Der ganz normale Tag Boahh, wie ich solche Tage hasse. Diese Tage, an denen ich schon 20 Minuten nach dem Aufstehen weiß, es wäre besser gewesen liegen zu bleiben. Das sagt mir auch der Kaffee auf meiner Hose. Zum Glück hab ich noch den Schlafanzug an. Wäre echt mächtig ärgerlich, wenn ich mich schon umgezogen hätte. Ach wie schön, dass es wäre, hätte und wenn gibt, was würde ich nur ohne diese Wörtchen machen?! Oh hallo! Da ist ja jemand. Es hat sich also tatsächlich eine Frau durchgerungen, mein Buch zu kaufen?? Juhuu! Oder wurden sie etwa dazu genötigt und man hat Ihnen dieses Buch geschenkt? Wäre typisch für mein Glück, ist ja aber auch egal. Wichtig ist: Sie haben es und sie sind auf jeden Fall bis zu dieser geschichtsträchtigen Seite EINS gekommen! Das ist ein mächtiges Erfolgserlebnis für mich! Danke gnädige Frau oder wertes Fräulein. Wobei, Fräulein sagt man ja heutzutage nicht mehr. Irgendwie logisch, Männlein sagt ja auch kein Mensch. Klingt irgendwie schon ein wenig abwertend. Finden Sie nicht auch? Sollte es der Fall der Fälle sein, dass Sie, die Sie dieses Werk in Händen halten, nicht der weiblichen sondern der lesenden männlichen Fraktion angehören, möchte ich Sie fragen: ´Warum kennen wir uns nicht persönlich?!´ Dann müsste ich jetzt nicht hier sitzen und mir Gedanken darüber machen, warum alles so verzwickt ist, wie es ist. Nein, wir könnten dasitzen und gemeinsam über den Sinn des Lebens philosophieren, oder darüber, warum es von heut auf morgen von 35° C auf 15° C abgekühlt ist?! Und das mitten im AUGUST!!!! Das ist doch nicht normal! Aber was ist heutzutage schon normal? Ich denke mal, das weiß keiner mehr so richtig. Aber vielleicht sollte ich mich erst mal vorstellen. Das wäre unter den Umständen, dass Sie sich entschließen diese kleine Lektüre weiter zu verfolgen, vermutlich recht hilfreich.
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Also, mein Name ist Annabel. Mit einem l, da bestehe ich drauf. Hat den Vorteil beim unterschreiben, man spart sich mindestens eine zehntel Sekunde. Das ist doch was. Würde man alle zehntel Sekunden zusammenrechnen, die man im Laufen seines Lebens vergeudet, kämen bestimmt mindestens 6 Minuten heraus. Das klingt jetzt nicht nach viel, aber hey überlegen Sie mal, das sind ist mehr als die Hälfte der zehn Minuten, die man braucht um vom Hauptbahnhof zum Flughafen zu kommen. Oder irgendwie so in der Art hatte es doch der bayerische Ministerpräsident Stoiber formuliert, oder? Also Sie sehen, ich bin sogar in Politik bewandert. Zumindest soweit sie amüsant ist. *Grins* Nun aber wieder zu mir. Wie gesagt ich heiße Annabel, ich bin 25 Jahre alt und…, nein stopp, ich bin ja schon 26. Hui, wie die Zeit vergeht, aber das eine Jahr hin oder her, macht das Kraut wohl auch nicht fett. Zumindest ist es MIR aufgefallen. Letztes Jahr nämlich hat ein Freund von mir bei einer Wette einen Latte Macchiatto verloren, weil er mir nicht glauben wollte, dass er erst 32 und nicht schon 33 wird. (Mein Bauch und ich, wir haben uns gefreut.) Dieser besagte Herr - ich nenne ihn neuerdings Mr. 32 - zückte seinen Ausweis und meinte: „Siehst Du? Da steht´s! Ich bin 1973 geboren, also was willst Du denn von mir?“ Das war im Jahr 2005 und nach meiner Zeitrechnung braucht es von 1973 bis dato 32 Jahre. Aber vielleicht hat er ja einen anderen Kalender, als der Rest der Menschheit. Oder eventuell liegt ER richtig. Wen dem aber so ist, würde es mich echt brennend interessieren, woher wir die zusätzlichen 365 Tage haben – Schaltjahr wird ignoriert. Jedenfalls ließ er sich dann irgendwann von mir überzeugen, allerdings weiß ich bis heute nicht, ob es an der wahren Einsicht lag, oder daran, dass ich etwa zwei Stunden lang wiederholte: 32 32 32 32 32 32 32 32 32. Nichtsdestotrotz kann man behaupten: ´Ich hatte Reheeecht´. Wobei ich ja sagen muss, dass ich grundsätzlich Recht habe. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass mir bewusst ist, wann der Zeitpunkt des Redens gekommen ist. Nämlich dann, wenn ich mich auskenne und ich will ja nicht überheblich sein, aber in manchen
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Sachen kenne ich mich echt gut aus. So ist es mir beispielsweise problemlos möglich, sämtliche Verpackungen - von Alufolie bis Zellophan – zu öffnen, OHNE den ganzen Pappbehälter zu „töten“. Sie finden das selbstverständlich?! Dann sind Sie vermutlich eine Frau. Denn meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass den meisten Männern so banale Aufschriften, wie „BITTE HIER ÖFFNEN“ zuwider zu sein scheinen. Wenn Sie es nicht glauben, kommen Sie bei mir vorbei und ich verspreche Ihnen, dass Ihnen sämtliche Gegenstände - in welcher Originalverpackung auch immer - aus den unmöglichsten Öffnungen entgegenkommen. Und zu meiner Verteidigung: Nein, ich bin kein Mann und NEIN, ich habe sie nicht geöffnet!! Mhh, wie es scheint, bin ich jetzt ein klein wenig vom Thema abgekommen, eigentlich wollte ich Ihnen ja von mir erzählen. Also sie wissen bereits, ich bin ein Mädchen, genauso genommen bin ich schon eine Frau, vermute ich. Leider konnte ich bis heute noch nicht herausfinden, wo das Mädchensein aufhört und Frausein anfängt. Denn geht man von der Normalität aus, wäre es in meinem Alter durchaus möglich verheiratet zu sein, 1-5 Kinder zu haben, einem Beruf nachzugehen und darüber hinaus Hausaufgaben zu kontrollieren und den Haushalt zu schmeißen. Wobei bei fünf Kindern wird man ja schon wieder als asozial abgestempelt! Und das obwohl doch unser Land so nach Kindern „dürstet“ und wir halb am aussterben sind. Leider ist es aber so, dass wir Frauen auch nur Menschen sind und entweder wir investieren in unsere Bildung, verdienen den Unterhalt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Oder wir bekommen Kinder, bleiben zu Hause und sehen zu, dass alles seinen rechten Gang geht. Die nächste Alternative aber ist, wir versuchen beides zu vereinbaren und werden als Rabenmütter abgestempelt. Stecken die Kinder etwa eine Woche nach der Geburt in die Krabbelstube, mit drei dann sofort in den Ganztagskindergarten, anschließend Schule, Abitur, Studium und Job. Damit unsere Kleinen das gleiche veranstalten können, wie ihre lieben Eltern, die sie gerade mal am Wochenende für ca. zehn Minuten gesehen haben.
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Phahh, warum mache ich mir darüber eigentlich Gedanken, auf mich trifft ja alles nicht zu. Also ich bin noch kinderlos und arbeitslos. Naja, nicht richtig arbeitslos – NOCH nicht. Momentan bin ich dabei mein Studium der Betriebswirtschaftslehre zu beenden. Genau genommen bin ich schon fertig damit, seit ganzen fünf Wochen. Das ist eine Wohltat, kann ich Ihnen sagen. Wenn das Zittern und das Warten nicht wäre. Richtig fertig bin ich ja erst dann, wenn ich endlich meine Zensuren habe. Da ich aber davon ausgehe, dass die letzte Arbeit bestanden ist, habe ich bald mein Studium erfolgreich beendet. Jaaaa, erfolgreich! Das hört sich jetzt äußerst hochtrabend an, sagt aber lediglich aus: ´Sie ist halt nicht durchgefallen´. Die Note steht auf einem ganz anderen Papier und ist mitverantwortlich, ob ich mich bald zum arbeitenden Volk zählen kann oder nicht. Liest man die Stellenausschreibungen, wird einem schlecht, kann ich Ihnen sagen. Am besten sollte man das Studium auf zwei Wochen durchziehen, darf maximal 30 sein, soll 5 Jahre im Ausland gearbeitet und zusätzlich 50 Praktika haben und auch noch zwanzig Fremdsprachen beherrschen. ´Klar, kein Thema, das mach ich mit links.´ Ja haben die denn alle einen an der Klatsche???? Ich kann Verpackungen ordentlich öffnen! Wieso interessiert das niemand?! Fertig ist fertig, das ist doch egal, wie lang man gebraucht hat. Irgendwann muss man schließlich auch mal seinen Spaß haben und Arbeitgeber hören wohl nicht so gern: ´Hallo Chef, ich bleib heut zu Hause, hab gestern ne tolle Biege gemacht und nen ziemlichen Kater im Nacken sitzen´. Den Chef möchte ich sehen, der sagt: „Klar, bleib daheim und kurier Dich aus. Find ich gut, dass Du Dir was gönnst, dann kannst Du morgen wieder richtig loslegen!“ Hahaha, von wegen. Darum geht so etwas eben nur im Studium, damit man sich ausgetobt hat, bis der Ernst des Lebens losgeht. Und Spass und Studium haben zwar den gleichen Anfangsbuchstaben, aber sonst nicht sonderlich viel gemein. Mhh, also wenn ich es mir so überlege – ich hab da noch einiges aufzuholen, merke ich gerade.
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Trotz alledem sagen mir die Stellenausschreibungen: ´Mädel Du bekommst NIE eine Arbeit´. Denn Ausland: ja, hab ich schon mal gesehen, ist aber schon lange her! Praktikum: Hey, hab gearbeitet! Ich war jung und brauchte das Geld. Fremdsprachen: Do you speak english? Muss ich noch mehr sagen? Das größte Problem an der Sache ist wohl, das Prädikatsexamen. Oh, Prädikat – Sex – Amen, interessante Wortkombination, wenn man ehrlich ist. Diese drei Wörtchen bestimmen den Gang der Welt. Jeder will jemand sein, also ein Prädikat haben. Ohne Sex geht’s nicht und wer etwas anderes sagt, der lügt. Und Amen?! Kirche – jeder wie er´s mag, Krieg in Gotte´s Namen, Zölibat – von wegen, von Schulden freikaufen – nene, hier enthalt ich mich der Stimme, hab schon genug gesagt, sonst komme ich noch in Teufel´s Küche. Hrhrhrhr!! Jedenfalls ist die Sache mit dem Prädikat so eine Krux, da man sein Studium so gut abschließen muss, um die Möglichkeit zu bekommen einen Doktortitel zu machen. Das setzt voraus, einen Abschluss von 2,5 und besser zu erzielen. Tja und da liegt für meinen Teil schon der Hase im Pfeffer begraben. Das wird bei mir halt nix. Es reicht gerade so für ein befriedigend. Aber was ist denn daran so verkehrt? Sex soll doch auch befriedigend sein. Ist er gut oder gar sehr gut, ist das ja fein, aber was habe ich davon ohne Höhepunkt? Das gilt meiner Meinung nach für Mann und Frau, auch wenn’s für uns Frauen nicht nötig ist, wie es ja des Öfteren so schön heißt. Jedenfalls ist doch das Ziel dieses intimen Beisammenseins einen Orgasmus zu haben. Dann ist der Sex befriedigend. Das bedeutet wiederum, es ist oder war das höchste aller Dinge? Warum also, um alles in der Welt gibt ist dann die Definition des Wortes „befriedigend“ situationsabhängig?? Also ich muss ehrlich sagen, ziehe befriedigendes Liebemachen einem guten vor. Wie steht´s denn mit Ihnen? Mhh, ob es wohl eine gute Idee wäre in einem Vorstellungsgespräch derartig zu argumentieren?? Also sollten Sie mal genauso doof sein, wie ich und etwas studieren oder lernen, weil jemand sagt, das wäre gut für die Zukunft – LASSEN Sie´s.
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