Festivalprogramm UNITING BACKGROUNDS – THEATER ZUR DEMOKRATIE

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uniting backgrounds theater zur demokratie

festival vom 8–23/OKTOBEr/2016


Hiam Abbass 15 Arjun Appadurai 31Lola Arias 06 Rachid Benzine 15 Daphne Büllesbach 01 Sezgİ Ce Can Dündar 01 Nurkan Erpulat16 Maja Figge 31 Matilda Florczyk 06 Marcel Fratzscher 31 Je Guérot 32 Marta Górnicka 10 Ruud Gielens 15 Sonja Hornung 17 Martin Howse 17 Jasmin Karakayali 31 Mai-Phuong Kollath 06 Wojtek Zrałek-Kossakowski 07 Ute Langkafel 31 Annet 07 Mariette Morgenstern-Minnemann 14 Zeina Nassar 14 Norbert Koku Nonoa 17 Ahmet Samİ Özb Reinecke 06 Rimini Protokoll 08 Kevin Rittberger 34 Tucké Royale 06 Hoda Salah 32 Jan Chantal Süss 14 Ebru TaŞdemİr 32 Talking Straight 09 Joseph Vogl 17 Ralf Mueller von der Hagen


eylanoğlu 14 Collektive temporaire 12 Eda Demİr ens Friebe 06 Oliver Frljić 32 Salomea Genin 06 İhraç 31 Mai-Phuong Kollath 06 Mely Kiyak 11 tte Leo 32 Zainab Magdy 12 Marta Malikowska 07 budak 12 Massimo Perinelli 31 Patrice Poutrus 32 na Schlosser 06 Nathalie Seiss 14 Ulaş Şener n 31 Michael Willenbücher 31 Thomas Wodianka 11

Inhalt

Programmübersicht 04 Editorial 05 theater Atlas des Kommunismus 06 Mythen der Wirklichkeit #1 07 50 Aktenkilometer 08 TALKING STRAIGHT: Security 09 M(other) Courage 10 Rechte Reden 11 Hilfe, das Volk kommt! 12 100 Jahre Widerstand 12 Mephistoland 13 Stören 14 In the Eyes of Heaven 15 Gülünç Karanlık – Die lächerliche Finsternis 16 Alchemie des Neuanfangs 17 Diskurs NSU-Komplex auflösen 31 Berliner Korrespondenzen 31 Junges Parlament 31 Reclaiming Democracy – Hintergrundgespräche 32 Gegen-Erinnerung 34 Partner & Förderer 39 KARTEN & INFORMATIONEN 39

András Dömötör 13 Suna Gürler 14 Ulrike Ariane Koch 12 Juliane Krzysztof Minkowski Soraya Reichl 14 Ruth 31 Helena Simon 06 Monika Zimmering 06 14


programmübersicht sa

08

15:00 Lichtsaal

Junges Parlament: Die nächste generation

17:00–21:00 Foyer

50 Aktenkilometer

18:00 Studio

Mythen der Wirklichkeit #1 Premiere

Polnisch mit dt. und engl. Übertiteln

19:30 Bühne

with engl. surtitles

so

09

14:00–20:00 Foyer

10

di

11 12

17:00–22:00 Foyer

50 Aktenkilometer

19:30 Bühne

atlas des kommunismus

20:00 Studio

Der radioeins und Freitag Salon

15

Von Rimini Protokoll Von Lola Arias & Ensemble Regie Lola Arias Jakob Augstein im Gespräch mit Imran Ayata Hintergrundgespräch zu Atlas des Kommunismus

de/en

17:00–22:00 Foyer 19:00 Bühne

17

theater

AUDIOWALK

mi AUDIOWALK

19

theater

DISKURS

do

DISKURS

20

50 Aktenkilometer

20:30 Studio

Rechte reden

22:00 Lichtsaal

Die Sprache der AfD

17:00–22:00 Foyer

50 Aktenkilometer

19:30 Bühne

atlas des kommunismus

21:45 Lichtsaal

Überwachung

17:00–22:00 Foyer

50 Aktenkilometer

19:30 Bühne

atlas des kommunismus

Von Rimini Protokoll Von und mit Mely Kiyak und Thomas Wodianka Hintergrundgespräch zu Rechte Reden Von Rimini Protokoll Von Lola Arias Regie Lola Arias Hintergrundgespräch zu 50 Aktenkilometer Von Rimini Protokoll Von Lola Arias & Ensemble Regie Lola Arias

AUDIOWALK

fr

21

theater

22:00 Kantine

100 Jahre Widerstand

22:45 Lichtsaal

Hilfe, das Volk kommt!

Eine Feier des collektive temporaire Hintergrundgespräch zu Hilfe, das Volk kommt!

19:00 Lichtsaal

Kunst und Zensur

19:30 Bühne

atlas des kommunismus

20:00 Eichensaal

TALKING STRAIGHT: SUPERGRUNDRECHT

20:30 Studio

Mephistoland

theater

AUDIOWALK

sa AUDIOWALK

22

performance

theater

so

23

performance

DISKURS

theater

performance

Von András Dömötör, Kornél Laboda und Albert Benedek Regie András Dömötör

TALKING STRAIGHT: SUPERGRUNDRECHT

17:00–22:00 Foyer

50 Aktenkilometer

19:30 Bühne

stören Premiere Anschl. Premierenparty

21:30 Lichtsaal

Feminismus, Gender und Ich

17:00–22:00 Foyer

50 Aktenkilometer

19:30 Bühne

In the eyes of heaven Gastspiel Kaai Theater, Brüssel Von Rachid Benzine Regie Ruud Gielens

20:30 Studio

GülünÇ Karanlik – Die lächerliche Finsternis Gastspiel Bakırköy Belediye Tiyatrosu, Istanbul

21:00 Lichtsaal

Augen des Himmels

17:00–22:00 Foyer

50 Aktenkilometer

19:30 Bühne

stören Anschl. Party

Von Rimini Protokoll Von Talking Straight Von Rimini Protokoll

theater

AUDIOWALK

AUDIOWALK

performance

AUDIOWALK

Von Suna Gürler & Ensemble Regie Suna Gürler

theater

Hintergrundgespräch zu Stören Von Rimini Protokoll

DISKURS

AUDIOWALK

theater

Von Wolfram Lotz Regie Nurkan Erpulat

theater

Hintergrundgespräch zu In the Eyes of Heaven Von Rimini Protokoll

DISKURS

AUDIOWALK

Von Suna Gürler & Ensemble Regie Suna Gürler

theater

20:30 Studio

GülünÇ Karanlik – Die lächerliche Finsternis

22:45 Lichtsaal

Finsternis in der Türkei?

17:00–22:00 Foyer

50 Aktenkilometer

20:30 Studio

ALCHEMIE DES NEUANFANGS #1 Spiel, dessen regeln zu verhandeln sind

Gastspiel Bakırköy Belediye Tiyatrosu, Istanbul Von Wolfram Lotz Regie Nurkan Erpulat Hintergrundgespräch zu Gülünç Karanlik – Die lächerliche Finsternis Von Rimini Protokoll

22:00 Lichtsaal

Geheimdienste vor Gericht

14:00–20:00 Foyer

50 Aktenkilometer

15:00 Bühne

stören

18:30 Eichensaal

TALKING STRAIGHT: SUPERGRUNDRECHT

20:00 Bühne

atlas des kommunismus

20:30 Studio

ALCHEMIE DES NEUANFANGS #2 earth, voice, séance

with engl. surtitles theater

Von Talking Straight

20:00 Eichensaal

Language no Problem AUDIOWALK

AUDIOWALK

Von Lola Arias & Ensemble Regie Lola Arias

50 Aktenkilometer

Language no Problem

diskurs

Hintergrundgespräch zu Mephistoland

de/en

with engl. surtitles DISKURS

Sicherheitsunterweisung von Talking Straight

Kuratiert von Kevin Rittberger

DISKURS

AUDIOWALK

Von Rimini Protokoll

17:00–22:00 Foyer

türkisch mit deutschen Übertiteln

DISKURS

Gorki Forum Mit Prof. Arjun Appadurai und Prof. Marcel Fratzscher

16:00 Remote Mitte Invalidenfriedhof Von Rimini Protokoll (Kaegi / Karrenbauer)

with engl. surtitles

Hilfe, das Volk kommt! Von und mit Ariane Koch, Zainab Magdy und Ahmet Sami Özbudak

TALKING STRAIGHT: security day

türkisch mit dt. Übertiteln performance

Populismus in Polen

Hintergrundgespräch zu M[other] Courage

14:00 Foyer

OmdtÜT AUDIOWALK

M[other] Courage Gastspiel Staatstheater Braunschweig Ein Chorstück von Marta Górnicka

17:00–22:00 Foyer

with engl & ger. Surtitles

DISKURS

M[other] Courage Gastspiel Staatstheater Braunschweig Ein Chorstück von Marta Górnicka

de/en

20:30 Studio

mo

50 Aktenkilometer Von Rimini Protokoll

50 Aktenkilometer

with engl. surtitles theater

Premiere

Von Talking Straight

14:00–20:00 Foyer

Language no Problem

TALKING STRAIGHT: SUPERGRUNDRECHT

16:00 Remote Mitte Invalidenfriedhof Von Rimini Protokoll (Kaegi / Karrenbauer)

with engl. surtitles

Lecture Performance

wir und Kommunismus

16:00 Remote Mitte Invalidenfriedhof Von Rimini Protokoll (Kaegi / Karrenbauer)

with engl. surtitles

sa

Von Lola Arias & Ensemble Regie Lola Arias

de/en

21:30 Lichtsaal

14

Hintergrundgespräch

16:00 Remote Mitte Invalidenfriedhof Von Rimini Protokoll (Kaegi / Karrenbauer)

with engl. surtitles

fr

Von Krzysztof Minkowski

Berliner Korrespondenzen

DE/EN

with engl. surtitles

AUDIOWALK

O dwóch takich, co ukradli księżyc (Die zwei Monddiebe)

atlas des kommunismus

20:30 Bühne

13

Eine Gesellschaft der Vielen klagt ein. Tribunal 2017

19:30 Bühne

with engl. surtitles

do

Von Rimini Protokoll

Zukunft Europas

Language no Problem

theater

50 Aktenkilometer

19:00 Lichtsaal

20:00 Eichensaal mi

Von Lola Arias & Ensemble Regie Lola Arias

12:00 Bühne

Language no Problem

theater

atlas des kommunismus Premiere Anschl. Premierenparty

Mythen der Wirklichkeit #1

21:45 Lichtsaal

AUDIOWALK

Von Krzysztof Minkowski

18:00 Studio

with engl. surtitles

16

O dwóch takich, co ukradli księżyc (Die zwei monddiebe)

NSU-Komplex Auflösen

with engl. surtitles

mo

Von Rimini Protokoll

16:00 Bühne

Polnisch mit dt. und eng. Übertiteln

so Geschl. Veranst.

Gorki Forum

Hintergrundgespräch zu NSU-Komplex auflösen Von Rimini Protokoll Von Suna Gürler & Ensemble Regie Suna Gürler

theater

DISKURS

AUDIOWALK

performance diskurs

DISKURS

AUDIOWALK

theater

Von Talking Straight

Von Lola Arias & Ensemble Regie Lola Arias

Kuratiert von Kevin Rittberger

theater

performance diskurs

szenische lesungen

performance

DISKURS

Eröffnung / Opening 8. Oktober 2016, 17:00 Uhr Orte / Venues Maxim Gorki Theater, Studio , Lichtsaal und Eichensaal im Palais am Festungsgraben Weitere Informationen / further information www.gorki.de


uniting backgrounds theater zur demokratie Wie Kaninchen vor dem Fernseher starrt das sich als aufgeklärt feiernde Europa auf die Diagramme, die erdrutschartige Wahlsiege für rechte Parteien verkünden. Demokratie wird zu etwas Unappetitlichem: Es scheint, als ginge die Herrschaft der Vielen zwangläufig einher mit Populismus, mit Nationalismus, mit dem Geraune von Sicherheit und Abschottung. Was tun?, hätte der Genosse Lenin in Folge des Garnichtgenossen Tolstoi gefragt. Das Festival Uniting Backgrounds – Theater zur Demokratie hat eine Vorgeschichte. Im Jahr 2012 kuratierte Shermin Langhoff vor dem Hintergrund des sogenannten Arabischen Frühlings mit Voicing Resistance eine Festivalplattform, die bedrängten und engagierten Künstlern insbesondere der arabischen Länder eine Bühne für ihre Arbeiten bot. 2014 fand am Gorki eine Neuauflage dieses Formats statt. Dem Lauf der Geschichte folgend, war es weniger vom wütenden Aufbruch bestimmt, als vielmehr von Arbeiten über die Schwierigkeiten postrevolutionärer Gesellschaften. In diesem Jahr wird der Schwerpunkt auf der Gefährdung der europäischen Demokratien liegen. Der Grund für die Neukonzeption des Festivals unter dem Titel Uniting Backgrounds – Theater zur Demokratie lag in dem Bedürfnis aus der Sofa-Position herauszukommen, wenigstens auf der Ebene der künstlerischen Auseinandersetzung, wenigstens im kleinen Schutzraum Theater. Das Festival ist dazu da, Räume für künstlerische Begegnungen aufzumachen, aus der Passivität herauszutreten, und sei es dadurch, dass sie thematisiert wird. Ein Theater zur Demokratie ist ein Theater der Biografien in ihren politischen Kontexten. Es geht nicht um Gleichmacherei, sondern um die Suche nach einem Common Ground, von dem aus es möglich wird, Demokratie als komplexen Verständigungsprozess unterschiedlicher Hintergründe zu begreifen. Eine Arbeit, die nicht an ein Ende kommen kann. Das Festival-Zentrum wird deshalb der Lichtsaal sein: Hier werden jeden Abend Künstler*innen und Intellektuelle darüber diskutieren, welche Funktion dem Theater, der Kunst und der Literatur in Zeiten gefährdeter Demokratien zukommt. Für dieses Heft haben wir mit Marta Górnicka, Kevin Rittberger, Tunçay Kulaoğlu und Oliver Frljić vier Künstler*innen zu einem Chat über Demokratie eingeladen, es entspann sich eine ausführliche Korrespondenz, die wir hier nur bruchstückhaft wiedergeben. Den Austausch wollen wir live und in Farbe fortführen in Gesprächen und Performances. Esra Rotthoff hat für dieses Heft eine Fotoserie fortgeführt, die sie bereits mit den Mitarbeiter*innen des Gorki begonnen hat. Ihre Idee: Der verbindende Hintergrund wird gesetzt, er ist Theater. Theater, das in ihren Portraits von Passant*innen mit der Wirklichkeit Kontakt aufnimmt. Willkommen zu einem Festival der komplizierten Fragen und offenen Worte.

Like a rabbit transfixed by the television, the Europe that celebrates itself for being enlightened is staring at charts announcing landslide victories for right-wing parties. Democracy is turning into something unappetising: it seems as if the rule of the many is inevitably accompanied by populism, nationalism, by whispers of security and isolationism. What is to be done?, Comrade Lenin would have asked, echoing Not-at-all-comrade Tolstoy. The festival Uniting Backgrounds – Theatre on Democracy has a history. In 2012 Shermin Langhoff curated the festival platform Voicing Resistance against the background of the so-called Arab Spring, providing a stage to pressured and dedicated artists, especially from Arab countries. A new version of this format took place at Gorki in 2014. Following the course of history, it was less determined by works on difficulties of post-revolutionary societies. This year, the focus is on the threat to European democracies. The motivation behind the conception of the Uniting Backgrounds – Theatre on Democracy festival at the Gorki was the need to get off the sofa, at least on the level of artistic exploration, at least in the small shelter of the theatre. The festival exists to open up spaces for artistic encounters, to step out of passivity, even if just by addressing it. A theatre on democracy is a theatre on biographies in their political contexts. Here the festival productions – created with many partners – position themselves with extremely different aesthetic perspectives. It is not about making everyone the same, but about the search for a common ground where it is possible to understand democracy as a complex process of exchange between different backgrounds. A work that cannot be completed. The festival centre is therefore the Lichsaal, a medium-sized room above the Gorki canteen: every evening artists and intellectuals will gather here to talk about the background of the political situations in the countries in which they work, especially with regard to the question of what function the theatre, arts and literature assume in times of endangered democracies. The Gorki remains enthusiastic: not about the conditions that prevail, but rather the angry artistic energy that they release. For this issue we invited four artists – Marta Górnicka, Kevin Rittberger, Tunçay Kulaoğlu and Oliver Frljić – to chat about democracy. A detailed correspondence unfolded that could only be reproduced in fragments here. We want to continue the exchange live and in colour through discussions and performances. For this magazine Ezra Rotthoff continued a series of photographs that she had already begun with the Gorki staff. Her idea: The uniting background is set, it is theatre. Theatre that makes contact with reality in her portraits of passers-by. Welcome to a festival of complicated questions and candid speech.

Ludwig Haugk, Chefdramaturg

Das Festival Uniting Backgrounds wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds

04 .05


premiere 19:30 Bühne, anschlieSSend Premierenparty

08/oktober

Weitere Termine: 9/10/14/15/16/OKTOBER 19:30 23/Oktober 20:00

Atlas des Kommunismus

VON LOLA ARIAS & ENSEMBLE

Regie

Im Sommer 1917 fuhr Lenin mit Erlaubnis des Deutschen Kaisers in einem plombierten Zug nach Petrograd und entfachte die Funken der Oktober­ revolution. Doch die Zugfahrt hinterließ auch im Transitland Spuren: 1918 versuchte Karl Liebknecht vom Balkon des Berliner Stadtschlosses die freie sozialistische Republik auszurufen. In der Geschichtsschreibung dominieren Männer. 99 Jahre später lädt die argentinische Regisseurin Lola Arias, die sich in ihren Arbeiten gemeinsam mit nicht-professionellen Darsteller*Innen mit geschichtlicher Aufarbeitung auseinandersetzt, Menschen zwischen 8 und 85 auf die Bühne, um ihre Geschichten zu erzählen. Gemeinsam werden sie ihr eigenes Leben rekonstruieren und das von Salomea Genin. Salomea Genin musste als Kind einer jüdischen Familie vor dem nationalsozialistischen Terror nach Australien fliehen, wo sie vom kommunistischen Traum inspiriert wurde. Bei einem Besuch in der DDR beschloss sie, den Aufbau des sozialistischen Staates auf deutschem Boden zu unterstützen. Sie arbeitete viele Jahre für die Staatssicherheit, bis sie erkannte, dass die DDR ein Polizeistaat geworden war, und damit brach. Der biografische Bericht Salomea Genins wird flankiert von den Geschichten einer Übersetzerin, einer Schauspielerin, einer Punksängerin und einer vietnamesischen Vertragsarbeiterin, sowie einem Puppenspieler, einer jungen Kommunistin aus Bayern, einer 16jährigen Aktivistin und einer Schülerin aus Berlin Pankow. Sie berichten vom Singen kommunistischer Arbeitslieder vor den Fabriken, von den Lehren der Sozialistischen Brüderländer, von der Überwachung im Alltag, von Konzerten in Kirchenräumen, vom Diskutieren in den Theatern der Wendezeit, von den brennenden Asylbewerberunterkünften in Ostdeutschland und den Forderungen der Geflüchteten heute. Ihre Erzählungen und subjektiven Wahrheiten zeichnen ein Bild vom Persönlichen im Politischen, vom Scheitern und Wiederaufstehen.

In the summer of 1917 Lenin travelled in a sealed train, with the permission of the German Emperor, to Petrograd and lit the sparks that spread the October Revolution. The train's journey, however, left a mark on its transit country as well: In 1918 Karl Liebknecht tried to proclaim the Free Socialist Republic from the palace balcony in Berlin. Men dominate in historiography. 99 years later, the Argentine director Lola Arias invites people from 8 to 85 years old to the stage to tell stories about communism. Together they will reconstruct their own lives and that of Salomea Genin. As a child of a Jewish family Salomea Genin was forced to flee from the National Socialist regime of terror to Australia, where she was inspired by the communist dream and decided to support building a socialist state on German soil. She worked for the Stasi before she realized that the GDR had become a police state and then broke with it. Her story is accompanied by those of a translator, an actress, a punk singer and a Vietnamese contract worker, as well as a puppeteer, a young communist from Bavaria, a 16 year-old activist and a student from Berlin Pankow. Together they report on singing communist work songs in front of factories, on the teachings of socialist brother countries, on surveillance in everyday life, on concerts in church rooms, on the discussion in the theatre during reunification, on burning asylum centres in eastern Germany and the demands from refugees today, all in order to reveal an image of the personal in the political, of failure and getting up again.

lola arias Bühne

Jo Schramm Kostüme

Karolin Bierner Musik

Jens Friebe Video

Mikko Gaestel Dramaturgie

Aljoscha Begrich Mit

Matilda Florczyk, Jens Friebe, Salomea Genin, Mai-Phuong Kollath, Ruth Reinecke, Tucké Royale, Jana Schlosser, Helena Simon, Monika Zimmering Eine Produktion des Maxim Gorki Theaters

german with english surtitles

Hintergrundgespräch Wir und der Kommunismus mit Lola Arias 10/Oktober, 21:45 > S.32


PERFORMANCE/Premiere 18:00 Studio

08/oktober Weitere Termine: 09/Oktober 18:00

Mythen der wirklichkeit #1

O dwóch takich, co ukradli księżyc (Die zwei Monddiebe)

von Krzysztof Minkowski, Wojtek Zrałek-Kossakowski und Marta Malikowska

Regie

Krzysztof Minkowski Dramaturgie/Sounddesign

Wojtek Zrałek-Kossakowski Bühne/Kostüme

Konrad Schaller Dramaturgische Mitarbeit

Tobias Herzberg Mit

Marta Malikowska Die Reihe Mythen der Wirklichkeit

Herzlich Willkommen an Bord des polnischen Regierungsflugszeugs Tupolew Tu-154M vom Warschauer Flughafen »Chopin« nach Smolensk. Unter den Passagieren befinden sich der polnische Präsident Lech Kaczyński mit seiner Ehefrau, zahlreiche Abgeordnete des Parlaments, hochrangige Offiziere und Kirchenvertreter. Ihre Stewardess Beata wird Sie auf dem Flug begleiten und für Ihr Wohlergehen sorgen. Sie wird Ihnen das Märchen Die zwei Monddiebe erzählen, in dessen Verfilmung die Zwillinge Lech und Jarosław Kaczyński als Kinder die Hauptrollen spielten. Sie wird Sie von der polnischen Gastfreundschaft überzeugen und mit traditioneller polnischer Küche verwöhnen. Beata freut sich sehr darauf, Sie zudem über die wunderbaren Reformen in Polen zu informieren, die durch die neue Regierung nun möglich sind. Schließen Sie Ihren Sicherheitsgurt und genießen Sie Ihren Flug mit musikalischen Delikatessen und einer patriotischen One-Woman-Show. Was erzählt ein polnisches Märchen über die heutige Politik in Warschau? Wie würden iranische Regisseure persische Mythen auf eine Bühne bringen, fernab der Zensurbehörde in Teheran? Und in welchem Abendland würden wir leben, wären Adam und Eva ein schwules Pärchen of Colour über sechzig gewesen? Mythen, Märchen und Legenden werden als Erzählungen häufig von nationalkonservativen Bewegungen vereinnahmt. Die Performance-Reihe Mythen der Wirklichkeit holt sich diese Geschichten zurück – mit postmigrantischen, queeren und kulturkritischen Lesarten! Der in Szczecin geborene Berliner Regisseur Krzysztof Minkowski inszeniert den Auftakt der neuen Reihe im Studio .

Welcome aboard the Polish government aeroplane Tupolev Tu-154M en route from Warsaw Chopin Airport to Smolensk. Among the passengers are Polish President Lech Kaczynski and his wife, many members of parliament, senior officers and religious leaders. Your stewardess Beata will accompany you on the flight and take care of all your needs. She will tell you the tale of The Two Who Stole the Moon, in whose film version the twins Lech and Jaroslaw Kaczynski as kids played the main roles. She will win you over with Polish hospitality and pamper you with traditional Polish cuisine. Beata is looking forward to informing you about the wonderful reforms in Poland now made possible through the new government. Fasten your seatbelt and enjoy your flight with musical delicacies and a patriotic one-woman show. What does a Polish tale reveal about politics today in Warsaw? How would Iranian directors bring Persian myths to the stage, far away from the censors in Tehran? And in what Western society would we live if Adam and Eve had been a gay couple of colour over sixty? Myths, tales and legends are often appropriated by national conservative movements as narratives. The performance series MYTHS OF REALITY brings these stories back – with post-migrant, queer and cultural-critical readings! The Berlin-based director Krzystof Minkowski, born in Szczcin, directs the launch of the new series at the Studio .

wird gefördert aus Mitteln des Landes Berlin, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten

Polnisch mit deutschen und englischen Übertiteln / Polish with German and English surtitles

Hintergrundgespräch Der Einzelne und das Kollektiv mit Krzysztof Minkowski 12/Oktober, 21:30 > S.32

PREMIEREN

06 .07


audiowalk ab 17:00 Foyer / start- und infopoint jederzeit im kassenfoyer

Ein Projekt von

weitere termine: 10/11/12/13/14/15/17/18/19/20/21/22/Oktober ab 14:00 9/16/23/Oktober ab 17:00

im Rahmen von

08/oktober

Rimini Protokoll: Helgard Haug, Stefan Kaegi, Daniel Wetzel Radioortung – Hörspiele für Selbstläufer Recherche / Dramaturgie

Sebastian Brünger Mitarbeit Recherche

Michael Hoh Technische Produktionsleitung

Falco Ewald Produktionsleitung

Heidrun Schlegel, Katja Sonnemann Produktionsassistenz

Elise von Bernstorff Stimme

50 aktenkilometer Ein begehbares Stasi-Hörspiel von Rimini Protokoll

René Stäbler Leitung RADIOORTUNG Deutschlandradio Kultur

Katrin Moll Entwicklung Applikation und interaktive Karte

Udo Noll Eine Produktion von Deutschlandradio Kultur und Rimini Apparat in Koproduktion mit dem HAU – Hebbel am Ufer, Berlin

Rimini Protokoll ziehen Stasi-Akten aus den Archiven in die Gegenwart dieser Stadt: An die hundert Menschen werden in Berlin-Mitte befragt, erinnern sich oder rekonstruieren am Mikrofon Beobachtungen an ihrem Tatort. Mit dem Blick auf die uns heute vertraute Alltäglichkeit und den O-Tönen von damals im Ohr, stellt sich für den User ein seltsames Vexierbild her. Die Stadt wird als ein hörbares, höchst subjektives Archiv begehbar. Mit Hilfe von GPS-Smartphones werden die Besucher als Fußgänger zu »Eingeweihten«, die bei ihrem Spaziergang auf über 80 »akustische Blasen« in Form von Observationsberichten, Persönlichkeitsbildern, Operativplänen, Gedächtnisprotokollen und Originaltönen aus den Archiven stoßen. Dieser Tauchgang in die Zeit des kalten Kriegs des Misstrauens wird mit dem bürokratischen Vorgang der Aktenbeantragung, dem Ausfüllen der Vordrucke und der Lektüre dessen, was Menschen im direkten Umfeld über das eigene Leben festhielten, gespurt und ins heutige Berlin geschleudert. Wie hören sich Rimini Protokoll takes Stasi files out of the archives and into Protokolle der Observation am Ort ihrer Aufnahme für the city’s present day: In Berlin-Mitte around a hundred people den damals Observierten an und wie schnell wird man answer questions, tell their memories or reconstruct on tape acts als vorerst Unbeteiligter zum aktiven Mitspieler *zur of surveillance at the scene of the crime. Looking at the familiar aktiven Miterspielerin? Alleine oder in Gruppen gilt es, mit der Rolle der Überwachungsinstanz umzugehen – everyday of the present while listening to sound bites from the past produces a strange optical illusion for the user. auf der Suche nach den Audio-Pforten in die Stadt Through the use of GPS smartphones, the audience are pedestunter der Stadt. rians who become »insiders« encountering over 80 »acoustic bubbles« in terms of observation reports, character profiles, operational plans, verbatims from memory and original sounds from the archives.. This dive into the time of the cold war of distrust is tracked and thrown into present-day Berlin with the bureaucratic process of filing applications, filling out forms and reading what people in their immediate environment recorded about their lives. What do observations sound like to those who were observed, at the location where they were made, and how quickly can one go from being a bystander to an active agent? Experienced either alone or in groups, the aim of this walkable radio play is to deal with the role of the surveillance system – searching for the audio-gateways into the city under the city.

Gefördert durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei–Kulturelle Angelegenheiten und den Beauftragen der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Mit beratender Unterstützung der Stasi-Unterlagen-Behörde und der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.

Mit freundlicher Unterstützung von Sony Ericsson.

auf Deutsch

Hintergrundgespräch Überwachung mit Patrice Poutrus und Annette Leo 14/Oktober, 21:45 > S.32


premiere

08–23/oktober TALKING STRAIGHT: Supergrundrecht (SHOW) eichensaal 11/16/17/oktober 20:00 + 23/oktober 18:00 TALKING STRAIGHT: Security briefing 9/12/14/15/19/20/21/22/oktober 18:30 + 13/ oktober 19:30 TALKING STRAIGHT: Security day 16/oktober 14:00

TALKING STRAIGHT: Security

von talking straight

2016 ist das Jahr, in dem wirklich alle Angst haben. Alles geht zu schnell, alles ist zu viel, alles bricht zusammen – und alle rasten aus. Es scheint, als habe die Welt beschlossen, von der tatsächlichen Bedrohung abzusehen, die für den Großteil der Menschheit immer noch von einer Wirtschaftsform ausgeht, die auf einer maximal ungerechten Verteilung des Reichtums und der gedankenlosen Vernutzung von Ressourcen basiert. Viel zu abstrakt. Lieber greifbarere Ziele: Menschenhass, Hetze und Terror bestimmen die Agenda und viele, die noch vor ein paar Jahren eine ganz ande- 2016 is the year in which everyone, really everyone, is afraid. re Welt möglich fanden, wollen jetzt um jeden Preis das Everything goes too fast, everything is too much, everything falls System schützen. Mut ist teuer, Angst ist billig und Si- apart – and everyone freaks out. It seems as though the world cherheit ein Superprodukt, mit dem Terrorgruppen, Waf- has decided to put aside the real threat, which for the majority of humanity is still that of an economic system that is based on fenfirmen und Medien gute Geschäfte machen. TALKING STRAIGHT wollen da nicht außen vor bleiben. a maximally inequitable distribution of wealth and thoughtless Zu diesem Zweck wird das Performance-Kollektiv in eine misuse of resources. Far too abstract. Better to have tangible Sicherheitsagentur umgewidmet und garantiert als neu objectives: misanthropy, agitation and terror set the agenda, and gegründete TALKING STRAIGHT SECURITY in täglichen many who thought that a different world was possible just a few Interventionen dafür, dass auf dem Gelände des Gorki years ago, now want to protect the system at all costs. Courage wirklich gar nichts passiert. Sobald im Festivalrahmen is expensive, fear is cheap and selling security is good business absolute Ruhe und Ordnung hergestellt sind, bereitet das for terrorist groups, weapons companies and the media. Unternehmen drei große Shows vor, in denen das Bedürf- We at TALKING STRAIGHT don't want to be left behind. Which nis nach Gefahrenabwehr mit Nachdruck übererfüllt wird. is why the newly established TALKING STRAIGHT Security gua­ Einer Wortschöpfung des ehemaligen Bundesinnenminis- rantees, through daily interventions during the Uniting Backters Friedrich folgend, dessen Definition der Sicherheit grounds festival, that nothing really happens on the grounds of als »Supergrundrecht«, das über anderen Grundrechten the Gorki. Once absolute peace and order have been establisstehe, immer noch die Agenda bestimmt, werden wir der hed within the festival framework, the performance collective turned safety agency has prepared three big shows in which the Angst ein für alle Mal das Handwerk legen. Das Performance-Kollektiv TALKING STRAIGHT ist in- need for security is emphatically over-met. zwischen fester Bestandteil der Gorki-Familie. Die Per- Following a neologism from former Federal Minister of the Informances finden zum Großteil in »Fremdsprache« statt – terior Friedrich, whose definition of security as a »super fundadie erfundene Sprache, die auf Improvisation beruht, mental right« that stands above other fundamental rights still ist zum Markenzeichen der Performer*innen geworden. defines the agenda, we will crack down on fear once and for all. The performance-collective TALKING STRAIGHT has become Language no problem! an integral part of the Gorki family. The performances are mainly taking place in »foreign language« – the invented language which is based on improvisation has become the performer's trademark. Language no problem!

Von und mit

TALKING STRAIGHT: Alicia Agustín, Daniel Cremer, Nils Amadeus Lange, Antje Prust Musik

houaïda language no problem

PREMIEREN

08 .09


gastspiel: Staatstheater Braunschweig 19:00 + 20:30 Bühne

12/oktober

Konzept, Libretto & Inszenierung

Marta Górnicka Komposition Wojtek Blecharz Choreografie Anna Godowska Bühne Robert Rumas Realisation Bühne & Kostüme

Katharina Lackmann Lichtdesign

Robert Rumas, Artur Sienicki Dramaturgie

Katrin Breschke Mit

M(OTHER) COURAGE Ein Chorstück von Marta Górnicka Deutsch von Andreas Volk Die polnische Regisseurin Marta Górnicka hat sich dem Chor verschrieben. Sie will ihn für das Sprechtheater zurück gewinnen. Hatte in der antiken Tragödie der Chor ein Gegenüber, so steht der Chor bei Górnicka im Zentrum, also allein auf der Bühne. Wobei ›allein‹ in diesem Fall heißt, dass sie für ihre Inszenierung Chöre aus über 20 Menschen zusammenstellt. Ihren Arbeiten liegt stets ein eigenständiges Libretto zugrunde, welches sie ausgehend von einem literarischen Text um verschiedene Perspektiven und Themen erweitert, bearbeitet und collagiert. Für ihr Braunschweiger Stück lässt sich Górnicka vom Motiv der geschäftstüchtigen Mutter, die im Krieg ihren Profit macht, aber auch ihre Kinder darin umkommen sieht, aus Bertolt Brechts Mutter Courage anregen und untersucht Polish director Marta Górnicka has dedicated herself to the chorus. es für unsere Gegenwart: Wer profitiert heute vom Krieg? Welcher Preis ist dafür zu zahlen? She wants to reclaim it for the spoken theatre. While the chorus had Ihr Chor repräsentiert viele Stimmen und hinter- a counterpart in the tragedies of antiquity, Górnicka's choruses are at the centre of her works, in other words, alone on stage. Even though fragt die Stereotypen von Gruppen, denen wir ›alone‹ in this case still means that she assembles choruses of more angehören oder denen wir gegenüber stehen. Der than 20 people for her productions. Chor zitiert Stimmen von Müttern und Kindern, Demonstrant*innen und Gegendemonstrant*innen, Her works are always based on a self-contained libretto, which she Wutbürger*innen, Kämpfer*innen und Fans. Be- expands, edits and collages, originating from a literary text, with rekannte Formeln, Sprüche werden skandiert, ver- gard to different perspectives and issues. For her Braunschweig piece, Górnicka takes her inspiration from the theme of the enterprising fremdet, ironisiert. Sie erleben garantiert nicht Brecht, aber einen Chor, der Kraft hat, überwälti- mother in Bertolt Brecht's Mother Courage who makes her profit from war, but also sees her children perish in it, and examines that subject gend, aggressiv, überraschend und immer wieder for our present: Who benefits from war today? What price must be wunderschön ist. paid? Die Regisseurin und Sängerin Marta Górnicka ist Absolventin der Fakultät für Regie der Thea­ Her chorus represents many voices and scrutinises the stereotypes ter­­akademie Aleksander Zelwerowicz, der Musik­ of groups that we belong to and those we oppose. The chorus cites voices of mothers and children, demonstrators and counter-demonsthoch­­­­­s chule Frédéric Chopin in Warschau, der rators, Wutbürgern (enraged citizens), fighters and fans. Familiar forWarschauer Universität und der Staatlichen mulations, sayings are chanted, alienated, lampooned. It's certainly Schauspielschule in Krakau. Für ihre Arbeit not Brecht, but rather a powerful chorus that is overwhelming, aggresM(other) Courage wurde sie für den FAUST Preis sive, surprising and, time and again, beautiful. 2016 in der Kategorie Regie Schauspiel nominiert. The director and singer Marta Górnicka is a graduate from The Aleksandar Zelwerowicz Academy of Dramatic Art, the Frdyrick Chopin University of Music in Warsaw, the Warsaw University and the Academy for Dramatic Arts in Krakow. She was nominated for her work M(other) Courage for the FAUST award in the category directing drama in 2016.

Sandra Bezler, Anna Fagan, Nicola Feuerhahn, Jutta Finger, Pauline Kästner, Aleksandra Kuntze, Magdalene Lohmann, Brigitte Middlemiss, Klara-Felicitas Räthel, Anna Roskinski, Julia Schäfle, Mattias Schamberger, Undine Schönfeld, Waltraut Siemann, Martina Struppek, Maik TeSSmann, Christophe Vetter, Andreas Vögler, Julia Weidner, Ingeborg Wender, Rika Weniger, Ulla Winter, Nadine Wolfarth german with english surtitles

Hintergrundgespräch der Einzelne und das Kollektiv mit Marta Górnicka und Krzysztof Minkowski 12/Oktober, 21:30 > S.32 Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz


PERFORMANCE 20:30 Studio

13/oktober

rechte reden

von und mit Mely Kiyak und Thomas Wodianka Drei Montage in diesem Jahr. Drei Mal aufwachen, Radio anmachen. Drei Mal zur Kenntnis nehmen: Wieder ein Bundesland in Richtung AfD abgerutscht, einmal mehr wird Deutschland von rechts moderiert. Die »Alternative für Deutschland«, jenes Sammelbecken aus enttäuschten ehemaligen CDU-Funktionären, NVA-Offizieren, Neonazis, Verschwörungstheoretikern, Antisemiten, Rechtsintellektuellen und Nationalparanoiden ist zu einer den Diskurs bestimmenden Kraft in diesem Land geworden. Der Weg der Partei und ihrer Sympathisant*innen führt von den Pegida-Plätzen über Vortragssäle und nationale Erweckungskundgebungen in die Landtage der Republik, der Einzug in den Deutschen Bundestag wird bereits ein Jahr vor der Wahl als Tatsache diskutiert. Schriftstellerin und Gorki-Kolumnistin Mely Kiyak und Gorki-Schauspieler Thomas Wodianka haben sich der AfD und ihres Umfelds angenommen, unzählige Reden der letzten zwei rechten Jahre gelesen. In ihrer Performance präsentieren sie eine Auswahl. Auch wenn es unglaublich erscheint: Nichts, was an diesem Abend zu hören sein wird, ist hinzugefügte Zuspitzung. 75 Minuten Lügen, Angst und Wahn – die inzwischen zu einem nicht geringen Teil mittels der verhassten »Altparteien« Realpolitik geworden sind.

Three Mondays this year. Three times to wake up, turn on the radio. Three times to take note: a state slips again, Germany is managed by the right. The »Alternative for Germany«, that reservoir of disillusioned former CDU officials, NVA officers, neo-Nazis, conspiracy theorists, anti-Semites, rightwing intellectuals and the national paranoid has become one of the forces with the power to determine the discourse in this country. The path of the party and its sympathizers leads from Pegida squares through lecture halls and national revival rallies into the parliaments of the republic, their entry into the German Bundestag is already being discussed as an inevitability a year before the election. Mely Kiyak and Thomas Wodianka have taken on the AFD and their milieu, and read countless speeches from the last two right-wing years, a selection of which they will present in their performance. Even though it seems unbelievable: Nothing that is presented during this evening is an added exaggeration. 75 minutes of lies, fear and delu­ sion – which have become realpolitik in the meantime, due in no small part to the despised »old parties«.

auf Deutsch

Hintergrundgespräch Die Sprache der AfD mit Joachim Scharloth und Liane Bednarz 13/Oktober, 22:00 > S.32

PREMIEREN

10 .11


Szenische Lesungen 20:30 Studio

15/oktober

feier 22:00 Kantine

15/oktober

Hintergrundgespräch Volk mit Ariane Koch, Zainab Magdy und Ahmet Sami Özbudak 15/Oktober, 22:45 > S.32 Mit

Basel: Ariane Koch, Zino Wey, Moïra Gilliéron, Tobias Christl, Thorbjörn Björnsson / Istanbul: Yeşİm Özsoy, Ahmet Samİ Özbudak, Batur Belİrdİ, Hümay Güldağ, Ceren Demİrel / Kairo: Zainab Magdy, Omar Madkour auf Türkisch, Deutsch und Englisch mit Deutschen und Englischen Übertiteln

hilfe, das volk kommt! Im November 2015 trafen sich im Literarischen Colloquium Berlin (LCB) am Wannsee drei Autor*innen zu einem Experiment mit offenem Ausgang. Zainab Magdy aus Kairo, Ariane Koch aus Basel und Sami Özbudak aus Istanbul hatten sich vorher nie gesehen. Und überhaupt sind sie komplett verschieden: in ihren Schreibweisen, Weltsichten, ihrem Verhältnis zum Theater. Was sie eint: die politische Situation in ihren Ländern greift mittelbar oder unmittelbar in ihre Kunst ein, lässt sich nicht vermeiden, ist Teil der schriftstellerischen Arbeit. Es gab für diese Begegnung kein konkretes Ziel. Ob am Ende ein Manifest stehen würde, oder ein gemeinsames Stück oder drei Stücke, die sich gegenseitig inspirieren? In Uniting Backgrounds werden die übers Jahr weiter entwickelten literarischen Fragmente in szenischen Lesungen zu sehen sein, die die Autor*innen selbst oder mit künstlerischen Freund*innen in Kairo, Istanbul und Basel erarbeitet haben. Vor allem aber wird der Abend eine Wiederbegegnung sein: Was ist in den letzten Monaten passiert und wie haben sich die Gesellschaften, in denen wir leben und wir mit ihnen verändert. Aktuelles politisches Schreiben als Prozess – eine Werkstatt politisch schriftstellerischer Positionen. In November 2015 three authors met at the Literary Colloquium Berlin (LCB) on Wannsee for an open-ended experiment. Zainab Magdy from Cairo, Ariane Koch from Basel and Sami Özbudak from Istanbul had never seen each other before. And in general, they are completely different: in their literary styles, world-views, their relationship to the theatre. What unites them: the political situation in their countries intervenes directly or indirectly in their art, cannot be avoided, is part of their literary work. There was no specific goal for this encounter. Would the result be a manifesto, a collaborative piece, or three pieces inspired by each other? In Uniting Backgrounds literary fragments that were further developed over the year will be presented in staged readings, which the authors have devised themselves or with artist friends in Cairo, Istanbul and Basel. Above all, the evening will be a re-encounter: What has happened in recent months and how have the societies in which we live changed, and we along with them. Contemporary political writing as process – a workshop for political literary positions. In Kooperation mit dem Literarischen Colloquium Berlin Gefördert von der Robert Bosch Stiftung

100 jahre widerstand Eine Feier des collektive temporaire

Gut, dass es der Mensch nicht lassen kann, Widerstand zu leisten. Ungeachtet der jeweiligen politischen Verhältnisse, zählt die Fähigkeit und der Wille zu Subversion, Verweigerung, Ungehorsam, Protest und Aufruhr wohl zum beständigsten in seiner Natur. »Wo es Macht gibt, gibt es auch Widerstand« konstatiert 1983 der Philosoph Michel Foucault. Doch wie könnte es in heranbrechenden neoliberalen Regierungsformen, noch zu widerständigem Gegen-Verhalten, gar zu Verhaltensrevolten kommen? Die Philosophie suchte lange und begriff, dass es nicht darauf ankommt, postmoderne Mechaniken des Widerstands zu suchen, als vielmehr »sie zu schaffen«. Bis heute gelingt es der Philosophie, wie auch dem Theater allzu selten, effektiven Widerstand gegen soziale Schieflagen, globale Ungerechtigkeiten, gegen Ausgrenzung und Rassismus »zu schaffen«. Doch zumindest das Theater darf vom Widerstand träumen, von ihm erzählen, ihn sogar feiern. Und so feiert das collektive temporaire, u.a. Cynthia Micas, Mirko Borscht, Aram Tafreshian, Falilou Seck, Volkan T error, Holger Kuhla, Simon Kubisch, den Widerstand in der Kantine des Gorki, sehr laut, mit einigen Worten und viel Sound. It's good that humans cannot just give up on resistance. Irrespective of the specific political situation, the ability and will to subvert, deny, disobey, protest and rebel is probably among the most enduring in their nature. »Where there is power, there is resistance«, philosopher Michel Foucault stated in 1983. But how, in the coming neo-liberal regimes, can acts of resistance occur, much less rebellions in attitude? Philosophy searched long and hard, and then realized that it's not about looking for post-modern mechanisms of resistance, but rather »creating« them. To date, philosophy, just like the theatre, too rarely »creates« effective resistance against social imbalances, global injustices, against exclusion and racism. But at least the theatre may dream of resistance, tell of it and even celebrate it. And so, in word and sound in the Gorki canteen, the collektive temporaire tells and celebrates the tale(s) of an always necessary resistance.


theater 20:30 Studio

16/oktober

mephistoland

Von András Dömötör, Albert Benedek und Kornél Laboda Man verliert leicht die Zuversicht, schaut man auf das politische und kulturelle Europa der Gegenwart. Mephistoland ist ein Horrorszenario, ist eine Vision und doch schon Realität. Denn hier proklamieren Theaterintendanten eine »gesunde, nationalistische« Kultur; hier herrschen wieder Homophobie und Antisemitismus und gigantische Heiligenstatuen werden als Glaubensbekenntnisse einer neuen Zeit errichtet. Hier grassiert die Schizophrenie, Regisseure verlieren den Verstand, Schauspieler *innen wechseln ihr Wesen, das Land und Theaterbesucher sperren sich hungerstreikend in Käfige … Eine Theatertruppe im Ausnahmezustand, weil sie weiß: Die Zeit des Spiels für das Spiel ist bald vorbei. Der gefürchtete Ministerpräsident beruft einen Freund zum Intendanten ihres One can lose any hope very quickly if you look at the current state of Hauses, der die Aufgabe des Theaters darin sieht, den seelischen wie geistigen Aufschwung des ge- the political and cultural Europe. Mephistoland is a horror scenario, a vision and yet a reality. Here the artistic director has been replasamten Volkes zu befördern und zu beflügeln. Der ced and his successor now represents a »healthy, nationalist« culture. Wind dreht sich, von nun ist kein Schutz mehr vor Homophobia and anti-Semitism and giant statues of saints are being dem Hereinbruch der Politik in die Kunst möglich. Der ungarische Regisseur András Dömötör insze- introduced as confessions of faith for a new era. Schizophrenia spreads, directors go crazy, actors change their beings, and the auniert einen abgründig komischen Trip durch eine absurde Welt, in der sich Realität und Fiktion, Hor- dience locks itself in cages and goes on hunger strike. A theatre company is in a state of emergency because they know: The time where ror und Groteske munter paaren. they just played and acted for the sake of it will be over soon. The feared minister president has put his best friends in the position as the new artistic director of the theatre who thinks that the main goal of theatre should be to enhance the mental and spiritual uprising of the people. The wind is changing and from now on there is no chance to avoid the slump of politics into the area of art. The Hungarian director András Dömötör has created a deeply weird trip through an absurd world in which reality and fiction, horror and grotesque cheerfully pair.

Regie

András Dömötör Bühne/Kostüme

Moïra Gilliéron Dramaturgie

Holger Kuhla Musik

Tamás Matkó Übersetzung

Inez Matis Mit

Mareike Beykirch, Bettina Hoppe, Tim Porath, Aram Tafreshian, Mehmet Yılmaz german with english surtitles

Hintergrundgespräch Kunst und Zensur mit András Dömötör und Oliver Frljić 16/Oktober, 19:00 > S.32 Eine Produktion vom Studio

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Maxim Gorki Theater

PREMIEREN

12 .13


Uraufführung 19:30 BÜHNE

19/oktober weitere termine: 21/OKTOBER 19:30 23/OKTOBER 15:00

Regie

suna gürler Kostüme / Bühne

Ursula Leuenberger Musik

Friederike Jäger Dramaturgie

Mazlum Nergiz Mit

Sezgİ Ceylanoğlu, Eda Demİr, Mariette Morgenstern-Minnemann, Zeina Nassar, Soraya Reichl, Nathalie SeiSS, Chantal Süss

STÖREN

von suna gürler & ENSEMBLE Eine junge Frau erzählt: »Ein älterer Typ nimmt mich über eine Mitfahrgelegenheit nach Berlin mit. Unterwegs fragt er, ob ich Lust hätte, ein bisschen im Wald spazieren zu gehen …« Wie kommt es, dass wir meinen, das Ende der Geschichte zu kennen? Was ist das für ein Narrativ, das davon ausgeht, dass man als Frau vergewaltigt, belästigt, begrapscht wird? Ein Narrativ, das den Beginn vorweg nimmt, sobald auf dem nächtlichen Nachhauseweg der Schlüssel als Waffe unbewusst in der Hand liegt, man nicht in die bis auf einen Mann leere U-Bahn einsteigt oder doch nicht die kurze Hose anzieht. Ist es unaufhaltsam, das alte Spiel? Man hat einen Kör- A young woman says: »An older guy takes me in a car share to Berlin. On the way he asks if I would want to take a bit of a walk in the per und das Leben ist so oder man hat einen anderen forest …« Körper und das Leben ist anders, arrangier dich bitte Why is it that we think that we know the end of the story? What damit. Und dann kommt die Silvesternacht 2016 in Köln und plötzlich gilt es »unsere Frauen« zu beschüt- kind of a narrative is it that assumes that women are raped, harassed, groped? A narrative that anticipates from the beginning zen. Aber: Welche Frauen sind damit gemeint und wem that one subconsciously holds keys as a weapon in hand on the gehören die nochmal? way home at night, does not go into a subway car that's empty exRegisseurin Suna Gürler begibt sich mit sieben jungen cept for one man, or decides in the end not to wear those shorts. nicht-professionellen Schauspieler*innen zwischen 18 und 24 Jahre, auf die Spur vermeintlich allgemeingül- Is this old game unstoppable? If you have this body, life is like this, or you have a different body and life is different, get used to tiger Vorstellungen und Verabredungen, die sich um it already. And then along comes New Year's Eve 2016 in Cologne Geist, Körper und Daseinsberechtigung von Frauen and suddenly »our women« must be protected again. However: ranken. Draußen auf der Straße wie beim Surfen im which women are implied in this case and who is it that owns Internet lauert eine Gefahr nach der anderen, es gilt them again? vorsichtig zu sein, zu lächeln, nicht anzuecken. Danke Together with seven young women, director Suna Gürler embarks für die Tipps, aber sind wir noch nicht weiter? on the paths of supposedly universal notions and agreements Eine rhythmische Suchbewegung über die Frage, wie wound around the mind, body and raison d'être of women. Both viel Raum Frauen in unserer Gesellschaft eigentlich outside on the street and on the Internet, one danger after the zusteht, wo dieser zu finden ist und warum er immer other lurks. It is important to be careful, to smile, not to offend. noch nicht selbstverständlich geworden ist. Thanks for the tips, but haven't we progressed further? A rhythmic search in motion about the question of how much space women in our society are actually due, where this can be found and why it is still not a given.

german with english surtitles

Hintergrundgespräch Feminismus, Gender und Ich mit Anne Wizorek und Kübra Gümüşay 19/Oktober, 21:30 > S.32 Eine Produktion des Maxim Gorki Theaters. Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Mercator


gastspiel: Kaai Theater Brüssel 19:30 Bühne

20/oktober

IN THE EYES OF HEAVEn Von Rachid Benzine

In the Eyes of Heaven ist ein Monolog geschrieben von dem marokkanischen Politologen Rachid Benzine, inszeniert vom belgischen Regisseur Ruud Gielens und interpretiert durch die international bekannte Schauspielerin Hiam Abbass. »In die Augen des Himmels zu schauen ist in die Augen einer Frau zu blicken für die du zahlen würdest, um sie für wenige Stunden in der Heimlichkeit eines Zimmers zu besitzen, aber selten, um sie zu lieben.« Es sind ihre Worte, die die Geheimnisse, die Wut und die Desi­ llusionierung einer Frau ausdrücken, die vom Leben In the Eyes of Heaven is a monologue written by the Maroccan political misshandelt worden ist und die plötzlich, am An- theorist Rachid Benzine, directed by Ruud Gielens and performed fang des Arabischen Frühlings, zusehen muss, wie by renowned Hiam Abbass, that interweaves the developments in ihre fragile Hoffnung für ein neues Leben zusam- Arab politics of the last forty years with the position of women in menbricht. Während dieser Warteperiode sitzt sie contemporary Arab society. auf einer belebten arabischen Straße, die von den To look into the eyes of heaven is to look in the eyes of a woman who Schatten der Wandernden und der Sterbenden be- you would pay to possess for a few minutes or a few hours in the privacy of a room, away from the gaze of strangers, but rarely to love. A völkert ist. Auf der Grundlage eines Textes von Rachid Benzine woman who in this world is immersed in the immense loneliness left hat der belgische Regisseur Ruud Gielens zusam- behind by a fate that pursued her far too early and far too violently, men mit der Schauspielerin Hiam Abbass einen and from which she wants to protect her own daughter. Monolog über die Position von Frauen im Maghreb It is her words that she directs at the powerless heavens, sometimes whispering, sometimes howling. Words that express the secrets, the entwickelt. Die in Paris lebende palästinensische Schauspie- fury and the disillusionment of a woman who has already been batlerin Hiam Abbass hat in herausragenden Filmen tered by life and who suddenly, at the start of the Arab spring, sees her der letzten Jahrzehnte mitgewirkt und arbeitete in fragile hope of a new life collapse along with the regime. In this period internationalen Produktionen u.a. mit Regisseuren of waiting, between a yesterday that is lost and a tomorrow that’s a wie Steven Spielberg, Jim Jarmusch, Éric Besnard, long time coming, she sits, at once unyielding, funny and fragile, amid the bustle of an Arab street populated by the shadows of wanderers Ridley Scott, Patrice Chéreau. Ruud Gielens inszenierte am Gorki in der Spielzeit and of the dying. Based on a text by Rachid Benzine, the Belgian director Ruud Gielens 2013/14 den Liederabend Hätte klappen können. and the actress Hiam Abbass developed a monologue on the position of women in Maghreb. The Paris-based actress Hiam Abbass has played a part in extraordinary films in the last decades and participated in international productions, i.a. with directors like Steven Spielberg, Jim Jarmusch, Éric Benard, Ridley Scott, Patrice Chéreau. Ruud Gielens directed the song recital Hätte klappen können at Gorki in the season 2013/14.

Regie

Ruud Gielens Dramaturgie

Laila Soliman Produktion

Kaaitheater & Moussem Co-Produktion

C-Mine cultuurcentrum Genk Mit

Hiam Abbass englisch mit Deutschen Übertiteln English with german surtitles

Hintergrundgespräch Augen des Himmels mit Ruud Gielens und Hoda Salah 20/Oktober, 21:00 > S.32

PREMIEREN

14 .15


gastspiel: Bakırköy Beledİye Tİyatrosu, Istanbul 20:30 Studio

20/oktober Weitere Termine: 21/Oktober 20:30

Regie

Nurkan Erpulat Bühne/Licht

Cem Yılmazer Kostüme

Tomris Hande Kuzu Sounddesign

Ah! Kosmos Dramaturgie

Ceren Ercan Korrepetition

Gülün Karanlık – Die lächerliche Finsternis

Senem Zeynep Ercan Mit

Erol Ozan Ayhan, Yelda Baskın, Doğacan Taşpınar, Elİf Ürse, Alİcan Yücesoy

von Wolfram Lotz

Die Lächerliche Finsternis von Wolfram Lotz entstand 2014. Das Stück verlängert die Geschichte des Kolonialismus ins Heute und basiert dabei auf Joseph Conrads Herz der Finsternis und Francis Ford Coppolas Film Apocalypse Now. Lotz thematisiert den Neokolonialismus nach dem 11. September. Das Stück beginnt mit der Verteidigungsrede eines somalischen Piraten und folgt den Spuren zweier Bundeswehrsoldaten, die sich auf geheimer Mission in Afghanistan befinden. Ihre Reise am Flussverlauf ist auch eine Reise durch die westliche Kolonialgeschichte von der Vergangenheit bis heute. Die Uraufführung am Wiener Burgtheater war ein großer Erfolg und wurde 2015 zum Berliner Theatertreffen und den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Von der Theaterzeitschrift Theater heute wurde das Stück 2015 zum Deutschsprachigen Stück des Jahres gewählt. In seiner Inszenierung für das Bakırköy Belediye Tiyatrosu hat Nurkan Erpulat den Versuch unternommen, den Text, der das Thema aus einer spezifisch deutschen Perspektive anschaut, auf die Türkei zu übertragen. Erpulat erzählt die Die Lächerliche Finsternis als Geschichte der westlichen Barbarei unter dem Deckmantel des immer noch im kolonialen Paradigma verhafteten Gutmenschentums. Nurkan Erpulat ist Hausregisseur am Gorki. Er bereitet derzeit eine größere Arbeit für das Gorki vor, die sich unter dem Titel Love it or leave it! mit der aktuellen Situation in der Türkei auseinandersetzt.

Wolfram Lotz's Die Lächerliche Finsternis (The Ridiculous Darkness) was written in 2014. The piece extends the history of colonialism to today and is based on Joseph Conrad's Heart of Darkness and Francis Ford Coppola's Apocalypse Now. Lotz broaches the subject of neocolonialism after September 11th. The piece begins with the plea of a Somali pirate and follows the paths of two German soldiers on a secret mission in Afghanistan. Their trip along the course of the river is also a journey through Western colonial history from past to present. The premiere at the Burgtheater in Vienna was a resounding success and was invited to the Theatertreffen festival in Berlin and the Mülheim Theatre Days in 2015. Theater heute magazine chose the piece as the German-language play of the year in 2015. In his production for the Bakırköy Belediye Tiyatrosu, Nurkan Erpulat has endeavoured to take the text, which looks at the issue from a specifically German perspective, and transfer it to Turkey. Erpulat tells Die Lächerliche Finsternis as a story of Western barbarism in the guise of starry-eyed idealism that's still stuck in colonial paradigms. Nurkan Erpulat is a director in residence at Gorki. He is preparing a bigger project for Gorki, called Love it or leave it!, which deals with the current situation in Turkey.

türkisch mit deutschen Übertiteln

Hintergrundgespräch Finsternis in der Türkei? mit Nurkan Erpulat und Ebru Taşdemir 21/Oktober, 22:45 > S.32 Eine Produktion von Bakırköy Beledİye Tiyatrosu, Istanbul


SPIEL #1

22/oktober 23/oktober SPIEL #2

20:30 Studio

ALCHEMIE DES NEUANFANGS kuratiert von Kevin Rittberger

SPIEL #1 Mit

Sonja Hornung, Kevin Rittberger, Joseph Vogl, u.a.

SPIEL #2 Mit

Zum Abschluss des Festivals Uniting Backgrounds soll es um das Probieren von Möglichkeiten, das Rauschen der Geschichte und den Mut zum Spielen gehen. Der Autor Kevin Rittberger lädt Gäste ins Studio , die theoretisch, performativ, musikalisch und installativ auf der Suche nach Aufbrüchen und Neuanfängen sind. Alchemisten des Neuanfangs, das sind Menschen, die sich mit dem resignativen »There is no alternative« nicht zufrieden geben.

# 1: SPIEL, DESSEN REGELN NEU ZU VERHANDELN SIND Die Künstlerin Sonja Hornung verwandelt das Studio in ein Spielfeld, das an bekannte Brettspiele erinnert, deren Systematik aber vervielfältigt. Fünf Performer*innen werden versuchen, ausgestattet mit entsprechendem Material, ohne Worte ein neues Regelsystem für das Spiel zu finden. Parallel dazu wird Kevin Rittberger den Literaturwissenschaftler und politischen Denker Joseph Vogl in ein Gespräch über Neuanfänge und Alternativen zu bestehenden Ordnungen verwickeln.

# 2: EARTH, VOICE, SÉANCE Kein gesellschaftlicher Neuanfang ist voraussetzungslos. Die Andersformulierung der Neubestimmung der Parameter des Zusammenlebens ist vielfach geschrieben. Im zweiten Teil von Rittbergers alchemistischer Konferenz lädt eine Installation des Künstlers Martin Howse zu einer Begegnung mit Marx, Benjamin, Luxemburg und anderen. Der Wissenschaftler Norbert Koku Nonoa wird gemeinsam mit Rittberger diese Reise in die Vertikale linker Geschichte mit einem Live-Essay über eine transkulturelle Brennerüberwindung begleiten.

The conclusion of the Uniting Backgrounds festival focuses on testing out possibilities, listening to history and the courage to play. The author Kevin Rittberger welcomes guests to Studio who are searching for departures and new beginnings through installations or in theoretical, performative and musical ways. The alchemists of new beginnings are those who refuse to settle for the excuse of »There is no alternative«.

Martin Howse, Norbert Koku Nonoa, Kevin Rittberger u.a. Deutsch und Englisch / German and English

# 1: SPIEL , DESSEN REGELN NEU ZU VERHANDELN SIND (GAME, WHOSE RULES ARE TO BE RENEGOTIATED) Artist Sonja Hornung is transforming the studio into a playing field that is reminiscent of familiar board games, while multiplying their taxonomies. Equipped with the appropriate materials, five performers will try to find a new set of rules for the game. In parallel, Kevin Rittberger will discuss new beginnings and alternatives to existing orders with literary scholar and political thinker Joseph Vogl.

# 2: EARTH, VOICE, SÉANCE No social new beginning is without preconditions. In the second part of Rittberger's alchemical conference, artist Martin Howse's installation invites the audience to an encounter with Marx, Benjamin, Luxembourg and others. Together with Rittberger, scholar Norbert Koku Nonoa will accompany this journey into the verticals of the history of the left with a live essay on a transcultural conquering of borders.

PREMIEREN

16 .17















lecture performance 16:00 Bühne

09/oktober

diskurs 12:00 Bühne

16/oktober

Mit

Maja Figge, Jasmin İhraç, Juliane Karakayali, Ute Langkafel, Massimo Perinelli, Ralf Mueller von der Hagen, Ulaş Şener, Michael Willenbücher, u.a.

Mit

Prof. Arjun Appadurai, Prof. Marcel Fratzscher Kuratiert von

Dr. Andreas Görgen, Esra Küçük, Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz

Hintergrundgespräch Geheimdienste vor Gericht mit Anne Roth und Constanze Kurz 22/Oktober, 22:00 > S.32

Die veranstaltung wird simultan übersetzt (dt/engl) the event will be simultaneasly translated (Ge/EN)

NSU-Komplex auflösen

BERLINER KORRESPONDENZEN

Es wird Zeit, dass die Perspektive der Migration eine Perspektive der gesamten Gesellschaft wird. Rassismus muss zusammen mit den davon Betroffenen thematisiert und bekämpft werden. 2017 wird im Schauspielhaus Köln das Tribunal zum NSU stattfinden. Das Tribunal hat sich eine öffentlichkeitswirksame, gesellschaftliche Anklage der Täter*innen des NSU-Terrors und des ihm zugrunde liegenden strukturellen Rassismus zum Ziel gesetzt. Dabei sollen die Betroffenen von rassistischer Gewalt ein Forum erhalten, ihre Geschichten zu erzählen, ihr Wissen zu öffnen und aus einer migrantischen Perspektive Forderungen zu stellen. Ziel ist es, den NSU-Komplex in seiner gesamten personellen wie institutionellen Dimension sichtbar zu machen und darüber den strukturellen Rassismus in Deutschland anzuklagen. Mehrere Arbeitsgruppen arbeiten derzeit deutschlandweit an dessen Umsetzung. Die AG-Attitude ist eine dieser Gruppen. In dieser Veranstaltung gibt sie einen Einblick in die inhaltlich-politische Ausrichtung des Tribunals und in die dahinter stehende Haltung. Der Abend ist gleichzeitig eine Einladung sich am NSU-Tribunal zu beteiligen.

Zwei international renommierte Denker und Globalisierungsexperten bei den Berliner Korrespondenzen: Der Ethnologe Arjun Appadurai (New York Univer­ sity), kritischer Vordenker der Globalisierung, und Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und Autor des gerade erschienenen Buchs Verteilungskampf – warum Deutschland immer ungleicher wird. Ausgehend von den Herausforderungen einer globalisierten Welt – zunehmende Verteilungskämpfe, Ungleichheiten und soziale Klassen – stellen sie die Frage nach der »ordnenden Hand«: Wer oder was schafft eigentlich unsere wirtschaftlichen und sozialen Ordnungen? Und wie steht es um Ideen von der Selbstordnungskraft der freien Märkte und von Umverteilung? Berliner Korrespondenzen ist die erste Veranstaltungsreihe im Rahmen des Gorki Forum: eine neue Plattform für Diskurs und Vermittlung unter der Leitung von Esra Küçük. An der Schnittstelle zwischen Kultur, Wissenschaft und Politik arbeitet das Gorki Forum an einem produktiven Umgang mit gesellschaftlicher Heterogenität. Two internationally renowned thinkers and globalization experts meet for this Berlin Correspondence: anthropologist Arjun Appadurai, critical visionary of globalization, and Marcel Fratzscher, director of the German Institute for Economic Research. Focusing on the challenges we face in a globalized world, such as struggles for resources, inequality, and social classes, they raise the question of the »regulatory hand«. Who or what in fact creates our social order? And what about the idea of the self-regulating power of free markets or the reallocation of resources? Part 4 of the Berlin Correspondence series will investigate these issues.

Eine Gesellschaft der Vielen klagt ein Tribunal 2017

It is time for the perspective of migration to become a perspective of the entire society. Racism needs to be addressed and fought together with the affected parties. In 2017 the Tribunal for the NSU will take place at the Schauspielhaus Köln. The tribunal's goal is a high-profile social indictment of the perpetrators of the NSU's terrorist acts and the structural racism underlying it. Persons affected by racist violence are given a forum to tell their stories, make their knowledge public and make demands from a migration perspective. The aim is to reveal the NSU-complex in its complete human and institutional dimensions and thereby indict structural racism in Germany as well. Several research groups across Germany are currently working on its implementation. AG-Attitude is one of these groups. This event is designed to provide insight into the content-related political orientation of the tribunal and the position behind it. The evening is also an invitation to participate in the NSU Tribunal.

Teil 4: Ungerechte Verteilung – eine alternativlose wirtschaftliche Ordnung?

Wir bitten um verbindliche Anmeldung unter forum@gorki.de bis zum 13.10.2016.

JUNGES PARLAMENT Während des Festivals gründet sich am Gorki auch ein Junges Parlament: Als Forum für junge Menschen zwischen 18 und 28 Jahren wird dieses Junge Parlament verschiedene Veranstaltungen besuchen und sich in Gesprächen mit den Regisseur*innen und Künstler*innen über das Gesehene austauschen, Kritik formulieren und eigene Ideen entwickeln. diskurs

30 .31


diskurs

09–22/oktober Lichtsaal im Palais

Kuratiert und moderiert von / Curated and moderated by

Sammy Khamis, Esra KüÇük und Aljoscha Begrich

RECLAIMING DEMOCRACY Hintergrundgespräche / background discussions Im Rahmen des Festivals Uniting Backgrounds lädt das Gorki vom 09. bis 22. Oktober zu einem abendlichen Gesprächssalon in den Lichtsaal ein. Gemeinsam mit Künstler*innen des Festivals sowie Gesprächspartner*innen aus Politik, Wissenschaft und Publizistik möchten wir über den jahrtausendealten westlichen. Exportschlager »Demokratie« sprechen. Ausgehend von den Inszenierungen, den darin verhandelten Themen und der aktuellen politischen Situation in den europäischen Ländern, wollen wir das Gespräch zu tiefergehenden Fragen rund um Partizipation und Repräsentation in Europa eröffnen. Die Hintergrundgespräche Reclaiming Democracy laden die Festivalgäste ein, in entspannter Salonatmosphäre im Gespräch zu bleiben.

09.10. Zukunft Europas

Demokratie – das klappt wohl nie...? Daphne Büllesbach (European Alternatives), Ulrike Guérot (European Democracy Lab) und Jens Hillje (Ko-Intendant Maxim Gorki Theater) im Gespräch über Demokratie und die Rückeroberung Europas.

10.10. wir und Kommunismus

Atlas des Komunismus: Die Regisseurin Lola Arias im Gespräch mit Andre Wilkens und Raban Witt über ihre Produktion und die Kartographie des Scheiterns und Weiterhoffens. Englisch

12.10. Der Einzelne und das Kollektiv

M(other) Courage: Die polnischen Theatermacher Marta Górnicka und der Theaterregisseur Krzysztof Minkowski tauschen sich aus über Populismus in Polen sowie eine europäische Perspektive darauf. Englisch

13.10. Die Sprache der AfD

Rechter Rand oder doch in der Mitte? Hate Speech oder Wahlkampf? Ein Gespräch mit Joachim Scharloth, Professor für Angewandte Linguistik und der Publizistin Liane Bednarz über sprachliche Rhetorik und populistische Strategien.

14.10. Überwachung

50 Kilometer Akten sind durch die Überwachung der Stasi enstanden, welche Mengen von Daten hinterläßt unser heutiges System? Patrice Poutrus und Annette Leo in Gespräch.

15.10. Hilfe, das Volk kommt!

Die Autor*innen der szenischen Lesung im Gespräch über Empörung und Aufbruch in ihren Ländern. Ariane Koch (Basel), Zainab Magdy (Kairo) und Ahmet Sami Özbudak (Istanbul) Englisch

16.10. Kunst und Zensur

Mephistoland: Der ungarische Regisseur András Dömötör und der kroatische Staatsfeind und Regisseur Oliver Frjlic über Zensur und Selbstzensur in der Kunst, Institutionelle Machtübernahme und gefährliche Gleichschaltung. Englisch

19.10. Feminismus, Gender und Ich

Stören: Geist, Körper und Daseinsberechtigung – Wie sieht das Bild der Frau im öffentlichen Raum aus? Neue Perspektiven auf alte Fragen. Ein Gespräch mit der Expertin und Netzfeministin Anne Wizorek und der Bloggerin Kübra Gümüşay.

20.10. Augen des Himmels

In the Eyes of Heaven: Der Regisseur Ruud Gielens und die Politikwissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Hoda Salah über die aktuelle Situation in Ägypten und die Rolle der Frau. Englisch

21.10. Finsternis in der Türkei?

Der Regisseur Nurkan Erpulat und die Journalistin Ebru Taşdemir über Kolonialismus, Intervention und Unterdrückung.

22.10. Geheimdienste vor Gericht

Immer neue Skandale über Geheimdienste. Die Verstrickung von V-Leuten in den NSU-Komplex und die Zusammenarbeit des BND mit der NSA sind nach wie vor nicht aufgeklärt. Die Politologin und Aktivistin Anne Roth im Gespräch mit der Sprecherin des Choas Computer Clubs Constanze Kurz.


As part of the festival Uniting Backgrounds we welcome you to a series of evening talk shows in the Lichtsaal from 9–22 October. Together with artists participating in the festival and representatives from politics, science and journalism, we'll discuss the West's millennia-old, top export of »democracy«. Using the festival productions, their themes and national connections, as starting points, we intend to open the discussion to general issues concerning the people's will, participation and representation in Europe. The background discussions Reclaiming Democracy invite festival guests to continue the conversation in a relaxed salon atmosphere.

09.10. Europes future Democracy – that'll never work...? Democracy and the reconquering of Europe. A conversation with Ulrike Guérot (European Democracy Lab), Jens Hillje (CoIntendant) and Daphne Büllesbach (European Alternatives).

10.10. us and Communism Atlas of Communism: Director Lola Arias on her production, fascinating biographies and the cartography of failure and keeping hope alive. English

12.10. the individual and the collective M(other) Courage: The individual and the collective: Polish theatre-maker Marta Górnicka and theatre director Krzysztof Minkowski discuss populism in Poland and a European perspective on it. English

13.10. the language of afd Right extremists or mainstream? Hate Speech or election campaign? A discussion with Joachim Scharloth, professor for applied linguistics and publicist Liane Bednarz on verbal rhetorics and populist strategies.

15.10. help, the people are coming! Help, the people are coming!: The authors of the staged readings Ariane Koch (Basel), Zainab Magdy (Cairo) and Ahmet Sami Özbudak (Istanbul) discuss outrage and awakening in their countries. English

16.10. Art and censorship Mephistoland: Hungarian director Andras Dömötör, and director and enemy of the state Oliver Frjlic on censorship and self-censorship in art, institutional takeover and dangerous government control. English

19.10. FEMINISM, GENDER AND I Disturb: Mind, body and the right to exist – What is the image of women in public space. Young perspectives on old questions. A conversation with Anne Wikorek and Kübra Gümüşay.

20.10. Eyes of Heaven In the Eyes of Heaven: Ruud Gielen and Hoda Salah on assaults on women in Egypt. English

21.10. DARKNESS IN TURKEY? Ridiculous darkness: Nurkan Erpulat and Ebru Taşdemir on colonialism, intervention and suppression.

22.10. Intelligence agencies in court Dissolve the NSU-complex: New scandals over secret services keep popping up. Undercover agents' entanglement in the NSU-complex and the BND's cooperation with the NSA still haven't been cleared up. Political scientist and activist Anne Roth in conversation with Constanze Kurz, spokesperson of the Chaos Computer Club.

14.10. SURVEILLANCE 50 File-kilometers: Surveillance then and now, the Stasi and the BND. Patrice Poutrus and Annette Leo in conversation.

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Gegen-Erinnerung emails zur Demokratie

Was wollen die Nationalist*innen in deinem Land wirklich und welche gesellschaftspolitische Funktion übernimmt das Theater zur Erschaffung neuer sozialer Spielregeln? Wir haben vier Künstler*innen aus vier verschiedenen Ländern diese zwei Fragen per Mail gestellt. Die hier abgedruckten Antworten erscheinen in gekürzter Version, auf der Website des Gorki gibt es diese in voller Länge zu lesen. Mit ihren Arbeiten und Gedanken über Nationalismus, um sich greifende Paranoia, verdrängter Geschichte und Identitätskonstruktionen beziehen diese Künstler*innen (und selbstverständlich viele weitere) während des Festivals Position. Kevin Rittberger aus Deutschland sucht in seinen transzendenta-

len Versuchsanordnungen mittels Geschichte nach Spuren von performativen Neuanfängen. Marta Górnickas konstante Beschäftigung mit der Form des Chores lässt sie immer wieder in neue Untiefen über die Gefahr des Wortes stoßen. Der aktuell in Kroatien lebende Oliver Frljić bearbeitet in seinen oft kontrovers diskutierten Theaterstücken die historischen und diskursiven Momente europäischer Geschichte auf schmerzvolle Art und Weise auf. Und der aus der Türkei stammende Tunçay Kulaoğlu beschäftigt sich aktuell in seinen Theaterproduktionen und Essays mit den sozialen und politischen Geschehnissen in der Türkei nach dem Putsch.

#1 Wie kein anderes funktioniert das nationale Prinzip als Konstitutionsmechanismus für Gruppen. »Ganz allge-

mein speist sich die kollektive Selbstbehauptung nun aus der Zugehörigkeit zu einem Land, als dessen natürlicher Herr und Besitzer man sich fühlt und das seinen Bewohnern staatsbürgerliche Rechte oder Anrechte garantiert, auf die man einen exklusiven Anspruch zu haben meint.« Didier Eribon Worauf ist der Nationalist – in deinem Land – eigentlich stolz? Was ist sein Interesse, was seine Ideologie?

Marta Górnicka Nationalist ideals in POLAND have always been Kevin Rittberger tied to BEAUTY, LOVE and TRUTH – that is, GOD. Catholicism in my country is the foundation of nationalist ideology. And GOD is its ideal and keyword. The NATION is CHRIST who always suffers innocent for the sins of others. It is an extremely masochistic and narcissistic construction. We do not negotiate our matters with others, indeed with settle them with God only. The FATHERLAND is Christ, who is THE WAY, THE TRUTH, AND THE LIFE, but the Life is guaranteed only to POLES, not STRANGERS, and especially not GERMANS, JEWS (or LGBT people). The FATHERLAND is a beautiful and glorious country, without germs or foreigners. HERE only WE breed. The NATIONALIST is a fighter. He fights in defense of the NATION, and the slogan he shouts out in the street is: Death to the fatherland’s enemies! A NATIONALIST is the one who is a True – Pole, a True – Patriot and a True – Human… Who opposes »barbarity«.

Stolz sind die intellektuelleren unter den hauptsächlich weißen, männlichen Nationalisten darauf, dass sie sich und anderen eine Fiktion immer noch als Wahrheit verkaufen können, die eine gewaltige, wirkliche Blutspur hinter sich her schleift. Nationalismus ist ja eine irrsinnige Verdrängungsleistung. Dass also manch einer heute Morgen aufsteht, in den Spiegel schaut und zu sich sagt: Durch deine Adern fließt anderes Blut, das Blut deiner Väter. AfD-Wähler lassen sich obendrein noch für völlig dumm verkaufen, wenn sie sich die Einsicht in eine Finanz- und Kapitalismuskrise durch eine sogenannte »Flüchtlingskrise« vertauschen lassen. Man kann auch nicht in die 50er-Jahre zurück wollen, um die homogene Gemeinschaft wiederzufinden und gleichzeitig die Früchte der Globalisierung ernten. Die Stimmenfänger wissen ja, dass sie mit einem vermeintlichen Kulturkampf Klasseninteressen verschleiern. Die hartnäckigste Elite ist ja weiß und männlich und sitzt global gesehen tatsächlich in Deutschland. Das alles spielt sich jenseits von Leistungsgerechtigkeit ab.

TunÇay KulaoĞlu In meinen Lieblingshassländern Almanya und Oliver Frljić I would like to quote here Ernest Gellner's widely known

Türkiye, womit ich mich am besten ausskenne, sind Nationalisten, dazu zähle ich auch die sogenannten Patrioten, auf die gleichen Sachen stolz: Volk, Fahne, Hymne oder Wurst... Wie sonst überall auf der Welt auch übrigens, abgesehen vielleicht von Wurst. Die konstitutiven Entstehungsmomente aller Nationen sind sich in ihrem Wesen gleich. Daher macht es überhaupt keinen Sinn über die Unterschiede, die gewiss bestehen, zu sinnieren. Denn die Frage, ob Mettwurst oder die Knoblauchswurst besser schmeckt ist reine Geschmackssache und spielte nirgends auf der Welt eine Rolle als Volkskörper aus dem Boden gestampft wurden. Nation Building ist keine Sache, die man einfach so mit links erledigen kann. Zwischen Magna Charta und der Französischen Revolution liegen 574 Jahre voller blutiger Kämpfe, deren Opfer und Täter nicht im Geringsten eine Ahnung davon hatten, dass am Ende die Fiktion Nation entstehen wird. Gesellschaftliche Klassen und Schichten fochten Kämpfe aus, um ihre Interessen durchzusetzen. Menschenrechte waren da stets im Fokus. Universelle Forderungen gegen Unterdrückung und Ausbeutung. So etwas brennt sich ein in das kollektive Gedächtnis eines jeden Kampfes, um am Ende, und das scheint die Regel zu sein, durch Volk, Fahne, Hymne und Wurst pervertiert zu werden.

definition of nationalism, saying that »nationalism is primarily a political principle, which holds that a political and national unit should be congruent.« This is the ideology or normative idea of the Croatian nationalist. S/he thinks that that the ultimate self-realization of Croatian nation is the national state. The Croatian nationalist has a very selective memory regarding Yugoslavia. The only allowed discourse in public sphere is the one stigmatizing Yugoslavia. And there is a parallel process of relativization of the Yugoslavian antifascist movement, since it had a transnational character, opposite to national homogenization which was the agenda of Independent State of Croatia, as well as of Republic of Croatia since it has gained the independence in 1991. This is why I use very often in my work the concept of counter-memory: Theater becomes the place of remembering what is expelled from official memory, to commemorate that which was officially doomed to be forgotten.


Counter-memory emails on democracy

What do the nationalists in your country really want and what socio-political function does the theatre assume in the creation of new social rules? We put these two questions to four artists from four different countries. Abridged answers are printed here, they are available in their full length versions on the Gorki website. With their works and thoughts on nationalism, rampant paranoia, repressed history and identity constructions, these artists (and of course many more) take a stance during the festival. In his transcendental experimental arrangements, Kevin Rittberger, from Germany, searches for traces of performative

new beginnings through history. Marta Górnicka's continual engagement with the form of the chorus takes her to new depths of the danger inherent in words again and again. In his often controversial plays, Oliver Frljić, who currently lives in Croatia, processes the historical and discursive moments in European history in painful ways. And Tunçay Kulaoğlu, originally from Turkey, currently deals with social and political life in his theatre productions and essays.

#1 The national principle functions like no other constitutional mechanism for groups. »In general the collective

self-assertion palms itself off now as the affiliation to a country, of which oneself feels as its natural master and owner and which guarantees civic rights to its inhabitants, of which one feels to be exclusively eligible for.« Didier Eribon Of what is the nationalist – in your country – actually proud of? What is his interest, what is his ideology?

Marta Górnicka Nationalistische Ideale in POLEN waren schon Kevin Rittberger The more intellectual among the mainly white,

immer mit SCHÖNHEIT, LIEBE und WAHRHEIT verbunden – also mit GOTT. Der Katholizismus in meinem Land ist die Grundlage der nationalistischen Ideologie. und GUT ist sein Ideal und Schlüsselwort. Die NATION ist CHRISTUS, der immer unschuldig für die Sünden anderer leidet. Das ist eine extrem masochistische und narzisstische Konstruktion. Wir verhandeln unsere Angelegenheiten nicht mit anderen, sondern regeln alles nur mit Gott. Das VATERLAND ist Christus, der DER WEG, DIE WAHRHEIT UND DAS LEBEN ist, aber das Leben ist nur den POLEN garantiert, keinen FREMDEN, und schon gar keinen DEUTSCHEN, JUDEN (oder LGBT-Personen). Das VATERLAND ist ein wunderschönes und glorreiches Land ohne Keime oder Ausländer. HIER pflanzen nur WIR uns fort. Der NATIONALIST ist ein Kämpfer. Er kämpft für die Verteidigung der NATION, und der Slogan, den er auf der Straße ausruft, lautet: Tod den Feinden des Vaterlandes! Ein NATIONALIST ist derjenige, der ein Wahrer – Pole, ein Wahrer – Patriot und ein Wahrer – Mensch ist… Der »Barbarei« ablehnt.

TunÇay KulaoĞlu In my favourite countries to hate, Almanya and Türkiye, which I know very well, nationalists – I'm also including so-called patriots – are proud of the same things: people, flag, anthem or sausage ... Like everywhere else in the world by the way, with the possible exception of sausage. The constitutive origin moments of all nations are the same in their nature. Therefore, it makes no sense at all to ponder the differences, which certainly exist. For the question of whether smoked sausage or garlic sausage tastes better is a matter of taste and did not play a role anywhere in the world when nations' bodies were built up over night. Nation building is not something that you can do with the left, just like that. Between the Magna Carta and the French Revolution there were 574 years full of bloody fighting, and those victims and perpetrators had absolutely no inkling that at the end of it the nation fiction would arise. Social classes fought out battles to assert their interests. Human rights were always at the centre. Universal claims against oppression and exploitation. Something like that burns itself into the collective memory of every struggle only at the end, and this seems to be the rule, to be perverted by people, flag, anthem and sausage.

male nationalists are proud that they can convince themselves and others that a fiction is actually a truth, which drags a massive, real trail of blood behind it. Nationalism is indeed an insane act of suppression. That some people got up this morning, looked in the mirror and said to themselves: through your veins flows the blood of another, the blood of your fathers. AFD voters still let themselves, for good measure, be completely fooled, when they let insight into a financial and capitalism crisis be swapped with a socalled »refugee crisis«. One cannot want to go back to the 50s to rediscover a homogeneous community, and reap the benefits of globalization at the same time. The vote-getters know that they're veiling class interests with an alleged battle of cultures. The most stubborn elite is indeed white and male and resides, from a global perspective, in Germany. This all takes place beyond equity based on contribution.

Oliver Frljić Ich möchte hier Ernest Gellners weitbekannte Defini-

tion des Nationalismus zitieren, die besagt, dass »der Nationalismus vor allem ein politisches Prinzip ist, das besagt, dass eine politische und nationale Einheit kongruent sein sollten.« Das ist die Ideologie oder normative Vorstellung des kroatischen Nationalisten. Er oder sie denkt, dass die ultimative Selbstverwirklichung der kroatischen Nation der Nationalstaat ist. Der kroatische Nationalist hat ein sehr selektives Gedächtnis, was Jugoslawien angeht. Der einzige erlaubte Diskurs im öffentlichen Raum ist der, der Jugoslawien stigmatisiert. Und parallel dazu gibt es den Prozess der Relativisierung der jugoslawischen Antifaschismus-Bewegung, da diese einen transnationalen Charakter besitzt, im Gegensatz zur nationalen Homogenisierung, die zur Agenda des Unabhängigen Staates Kroatien gehörte, genauso wie zur Republik Kroatien, seit sie 1991 unabhängig wurde. Deshalb verwende ich bei meiner Arbeit sehr oft das Konzept des Gegen-Gedächtnisses: Das Theater wird der Ort des Erinnerns dessen, was aus dem offiziellen Gedächtnis gelöscht wurde, um dessen zu gedenken, was von offizieller Seite zum Vergessen verdammt wurde.

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Gegen-Erinnerung Counter-memory

#2 Das diesjährige Theaterfestival am Gorki heißt Uniting Backgrounds. Der Begriff des Hintergrunds zieht sich

auf mehreren metaphorischen Ebenen durch die Idee des Festivals, insbesondere in der Frage, auf welchen bestehenden gesellschaftlichen Grundpfeilern und neu zu findenden Spielregeln politische Kommunikation stattfinden kann. Welche gesellschaftspolitische Funktion übernimmt das Theater in dieser Hinsicht für dich, oder hat es zu erfüllen?

Marta Górnicka The CHORAL theater which I create is always a Kevin Rittberger direct reaction to a given socio-political reality. To me, the CHORUS is a social body and, at the same time, a tool that allows you to talk about the most pressing contemporary problems. It is a particularly strong tool as, regardless of the subject, the very form of the CHORUS opens essential contemporary issues, connected with the human collective, community, the common voice and the conditions on which it can come into existence. The CHORUS's strength is always associated with the words it utters and the discourses it activates, while revealing their ideological framework. The idea is to ask the most difficult questions. I believe that a certain kind of tragedy, which can no longer be found in contemporary theatre, may be born when the CHORUS is on stage. That, through its radical political nature and strength, the CHORUS has both the political and the cathartic power. And I believe voice has revolutionary power.

Ist Uniting Backgrounds ein optimistisches Vergemeinschaftungsszenario? Ist es, da es ja »uniting« heißt und nicht »united«, der Versuch einer »kollektiven Selbstbehauptung«, der nicht zwangsläufig nationalistisch, sondern auch internationalistisch, transnationalistisch, postnationalistisch ausfallen könnte, als solidarisches Projekt? Wenn das Theater auf komplexe Fragestellungen reagieren soll, so geht es mir weniger um jene berühmte »Kunst, etwas Komplexes in einfachen Worten zu sagen«, sondern vielmehr darum den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, wie Alexander Kluge das am Beispiel von Artisten erklärt hat. Es geht um den Vertrauensvorschuss, dass etwas Gemeinsames als radikale Inklusion gelingen möge. Vorahmung nenne ich dann das gemeinsame Erfinden, Spielen, Werden. Es bedeutet arglos zu sein, achtsam zu sein, sich zu begegnen, gemeinsam zu Handeln. Es kann misslingen. Aber um Erfolg oder messbare Resultate geht es nicht, mehr um Räume der Phantasie und die Geste des Neuanfangs.

TunÇay KulaoĞlu

Oliver Frljić Most of the time, theater participate in the production

Mein Traumtheater sieht wie ein Parlament aus. Nicht unbedingt wie der Bundestag, die Staatsduma, die Knesset oder wie dieser Saftladen in Ankara. Nein, mein Lieblingstheater gleicht in meinen Träumen eher einer Agora. Es ist ein zentraler Dorfplatz. Manchmal laut, manchmal still, manchmal zum Bersten voll, manchmal mutterseelenallein, aber immer chaotisch. Es ist vor allem ein Tummelplatz für alle. Ein Jahrmarkt, Festplatz oder Versammlungsort bei Naturkatastrophen. Wie gesagt, das ist nur ein Traum und ich bin realistisch genug um zu ahnen, dass ich so ein Theater in meinem jetzigen Leben nicht erleben werde. Wobei, die Hoffnung stirbt immer zuletzt. Welche gesellschaftspolitische Funktion übernimmt das Theater oder hat sie zu erfüllen, wurde ich gefragt und fragte mich: welche künstlerische Funktion übernimmt die Gesellschaft oder hat sie zu erfüllen? Ich meine damit, wie können wir dafür sorgen, dass unsere verknöcherten Denkstrukturen radikal in Frage gestellt werden? Wie können wir es schaffen, diese Fragen erst gar nicht zu stellen, die voraussetzen, dass es ein Innen und Außen gibt.

of social consensus that creates hegemony of certain social classes. Normative aesthetics created in this context prevent theater from asking the questions that could cause discordance of established social consensus. Theater is another place for reproduction of social domination – it's the place where the certain values are normalized. Who can understand the language we use in theater? Who do we want to communicate with, which social class is our target group? It can't be that we are not interested in social structure of our audience. We have heard so many times petty bourgeois critic accusation: »It's too simple, it's placative, it's pamphlet!«, trying to disqualify theatrical work not reproducing those »social values that have been forced upon us as a general interests, and theatrical language serving this purpose. But this scream is already a good sign – first defender of social consensus is already mobilized.


#2 This year's theatre festival at the Gorki is called Uniting Backgrounds. The term ›background‹ runs through

the idea of the festival on several metaphorical levels, especially with regard to the question of which existing social pillars and yet-to-be-developed rules are necessary for political communication to take place. For you, which sociopolitical function does the theatre assume in this regard, or which should it perform?

Marta Górnicka Das CHORALE Theater, das ich kreiere, ist im- Kevin Rittberger Is Uniting Backgrounds an optimistic commu-

mer eine direkte Reaktion auf eine vorgegebene soziopolitische Realität. Für mich ist der CHOR eine soziale Einrichtung und gleichzeitig ein Werkzeug, das es einem erlaubt, über die dringendsten zeitgenössischen Probleme zu sprechen. Es ist ein besonders kraftvolles Werkzeug, da allein die Form des CHORS, ungeachtet des Themas, grundlegende zeitgenössische Themen eröffnet, die mit dem menschlichen Kollektiv, der Gemeinschaft, der gemeinsamen Stimme und den Bedingungen, unter denen er entstanden ist, zusammenhängen. Die Stärke des CHORS steht immer in Verbindung mit den Worten, die er äußert und mit dem Diskurs, den er aktiviert, während er sein ideologisches Rahmenwerk preisgibt. Die Idee dabei ist, die schwierigsten Fragen zu stellen. Ich glaube, dass eine bestimmte Art von Tragödie, die man im zeitgenössischen Theater sonst nicht mehr findet, ins Leben gerufen werden kann, wenn der CHOR auf der Bühne ist – dass der CHOR durch seine radikale politische Natur und Stärke sowohl die politische als auch die kathartische Kraft dafür hat. Und ich glaube, dass Stimme eine revolutionäre Kraft ist.

TunÇay KulaoĞlu My dream theatre looks like a parliament. Not necessarily like the Bundestag, the Russian Duma, the Knesset or that useless dump in Ankara. No, in my dreams my favourite theatre is more like an agora. It is a central village square. Sometimes loud, sometimes silent, sometimes bursting at the seams, sometimes all on its own, but always chaotic. It is, above all else, a playground for everyone. A carnival, fairground or meeting place during natural disasters. As I said, this is just a dream and I'm realistic enough to suspect that I shall not live to see such a theatre in my present life. That said, hope always springs eternal.

nitarisation scenario? Is it, because it is called ›uniting‹ and not ›united‹, an attempt at ›collective self-assertion‹ that could turn out to be not neces­sarily nationalist, but rather internationalist, trans-nationalist, post-nationalist, a solidarity project? If the theatre is now supposed to react to these complex questions, it's not about that famous »art of saying something complex in simple words« but rather about increasing the level of difficulty, as Alexander Kluge has explained it by means of the example of artists. It is about trust in something collective will succeed as radical inclusion. I call the mutual inventing, playing, becoming, a pre-imitation. It means to be unsuspecting, to be attentive, to meet and to act together. It can fail. But it is not about success or measureable results, it is rather about spaces of fantasy and the gesture of a new beginning.

Oliver Frljić

Meistens trägt Theater dazu bei, gesellschaftlichen Konsens herzustellen, der die Hegemonie bestimmter sozialer Schichten schafft. Die normative Ästhetik, die in diesem Kontext entsteht, hält das Theater davon ab, die Fragen zu stellen, die im etalierten gesellschaftlichen Konsens Missklang hervorrufen könnten. Das Theater ist ein weiterer Ort für die Reproduktion gesellschaftlicher Dominanz – es ist der Ort, an dem gewisse Werte zur Norm gemacht werden. Wer versteht die Sprache, die wir im Theater verwenden? Mit wem wollen wir kommunizieren, welche gesellschaftliche Schicht ist unsere Zielgruppe? Es kann nicht sein, dass wir kein Interesse an der gesellschaftlichen Struktur unseres Publikums haben. Wir haben die kleinkarierten und spießigen kritischen Anschuldigungen schon oft gehört: »Das ist zu simpel, es ist plakativ, es ist ein Pamphlet!«, die die Theaterarbeit disqualifizieren wollen, weil sie die »gesellschaftlichen Werte, die uns allen als im Interesse der Allgemeinheit aufgezwungen werden« nicht reproduziert, und die Theatersprache dient diesem Zweck. Aber dieser Aufschrei ist bereits ein gutes Zeichen – die erste Verteidigung des gesellschaftlichen Konsens ist bereits mobilisiert.

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E i n s i c h e r e s T h e ate r e r l e b n i s im Maxim Gorki Theater wird garantiert durch

Damit n ichts passiert. O b j e k t s c h u t z | P e r s o n e n s c h u t z | V I P - Se r v i c e W i r b i l de n a u s Info und Beratung unter 030 20221-555


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Das Festival Uniting Backgrounds wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds

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Projektförderungen Die Reihe Mythen der Wirklichkeit wird gefördert aus Mitteln des Landes Berlin, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten. Das kulturelle Bildungsprogramm zu Stören wird gefördert von der Mercator Stiftung. Das Projekt Hilfe, das Volk kommt! in Kooperation mit dem Literarischen Colloquium Berlin wird gefördert von der Robert Bosch Stiftung. Das Gastspiel M(other) Courage wird unterstützt von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz. Das Junge Parlament wird gefördert von der Schwarzkopf Stiftung aus Mitteln der Bundeszentrale für Politische Bildung. Berliner Korrespondenzen ist eine Matinée-Reihe des Gorki Forum und der Humboldt-Univerität zu Berlin in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt.

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INFORMATIONEN

Preise UNITING BACKGROUNDS  Alle mit freier Platzwahl: Bühne

Atlas des Kommunismus M(other) Courage NSU-Komplex Berliner Korrespondenzen Stören In the Eyes of Heaven

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20 / 10 15 / 8 Eintritt frei Eintritt frei 20 / 8 15 / 8

50 Aktenkilometer TS: Security Briefing

Eintritt frei Eintritt frei

Eichensaal

TS: Supergrundrecht Hintergundgespräche

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THEATERKASSE  Im Foyer des Maxim Gorki Theaters Am Festungsgraben 2, 10117 Berlin Tel.: 030 20221-115 Fax: 030 20221-128 E-Mail: ticket@gorki.de  ABENDKASSE  Die Abendkasse im Maxim Gorki Theater öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn, im Studio 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn. An der Abendkasse findet kein Vorverkauf statt.

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Mythen der Wirklichkeit #1 Rechte Reden Hilfe, das Volk kommt! Gülünç Karanlik Alchemie des Neuanfangs

10 / 5 10 / 5 10 / 5 10 / 5 5 Einheitspreis

Impressum

Das Maxim Gorki Theater ist eine Kulturinstitution des Landes Berlin. Herausgeber Maxim Gorki Theater Intendantin Shermin Langhoff Co-Intendant Jens Hillje Geschäfstführer Jürgen Maier Redaktion Dramaturgie, KBB, Kommunikation, Studio R Übersetzung Summer Banks, Viviane Petrescu Grafik María José Aquilanti, Deniz Keskin Fotografien Esra Rotthoff, Syrena Film (Mythen der Wirklichkeit), Volker Beinhorn (M(other) Courage), Kurt van der Elst (In the Eyes of Heaven) Bakırköy Belediye Tiyatrosu (Die Lächerliche Finsternis) Medienproduktion Formtreu Potsdam GbR Druck BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH

Team Uniting backgrounds  Kuratiert von Shermin Langhoff Dramaturgie Ludwig Haugk, Aljoscha Begrich, Holger Kuhla Gorki Forum und Diskurs Esra Küçük, Aljoscha Begrich Produktionsleitung Alexa Gräfe, Monica Marotta (Mythen der Wirklichkeit, Alchemie des Neuanfangs) Produktionsassistenz ­Kristin Buddenberg, Thi Thanh Nhan Tran Technische Koordination Holger ­Ackermann, Joachim Hering Ausstattungsteam Magda Willi, Shahrzad Rahmani, Raissa Kankelfitz Leitung Kommunikation Anna Bause Leitung Presse Xenia Sircar Redaktion ­Sonderheft Dramaturgie, KBB, Kommunikation, Studio Grafik María José Aquilanti, Deniz Keskin Regie­assistenz Isabella Sedlak, Moritz Sauer, Leon Siewert, Leonie Ott, Dina Dooreman, Ellen Metzler, Lola La Fonsèque


Wir behalten uns vor, von unserem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehĂśren, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Ă„uSSerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschlieSSen. The theatre reserves the right to enforce its house regulations, and deny entrance to those belonging to extreme right-wing parties or organisations, or who have previously made appearances in connection with racist, nationalist, anti-­Semitic or other dehumanizing statements.


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