Geschichte. Seit dem Mord an Hrant Dink 2007 empfinde ich es als Auftrag, den S ­ timmen gegen die Stille einen Ort geben zu können, an dem sie sich begegnen und hörbar werden. Denn wenn es überhaupt ­eines Anlasses für Theater bedarf, dann ist dies einer der ­wichtigsten: das Schweigen öffentlich zu ­brechen und Geschichte mit den Spannungen der Gegenwart in Kontakt zu bringen, indem man sie persönlich nimmt. Dafür, dass wir dies in den kommenden 40 Tagen, insbesondere zu Ostern, im ­Gorki er­leben können, danke ich von Herzen den KünstlerInnen:

In one of his most famous songs, Komitas Vardapet, called »the voice of the Armenians«, sings »It is spring, but snow has f­allen«. It was a cold springtime in 1915 in Anatolia; into the m ­ iddle of the Armenian spring broke the chill of death and d ­ estruction. The mass murder of the Armenians found its terrible continuation in silence. Komitas fell silent after 1915. Aurora M ­ ardiganian, l­eading actress in the film about her own survival, retreated t­raumatized from public life. 100 years ago, on the 24th of April 1915, 200 Armenian in­tel­ lectuals in Constantinople, the capital of the Ottoman ­Empire, were arrested according to a list of names and taken to the central prison. Among them was Komitas. 162 of them lost their lives. This wave of arrests marked the beginning of the mass murder of the Armenian people. Since that moment there have always been artists, journalists, writers and courageous politicians who have gone in search of the voices that was lost. The Gorki is dedicating a spring to them in the middle of Berlin. The mass murder has followed me as a wound in history since my youth. And since the murder of Hrant Dink in 2007, I consider it my duty to give voices against the silence a place where they can meet and be heard. Because if there is a need for theatre at all, then this is one of its most important tasks: to break the silence publicly and, by ­taking ­history personally, connect it with the tensions of the ­present. For allowing us to experience this in the Gorki over the next 40 days, especially during Easter, I would like to express my heartfelt gratitude to these artists:

ACHOT ACHOT, Ayham Majid Agha, DOĞAN AKHANLI, FATIH AKİN, DEVRIM ­A KKAYA, S ­ ebastian Albert, JUDICA ALBRECHT, ÖZCAN ALPER, Oscar Apfel, Naselié Asatryan, Don A ­ skarian, Serge A ­ vedikian, Ulzhan B ­ aybusinova, M ­ ARIA BEDOIAN, Randy Bell, Nigol B ­ ezjian, ANNA BÖGER, REINHOLD BÖH, ­ YERVANT ­B OSTANCI, OĞUZ B ­ ÜYÜKBERBER, NURAN DAVID CALIS, JEAN MARIE CASBARIAN, Ç­ IPLAK ­AYAKLAR ­KUMPANYASI, Hayk Demoyan, SILVINA DER-MEGUERDITCHIAN, ŞEYHMUS DIKEN, L­ USIN DINK, ARA D­ INKJIAN, ­ ONNIK DINKJIAN, DANIEL DORSCH, ARMENUHI ­D ROST-ABGARJAN, REGINE DURA, ­F runzen ­D ovlatyan, ATOM EGOYAN, Dietrich E­ ichholtz, HAROUT ­E KMANIAN, KNUT ­E LSTERMANN, ADRIAN FIGUEROA, MARINA FRENK, Sascha Friedl, HENNING FRITSCH, ARCHI ­GALENTZ, Carla garapedian, SOPHIA GASPARIAN, GODEHARD G ­ IESE, Amill Gorgis, Jürgen Gottschlich, Chatschatur Kanajan, KARNIK ­G REGORIAN, ­K EVORK ­G REGORIAN, EROL ­G URIAN, ­W olfgang Gust, CORRY GUTTSTADT, D­ UYGU ­G ÜNGÖR, SERKAN HALIL, V­ IOLA ­H ASSELBERG, VAHAGN ­H AYRAPETYAN, Garin K. ­H ovannisian, Pierre Hecker, MARDIN ARI HERGEL, ERKAN KANAT, OSMAN KAVALA, FRED KELEMEN, Ezgi Kilinçaslan, HARUTYUN K­ HACHATRYAN, Arsinée Khanjian, suzanne Khardalian, Andreas Klumpf, OSMAN KÖKER, HANS-WERNER ­K ROESINGER, THOMAS KRÜGER, Jelena Kuljic, BÜLENT ­KULLUKCU, Henrik Malyan, Johannes ­L auer, Alina Manoukian, ­A RTYOM ­M ANUKYAN, KARINE M ­ ATSAKIAN, Sven Möller, HAKAN SAVAŞ MİCAN, C­ ynthia Micas, Alec Mouhibian, Rafik Movsisyan, Eric N­ azarian, MIKAYEL O ­ HANJANIAN, Osman O ­ kkan, VARDAN OVSEPIAN, AYUMI PAUL, SUSANNA P­ ERDIGHE, ­K ATERINA ­P OLADJAN, C­ hristin ­P schichholz, Aleksandar Radenković, RUTH ­R EINECKE, Esra Rotthoff, RON ­R OSENBERG, Lars Rudolph, Taner Şahİntürk, levon ­S argsyan, THOMAS SCHMIDT, Maria S ­ chneider, FALILOU SECK, KIM ­SELIGSOHN, Marc Sınan, NICOLA ­SCHÖSSLER, Anneliese ­Spangenberg, Gottfried ­S pangenberg, ARAM ­TAFRESHIAN, LAJOS ­TALAMONTI, VAHE TASCHJIAN, ­E RTAN TEKIN, SESEDE ­T ERZİYAN, MIHRAN ­T OMASYAN, GARINÉ ­T OROSSIAN, I­ SCHCHAN ­T SCHIFTDSCHJAN, Selin Tunç, ARTO TUNÇBOYACİYAN, ISABEL V­ OLLRATH, V­ ALERIE VON ­S TILLFRIED, ARMIN WIESER, Ara Y­ ernjakyan, TILL ­W ONKA, MEHMET YİLMAZ, Rolf Zielke, FILIP ZORZOR UND VIELEN ANDEREN. Shermin Langhoff


PROLOG

Weiterdenken Zum 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern a passion and an easter celebration 100 years after the mass murder of the armenians Vor 100 Jahren, im April 1915, wurde mit der systematischen Deportation und Vernichtung der Armenier im osmanischen Reich begonnen. Das Deutsche Reich war an der ideologi­ schen Vorbereitung, der logistischen Planung und der struktu­ rellen Auswertung beteiligt. Doch trotz der Mitverantwortung spielt der Völkermord im öffentlichen Bewusstsein in Deutsch­ land bis heute kaum eine Rolle. Wie erinnert, wie erzählt man von Verbrechen, die vor 100 Jahren begangen wurden? Die Dimension der Deportation der armenischen, syrianischen und griechisch-orthodoxen Christen kann weder in Statistiken noch in Fotos von den Gräueltaten erfasst werden. Deshalb gilt es, 100 Jahre danach nicht eines fernen historischen Ereignisses zu gedenken, sondern die Strukturen, die es möglich machten, offenzulegen und damit den Bezug zu unserer von Konflikten beherrschten Gegenwart herzustellen. Es gilt heute, die Op­ fer beim Namen zu nennen und zu beklagen, aber auch die Geschichten vom Weiterleben zu erzählen. Mit Es schneit im April wird sich das Gorki gemeinsam mit Gästen aus aller Welt 40 Tage lang thematisch dem Völkermord am armenischen Volk widmen. Erinnern und Überleben sind Formen von Wi­ derstand, von diesem Widerstand, von Leid und Leidenschaft wollen wir erzählen. Dabei werden die künstlerischen Formen des Umgangs mit dem Thema höchst unterschiedlich sein. So wird beispiels­ weise das Schicksal von Aurora Mardiganian in drei unter­ schiedlichen Weisen präsentiert: Aurora Mardiganian flüch­ tete 14jährig vor dem Völkermord in die USA, wo sie ihre Lebensgeschichte und das Elend ihres Volkes 1918 in dem Buch Ravished Armenia veröffentlichte. Kurz darauf wurde das Buch in Hollywood verfilmt – mit ihr in der Hauptrolle. Der Film war ein kommerzieller Erfolg, doch Aurora ­Mardiganian litt unter dem Trubel um ihre Person. Im Laufe der Wirren der folgenden Jahre ging der Film verloren, sodass heute nur noch etwa 22 Minuten davon erhalten sind. Die Fragmente sind in Restauration und werden am 7. März die Filmreihe eröffnen, die Fred Kelemen unter dem Titel Anrufung ku­ ratiert hat. Die armenische Schauspielerin Arsinée K ­ hanjian aus Toronto wird aus dem vollständig überlieferten Original­ skript eine Lesung für die große Bühne erarbeiten, während der Filmregisseur Atom Egoyan in seiner V ­ ideoinstallation vor dem ­Gorki den Text Ravished ­Armenia von sieben Models sprechen lässt und so thematisiert, dass Aurora Mardiganian nach ihrem Zusammenbruch von sieben ähnlich aussehen­ den Auroras bei der Werbetour für den Film ersetzt wurde. Im Zentrum von Es schneit im April aber stehen zwei Thea­ terarbeiten auf der großen Bühne: Hans-Werner ­Kroesingers Dokumentartheater-Projekt zu Franz Werfels Musa Dagh und das Musiktheater Komitas von Marc Sinan. Fred K ­ elemen ku­ ratiert eine Filmreihe zum Thema. Über Ostern wird ein fünf­ tägiges Erzählfest stattfinden, das unterschiedliche Stimmen und Geschichten im Gorki sammelt. So vielfältig die Biogra­ phien und Schicksale, so unterschiedlich auch die Erzählfor­ men auf der Suche nach Geschichten neben der Geschichte, nach dem Leben und dessen Erinnerbarkeit.

100 years ago in April 1915 the systematic deportation and extermination of the Armenian people in the Ottoman Empire was begun. The German Empire was involved in the ideologi­ cal preparation, logistical planning and structural analysis. But despite this joint responsibility, the mass murder of the Armenians has played little role in German public conscious­ ness up to the present day. How can one remember, how does one tell of a mass murder that took place 100 years ago? The scope of the deportation of Syrian and Greek Or­ thodox Christians cannot be conveyed through statistics, or photos of the atrocities. Therefore, 100 years later, the chal­ lenge is not to memorialise a distant historical event, rather to reveal the structures that enabled it and discern its conse­ quences for our present that is dominated by conflict. Today we have to name and mourn the victims, but also to tell of the survival of individuals and their history. Over 40 days we are dedicating ourselves with Es schneit im April (It snows in April) to the subject of the mass murder of the Armenian people. Remembering and surviving are resistance; we want to communicate this resistance, this suffering and fervour. As part of this, the artistic approaches to dealing with the subject will be highly diverse. Thus, for example, the fate of Aurora Mardiganian will presented in three different ways: at 14 years old Aurora Mardiganian fled from the mass murder to the U.S., where she published her life story and the plight of her people in the book Ravished Armenia in 1918. Shortly thereafter, the book was made into a film in Hollywood­— star­ ring Mardiganian in the lead role. The film was a commercial success, but Aurora Mardiganian suffered from the pres­ sures of celebrity. During the turmoil of the following year, the film was lost, meaning that only about 22 minutes have survived to today. The fragments are now being restored and will be screened by Fred Kelemen as the opening of the film ­series Anrufung on March 7th. The Armenian actress A ­ rsinée ­Khanjian from Toronto, on the other hand, is developing a staged reading for the main stage, whereas the Armenian film director Atom Egoyan will have seven models recite the text of Ravished Armenia in his video installation in front of the Gorki. He thereby addresses the substitution of Aurora ­Mardiganian by seven similar-looking Auroras during the pro­ motional tour for the film after her breakdown. At the centre of It snows in April, however, are two perfor­ mances on the main stage—Franz Werfel's Musa Dagh a ­documentary theatre project by Hans-Werner Kroesinger, and the music theatre piece Komitas by Marc Sinan—as well as the series of films curated by Fred Kelemen. In addition, a five-day storytelling celebration will take place over Easter, for which we are gathering diverse voices from all around the world, who unite the stories of the Armenian diaspora. The biographies and destinies are as diverse as the narrative forms are varied in search of the stories beside the history, for life and that which makes it unforgettable.

Aljoscha Begrich

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ArsinĂŠe fotografiert von Esra Rotthoff


KEYNOTE

A Century Has Passed And...

The Struggle For Justice Continues! VON HAROUT EKMANIAN

Two years ago, when I visited Berlin in a single day trip for the first time, my friends couldn't understand why I was looking for Hardenbergstrasse out of all those interesting places in this beautiful city. Coming from different back­ grounds, they've respected my wish, but they couldn't hide how weird that was for them. However, it was a very natural thing for a person, who played in a performance when he was a scout boy, depicting events happened in Hardenbergstrasse, where Soghomon Tehlirian— an Armenian Genocide survivor who lost everyone and eve­ rything—assassinated Talaat Pasha, one of the masterminds of the Armenian Genocide. I took a photo at Hardenbergstrasse, which later connected together several dots, spread between different times and spaces, from Western Armenia to Berlin, Aleppo, Istanbul, Kobane, Karabakh, Armenia and back to Berlin. After the Armenian Genocide, my grandparents from Siverek took refuge in Aleppo, then they moved to Kobane, a small town near the border with Turkey, where it was easier to sur­ vive for a family of two orphans and a widow. Decades later, my father was also born in Kobane. 50 years ago, this town had two schools, two churches, multiple cultural, youth and sport clubs. Who could imagine back then that this small quiet bordertown would attract the world's attention, by be­ coming the apple of discord between local Kurdish resis­ tance and the greatest evil of our times »The Islamic State.« Who could tell that this small town that was mainly compo­ sed of Armenian Genocide survivors, would witness similar atrocities after one hundred years. A century has passed, but we've learned so little.

A century has passed, but we've learned so little. My father visited Kobane for the last time 10 years ago. But he's never seen his father's birthplace and ancient home­ land Siverek, where our great grandparents owned vineyards. Our family name is derived from the word vineyard in Arme­ nian. In 2010, on my way from Aleppo to Yerevan, I stopped at Siverek for a day. I wandered in those vineyards trying to find traces of a lost civilization. I was desperately looking for the footsteps of my forefathers. Watching the plunder of the Armenian Genocide with bare eyes, made the widely propagated »shared pain« narrative in Turkey sound even more cynical. Honestly, being there helped me so little. Our modern urban lifestyle was no match for the Armenian villa­ ge life before the great catastrophe in 1915.

However, I found more pieces of Armenian identity in I­stanbul, a few months later, when I was there for co­ vering news about the April 24th commemorations in 2011 in ­ Turkey. While promenading in Pera streets, today's Beyoğlu, near the Bosphorus and in every neighborhood you can still feel the presence of the many writers, poets, architects, lawyers and journalists, who shaped the life in the Ottoman Empire's capital, and later became the cor­ nerstones of A ­ rmenian identity and culture spread around the world. » ­ Armenian Genocide« commemorations is often called » ­ April 24« commemorations, because most of these ­intellectuals were arrested in hundreds and driven into their violent death on this date in 1915. On the 24th of April 2011, when I was in Istanbul, an Arme­ nian conscript in the Turkish Army was killed in duty by his Turkish comrade. Official news reported that he was killed during a rough horseplay with his friend, whose name was kept secret for the first few days to protect him. The murde­ rer is known now, but he is still unpunished until today, just like the murderers of Istanbul-Armenian journalist Hrant Dink, who was assassinated at his newspaper's doorstep in daylight in central Istanbul. The atmosphere of terror and fearful whispers in the Armenian soldier's funeral was so reminiscent to the memoirs of genocide survivors. A century has passed, but things have changed so little.

A century has passed, but things have changed so little. A century has passed and these troubled lands haven't found peace yet. Aleppo, which welcomed thousands of Armenian Genocide survivors after the First World War and gave a se­ cond life for a martyred nation, it is today in the eye of the storm. Syria also welcomed refugees from Palestine, Leba­ non, Iraq and many other places, but it is today the world's number one country where refugees come from. Some of them are now here in Germany. It is out of imagination how hard it is for the descendants of a generous people to be in need and disparity. Speaking about the Syrian nightmare, there has been also many pages of heroism too. During the past 60 months Syrians stood up for their dignity, for defending their ­ ­freedom, they defied extremism but yet they bore all its di­ abolic consequences. For its multiple similarities with past and present experiences, I would like to mention the fight of survival and existence by Kurds in Kobane, out of many

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other examples. How similar is their cause to the cause of the Armenians a 100 years ago on those same lands between Sassoun and Musa Dagh, and how similar it is to the self determination of Armenians in Karabakh after the break-up of the Soviet Union. The roots of so many of our current problems come from the culture of impunity created after the Armenian Genocide in 1915. Think about it: What would Turkey be like today if Talaat Pasha was tried and punished in Turkey, instead of Armenians having to secure justice in Hardenbergstrasse? Would we see his monuments and his name on schools and streets in every corner in Turkey? Would Turkish society be less intolerant? Would there be worshipers of Talaat ­Pasha and other criminals? Would there be a committee in his name that tours Europe to deny the Armenian Genocide and would there be a government in Turkey that supports these people in Human Rights courts? The list is very long … A century has passed but we're still fighting for truth, justice and freedom. No matter how much grim the situation might seem today, but the forces of peace and justice are ever stronger and they have more allies from all around the world. A picture is worth a thousand words, they say. Every year, in April, Armenians commemorate the first Genocide of the 20th century, putting heart wrenching pictures on the web among other activities. On the occasion of the 100th an­ niversary of the Genocide, hundreds of new horrible pho­ tos of slaughtered men, starving children and women are posted everywhere; pictures of utter misery and destitution. Today, I wanted to share with you a different kind of picture. A ­picture of a shared struggle, instead of a »shared pain.« A picture that puts all of us together in the fight against ­racism, and the restitution of human rights and dignity. Keynote on the occasion of the opening of Es schneit im April—Eine Passion und ein Osterfest on the 7th of March 2015 at the Maxim Gorki Theatre.

Ein Jahrhundert ist vergangen und ... Der Kampf um Gerechtigkeit dauert an! Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal Berlin für einen ein­ zigen Tag besuchte, verstanden meine Freunde nicht, war­ um ich von all den interessanten Orten in dieser schönen Stadt ausgerechnet die Hardenbergstraße 17 sehen wollte. Sie respektierten meinen Wunsch, konnten aber nicht ver­ hehlen, wie seltsam es ihnen erschien. Aber für jemanden, der als Pfadfinderjunge in einem Theaterstück auftrat, das die Geschehnisse des 15. März 1921 in der Berliner Hardenbergstraße wiedergab, als Soghomon Tehlirian – ein Überlebender des Völkermords an den Armeniern, der al­ les und jeden verloren hatte – Talaat Pascha, einen der Hauptverantwortlichen dieses Völkermords, erschoss, war dies ein ganz natürlicher Wunsch. In der Hardenbergstraße machte ich ein Foto, das später mehrere Punkte, die durch Zeit und Raum getrennt waren, miteinander verknüpfen sollte: von Westarmenien bis Berlin, Aleppo, Istanbul, Kobane, Karabach, Armenien und zurück nach Berlin. Nach dem Völkermord an den Armeniern flüchteten meine Großeltern aus Siverek nach Aleppo; später zogen sie nach Kobane, einer kleinen Stadt in der Nähe der türkischen Grenze, wo das Überleben für eine Familie, die nur noch aus einer Witwe und zwei Waisen bestand, einfacher war. Jahrzehnte später wurde auch mein Vater in Kobane gebor­ en. Vor fünfzig Jahren hatte diese Stadt zwei Schulen, zwei Kirchen und viele Kultur-, Jugend- und Sportclubs. Wer hätte sich damals vorstellen können, dass diese ruhige, kleine Grenzstadt die Aufmerksamkeit der Welt erregen würde, indem sie zum Zankapfel zwischen dem lokalen kurdischen Widerstand und dem größten Übel unserer Zeit, dem »Islamischen Staat«, wurde? Wer hätte gedacht, dass diese Kleinstadt, die vor allem Überlebende des Völker­ mords an den Armeniern beherbergte, nach hundert Jah­ ren ähnliche Grausamkeiten erleben würde? Ein Jahrhun­ dert ist vergangen – wie wenig haben wir gelernt.

Ein Jahrhundert ist vergangen – wie wenig haben wir gelernt. Mein Vater besuchte Kobane zum letzten Mal vor zehn Jah­ ren. An dem Geburtsort und in der Heimat seines Vaters, Siverek, ist er jedoch nie gewesen. 2010, als ich auf dem Weg von Aleppo nach Jerewan war, machte ich einen Tag in Siverek Rast. Unsere Urgroßeltern hatten hier Weinberge besessen und auch unser Familienname »Ekmanian« leitet sich vom armenischen Wort für »Weinberg« ab. Ich wan­ derte durch die Weinberge von Siverek und versuchte, ein­ er verlorenen Zivilisation nachzuspüren. Verzweifelt suchte ich nach den Fußstapfen meiner Vorväter. Die in der Türkei propagierte Geschichte vom »geteilten Schmerz« erschien mir noch zynischer, als ich die Plünderungen des Völker­ mords mit eigenen Augen sah. Um ehrlich zu sein, half es mir sehr wenig, dort zu sein. Unser moderner, städtischer Lebensstil passt nicht zu dem armenischen Dorfleben vor der großen Kata­strophe von 1915. Ein paar Monate später fand ich weitere Spuren armen­ ischer Identität in Istanbul, wo ich mich 2011 aufhielt,


KEYNOTE

um über die Gedenkfeiern zum 24. April in der Türkei zu berichten. Beim Spaziergang durch die Straßen von Pera – heute Beyoğlu genannt – kann man am Bosporus und in jedem Viertel die Geister der vielen Schriftsteller, Di­ chter, Architekten, Juristen und Journalisten spüren, die das Leben in der Hauptstadt des Osmanischen Reichs bestimmten und die später die Grundsteine der armenis­ chen Identität und Kultur legen sollten, die sich in der ganzen Welt verbreiteten. Gedenkfeiern anlässlich des Völkermords an den Armeniern werden oft Gedenkfeiern zum »24. April« genannt, weil diese Intellektuellen zu Hunderten an diesem Tag im Jahre 1915 verhaftet und in den gewaltsamen Tod getrieben wurden. Am 24. April 2011 wurde ein armenischer Wehrdien­ stleistender in der türkischen Armee im Dienst von einem türkischen Kameraden getötet. Laut offiziellen Berichten wurde er während einer freundschaftlichen Rauferei mit seinem Freund getötet, dessen Name in den ersten Tagen geheim gehalten wurde, um ihn zu schützen. Heute ist der Mörder bekannt, aber er ging ungestraft aus, genau wie die Mörder des armenischen Journalisten Hrant Dink, der auf der Schwelle seines Verlagshauses im Zentrum Istanbuls am hellichten Tag ermordet wurde. Die Atmos­ phäre des Schreckens und das verängstigte Flüstern während des Begräbnisses des armenischen Soldaten weckten viele Erinnerungen bei den Überlebenden des Völkermords. Ein Jahrhundert ist vergangen – so wenig hat sich geändert.

Ein Jahrhundert ist vergangen – so wenig hat sich geändert. Ein Jahrhundert ist vergangen, und die gepeinigten Gebi­ ete haben immer noch keinen Frieden gefunden. Aleppo, das nach dem Ersten Weltkrieg Tausende von Überle­ benden des Völkermords an den Armeniern aufnahm und einer gemarterten Nation ein zweites Leben ermöglichte, befindet sich heute erneut im Auge des Orkans. Syrien hat über Jahre Flüchtlinge aus Palästina, dem Libanon, Irak und vielen anderen Ländern aufgenommen, aber heute ist es das Land, aus dem die meisten Menschen fliehen. Manche davon befinden sich heute hier in Deutschland. Man kann sich nicht vorstellen, wie schwer es für die Nachfahren eines großzügigen Volkes ist, in Not und Un­ gleichheit geraten zu sein. Und da wir vom Alptraum Syriens sprechen: Hier hat es auch viele heldenhafte Taten gegeben. Während der ver­ gangenen sechzig Monate sind syrische Bürger für ihre Würde eingetreten, haben ihre Freiheit verteidigt, dem Extremismus getrotzt und doch seine ganzen teuflischen Konsequenzen ertragen. Weil er so viele Ähnlichkeiten mit vergangenen und gegenwärtigen Erfahrungen aufweist, würde ich gern den Überlebens- und Existenzkampf der Kurden in Kobane erwähnen – als eines von vielen Beispielen. Wie sehr gleicht ihr Fall dem der Armenier vor hundert Jahren in demselben Gebiet zwischen Sason und Musa Dagh, und der Selbstbehauptung der Armenier in Karabach nach dem Zerfall der Sowjetunion. Viele unserer gegenwärtigen Probleme wurzeln in der Kultur der Straflosigkeit, die nach dem Völkermord an den Armeniern 1915 entstand. Man stelle sich vor: Wie sähe die Türkei heute aus, wenn Talaat Pascha nicht von

der Deutschen Regierung in einer Geheimoperation nach Deutschland geholt worden wäre, um der Strafverfolgung zu entgehen, sondern er in Anwesenheit in der Türkei vor Gericht verurteilt und das Urteil der Todesstrafe an ihm vollstreckt worden wäre, statt dass ein Armenier auf der Hardenbergstraße Gerechtigkeit herstellen musste? Würden wir an jeder Ecke der Türkei seine Denkmäler und seinen Namen auf Schulen und Straßenschildern se­ hen? Wäre die türkische Gesellschaft weniger intolerant? Würden Talaat Pascha und andere Kriminelle verehrt? Gäbe es ein Kommittee in seinem Namen, das durch Europa reist, um den Völkermord an den Armeniern zu leugnen, und gäbe es in der Türkei eine Regierung, die diese Leute vor den Gerichtshöfen für Menschenrechte verteidigt? Die Liste ist sehr lang ... Ein Jahrhundert ist vergangen, aber wir kämpfen immer noch um Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit. Aber egal, wie düster die Situation heute aussehen mag, die Kräfte für Frieden und Gerechtigkeit sind stärker, und sie haben mehr Verbündete auf der ganzen Welt. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heißt es. Jedes Jahr im April gedenken die Armenier des ersten Völker­ mords des 20. Jahrhunderts und stellen herzzerreißende Bilder ins Netz. Am 100. Jahrestag des Völkermords werden überall neue, schreckliche Fotografien von nieder­­ gemetzelten Männern, verhungernden Kindern und Frauen gepostet werden; es sind Bilder heillosen Elends und Not. Ich möchte mit Ihnen ein anderes Bild teilen: Das Bild eines gemeinsamen Kampfes, statt eines des »geteilten Schmerzes«. Ein Bild, in dem wir alle zusam­ men gegen Rassismus kämpfen, für die Wiederherstel­ lung der Menschenrechte und Würde. Keynote zur Eröffnung des Themenschwerpunktes Es schneit im April – Eine Passion und ein Osterfest am 07. März 2015 im Maxim Gorki Theater.

HAROUT EKMANIAN lawyer and journalist, had worked with Middle Eastern and Western media for years prior to the beginning of the war in Syria. He has lived in Armenia for over three years and works at ­CivilNet.TV, an Internet TV channel that serves as a platform for discourse on issues facing Armenia and the region. Harout Ekmanian produces reports on Turkey and the Middle East, focusing on regional dialogue among experts and stakeholders, including Armenians, Turks, Kurds and Arabs. He has been reporting on the conflict in Syria and on refugees' situation. Ekmanian has a broad perspective on old and new struggles for identity and dominance in the region.

HAROUT EKMANIAN Anwalt und Journalist, arbeitete viele Jahre vor dem Krieg in Syrien für Medien im Mittleren Osten sowie im Westen. Er hat in Armenien für mehr als drei Jahre gelebt und ist für CivilNet.TV, einen Internet TV-Kanal, tätig, welcher als Diskursplattform für Konflikte in Armenien und der Region fungiert. Harout Ekmanian verfasst Berichte über die Türkei und den Mittleren Osten, in denen er vor allem über den regionalen Dialog zwischen Experten und Beteiligten wie Armeniern, ­Türken, Kurden und Arabern schreibt. Er hat sich außerdem der ­Situation der Flüchtlinge in Syrien gewidmet. In der Diskussion um alte und neue Kämpfe für Identität und Dominanz in der Region nimmt Ekmanian eine weitreichende Perspektive ein.

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Aram fotografiert von Esra Rotthoff


PREMIERE

PREMIERE 07. MÄRZ 2015

Musa Dagh

Tage des Widerstands

EIN DOKUMENTARTHEATER VON HANS-WERNER KROESINGER FREI NACH DEM ROMAN DIE VIERZIG TAGE DES MUSA DAGH VON FRANZ WERFEL

FRANZ WERFEL, 1890 in Prag gebo­ ren, war mit Max Brodt und Franz Kafka befreundet, wurde als Soldat in den 1. Weltkrieg eingezogen und lebte anschlie­ ßend in Wien. 1930 macht er eine Nah­

1915 wurde über eine Million Armenier im Osmanischen In 1915 over a million Armenians were tortured, mur­ ostreise, begegnet armenischen Flüchtlin­ Reich deportiert, gefoltert und ermordet. Franz Werfel dered and displaced from their villages and homes in the gen und beginnt, an Die vierzig Tage des schrieb über diese Vorgänge 1933 seinen epochalen ­Roman ­Ottoman Empire. Franz Werfel wrote about these events in Musa Dagh zu schreiben. 1933 werden Die vierzig Tage des Musa Dagh, der von den Nationalsozia­ his revolutionary 1933 novel The Forty Days of Musa Dagh, in Deutschland seine Bücher verbrannt listen umgehend verboten wurde. Das Buch beschreibt das which was immediately banned by the Nazis. The book de­ und 1940 versucht er nach Spanien zu flie­ Elend der Verfolgung und Vernichtung der Armenier, aber scribes the misery of the persecution and extermination of hen, gelangt schließlich über Marseille nach auch die Ausnahme, das Wunder: den geglückten Wider­ the Armenians, as well as the exception, the miracle: the ­Lissabon und in die USA. Dort stirbt er 1945. stand am Musa Dagh, dem Mosesberg. 5.000 Dorfbewoh­ successful resistance at Musa Dagh, Mountain of Moses. FRANZ WERFEL, born 1890 in Prague nerinnen und Dorfbewohner verschanzen sich, wehren sich 5,000 villagers entrench themselves, defend themselves and friends with Max Brodt and Franz gegen die Angriffe der jungtürkischen Armee und werden against the attacks of the Young Turk army and, in the ­ Kafka, was drafted as a soldier during schließlich in auswegloser Lage von französischen Kriegs­ end, are rescued from their hopeless situation by French WWI, after which he lived in Vienna. In schiffen gerettet. warships. 1930, he travelled through the Middle East, 100 Jahre nach dem Völkermord an den Armeniern bringt 100 years after the Armenian genocide, Hans-Werner met Armenian refugees and began to write Hans-Werner Kroesinger diese Geschichte in der Montage Kroesinger brings this story to the stage in a collage with The Forty Days of Musa Dagh. In 1933 his mit dokumentarischem Material über die deutsche Rolle documentary material on Germany's role and the structural books were burned in Germany, and in und die strukturelle Organisation des Völkermords auf die organisation of the mass murder. What can a seemingly old 1940 he first tried to escape to Spain, then Bühne. Was erzählt uns eine scheinbar alte Geschichte story tell us about dealing with history today? finally ­succeeded in fleeing over Marseille über den Umgang mit Geschichte heute? and ­Lisbon to the United States. He died there in 1945.

Regie Hans-Werner Kroesinger Bühne + Kostüme Valerie von Stillfried Musik Daniel Dorsch Dramaturgie Aljoscha Begrich Künstlerische Mitarbeit Regine Dura Mit Judica Albrecht, Marina

HANS-WERNER KROESINGER, gebo­

Frenk, Ruth Reinecke, Falilou Seck, Armin Wieser, Till Wonka

tendsten Vertreter des Dokumentar­theaters.

Eine Produktion des Maxim Gorki Theaters im Rahmen von Es schneit im April – Eine Passion und ein Osterfest, gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds Berlin

zuletzt in Exporting War mit der ­deutschen

ren 1962 in Bonn, gilt als einer der bedeu­ In seinen Inszenierungen beschäftigt er sich

Aufführungsrechte: S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main

Rüstungsindustrie und in Schlachtfeld ­Erinnerung mit der Sicht auf den 1. Welt­ krieg aus Istanbul, Sarajevo und Belgrad. Am Gorki erarbeitete ­Kroesinger im Rahmen des 1. Berliner Herbstsalons die face-to-facePer­formance Wo warst du die letzten 100 Jahre? Mit dem armenischen Völkermord hat er sich bereits in seiner Arbeit History Tilt 2006 beschäftigt.

HANS-WERNER KROESINGER, born 1962 in Bonn, is considered to be one of the leading proponents of documentary theatre. In his recent productions, he has tackled the German armaments industry in Exporting War and perspectives on WWI from Istanbul, Sarajevo and Belgrade in Schlachtfeld Erinnerung (Battlefield Mem­ ory). At the Gorki Kroesinger developed the face-to-face performance Wo warst du die letzten 100 Jahre? His work History Tilt of 2006 dealt with the topic of the Armenian genocide.

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Werfels Schlüsselroman über Völkermord und Moderne VON ROLF HOSFELD

Franz Werfels Roman über die vierzig Tage des Musa Dagh beruht auf einer erstaunlich detailgenauen Recher­ che der dort geschilderten historischen Ereignisse des Spätsommers 1915 an der Mittelmeerküste der heutigen Türkei. Er enthält aber auch überaus hellsichtige Refle­ xionen über die zeitbedingten Motive des osmanischen Völkermords an den Armeniern und alle künftigen mo­ dernen Genozide. Dieser Zusammenhang hat auch etwas mit dem besonderen Medium Literatur zu tun, der es nie ausschließlich um Fakten geht und gehen kann. Werfels Musa Dagh ist ein früher Schlüsselroman über eines der dunkelsten Kapitel der Moderne. Er begegnete dem armenischen Thema aus eigener Anschauung zum ersten Mal 1930 in Damaskus, als er dort in der größten Teppichweberei ausgehungerte armenische Waisenkinder sah, Überlebende des Völkermords während des Ersten Weltkriegs. Vermutlich in Beirut erfuhr er die unglaubli­ che Geschichte des armenischen Widerstands am Berg Musa Dagh in der heutigen Südtürkei. Erste Roman­ notizen zu diesem Thema entstanden bereits während dieser Reise. Die Kernidee eines »Helden wider Willen«, die dem Roman seine eigene Färbung gab, kam ihm je­ doch erst 1932 angesichts des wachsenden Antisemitis­ mus in Deutschland. Er werde, so Werfel zu seiner Frau Alma im Sommer dieses Jahres, in seinem neuen Roman »den türkischen Nationalismus beleuchten und die Ge­ schichte der armenischen Gräuel berichten« 1.

»ich werde den türkischen ­N ationalismus beleuchten und die Geschichte der armenischen Gräuel berichten.« Die Parabel des Romans sollte einer ernsthaften Überprü­ fung des Historikers standhalten können. Er verspürte ge­ genüber diesem Projekt, das vielleicht sein »Hauptwerk« werden könnte, eine »ungeheure Verantwortung«. 2 Den Rahmen der Geschichte entnahm Werfel den Aufzeichnun­ gen des armenischen Pastors Dikran Andreasian, der die Ereignisse am Musa Dagh erlebt hatte, und die zum ersten Mal 1916 in einer von James Bryce und Arnold Toynbee in London veröffentlichten Dokumentensammlung über die türkischen Gräuel an den Armeniern erschienen waren. 3 Franz Werfels Roman, der die Geschichte des Armeniers Gabriel Bagradian und seiner Leute erzählt, ist das be­ kannteste literarische Werk über den Völkermord an den Armeniern, und er beruht auf einer wahren Begebenheit. Ende Juli 1915 erreichten die armenischen Dörfer am Fuß des Musa Dagh die Aufforderung, sich umgehend zur »Umsiedlung« bereit zu halten. Viele wussten, was das in

der Konsequenz bedeuten würde. Seit Ende Mai wurden Armenier in die mesopotamische Wüste vertrieben, was den sicheren Tod bedeutete. Dem war kaum zu entkom­ men. Ein Teil der Dorfbewohner kam zu der Überzeu­ gung, dass jeder Widerstand Wahnsinn wäre. Der weitaus größte Teil – fünftausend – zog sich jedoch mit allem, was er hatte, unter der Führung von Moses Der Kalousdian, einem ehemaligen Offizier der osmani­ schen Armee, auf die Höhen des Musa Dagh zurück. Im Roman spielt Gabriel Bagradian diese Rolle. Die Aktion geschah in der verzweifelten Hoffnung, ein Durchbruch der Alliierten an den Dardanellen oder eine Friedens­ initiative des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson könnte in den kommenden Wochen vielleicht kriegsentscheidend sein. Solange wollten sie auf dem Berg aushalten. Bald schon begann der erste türkische Angriff mit einer kleinen Vorhut von zweihundert Mann. Er wurde zurück­ geschlagen und erst am 12. August erfolgte ein zweiter Vorstoß. Insgesamt, wie man osmanischen Militärdoku­ menten entnehmen kann, mit zwei Regimentern der 41. Division der Vierten Armee und einer Abteilung Berg­ artillerie. 4 Am 16./17. August, von Werfel ausführlich geschildert, wurden die türkischen Truppen durch ge­ schickte nächtliche Guerillataktik zum Rückzug von den Höhen des Berges gezwungen. Inzwischen hatte man aus Laken zwei große weiße Fahnen angefertigt, die von See her als weit sichtbares Signal wahrgenommen wer­ den konnten. Eine von ihnen zeigte ein riesiges rotes Kreuz, auf die andere war in großer schwarzer Schrift auf Englisch eingenäht: »Christen in Not: Hilfe«. Zy­ pern mit seinen britischen Marinestützpunkten war nur vierzig Seemeilen entfernt. Tatsächlich bewegte sich eines Tages die Guichen, ein französischer Kreuzer, der die Signale bemerkt hatte, auf den landabgewandten Strand am Fuß des Musa Dagh zu und setzte ein Boot aus, das ein armenischer Schwimmer erreichen konn­ te. Der Guichen folgten andere französische Schiffe, die nun ihre Rettungsboote zu Wasser ließen und alle 4058 Überlebenden des Musa Dagh an Bord nahmen. Sie wurden nach Port Said in Ägypten gebracht, wo sie am 14. September 1915 eintrafen. 5 Soweit die Auf­ zeichnungen Andreasians. Soweit auch Franz Werfels Geschichte. Sie wirft einen Seitenblick auf die Unbedingtheit des Machtwillens, mit dem der Genozid an den Armeni­ ern 1915/16 vollzogen wurde. Überall wurden in die­ ser Zeit zunächst die armenischen Männer umgebracht und anschließend die Frauen und Kinder ins Nichts geschickt. 6 Etwas weit Entsetzlicheres als zügellose


ESSAY

Willkür, so W ­ erfels klarsichtige Beurteilung, war dabei am Werk, nämlich machtgestützte Ordnung und ein flä­ chendeckendes planvolles Vorgehen. 7 Um den erzählerischen Rahmen nicht zu sprengen, konzentrierte er sich in seinem Roman ganz auf die Ereignisse am Musa Dagh selbst und inkorporiert den Machtwillen im Zentrum der Macht, in der Person des jungen Kriegsministers Enver Pascha, den er als han­ delnde Person an einem Parallelschauplatz auftreten lässt. In Enver hat Werfel einen Typus wiederentdeckt, der ihm bekannt vorkam, seit Franz Kafka ihm und sei­ nen beiden Schwestern im Dezember 1914 zu Hause seine Erzählung von der Strafkolonie vorgelesen hat­ te 8, die erst 1919 erschien. Darin geht es, wie Kurt Tucholsky einmal bemerkte, eigentlich um einen Men­ schentypus der Zukunft. Der dort geschilderte Offizier, der eine Foltermaschine verwaltet, war in seinen Au­ gen keineswegs roh oder grausam. Er war etwas viel Schlimmeres. Er war amoralisch. 9 Als Psychogramm der jungtürkischen Führungsschicht ist diese Charak­ terisierung keineswegs überzogen. Sie bestand aus Männern mit einer, wie Werfel schreibt, »fassungslo­ sen Verehrung« für alles Moderne 10 und absolut funk­ tionalen Moralvorstellungen. Ismail Enver, wie Werfel ihn ausgesprochen kenntnisreich schildert, empfand sich in gleicher Weise als Repräsentant einer »alten heroischen Rasse« 11 und als emotionslosen Vollstre­ cker eines türkischen »nationalen Willens«, den er »rücksichtlos« durchzusetzen entschlossen war. 12 Er war das Beispiel einer »atemberaubenden Gattung«, heißt es in Musa Dagh, wie Kafkas Offizier, die »alle Sentimentalität überwunden hat« und deshalb »außer­ halb der Schuld und ihrer Qualen steht«. 13 Auf ihn be­ rief sich übrigens Adolf Hitler, als er Enver Pascha vor dem Münchner Volksgericht 1924 als jemanden lobte, der in seinen Augen vorbildhaft den Geist einer neuen Nation in eine vergiftete Welt getragen hatte. 14 Wusste Werfel das? Jedenfalls wusste er erstaunlich viel über die inneren Motive, die dem modernen Genozid zu­ grunde liegen. Das Buch hatte, als es 1933 erschien, durch die neu­ esten politischen Ereignisse in Deutschland plötzlich eine unerwartete Aktualität gewonnen, eine »symboli­ sche Aktualität«, indem es die »Unterdrückung«, die »Vernichtung von Minoritäten durch den Nationalis­ mus« 15 zum Thema machte. Für die Armenier aber war es, wie ein gregorianischer Priester 1936 in einer New Yorker Kirche in Anwesenheit Werfels sagte, als habe er mit diesem Roman und dessen symbolischen Bezü­ gen ihrem Martyrium und ihrem Widerstand erst eine Seele gegeben. 16

Werfel's key novel about GENOCIDE and modernity Franz Werfel's novel about the forty days of Musa Dagh is based on remarkably-detailed research of the histori­ cal events that took place on the Mediterranean coast of modern-day Turkey in the late summer of 1915. It also contains, however, extremely lucid contemplations on the temporary motives behind the Ottoman mass murder of the Armenians and all modern genocides still to come. This connection also has something to do with the particu­ lar medium of literature that is not and can never be solely about the facts. Werfel's Musa Dagh is an early key novel about one of the darkest chapters of modernity. He encountered the subject of the Armenians with his own eyes for the first time in 1930 in Damascus when he saw starved Armenian orphans in the largest carpet-weaving workshop there; they were survivors of the mass murder during the First World War. He was presumably in Beirut when he first learned of the incredible story of Armenian resistance near the mountain of Musa Dagh in today's southern Turkey. Initial notes for a novel on this subject date back to this trip. However, the core idea of a »reluctant hero«, which gave the novel its unique colour, came up first in 1932, in the face of grow­ ing anti-Semitism in Germany. In his new novel, Werfel would—as he wrote to his wife Alma in the summer of that year—»examine Turkish nationalism and report the history of the Armenian atrocities«. 1

»I am going to examine ­T urkish nationalism and report the history of the Armenian atrocities.« The parable of the novel was expected to be able to with­ stand a serious review from a historian. He felt a »tremen­ dous responsibility« 2 for this project, which could perhaps become his »magnum opus«. Werfel took the framework of the story from Armenian pastor Dikran Andreasian's records. Andreasian had experienced the events at Musa Dagh, and his records appeared for the first time in 1916 in a collection of documents about the Turkish atrocities against Armenians published by James Bryce and Arnold Toynbee in London. 3 Franz Werfel's novel, which tells the story of the Armenian Gabriel Bagradian and his people, is the most famous literary work about the mass murder of the Armenians, and it is based on a true story. At the end of July 1915, the order to immediately prepare themselves for »resettlement« reached the Armenian vil­ lages at the base of Musa Dagh. Many already knew the consequences that would follow. Since the end of May ­Armenians were being driven into the Mesopotamian de­ sert, which meant certain death. Impossible to evade. A number of the villagers came to the conclusion that any resistance would be madness. The vast majority—five thousand—retreated with all that they had, under the leadership of Moses Der Kalousdian, a former officer in the Ottoman Army, to the heights of Musa Dagh. Gabriel Bagradian plays this role in the nov­ el. The operation took place in the desperate hope that a

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­ erhaps decisive turn in the war would come in the next p few weeks: the Allies would break through at the Darda­ nelles or a peace initiative would come from President Woodrow Wilson. They wanted to survive on the mountain just long enough. Soon the first Turkish attack began, carried out by a small vanguard of two hundred men. They were repelled, and the second attempt came first on August 12th. With, as Otto­ man military documents state, a total of two regiments of the 41st Division of the Fourth Army and a mountain artil­ lery unit. 4 On August 16th-17th, as Werfel describes in detail, nocturnal guerilla tactics forced the Turkish troops to retreat from the heights of the mountain. Meanwhile two large white flags had been made out of sheets as sig­ nals that could be seen from the sea. A giant red cross was on one; on the other, a phrase in English sewn in large black letters: »Christians in Need: Help«. Cyprus, with its British naval bases, was only forty miles away. In fact it was Guichen, a French cruiser, that noticed the signals one day, moved toward the beach at the sea-facing foot of Musa Dagh, and sent out a boat to an Armenian swimmer. The Guichen was followed by other French ships, which then sent out their rescue boats and took all 4,058 survi­ vors of Musa Dagh on board. They were taken to Port Said in Egypt, where they arrived on September 14th, 1915. 5 That's where Andreasian's records end. And Franz Werfel's story as well. The story casts a sideways glance at the absoluteness of the desire for power with which the Armenian genocide was carried out in 1915—16. Everywhere during that time, Armenian men were killed first, and then the women and children sent into nothingness. 6 According to Werfel's clear-eyed assessment, something far more terrible than unbridled despotism was at work here: namely a system based on power, as well as a comprehensive, fully-planned procedure. 7 To avoid going beyond the scope of the narrative, Werfel focused his novel entirely on the events of Musa Dagh and incorporated power's central desire for more power into the attributes of young Minister of War Enver Pasha, a character who appears in parallel scenes. In Enver, Werfel rediscovered a type that had been introduced to him when Franz Kafka read his story of the penal colony—which was published in 1919—to him and his two sisters at their home in December 1914. That story deals with, as Kurt Tucholsky once remarked, a type of man who's actually of the future. As described in Kafka's story, the officer who manages a torture machine was not raw or cruel in his

eyes. He was something much worse. He was amoral. 9 As a psychological profile of the Young Turk leadership, this characterization is in no way exaggerated. It consisted of men with, as Werfel writes, a »stunned reverence« for eve­ rything modern 10 and a morality that was functional above all else. Ismail Enver, in Werfel's knowledgeable descrip­ tion, felt himself to be in equal parts a representative of an »old heroic race«11 and an emotionless executor of a Turkish »national will«, which he was determined to »ruth­ lessly« enforce. 12 He was an example of a »breath-taking type«, as described in Musa Dagh, like Kafka's officer who »has overcome all sentimentality« and therefore »is beyond guilt and its torments«. 13 Incidentally, Adolf Hitler referred to Enver Pasha at Munich's Volksgericht (People's Court) in 1924. He praised him as someone who, in his view, was exemplary at carrying the spirit of a new nation into a poisoned world. 14 Did Werfel know about this? He definitely knew an extraordinary amount about the inner motivations underlying modern genocide. When it was published in 1933, the book suddenly gained an unexpected relevance due to political events in ­Germany at that time: a »symbolic timeliness« because it dealt with the »oppression«, the »extermination of mi­ norities by nationalism«. 15 For the Armenians, however, as a Gregorian priest in a New York church said in Werfel's presence in 1936, it was as if he had—with this novel and its symbolic references—endowed their martyrdom and their resistance with a soul for the first time. 16

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Alma Mahler-Werfel: Mein Leben. Frankfurt am Main 2000, S. 233 Franz Werfel: Brief an die Eltern, 24. März 1933. Nach: Norbert Abels: Franz Werfel. Reinbek 1990, S. 92 James Bryce and Arnold Toynbee: The Treatment of the Armenians in the Ottoman Empire, 1915–1916. Documents Presented to Viscount Grey of Falloden by Viscount Bryce. London 1916 Commander of the Fourth Army and Secretary of the Navy Cemal to the Office of the Acting Supreme Commander. In: Documents on Ottoman Armenians. Ankara o.J. (Prime Ministry: Directorate General of Press and Information), Vol. 1, Doc. 36, S. 119 Jibal Mousa. In: Bryce/Toynbee, a.a.O.. Doc. 130. Ergänzende A ­ ngaben finden sich in dem Bericht von Mgr. Thorgom, a.a.O., Doc. 131 »The general methodology of the genocide consisted of killing the men and deporting those women and children who were not absorbed into Muslim households«. Ugur U. Üngör: Center and Periphery in the Armenian Genocide: The Case of Diyarbekir Province. In: Hans-Lukas-

ROLF HOSFELD ist Autor und Kulturhistoriker sowie wissenschaft­ licher Leiter des Lepsiushauses in Potsdam. Er studierte Germanistik, ­ Politikwissenschaft, Neuere Geschichte und Philosophie und ­promovierte über Heinrich Heine. Seit 2004 arbeitet er fast ausschließlich als freier Schriftsteller und Historiker und hat mehrere Bücher zu historischen und kulturhistorischen Themen veröffentlicht. 2015 erschien seine Gesamt­ darstellung Tod in der Wüste. Der Völkermord an den Armeniern.

ROLF HOSFELD is an author and scientist for cultural history as well as Academic Director of the Lepsius House in Potsdam. He studied ­German s­ tudies, political science, modern history and philosophy. He wrote his PhD about Heinrich Heine. Since 2004 he works almost exclusively as free author and historian and has written several books about topics in ­history and cultural history. In 2015 his book Death in the desert. The mass murder of the Armenians was published.

Kieser/ Elmar Plozza (Hg.): Der Völkermord an den Armeniern, die Türkei und Europa, Zürich 2006, S. 80 Franz Werfel: Die vierzig Tage des Musa Dagh. Frankfurt am Main 1988., S. 196, S. 142 ff. Abels: Werfel, a.a.O., S. 13 Kurt Tucholsky: In der Strafkolonie. In: Tucholsky: Gesamtausgabe, Bd. 4. Reinbek 1996, S. 224 Werfel: Musa Dagh, a.a.O., S. 24 Werfel: Musa Dagh, a.a.O., S. 132 Werfel, ibid., S. 129 Werfel, ibid., S. 135 The Hitler Trial before the People's Court in Munich, Vol. 1 Arlington 1976, S. 180 Franz Werfel: Brief an die Eltern, a.a.O., S. 98 Mahler-Werfel: a.a.O., S. 256


Fanny fotografiert von Esra Rotthoff


KUNST

ATOM EGOYAN Mit fünfzehn Beträ­ gen und Filmen und Projekten hat Atom Egoyan mehrere Preise, unter anderem ­ fünf Preise beim Cannes Film Festival, gewonnen und wurde zweimal für die Academy Awards nominiert. Egoyans Kun­ stinstallationen wurden bei der Biennale von Venedig präsentiert sowie im Irish Museum of Modern Art, im Modern Art Oxford und beim Manchester International Festival. Egoyans gefeierte Produktion von Wagners Die Walküre mit der Canadian Opera Company wurde Anfang dieses Jah­ res wieder aufgenommen. Zurzeit befindet er sich in der Nachproduktion seines neus­ ten Films Remember, einer deutschen CoProduktion mit Christopher Plummer.

ATOM EGOYAN With fifteen feature films and related projects, Atom Egoyan has won numerous awards including five prizes at the Cannes Film Festival and two Academy Award® nominations. Egoyan's art instal­ lations have been presented at the Venice Biennale, the Irish Museum of Modern Art, Modern Art Oxford, and the Manchester International Festival. Egoyan's acclaimed Canadian Opera Company production of

AB DEM 07. MÄRZ VOR DEM GORKI

AURORAS VIDEOINSTALLATION VON ATOM EGOYAN Aurora Mardiganian war eine Überlebende des Völkermords Aurora Mardiganian was a survivor of the Armenian Geno­ an den Armeniern 1915. Sie ging in die USA in der Hoff­ cide of 1915. She arrived in the United States in the hopes nung, dort ihren Bruder zu finden. Auf Ellis Island traf sie of tracing her surviving brother. She was met at Ellis Island ein armenisches Ehepaar, das sie aufnahm und Anzeigen in by a New York-Armenian couple, who took her in and placed Zeitungen aufgab. Harvey Gates, ein Filmemacher in Holly­ advertisements in newspapers in an effort to locate her wood, wurde auf die Geschichte aufmerksam, in der er wirt­ missing sibling. Her story came to the attention of Harvey schaftliches Potenzial sah. 1918 wurde mit M ­ ardiganian Gates, a filmmaker in Hollywood who was quick to recognize in der Hauptrolle ein Film über ihr Schicksal gedreht. Der the commercial potential of her story, In 1918, a film was Film wurde 1919 unter dem Titel Auction of Souls (Auktion made of her experiences, with Mardiganian herself playing der Seelen) veröffentlicht und verhalf A ­ urora M ­ ardiganian a large role. zu unerwartetem Ruhm. Sie hatte große Schwierigkeiten, The film was released under the title, Auction of Souls in ihrer neuen sozialen Verantwortung gerecht zu werden, die 1919, and catapulted Aurora Mardiganian into unexpected in Folge ihrer öffentlichen Auftritte zur Bewerbung des Fil­ and unwanted stardom, but she was having great difficulty mes auf ihr lastete. Aurora drohte mit Selbstmord und brach meeting social responsibilities forced upon her by public die Promotion-Tour ab. In Folge dessen wurden sieben appearances to promote the film. Aurora threatened sui­ Aurora-Doubles verpflichtet, während der Werbekampagne cide and deserted the promotional tour. As a result, seven aufzutreten. Die sieben ­»Auroras« in Egoyans Installation ­Aurora look-alikes were hired to appear with the film dur­ sprechen Text, den A ­urora M ­ ardiganian bereits vor Er­ ing its national distribution campaign. The seven »Auroras« scheinen des Films im Buch R ­ avished Armenia niederge­ in Egoyan's installation are speaking text from a published schrieben hatte. Da der Film über die Geschichte Aurora account of Aurora's experiences published as Ravished ­Mardiganians verschollen ist (nur 22 Minuten sind erhal­ ­Armenia. Though the film of Aurora Mardiganian's story has ten), ist diese Installation ein Versuch, Auroras Geist zu­ been lost (save one twenty-two minute reel), this installation is an attempt to bring Aurora's spirit back to the big screen. rück auf die große Leinwand zu bringen.

Wagner's Die Walkure was remounted ear­ lier this year. He is in post-production on his latest film Remember, a German coproduction, starring Christopher Plummer.

AB DEM 07. MÄRZ IM FOYER DES GORKI

SILVINA

DER-MEGUERDITCHIAN,

beschäftigt sich mit der Bürde nationaler

auf Mnemosynes Wohl! EINE AUSSTELLUNG KURATIERT VON SILVINA DER-MEGUERDITCHIAN

Identität und der Rolle von Minderheiten in der Gesellschaft. Sie stellte unter an­ derem im Martin-Gropius-Bau aus. 2015 werden ihre Arbeiten im offiziellen Pavillon Armeniens auf der 56. Venedig-Biennale präsentiert. Außerdem wird sie 2015 Teil der renommierten Istanbul Biennale sein. Für weitere Informationen besuchen Sie ihr Profil auf underconstructionhome.net

SILVINA

DER-MEGUERDITCHIAN,

deals with the burden of national identity and the role of minorities in society. Among others she has been exhibiting in MartinGropius-Bau. In 2015 her work will be pre­ sented in the official Armenian Pavilion at the 56. Venice Biennial. Additionally she will be part of the renowned Istanbul Bien­ nal in 2015. For more information visit her profile on underconstructionhome.net

Zentrales Werk der Ausstellung ist die titelgebende Instal­ lation Auf Mnemosynes Wohl! Eine Mnemothek, die ver­ schiedene Medien zusammenbringt: Videos, Bücher, Foto­ grafien und Skulpturen von Archi Galentz (Moskau/Berlin), Sophia Gasparian (Jerevan/USA ), Gariné Torrosian (Kanada), Achot Achot (Jerevan/Paris), Jean Marie Casbarian (USA ), Karine Matsakian (Jerevan), Maria Bedoian (Buenos Aires), Mikayel Ohanjanian (Jerevan/Florenz) und Silvina Der-­ Meguerditchian (Buenos Aires/Berlin). Mit zwei größeren Arbeiten ist der Künstler Archi Galentz vertreten. In Cut out walls thematisiert er Aspekte der Zu­ gehörigkeit und der Flucht anhand von Wandfragmenten aus verschiedenen Orten und Zeiten. In der Serie Not Red ­Banners konstruiert er mittels des Schichtens von Stoffen Bilder in einer vibrierenden Farbe, die dem Rot der armeni­ schen Flagge entstpricht. In Kooperation mit dem Verein Houshamadyan entwickelte Silvina Der-Meguerditchian die Armenische Musikbox mit einer Sammlung armenischer Lieder. Diese Musiksammlung ist wie die abschließende Installation Objekte, die Geschichten erzählen der Versuch, armenischen Alltag zu rekonstru­ ieren und künstlerisch Lücken im kollektiven Gedächtnis der Armenier zu schließen.

The central piece in the exhibition is the eponymous installa­ tion Auf Mnemosynes wohl! (To Mnemosyne's Health!) in the foyer of the Gorki. A mnemothek that gathers together differ­ ent materials: videos, books, photographs and sculptures by Archi Galentz (Moscow/Berlin), ­Sophia ­Gasparian ­( Yerevan/ LA), Gariné Torrosian (Canada), Achot Achot (­Yerevan/ Paris), Jean Marie Casbarian (USA), ­Karine Matsakian (Yerevan), Maria Bedoian (Buenos Aires), M ­ ikayel O ­ hanjanian (Yerevan/Florence) and Silvina Der-Meguerditchian (Buenos Aires/Berlin). The work of artist Archi Galentz is represented by two larger pieces. In Cut out walls, he addresses aspects of belonging and escape using fragments of walls from different times and places. In the series Not Red Banners, he uses layers of fabric to build images of a vibrant colour that correspond to the red of the Armenian flag. In cooperation with the Houshamadyan association, ­Silvina Der-Meguerditchian developed the Armenische Musikbox (Armenian Jukebox) with a collection of songs from ­Armenians. This collection of music and the concluding in­ stallation Objekte, die Geschichten erzählen (Objects that tell stories) try to reconstruct everyday life and artistically fill the gaps in Armenian collective memory through art.


Foto: Collage von Deniz Keskin und Fred Kelemen, nach einem Still aus dem Film Ravished Armenia

VOM 07. MÄRZ – 25. APRIL

– Anrufung EIN FILMISCHES MEMORIAL – VON FRED KELEMEN

FRED KELEMEN wurde in Westberlin geboren. Er arbeitet als Regisseur, Ka­ meramann und Autor und leitet Work­

»Etwas Schreckliches ist geschehen [...]. Man sollte nicht »Something terrible has happened [...]. One should not glauben, dass dieses Schreckliche [...] spurlos verschwun- think that this terrible thing [...] has disappeared without den ist. Vielleicht ist es unbemerkt in unserem Sein einge- a trace. Perhaps it has, unnoticed, become part of our schlossen, und wir wissen nichts davon, weil wir es ständig being, and we know nothing about it, because we are conbegehen. Die Finsternis der Menschheit vor der Sintflut war stantly committing it. The darkness of humanity before the auf alle Fälle kleiner als die der Menschen heute.« (Béla flood was definitely less than that of people today«. (Béla ­Hamvas, Henoch Apokalipszise) Hamvas, Henoch)

shops und Meisterklassen an Film- und Kunsthochschulen

und

Universitäten

weltweit. Retrospektiven seiner Filme wurden ebenfalls weltweit präsentiert. Er ist Mitglied der Academy of Motion Picture Art and Sciences (USA), der European Film Academy und der Deut­ schen Filmakademie.

Der Titel dieser Filmreihe, die an den Genozid an den Arme­ The title of this film series, which commemorates the niern vor 100 Jahren erinnert, verweist auf das, was Kunst ­Armenian Genocide from 100 years ago, also refers to immer auch ist; eine Anrufung von Geistern. In diesem Fall that which art always is; an invocation of spirits. In this handelt es sich sowohl um die Geister des Genozids, die in case, it is concerned with both the ghosts of genocide that jedem Genozid zu jeder Zeit – vom ersten Völkermord des appear in all genocides at all times—from the first geno­ 20. Jahrhunderts, den die Deutschen ab 1904 in Namibia cide in the 20th century, committed by the Germans in verübten, über den Genozid an den Armeniern, die von den Namibia beginning in 1904, through the Armenian Geno­ Deutschen über das jüdische Volk gebrachte Shoah bis zu cide, and the Shoah of the Jewish people carried out by den Massakern der jüngsten Vergangenheit in Srebrenica the Germans, up to the massacres of the recent past in und anderswo – in Erscheinung treten, als auch um die Geis­ Srebrenica and elsewhere—as well as the spirits of the victims and their descendants. ter der Ermordeten und ihrer Nachkommen. In die Filmgeschichte Armeniens hat sich die Erfahrung The experience of the genocide has been burned into the des Genozids von Anfang an eingebrannt. Die Spur dieses film history of Armenia from the very beginning. The trac­ Schmerzes wird immer wieder sichtbar bis zu den Filmen es of this pain continue to appear in these films up to the heutiger Zeit. Stehen die Schöpfer der ersten Filme noch present day. While the creators of the first films felt the in­ unter dem Eindruck des Genozids aus eigener Augenzeu­ fluence of the genocide through its contemporaneity, the genschaft oder der ihrer Eltern, so sind die späteren Filme later films are works from grandsons and granddaughters,

FRED KELEMEN was born in West Berlin. He works as a director, cameraman and author and runs workshops and master classes in film at art colleges and univer­ sities around the world. Retrospectives of his films have also been presented world­ wide. He is a member of the Academy of Motion Picture Arts and Sciences (USA), the European Film Academy and the Ger­ man Film Academy.

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­ erke der Enkelinnen und Enkel, in die sich die Erinnerung W von Völkermord, Emigration, Diaspora und die Sehnsucht und Suche nach der Realität einer lange verlorenen, inzwi­ schen mythischen Heimat als Wundbrand fortgesetzt hat. 100 Jahre Genozid an den Armeniern sind auch fast 100 Jahre Filmgeschichte, sind fast 100 Jahre Anrufung und Hoffnung durch Erinnerung und gegenwärtiges Leben. In Filmen vom Beginn des 20. Jahrhunderts, wie dem ers­ ten, in den USA gedrehten, Film über den Genozid R ­ avished Armenia von 1919, der als Fragment vorliegt, über die ­armenischen Filme Nahapet und Nostalgia bis zu Filmen aus der jüngsten Vergangenheit von armenischen Regisseu­ rinnen und Regisseuren aus Armenien und anderen Ländern und in letzter Zeit auch türkischen Filmemacherinnen und Filmemachern wurde immer wieder an den Genozid erin­ nert und der Versuch unternommen, gegen das Vergessen die Stimme zu erheben. Denn, wie es in einem jüdischen Sprichwort heißt, das Vergessen verlängert das Exil, und das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung. Zukunft braucht Erinnerung und nicht Gleichgültigkeit. Elie Wiesel schrieb »Ich habe immer daran geglaubt, daß das Gegenteil von Liebe nicht Haß ist, sondern Gleichgültigkeit. Das Gegenteil von Glaube nicht Überheblichkeit, sondern Gleichgültigkeit. Das Gegenteil von Hoffnung ist nicht Verzweiflung, es ist Gleichgültigkeit. Gleichgültigkeit ist nicht der Anfang eines Prozesses, es ist das Ende eines Prozesses.« So sind die Filme auch eine Anrufung gegen die Gleichgültigkeit nicht nur der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart und der Zukunft gegenüber. Das Erzählen ist der Hüter der Zeit. Im Erzählen erfährt der Schmerz seine Befreiung und seine Heilung. In der Filmkunst wird die Leinwand zur Membran der Bilder einer inneren Suche. In Schwingung gebracht, entringt sie dem Schweigen einen beschwörenden Klang, der auch ein Flüs­ tern, eine Klage oder ein Schrei sein kann. Über die emotionale Berührung hinaus regen die Filme uns an, nachzudenken und vorzudenken, zu verstehen und zu erkennen, was den Geistern des Genozids, aller ­Genozide, Vitalität verleiht und sie immer wieder auferstehen und ihr nicht nur gegen die Menschen eines bestimmten Volk gerichtetes, grundsätzlich menschheitsfeindliches Werk ­ ­versehen läßt. »In den Bildern nur das zu sehen, was einen allgemeinen Abscheu vor dem Genozid bestätigt, [,...] bedeutet auf eine Auseinandersetzung zu verzichten. Es bedeutet, die Politik außer acht zu lassen.« (Susan Sontag. »Das Leiden anderer betrachten«)

in which the pain, the desire and the search for the reality of a long-lost, mythical homeland have continued to burn themselves in like wounds. 100 years since the Armenian Genocide are also almost 100 years of film history, are 100 years of invocation and hope through memory and life in the present. Reminders of the genocide appear again and again in films from those of the early 20th century, like the shotin-the-US, first film about the genocide Ravished Armenia from 1919, which has survived in fragments, through the Armenian films Nahapet and Nostalgia, to films from the recent past from Armenian directors and directors, as well as those from Turkish filmmakers and filmmakers. They also attempt to raise their voices against the process of forgetting. Because, as a Jewish proverb says, to forget is to prolong exile, and memory is the gateway to salvation. The future needs remembrance and not indifference. Elie Wiesel wrote »I have always believed that the opposite of love is not hate, but indifference. The opposite of faith is not arrogance, but indifference. The opposite of hope is not despair, it is indif­ ference. Indifference is not the beginning of a process, it is the end of a process.« In this way, the films are also an invocation against not only the indifference of the past, but also that of the present and the future. Recounting events is the guardian of time. Pain ­experiences its freedom and healing through narration. In the art of film, the canvas becomes the membrane of the images of the soul. Brought into movement, it drowns out the silence with an evocative sound—which can be a whisper, a lamenta­ tion or a cry. Beyond stirring our emotions, films challenge us to reflect and think ahead, to understand and recognize what endows the ghosts of genocide, all genocides, with vitality, and al­ lows them to continue to resurrect themselves and do their misanthropic work. »To read in the pictures […] only what confirms a general abhorrence of war is to stand back from an engagement with (it) [...]. It is to dismiss politics«. (Susan Sontag, ­»Regarding the Pain of Others«). From March 7th, over Good Friday and Easter Sunday, up to April 25th, a cinematic invocation will be attempted through this most extensive film series worldwide on the occasion of the 100th anniversary of the Armenian Genocide.

Vom 7. März über Karfreitag und Ostersonntag bis zum 25. April soll mit dieser weltweit umfangreichsten Film­ reihe anläßlich des 100. Gedenkjahres zum Genozid an den ­Armeniern eine filmische Anrufung versucht werden.

Mit freundlicher Unterstützung des Golden Apricot International Film Festival Yerevan


FILM

FilmProgramm Alle Filme in Originalsprache mit englischen Untertiteln

7 Mar

R

Ravished Armenia

USA 1919, 24 MIN, STUMMFILM, REGIE: OSCAR APFEL Der in einem Fragment erhaltene Film erzählt die Geschichte des Überlebens des Völkermords von dem 14-jährigen Mädchen ­Aurora Mardiganian, gedreht nach ihrem gleichnamigen Buch.

17:00 The story of how the 14 year old girl Aurora Mardiganian ­survived the genocide, adapted from her book of the same title.

OSCAR APFEL, geboren 1878 in Cleve­ land, war Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler. Bekannt ist er unter anderem auch für die erste Filmversion von Henrik ­Ibsens Peer Gynt. OSCAR APFEL, born in 1878 in Cleve­ land, was a director, screenwriter and ­actor. He is popular for the first film ver­ sion of Henrik Ibsen’s Peer Gynt.

SUZANNE KHARDALIAN, geboren 1956

Grandma's Tattoo

SCHWEDEN 2011, 59 MIN, DOKUMENTARFILM, REGIE: SUZANNE KHARDALIAN Die Regisseurin erkundet die Geschichte der Tätowierungen ihrer Großmutter und erzählt damit vom Schicksal der armenischen Frauen und Mädchen während des Völkermords.

The director explores the history of her grandmother's tattoos and thereby recounts the fate of Armenian women and girls ­during the genocide.

8 Mar

R

Kond

ARMENIEN 1987, 34 MIN, DOKUMENTARFILM, REGIE: HARUTYUN KHACHATRYAN Kond ist ein vergessener, kleiner, historischer Distrikt im Zent­ rum Yerevans. Unter den Gebäuden ist auch eine Moschee, die vier Familien als Wohnhaus dient.

ARMENIEN 1991, 67 MIN, DOKUMENTARFILM, REGIE: HARUTYUN KHACHATRYAN

The White Town

1955 im heutigen Georgien, ist ein armeni­ scher Filmregisseur und Direktor des Golden Apricot Yerevan International Film Festival in Armenien. HARUTYUN KHACHATRYAN, born in 1955 in today’s Georgia is an Arme­ nian film director and General Director of Golden Apricot Yerevan International Film Festival in Armenia.

16:00

16:00

Akhalkalakim is an Armenian-populated city in Georgia, and is shown as a simultaneously burlesque and tragic model of a ­Soviet city.

Documentarist

ARMENIEN 2003, 62 MIN, DOKUMENTARFILM, REGIE: HARUTYUN KHACHATRYAN

16:00

Visually strong, expressive film that renounces dialogue almost completely, and paints the life of people in today's Armenia in fragments of ups and downs.

22 Mar

R

Return Of The Poet

ARMENIEN 2006, 84 MIN, REGIE: HARUTYUN KHACHATRYAN Ein poetischer Film als transzendentes, kinematographisches Erlebnis über den ­ armenischen Dichter Ashugh Jivani, der gleichsam den Geist der Geschichte Armeniens und seiner Menschen evoziert.

HARUTYUN KHACHATRYAN, geboren

R

ARMENIEN 1988, 37 MIN, DOKUMENTARFILM, REGIE: HARUTYUN KHACHATRYAN

Visuell starker, expressiver Film, der, fast vollständig auf Dialo­ ge verzichtend, in Fragmenten von den Höhen und Tiefen des ­Lebens der Menschen im heutigen Armenien erzählt.

in Beirut, ist eine schwedisch-armenische Dokumentarfilmerin. Sie drehte 1988 mit Back to Ararat einen Dokumentarfilm in über den Völkermord an den Armeniern. SUZANNE KHARDALIAN, born in 1956 in Beirut, is a Swedish-Armenian docu­ mentary filmmaker. She has directed Back to Ararat in 1988, the first feature length documentary about the Armenian Genocide.

A lyrical, wordless film about a young farmer and his family who were displaced and are trying to build a new life in northern Armenia.

15 Mar

Akhalkalakim ist eine armenisch bevölkerte Stadt in Georgien, die als das burleske und gleichzeitig tragische Modell einer ­sowjetischen Stadt gezeigt wird.

16:00

Kond is a small, forgotten, historic district in the centre of ­Yerevan. Nestled among the buildings is a mosque that serves as a residence for four families.

Return To The Promised Land Ein lyrischer, wortloser Film über einen jungen Farmer und seine Familie, die vertrieben wurden und im Norden Armeniens ver­ suchen, ein neues Leben aufzubauen.

17:00

16:00

A poetic film as a transcendent, cinematic experience about the Armenian poet Ashugh Jivani that simultaneously evokes the spirit of the history of Armenia.

R Studio R

E Eichensaal

17


29 Mar

Border

R ARMENIEN/NIEDERLANDE 2009, 82 MIN, REGIE: HARUTYUN KHACHATRYAN

Ein poetisches Doku-Drama basierend auf den Erlebnissen des Regisseurs w ­ ährend des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

2 apr

E

endless escape. Eternal return

ARMENIEN/NIEDERLANDE/SCHWEIZ 2014, 87 MIN, REGIE: HARUTYUN KHACHATRYAN (ANWESEND)

HENRIK MALYAN, geboren 1925 in T­ elavi, Georgien, war ein sowjetisch-­ armenischer Filmregisseur. Er arbeitete als Regisseur in verschiedenen armenischen Theatern und später mit dem Filmstudio Armenfilm. HENRIK MALYAN, born in 1925 in Telavi, Georgia was a Soviet-Armenian film director. He worked as a director in various theatres in Armenia and later on with the film studio Armenfilm.

ARA YERNJAKYAN, geboren 1951 in ­ erevan, ist ein Dramatiker sowie der Grün­ Y der und seit 1982 Intendant des Yerevan State Chamber Theaters. Als Autor schrieb er mehr als 30 Stücke und drehte vier Filme. ARA YERNJAKYAN, born in 1951 in ­Yerevan, is a playwright and the founder and Artistic Director of Yerevan State Chamber Theatre since 1982. He is the author of more than 30 plays and directed four films.

DEVRIM AKKAYA, geboren 1975 in Malatya, Türkei, arbeitete als Produktionsund Regieassistentin in verschiedenen Filmprojekten. Diyar ist der erster Film, bei dem sie selbst Regie führte. DEVRIM AKKAYA, born in 1975 in Malatya, Turkey, worked as production and direction assistant in various film projects. Diyar is the first film she directed.

SERGE AVEDIKIAN, geboren 1955 in Yerevan, ist ein französisch-armenischer Schauspieler und Regisseur. Chienne d'histoire (Barking Island) wurde 2010 mit der Goldenen Palme von Cannes ausgezeichnet. SERGE AVEDIKIAN, born in 1955 in Yerevan, is a French-Armenian actor and director. Barking Island received the Palme d'Or at Cannes 2010.

Ein junger Mann verlässt Armenien, um in Russland sein Glück zu finden, da er es in seiner schwierigen Heimat nicht finden kann. In der Fremde träumt er von einer Rückkehr, während die Jahre vergehen.

nahapet

Mit poetischen, die Realität verdichtenden Bildern erzählt dieser bedeutende Film der armenischen Filmgeschichte vom Schmerz des Überlebens des Völkermords und vom Überlebenswillen.

19:30

A young man leaves Armenia to seek his fortune in Russia, be­ cause he cannot find it in his difficult homeland. In the strange land he dreams of returning home, as the years slip away.

ARMENIEN 1977, 92 MIN, SPIELFILM, REGIE: HENRIK MALYAN

22:00

With poetic images of compressed reality, this important work in the history of Armenian film relates the pain of surviving the mass murder, as well as the will to survive.

3 apr

Eclipse

16:00

A poetic docu-drama based on the director's experiences during the conflict between Armenia and Azerbaijan after the collapse of Soviet Union.

E  ARMENIEN 2013, 14 MIN, SPIELFILM, REGIE: ARA YERNJAKYAN

Ein Moment im Leben armenischer Waisenkinder in einem Flüchtlingslager. Der Verlust eines Gegenstandes offenbart eine umfassende Tragödie menschlichen Leids.

17:00

A moment in the life of Armenian orphans in a refugee camp. The loss of an object reveals a comprehensive tragedy of human suffering.

Diyar

TÜRKEI 2014, 73 MIN, DOKUMENTATION, REGIE: DEVRIM AKKAYA (ANWESEND) Die Protagonistin deckt in Begegnungen und Gesprächen beharrlich die armenischen Wurzeln ihrer türkischen Familie und damit einen Teil der schmerzvollen Geschichte der beiden Völker auf.

17:00

The protagonist tenaciously uncovers the Armenian roots of her Turkish family through meetings and conversations and thus delves into a part of the painful history of the two nations.

We Drank The Same Water

FRANKREICH 2006, 82 MIN, DOKUMENTATION, REGIE: SERGE AVEDIKIAN Während eines Aufenthaltes in Istanbul 1987 überquerte der Regisseur das Marmara Meer, um das Dorf seines armenischen Großvaters aufzusuchen. Fast 20 Jahre später kehrt er zurück.

20:00

During a stay in Istanbul in 1987, the director crossed the Mar­ mara Sea to find his Armenian grandfather's village. Nearly 20 years later, he returns.

4 apr

E

Chienne d'histoire (Barking Island)

16:00

FRANKREICH 2011, 15 MIN, ANIMATIONSFILM, REGIE: SERGE AVEDIKIAN Konstantinopel 1910. Um der vielen streunenden Hunde Herr zu werden, beschließt die westlich beeinflusste Regierung mit Hilfe europäischer Spezialisten, die Hunde auf eine Insel zu de­ portieren. Aus der Perspektive einer Hündin und eines Polizisten erzählt der Film von dem erzwungenen Exil und seinem Leid. LEVON SARGSYAN, 1968 in Yerevan geboren, ist ein armenischer Historiker. Er studierte Wirtschaftswissenschaften und ist seit 2006 Mitglied der Republikani­ schen Partei Armeniens. LEVON SARGSYAN, born in 1968 in Yerevan, is an Armenian historian. He ­ graduated with a degree in Economics and joined the Republican Party of Armenia in 2006.

Constantinople 1910. To control the increasing population of stray dogs, the Western-influenced government decides to de­ port the dogs to an island with the help of European specialists. From the perspective of one dog and a police officer, the film tells of forced exile and its suffering.

Deutschland und der Genozid

en

o. Übersetzung

16:00

VORTRAG VON LEVON SARGSYAN – MIT FILMVORFÜHRUNG

R Studio R

E Eichensaal

PREISE: 5 € / 3 €


FILM

Saroyan Land

19:00 ARMENIEN, TÜRKEI, FRANKREICH 2013, 72 MIN, DOKUMENTARFILM, REGIE: LUSIN DINK (ANWESEND) Der Film begibt sich auf die Spuren des US-amerikanischen Schrift­ stellers und Kindes armenischer Einwanderer William Saroyan und folgt der von ihm 1964 unternommenen Reise in die verlorene, gleichsam reale und poetische Heimat anhand seiner Texte.

The film searches for the traces of American writer and child of Armenian immigrants William Saroyan, and uses his texts to follow the journey he took to the lost, simultaneously real and poetic, homeland.

5 apr

E

Stone Time Touch

KURZFILM + ARMENIEN, KANADA 2007, 72 MIN, DOKUMENTARFILM, REGIE: GARINÉ TOROSSIAN (ANWESEND) Poetischer Essayfilm über die Reise einer jungen Frau in die vor Generationen verlassene Heimat Armenien als erste Begeg­ nung mit dem Mythos und der Realität, der Geschichte und der Wunde eines Landes, seiner Menschen und der Generation der Enkel aus der Diaspora.

Poetic essay film about the journey of a young woman to the homeland of Armenia that was abandoned generations ago, as an initial encounter with the myth and reality, with history and the wounds of a country, its people and the generation of grand­ children in the diaspora.

USSR/ARMENIEN 1990, 136 MIN, SPIELFILM, REGIE: FRUNZE DOVLATYAN In diesem Film verbindet sich die Darstellung der Tragödie des Völkermords an den Armeniern mit den bitteren Erfahrungen des Stalinismus in Bezug auf die Eliminierung von Nationalge­ fühl oder Traditionen.

22:00

In this film, the representation of the tragedy of the Armenian genocide is combined with the bitter experience of Stalinism with regard to the elimination of a national feeling or traditions.

6 apr

E

Screamers

hat an über 15 internationalen Projekten als Regieassistentin mitgewirkt. Saroyan Land ist ihre erste Produktion in Spielfilmlänge, bei der sie Regie geführt hat. LUSIN DINK, born in 1981 in Istanbul, has worked on over 15 international pro­ jects as assistant director. Saroyan Land is her first feature-length film as a director.

GARINÉ TOROSSIAN, geboren 1970 in Beirut, ist eine armenisch-kanadische Fil­ memacherin. Sie wurde vielfach ausgezeich­ net, unter anderem mit dem PanoramaKurzfilmpreis der Berlinale. GARINÉ TOROSSIAN, born in 1970 in Beirut, is an Armenian-Canadian film­ maker. She several awards, for example with the Panorama Short Film Prize of the Berlinale.

FRUNZE DOVLATYAN wurde 1927 in

Nostalgia

USA 2006, 90 MIN, DOKUMENTARFILM, REGIE: CARLA GARAPEDIAN

Portrait der Rockgruppe System of a Down und ihrer armeni­ schen Musiker, die in ihren Konzerten immer wieder den Völ­ kermord an den Armeniern thematisieren, wobei sie auch auf andere Völkermorde hinweisen und so den Bogen zu aktuellen Situationen spannen.

20:30

With the consciousness of an original cinematographic ­language, this poetic film relates the journey of a young woman on a search for old, elegiac songs in Anatolia that leads to an encounter with the Armenian Genocide as well as the persecu­ tion and murder of Kurds in the more recent past and thus calls attention to the present day.

24 apr

R DEUTSCHLAND 1988, 96 MIN, SPIELFILM, REGIE: DON ASKARIAN (ANWESEND)

Der Film ist dem Mönch und Komponisten Komitas gewidmet, sowie den Opfern seines Volkes, die 1915 umgekommen sind. Die letzten 20 Jahre seines Lebens verbrachte Komitas in ver­ schiedenen Psychiatrien.

R

USA 2011, 84 MIN., DOKUMENTARFILM, REGIE: RANDY BELL Der Protagonist des Filmes, ein US-amerikansicher Komponist armenischer Herkunft, komponierte ein Werk mit dem Titel ­Voyage To Amasia ohne Amasia, den Herkunftsort seiner Groß­ eltern, je gesehen zu haben. Der Film begibt sich mit ihm auf die lang ersehnte Reise zum Ort der Erzählungen der Groß­ eltern, der dem Enkel zu einem inneren Ort einer abwesenden, mythisch präsenten Heimat wurde.

21:00

The film is dedicated to the monk and composer Komitas, and to those of his people who perished in 1915. Komitas spent the last 20 years of his life in various mental hospitals.

25 apr

Voyage To Amasia

Nor Bayazid (heute Gawar, Armenien) gebo­ ren. 1965 drehte er den Film Hello, That's Me!, der bis heute einen wichtigen Teil ar­ menischer Filmgeschichte darstellt. FRUNZE DOVLATYAN was born in 1927 in Nor-Bayazet (today's Gavar, Arme­ nia). In 1965 he shot the film Hello, That's Me!, which is an important part of Arme­ nian film history until today.

CARLA GARAPEDIAN, geboren 1970 in Südkalifornien, ist eine Dokumentarfilmerin. Sie hat für NBC und BBC gearbeitet. 2006 wurde ihr Film Screamers mit dem begehr­ ten AFI Publikumspreis ausgezeichnet. CARLA GARAPEDIAN, born in 1970 in Southern California, is a documentary film­ maker. She has been working for NBC and BBC. In 2006 her film Screamers won the coveted AFI Audience Award.

ÖZCAN ALPER, geboren 1975 in Hopa,

TÜRKEI 2011, 108 MIN, DOKUMENTARISCHER SPIELFILM, REGIE: ÖZCAN ALPER (ANWESEND) Mit dem Bewusstsein originär kinematographischer Sprache erzählter poetischer Film über die Reise einer jungen Frau auf der Suche nach alten, elegischen Gesängen in Anatolien, die zu einer Begegnung mit dem Völkermord an den Armeniern als auch mit dem Schicksal der in jüngerer Vergangenheit ge­ schehenen Verfolgung und Ermordung der Kurden wird und so auch in die Gegenwart weist.

18:00

A portrait of a rock group and its Armenian musicians who broach the issue of the mass murder of the Armenians again and again in their concerts.

Future Lasts Forever

Komitas

16:00

LUSIN DINK, geboren 1981 in Istanbul,

21:00

The film's protagonist, a US-American composer of Armenian origin composed a work named Voyage To Amasia, without having ever been to Amasia his grandparents' homeland. The movie embarks on a longed for journey to grandparents' tales which has become a place of an absent and mythically present homeland to the grandchild.

Türkei, ist ein türkischer Filmemacher. Er war an vielen Produktionen als Regieassis­ tent und Produktionsleiter beteiligt. Als Regisseur hat er Kurz- und Dokumentar­ filme gedreht. ÖZCAN ALPER, born in Hopa, Turkey in 1975, is a Turkish filmmaker. He has been working as assistant director and produc­ tion manager in various productions. He directed short films and documentaries.

DON ASKARIAN, geboren 1949 in ­ tepanakert, Bergkarabach, ist ein Filme­ S macher armenischer Herkunft. In Deutsch­ land hat er unter anderem mit ARD, ZDF, WDR und Arte gearbeitet. DON ASKARIAN, born in 1949 in ­Stepanakert, Nagorno-Karabakh, is a film­ maker of Armenian origin. In Germany he has cooperated with TV-Stations like ARD, ZDF, WDR and Arte.

RANDY BELL, Dokumentarfilmer aus Washington und ERIC V. HACHIKIAN, armenisch-amerikanischer Komponist, pro­ duzierten gemeinsam Voyage to Amasia. ­Beide wurden für ihre bisherige Arbeit mehr­ fach ausgezeichnet. RANDY BELL, documentary filmmaker from Washington and ERIC V. H ­ ACHIKIAN, Armenian-American composer, produced Voyage to Amasia together. Both have been awarded with several prizes for their previ­ ous work.

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ESSAY VON JÜRGEN GOTTSCHLICH

Hart aber nützlich Wie deutsche Offiziere, Diplomaten und Politiker sich beim Völkermord an dem Armeniern mitschuldig machten Es begann mit dem Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg an der Seite Deutschlands. »Ich habe auf einem klaren schriftlichen Befehl Enver Paschas an Admiral Souchon bestanden, damit uns später nicht vorgeworfen werden kann, wir hätten die Türkei hinterlis­ terweise in einen von ihr nicht gewollten Krieg hineinge­ zogen«. Dieses Schreiben des damaligen Staatssekretärs Zimmermann an seinen vorgesetzten Außenminister Jagow legt offen, worum es damals ging. Nach dem für Deutschland mißlungenen Auftakt des Krie­ ges in Frankreich, nachdem die deutschen Truppen an der Marne stecken blieben und der angestrebte Blitzsieg gegen Frankreich gescheitert war, brauchte das Deutsche Kaiserreich dringend Verbündete, um einen langandauern­ den Zwei-Fronten Krieg mit Frankreich und Rußland durch­ halten zu können. Um das vorrangige Kriegsziel, eine gleichrangige Welt­ macht mit England zu werden, dennoch zu erreichen, taten die Deutschen genau das was Zimmermann per Aktennotiz glaubte ungeschehen machen zu können: Sie manövrier­ ten das Osmanische Reich in den Krieg. Auch wenn es einen schriftlichen Befehl des türkischen Kriegsministers Enver Pascha an den deutschen Admiral Souchon gab, wa­ ren es doch die unter türkischer Flagge fahrenden deut­ schen Schiffe Goeben und Breslau, die gegen den Wunsch der großen Mehrheit im türkischen Kabinett, ohne Vorwar­ nung und ohne Kriegserklärung das Feuer auf russische Häfen im Schwarzen Meer eröffnete und damit die türki­ sche Neutralität beendete. Wäre die Türkei neutral geblieben, oder hätte sie gar an der Seite der Entente gestanden, kann man sicher davon aus­ gehen, dass es den Völkermord an den Armeniern im Osma­ nischen Reich so nicht gegeben hätte. Deutschland selbst hatte nichts gegen die Armenier, aber es hatte auch nichts für sie. Unterstützt worden war die christliche armenische Minderheit vor dem Krieg hauptsächlich von England, den USA, Frankreich und Russland, also genau der Koalition, die im Ersten Weltkrieg gegen die Mittelmächte kämpfte. Für die türkisch-osmanischen Regierungen, angefangen von Sultan Abdülhamid bis zu den Jungtürken, die 1909 den Sultan stürzten und selbst die Macht übernahmen, war das Drängen der europäischen Großmächte zugunsten von Re­ formen für die Armenier ein permanentes Ärgernis. Aus ihrer Sicht benutzten die Großmächte die armenische Minderheit, um sich in die Innenpolitik des Osmanischen Reiches einzu­ mischen. Letztlich glaubten die Machthaber in Konstantino­ pel, die anderen Mächte wollten mit Hilfe der Armenier das Reich zerstückeln und zerschlagen. Deutschlands strategisches Interesse war dagegen, das Osmanische Reich als Ganzes zu erhalten und als »Großer Bruder« der Türken, den Orient zu seinem Einflussgebiet zu machen, vom dem aus den Engländern und Russen Pa­ roli geboten werden konnte. Als die erste großen Schlacht der Türken an der Seite Deutschlands im Januar 1915 gegen die Russen im Kau­ kasus dramatisch verloren ging, brauchten die türkischen und deutschen Befehlshaber einen Sündenbock, den man

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für die Niederlage verantwortlich machen konnte. Deshalb übernahmen auch die entscheidenden deutschen Offiziere die Dolchstoßlegende, Schuld seien die Armenier gewesen, die angeblich im Auftrag der Russen dem türkischen Heer in den Rücken gefallen wären. Damit war die Basis dafür gelegt, dass deutsche Offiziere die Deportation der armenischen Bevölkerung, zunächst aus den Provinzen im Osten entlang der russischen Front, als kriegsnotwendig unterstützten und die Durchführung der Deportationen, mit überwachten. Es mag sein, dass der deutsche Generalstabschef im türkischen Heer, Gene­ ralleutnant Fritz Bronsart von Schellendorf, der Operati­ onschef des türkischen Heeres, Otto von Feldmann, der deutsche Marineattache Hans Humann und nicht zuletzt der deutsche Botschafter Hans Freiherr von Wangenheim, zunächst tatsächlich glaubten, dass es nur darum ging, die armenische Zivilbevölkerung aus der kriegsgefährdeten Zone in sichere Gebiete umzusiedeln. So schrieb Wangenheim am 31. Mai 1915 an Reichskanzler Bethmann Hollweg, Enver Pascha wolle zur »Eindämmung armenischer Spionage alle nicht ganz einwandfreien Famili­ en nach Mesopotamien umsiedeln. Er bittet dringend, dass wir ihm hierbei nicht in den Arm fallen«. Wangenheim befür­ wortete die Deportationen, weil angeblich die »von Rußland genährte armenische Wühlarbeit Dimensionen angenommen hat, welche den Bestand der Türkei bedrohen«. Selbst wenn Wangeheim das wirklich glaubte, weil er von den deutschen Offizieren davon überzeugt worden war, spricht doch viel dafür, dass zumindest Bronsart von Schellendorf und Hans Humann von Anfang an klar war, dass es tatsäch­ lich um die Vernichtung der Armenier ging. Als der deut­ sche Konsul in Mossul, Walter Holstein am 10. Juni 1915 Botschafter Wangenheim in Konstantinopel ein entsetztes Telegramm schickte, in dem er beschrieb, dass die Arme­ nier aus Diyarbakır, die angeblich nach Aleppo umgesiedelt werden sollten, stattdessen als Leichen den Tigirs hinunter geschwommen kamen, insgesamt mehr als 600 schwer ver­ stümmelte Tote, schrieb Hans Humann unter das Telegramm: »Die Armenier werden – aus Anlaß ihrer Verschwörung mit den Russen! – jetzt mehr oder weniger ausgerottet. Das ist hart aber nützlich!« Flottenadmiral Souchon, derselbe der mit seinem Vorstoß ins Schwarze Meer im Oktober 1914 die Türkei in den Krieg trieb, schrieb im Juli 1915 in sein Tagebuch: »Die Türken gehen gegen die Armenier mit orientalischer Gründ­ lichkeit vor, sie sollen aber vollkommen im Recht dazu sein, da alle Berichte darin übereinstimmen, daß die Armenier im ganzen Land in hochverräterischer Weise den Feind un­ terstützen. Ich möchte es den Türken wünschen, dass sie die Armenier ganz los würden ...« Auch Botschafter Wangenheim, der immer mehr alarmie­ rende Berichte seiner Konsuln bekam, musste gegenüber Reichskanzler Bethmann Hollweg in einem Schreiben am 7. Juli 1915 einräumen: »Die Umstände und die Art wie die Umsiedlungen durchgeführt wird, zeigen, dass die Regie­ rung tatsächlich den Zweck verfolgt, die armenische Rasse im türkischen Reiche zu vernichten«.


Jasmin fotografiert von Esra Rotthoff


Das bedeutet, knapp zwei Monate nach Beginn der De­ portationen, war sowohl dem deutschen Botschafter wie den entscheidenden deutschen Offizieren klar, dass es da­ rum ging, die armenische Minderheit im türkischen Reich auszurotten. Einige Offiziere wie Marineattaché Humann, Generalstabschef Bronsart von Schellendorf und Admi­ ral Souchon begrüßten das, weil sie glaubten, die Türkei würde dadurch stärker und deshalb ein besserer Bündnis­ partner, andere, wie Botschafter Wangenheim waren zwar entsetzt, aber trotzdem bereit, den Mord an hunderttau­ senden Armeniern hinzunehmen. Warum das so war, erklärte Wangenheim seinem amerika­ nischen Kollegen dem US-Botschafter Henry Morgenthau kurz vor seinem Tod im Oktober 1915. Als Morgenthau ihm vorwarf, er sei der einzige gewesen, der die Massaker hätte stoppen können, es dennoch aber nicht getan hätte, sagte Wangenheim: »Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit der Türkei den Krieg zu gewinnen und nicht die Armenier zu retten«. »Die Türken«, so Wangenheim weiter, »nutzten den Krieg, um ein für allemal dafür zu sorgen, dass keine andere Macht nach dem Ende des Krieges mehr die Armenier dazu be­ nutzen könne, um sich in die innenpolitischen Angelegen­ heiten der Türkei einzumischen«. Trotzdem gab es nach dem überraschenden Tod ­Wangenheims Ende Oktober 1915 – er starb an den Folgen eines Schlaganfalls – noch einmal eine Situation, bei der es innerhalb der deutschen politischen Führung zu einem Disput über die Armenier kam. Den Anlass dazu gab der Nachfolger Wangenheims als deutscher Botschafter in Konstantinopel, Paul Graf Wolff ­Metternich, der im November 1915 sein Amt antrat. Anders als Wangenheim zuvor war Metternich nicht gewillt, aus übergeordneten politischen Interessen den Massenmord an den Armeniern einfach hinzunehmen. Er legte sich mit den deutschen Offizieren an, die den Genozid unterstützten und er forderte von Berlin, der türkischen Regierung mit Sanktio­ nen zu drohen, wenn sie das Morden nicht beenden würden. Obwohl er von Außenminister Gottlieb von Jagow v­ orsichtig unterstützt wurde, weil dieser immer mehr Angst davor bekam, dass die Alliierten nach dem Ende des Krieges D ­ eutschland für den Völkermord an den Armeniern mitverantwortlich ma­ chen würde, scheiterte Metternich auf ganzer Linie. Sein Ansinnen wurde von Reichskanzler Bethmann ­Hollweg schroff zurückgewiesen. Er schrieb Metternich zu seinem Vorschlag mit Sanktionen zu drohen: »Unser ein­ ziges Ziel ist es, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zugrunde gehen oder nicht. Bei länger andauerndem Krie­ ge werden wir die Türken noch sehr brauchen«. Auch die deutsche Oberste Heeresleitung war genau dieser Meinung. Als Marineattaché Humann und der damalige Militärattache Otto von Lossow sich bei General­stabschef von Falckenhayn beklagten, Metternich würde zu einer Be­ lastung für die deutsch-türkischen Beziehungen, war das Schicksal des Botschafters praktisch besiegelt. Nach nicht einmal einem Jahr im Amt, wurde der einzige hohe deutsche Politiker, der sich für die Armenier ernst­ haft eingesetzt hatte, von seinem Posten abberufen. Im Oktober 1916 musste Metternich gehen und der Völker­ mord an dem Armeniern im Osmanischen Reich wurde bis zum bitteren Ende durchgeführt.

Tough but useful It began with the entry of the Ottoman Empire into the First World War on Germany's side. »I insisted on a clear written order from Enver Pasha to Admiral Souchon, so we cannot be accused later of deceitfully drawing Turkey into a war she did not want«. This letter from then Secretary of State Zimmermann to his superior, Foreign Minister Jagow, reveals their intentions at that time. After Germany's unsuccessful start to the war in France— after which German troops were stuck on the Marne, and the envisaged lightning victory against France had failed to come to pass—the German Empire desperately needed allies to survive a long-term two-front war with France and Russia. To nevertheless achieve the primary war aim, becoming a world power equal to England, the Germans did exactly what Zimmermann believed he could erase by memoran­ dum: they manoeuvred the Ottoman Empire into the war. Even though there was a written order from Turkish War Minister Enver Pasha to German Admiral Souchon, it was still the German ships Goeben and Breslau, sailing under the Turkish flag, which, against the wishes of the vast ma­ jority of the Turkish Cabinet, without warning or a declara­ tion of war, opened fire on Russian ports in the Black Sea, thus ending Turkish neutrality. If Turkey had remained neutral, or even if they had joined on the side of the Entente, one can safely assume that the mass murder of the Armenians in the Ottoman Empire would not have proceeded the way it did. Germany itself had nothing against the Armenians, but it also did nothing for them. Before the war, the Christian Armenian minority was mainly supported by England, the USA, France and Russia—exactly the coalition that fought against the Cen­ tral Powers in the First World War. For the Turkish-Otto­ man governments, from Sultan Abdülhamid to the Young Turks, who had overthrown the Sultan in 1909 and taken power themselves, the major European powers' insistence on reforms for the Armenians was a permanent nuisance. In their view, the major powers were using the Armenian minority to interfere with the internal politics of the Otto­ man Empire. Ultimately, the rulers in Constantinople be­ lieved that the other powers wanted to use the Armenians to shatter and dismember the empire. Germany's strategic interest, however, was to preserve the Ottoman Empire as a whole and, as a »big brother« of the Turks, make the Orient part of its sphere of influence, from which it could compete with the British and Russians. When, in January 1915, the Turks' first major battle as Germany's allies against the Russians in the Caucasus was dramatically lost, the Turkish and German commanders needed a scapegoat that could be held responsible for the defeat. Therefore, even the key German officers took up the Dolchstoßlegende (literally »dagger stab legend«, idi­ omatically »stabbed-in-the-back myth«), in which the loss was the Armenians' fault, since they allegedly stabbed the Turkish army in the back, on Russian orders. Thus, the foundation was laid for German officers to sup­ port the deportation of the Armenian population—initial­ ly just from the provinces to the east along the Russian front—as necessary for the war effort, and also to monitor


ESSAY

how the deportations were carried out. It may very well be that the German chief of staff in the Turkish army, Lieuten­ ant General Fritz Bronsart von Schellendorf, the operations chief of the Turkish army, Otto von Feldmann, German Na­ val Attaché Hans Humann and, last but not least, the Ger­ man ambassador Hans Freiherr von Wangenheim, actually initially believed that the goal was to simply relocate Arme­ nian civilians from the vulnerable war zone to safe areas. Thus on May 31, 1915, Wangenheim wrote to Chancellor Bethmann-Hollweg that Enver Pasha wanted to »relocate all not quite irreproachable families to Mesopotamia in or­ der to curb Armenian espionage. He pleads that we do not tie his hands in this«. Wangenheim supported the deporta­ tions because apparently the »Armenian subversive activ­ ity, as nourished by Russia, has grown to dimensions that threaten Turkey's survival«. Even if Wangenheim really believed that, because he was convinced thereof by German officers, there is quite a bit of evidence that at least Bronsart von Schellendorf and Hans Humann were aware from the beginning that it was actually the annihilation of the Armenians that was at stake. On June 10th, 1915 the German consul in Mosul, Walter Holstein, sent a horrified telegram to Ambassador Wangenheim in Constantinople, in which he described how the Armenians from Diyarbakır, who were supposedly going to be relocated to Aleppo, were floating down the Tigirs as corpses instead—a total of more than 600 heavily muti­ lated dead. Under this telegram Hans Humann wrote: »The Armenians are—due to their conspiracy with the Rus­ sians!—now more or less eradicated. This is tough but useful!« Fleet Admiral Souchon, the same one who had driven Turkey into the war with his foray into the Black Sea in October 1914, wrote in July 1915 in his diary: »The Turks proceed against the Armenians with an oriental thoroughness, but they should be completely within their rights to do so, since all reports agree that Armenians all over the country support the enemy in treasonable ways. I hope that the Turks will be completely free of the Armenians ...« Even Ambassador Wangenheim, who had been receiving more and more alarming reports from his consuls, had to ad­ mit in a letter to Chancellor Bethmann-Hollweg on July 7th, 1915: »The conditions and the manner in which the reloca­ tion is carried out show that the government's actual inten­ tion is to destroy the Armenian race in the Turkish Empire«. This means that, just two months after the start of the deportations, it was clear to both the German Ambassa­ dor and key German officers that the extermination of the Armenian minority in the Ottoman Empire was the actual objective. Some officers like Naval Attaché Humann, Chief of Staff Bronsart von Schellendorf and Admiral Souchon welcomed this because they believed that Turkey would thereby become stronger and thus a better ally. Others, such as Ambassador Wangenheim, were indeed shocked, but still willing to accept the murder of hundreds of thou­ sands of Armenians. Wangenheim explained the justification for this to his Amer­ ican colleague, the US Ambassador Henry M ­ orgenthau, shortly before his death in October 1915. When Morgenthau accused him of refusing to act even though he was the only one who could have stopped the massacre, Berg Ararat Wangenheim said: »Our task is to win the war

together with Turkey and not to save the Armenians«. »The Turks«, Wangenheim continued, »used the war to ensure that no other world power could use the Armenians as an excuse to interfere in the internal political affairs of Turkey after the end of the war«. Nevertheless, after the unexpected death of Wangenheim at the end of October 1915—he died of a stroke—a situa­ tion arose once more, in which a dispute about the Arme­ nians came up within German political leadership. The reason for this came from Wangenheim's successor as German ambassador in Constantinople, Count Paul Wolff Metternich, who took office in November 1915. Un­ like Wangenheim before him, Metternich was not willing to simply accept the mass murder of the Armenians due to overriding political interests. He fought with the German officers who supported the genocide, and he demanded that Berlin threaten the Turkish government with sanctions if they did not stop the killings. Although he was cautiously supported by Foreign Minister Gottlieb von Jagow, who was more and more afraid that the Allies would make Germany co-responsible for the mass murder of the Armenians after the end of the war, ­Metternich failed completely. His request was rebuffed by Chancellor Bethmann-­Hollweg. He wrote Metternich with regard to his proposal to threaten sanctions: »Our only goal is to keep Turkey on our side until the end of the war, whether Armenians thereby perish or not. In prolonged wars, we will still very much need the Turks«. The German High Command was of exactly the same opin­ ion. When Naval Attaché Humann and then Military Atta­ ché Otto von Lossow complained to Chief of General Staff von Falckenhayn that Metternich was beginning to strain German-Turkish relations, the fate of the ambassador was practically sealed. After less than a year in office, the only high-ranking Ger­ man politician who had wholeheartedly supported the Ar­ menians was dismissed from his post. In October 1916 Metternich was forced to leave and the mass murder of the Armenians in the Ottoman Empire was executed until the bitter end.

JÜRGEN GOTTSCHLICH, geboren in Herne, studierte Publizistik und Philosophie in Berlin. 1979 war er Mitbegründer der Tageszeitung taz und in den 90er Jahren Mitglied der Chefredaktion. Anschließend stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung Wochenpost. Seit 1998 ist er als Korrespondent der taz und anderer deutscher Zeitungen in der Türkei tätig und hat mehrere Bücher über die Türkei veröffentlicht - zuletzt ist Beihilfe zum Völkermord – Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier im Christoph – Links Verlag Berlin erschienen.

JÜRGEN GOTTSCHLICH, was born in Herne. He studied journalism and philosophy in Berlin. In 1979 he was co-founder of the newspaper taz and member of its editorial board in the 90s. Subsequently deputy editor of the weekly newspaper Wochenpost. Since 1998 correspond­ ent in Turkey for taz and other German newspapers. He published several books about Turkey; most recently: Beihilfe zum Völkermord— Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier (Complicity in Genocide—Germany's role in the extermination of the Armenians).

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7. März 16:30 17:00 19:00 22:00 22:00

ERÖFFNUNG F

AUF MNEMOSYNES WOHL! // AURORAS // DISCREPANCIES VERNISSAGE RAVISHED ARMENIA // GRANDMA'S TATTOO FILMREIHE »ANRUFUNG« MUSA DAGH – TAGE DES WIDERSTANDS THEATER – PREMIERE, anschließend Party KOMITAS UND MARC SINAN LECTURE PERFORMANCE CHATSCHATUR KANAJAN KONZERT

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8. märz KOND // RETURN TO THE PROMISED LAND FILMREIHE »ANRUFUNG« 19:30 MUSA DAGH – TAGE DES WIDERSTANDS THEATER 12. märz 20:30 HISTORY TILT THEATER 13. märz 20:30 HISTORY TILT THEATER 14. märz 20:30 HISTORY TILT THEATER 15. märz 16:00 THE WHITE TOWN // DOCUMENTARIST FILMREIHE »ANRUFUNG« 20:30 HISTORY TILT THEATER 20. märz 19:30 MUSA DAGH – TAGE DES WIDERSTANDS THEATER 21. märz 19:30 DEDE KORKUT – UNPLUGGED THEATER 22. märz 16:00 RETURN OF THE POET FILMREIHE »ANRUFUNG« 18:00 DEDE KORKUT – UNPLUGGED THEATER 27. märz 19:30 MUSA DAGH – TAGE DES WIDERSTANDS THEATER – Theatertag 29. märz 16:00 BORDER FILMREIHE »ANRUFUNG«

programmübersicht

16:00

2. April 19:00 19:30 19:30 19:30 19:30 22:00 22:00

16:O0 17:O0 19:00 19:00 19:00 20:O0 20:00

MUSA DAGH – TAGE DES WIDERSTANDS THEATER REACHING THE LEVEL OF CONTEMPORARY CIVILISATIONS 2 PERFORMANCE von Hakan Savaş Mican – stündlich bis 22.30

MORDAKTE HRANT DINK GESPRÄCH mit Osman Okkan ENDLESS ESCAPE. ETERNAL RETURN FILMREIHE »ANRUFUNG« WO WARST DU DIE LETZTEN 100 JAHRE? PERFORMANCE VAHIDE, GROSSMUTTER! LECTURE PERFORMANCE von Marc Sinan NAHAPET FILMREIHE »ANRUFUNG«

17:O0 18:O0

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KARFREITAG

THE CUT FILM – anschließend Fatih Akın im Gespräch mit Knut Elstermann EXODUS AUS SIS LECTURE PERFORMANCE von Ischchan Tschiftdschjan ECLIPSE // DIYAR FILMREIHE »ANRUFUNG« NOCHMAL ANFANGEN. EINE ANNÄHERUNG PERFORMANCE von Katerina Poladjan WO WARST DU DIE LETZTEN 100 JAHRE? PERFORMANCE von Hans-Werner Kroesinger DER MOND IST UNSERE SONNE LESUNG von Nuran David Calis ARARAT FILM – anschließend Atom Egoyan im Gespräch mit Knut Elstermann WE DRANK THE SAME WATER FILMREIHE »ANRUFUNG«

4. April 16:O0

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GRÜNDONNERSTAG

3. April 17:00

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KARSAMSTAG

CHIENNE D'HISTOIRE FILMREIHE »ANRUFUNG« / inkl. VORTRAG DEUTSCHLAND UND DER GENOZID VORTRAG von Levon Sargsyan I LEFT MY SHOES IN ISTANBUL FILM von Nigol Bezjian AFTER THIS DAY LECTURE PERFORMANCE von Nigol Bezjian MY DEAR BROTHER VORTRAG von Osman Köker B Bühne

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DEUTSCHE VERANTWORTUNG DEBATTE mit Jürgen Gottschlich, Christin Pschichholz, Wolfgang Gust und Thomas Krüger

16:O0 16:00 16:00 18:00 18:00 19:00 20:30

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OSTERSONNTAG

OSTERBRUNCH PASSION UND AUFERSTEHUNG LECTURE PERFORMANCE von Armenuhi Drost-Abgarjan ANNE UND HANS LESUNG UND GESPRÄCH mit Doğan Akhanlı und Ron Rosenberg STONE TIME TOUCH FILMREIHE »ANRUFUNG« / MIT VORFILM BAGDADBAHN UND ZWANGSARBEIT VORTRAG VON DIETRICH EICHHOLTZ DIE KINDER VOM MUSA DAGH LECTURE PERFORMANCE von Anneliese und Gottfried Spangenberg AUCTION OF SOULS PERFORMANCE von Arsinée Khanjian 1915 FILMPREVIEW – anschließend Party NA MI NAZ OUNI KONZERT von Alina Manoukian NOSTALGIA FILMREIHE »ANRUFUNG«

6. April

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OSTERMONTAG K

17:00

CONFLICT FOOD SPECIAL KOCHSHOW von Ayham Majid Agha EN MUSA DAGH – TAGE DES WIDERSTANDS THEATER – Theatertag DE + engl. ÜT VERSTRICKUNGEN PERFORMANCE von Silvina Der-Meguerditchian DE WE CHOSE NOT TO ENTERTAIN A BUNCH OF PEOPLE WHO MASSACRED OUR ANCESTORS DE

17:00

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SAYFO. DER VÖLKERMORD AN DEN SYRO-ARAMÄERN VORTRAG von Amill Gorgis DE SCREAMERS FILMREIHE »ANRUFUNG« OmeU 18:00 BOLIS FILM von Eric Nazarian EN MY GRANDFATHER'S MUSIC (THE OUD MAKER) LECTURE PERFORMANCE von Eric Nazarian 19:30 DIE ARMENIER VON DIYARBAKIR KONZERT von S. Diken und Y. Bostancı EN 20:30 FUTURE LASTS FOREVER FILMREIHE »ANRUFUNG« OmeU 09. april 20:30 AGHET 99+1=100 THEATER DE 10. april 20:30 AGHET 99+1=100 THEATER DE 11. april 20:30 FAMILYTREES THEATER DE 12. april 20:30 FAMILYTREES THEATER DE 17. april 19:30 KOMITAS MUSIKTHEATER DE 18. april 19:30 KOMITAS MUSIKTHEATER DE 23. april 18:00 WEGE OHNE HEIMKEHR LESUNG von Corry Guttstadt DE 19:00 MUSA DAGH – TAGE DES WIDERSTANDS THEATER DE + engl. ÜT 21:30 ROTER SONNTAG 1915 – HYMNE AN DIE NAMEN PERFORMANCE von Kim Seligsohn 24. april 19:30 KOMITAS MUSIKTHEATER – anschließend Gespräch mit den KünstlerInnen DE 21:00 KOMITAS FILMREIHE »ANRUFUNG« DE 25. april 19:30 ARA ONNIK DINKJIAN KONZERT 21:00 VOYAGE TO AMASIA FILMREIHE »ANRUFUNG« DE + engl. Ü

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VORTRAG von Pierre Hecker GELBE STADT LECTURE PERFORMANCE von Ayham Majid Agha

18:00 18:00

DE in deutscher Sprache DE+engl.ÜT Deutsch mit englischen Übertiteln

DE+engl.ÜS Deutsch mit englischer Übersetzung EN in englischer Sprache

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07.März–25.April

22:00 22:00

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SAROYAN LAND FILMREIHE »ANRUFUNG« WO WARST DU DIE LETZTEN 100 JAHRE? PERFORMANCE YOU ARE NOT A FISH AFTER ALL TANZPERFORMANCE von Mihran Tomasyan THE DOOR IS OPEN LECTURE PERFORMANCE von Ezgi Kılınçaslan 1TO3+ KONZERT von Arto Tunçboyacıyan, Vahagn Hayrapetyan, Vardan Ovsepian und Artyom Manukyan

5. April 12:O0

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Originalfassung mit englischen Untertiteln Türkisch mit deutscher Übersetzung

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alina fotografiert von Esra Rotthoff


THEATER AM 12./13./14./15. MÄRZ 2015 UM 20:30

history tilt

HANS-WERNER KROESINGER, gebo­ ren 1962 in Bonn, gilt als einer der bedeu­ tendsten Vertreter des Dokumentar­theaters.

15. März 1921, Hardenbergstraße 17, Berlin-Charlotten­ burg: Der junge Armenier Sologhmon Tehlirian erschießt den ehemaligen türkischen Innenminister und Großwesir Talaat ­Pascha, der maßgeblich verantwortlich für den Völ­ kermord an den Armeniern war und in einer Nacht-undNebel-Aktion mit Hilfe des deutschen Kaisers nach Berlin geflohen war. Der Täter wird von Passanten gestellt und verprügelt. Man sagt, er habe gerufen: »Nicht ich bin der Mörder, sondern er«. In dem Prozess schilderten erstmals Überlebende und Zeugen des Völkermords ihre Erlebnisse. Das Gericht spricht Tehlirian kurze Zeit später frei und stellt das Verfahren ein. In Dokumenten aus dem Politischen Archiv des ­Auswärtigen Amtes finden sich Berichte deutscher Diplomaten und Militärs zum Völkermord an den Armeniern, die nur für den »Hausgebrauch« bestimmt waren. Sie gelten als die zuverlässigsten Quellen über das damalige Geschehen und bilden zusammen mit dem Transkript des Prozesses das Ausgangsmaterial für History Tilt, ein Stück über das Schweigen zum Völkermord an den Armeniern.

March 15th 1921, 17 Hardenberg­straße, Berlin-Charlotten­ In seinen Inszenierungen beschäftigt burg: the young Armenian Sologhmon Tehlir­ian shoots the er sich zuletzt in Exporting War mit der former Turkish Minister of the Interior and Grand ­Vizier ­ deutschen Rüstungsindustrie und in ­Talaat Pasha—who was significantly responsible for the Schlachtfeld Erinnerung mit der Sicht auf mass murder of the Armenians and had fled to ­Berlin den 1. Weltkrieg aus Istanbul, Sarajevo und through a cloak-and-dagger action with the help of the Belgrad. Am Gorki erarbeitete ­Kroesinger ­German emperor. Pasha had fled there with the help of the im Rahmen des 1. Berliner Herbstsalons German emperor in a cloak-and-dagger operation. The gun­ die face-to-face-Performance Wo warst man was found and beaten by passers-by. He is said to have du die letzten 100 Jahre?. Mit dem arme­ shouted: »I am not the murderer, he is«. During the trial, nischen Völkermord hat er sich bereits in survivors and witnesses of the mass murder described their seiner Arbeit History Tilt 2006 beschäftigt. experiences for the first time. The courts acquitted Tehlirian HANS-WERNER KROESINGER, born a short while later and closed the case. 1962 in Bonn, is considered to be one of In documents from the political archives of the Foreign the leading proponents of documentary Office, there are reports from German diplomats and the theatre. In his recent productions, he has military regarding the mass murder of the Armenians that tackled the German armaments industry were only for »in-house use«. They are considered the most in Exporting War and perspectives on WWI reliable sources about those events and serve, together from Istanbul, Sarajevo and Belgrade in with the transcript, as the source material for History Tilt, Schlachtfeld Erinnerung (Battlefield Mem­ a piece about the silence surrounding the mass murder of ory). At the Gorki Kroesinger developed the the Armenians. face-to-face performance Wo warst du die letzten 100 Jahre?. His work History Tilt of

Konzept/Regie Hans-Werner Kroesinger Raum/Kostüm Valerie von Dorsch Licht Thomas Schmidt Mit Judica Albrecht, Godehard

Stillfried Sound/Musik Daniel Giese, Nicola Schößler,

2006 dealt with the topic of the Armenian genocide.

Lajos Talamonti Eine Produktion von Hans-Werner Kroesinger in Zusammenarbeit mit dem HAU, gefördert aus Mitteln der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin

AM 21. MÄRZ UM 19:30 UND 22. MÄRZ UM 18:00

Dede Korkut unplugged

DOKUFIKTIONALES MUSIKTHEATER VON MARC SINAN

MARC SİNAN, geboren 1976, Musiker und Komponist, realisierte vielbeachtete interkul­ turelle und multimediale Projekte, u. a. sein Projekt Hasretim – Eine anatolische Reise,

Dede Korkut, der singende und Laute spielende Weise des alten Turkvolks der Oghusen, besingt in der achten seiner Heldenerzählungen die Geschichte des einäugigen ­Tepegöz. Hineingeworfen in eine ihm fremde Welt wird das Kind einer Vergewaltigung zum erbitterten Feind derer, deren Anerken­ nung es vergeblich sucht. Dieser dramatische Konflikt bildete die Grundlage für Marc Sinans Komposition. Ein uralter My­ thos wird neu interpretiert und stellt aus der Vergangenheit Fragen an den aktuellen Umgang mit Schuld und ihrer Aner­ kennung. Sieben ­InstrumentalistInnen, eine Sängerin und ein Erzähler verbinden oghusische Erzähltradition mit Mitteln des modernen Theaters, traditionelle Musik mit zeitgenössischer Komposition und lassen einen mittelalterlichen Stoff mit der Gegenwart in einen kritischen Dialog treten.

Dede Korkut, the singing and lute-playing sage of the an­ cient Oghuz Turks, sings of the story of one-eyed Tepegöz in his eighth tale. Thrown into a strange world, the child of a rape becomes the bitter enemy of those whose rec­ ognition he seeks in vain. This dramatic conflict forms the basis for Marc Sinan's composition. A traditional myth is reinterpreted and uses questions from the past to interro­ gate the current treatment and recognition of guilt. Seven instrumentalists, a singer and a storyteller meld Oghuz nar­ rative tradition with modern theatrical devices, traditional music with contemporary composition, all while creating a space for critical dialogue between a medieval piece and the present.

ausgezeichnet mit dem Preis Welthorizont der deutschen UNESCO-Kommission. 2012 war Marc Sinan S ­ tipendiat des Auswärtigen Amts in der neueröffneten Kulturakademie Tarabya in Istanbul. Für das Gorki inszenierte er zuletzt gemeinsam mit den Dresdner Sin­ fonikern das Projekt Dede Korkut.

MARC SİNAN, born in 1976, musician and composer, has created acclaimed cross-cul­ tural and multi-media projects, including the composition Hasretim—Eine anatolische Reise (Hasretim—An Anatolian Journey), which was awarded with the »Welthorizont« prize from the German Commission for UNESCO. In 2012 the German Foreign Office awarded

Künstlerische Leitung / Komposition / Regie Marc Sinan Musikalische Leitung / Dirigat Fabián Panisello Choreographie Aydin Teker Bühne / Video Isabel Robson Kostüme Cleo Niemeyer Mit Jelena

Tarabya Cultural Academy in Istanbul. At the

Kuljić, Ulzhan Baibussynova, Johannes Lauer, Lars Rudolph, Marc Sinan, Sascha Friedl, Maria Schneider, Rolf Zielke

the Dresden Symphony Orchestra on the

Eine Gemeinschaftsproduktion der Dresdner Sinfoniker, des Maxim Gorki Theater Berlin, HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden, ­YMUSIC Berlin, TAK Theater Liechtenstein und Anadolu Kültür Istanbul

Sinan with a fellowship in the newly opened Gorki he has most recently collaborated with Dede Korkut project.

Die Wiederaufnahme im Rahmen von Es schneit im April – Eine Passion und ein Osterfest wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.

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alma fotografiert von Esra Rotthoff


OSTERFEST

VOM 02. – 06. APRIL

EIN Osterfest Die uralte Tradition des Osterfestes stellt die Reflexion über Tod und Verzweiflung unmittelbar neben die Feier des Siegs über die Endgültigkeit. In vielen armenischen Kirchen erklang der Ostergesang am 4. April 1915, fast auf den Tag genau vor 100 Jahren, zum letzten Mal. In einem Osterfest der besonderen Art wird das Gorki vom 2.–6. April zu einem Raum des Erzählens von Tod und Auf­ erstehung, von Zerstörung und Widerstand. Gegenüber des im Wiederaufbau befindlichen Kaiserschlosses kommen KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen aus der ganzen Welt zusammen, um Geschichte nicht abstrakt und reprä­ sentativ, sondern persönlich anhand konkreter Biografien zu erzählen. In Lecture Performances, Vorträgen, Lesun­ gen, Konzerten und Debatten beschreiben sie ihre persön­ liche Auseinandersetzung mit dem Völkermord und dem Leben danach. Ein Mosaik von erzählten Geschichten, die von Verlust und Angst, Flucht und Exil, Schuld und Mit­ schuld, von Glück und Scham des Überlebens berichten.

The age-old tradition of Easter places the contemplation of death and despair right next to the celebration of the vic­ tory over finality. In many Armenian churches, the Easter hymn was heard for the last time on April 4, 1915, almost exactly 100 years ago to the day. In an unique Easter cel­ ebration, the Gorki will become, from the 2nd to the 6th of April, a stage for the narrative of death and resurrection, of destruction and resistance. Across from the construction site where the emperor's palace is being rebuilt, artists and academics from around the world are gathering together to talk about history, not in an abstract and representative way, but in a personal one, based on concrete biographies. In lecture-performances, readings, concerts, lectures and debates, artists, researchers and authors describe their personal confrontation with the mass murder and life af­ terwards. A mosaic of stories told, which report sacrifices and fear, escape and exile, guilt and complicity, and the happiness and shame in survival.

Eine vollständige Übersicht über das Programm: S. 24–25

See pages 24—25 for the complete programme.

Das Osterfest wird unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung und der Stiftung »Erin­ nerung, Verantwortung, Zukunft«.

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Programm osterfest 02.–06. April

SELIN TUNÇ lebt in Istanbul und hat als Drehbuchautorin zahlreiche Fernseh­ serien, Dokumentarfilme und einen Film geschrieben. Sie studierte Klavier, promo­ vierte an der Fairleigh Dickinson University (USA) und erhielt den Master in Türkischer Literatur an der Bosporus-Universität. SELIN TUNÇ lives in Istanbul and is a script writer for TV series, documentaries and films. She studied piano, graduated at Fairleigh Dickinson University (USA) and received Master’s degree in Turkish Litera­ ture from ­Bosphorus University.

F   PERFORMANCE

Die Schreiberin Als Schreiben noch das Privileg Weniger war, waren die Schrei­ benden wichtige Vertrauenspersonen. Sie führten die Korrespon­ denz mit Behörden, formulierten aber auch private Briefe. Dem Schreibenden vertraut man Dinge an, die man sonst niemandem erzählt. Die Performance von Selin Tunç basiert auf der Idee, dass jeder eine Geschichte zu erzählen hat. Sie wird als Schrei­ berin die Geschichten des Publikums von Es schneit im April zu Papier bringen.

Back when writing was the privilege of the few, writers were im­ portant persons of trust. They conducted correspondence with the authorities, but also formulated private letters. You entrust a writer with things you would never tell anyone else. Selin Tunç's performance is based on the idea that everyone has a story to tell. As a scribe, she will put the stories of the protagonists of Es schneit im April (It Snows in April) down on paper.

02 Apr OSMAN KAVALA, geboren 1957, stu­ dierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Manchester. Er ist Vorsitzender von Anadolu Kültür, das Kunst- und Kultur­ programme in der Türkei organisiert, um Menschenrechte und ein pluralistisches Verständnis von Gesellschaft zu fördern. OSMAN KAVALA, born in 1957, studied Economics at the University of ­Manchester. He is currently acting as chair of Anadolu Kültür which is implementing arts and culture programs in Turkey in or­ der to promote human rights and a plural­ istic understanding of culture.

HAKAN SAVAŞ MİCAN, Autor, Filmund Theaterregisseur, geboren 1978 in Berlin, aufgewachsen in der Türkei. Seit 2008 arbeitet Mican am Theater und in­ szeniert unter anderem am Gorki. HAKAN SAVAŞ MİCAN, author, film and theater director, born in 1978 in ­Berlin, grew up in Turkey. Since 2008 he works as a theatre director, e.g. for the Gorki.

OSMAN

OKKAN, ist Mitbegründer und Vorstandssprecher des KulturForum Türkei Deutschland, sowie Autor mehre­ rer Dokumentarfilme, darunter die Reihe Menschenlandschaften – Sechs Autorenportraits der Türkei. und war als Redak­ teur und Moderator beim Westdeutschen Rundfunk für deutsch- und türkischspra­ chige Programme tätig. OSMAN OKKAN, Osman Okkan is found­ ing and board member of the KulturForum association Turkey-Germany as well as au­ thor of several documentaries such as the series »Menschenlandschaften—Sechs Au­ torenportraits der Türkei«. He worked as edi­ tor and host for the Westdeutscher Rundfunk broadcast for German-Turkish programmes.

GRÜNDONNERSTAG B

19:00

keynotes

VON OSMAN KAVALA UND ARSINÉE KHANJIAN

B   THEATER De mit engl. ÜT

19:00

musa dagh – Tage des Widerstands

EIN PROJEKT VON HANS-WERNER KROESINGER NACH DEM ROMAN DIE VIERZIG TAGE DES MUSA DAGH VON FRANZ WERFEL

R   PERFORMANCE De   1 € Einlasskarte AB 19:30 STÜNDLICH BIS 22:30

Reaching The Level of Contemporary Civilisations 2 INSTALLATION VON HAKAN SAVAŞ MİCAN

Hakan Savaş Mican inszeniert in seiner Installation die nationale Sehnsucht nach einer rein türkischen Automarke als ein Gedan­ kenspiel über Ersoy, das erste türkische Auto, und seine verwirr­ te Fahrt durch die verlorenen armenischen Städte und Straßen in Anatolien. Eine persönliche Auseinandersetzung mit Bruchli­ nien innerhalb der türkischen Gesellschaft und Nationalismus.

In his installation, Hakan Savaş Mican presents the national de­ sire for a purely Turkish car brand as a thought experiment about Ersoy, the first Turkish car, and his confused ride through lost Armenian cities and roads in Anatolia. A personal exploration of fault lines within Turkish society and nationalism.

P   VORTRAG De   1 € Einlasskarte

19:30

Mordakte Hrant Dink

EIN BERICHT MIT FILMBEISPIELEN VON OSMAN OKKAN

Im Januar 2007 ermordeten türkische Nationalisten den arme­ nischstämmigen Journalisten Hrant Dink, der sich gegen jede Form von Nationalismus engagiert hatte. Osman Okkan zeigt Passagen aus seinem Film Mordakte Hrant Dink über die Hin­ tergründe des Mordes in einem Klima von Leugnung des Völ­ kermords an den Armeniern, Repressionen türkischer Behörden und türkischem Nationalismus. Okkan beschäftigt sich aber auch mit zivilgesellschaftlichen Bewegungen, für die Dinks Tod ein Anlass war, um verstärkt gegen Nationalismus und für Mei­ nungsfreiheit, Erinnerung und Versöhnung zu kämpfen.

B Bühne

R Studio R

P Palais

E Eichensaal

In January 2007, Turkish nationalists murdered the Armenianjournalist Hrant Dink, who had been resolutely against all forms of nationalism. Osman Okkan screens excerpts from his film Mordakte Hrant Dink (Murder Case Hrant Dink) which deal with the background of the murder in a climate of denial of the mass murder of the Armenians, repression from Turkish authorities and Turkish nationalism. Okkan also examines the civic move­ ments for whom Dink's death was an opportunity to reinforce the fight against nationalism and to fight for memory, reconciliation and freedom of speech.

K Kantine

F Foyer


OSTERFEST

P   PERFORMANCE De   1 € Einlasskarte

AUCH AM 03. UND 04. APRIL (UM 19:00 UHR)

19:30

Wo warst du die letzten 100 Jahre?

ERZÄHLPERFORMANCE VON HANS-WERNER KROESINGER MIT SESEDE TERZİYAN UND ARAM TAFRESHIAN Kroesingers Projekt geht von der Idee aus, dass unser individuel­ ler Kosmos weit über den Zeitraum unseres eigenen Lebens hin­ ausreicht und Spuren früherer Generationen aus der fernen Ver­ gangenheit in sich trägt. In einer Eins-zu-eins-Situation erzählen die Ensemblemitglieder Sesede Terzıyan und Aram Tafreshian Zu­ schauerInnen die Geschichte ihrer letzten hundert Jahre: drama­ tische, politische und poetische Erinnerungen und Projektionen.

Kroesinger's project departs from the notion that our individual cosmos reaches well beyond our lifespan and carries traces from previous generations in the distant past. In a one-to-oneperformance Sesede Terziyan and Aram Tafreshian invites the audience to listen to the story of their last 100 years: dramatic, politic and poetic memories and projections.

P   LECTURE PERFORMANCE De 1 € Einlasskarte

Vahide, Großmutter!

22:00

ERZÄHLT VON MARC SINAN

Vahide stammte aus der Schwarzmeerstadt Ordu. 1915, sieben­ jährig, ließen ihre armenischstämmigen Eltern sie bei Freunden am Schwarzen Meer zurück auf der Flucht vor der osmanischen Armee. Sie wussten was auf sie zukommen würde, der Völker­ mord hatte sich lange angekündigt. Das Kind Vahide war einem ungewissen Schicksal ausgeliefert. Der deutsch-türkisch-armenische Musiker Marc Sinan erzählt von seiner Großmutter, von ihren Erinnerungen, ihrer Scham und ihrem Glück, in letzter Sekunde von gläubigen Muslimen adoptiert worden zu sein.

Vahide was from the city of Ordu on the Black Sea. 1915: at seven years old, her Armenian parents left her with friends back on the Black Sea when they fled from the Ottoman army. They knew what was coming for them, signs of the impending mass murder had begun to appear some time ago. The child Vahide was left to an uncertain fate. The German-Turkish-Armenian musician Marc Sinan relates the story of his grandmother, her memories, her shame and her luck to be adopted by devout Muslims at the last minute.

B   FILM De 5 € / 3 €

THE CUT

16:00

VON FATİH AKIN

Fatih Akıns Film erzählt den Leidens- und Überlebensweg eines jungen armenischen Familienvaters, der sich nach den Massakern auf der Suche nach seinen Töchtern von Aleppo bis in die USA durchschlägt. Die zentrale Metapher: Akıns Held verliert am Be­ ginn des Films durch die Gewalt der Häscher seine Stimme.

Fatih Akın's film tells of a young Armenian father's path to suf­ fering and survival. After the massacres, he struggles through a search for his daughters, from Aleppo to the United States. The central metaphor: His captors violently rob Akın's hero of his voice at the beginning of the film.

Fatİh akin im Gespräch mit Knut Elstermann

B   FILM en 5 € / 3 €

Ararat

20:00

VON ATOM EGOYAN

Mit dem Film Ararat (2002) brachte der Filmregisseur Atom Egoyan die Debatte um den künstlerischen Umgang mit der ­ Unbeschreibbarkeit des Völkermords weltweit ins Bewusstsein. ­Ararat ist ein Film über Filme, ein Kunstwerk über Kunst, eine Erzählung über die Möglichkeiten des Erzählens vor dem Hinter­ grund der realen Gräuel des Massenmords von 1915.

anschl.

als einer der bedeutendsten Vertreter des Dokumentartheaters. Er arbeitete als Au­ tor und Regisseur u. a. am Staatstheater Stuttgart, am Berliner Ensemble, am HAU Berlin und am Gorki. HANS-WERNER KROESINGER is considered to be one of the main players in the world of documentary theatre. He works as an author and director at many state and independent theatres, including Staatstheater Stuttgart, Berliner Ensem­ ble, HAU Berlin and the Gorki.

MARC SINAN arbeitet in Kooperation mit dem Gorki am Projekt Komitas, das sich mit dem armenischen Komponis­ ten und Musikwissenschaftler Komitas ­Vardapet befasst und desweiteren an sei­ nem neuen Projekt Aghet. MARC SINAN is cooperating with the Gorki on the Komitas project, which deals with the Armenian composer and musicol­ ogist Komitas Vardapet, as well as on his new project Aghet.

KARFREITAG

03 Apr

anschl.

HANS-WERNER KROESINGER, gilt

Through his 2002 film Ararat, director Atom Egoyan raised world-wide awareness of the debate about artistic methods for dealing with the indescribable mass murder of a people. Ararat is a film about films, a work of art about art, a story about the possibilities of storytelling in the context of the very real horrors of the mass murder of 1915.

atom egoyan im Gespräch mit Knut Elstermann

FATİH AKIN ist Filmregisseur, Drehbuch­ autor und Produzent. Er produzierte Spielfil­ me wie Gegen die Wand und Auf der anderen Seite wie auch Dokumentar- und Kurzfilme. Er ist auf internationalen Filmfestivals ver­ treten und erhielt renommierte Preise wie den Goldenen Bären, den Deutschen und Europäischen Filmpreis. FATİH AKIN is a film director, screenwriter and producer. He produced feature films like Gegen die Wand and Auf der Anderen Seite as well as documentaries and short films. He is represented at international film festivals and won prestigious awards, including the Golden Bear or the German and European Film Award.

ATOM EGOYAN hat mehrere Preise, un­ ter anderem fünf Preise beim Cannes Film Festival, gewonnen und wurde zweimal für die Academy Awards nominiert. Egoyans Kunst­installationen wurden unter anderem bei der Biennale von Venedig. Seine gefei­ erte Produktion von Wagners Die Walküre mit der Canadian Opera Company wurde Anfang dieses Jahres wieder aufgenommen. ATOM EGOYAN has won numerous awards including five prizes at the Cannes Film Festival and two Academy Award nominations. Egoyan's art installations have been presented at the Venice Bien­ nale. His acclaimed Canadian Opera Com­ pany production of Wagner's Die Walkure has been incorporated to repertoire earlier this year.

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KATERINA POLADJAN, geboren 1971 in Moskau, ist Schauspielerin, Hörspiel­ sprecherin und Schriftstellerin. Sie spiel­ te in Filmen wie Der Untergang und The Cut. 2011 wurde ihr Debütroman In einer Nacht, woanders veröffentlicht. KATERINA POLADJAN, born in 1971 in Moscow is actress, voice actress and writer. She played in films like Der Untergang and The Cut. In 2011 her debut novel In einer Nacht, woanders was published.

ISCHCHAN TSCHIFTDSCHJAN wurde in Beirut geboren. Er studierte im Libanon und in Deutschland Armenologie und Theo­ logie. Er lehrte Theologie und Genozidstudi­ en in Deutschland und im Libanon. ISCHCHAN TSCHIFTDSCHJAN was born in Beirut; he studied theology and Armenology in Lebanon and Germany and has taught theology and genocide studies in Germany and Lebanon.

NURAN DAVID CALIS wurde als Sohn ar­ menisch-jüdischer Einwanderer in Bielefeld geboren. Er arbeitet als Regisseur, Theaterund Drehbuchautor. Für seine Werke und Inszenierungen wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. 2011 erschien sein Debütroman Der Mond ist unsere Sonne. NURAN DAVID CALIS was born in Bielefeld as the son of Armenian-Jewish immigrants. He works as director, play­ wright and screenwriter. For his work and productions he was awarded with several prizes. In 2011 his debut novel Der Mond ist unsere Sonne was published.

R   PERFORMANCE De 5 € / 3 €

19:00

nochmal anfangen. eine annäherung

LECTURE PERFORMANCE VON UND MIT KATERINA POLADJAN UND HENNING FRITSCH Katerina Poladjan schreibt ihren dritten Roman. Sie öffnet den Prozess, präsentiert mögliche Anfänge, reflektiert das Schrei­ ben über Armenien und seine Geschichte, lauscht in die fremde Sprache und zeigt Bilder von einer Reise zum Text. Sie wird dabei begleitet von Sven Möller an der Klarinette.

Katerina Poladjan is writing her third novel. She opens the pro­ cess up, presents possible beginnings, contemplates writing about Armenia and its history, listens in a foreign language and displays images from a trip for the text. She is accompanied by Sven Möller on clarinet.

P   LECTURE PERFORMANCE De   1 € Einlasskarte

17:00

Exodus aus Sis

DIE GESCHICHTE EINER RETTUNG, ERZÄHLT VON ISCHCHAN TSCHIFTDSCHJAN Die Familie von Ischchan Tschiftdschjan verdankte ihre Rettung dem türkischen Müftü der Stadt Hafiz, Osman Camurtan. Er hatte den armenischen Flüchtlingen aus Sis (heute Kozan, Südosttür­ kei) 1920 Asyl und Schutz vor den Bedrohungen gewährt. 2010 kam es zu einer Begegnung zwischen den Nachfahren der geret­ teten armenischen Familie und jenen Camurtans in Sis – neunzig Jahre nach dem Exodus aus Sis beginnt ein Kapitel der Verständi­ gung. Tschiftdschjan geht der Geschichte seiner Familie mit Wor­ ten, Gesang und Bildern nach.

Ischchan Tschiftdschjans family survived thanks to the Turkish mufti Osman Camurtan from Hafiz. He had provided shelter to the Armenian refugees from Sis (today Kozan, Southeast Tur­ key) in 1920. In 2010 the descendants of the rescued Armenian family visited the descendants of Mr. Camurtan in Sis? Ninety years after the exodus from Sis a new chapter of dialogue begins. Ischchan Tschiftdschjan tells the story of his family with music, songs and pictures.

P   LESUNG De   1 € Einlasskarte

19:00

Der Mond ist unsere Sonne

EINE LESUNG UND EINE ERZÄHLUNG VON UND MIT NURAN DAVID CALIS Nuran David Calis liest aus seinem Roman Der Mond ist unsere Sonne, der von Alen erzählt, der nach dem Tod seines Vaters die Schule schmeißt, als Türsteher arbeitet, vom großen Geld träumt und zurück bleibt, als Schattenwesen zwischen Nacht und Tag, Vergangenheit und Gegenwart. Als sein Onkel ihm die Geschichte seiner Familie erzählt, macht er sich auf in eine fremde H ­ eimat, nach Armenien.

Nuran David Calis reads from his novel Der Mond ist unsere Sonne: it follows the story of Alen, who leaves school after the death of his father, works as a bouncer, dreams of big money and remains a shadow being between night and day, past and present. After his uncle tells him the story of his family, he sets out for a foreign homeland, for Armenia.

KARSAMSTAG

04 Apr THOMAS KRÜGER, geboren 1959 in Butt­ städt, ist seit 2000 Präsident der Bundeszen­ trale für politische Bildung (bpb). 1989 war er eines der Gründungsmitglieder der Sozial­ demokraten in der DDR. Von 1994 bis 1998 war er Mitglied des Deutschen Bundestages. THOMAS KRÜGER, born in 1959 in Buttstädt, is the president of Bundes­ zentrale für politische Bildung (bpb) since 2000. In 1989 he was one of the founders of the Social Democrats in the GDR. From 1994 to 1998 he was a member of the German Bundestag.

JÜRGEN GOTTSCHLICH studierte ­Publizistik und Philosophie in Berlin, war Mit­ begründer und Chefredakteur der taz sowie Korrespondent in der Türkei, anschlie­ ßend stellvertretender Chefredakteur der Wochenpost. Gottschlich veröffentlichte mehrere Bücher, zuletzt Beihilfe zum ­Völkermord – Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier. JÜRGEN GOTTSCHLICH studied journal­ ism and philosophy in Berlin, was co-founder and member of editorial board of the news­ paper taz as well as correspondent in Tur­ key for taz and other German newspapers. He published several books, most recently: ­Beihilfe zum Völkermord—Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier.

B   DEBATTE De mit engl. ÜS

1 € Einlasskarte

19:00

DEUTSCHE VERANTWORTUNG Drei Annäherungen setzen sich mit der deutschen Rolle, der deutschen Mitverantwortung und der aktuellen und über Deutschland hinausgehenden Verarbeitung und Reflexion des Völkermords an den Armeniern auseinander. Moderiert von Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung) folgt eine Diskussion mit den Referenten Christin Pschichholz, Jürgen Gottschlich und Wolfgang Gust.

Three different approaches deal with the German »role«, ­German co-responsibility and contemplation of the mass murder of the Armenians. Followed by a discussion moderated by Thomas Krüger (President of the Federal Agency for Civic Education) with the speakers: Christin Pschichholz, Jürgen Gottschlich and ­Wolfgang Gust.

Mitschuld EINE ERZÄHLUNG VON JÜRGEN GOTTSCHLICH Deutschland war während des Ersten Weltkrieges enger Verbün­ deter des Osmanischen Reiches und mittelbar wie unmittelbar in den Völkermord an den Armeniern verwickelt. Jürgen Gott­ schlich schildert detailliert, wie deutsche Offiziere die Depor­ tationen der Armenier empfahlen, Diplomaten die Vertreibung der Armenier unterstützten und führende deutsche Politiker ein Einschreiten gegen den Völkermord verhinderten.

B Bühne

R Studio R

P Palais

E Eichensaal

Germany was a close ally of the Ottoman Empire during the First World War and, indirectly and directly, involved in the mass mur­ der of the Armenians. Jürgen Gottschlich details how German officers recommended the deportations of the Armenians, dip­ lomats supported their expulsion and senior German politicians prevented an intervention in the mass murder.

K Kantine

F Foyer


OSTERFEST

Human oder loyal? Johannes Lepsius und Siegfried von Lüttichau EINE SPURENSUCHE VON CHRISTIN PSCHICHHOLZ

Bis heute wird die deutsche Verantwortung am Völkermord an den Armeniern kontrovers diskutiert. Ein Beispiel für die unter­ schiedlichen Reaktionen auf den Völkermord innerhalb des Pro­ testantismus verdeutlicht die Gegenüberstellung von Siegfried von Lüttichau, Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde in Konstantinopel in den Kriegsjahren, und Johannes Lepsius, Gründer des Armenischen Hilfswerkes.

German responsibility for the genocide of the Armenians remains a controversial subject of discussion up to the present day. An example of the range of responses to the mass murder in Prot­ estantism is illustrated by a comparison between S ­ iegfried von Lüttichau, pastor of the German protestant church in Constan­ tinople during the war years, and Johannes Lepsius, founder of an Armenian charity.

Deutschland und der Völkermord an den ­Armeniern A subject like Germany and the mass murder of the Armenians contains many aspects: the course of the crime; Germany's role and complicity; the authenticity of the documents. Dealing with this issue also raises the question: After the Holocaust, can a German describe another genocide in which Germany partici­ pated, without being suspected of thereby concealing or qualify­ ing the Holocaust?

B   KONZERT 15 € / 10 €

1TO3+

22:00

MIT ARTO TUNÇBOYACIYAN, VAHAGN HAYRAPETYAN, VARDAN OVSEPIAN UND ARTYOM MANUKYAN

1TO3+ ist ein musikalisches Projekt von Arto Tunçboyacıyan, das auf gesellschaftliche Veränderungen und Bewegungen in der Welt mit Musik reagiert und sie zum Thema macht. Tunçboyacıyan spielte bislang mit den Musikern von 1TO3+ in verschiedenen Formationen. Im Gorki stehen das erste Mal alle vier Musiker gemeinsam auf der Bühne. Das Konzert versteht sich als eine kreative Interaktion, in der Texte und Musik der Beteiligten ineinander fließen, frei von Egoismus und falsch verstandenem Individualismus.

1TO3+ is a musical project by Arto Tuncboyaciyan that incorpo­ rates social changes and movements in the world into its mu­ sic, drawing attention to them at the same time. Tuncboyaciyan has previously played with musicians from 1TO3+ in various formations, but now all four musicians will be on stage together for the first time. The concert is conceived as a creative interac­ tion, into which the participants' lyrics and music flow together, free from egoism and misunderstood individualism.

R   FILM/ LECTURE PERFORMANCE en   1 € Einlasskarte

i left my shoes in istanbul Der Film folgt einem libanesisch armenischen Dichter (gespielt von Sako Arian), der sich auf eine Reise begibt, die schon seit einem Jahrhundert hätte stattfinden sollte. Es ist die Reise nach Istanbul, in die Stadt seiner Vorfahren, in der er seine kulturellen und literarischen Wurzeln findet.

After this day

17:00 EIN FILM VON NIGOL BEZJIAN

The film closely follows a Lebanese Armenian poet; embodied by Sako Arian, who embarks onto a journey that has been delayed for a century; the return to his ancestral city of Istanbul, where his cultural and literally roots are found.

EINE ERZÄHLUNG VON NIGOL BEZJIAN

Nigol Bezjian erzählt die Geschichte der ursprünglich jesuitischlazaristischen Antoura Schule im Libanon, die im Ersten Welt­ krieg von der jungtürkischen Regierung beschlagnahmt wurde. Dreieinhalb Jahre lang wurden in der Schule über 2000 arme­ nische Waisen, die den Völkermord überlebt hatten, ebenso wie eine geringere Anzahl an kurdischen Waisen der jungtürkischen Erziehung mit strengster Disziplin zwangsunterworfen. Es bleibt die Frage, was danach aus diesen Kindern wurde.

te über deutsche evangelische Gemeinden im Osmanischen Reich; nach Tätigkeit am Deutschen Historischen Museum Berlin forscht sie an der Universität Potsdam/ Lepsiushaus über die deutsche Wahrneh­ mung des Völkermords an der armeni­ schen Bevölkerung. CHRISTIN PSCHICHHOLZ wrote her doctorate on German protestant communi­ ties in the Ottoman Empire; she worked at the German Historical Museum in Berlin, and is now conducting research on the German perception of the mass murder of the Armenian people at the University of Potsdam / Lepsius House.

WOLFGANG GUST studierte Romanistik

EINE ANNÄHERUNG VON WOLFGANG GUST

Ein Thema wie Deutschland und der Völkermord an den ­Armeniern hat viele Aspekte: Den Hergang der Verbrechen; Deutschlands Rolle und Mitschuld; die Authentizität der Akten. Bei der Beschäftigung mit diesem Thema stellt sich auch die Frage: Kann ein Deutscher nach dem Holocaust einen weiteren Völkermord mit deutscher Beteiligung beschreiben, ohne in Ver­ dacht zu geraten, den Holocaust damit zu verschleiern oder zu relativieren?

CHRISTIN PSCHICHHOLZ promovier­

Nigol Bezjian will give a talk about a true story which is set in the Antoura Jesuit/Lazarist School in Lebanon that was taken over by the Young Turks government. The school then had become the center of Turkifying Armenian orphans who had survived the genocide along with; in much lesser number, Kurdish orphans. For three and a half years where more than 2000 orphaned children endured a draconian discipline until the end of World War One. The question that remains is what happened to orphans?

in Freiburg und Toulouse, sowie Betriebs­ wirtschaft in Bonn und Hamburg. Seit 1965 arbeitete er als Journalist für den SPIEGEL, war Leiter des Pariser Büros und stellvertre­ tender Auslandschef. Seit 1993 ist er als freier Publizist und Autor mit dem Schwer­ punkt Völkermord an den Armeniern aktiv. WOLFGANG GUST studied romance lan­ guages in Freiburg and Toulouse, as well as business management in Bonn and Ham­ burg. He worked as a journalist for SPIEGEL magazine, was head of the Paris office and deputy chief foreign correspondent. Since 1993 he has been active as a freelance journalist and author with a focus on the mass murder of the Armenians.

ARTO TUNÇBOYACIYAN, geboren in I­stanbul, ist ein türkisch-armenischer Musi­ ker. Seit 1981 lebt er in den USA und spielte unter anderem mit Jazz-Legenden wie Chat Baker, Al Di Meo­ la und Joe ­ Zawinul. Ge­ meinsam mit dem Oud-Spieler Ara D ­ inkjian war er Mitglied der Gruppe Night Ark und gründete gemeinsam mit Serj T ­ankian von System of a Down die Band Serart. ARTO TUNÇBOYACIYAN, born in ­Istanbul, is a Turkish-Armenian musician. He has lived in the United States since 1981 and played with jazz legends such as Chet Baker, Al Di Meola and Joe Zawinul. Together with oud player Ara Dinkjian he was a member of the group Night Ark, and founded the band Serart with System of a Down's Serj Tankian.

NIGOL BEZJIAN, in Aleppo geboren und Beirut aufgewachsen, ist Filmregis­ seur, Autor und Produzent. Er lebte unter anderem in den USA, wo er die New York School of Visual Arts besuchte. Er hat zahlreiche Filme produziert, insbesondere Dokumentarfilme wie Muron (2002) oder The Same Gate (2014), wurde zu diversen internationalen Filmfestivals eingeladen und erhielt mehrere Preise. NIGOL BEZJIAN, born in Aleppo and grew up in Beirut, is a film director, writer and producer. He lived among others in the US, where he attended the New York School of Visual Arts. He has produced numerous films in particular documenta­ ries like Muron (2002) or The Same Gate (2014), was invited to various international film festivals and won several prizes.

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MIHRAN TOMASYAN, Tänzer und Cho­ reograph, ist Mitbegründer der Cıprak Ayaklar Kumpanyası (Barfuß Company). Er arbeitete unter anderem in Frankreich, den USA, Armenien und der Türkei und tanzte mit der Sasha Waltz Kompanie. In Istanbul arbeitet Tomasyan mit Bewegung und Tanz in Kombination mit Video und Installationen.

MIHRAN

TOMASYAN, dancer and choreographer, is co-founder of Cıprak ­Ayaklar Kumpanyası (Bare Feet Company). He worked in France, USA, Armenia and Turkey and among others he danced with the Sasha Waltz Company. In Istanbul ­Tomasyan works on movement and dance with video and installations.

OSMAN KÖKER wurde 1957 in Maras geboren. Seit 1977 arbeitete er zunächst als Journalist für verschiedene Zeitun­ gen, u.a. für Baris, Özgür Gündem, Agos. 2003 bereitete er für den Verlag Aras das vierbändige Werk mit Schriften des arme­ nischen Historikers Kevork Pamukciyan vor. OSMAN KÖKER, was born in Maras in 1957. He initially worked as a journalist for several newspapers, including Baris, Özgür Gündem, and Agos, beginning in 1977. In 2003 he prepared a four-volume work of Armenian historian Kevork Pamukciyan's writings for the Aras publishing house.

EZGI KILINÇASLAN, geboren 1973 in der Türkei, machte ihren Universitätsab­ schluss in Kunst und Lehramt in Istanbul. Im Anschluss besuchte sie eine Meisterklas­ se an der Akademie der Künste Berlin. In ihrer Kunst thematisiert sie unter anderem Zuschreibungen, die sich angesichts einer migrantischen sowie weiblichen Identität als besonders eng und erstickend erweisen. EZGI KILINÇASLAN, born 1973 in Turkey, graduated in art and educational science in Istanbul. After her graduation she attended a Master class at the Univer­ sity of the Arts in Berlin. In her arts she discusses restricting prejudice because of migrant and feminine identities.

R   PERFORMANCE

5 € / 3 €

21:00

You are not a Fish after all TANZPERFORMANCE VON UND MIT MIHRAN TOMASYAN Der Körper hat in jeder Kultur eine andere Bedeutung. Mihran ­Tomasyan erinnert in einer Tanzperformance an die Ermordung von Hrant Dink und formt in Bewegungen und mit Fragmenten die Figur des auf offener Straße ermordeten armenischen Jour­ nalisten auf der Bühne nach. Er erschafft einen Raum, in dem er Schmerz erlebt, träumt und sich auf eine Reise durch Erfahrungsund Zeitschichten begibt. Wie ein Fisch versucht ­Tomasyan sich auf dieser Reise durch zahlreiche Gewässer zu begeben.

P   LECTURE PERFORMANCE Tr mit dt. ÜS

my dear brother

The body has a different meaning in every culture. Mihran Tomasyan recalls the murder of Hrant Dink in a dance perfor­ mance, replicating on stage the figure of the Armenian journalist, who was murdered in the middle of the street, through move­ ments and with fragments. He creates a space in which he expe­ riences pain, dreams and embarks on a journey through layers of experience and time. Tomasyan tries like a fish to embark on this odyssey through many waters.

1 € Einlasskarte

18:00

VON OSMAN KÖKER

Mithilfe einer großen Sammlung von Postkarten eröffnet Osman Köker in seinem Vortrag Einblicke in das Leben in der Türkei lebender Armenier im 20. Jahrhundert. Bilder der Großstadt Konstantinopel wie auch kleiner Dörfer in der östlichen Türkei zeigen, wie weit verbreitet und integriert armenische Gemeinden im Osmanischen Reich waren und welche Rolle sie in der Gesell­ schaft spielten.

In his lecture, Osman Köker provides insights into the life of the Armenians living in Turkey at the beginning of the 20th century through a large collection of postcards of daily life and scener­ ies. From scenes of urban Constantinople to small villages in the east, the images show how widespread and integrated Armenian communities were across the Ottoman territory and demonstrate their roles in society.

P   LECTURE PERFORMANCE en   1 € Einlasskarte

the door is open

21:00

EZGI KILINÇASLAN ERZÄHLT VON EINER BEGEGNUNG MIT FOLGEN

Ezgi Kılınçaslan traf 2008 im Libanon auf Elizabeth ­Kechegian, eine temperamentvolle aus Adana stammende Armenierin in ­ihren 90ern. Daraus entstand eine enge Beziehung, die mehrere Jahre anhielt. Kılınçaslan begann, in Beirut und Paris Geschich­ ten von ArmenierInnen aufzunehmen. Für viele ihrer Gesprächs­ partner war sie die erste Türkin, der sie ihre Geschichten anver­ trauten. Durch das Erzählen und Zuhören öffnete sich eine Tür in der 100 Jahre alten Mauer des Schweigens.

In 2008 Ezgi Kılınçaslan met Elizabeth Kechegian, a feisty Adana-born Armenian, then in her 90s. Thus began a close re­ lationship that lasted several years. Her response was to start recording oral histories in Beirut and Paris. For many of the Ar­ menians she spoke with, she was the first »Turk« they had told their stories to. It became a way to break down the 100-year wall of silence.

OSTERSONNTAG

05 Apr K

AB 12:00

osterbrunch ARSINÉE KHANJIAN, als Tochter arme­ nischer Eltern in Beirut geboren, lebt seit 1975 in Kanada. Sie studierte Politikwis­ senschaften in Toronto und kam durch ihren Mann Atom Egoyan zum Film. Sie spielte in zahlreichen Filmen (u. a. Das Haus der Lerchen und Ararat) und führte selbst Regie. 2006 erhielt sie als beste Hauptdarstellerin den Genie Award für den Film Sabah. ARSINÉE KHANJIAN, born to Arme­ nian parents in Beirut, has lived in Canada since 1975. She studied political science in Toronto and came to film through her husband Atom Egoyan. She has starred in numerous films (including La masseria delle allodole (The Lark Farm) and Ararat) and has directed as well. In 2006 she was awarded the Genie Award for best actress for the film Sabah.

B   SZENISCHE LESUNG en   5 € / 3 €

19:00

Auction of Souls

NACH DEM FILMSKRIPT RAVISHED ARMENIA

Im Jahr 1918 löste Ravished Armenia, der Augenzeugenbericht der damals 18jährigen Aurora Mardiganian, die schonungslos ihren Lei­ densweg durch die Massaker des Völkermords an den Armeniern beschrieb, eine Welle der Betroffenheit aus. Von der Verfilmung, die 1919 mit Aurora in der Hauptrolle entstand, sind heute sind nur wenige Szenen und das Skript erhalten. Die Kopien verschwan­ den wie die Erinnerung an Aurora, die 92-jährig völlig verarmt und vergessen in Los Angeles starb. Arsinée Khanjian rekonstruiert die Geschichte eines verzweifelten Versuchs, das Unbeschreibbare zu erzählen und verbindet die Geschichte von Aurora Mardiganian mit Berichten anderer Überlebender.

B Bühne

R Studio R

P Palais

E Eichensaal

In 1918, Ravished Armenia, the eyewitness account of then 18-year-old Aurora Mardiganian, which relentlessly described her ordeal through the massacre of the Armenians, triggered a wave of shock. Only a handful of scenes and the script have survived from the film version that was created in 1919 with Aurora in the leading role. The copies disappeared just like Aurora, who died penniless and forgotten in Los Angeles at 92 years old. Arsinée Khanjian reconstructs the story of a desper­ ate attempt to relate the indescribable and connects Aurora Mardiganian's story with reports from other survivors.

K Kantine

F Foyer


OSTERFEST

P  FILMPREVIEW en   5 € / 3 €

1915

20:30

PREVIEW DES FILMS VON GARIN K. HOVANNISIAN UND ALEC MOUHIBIAN

2015, exakt 100 Jahre nach dem Völkermord an den Armeniern, bringt ein Regisseur (Simon) ein Stück im Los Angeles Theatre zur Aufführung, um die Opfer dieser Tragödie zu ehren – ein entsetz­ liches Verbrechen, vergessen für ein ganzes Jahrhundert. Aber als Protestierende sein Theater umstellen und eine Serie mysteriöser Unfälle eine Panik unter seinen Schauspielern auslöst, zeigt sich: Die Geister der Vergangenheit sind überall.

In 2015, exactly 100 years after the Armenian Genocide, a thea­ tre director (Simon) is staging a play at the Los Angeles Theatre to honor the victims of that tragedy—a horrifying crime forgotten and denied for an entire century. But as protestors surround his theatre, and a series of mysterious accidents spread panic among his actors, we realize: the ghosts of the past are everywhere.

R   LECTURE PERFORMANCE De   1 € Einlasskarte

16:00

Passion und Auferstehung

ARMENISCHE PASSIONS- UND AUFERSTEHUNGS­ HYMNEN – EINE LESUNGS-PERFORMANCE MIT GESANG VON UND MIT ARMENUHI DROST-ABGARJAN Die Wissenschaftlerin Armenuhi Drost-Abgarjan setzt sich in ihrer Lesungs-Performance mit liturgischen Passions- und Auferste­ hungshymnen aus dem 1.500-jährigen Hymnarium der Armeni­ schen Apostolischen Kirche auseinander. Mit Gesang und Texten zur Passion und Auferstehung führt sie ein in die armenische ­Osterliturgie ein.

Professor Armenuhi Drost-Abgarjan explores liturgical Passion and Resurrection hymns from the 1,500-year-old hymnal of the Armenian Apostolic Church in her reading-performance. With song and lyrics about Passion and Ressurection she presents the Armenian Easter-liturgy.

R   LECTURE PERFORMANCE De   1 € Einlasskarte

18:00

Die Kinder des Musa Dagh

EINE LECTURE PERFORMANCE VON UND MIT ANNELIESE UND GOTTFRIED SPANGENBERG Gottfried und Anneliese Spangenberg waren mehr als 30 Jahre im Libanon für den Christlichen Hilfsbund im Orient tätig. In einer Lecture Performance berichten sie von ihrem Leben in Anjar, dem Dorf, in dem sich die überlebenden Armenier des Widerstands am Musa Dagh niederließen und von ihren Ausflügen auf den Mosesberg.

Gottfried and Anneliese Spangenberg worked with the Christ­ lichen Hilfsbund im Orient (Christian Charity in the Middle East) in Lebanon for more than 30 years. In a lecture-performance they recount their life in Anjar—the village where the Armenians who survived the resistance at Musa Dagh settled—and their trips to the Mountain of Moses.

R   KONZERT  5 € / 3 €

22:00

Na Mi Naz Ouni

EIN KONZERT MIT ALINA MANOUKIAN UND DEM GITARRISTEN SEBASTIAN ALBERT Mit ihrem Debüt-Album Na Mi Naz Ouni nimmt Alina Manoukian die Suche nach ihren Wurzeln auf eine für sie neue Weise auf. In 15 traditionellen armenischen Liedern, die Manoukian bearbeitete, findet sich der musikalische Ausdruck einer neuen, im Westen auf­ gewachsenen Generation von in der Diaspora lebenden Armeniern. Die neuen und gleichsam alten Lieder erzählen von der Schönheit der Natur, von unerwiderter Liebe und von Sehnsucht.

In her debut album Na Mi Naz Ouni Alina Manoukian searches for her roots through an approach she hasn't used before. The musi­ cal expression of a new generation of the Armenian diaspora that was raised in the West can be found in Manoukian's adaptations of 15 traditional Armenian songs. These new old songs tell of the beauty of nature, of unrequited love and of longing.

P   LESUNG UND GESPRÄCH De   1 € Einlasskarte

16:00

Anne und Hans

EINE ERZÄHLTE GESCHICHTE UND EIN GESPRÄCH VON UND MIT DOĞAN AKHANLI, RON ROSENBERG UND MEHMET YILMAZ »Wenn ich an Anne denke, sehe ich am Himmel die Kraniche kreisen.« So beginnt Doğan Akhanlıs Monologtext, der das Le­ ben der in Deutschland aufgewachsenen Türkin Sabiha erzählt, die auf der Haut ihrer toten Mutter Anne ein tätowiertes armeni­ sches Kreuz entdeckt und die Geschichte des Juden Hans, der sich als Nicht-Jude ausgibt und bei den Nazis Karriere macht. Eine Suche jenseits der Klammer des Schweigens, nach Erinne­ rungen, für die es keine Sprache gibt.

»When I think of Anne, I see cranes circle in the sky«. Thus be­ gins Doğan Akhanlıs monologue about the life of Sabiha, a Turk raised in Germany, who discovers a Armenian Cross tattooed on the skin of her dead mother Anne, and the story of Jewish Hans, who poses as a Non-Jew and has a carves out a career with the Nazis. A poetical research beyond the clamp of silence in search of memories for which there is no language.

GARIN K. HOVANNISIAN und ALEC MOUHIBIAN arbeiteten gemeinsam an 1915. Garin K. Hovannisian ist FullbrightStipendiat für Creative Writing. Er schrieb bereits für die Los Angeles Times, Liberty und das Literaturmagazin Ararat. Alec ­Mouhibian ist auch bekannt für seine Film­ produktion Heal America. GARIN K. HOVANNISIAN and ALEC MOUHIBIAN have written, directed and produced 1915 together. Garin K. ­Hovannisian is a recipient of the Fulbright OSTERN Fellowship in Creative Writing. He has writ­ ten for the Los Angeles Times, Liberty, and the literary journal Ararat. Alec Mouhibian is also known for his film production Heal America.

ARMENUHI DROST-­ABGARJAN stu­ dierte armenische Philologie in Jerewan. Sie promovierte in Tblissi. Seit 2010 ist sie Professorin am Seminar »Christlicher Orient« in Halle-Wittenberg. ARMENUHI DROST-­ABGARJAN stud­ ied Armenian Philology in Yerevan and received her doctorate from the University of Tbilisi. She has been a professor at the Martin-Luther-University Halle-Wittenberg since 2010.

Der evangelische Pastor GOTTFRIED ­SPANGENBERG, lebte von 1954 bis 1965 in Beirut und 1984 bis 2014 in Anjar im Libanon. Dort war Spangenberg für ein armenisches Schulinternat und eine arabi­ sche Tagesschule verantwortlich. Seine Frau ­Anneliese arbeitete als Krankenschwester und Hebamme. The protestant pastor GOTTFRIED ­SPANGENBERG lived in Beirut from 1954 to 1965 and in Anjar, Lebanon from 1984 until 2014. There Spangenberg was responsible for an Armenian boarding school and an Arabic day school. His wife Anneliese worked as a nurse and midwife.

ALINA

MANOUKIAN, geboren in ­eheran, wuchs als Tochter armenischer T Eltern in Hamburg auf. Nach einem Schau­ spielstudium an der UdK Berlin war sie am Deutschen Theater in Göttingen engagiert. Sie arbeitet als Sängerin, Schauspielerin und Sprecherin. ALINA MANOUKIAN was born to Armeni­ an parents in Tehran and grew up in Ham­ burg. She studied acting at the University of Arts in Berlin and had a several-year long engagement at the Deutsches Theater in Göttingen. She works as a singer, an ac­ tress and a speaker.

DOĞAN AKHANLI, geboren in der ­Türkei, ist Schriftsteller und lebt seit Mitte der 90er Jahre in Köln. Er war von 1985 bis 1987 als politischer Häftling im Militärgefängnis von Istanbul inhaftiert und wurde dort gefoltert. Er floh 1991 nach Deutschland. DOĞAN AKHANLI was born in Turkey in 1957. He has lived and worked as a writer in Cologne since the mid-90s. From 1985-1987 Akhanlı was kept as a politi­ cal prisoner at Istanbul's military prison, where we was tortured. He fled to Germany in 1991.

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DIETRICH EICHHOLTZ geboren 1930 in Danzig, ist ein deutscher Historiker. Er beschäftigt sich vor allem mit Kriegs- und Militärgeschichte und der Kriegswirt­ schaft in der deutschen Geschichte. Un­ ter anderem publizierte er auch über die Bagdadbahn. DIETRICH EICHHOLTZ born in 1930 in Danzig, is a German historian. He looks into matters of German war and military history and wartime economy. Among oth­ er topics he has published texts about the Baghdad Railway.

P  VORTRAG De   1 € Einlasskarte

18:00

Bagdadbahn und Zwangsarbeit

EIN KAPITEL DEUTSCHER GESCHICHTE ERZÄHLT VON DIETRICH EICHHOLTZ Im Osmanischen Reich waren beim Bau der Bagdad-Bahn deut­ sche Firmen, wie die Deutsche Bank AG und das Bauunterneh­ men Philipp Holzmann AG tätig und profitierten vom Einsatz ar­ menischer Zwangsarbeiter, die anschließend mit Hilfe der Bahn deportiert wurden. In seinem Vortrag wird Dietrich Eichholtz die Kontinuitäten zwischen dem Völkermord und der Zwangs­ arbeit armenischer Gefangener für deutsche Unternehmen beim Bau der Baghdad-Bahn bis zum System nationalsozialistischer Zwangsarbeit und dem Holocaust thematisieren.

German companies such as Deutsche Bank AG and the con­ struction company Philipp Holzmann AG were involved in the construction of the Baghdad Railway in the Ottoman Empire and benefited from forced labour. These labourers were later deport­ ed on this railway. In his lecture Dietrich Eichholtz will give a talk about the continuities between the genocide and the use of Armenian forced labourers for the construction of the ­Baghdad Railway by German companies till the holocaust and forced la­ bour in times of National Socialism.

OSTERMONTAG

06 Apr

ERIC NAZARIAN ist Filmemacher und Drehbuchautor. The Blue Hour, sein erster Autorenfilm, hatte auf dem 55. San Sebas­ tian International Film Festival Premiere. Für Serj Tankian animierte er das Musik­ video Occupied Tears. Er ist Mitglied der ­Armenian-Turkish Cinema Platform beim Internationalen Film Festival »Goldene ­Aprikose« in Armenien. Derzeit arbeitet er an My Grandfather's Music und der Filmad­ aption des Romans The Sandcastle Girls über den Völkermord an den Armeniern. ERIC NAZARIAN is a filmmaker, screen­ writer. The Blue Hour, his first film as writer-director, premiered at the 55th San Sebastian International Film Festival. He has directed the animation music video Occupied Tears for Serj Tankian. He is a part of the Armenian-Turkish Cinema Plat­ form at the Golden Apricot International Film Festival in Armenia. Currently, he is working on My Grandfather's Music and the film adaptation of the novel, The Sandcastle Girls by Chris Bohjalian, about the Armenian Genocide.

ŞEYHMUS DIKEN, 1954 als sunniti­ scher Kurde in Diyarbakır (Türkei) geboren, ist Schriftsteller und Chronist. Von 1999 bis 2013 arbeitete er als Berater des Bür­ germeisters der Städtischen Kommune von Diyarbakır. ŞEYHMUS DIKEN, born in 1945 as Sunni-Kurd in Diyarbakır (Turkey), is an author and chronologist. From 1999­to 2013 he worked as adviser for the mayor of the municipality of Diyarbakır. YERVANT BOSTANCI ist ein armenischer Oud-Spieler, der aus seiner Heimatstadt Diyarbakır 1976 nach Istanbul und 1992 in die USA auswanderte. Später kehrte er nach Diyarbakır zurück. YERVANT BOSTANCI is an Armenian oud player who moved to Istanbul from his home town Diyarbakır in 1976. He emi­ grated in 1992 to the USA and returned to Diyarbakır later on.

R   FILM /  LECTURE PERFORMANCE En   5 € / 3 €

Bolis

18:00

EIN FILM VON ERIC NAZARIAN

Bolis erzählt die Geschichte von Armenak Mouradian, einem Ar­ menier, der in der Diaspora lebt und nach Istanbul reist. Dort findet er das Oud-Geschäft seines Großvaters und das musika­ lische Erbe seiner Familie, das 1915 verschwand. Bolis war Teil des Omnibus-Film-Projekts Do not forget me Istanbul, das zum Istanbul-Kulturhauptstadtprogramm 2010 gehörte.

Bolis tells the story of Armenak Mouradian, an Armenian from the Diaspora returning to Istanbul to find his grandfather's oud shop and a family musical heirloom that disappeared during the Armenian Genocide in 1915. Bolis was part of the omnibus, Do Not Forget me Istanbul that was made in Istanbul as part of the European Capital of Culture 2010 Program.

my grandfather's music (The Oud maker) VON UND MIT ERIC NAZARIAN

Eric Nazarian porträtiert drei Generationen armenischer OudMeister aus Anatolien und geht dabei dem Musikinstrument und seinem internationalen Erbe auf den Grund. Die Geschichten und Musik von Meister Cengiz sowie das Vermächtnis seiner Meister Onnig Karibyan und Krikor Kehayan verflechten die Vergangenheit mit dem Überleben durch Musik und die Kraft dieses alten Instruments.

R   MUSIKALISCHE LESUNG Tr mit dt. ÜS

Eric Nazarian portrays three generations of Armenian oud mas­ ters from Anatolia, and thereby gets to the bottom of the m ­ usical instrument and its international heritage. The stories and ­music of Master Cengiz, as well as the legacy of his masters Onnig ­Karibyan and Krikor Kehayan, intertwine the past with survival through music and the power of this ancient instrument.

5 € / 3 €

19:30

Die Armenier von Dİyarbakir MIT ŞEYHMUS DIKEN UND YERVANT BOSTANCI

Zwei Freunde, die die Liebe zu ihrer Heimatstadt Diyarbakır ver­ bindet, treffen sich in Berlin. Şeyhmus Diken erzählt als Kenner der Historie, Politik und Kultur Diyarbakırs das Leben der Arme­ nier in der kurdischen Großstadt, das Alltagsleben von Kurden und Armeniern auf den Straßen und im Armenischen Viertel. Und er erzählt von einer Rückkehr. Denn als der ehemalige Bür­ germeister Diyarbakırs die Armenier in der Diaspora bittet, in ihre Heimatstadt zurückzukehren, folgt nur der Oud-Spieler Udi Yervant Bostanci diesem Aufruf. Eine Geschichte über den Ver­ lust und das Wiederfinden einer Heimat.

B Bühne

R Studio R

P Palais

E Eichensaal

Two friends, connected by a love for their hometown of Diyarbakır, meet in Berlin. As a connoisseur of Diyarbakır's history, politics and culture, Şeyhmus Diken recounts the life of Armenians in the Kurdish city: the day-to-day of Kurds and Armenians on the streets and in the Armenian quarter. And he talks about a return. Because, when the former mayor of Diyarbakır asked the Arme­ nians in the diaspora to return to their hometown, only the oud player Udi Yervant Bostanci answered the call. A story about the loss and rediscovery of a homeland.

K Kantine

F Foyer


OSTERFEST

P  PERFORMANCE De   1 € Einlasskarte

Verstrickungen

16:00

VON UND MIT SILVINA DER-MEGUERDITCHIAN

Die politische Allianz zwischen dem Wilhelminischen Kaiserreich und dem späten Osmanischen Reich galt als »Freundschaft«. Das Verhältnis basierte auf der Erwartung gegenseitigen Profitie­ rens. Wie ein Spinnennetz, das mit einem roten Faden geknüpft wird, hat Der-Meguerditchian in ihrer Installation Verstrickungen fotografische Darstellungen miteinander verflochten. Ihre Perfor­ mance erzählt von katastrophalen Auswirkungen, deren Folgen bis heute nicht überwunden sind.

The political alliance between the Wilhelmine Empire and the late Ottoman Empire was considered a »friendship«. The relationship was based on the expectation of mutual gain. Like a spider web tied together with a recurring theme, Der-Meguerditchian has intertwined photographic representations in her installation En­ tanglements. Her performance tells of the disastrous effects, the consequences of which remain to this day.

P   LECTURE PERFORMANCE En   1 € Einlasskarte

Die Gelbe Stadt

AYHAM MAJID AGHA wurde 1980

In Deir ez-Zor, also known as the »Yellow City«, sand is king for at least 200 days a year. This is also where the death march of many Armenians ended in 1915. Some of the survivors stayed. A community in the Armernian diaspora emerged in the »Yellow City«. Not long ago, the church was destroyed through the Assad regime, the Al-Nusra Front and the IS. Majid Agha talks about the Armenians in Deir ez-Zor.

in Syrien geboren, ist Absolvent der re­ nommierten Hochschule für Darstellende Künste in Damaskus, an der er von 2006 bis 2012 als Junior-Professor tätig war. Er arbeitete in zahlreichen Engagements an Theatern in Damaskus, Manchester, ­Amman, Beirut, Kairo, Seoul und Hannover. AYHAM MAJID AGHA was born in 1980 in Syria. He is a graduate of the well-known university for Performing Arts in D ­ amascus, where he was junior pro­ fessor from 2006­—2012. He worked in many theatres in Damascus, ­Manchester, ­Amman, Beirut, Kairo, Seoul and Hannover.

18:00

AMILL GORGIS wurde 1952 in Kbor-

P  VORTRAG De   1 € Einlasskarte

Sayfo. Der Völkermord an den Syro-Aramäern VORTRAG VON AMILL GORGIS

Im Ersten Weltkrieg wurde fast die gesamte christliche Popula­ tion auf dem Boden der heutigen Türkei vernichtet oder vertrie­ ben. Amill Gorgis erzählt in seinem Vortrag über den Völkermord an den Syro-Aramäern, über das Leiden und die Verfolgung und auch unter dem Aspekt des heutigen Dramas in Syrien.

During the First World War, nearly the entire Christian population in modern Turkey was exterminated or expelled. In his lecture on the mass murder of the Syriac Arameans, Amill Gorgis recounts the suffering and persecution, and also considers it in light of today's dramatic events in Syria.

E  VORTRAG De   1 € Einlasskarte

17:00

We chose not to entertain a bunch of people who massacred our ancestors EINE ERINNERUNG VON PIERRE HECKER

Weniger das politische Engagement der amerikanischen Band System of a Down für eine Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern, als vielmehr deren harsche Absage vor einem türkischen Publikum aufzutreten (»We chose not to entertain a bunch of people who massacred our ancestors«), sorgte in­ nerhalb der türkischen Rock und Heavy Metal-Szene für hitzige Diskussionen. Pierre Hecker spricht über Debatten um Kollek­ tivschuld, Rassismus, Aussöhnung, historische Aufarbeitung und die Vernetzung griechischer, armenischer, israelischer und ­türkischer MusikerInnen seit Ende der 1990er Jahre.

K  KOCHSHOW En   20 € / 15 €

DER-MEGUERDITCHIAN

g­ e­boren 1967 in Buenos Aires, lebt und arbeitet in Berlin. Sie initierte den ers­ ten Armenischen Diaspora Pavillon auf der 52. Venedig Biennale. Seit 2010 ist sie künstlerische Leiterin des Projektes ­Houshamadyan.org. SILVINA DER-MEGUERDITCHIAN born in 1967 in Buenos Aires, lives and works in Berlin. She curated the first Armenian Diaspora Pavilion at the 52nd Venice Bien­ nale. She has been the art director of the project Houshamadyan.org since 2010.

17:00

VON AYHAM MAJID AGHA

Deir ez-Zor, das auch die »gelbe Stadt« genannt wird, wird für min­ destens 200 Tage im Jahr vom Sand beherrscht. Hier endet 1915 der Todesmarsch der deportierten Armenier. Einige der Überleben­ den blieben. In der »Gelben Stadt« entstand eine armenische Di­ asporagemeinde. Die Kirche wurde vor nicht langer Zeit durch das Assad-Regime, die Al-Nusra Front und den IS zerstört. Majid Agha erzählt von den Armeniern in Deir ez-Zor.

SILVINA

It was less American band System of a Down's political engage­ ment for recognition of the Armenian genocide, than their harsh refusal to appear before a Turkish audience (»We chose not to entertain a bunch of people who massacred our ancestors«), that sparked heated discussions in the Turkish rock and heavy metal scene. Pierre Hecker discusses debates about collective guilt, rac­ ism, reconciliation, historical research and the networks that have been created between Greek, Armenian, Israeli and Turkish musi­ cians since the late 1990s.

Al-Bid (Syrien) geboren. Neben seiner Tätigkeit als Ingenieur engagiert er sich als Ökumene-Beauftragter der Syrisch-Or­ thodoxen Kirche von Antiochien in Berlin. AMILL GORGIS was born in 1952 in Kbor- Al-Bid, Syria. Besides his work as an engineer he is commissioner for the ecu­ menism of the Syrian Orthodox Church of Antioch in Berlin.

PIERRE HECKER ist wissenschaftli­ cher Mitarbeiter am Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien der Universität Marburg und Autor des Buchs Turkish Metal. Music, Meaning, and Morality in a Muslim ­Society. Gegenwärtig arbeitet er an einem Forschungsprojekt zum Thema The Politics of Hegemony in »post-Islamist« Turkey. PIERRE HECKER is a Research As­ sistant at a research centre for Near and Middle East studies at the University of Marburg. He is the author of the book ­ ­Turkish Metal. Music, Meaning, and Morality in a Muslim Society. Currently ­ he is part of a research project about The Politics of ­Hegemony in »post-Islamist« Turkey.

12:00

Conflict Food Special Ayham Majid Agha, ein tschetschenisch-armenisch-syrischer Koch und Schauspieler lädt die Gäste des Osterfestes zum kollektiven kulinarischen Fest ein. Es geht um die armenische Küche, deren Geschmäcker und Gerüche aus der Region des Nahen Ostens, um den Kaukasus und Zentralasien stammen. Es wird gekocht, geredet, erzählt und gestritten.

Ayham Majid Agha, a chef and actor from Deir ez-Zor, invites the Easter celebration guests to a collective culinary rapture. It's all about Armenian cuisine, whose flavours and aromas originate in the region around the Middle East, the Caucasus and Central Asia. There will be cooking, conversation, stories and disputes.

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Silvina fotografiert von Esra Rotthoff


VON MELY KIYAK

ESSAY

Erzählt der Künstler die ganze Wahrheit? Eine Meditation über unschuldige Mittäterschaft, über Kunst, Gedenken und Genozid Politische Ereignisse auf die Bühne zu bringen, ist stets ein Wagnis. Weil hinter der Wahrheit des Ereignisses stets die Wahrheit des Künstlers steckt. Wer Wahrheit sagt, meint oft d i e, also einzige Wahrheit. Das würde heißen, dass es eine allgemeingültige Perspektive auf alles gäbe. Wenn man darüber nur eine Sekunde nachdenkt, begreift man, dass das nicht stimmen kann. Der Künstler versucht Schicht für Schicht offen zu legen. Und manchmal wird ein Kunstwerk, ein Buch, ein Film, eine Ausstellung von einer unsichtbaren Schicht umhüllt, die einmal offen gelegt, alles auf den Kopf stellt. Ich möchte ein paar Beispiele über Kunst und Wahrheit stichpunkthaft antippen. In jenem Jahr, von dem es hieß, dass die Revolution in der Türkei ausgebrochen sei, lief ich über die Istanbul Biennale. Ich fand einen kleinen Fernseher mit einem Videovortrag der, wie ich finde, bedeutendsten, politischen, zeitgenössischen Künstlerin dieser Tage, Hito Steyerl. In ihrer video lecture ver­ folgte sie eine Patronenhülse, gefunden im ostanatolischen Van. Genau an jener Stelle hält sie die Hülse in die Kamera, an der sich die Spur ihrer Freundin und späteren PKK Kämp­ ferin Andrea Wolf 1998 verlor. Ausgehend von dieser Patro­ nenhülse thematisiert Hito Steyerl die Verbindungen zwischen Rüstungsindustrie und Kunstszene. Das Kunstwerk heißt: »Is the museum a battlefield?«. Ist das Museum ein Schlachtfeld? Dass der Hauptsponsor der Biennale, die Koc Holding, ihr Kapital mit Waffengeschäften verdiente, eine Kunstbienna­ le bezahlte und eine Kuratorin ernannte, die als Oberthema Widerstand im öffentlichen Raum vorgab, war in vielerlei Hinsicht so brisant, dass man gar nicht wusste, wo man an­ fangen sollte, nachzudenken. Im Grunde genommen sicherte jede Patrone, die im innertürkischen Konflikt mit den Kurden abgeschossen wurde, den Broterwerb jedes Künstlers dieser Biennale, ganz gleich, wie sehr dieser politischen Verhältnis­ se in seinem Werk anprangerte. Selbst Künstler aus dem Aus­ land, die meinten, mit dem Konflikt nichts zu tun zu haben und sich in ihren Werken völlig anderen Themen zuwandten, hatten mit dieser Patronenhülse, mit Hito Steyerl, mit dem Tod von Andrea Wolf, mit der türkischen Armee und der PKK und mit der Koc Holding zu tun. In den Finanzkreisläufen hinter der Biennale waren Dissidenten und Mitläufer, Künst­ ler und Zuschauer, Täter und Opfer miteinander verwoben. Wer hätte da noch Interesse, dass der Krieg beendet wird? Ei­ gentlich keiner der Profiteure, zu denen auch die Künstler zähl­ ten, sie bildeten eine unschuldige Mittäterschaft. Die daran anschließende Frage lautet: kann der Künstler dieses Abhän­ gigkeitsverhältnis überwindend eine unabhängige, individuelle Kunst schaffen? Und was ist von einer Kunst zu halten, die bei­ spielsweise Gentrifizierung anprangert und dabei verschweigt, dass Ausstellungskosten, Reisebudgets, Hotelunterbringung, Pinsel, Leinwand, Farbe nur deshalb bezahlt werden konnten, weil der Gastgeber durch die Gentrifizierung sein Geld an den Kapitalmärkten verdiente und damit Kunst und Kultur möglich macht? Auf dieser 13. Istanbul Biennale wurde von den ausstellen­ den Künstlern um die Vermögensverhältnisse des Gastgebers

ein großer Bogen geschlagen. Es war Hito Steyerl, die dieses Abhängigkeitsverhältnis unerschrocken anhand ihrer eigenen Biografie und ihres künstlerischen Schaffens offen legte. Und wahrscheinlich muss man Steyerls Frage mit einem Ja beant­ worten. Ja, das Museum ist ein Schlachtfeld! Und das Theater wohl auch. Und die Philharmonie und das Lichtspielhaus. Warum erscheint mir dieser Vorgedanke so wichtig, wenn ich doch eigentlich über Kunst, Genozid und Wahrheit nachden­ ken möchte? Weil durch Vertreibung ein Schaden an einer Gruppe Menschen entsteht und gleichzeitig einer anderen Gruppe ein Vorteil dadurch erwächst. Diese Erkenntnis ist für mich die allererste Wahrheit, vor allem. Wir können als Künstler unschuldige Mittäter sein, weil wir uns den Konti­ nuitäten und Abhängigkeiten nicht entziehen können, obwohl uns die politischen Verhältnisse nicht behagen. Auch wenn wir gedenken, scheint mir der wichtigste Gedanke zu sein, vorweg zu sagen: wir können schwer anprangern, wenn wir profitieren. Zur Degussa AG zählt die Tochterfirma Degesch. Mit deren Schädlingsbekämpfungsmittel ZyklonB wurden in Ausschwitz 1,1 Millionen Juden umgebracht. Nach dem Krieg hat die Bundesrepublik Deutschland ein Mahnmal exorbitanter Größe mitten in Berlin aufgebaut. Als Erinnerung an und Zeichen der Scham für Millionen von Opfern. Die Stelen des K ­ unstwerks wurden mit einem besonderen Überzug vor ­ Schmierereien geschützt. Den Anti-Graffiti Schutz lieferte ausgerechnet ­Degussa und profitierte ein zweites Mal vom Holocaust. Still und heimlich verdiente natürlich noch jemand an diesem Kunstwerk. Es war der Künstler Peter Eisenman, der sich vehe­ ment dafür einsetzte, dass die Bauarbeiten weitergeführt wer­ den sollen, als ein Baustopp einsetzte, weil die Öffentlichkeit erregt debattierte, ob das Mahnmal durch die Beteiligung der Firma, die das Tötungsmittel für Juden lieferte, nicht »ent­ weiht« wurde. Ist das Holocaust Mahnmal jetzt belastet? Oder die Reputation des Künstlers? Ist der Künstler gar ein Lügner? Das Kunstwerk verlogen? Und wären das angrenzende Museum und das Denkmal »ehrlicher«, wenn dieser Teil der Wahrheit offengelegt werden würde?

Ist der Künstler gar ein Lügner? Das Kunstwerk verlogen? Und wären das angrenzende Museum und das Denkmal »ehrlicher«, wenn dieser Teil der Wahrheit ­o ffengelegt werden würde? Ich traf in Diyarbakır, jener Stadt in der Türkei, die mit ­ihrer Surp Giragos Kirche vor 1915 die größte armenische ­Gemeinde des Nahen Ostens beherbergte, einen Studenten der ­Architektur. Heute leben in Diyarbakır etwa 55 Armenier. Die Familie des Architekturstudenten ist verarmt. Der gebrech­ liche Vater rumpelt mit einem ollen Gemüse- und Obstkarren über das Diyarbakırer Altstadtpflaster und verkauft, was ­seine kranke Frau im Garten anbaut. Vor 1915 waren alle Apothe­ ken in der Hand der Armenier, die Ärzte waren A ­ rmenier, im

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­tadtparlament hielten armenische Bürger ein Drittel der S Mandate, die herrlichsten Häuser gehörten den Armeniern, das Handwerk war fest in armenischer Hand. Die Familie des A ­ rchitekturstudenten kann sich kein Haus in der Altstadt ­leisten. Sie sind Zugezogene, die nach der Vertreibung irgend­ wann um 1920 herum in Diyarbakır strandeten. Ich fragte den Architekturstudenten, was für eine Art Architekt er sein möch­ te. Und er antwortete: »Ich möchte an die Bauweise der alten Armenier anknüpfen und eine Architektur schaffen, die an sie erinnert.« In einem dieser alten armenischen Häuser lebt eine andere Familie, sie sind sunnitische Kurden. Ein Spross der Familie ist ein Dichter geworden. Seine ganze Kraft legt er in den Widerstand gegen die türkische Politik. Er strengt sich an, dass das Leid der Kurden nicht vergessen wird, die Repressalien, die Benachteiligung, die Foltergefängnisse. ­Angesprochen darauf, dass er in einem alten Haus wohnt, aus dem Armenier vertrieben wurden, schaute er erstaunt und verstand nicht sofort, worauf ich hinaus wollte. Ich erläuter­ te: »Du sitzt in diesem herrlichen Haus und erzählst von der Vertreibung der Kurden aus ihren Dörfern. Wer aber erzählt die Vertreibung dieser Familie, in deren Haus du heute sitzt?« Das Haus kennt eine Wahrheit. Der armenische Student kennt eine Wahrheit. Und der kurdische Künstler kennt auch eine Wahrheit. Sie sind miteinander verwoben, ohne es zu wissen. Fatih Akın, einer der bedeutendsten deutsch-türkischen Filmemacher, hat einen Film über den Völkermord an den ­Armeniern gewagt. The Cut, heißt das Werk, das insgesamt in der öffentlichen Wahrnehmung durchgefallen ist. Die Liste der Vorwürfe ist lang. Die politische Dimension der Historie sei zu wenig beziehungsweise gar nicht berücksich­ tigt, die Täter nicht konkret benannt, die Bilder zu schön, das Genre unpassend und dergleichen mehr ... Akıns Film, so lauten die schwerwiegenderen Vorwürfe, sei nicht wahr. Ein Vorwurf, der natürlich auch von türkischen Nationalisten kam. Fatih Akın habe die Wahrheit nicht wahrheitsgemäß dargestellt. Was aber ist die Wahrheit? Die Wahrheit ist sehr einfach: ein Filmemacher hat einen Film gemacht. 100 Jah­ re nach dem eigentlichen Vorfall. Der Vorfall war die Reali­ tät. Der Film liefert seine eigene Wahrheit nach. Heute, 100 Jahre nach dem Verlust der Armenier und anderer Christen in der Türkei darüber nachzudenken, wie angemes­ senes Gedenken funktionieren könnte, ohne die Wahrheiten zu verfälschen, ohne die Nachkommen der Opfer zu kränken, ohne Angst die Täter zu benennen und die ästhetischen Mit­ tel so zu wählen, dass sie Sinn ergeben, ist anspruchsvoll. Es erfordert auch Mut, eine eigene unschuldige Mittäterschaft oder Verstrickung offen zu legen. Anders gefragt: Können wir einen Völkermord aufrichtig beklagen, wenn wir unter Um­ ständen davon profitiert haben? War Deutschland politisch verstrickt in dieses Desaster? Haben wir familiäre Verstri­ ckungen, etwa weil wir als Kurden den Mittätern bei der Ver­ nichtung halfen? Profitieren wir als Familienangehörige von den Grundstücken, den Tälern und Feldern, den Häusern, die die Armenier hinterließen? Haben wir Familienangehörige, die als armenische Kinder in unsere Verwandtschaft integriert wurden und schweigen wir bis heute über die Beweggründe, diese Kinder gerettet zu haben? Die Hintergründe dieser und anderer Wahrheiten offen zu legen ist die vornehmste Art, sich mit politischen Katastrophen auseinanderzusetzen. Was der Künstler dabei erzählt oder verschweigt, ist immer die Wahrheit, nämlich seine.

Does the artist tell the whole truth? Putting political events on stage is always a gamble. Because the truth of the artist always lies behind the truth of the event. Those who say truth, often mean the, therefore only, truth. That would mean that one general perspective about everything ­exists. If you think about it for just a moment, however, you realize that this cannot be right. Artists try to reveal­—layer by layer. And sometimes a work of art, a book, a film, an exhibi­ tion, is wrapped in an invisible layer that, once stripped away, turns everything on its head. I would like to touch on a couple examples of art and truth through some key points. In that year, in which it was said that the revolution had erupt­ ed in Turkey, I ran across the Istanbul Biennial. There I found a small TV with a video presentation from, in my opinion, the most important, political, contemporary artist of our time, Hito Steyerl. In her video lecture, she followed a shell cas­ ing found in the eastern Anatolian city of Van. She pointed the camera at the casing at exactly the point where she lost the trail of her friend and eventual PKK fighter Andrea Wolf in 1998. Using this cartridge case as a starting point, Hito ­Steyerl discusses the links between the defence industry and the art scene. The work is called: Is the museum a battle­ field?. The fact that the main sponsor of the Biennial, Koç Holding, earned its capital through trade in weapons, funded an art Biennial and appointed a curator, who set »resistance in the public space« as the overarching theme, was so explo­ sive in many ways that it was nearly impossible to know where to begin to reflect on it. Essentially, that cartridge, which was shot in the conflict with the Kurds in Turkey, was securing the livelihood of every artist in the Biennial, no matter how much they denounced the political situation in their work. Even art­ ists from abroad, who thought that they had nothing to do with the conflict and focused on completely different themes in their works, were involved with this cartridge case, with Hito Steyerl, with the death of Andrea Wolf, with the Turkish army and the PKK, with Koç Holding. Dissidents and passive followers, artists and spectators, perpetrators and victims were intertwined in the financial circuits behind the Biennial. Who would still have an interest in ending the war? Actually, none of those who profit from it, including the artists: they form an innocent complicity. The next question is: can an artist overcome this dependency and create an independent, individual art? And how should we judge art that, for example, denounces gentrification but fails to mention that exhibition costs, travel budgets, hotel accommodation, brushes, can­ vas, paint could be only be funded because the host earned his money in capital markets through gentrification and thus makes art and culture possible? At this 13th Istanbul Biennial, the exhibiting artists took a large detour around the financial circumstances of their host. Except for Hito Steyerl, who fearlessly put this dependency on display through her own biography and artistic work. And Steyerl's question probably has to be answered with a yes. Yes, the museum is a battlefield! And the theatre as well. And the concert hall and the cinema. Why does this opening consideration seem so important to me, if I the themes I really want to contemplate are art, genocide and truth? Because displacement damages a group of people, while benefiting another group at the same time. For me, this insight


ESSAY

is the first truth, above all others. As artists we can be innocent accomplices, because we cannot escape the continuities and dependencies, even though we are discontent with the political situation. Even when we commemorate, it seems to me to be of utmost importance to say from the very beginning: We can only denounce with difficulty, when we are benefiting. The subsidiary Degesch is part of Degussa AG. Their Zyklon B pesticide killed 1.1 million Jews in Auschwitz. After the war, the Federal Republic of Germany constructed a me­ morial of exorbitant size in the middle of Berlin. As a com­ memoration of and symbol of shame for millions of victims. The stelae of the artwork were protected from graffiti with a special coating. This anti-graffiti protection was provided by none other than Degussa, who thereby benefited from the Holocaust a second time. Of course, someone else was also quietly and secretly profiting from this artwork. It was the art­ ist Peter Eisenman who vehemently advocated for continuing construction work when it was interrupted by an energetic public debate about whether or not the memorial was »de­ filed« through the participation of the company that supplied the means for murdering Jews. Is the Holocaust Memorial now contaminated? Or the reputation of the artist? Is the art­ ist himself a liar? The work of art betrayed? And would the monument and museum underneath be more »honest« if that part of the truth was revealed?

Is the artist himself a liar? The work of art betrayed? And would the monument and museum underneath be more »honest« if that part of the truth was revealed? I met in Diyarbakır—that city in Turkey that, before 1915, housed the Middle East's largest Armenian community with its Surp Giragos church—an architecture student. Today, about 55 Armenians are living in Diyarbakır. The architecture student's family is impoverished. His frail father rumbles over the cobblestones of Diyarbakır's old town with an old fruit and vegetable cart and sells what his sick wife grows in the garden. Prior to 1915, all pharmacies were in the hands of the Armenians, the doctors were Armenians, Armenian citi­ zens held one-third of the seats in the city parliament, the most beautiful houses belonged to the Armenians, the trades were under Armenian control. The architecture student's family cannot afford a house in the old town. They are relative newcomers who, after the displacement, eventually landed in Diyarbakır around 1920. I asked the architecture student what kind of an architect he wanted to be. And he answered: »I want to continue the style of the ancient Armenians and create an architecture reminiscent of them.« One of these old Armenian houses is now the residence of another family, they are Sunni Kurds. One member of the family has become a poet. He puts all his strength into re­ sistance against Turkish politics. He labours so that the suf­ fering of the Kurds will not be forgotten, the harassment, discrimination, torture in the prisons. When confronted with the fact that he lives in an old house from which Armenians were driven out, he looked surprised and did not immediately understand what I was getting at. I said: You're sitting in this beautiful house and recounting the expulsion of the Kurds from their villages. But who talks about the displacement of the family in whose house you sit today?

The house knows a truth. The Armenian student knows a truth. And the Kurdish artist knows a truth. They are inter­ woven, unbeknownst to them. Fatih Akın, one of the most important German-Turkish film­ makers, dared to create a film about the mass murder of the Armenian people. Named The Cut, it has altogether failed in the public eye. The list of complaints is long. The political dimension of history is taken too little into account or not at all, the perpetrators are not specifically named, the pictures too beautiful, the genre inappropriate and so on ... Akın's film, the more serious allegations proclaimed, was not true. A complaint that, of course, came from Turkish nationalists. Fatih Akın did not truthfully show the truth. But what is the truth? The truth is very simple: A filmmaker made a film. 100 years after the actual event. The event was the reality. The film delivers its own truth. Today, 100 years after the loss of the Turkish Christians in Tur­ key, it is challenging to think about how appropriate commemo­ ration could work without distorting the truth, without offending the descendants of the victims, how to name the perpetrators without fear, and how to choose aesthetic means so that they make sense. It also takes courage to reveal your own innocent complicity or involvement. In other words, can we honestly de­ nounce the mass murder of a people if we have circumstantially benefited from it? Was ­Germany involved politically in this dis­ aster? Do we have familial involvement because, for example, as Kurds we helped those complicit in the extermination? Did we profit as family members from the land, the valleys and fields, the houses the Armenians left behind? Do we have relatives who were integrated as Armenian children into our families and we remain silent about the motives behind saving these children up to the present day? Openly revealing the backgrounds of this and other truths is the noblest way to grapple with political disasters. Whatever artists reveal or conceal in the process, is always the truth, namely their own.

MELY KIYAK  ist Publizistin und Kolumnistin. Ihre Essays und Radiofeuilletons erscheinen regelmäßig in der ZEIT, FAZ, Frankfurter ­All­gemeine Sonntagszeitung, taz und Deutschlandradio Kultur. Für die Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung schrieb sie über fünf Jahre eine wöchentliche politische Kolumne. Vor kurzem wechselte sie zu ZEIT Online und schreibt die Serie Türkische Tage. Mely Kiyak hat in zahlreichen Anthologien veröffentlicht und schreibt Bücher. 2012 ­wurde sie mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. Neben ihrer journalistischen Tätigkeit ist sie im Benediktinerinnenkloster Abtei zur H ­ eiligen Maria Fulda in die Gärtnerinnenlehre gegangen. Am Gorki schreibt sie Kiyaks Theater Kolumne.

MELY KIYAK   is a journalist and a columnist. Her essays and radio features are often published in Die Zeit, FAZ, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, TAZ and Deutschlandradio Kultur. For over five years she had been in charge of a weekly political column at the ­Frankfurter Rundschau and Berliner Zeitung. She has recently moved to Zeit Online and is currently writing for a series called Turkish Days. Mely Kiyak has released a number of books and published her works in a variety of anthologies. In 2012 she was awarded the Theodor-Wolff Prize. Alongside her journalistic career, she has started a gardening appren­ ticeship at St. Mary's Abbey in Fulda. At the Maxim Gorki Theatre she is the main editor and writer for Kiyak's Theater Column.

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avedis fotografiert von Esra Rotthoff


PREMIERE

PREMIERE 17. APRIL / WEITERE VORSTELLUNGEN AM 18. APRIL /24. APRIL 2015

Komitas

DOKUFIKTIONALES MUSIKTHEATER VON MARC SİNAN

KOMITAS

VARDAPET, wird 1869

als Soghomon Gevorki Soghomonian in Kütahya (Kleinasien) geboren und gilt als Begründer der modernen klassischen Musik Armeniens. Er studierte u.a. an der

Am 24. April 1915 werden in Konstantinopel Hunderte ar­ On April 24, 1915, hundreds of Armenian intellectuals Friedrich-Wilhelm-Universität in ­ Berlin menischer Intellektueller entsprechend einer Namensliste in the Ottoman Empire's capital of Constantinople, in­ Ästhetik und Musiktheorie. Komitas be­ verhaftet und deportiert, darunter Abgeordnete, Geistliche, cluding members of parliament, clergymen, writers and reiste Kleinasien und den Kaukasus, das Schriftsteller und Journalisten. Diese Aktion markiert den journalists, were arrested and deported according to a list Volks- und Kirchenliedgut der Armenier Beginn des Völkermords an den Armeniern. of names. This event marked the beginning of the mass umfassend zu dokumentieren und zu Komitas Vardapet, Priester, Komponist, Musikethnologe murder of the Armenian people. notieren. Er stirbt 1935 in Frankreich. und »Stimme der Armenier«, überlebt diese Deportationen. Komitas Vardapet, priest, composer, ethnomusicologist ­KOMITAS VARDAPET, was born in Doch wie überlebt man das Überleben? Komitas verbringt and »voice of the Armenians«, survived this deportation, 1869 as ­Soghomon Gevorki Soghomonian die restlichen 20 Jahre seines Lebens traumatisiert in psy­ and the beginning of the mass murder of the Armenians at in ­Kütahya (Asia Minor) and is considered chiatrischen Anstalten im französischen Exil. the same time. But how do you survive survival? Komitas to be the founder of modern Armenian Marc Sinan erzählt in seiner Inszenierung und seinen would spend the rest of his life, 20 years, traumatized in classical music. He studied aesthetics and Kompositionen von der Figur des Komitas, die durch ein psychiatric hospitals in exile in France. music theory at the Friedrich-Wilhelm-­ schmerzvolles Erinnerungslabyrinth und die letzte Phase sei­ Through his production and his compositions, Marc Sinan Universität in Berlin, among others. nes Lebens geht. In Komitas spiegeln sich die Gräuel eines tells the story of the figure of Komitas as he goes through ­Komitas also toured Asia Minor and the Völkermords, der Verlust einer Kultur und das eigene Ver­ a painful maze of memories and the last phase of his life. Caucasus to comprehensively document stummen. Ein Albtraum zieht in Schönheit und S ­ chrecken The horrors of mass murder, the loss of a culture and the and record the folk and religious songs of durch eine Figur, ein Jahrhundert und bis in die Gegenwart silencing of the self are reflected in Komitas. A nightmare the Armenians. He died in 1935 in France. einer Region. In der syrischen Wüste bei Deir ez-Zor, wo die moves in beauty and terror through a figure, a century and Todesmärsche von 1915 enden sollten, werden heute aber­ into a region's present day. Where the death marches of MARC SİNAN, geboren 1976, Musiker mals erbarmungslose Kriege gegen Menschen und ganze 1915 should have ended, in the Syrian desert near Deir und Komponist, realisierte vielbeachtete Völker geführt. ez-Zor, a relentless war now rages against humans and interkulturelle und multimediale Projekte, u. entire peoples once more. a. sein Projekt Hasretim – Eine anatolische Reise, ausgezeichnet mit dem Preis Welt­ horizont der deutschen UNESCO-Kommis­

Regie + Musikalische Leitung Marc Sinan Bühne Filip Zorzor Kostüme Isabel Vollrath Video Adrian Figueroa Dramaturgie + Libretto Holger Kuhla Mit Sesede Terziyan MUSIKER(iNNEN) Oğuz Büyükberber,

Auswärtigen Amts in der neueröffneten

­S ascha Friedl, Johannes Lauer, Ayumi Paul, Maria Schneider, Marc Sinan

Kulturakademie Tarabya in Istanbul. Für

sion. 2012 war Marc Sinan S ­ tipendiat des

das Gorki inszenierte er zuletzt gemein­ Komitas ist eine Produktion des Maxim Gorki Theaters und der Marc Sinan Company im Auftrag des Festivals TONSPUREN.

sam mit den Dresdner Sinfonikern das Projekt Dede Korkut.

MARC SİNAN, born in 1976, musician and composer, has created acclaimed cross-cultural and multi-media projects, in­ cluding the composition Hasretim—Eine anatolische Reise (Hasretim—An Anatolian Journey), which was awarded with the »Welthorizont« prize from the German Commission for UNESCO. In 2012 the German Foreign Office awarded Sinan with a fellowship in the newly opened Tarabya Cultural Academy in Istanbul. At the Gorki he has most recently collaborated with the Dresden Symphony Orchestra on the Dede Korkut project.

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THEATER

AM 09. UND 10. APRIL UM 20:30

BÜLENT KULLUKCU ist Regisseur, Mu­ siker und Bildender Künstler. Er realisier­ te zahlreiche nationale und internationale

Aghet 99+1=100 EIN ABEND ÜBER VÖLKERMORDE VON BÜLENT KULLUKCU UND KARNIK GREGORIAN

Kunst- und Musikprojekte. Als Regisseur inszenierte er u. a. am Theater Freiburg, an den Münchner Kammerspielen sowie mit seiner freien Gruppe Rohtheater. Mit Kar­ nik Gregorian betreibt er eine interdiszipli­ näre Galerie in München.

BÜLENT KULLUKCU Director, musician and visual artist. He has created numerous na­ tional and international art and music projects. As a director, he has worked at, for example, the Theatre Freiburg, Munich's Kammer­ spiele as well as with his independent troupe Rohtheater. He runs an interdisciplinary gallery in Munich with Karnik Gregorian.

KARNIK GREGORIAN ist Regisseur, Galerist und Journalist, war u. a. in di­ versen Redaktionen des Süddeutschen Verlags tätig. Seit 2001 produziert er Dokumentarfilme. Die dokumentarische Herangehensweise prägt auch seine Re­ giearbeiten am Theater.

Die Bagdad-Bahn war der Traum vieler Mächtiger: Sultan Abdülhamid II. träumte von Fortschritt und Expansion, der deutsche Kaiser vom Öl auf der arabischen Halbinsel. 1903 begann die Philipp Holzmann AG aus Frankfurt mit dem Bau der Bagdad-Bahn. Die Schienen und Lokomotiven lieferten die Krupp AG, Borsig, Cail, Hanomag, Henschel und Maffei. Ab Oktober 1915 diente die Bagdad-Bahn auch als Transport­ mittel für die systematischen Deportationen von ArmenierInnen in die syrische Wüste. Das Deutsche Reich war von Anfang an über den Völkermord an den ArmenierInnen informiert und dar­ in involviert. Menschenleben spielten für Wilhelm II. keine Rolle. Die deutsche Verwicklung in den Völkermord an den Armenie­ rInnen gehört damit zur Vorgeschichte der Shoah. Aghet 99+1=100 stellt diese historischen und politisch im­ mer noch aktuellen Verstrickungen an zwei Abenden durch eine halbdokumentarisch-theatrale Performance dar. Reinhold Böh, Urenkel eines Ingenieurs, kommentiert den Nachbau der Bagdad-Bahn; Kevork Gregorian kocht und erzählt über das Le­ ben in der Türkei nach dem Völkermord. Der Fotojournalist Erol Gurian setzt sich mit dem Verhältnis der armenischen Diaspora zu ihrer Heimat auseinander. Künstlerische Leitung Mit Reinhold Böh,

The Baghdad Railway was the dream of many powerful men. Sultan Abdulhamid II dreamed of progress and expansion, the German Emperor of oil on the Arabian Peninsula. In 1903 Frankfurt's Philipp Holzmann AG began construction on the Baghdad Railway. The rails and locomotives were supplied by Krupp AG, Borsig, Cail, Hanomag, Henschel and Maffei. Beginning in October of 1915, the Baghdad Railway also served as a vehicle for the systematic deportation of Armeni­ ans to the Syrian desert. The German Empire was informed of and involved in the mass murder of the Armenians from the very beginning. Human lives were insignificant to Wilhelm II. The German involvement in the mass murder of the Armeni­ ans thus belongs to the prehistory of the Shoah. Aghet 99+1=100 presents these historical yet still politicallyrelevant entanglements over two evenings in a semi-documen­ tary theatrical performance. Reinhold Böh, great-grandson of an engineer, comments on a replica of the Bagdad Railway; Kevork Gregorian cooks and tells of life in Turkey after the mass murder. Photojournalist Erol Gurian deals with the in­ ternational Armenian diaspora's relationship to its homeland.

Bülent Kullukcu, Karnik Gregorian Susanna Perdighe, Kevork ­G regorian, Erol Gurian

Eine Produktion der Galerie Kullukcu & Gregorian in Kooperation mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München

AM 11. UND 12. APRIL UM 20:30

Das im Jahr 2003 gegründete unab­ hängige Kollektiv ÇIPLAK AYAKLAR

KUMPANYASI konzentriert sich auf unter­ schiedliche Felder der darstellenden Kunst

familytrees EINE TÜRKISCH-ARMENISCH-DEUTSCHE FAMILIENGESCHICHTE VON 1915–2015 TANZPERFORMANCE VON ÇIPLAK AYAKLAR KUMPANYASI (ISTANBUL) UND THEATER FREIBURG

mit einem Fokus auf zeitgenössischem Tanz, Theater und Musik. Ihr Studio in Tophane, Istanbul, fungiert als Treffpunkt für Künstle­ rInnen und Publikum. Founded in 2003, ÇIPLAK AYAKLAR

KUMPANYASI is an independent collec­ tive focusing on different fields of performa­ tive arts including mainly contemporary dance, theater, and music. At their studio in Tophane, İstanbul, it gathers many artists, and serves as a venue for both the perform­ ers and the audience.

Zwei TänzerInnen und eine Schauspielerin nehmen ein Pick­ Two dancers and an actress have a picnic together. As a nick miteinander ein. Als Unterlage dient ein historisches blanket: a historic family photo from 1928, taken near Is­ Familienfoto aus dem Jahr 1928, aufgenommen bei Istanbul. tanbul. The grandparents and great-grandparents of the Die Großeltern und Urgroßeltern der drei Akteure treten mit three actors appear along with their stories and run ram­ ihren Geschichten in Erscheinung und wuchern in die Gegen­ pant into the present. They all talk about the formative ex­ wart. Alle erzählen von prägenden Erfahrungen von Flucht, periences of escape, expulsion or emigration and the fragile Vertreibung oder Auswanderung und der fragilen Bastelarbeit handicraft work on a homeland. A very personal evening in an einer Heimat. Ein sehr persönlicher Abend, in dem ein which a century from 1915 to 2015 appears with its col­ Jahrhundert zwischen 1915 und 2015 mit seinen Zusammen­ lapses and wars, with its paradises and most shameful in­ brüchen und Kriegen, mit seinen Paradiesen und Höllen auf­ fernos. Based on a »familytree«, the three performers tell a scheint. Ausgehend von einem »familytree«, einem Stamm­ story of their grandparents' losses and survival strategies, baum, erzählen die drei SpielerInnen von den Verlusten und of questions about their own identities and of personal and Überlebensstrategien der Großeltern, Fragen der eigenen Iden­ political upheavals. tität und persönlichen und politischen Aufbrüchen.

Anna Böger, Duygu Güngör, Viola Hasselberg, Mihran Tomasyan Dilek Aydin von und Mit

Ein Gastspiel des Theaters Freiburg mit der Çıplak Ayaklar Kumpanyası (Istanbul)

Produktionsleitung


3 TAGE IM APRIL

AM 23.04. UM 18:00

Wege ohne Heimkehr LESUNG EINES BUCHES VON CORRY GUTTSTADT

CORRY GUTTSTADT, geboren 1955, studierte Turkologie und Geschichte an der Universität Hamburg. Sie arbeitet als Übersetzerin für die türkische Sprache,

Das 2014 von Corry Guttstadt veröffentlichte Buch ver­ sammelt unterschiedliche Stimmen und Erinnerungen an die Zeit vor, während und nach dem Völkermord. In Form einer literarischen Anthologie erinnert es an den Massen­ mord, aber auch das Leben der Armenier im Allgemeinen. SchauspielerInnen des Ensembles werden aus den auto­ biografischen Erinnerungen lesen, anschließend wird Corry Guttstadt über ihr Buchprojekt sprechen.

Corry Guttstadt's 2014 book gathers diverse voices from and memories of the time before, during and after the mass murder. Taking the form of a literary anthology, it recalls the mass murder, as well as the life of the Armenians in general. Actors from the ensemble read from the autobio­ graphical recollections, followed by a conversation with Corry Guttstadt about her book project.

freie Autorin und Deutschlehrerin. Ihr For­ schungsschwerpunkt ist die Situation der ethnischen und religiösen Minderheiten in der Türkei. CORRY GUTTSTADT, born in 1955, studied Turkish studies and history at the University of Hamburg. She works as a translator for Turkish, German teacher and free author. Her research focus is the situation of ethnic and religious minorities in Turkey.

AM 23.04. UM 21:30

ROTER SONNTAG 1915 Hymne an die Namen

VON KIM SELIGSOHN

KIM SELIGSOHN, geboren 1985 in Bremen, ist Sängerin, Komponistin und Schauspielerin. Sie arbeitete als Schau­ spielerin im Theater am Goetheplatz in

In der Nacht zum 24. Aprils 1915 begannen die osmani­ schen Behörden mit dem Abtransport der intellektuellen Elite der armenischen Gemeinde in Istanbul. Seitdem gilt dieses Datum weltweit als Gedenktag des Völkermords an den Armeniern. Kim Seligsohn wird in Roter Sonntag 1915 – Hymne an die Namen die Liste der 162 ermordeten Erst­ deportierten aus Istanbul singen. »Meine Intention als Sän­ gerin ist, dem ›Unfassbaren‹ einen Klang zu geben. Solange die Namen im Leben sind, sind die Toten nicht vergessen und berühren uns.« Begleitet wird sie vom Violinisten ­Chatchatur Kanajan.

On the night before April 24th 1915, Ottoman authorities began the deportation of the intellectual elite from the Ar­ sehproduktionen. Seit 2009 engagiert sie menian community in Istanbul. Since then, the mass mur­ sich für das Projekt Roter Sonntag 1915 der of the Armenians has been commemorated worldwide – Hymne an die Namen, bei dem sie zu un­ on this date. On the night before the day of remembrance, terschiedlichen Gedenkfeiern Namen der Kim Seligsohn sings, in Roter Sonntag 1915—Hymne Opfer der Shoah singt. an die Namen, the list of the 162 initial deportees from KIM SELIGSOHN, was born in 1985 in ­Istanbul who were murdered: »My intention as a singer is to Bremen, is a singer, composer and actress. give the ›incomprehensible‹ a sound. As long as the names She worked as an actress at theater at are alive, the dead are not forgotten, and affect us.« She will ­Goetheplatz in Bremen as well as in sev­ eral film- and TV productions. Since 2009 be accompanied by violinist Chatchatur Kanajan. Bremen sowie in diversen Film- und Fern­

she is part of the project Roter Sonntag 1915—Hymne an die Namen, where she

ARA

AM 25.04. UM 19:30

ONNIK DINKJIAN

KONZERT

sings names of the victims of the holocaust.

ONNIK DINKJIAN, 1929 in Paris ge­ boren, ist ein armenisch-amerikanischer Musiker und Sänger. Seine Eltern flohen vor dem Völkermord aus Dikranagerd

In einem Konzert der Generationen begegnet armenische und anatolische Musik westeuropäisch geprägtem Jazz. Der 86-jährige Onnik Dinkjian, ein amerikanisch-armenischer Sänger, der seine Heimat Diyarbakır 1915 verließ und heute als internationale Stimme der armenischen Diaspora Kon­ zerte in Europa, in den USA und Jerusalem feiert, spielt mit seinem Sohn Ara, einem weltberühmten Oud-Spieler und Komponisten. Ara Dinkjian gründete mit dem türkischarmenischen Sänger Arto Tunçboyacıyan die Band Night Ark und schrieb Lieder für Eleftheria Arvanitaki (Dinata Dinata) und Sezen Aksu, die als Legenden der türkischen und grie­ chischen Popmusik gelten.

In a concert of generations, Armenian and Anatolian mu­ (Diyarbakır). 1946 ging Onnik mit seiner sic meets jazz shaped by Western Europe. The 86-year-old Familie in die USA, wo er noch heute Onnik Dinkjian, an American-Armenian singer who left his lebt. Sein Sohn ARA DINKJIAN, 1958 home Diyarbekir in 1915 and is celebrated today as the in den USA geboren, studierte Klavier, international voice of the Armenian diaspora at concerts in Gitarre und Darbouka und gründete mit Europe, the US and Israel, plays with his son Ara, a world- dem türkisch-armenischen Sänger Arto famous oud player and composer. Ara Dinkjian founded Tunçboyacıyan die Band Night Ark. the band Night Ark with Turkish-Armenian singer Arto ONNIK DINKJIAN, born in 1929 in Tuncboyaciyan and wrote songs for Eleftheria Arvanitaki Paris, is an Armenian-American musi­ ­ (»Dinata Dinata«) and Sezen Aksu, known as legends of cian and singer. His parents fled from the Greek and Turkish pop music. genocide from Dikranagerd (Diyarbakır).

Gesang Onnik Dinkjian OUD Ara Dinkjian duduk Und zourna Kanun Serkan Halil percussion Erkan Kanat

In 1946 O ­ nnik moved to the U.S. with his

Ertan Tekin

bass

Mardin Ari Hergel

family where he still lives. His son ARA ­DINKJIAN, born in 1958 in the U.S., stud­ ied piano, guitar and darbuka and founded the band Night Ark together with the Turk­ ish-Armenian singer Arto Tunçboyacıyan.

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Info/Karten THEATERKASSE Eingang R b Bühne f Foyer

Eingang P

я Studio R

ÖFFNUNGSZEITEN

K Kantine

Eingang R

Terasse

haupteingang

Mo – Sa: 12:00 – 18:30 Uhr Sonn- und Feiertage: 16:00 – 18:30 Uhr

ABENDKASSE

Lichtsaal

Die Abendkasse im Maxim Gorki Theater öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn, im Studio R 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn. An der Abendkasse findet kein Vorverkauf statt.

Hinter dem Giesshaus

Palais

P

Zigarrenzimmer

V Vorplatz

PREISe Bühne MUSA DAGH, KOMITAS, DEDE KORKUT PREISGRUPPE I – V 30/25/20/15/10 € ERMÄSSIGT 8€ THEATERTAG alle Plätze 10 €

E Eichensaal

1TO3+ / ARA & ONNIK DINKJIAN THE CUT / ARARAT AUCTION OF SOULS DEUTSCHE VERANTWORTUNG ROTER SONNTAG 1915

Eingang E

Neue Wache

Deutsches Historisches Museum

Unter den Linden

B Bühne

Im Foyer des Maxim Gorki Theaters, Am Festungsgraben 2, 10117 Berlin Tel.: 030 20221-115, Fax: 030 20221-128 E-Mail: ticket@gorki.de

R Studio R

P Palais

E Eichensaal

K Kantine

F Foyer

V Vorplatz

PREISe filmreihe

ALLE FILME

15 € erm. 10 € 5 € erm. 3 € 5 € erm. 3 € 1 € Einlasskarte 1 € Einlasskarte

5 € erm. 3 €

PREISe osterfest

SIEHE PROGRAMM AUF S. 30 – S. 37

Impressum Das Maxim Gorki Theater ist eine Kulturinstitution des Landes Berlin. Herausgeber Maxim Gorki Theater Leitung Shermin Langhoff, Jens Hillje, Jürgen ­Maier Redaktion Dramaturgie, KBB, Kommunikation Übersetzung S ­ ummer Banks, Alexa Nieschlag (Text von Harout Ekmanian) Grafik Johanna ­Goldmann ­Konzept / Fotografien Esra Rotthoff Medienproduktion Formtreu Potsdam GbR Druck Henke Pressedruck Titelseite Es schneit im April, Sesede Rückseite Es schneit im April, Marta Ani Alle in diesem Sonderheft abgedruckten Texte sind Originalbeiträge der AutorInnen.

Team »Es schneit im April« Kuration Shermin Langhoff Künstlerische Beratung Osman Kavala, Arsinée ­Khanjian, Tunçay Kulaoğlu Künstlerische Mitarbeit/Dramaturgie Aljoscha Begrich, Ludwig Haugk, Çaĝla Ilk, Holger Kuhla Kuration Filmreihe Fred Kelemen Produktionsleitung Çaĝla Ilk, Johanna von Rigal Technische Koordination Joachim Hering, ­Sebastian Böhm ­Ausstattungsteam Alena Georgi, Moïra Gilliéron, Sharzad Rahmani Regie­assistenz Moritz Sauer, Doris Schnabel, Rico Wagner Produktionsassistenz Sibel Atasayi, Lutz Knospe, Julia Pustet Veranstaltungsbetreuung Michael Ebbing, Branko Janack, Mercedes von Kulessa Hospitanz Aïsha Mia Lethen, Alexander K ­ irchner, Katri Saloniemi, Sina Schirling

Dank an partner und förderer FÖRDERER

MEDIENPARTNER

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MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG VON


WG: »ES SCHNEIT IM APRIL« TANKIAN, SERJ GESENDET: FEBRUAR 2015 19:15 AN: ARSINÉE KHANJIAN

Hello Arsinée, So great to hear from you Janig. It sounds like what Shermin Langhoff and the Maxim Gorki Theater are doing in Berlin will be monumental for the 2015 centennial. It's great that they invited you to work with them to help piece it together. Fatih Akİn's film, Atom's Auroras, and 1915 by Garin and Alex (which I just finished the score for) would be great for the series they're planning. I was also ­w ondering how they're gonna pull off Musa Dagh and some of the other listed pieces!! Wow!! Seems like a very inspired and creative team of people you've tapped into there. That said, those dates are impossible for me due to the Soad Wake up the souls tour dates and rehearsals for it. The rehearsals are April 1—5th, the tour April 6—23rd and I have other planned events in Armenia right after. I love the fact that they invited my father as well. I think the Arakeel song we did together must have gotten around in Turkish circles. Anadolu Kültür asked me to come perform with my father as well for their event in Istanbul with Project 2015. Are you going there on the 23rd? I will be in Yerevan but trying to help them in other ways. I will be in Koln, Germany on 4/13/15 with System for a show there in case they're doing anything there around that time. I am very grateful for their invite and would love to pursue the ­c onversation perhaps for another artistic endeavor down the line. We have been looking for interested theaters to put on Prometheus Bound, which I com­p osed to Steven Sater's lyric book, directed by Diane Paulus a few years back in Boston. Anyhow, enjoy your time in Berlin. Peace, Serj

Von: Tankian, Serj An: Khanjian, Arsinée gesendet am: Februar 2015

Serj Tankian, Sänger der Band System of a Down in einer E-Mail an die Schauspielerin Arsinée Khanjian im Februar 2015.



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