Kompass Mai | 2022

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Spezial

Fleischkonsum und Tierwohl

Ethische Aspekte des Fleischkonsums „Sag mir: Wie hältst du’s mit dem Fleischessen?“ Bei vielen Vorträgen über Tierethik wird in der anschließenden Diskussion die Frage gestellt, ob Fleischkonsum ethisch (noch) verantwortbar sei. Das Essen von Fleisch ist nicht nur eine Frage des persönlichen Geschmacks oder der gesunden Ernährung, sondern spielt auch eine politische und umweltethische Rolle.

T E X T: M A R T I N M . L I N T N E R

In den Diskussionen werden verschiedene Gründe genannt, die gegen den Fleischkonsum sprechen. Drei möchte ich nennen und kurz auf sie eingehen.

Intensive Landwirtschaft und industrialisierte Nutztierhaltung Erstens: Die intensive Landwirtschaft und industrialisierte Nutztierhaltung, ohne die der hohe Fleischkonsum auch bei uns von rund 60 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr nicht möglich ist, verursachen ein Viertel bis die Hälfte der jährlichen Treibhausgasemissionen weltweit (je nachdem, ob man nur die unmittelbaren oder auch die mittelbar mit der Tierhaltung verbundenen Emissionen zählt) und sind somit wesentlich mitverantwortlich für die globale Erderwärmung. Zweitens: Es gibt in der intensiven Nutztierhaltung zum Teil gravierende Missstände in tierethischer Hinsicht, die gesellschaftlich mehr und mehr kritisch hinterfragt werden. Drittens stellt sich die grundsätzliche Frage, mit welchem Recht wir Tiere überhaupt töten und damit ihr fundamentales Lebensinteresse verletzen. Zum ersten Punkt: Es geht hier nicht darum, die Landwirtschaft oder die Tierhaltung als solche an den Pranger zu stellen, sondern auf die Treibhausgasemissionen in den industrialisierten Agrarsystemen hinzuweisen. Über 60 Prozent der lebenden Biomasse von Wirbeltieren sind Nutz- und Haustiere. Welt30

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weit werden jährlich über 80 Milliarden Tiere gemästet und geschlachtet. Allein in Italien werden jährlich über 600 Millionen Tiere geschlachtet (Fische ausgenommen), also das Zehnfache der Einwohnerzahl. Um diese enorme Menge an Nutztieren zu ernähren, werden weltweit riesige Flächen von Urwäldern gerodet oder gebrandschatzt, um Futtermittel für die Tiere zu produzieren. Für die Produktion der interkontinental transportierten Futtermittel ist ein enormer Einsatz von synthetischen Düngern und Energie vonnöten.

Grausames Tierleid für Milliarden von Nutztieren Zum zweiten Punkt: Sowohl aus nutztierwissenschaftlicher wie tierethischer Sicht ist unbestritten, dass die Haltungs- und Schlachtungsbedingungen dieser zig Milliarden Nutztiere mit einem unermesslichen Maß an grausamem Tierleid verbunden sind. Der derzeitige hohe Konsum von tierischen Produkten im Allgemeinen und von Fleisch im Besonderen ist nur möglich aufgrund von Formen von Haltung, Transport und Schlachtung von Tieren, die tierethischen Standards nicht gerecht werden. Diesbezügliche Recherchen und Dokumentationen können im Internet abgerufen werden. Sie stellen nicht Ausnahmen, sondern die tägliche Wirklichkeit dar. Auch in Südtirol sind wir keine Insel der Seligen. Durch den Import von Kraftfutter, den

Der heiligen Franz von Assisi hatte eine besondere Beziehung zu den Tieren, er sieht die Welt und alle Lebewesen als Schöpfung Gottes.

Viehbestand in Südtirol 2020 Tierart

2000

2020

Rinder

154.850

124.633

Pferde

5.595

7.790

Schweine

26.380

8.393

Schafe

47.100

46.608

Ziegen

17.700

27.470

193.000

250.000

Geflügel

QUELLE: AGRAR- UND FORSTBERICHT 2020


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