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Seltene Tumore
Mit Juckreiz hat alles angefangen
Stefan Bacher hat einen seltenen neuroendokrinen Tumor und sucht Kontakt zu Schicksalsgenossen
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Er ist es gewohnt, die Dinge in die Hand zu nehmen. Kopfgesteuert, ruhig, bedacht und er weiß sich zu helfen. Stefan Bacher, 59 Jahre alt, ist im letzten Jahr an einem sehr seltenen, neuroendokrinen Tumor erkrankt. Er hatte Glück im Unglück, nicht nur wegen des bisher guten Therapieverlaufs und der guten Prognose, sondern auch, weil er Kontakte nutzen konnte, die für die Behandlung entscheidend waren. Jetzt würde er gerne mit Menschen in Kontakt treten, die eine ähnliche Erfahrung gemacht haben.
Angefangen hat alles im November 2020 mit einem plötzlichen Juckreiz am ganzen Körper, verbunden mit einer leichten Appetitlosigkeit und Müdigkeit. Die Recherche im Internet ließ Stefan Bacher auf einen Leberschaden schließen, woraufhin er seinen Hausarzt aufsuchte, der ihn zunächst schimpfte, weil er sich Doktor Google anvertraut hätte. Der Hausarzt verordnete eine ausführliche Blutuntersuchung. Noch am selben Tag, an dem er im Labor zur Blutabnahme war, wurde Stefan Bacher angerufen, am Nachmittag war er bereits in der Notaufnahme des Krankenhauses Meran. Ein Ultraschall ergab einen Gallenstau. Er wurde umgehend stationär aufgenommen und einem CT unterzogen. Das vorläufige Ergebnis: Ein Bauchspeicheldrüsentumor, der den Gallenstau verursacht hatte und Flecken auf der Leber. Ein Hinweis auf Metastasen. So hieß es. Der Tumor sei nicht operabel aufgrund der Metastasen und er müsse sich einer Chemotherapie unterziehen. „Mir war damals gar nicht bewusst“, so Stefan Bacher, „dass das eine ausgesprochen schlechte Diagnose war.“
Ich war immer schmerzfrei, erinnert er sich. „Der Gallenstau war mein Glück, wer
Die Krankheit gehört der Vergangenheit an
weiß, wann ich den Tumor sonst bemerkt hätte.“ Der zweite Glücksfall war ein ehemaliger Arbeitskollege mit einem berühmten Bruder: Professor Alfred Königsrainer, Südtiroler und Direktor der Klinik für Allgemeine, Viszerale und Transplantationschirurgie am Universitätsklinikum Tübingen. Stefan Bacher ließ sich den Kontakt vermitteln und schrieb eine Mail nach Tübingen.
Professor Königsrainer rief umgehend zurück und bat ihn um Zusendung der klinischen Unterlagen. Dann kam ein zweiter Anruf: Die Flecken auf der Leber seien keine Metastasen, sondern Blutschwämmchen. Der Tumor sei damit operabel. Und einen Terminvorschlag gebe es auch schon: Am 30. November in Tübingen. Bacher wurde einer sogenannten Whipple-OP unterzogen, d. h. einer partiellen Duodenopankreatektomie, bei der neben dem Pankreaskopf und dem Zwölffingerdarm außerdem die Gallenblase, der distale Gallengang sowie das Magenantrum (Teil des Magenmausgangs) entfernt werden sowie einige Lymphknoten. Er erholte sich gut und schnell von der Operation, eine zunächst veranschlagte Chemotherapie wurde erst gar nicht begonnen, nachdem das Biopsie Ergebnis der Operation vorlag. Stefan Bacher: „Es handelte sich demnach nicht um einen bösartigen Tumor der Bauchspeicheldrüse, sondern um einen neuroendokrinen Tumor, damit musste ich keine Chemotherapie machen.“ Vierzehn Tage nach der Operation wurde Bacher aus der Klinik Tübungen entlassen, er hatte zehn Kilo Gewicht eingebüßt, aber er war guten Mutes.
Drei Monate nach der Operation wurden bei einer Pet-CT, Positronen-Emissions-Tomografie nach Verabreichung leicht radioaktiv markierter Pharmaka, drei befallene Lymphknoten entdeckt. Stefan Bacher erhält nun deshalb alle vier Wochen Somatostatin verabreicht, ein Hormon, das die Freisetzung des menschlichen Wachstumshormons hemmt. In drei bis vier Monaten steht eine Kontroll Pet-CT Untersuchung an.
Stefan Bacher lebt heute ein „normales“ Leben. Er muss keine Diät halten, hat wieder damit begonnen, intensiv Sport zu betreiben, um seinen Körper zu stärken und Muskelmasse aufzubauen. Was sich geändert hat, ist sein Essensrhythmus; er muss häufig essen und kleine Mengen. Er arbeitet im Homeoffice für die Controlling Abteilung der Firma Maico. „Corona war in dieser Beziehung ein Vorteil“, betont er.
Stefan Bacher bezeichnet sich selbst als ruhig und gefasst. Er ist optimistisch. „Ich habe mich in der Zeit der Krankheit über mich selbst gewundert, meine Frau, meine Kinder (25, 21 und 18 Jahre alt) und meine Eltern waren besorgter als ich. Warum haderst Du nicht? habe ich mich manchmal selbst gefragt. Der Tumor war schon rausoperiert, als ich angefangen habe zu realisieren, was mir da passiert ist.“ Geholfen hat ihm vor allem Wissen, Wissen, was in seinem Körper geschieht, was man tun kann und auch psychologische Betreuung, die er ohne Vorbehalte akzeptiert und immer noch in Anspruch nimmt. Er fühlt sich in guten Händen, in Tübingen, wo er operiert wurde und in den Abteilungen für Innere Medizin und für Onkologie in Meran.
Hat die Krankheit sein Leben verändert? Bis auf die Essgewohnheiten eigentlich nicht, meint er. Vielleicht, dass er bewusster auf die kleinen Dinge achte, die die Qualität des Lebens ausmachten. Er sei ruhig, ausgeglichen, ein Mensch, der seine Emotionen unter Kontrolle habe und der gerne die Initiative ergreife. Offen, wenn auch nicht unbedingt gesprächig. Aber dennoch würde er gerne mit Menschen, die eine ähnliche Erfahrung wie er durchleben, durchlebt haben, in Kontakt treten. „Es muss ja nicht gleich eine feste Gesprächsgruppe daraus werden“, meint er. „Aber vielleicht eine WhatsApp-Gruppe. Und warum nicht, man könnte sich auch ab und zu treffen... Es gibt wenig Informationen über neuroendokrine Tumore, weil sie sehr selten sind; Informationen auszutauschen könnte auch nützlich sein.“
Aus diesem Grund hat Stefan Bacher sich an die Krebshilfe gewandt und seine Geschichte erzählt. Das ist seine Mail: stefan.bacher@outlook.it. •