JOURNALISTEN-READER
ERFOLG AUF ALLEN KANÄLEN Crossmedialer Lokalteil: von neuen Lesern und einem Berufsbild im Wandel
Modellseminar 3. bis 7. März 2008 in Klink an der Müritz
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
INHALT Impressum ............................................................................................................................... 4 DISKUSSION AUF DEM SOFA Trüffelschweine fürs Champagner-Blatt ........................................................................5 Chefredakteursrunde diskutiert übers ideale Personal der Zeitung von morgen Dirk Lübke, Chefredakteur Zeitungsgruppe Lahn-Dill Folker Quack, Leitender Redakteur Main-Post Paul-Josef Raue, Chefredakteur Braunschweiger Zeitung IMPULSREFERATE Regionale Kompetenz auf allen Kanälen ......................................................................7 Online-Projekte als Experimentierfeld: gucken, was funktioniert Uwe Ralf Heer, Heilbronner Stimme Frank Möllers, Die Glocke, Oelde Jürgen Oehler, Kölner Stadt-Anzeiger REFERATE Zukunftschancen durch Lesernähe ................................................................................9 Web 2.0 wird Teil des Mediennutzungsverhaltens werden Steffen Büffel, Medienberater, Düren Zwischen Euphorie und Überlastung ............................................................................11 „Crossmediale Redaktionen in Deutschland“: Studierende stellen Projekt vor Julia Andert, Lena Leondaris, Hochschule Darmstadt Kompetenz gegen kulturelle Widerstände ..................................................................13 Convergence Journalism: Veränderung von Berufsbild und Ausbildung Dr. Sonja Kretzschmar, Universität Münster Mehrwert dank ungewohnter Perspektiven ................................................................15 Unterwegs mit der Videokamera: worauf es beim Dreh ankommt Björn Förster, Videojournalist, Berlin Optische Transparenz für hektische User ...................................................................17 „Multimediale Informationspakete“ als ideale Form von Crossmedia Michael Bechtel, QualityNews, Bonn „Die Größe haben, klein zu sein“ ....................................................................................19 Die Schweizer „Jungfrau Zeitung“ setzt konsequent auf Lokales Urs Gossweiler, Jungfrau Zeitung, Interlaken/CH DISKUSSION Print-Marken haben´s gut ..................................................................................................21 „Netzeitung“ und „Hauptstadtblog“ suchen ihre Zukunft im Web Domenika Ahlrichs, Netzeitung, Berlin Günter Bartsch, Hauptstadtblog, Berlin
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REFERATE Die Pflicht zur Veränderung ..............................................................................................23 Ohne Investitionen in den Online-Bereich werden Verlage nicht bestehen Raimondo Sanna, Munich Online GmbH, München Leser in der Rolle von Experten ......................................................................................25 Das „Franken-Wiki“ als interaktives Angebot für Überzeugungstäter Clemens Helldörfer, Nürnberger Zeitung Crossmedia auf allen Kanälen .........................................................................................27 Gute Ideen: Lokal- und Regionalzeitungen verzahnen Altes mit Neuem Jan Steeger, drehscheibe, Berlin INTERVIEW Von „Hyperlocal“ bis zum „Evergreen“ .........................................................................29 Medien www: weit weit weg – Lokaljournalismus in den USA Katja Riefler, RISolutions, München Menschlichem Verhalten auf der Spur ..........................................................................31 Neurolinguistisches Programmieren in der beruflichen Kommunikation Axel Bürger, Lippische Landeszeitung, Detmold ARBEITSGRUPPEN Ein Redakteur kann alles ...................................................................................................32 Brauchen wir Spezialisten oder Eier legende Wollmilchsäue? Arbeitsgruppe 1 Eine Nachricht, viele Wege ...............................................................................................34 Wie organisiert sich eine Multimedia-Redaktion? Arbeitsgruppe 2 Leser, User, Loser ................................................................................................................36 Welche Ansprüche hat der Leser? Arbeitsgruppe 3 Die Enkel der Revolution ...................................................................................................38 Web 4.0: Lokale Zeitung funkt rund um die Uhr auf allen Kanälen Arbeitsgruppe 4 ANHANG ..................................................................................................................................40 - Programm - Teilnehmendenliste
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IMPRESSUM
Veranstalter Bundeszentrale für politische Bildung/bpb Fachbereich Multimedia Journalistenprogramm Berthold L. Flöper Adenauerallee 86 53113 Bonn Telefon 0228 99515-558 Telefax 0228 99515-498 E-Mail Berthold.Floeper@bpb.bund.de
Uwe Röndigs Zeitungsgruppe Lahn-Dill Weilburger Tageblatt E-Mail: u.roendigs@mittelhessen.de
Tagungsorganisation Gabriele Prues (bpb) Telefon 0228 99515-555 Telefax 0228 99515-405 E-Mail Gabriele.Prues@bpb.bund.de
Anke Vehmeier medienfabrik Büro Bonn E-Mail: vehmeier@medienfabrik.de Journalisten-Reader Volker Dick Freier Journalist 51643 Gummersbach Telefon 02261 926212 Telefax 02261 926224 E-Mail Volker.Dick@buchstabensuppe.net
Seminarleitung Joachim Braun Tölzer Kurier Bad Tölz E-Mail: joachim.braun@merkur-online.de Regina Krömer Main-Post Kitzingen E-Mail: regina.kroemer@mainpost.de
Live-Blog http://www.drehscheibe.org/weblog Steffen Büffel Medienberater Telefon 0151 17278431 E-Mail steffen.bueffel@media-ocean.de
Modellseminar-Team Katja Dartsch Braunschweiger Zeitung Braunschweig E-Mail: katja.dartsch@bzv.de Eberhard Renz Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten Stuttgart E-Mail: e.renz@blick-vom-fernsehturm.zgs.de
Tagungsstätte Schlosshotel Klink Schlossstraße 6 17192 Klink (Müritz) Telefon 03991 747-0 Fax 03991 747-299 Web: www.schlosshotel-klink.de
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DISKUSSION AUF DEM SOFA Der neue Redakteur: Alleskönner oder Spezialist?
Trüffelschweine fürs Champagner-Blatt Chefredakteursrunde diskutiert übers ideale Personal der Zeitung von morgen
Welche Journalisten werden in Zukunft gefragt sein? Vor allem die multimedialen Alleskönner oder die spezialisierten Rechercheure? Darüber diskutieren Dirk Lübke, Chefredakteur Zeitungsgruppe Lahn-Dill, Folker Quack, Leitender Redakteur der „MainPost“, und Paul-Josef Raue, Chefredakteur der „Braunschweiger Zeitung“.
Dirk Lübke, Folker Quack, Regina Krömer, Paul-Josef Raue (v. l.)
Raue formuliert es gleich in seinem Eingangs-Statement: „Journalismus wird online nicht neu erfunden“, betont er, „wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir schon seit Jahren mit dem Printprodukt erfolgreich betreiben.“ Zwar hält auch er Veränderungen für wahrscheinlich, doch zweifelt er an einem grundsätzlichen Wandel des Berufsbilds. „Die Redaktion der Zukunft wird kleiner sein, die Redakteure werden vor allem planerisch sowie strategisch arbeiten und viele gut bezahlte Freie betreuen“, so Raue. Auch Dirk Lübke hält die bewährten Fähigkeiten eines Journalisten hoch, weist gleichzeitig aber darauf hin, dass inzwischen mehr verlangt wird: „Der Redakteur von heute muss das Können entwickeln, mehrkanalig zu denken.“ In erster Linie hat Lübke dabei drei Wege vor Augen – Print-Text, Foto und die aktuelle Kurzmeldung fürs Web: „Das muss ein Redakteur bedienen können.“ Als Kameramann sieht er ihn aber auch künftig nicht, „das können freie Videoproduzenten
übernehmen“. Dass auch im Netz wann immer möglich Qualitätsjournalismus gepflegt werden soll, formuliert Folker Quack als Ziel. Aber wenn es mal besonders schnell gehen muss, kann man im Internet von diesem Anspruch auch mal Abstriche zulassen, schränkt er ein. Besonders weist Quack auf die Notwendigkeit hin, die Mitarbeiter zu schulen. „Im Web müssen ganz andere Regeln beachtet werden, etwa bei der Verwendung von Hypertext oder wenn es darum geht, ein Storyboard für ein Video zu schreiben“, unterstreicht er. Als Beispiel nennt er eine erfolgreiche Fortbildung der Main-Post in Sachen Suchmaschinen: Nachdem die maßgeblichen Redakteure gelernt hatten, wie Google funktioniert, landeten Artikel des Blattes wesentlich öfter auf den vorderen Plätzen bei Suchanfragen – die Quote der Spitzenränge stieg von 5 auf 30 Prozent. Die Ansicht, dass crossmediale Elemente „mal eben schnell“ in Webauftritte zu inte-
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grieren sind, zerstreut auch Dirk Lübke: „Um eine gewisse Qualität zu erreichen, muss ich Zeit investieren“, schildert er eigene Erfahrungen im Umgang mit der Kamera, „selbst ,Quick & Dirty‘ braucht gewisse Zeit.“ Im Zusammenhang mit Crossmedia besteht für ihn die Weiterbildungsaufgabe eines Zeitungshauses zunächst darin: „Die Redakteure müssen verstehen und ein Bewusstsein dafür entwickeln, was mit Multimedialität gemeint ist.“ Zeitung bleibt Leitmedium Paul-Josef Raue hält das allerdings für kein neues Thema und blickt zurück auf jahrzehntelange Volontärsausbildung, wo das Kennenlernen von Radio und Fernsehen für Printjournalisten selbstverständlich war. „Jemand, der eine Kamera hält, muss nicht Journalist sein“, leitet er über zu seiner Kernthese, dass dank exzellenter Journalisten und einer Konzentration auf die eigentliche Profession die gedruckte Zeitung auch in Zukunft Leitmedium bleiben wird. Raue sieht „idyllische Zeiten“ nahen, in denen gleich mehrere Blätter, Bücher und Zeitschriften ein regionales Info-Monopol begründen werden und Journalisten als recherchierende „Trüffelschweine“ das Wesentliche im Chaos der Informationen finden. Dirk Lübke schätzt, dass Zeitungen künftig in erster Linie für Hintergrundinformationen sorgen müssen. „Bestimmte Inhalte werden in zehn Jahren aus dem Blatt verschwunden sein, etwa rein Chronistisches“, prophezeit er und weist auf den Bedarf nach einer noch
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UR PERSON
Dirk Lübke Jahrgang 1960, seit Februar 1999 Chefredakteur der Zeitungsgruppe Lahn-Dill im hessischen Wetzlar mit Vollredaktion und acht Lokalredaktionen. Zuvor Chefredakteur beim „Remscheider General-Anzeiger“ (1995-99) und Ressortleiter bei der „Neuen Presse Hannover“.
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viel besseren Ausbildung hin. Die fordert Folker Quack besonders mit Blick auf crossmediales Wissen und Fertigkeiten. Denn seiner Ansicht nach wird die Zeitung in zehn Jahren Material für gehobene Leseansprüche liefern, zu einer „Champagner-Zeitung“ werden mit weniger Abonnenten, aber vielen „Beibooten“ – „und deren wichtigstes wird das Web sein“. Deshalb plädiert er dafür, den Online-Bereich personell zu stärken: „Das Internet ist das einzige Medium, das Zuwachsraten verzeichnet. Wenn´s so weitergeht, wird es auch finanziell interessant“, kontert er einen Einwand Paul-Josef Raues im Hinblick auf die Finanzierbarkeit von Web-Angeboten. „Wir sollten nicht noch einmal den Anschluss im Netz verpassen wie bei den Kleinanzeigenmärkten und auch noch unsere journalistische Kompetenz im Web an andere verlieren“, mahnt er und fährt fort: „Wir müssen vor allem eine zielgruppenspezifische Ansprache lernen.“ Kontakt: Dirk Lübke Tel.:06441 959595 E-Mail: d.luebke@mittelhessen.de Folker Quack Tel.: 0931 6001-236 E-Mail: folker.quack@mainpost.de Paul-Josef Raue Tel.: 0531 3900-300 E-Mail: paul-josef.raue@bzv.de
UR PERSON
Folker Quack Geboren 1961 in Bad Neustadt/Saale; Studium der Politik, Germanistik, Soziologie und Geschichte; seit 1990 bei der Main-Post, 2003 Leiter des Newsdesks Aktuelles; seit Oktober 2005 Leitender Redakteur und Mitglied der Chefredaktion der Main-Post; verantwortlich für Crossmedia.
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UR PERSON
Paul-Josef Raue 1950 geboren; Chefredakteur der „Braunschweiger Zeitung“; davor Chefredakteur u. a. bei der „Volksstimme“ Magdeburg, „Frankfurter Neue Presse“, „Oberhessische Presse“, Marburg. Mit Wolf Schneider Autor von „Das neue Handbuch des Journalismus“. Tätigkeit in der Journalisten-Fortbildung.
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IMPULSREFERATE Die Crossmedialen – Wo die Zukunft schon begonnen hat
„Regionale Kompetenz“ auf allen Kanälen Online-Projekte als Experimentierfeld: gucken, was funktioniert
Für manche klingen sie noch nach Zukunftsmusik, doch viele Verlage experimentieren bereits mit CrossmediaProjekten – bei unterschiedlichem Erfolg. Drei ambitionierte Beispiele liefern Uwe Ralf Heer, Chefredakteur Uwe Ralf Heer, Jürgen Oehler, Frank Möllers (v. l.) der „Heilbronner daktion auf Filme, Stimme“, Jürgen die die PressekonOehler, Onlinechef des „Kölner Stadtferenzen des Eishockey-Clubs „Heilbronner Anzeigers“, und Frank Möllers, Leiter Falken“ dokumentieren. Über den OnlineOrganisation bei „Die Glocke“, Oelde. Auftritt sind aber auch Einzelstücke abrufbar, etwa exklusive Bilder aus dem Innern eines Knapp ein Jahr alt ist „Stimme TV“, das noch nicht eröffneten Einkaufszentrums. Web-TV-Angebot aus Heilbronn. Drei Manches, was die Filmer der Stimme ablichAbsolventen der Hochschule für Medien ten, kann nachher auch für kleines Geld auf in Stuttgart hat der Verlag dafür eingestellt DVD angefordert werden. – aus gutem Grund. „Nichts wäre peinlicher, „Was wir zu bieten haben, ist regionale als sich vor der Kamera lächerlich zu maKompetenz“, unterstreicht Ralf Uwe Heer, chen“, sagt Chefredakteur Uwe Ralf Heer. „damit müssen wir wuchern.“ Um die im Deswegen muss auch kein Redakteur ins Web-TV umsetzen zu können, ist FortbilBild, der nicht wirklich will. Heer selbst wollte dung nötig und die Bereitschaft, Zeit zu und bestreitet einmal pro Woche „360°“, investieren: „Einen News-Beitrag zu produseine in Szene gesetzte Print-Kolumne, fünf zieren, kann bis zu sechs Stunden dauern.“ Minuten lang und an verschiedenen Plätzen 1300 Zuschauer erreicht Stimme TV im aufgenommen. „Das gucken vor allem die, Schnitt, der Fokus bleibt für Heer aber klar: die fürchten, darin vorzukommen.“ „Das Entscheidende ist die Tageszeitung, da Außerdem bietet Stimme TV weitere Forentsteht journalistische Qualität.“ mate, beispielsweise „Traut Euch“, in dem Auf die Stärken Individualität und Regiosich Hochzeitspaare vorstellen und eine nalität setzt auch der Kölner Stadt-Anzeiger Traumhochzeit gewinnen können. Zwischen mit seinen vielfältigen Web-TV-Angeboten, 1000 und 1500 Zugriffe verzeichnet die Redie teilweise auf Inhalte des Print-Produkts
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aufsetzen. Etwa „Alles wird gut“, in der neue Besitzer für Tiere gesucht werden. Die Reihe erscheint bereits seit Jahren in der Zeitung, bis die Autorin beschloss, vor die Kamera zu gehen. Der Aufwand für die TV-Formate ist unterschiedlich: Manchmal dauert eine Produktion zwei Wochen, bisweilen aber auch nur einen Nachmittag. Künftig sollen auch Lokalredaktionen Videobilder liefern – alle werden derzeit mit Camcordern ausgestattet. Mit der Gestaltung der Filme haben die Redakteure allerdings nichts zu tun: Das wird in der Online-Redaktion erledigt. Der Ansatz „Online first“ bedeutet laut Jürgen Oehler auch, sich personell besser aufzustellen. In seiner Redaktion wurde ein zusätzlicher Frühdienst eingeführt, damit nun von 7 bis 23.30 Uhr Inhalte aktualisiert werden können. Teilweise gestalten die Lokalredaktionen ihre Online-Seiten selbst. Insgesamt werden im Haus Themen häufig crossmedial aufbereitet. So gab es eine kleine Printserie zum Thema „Straßen“, die im Web mit großer Resonanz fortgeführt wurde: „Da kamen mehr als 200 Beiträge zusammen“, berichtet Oehler – und einer bot genügend Stoff für eine filmische Umsetzung. Der Kölner Online-Chef hebt zudem den experimentellen Charakter des Angebots hervor: „Wenn etwas im Netz nicht funktioniert, dann lassen wir es eben.“ Maßgeblich ist für ihn: „Wir wollen uns mit Themen auseinandersetzen, die auch mit der Printredaktion zusammen realisiert werden können.“ „Die Zukunft ist mobil“, lautet das Motto der in Oelde erscheinenden „Glocke“, die mobile
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UR PERSON
Uwe Ralf Heer Jahrgang 1965; Studium Deutsch, Geschichte und Politik; sieben Jahre Sportredakteur bei der „Heilbronner Stimme“; 2000 Abstecher als Sportchef zum „Wiesbadener Kurier“; seit Juli 2006 Chefredakteur der „Stimme“, zuvor ab 2002 dort Redaktionsleiter bei der „Hohenloher Zeitung“.
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Handy-Dienste erarbeitet. Frank Möllers erklärt, warum: „Mit dem Handy habe ich den direkten Draht zum Kunden und den sollte ich auch nutzen.“ Er spricht von „1000 Möglichkeiten“, die in Frage kommen und besonders dann interessant sind, wenn es um regionale Dienste geht – beispielsweise schnelle Handy-Infos bei Wahlen oder die Unfallmeldung mit integrierter UmleitungsEmpfehlung. Nutzwert muss dabei sein, obwohl nur 160 Zeichen zur Verfügung stehen. „Solche Angebote funktionieren nur, wenn man sie vernünftig bewirbt und crossmedial angeht“, betont Möllers. Daher wird in der Glocke immer wieder auf den Dienst hingewiesen und es werden Erklärstücke geliefert mit genauen Anleitungen zur Bedienung. „Wir haben derzeit dreistellige Nutzerzahlen“, informiert er. Das Handy-Portal birgt acht Rubriken, wobei die regionalen Inhalte ganz oben stehen. Möllers: „Bundesliga-Ergebnisse liefert schließlich jeder.“ Kontakt: Ralf Uwe Heer Tel.: 07131 615365 E-Mail: uwe.heer@stimme.de Jürgen Oehler Tel.: 0179 1350760 E-Mail: juergenoehler@web.de Frank Möllers Tel.: 02522 73-134 E-Mail: moellers@die-glocke.de
UR PERSON
Frank Möllers Geboren 1974 in Enniger; Studium der Volkswirtschaftslehre, Uni Bielefeld; 2000-2002 Volontariat bei der „Glocke“, Oelde, danach Redakteur der Kreisredaktion Gütersloh und in der Mantelredaktion; ab März 2006 Vertreter des CvD; seit August 2007 Leiter Organisation der Redaktion.
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UR PERSON
Jürgen Oehler Der 54-jährige Ressortleiter Online des „Kölner Stadt-Anzeigers“ wurde in Hamburg geboren; studierte Deutsch, Geschichte, Erziehungswissenschaft und Sport; ab 1988 Redakteur Lokalsport beim Stadt-Anzeiger; seit 2001 in der Online-Redaktion, seit 2005 als deren Leiter.
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REFERATE Steffen Büffel warnt vor Wunschdenken in Zeitungshäusern
Zukunftschancen durch Lesernähe Web 2.0 wird Teil des Mediennutzungsverhaltens werden
Eine Zukunft, in der Zeitungen keine Rolle mehr spielen? Der Kurzfilm „epic 2015“ zeichnet ein solches Szenario. Medienberater Steffen Büffel zeigt ihn zu Beginn seines Referats und würzt den Vortrag mit provokanten Thesen – die allerdings sämtlich auf wissenschaftlicher Basis stehen. „Zeitung & Co., Medien zum Wegrennen“; „die Zeitung ist das Medium der Urgroßeltern, das Fernsehen das der Eltern“: Angesichts solcher Formulierungen muss Steffen Büffel nicht mit mangelnder Aufmerksamkeit rechnen – im Gegensatz zur Zeitung, deren Reichweite während der vergangenen zehn Jahre bei den unter 50-Jährigen stark abgenommen hat. Büffel liefert Zahlen aus der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation. Danach haben bei der Mediennutzung die elektronischen Medien immer gewonnen, während es bei der Zeitung abwärts ging. Das Internet dagegen verzeichnet seit dem Jahr 2000 steile Zuwächse. Insgesamt nutzten die Deutschen 2005 täglich im Schnitt 600 Minuten lang verschiedene Medien. Warum davon immer weniger für die Zeitung abfallen? „Die Alternativen zur Zeitung sind zahlreich“, stellt der Medienberater fest, „das Bewusstsein darüber ist nur noch nicht bei den Machern angekommen.“ Und das, obwohl Web-Formate wie Wikis und Blogs längst nicht mehr wirklich neu sind. Steffen Büffel richtet den Blick auf die USA, wo seiner Auskunft nach das Internet in bestimmten Altersgruppen bereits als Leitmedium gilt. In einer Studie bezeichneten 48 Prozent
der Befragten das Internet als wichtigste Informationsquelle. „Was die Zeitung vor zehn Jahren war, ist nun das Netz, das hat sich gedreht“, informiert er. In den USA steckt der Journalismus in der Krise, so Büffel, viele Menschen fühlen sich durch ihn nicht mehr angesprochen. Erfolg mit Nischenthemen Umso mehr boomt das Bloggen. Die Suchmaschine Technorati verzeichnet über 70 Millionen bestehende Blogs und täglich kommen laut Steffen Büffel 120.000 dazu. Zur Erklärung des Erfolgs dient der „LongTail-Ansatz“: Entlang des langen Rattenschwanzes der Medienwelt tummeln sich die Nischenthemen und Netzwerkmedien; der Versandhändler Amazon erzielt 57 Prozent seines Umsatzes aus Büchern, die nur in Mini-Auflagen erscheinen. „Der Long Tail wächst immens“, bekräftigt der Medienberater, um daran anschließend zu fragen: „Wie
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kann die Zeitung davon profitieren?“ Seine Antwort dazu: „Die Zeitung sollte Teil dieser Plattform werden, sollte mitspielen auf der Internet-Bühne.“ Als Beispiel nennt Büffel die Diskussionen in Blogs über Themen, die von den traditionellen Medien transportiert wurden: „Diese Auseinandersetzungen könnten die Zeitungen ihrerseits wieder aufgreifen.“ Web 2.0 kein Hype Blogs zu ignorieren und für einen kurzlebigen Trend zu halten, scheint ihm fahrlässig. „Web 2.0 wird Teil des Mediennutzungsverhaltens werden“, unterstreicht er, „das ist kein Hype.“ Tatsächlich nennt er beachtliche Zahlen: 2006 gab es in Deutschland 6,6 Millionen Blog-Leser, was 32 Prozent der Internet-Nutzer entspricht; 7 Prozent betrieben ein eigenes Weblog. Es sind vor allem die jungen Nutzer, die sich mit Web 2.0 befassen – und bei den Angeboten liegt Wikipedia vorn, erläutert Steffen Büffel, der mit seinen Aussagen keine Illusionen über eine neue Zeitungsära aufkommen lassen will: „Wieso sollten die Jungen in einem bestimmten Alter plötzlich Zeitung lesen? Das ist Wunschdenken.“ Kinderzimmer als Multimediaräume Kinderzimmer sind inzwischen Multimediaräume, „die Zeitung wird durchgereicht“, so Büffel. Und die Kannibalisierungsdebatte dreht er um: „Wer im Web keine Inhalte anbietet, der kannibalisiert sich selbst, weil er im Netz nicht gefunden wird.“ Besonders vor dem Hintergrund, dass nach seiner Einschätzung künftig im Internet „ein Batzen Geld“ zu verdienen ist. Bisher aber gibt es kaum Online-Werbevermarktung bei den Zeitungen, berichtet er. Viele Anzeigenabteilungen haben keine Ahnung vom Internet: „Es wird nicht einmal darüber nachgedacht, sich darum zu kümmern.“ Wie die Zeitung dennoch zu retten ist, schildert Steffen Büffel anhand von fünf Thesen: 1. Die Zeitung der Zukunft ist nicht crossmedial. Sie ist lesernah! 2. Die gedruckte Zeitung wird künftig die ideale Ergänzung für das (mobile) Web sein!
Die Zeitung wird sich in Richtung eines täglichen Nachrichtenmagazins wandeln. 3. Der Qualitätsjournalist der Zukunft muss ein Abitur im Fach „Netzkultur“ vorweisen! Eine fundierte Kenntnis wird entscheidend für seine Urteilsfähigkeit sein. 4. Der Journalist der Zukunft muss alle Kanäle beherrschen, auch den Rückkanal! Das heißt, er muss Kontakte herstellen, pflegen und nutzen. Steffen Büffel: „Natürlich gibt es Besserwisser, aber auch solche, die es tatsächlich besser wissen.“ 5. Der Qualitätsjournalist der Zukunft braucht Streit- und Kritikfähigkeit! „Er muss vom hohen Ross herunterkommen“, fordert der Medienberater. Kontakt: Tel.: 02421 2048831 E-Mail: steffen.bueffel@media-ocean.de
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Steffen Büffel Geboren 1975, Studium der Medienwissenschaft, germanistischen und anglistischen Linguistik in Trier. Freiberuflich tätig als Experte in Sachen Social Media. Berät und unterstützt Unternehmen in den Bereichen Crossmedia, Usability und Weiterbildung. Verschiedene Projekte für deutsche Zeitungsverlage im Sektor Neue Medien.
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Journalisten 3.0 beta – Herausforderungen und Anforderungen
Zwischen Euphorie und Überlastung „Crossmediale Redaktionen in Deutschland“: Studierende stellen Projekt vor
„Crossmediale Redaktionen in Deutschland“: Diesen Titel trägt ein Projekt der Hochschule Darmstadt in Kooperation mit CCI Europe und der Ifra. Die Ergebnisse sind Gegenstand des Referats von Julia Andert und Lena Leondaris, die beide OnlineJournalismus an der Hochschule Darmstadt studieren und an dem ein Semester umfassenden Projekt für Studierende beteiligt waren. Julia Andert (l.) und Lena Leondaris Fünf Zeitungsredaktionen hatte das Projektteam unter die Lupe genommen, sich an Ort die Vorteile der räumlichen Nähe für eine und Stelle ein Bild gemacht und Interviews intensivere Kommunikation.“ Dennoch wiemit Redakteuren geführt – nicht nur mit sen beide Studentinnen auf die kontroverse deren Chefs. Untersucht wurden die „WeltDiskussion hin, ob Großraumbüros journaGruppe“ in Berlin, das „Handelsblatt“ in listische Qualität eher mindern oder steigern. Düsseldorf, der „Kölner Stadt-Anzeiger“, der „Südkurier“ in Konstanz und die „Hessische/ Größter Newsroom Deutschlands Niedersächsische Allgemeine“ in Kassel. Vor Julia Andert beschreibt den riesigen Newsallem interessierte die 19 Studierenden, wie room der „Welt“, den größten in Deutschdie Redaktionen mit den Herausforderunland. Dort orientiert sich die „Sitzordnung“ gen der Konvergenz umgehen, wie sie die an „Chefbalken“ und „Ressortbalken“, die Arbeitsabläufe strukturiert haben und was Redakteure sind eingeteilt nach der „Cocakünftig auf sie zukommen könnte. Cola-Formel“: 70 Prozent arbeiten horizontal Dabei stießen sie trotz der unterschiedlifür nur ein Medium, 30 Prozent vertikal für chen Größe der Einheiten auf zwei Gemeinmehrere Medien der Welt-Gruppe. Zu deren samkeiten: Keine Redaktion verfügte über Angebot zählen laut Julia Andert das dreimal ein gemeinsames Content-Managementtäglich aktualisierte „Welt Online TV“ mit System für Print und Online; bevorzugt Nachrichten und das Internet-Forum „Debatwurde in Großraumbüros gearbeitet, den te“. Beim Handelsblatt saßen ihrer Auskunft sogenannten „Newsrooms“. „Die Atmosnach die Online-Redakteure zunächst an phäre dort schilderten die Redakteure nicht einem eigenen Desk ohne Integration in ausschließlich als laut und unruhig“, beRessorts, gehören aber seit April 2007 auch richtet Lena Leondaris, „viele lobten auch zur Newsroom-Besatzung. Eins fiel den
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beiden Studentinnen in Düsseldorf auf: In Sachen Fortbildung absolvierten die Printredakteure Praktika bei ihren Online-Kollegen. Der Claim beim Handelsblatt insgesamt lautete: „Die Marke Handelsblatt kann ohne das Web nicht bestehen.“ Experimentiergeist stellten die Studierenden bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen fest, vor allem anhand ihrer Profilierung mit „online only“-Inhalten. „Dort wird sehr viel mit Video und Web 2.0 gearbeitet“, erläutert Julia Andert. Mit den „Breaking News“ verfügt die HNA über ein Videoformat zur Nachrichtenpräsentation im Web. „Und am Kassel-Wiki dürfen sich auch Leute beteiligen, die ihr Wissen nur auf Papier weitergeben können – das wird dann ins System eingepflegt“, ergänzt sie. „Die Redakteure werden dazu angehalten, multimedial zu denken“, lenkt Lena Leondaris den Blick auf die Online-Abteilung beim „Kölner Stadt-Anzeiger“. Multimedia ist dort nach ihren Informationen bereits seit Jahren ständiges Thema. Beim Besuch in der Redaktion bemerkte das Projektteam eine positive Grundstimmung der Online-Journalisten, gepaart mit der Einschätzung, dass die Arbeit viel Abwechslung bedeutet. Viel Spaß an der Arbeit registrierten die Studierenden auch beim Südkurier in Konstanz. „Das Blatt widmet den Lesern besondere Aufmerksamkeit“, bemerkt Lena Leondaris mit Blick auf die Einrichtung des „Leserreporters“: „Außerdem fokussiert der Südkurier sein Online-Angebot stark und will die Nummer 1 in der Region werden.“ Die
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Julia Andert Jahrgang 1984; Studentin Online-Journalismus, Schwerpunkt Journalismus, an der Hochschule Darmstadt; Praktikum und freie Mitarbeit bei „Karriere Magazin“, Verlagsgruppe Handelsblatt; Werksstudentin bei FAZ.NET in Frankfurt/Main; Tätigkeit als Referentin für Fachkongresse.
Organisationsstruktur wird seit 2003 durch vier regionale Newsdesks bestimmt. Generell stießen die Studierenden auf zwei gegensätzliche Einstellungen von Redakteuren in puncto Crossmedia. „Es gibt sehr euphorische Journalisten, die sich über die neuen Aufgaben freuen, andere klagen dagegen vor allem über die zusätzliche Arbeitsbelastung“, so Lena Leondaris. Als Fazit des Projekts halten die beiden Studentinnen fest, dass ein neuer Arbeitsrhythmus gefragt sein wird – weg vom starren Redaktionsschluss, hin zu mehr Flexibilität. „Außerdem müssen Themen frühzeitig und Plattform übergreifend geplant werden“, lautet eine weitere Folgerung aus den Projekt-Erfahrungen. Das aktive Publikum im Internet scheint den Studentinnen ideal, um Rückschlüsse auch auf Inhalte der gedruckten Ausgabe zu ziehen: „Print-Redakteure interessieren sich für die Klicks im Web und sind oft erstaunt, welche Themen online gut gehen. Das kann die Druckausgabe positiv beeinflussen.“ Kontakt: Julia Andert Tel.: 0177 8532797 E-Mail: julia.andert@gmx.net Lena Leondaris Tel.: 0176 23309270 E-Mail: lleondaris@web.de Download der Ifra-Studie unter: www.ifra.com/newsplex_hda
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UR PERSON
Lena Leondaris 1985 geboren; studiert OnlineJournalismus, Schwerpunkt Journalismus, an der Hochschule Darmstadt; Praktika u. a. bei ProSiebenSat1 GmbH und SevenOne Intermedia in München; freie Mitarbeit bei der Mannheimer Wochenblatt GmbH; Referentin auf Fachkongressen.
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Dr. Sonja Kretzschmar schildert die Folgen von Crossmedia
Kompetenz gegen kulturelle Widerstände Convergence Journalism: Veränderung von Berufsbild und Ausbildung
Was hierzulande unter „crossmedialem Journalismus“ läuft, heißt in den USA: „Convergence Journalism“. Gemeint ist im Grunde das Gleiche: das Zusammenwachsen einst verschiedener Welten – mit allen Konsequenzen für die Medienlandschaft und die Anforderungen an Journalisten. Welche Folgen zu erwarten sind, skizziert Dr. Sonja Kretzschmar vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni Münster. „Convergence Journalism oder Konzentrationsjournalismus entsteht, wenn verschiedene Medien in Konzentrationsprozessen gefangen sind“, beginnt Sonja Kretzschmar ihr Referat mit einer Definition, um gleich darauf ganz praktisch in die USA zu blicken. Dort hat der Begriff eine andere Qualität erhalten, seit durch neue Rechtsvorschriften vielfältige Verflechtungen der Medienhäuser möglich geworden sind. In einem liberalisierten Medienmarkt haben sich Großkonzerne gebildet, die auf ein verändertes Nutzungsverhalten junger Konsumenten mit verschiedenen Projekten reagieren. Und die weisen unterschiedliche Grade von Kooperation auf, die im „Convergence Continuum“ ablesbar sind, das die Wissenschaftlerin erläutert. Abgestufte Kooperation Demnach besteht die geringste Form der Zusammenarbeit in der „Cross Promotion“ zwischen Medien, während die nächste Stufe, das „Cloning“, bereits die 1:1-Übernahme von Print-Inhalten in den Online-Auftritt umfasst. Die „Coopetition“ sieht schon eine weit gehende Kooperation vor, die aber noch von Misstrauen und Wettbewerbsgedanken ge-
prägt ist. „Content sharing“ dagegen zeichnet sich durch Gemeinsamkeit aus, wobei allerdings weiterhin Kollegen verschiedener Mediengattungen parallel arbeiten. Unter „Convergence“ schließlich wird die vollständige Vereinigung verstanden, ein Zustand, in dem beispielsweise ein Kollege alle Medien bedient. Ist das dann der viel beschworene Superreporter? An dieser Stelle weist Sonja Kretzschmar auf mehrere Gefahren hin, die ein solches Berufsbild einschließt: „Je mehr Medien zu bedienen sind, desto eher werden Deadlines verpasst“, schildert sie
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eine Folge, und: „Die Wahrscheinlichkeit steigt, sich inhaltlich auf den verschiedenen Plattformen zu wiederholen und auch die Spezifika der jeweiligen Medien werden nicht genutzt.“ Das Resultat: „Journalistische Angebote verlieren an Qualität.“ Neuer Workflow Als mögliche Lösung des Dilemmas beschreibt sie eine „Workflow-Vision“, die mit neuen Berufsbildern verbunden wäre: Es gäbe den „Newsflow-Editor“, eine Mischung aus Chefredakteur und CvD, der sich auf Themen konzentriert und überlegt, über welchen Kanal sie am besten vermittelt werden könnten. Dann käme der „Storybuilder“ als Schnittstelle zwischen Editor und Reporter ins Spiel, bei dem Elemente zusammenlaufen, die er an die jeweiligen Redaktionen weiterleitet. Die Position des „News Resourcers“ dient vor allem dazu, Informationen zu recherchieren, zu archivieren und zugänglich zu machen: eine Art Super-Bibliothekar. Schließlich sieht das Modell noch den „Multiskilled Journalist“ vor, einen Redakteur, der zumindest bimedial arbeiten kann und für Texte, Töne und Bilder zuständig ist. Sonja Kretzschmar erläutert die Konsequenzen solcher Änderungen auf das Berufsbild, UR PERSON bezogen auf Dr. Sonja Kretzschmar US-Verhältnisse: Geboren 1970 in Frankfurt/ Kompetenz in Main; 1990-96 Journalistikeinem bestimmstudium in Dortmund und ten Medium ist Edinburgh; Volontariat bei entscheidendes der „Berliner Zeitung“, freie Einstellungsjournalistische Tätigkeit bei kriterium; das Online- und elektronischen Schreiben gilt als Medien; ModerationsredakteuSchlüsselqualifirin bei den „Tagesthemen“; seit kation; mehrme2002 am Institut für Kommudiale Produktion nikationswissenschaft der Uni wird gefragt; Münster, Forschungsschwerrhetorische und punkte: internationale und analytische interkulturelle Kommunikation, Fähigkeiten sind Journalismus und europäische ebenso wichtig Öffentlichkeit, Konfliktjournaliswie Managemus, Fernsehpraxis. ment-Qualitäten;
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dazu geht es um eine flexible Denk- und Arbeitsweise sowie um Softskills wie beispielsweise Teamfähigkeit. Gerade in diesem Punkt sieht die Referentin noch große Probleme, auch in Deutschland: „Es gibt oft kulturelle Widerstände in den Redaktionen, die Journalisten haben eher das Einzelkämpfertum gelernt. Außerdem pflegen viele ihre Vorurteile gegenüber den Kollegen aus anderen Medien.“ In Sachen Ausbildung wird ihrer Auskunft nach jedenfalls viel Neues in die Lehrpläne aufgenommen werden müssen; denn selbst handwerkliche Kompetenzen verändern sich, etwa mit Blick auf die Methoden der Internet-Recherche. Neue kreative Möglichkeiten Trotzdem bietet Konvergenz ihrer Einschätzung nach neue kreative Möglichkeiten bei der Umsetzung von Themen. Und zum Beispiel auch das multimediale Erzählen innerhalb von Schulprojekten der Zeitungen betrachtet sie als neue Chance. Ihre ContraArgumente: mögliche Entwertung journalistischer Arbeit, Tarifflucht und Outsourcing, jüngere ersetzen ältere Redakteure, werden dabei aber schlechter bezahlt, wie eine Studie von 2006 zeigt. „Mehr als 50 Prozent der Befragten berichteten von Einkommensverlusten in den vergangenen fünf Jahren“, so Sonja Kretzschmar. Steht also bald ein journalistischer Mindestlohn zur Debatte? Kontakt: Tel.: 089 45080102 E-Mail: sonja.kretzschmar@googlemail.com Links zum Beitrag: • http://cmp.journalistik-dortmund.de/ • crossmedia uni dortmund • http://risingfromruin.msnbc.com/ stories.html • multimedia award • http://www.montgomeryboycott.com/ • multimedia award • http://multimedia.journalism.berkeley.edu/ tutorials/reporting/starttofinish/ • multimedia tutorial
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Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Björn Förster gibt Tipps – damit die Einstellung stimmt
Mehrwert dank ungewohnter Perspektiven Unterwegs mit der Videokamera: worauf es beim Dreh ankommt
Mal eben ein Video drehen? Dass so etwas auf die Schnelle nicht funktioniert, zeigt der Berliner Videojournalist Björn Förster. Er geht in seinem Vortrag zwar auch auf die optimale technische Ausrüstung ein, erklärt aber vor allem, worauf beim Erstellen qualitativ ansprechender Filme geachtet werden muss – abseits von Home-Videos und Youtube-Gewackel. Die Technik macht´s möglich: Während vor zehn Jahren digitale Videokameras noch 12 Kilo gewogen haben, bekommt man die gleiche Leistung heute im kompakten leichten Gehäuse. Doch sollte beim Kauf auf einiges geachtet werden, informiert Björn Förster – beispielsweise darauf, nicht auf die Kameraautomatik angewiesen zu sein. „Manuelle Einstellungen sind im Zweifel immer besser.“ So können Schärfe, Brennweite (Zoom) und Weißabgleich optimal eingestellt werden. Außerdem weist er darauf hin, dass zu guten Bildern auch guter Ton gehört. Und der lässt sich mit Hilfe eines externen Mikrofons, befestigt an einer „Tonangel“, eher erreichen als mit eingebauten Mikros. Aus seiner Sicht außerdem unverzichtbar ist das Kamerastativ: „Das sorgt für ruhige Bilder und man sollte es so oft es geht verwenden.“ So eine komplette Ausrüstung kann schnell bis zu 10.000 Euro kosten: mehr, als viele Verlage zu zahlen bereit sind. Doch die Grundregeln fürs Filmen, die Björn Förster aufzählt, werten auch mit billigen Kameras gedrehte Videos auf. Denn schlechte Bilder können eine gute Geschichte verderben, gibt er zu bedenken. Dazu gehören verwackelte Aufnahmen, weswegen er dringend rät, das Stativ zu wählen oder nach einer
Gelegenheit zu suchen sich abzustützen. Außerdem sollten Bilder immer 7 Sekunden lang stehen gelassen werden, was sich laut Förster günstig im späteren Schnitt bemerkbar macht. Deutlich warnt er vor unnötigen Zooms und Schwenks, die man nur bewusst einsetzen sollte. „Der Sucher ist nicht dazu da, die Bilder zu suchen“, ergänzt der Kameramann, „wenn jemand zoomt, sollte er immer ein klares Anfangs- und Endbild haben.“ Gegenlicht meiden Eine weitere Grundregel lautet, Gegenlicht und überhaupt zu große Lichtunterschiede zu vermeiden. Da ist laut Björn Förster Mut gefragt, die Leute vor der Kamera zu dirigieren, sie in eine günstigere Position zu bringen. Generell regt er an, beim Dreh
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fotografisch zu denken, verschiedene Blickwinkel auszuprobieren und auch mal mit interessanten Nahaufnahmen zu experimentieren. Das Ziel dabei ist, unterschiedliche Bilder zu sammeln, unter anderem dadurch, die Einstellungen zu wechseln. Die wichtigsten Einstellungsgrößen von der (Super-) Totalen bis zur Detailaufnahme demonstriert Förster anhand von Fotos: Die Totale zeigt möglichst viel: „Sie gibt dem Zuschauer erstmal einen Einblick, damit er sich orientieren kann“, erklärt er. Dagegen geht die „Amerikanische Einstellung“ schon näher ran – in Westernfilmen musste immer der Colt zu sehen sein, daher der Name. Die halbnahe Einstellung zeigt die Person bis zur Hüfte, die nahe ab der Schulter aufwärts. „Das ist die klassische O-Ton-Einstellung“, so Björn Förster. Die Großaufnahme und das Detail schließlich kommen im journalistischen Alltag seltener vor: Es entsteht eine intime Distanz zum Gegenüber. Ungewöhnliche Perspektiven Eher ungewöhnliche Bilder versprechen auch Frosch- (von unten) und Vogelperspektive (von oben). Als Richtlinie für gute Bilder beschreibt der Berliner Videojournalist den schon aus der Antike bekannten „Goldenen Schnitt“, bei dem das Bild ideal proportioniert wird und eine Teilung „ein Drittel zu zwei Drittel“ erfährt. Diese Aufteilung empfiehlt Björn Förster auch für klassische Interviewbilder. Dabei sollen die Personen nicht aus dem Bild heraus sprechen, sondern es muss „Raum für deren Sprache geben“, wie sich Förster ausdrückt. Grundsätzlich dürfen Interviewpartner nicht direkt ins Bild gucken. „Das will man nicht, weil die Kamera nur Beobachter des Gesprächs ist.“ Es lässt sich in der Regel vermeiden, wenn der Fragesteller gleich neben der Kamera positioniert wird, so der Tipp des Experten. Durch Kameraposition und Licht lässt sich der Befragte auch optisch vom Hintergrund lösen. „Bei längeren Interviews sollte man die Einstellungsgrößen variieren und wichtige Aussagen mit näheren Aufnahmen unterstreichen“, gibt Förster einen
weiteren Hinweis, der auch beim Schnitt bessere Möglichkeiten eröffnet. Zur inhaltlichen Qualität eines Videos gibt der Kameramann zu bedenken, dass es einen Zusatznutzen gegenüber einem gedruckten Interview geben muss. Und er weist auf eine Eigenheit von Videos hin: „Komplexe Themen sind nicht im Detail darstellbar, die Komplexität wird reduziert.“ Die bildbegleitenden Kommentartexte sind dazu da, zusätzliche Informationen zu vermitteln und nicht dass zu erzählen, was man sowieso schon sieht, sagt Förster – es geht darum, die Aufmerksamkeit zu lenken. Eine weitere Warnung des Experten gilt der „Text-Bild-Schere“: „Man sollte im Kommentar nicht über Dinge reden, die gar nichts mit den Bildern zu tun haben.“ Um Videos mit Musik zu untermalen, rät Björn Förster zur Verwendung von Sounds, die unter einer „Creative Commons“-Lizenz stehen: oftmals angeboten von Bands, die ihre Musik in freier Lizenz anbieten. Auch die Nutzung Gema-freier Musik kommt seiner Erfahrung nach in Frage. Nicht immer muss dazu eine teure CD erworben werden – einzelne Songs sind auch im Web über Musikdatenbanken erwerbbar. Kontakt: Tel.: 0171 5441849 E-Mail: post@bjoernfoerster.de
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UR PERSON
Björn Förster 1977 in Berlin geboren; von 1998 bis 2000 Ausbildung als Mediengestalter Bild und Ton; danach selbstständiger freier Kamera- und Tonmann. Tätig für Industrie, Behörden, Initiativen; Drehs für TV-Produktionen sowie aktuelle Programme der ARD wie „Tagesschau“ und „Tagesthemen“; filmische Veranstaltungsdokumentationen.
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Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Michael Bechtel: Entwicklung von Web-Sprache braucht seine Zeit
Optische Transparenz für hektische User „Multimediale Informationspakete“ als ideale Form von Crossmedia
Die zentrale Botschaft steht gleich am Anfang seines Vortrags: „Was wir brauchen, sind multimedial geschnürte Informationspakete“, betont Michael Bechtel, freier Journalist und Texttrainer. Allerdings beobachtet er derzeit eine „Neigung, das Thema Text zu unterschätzen“. Im Plenum schildert er, warum er eine „spezielle Art der Schreiberei“ für nötig hält und was dazugehört. „Seit Erfindung des Buchdrucks hat sich Sprache immer wieder verändert“, blickt er zunächst in die Vergangenheit der Zeitung, um anschließend gleich nach vorn zu schauen: „Wir werden immer wieder neue Ausdrucksformen entwickeln.“ Die Wege zu einer guten Vermittlung von Inhalten im Netz sind für ihn durch die Printmedien vorgezeichnet: „Vieles können wir schon.“ Lernbedarf sieht Michael Bechtel im Hinblick auf sich ändernde Beziehungen zwischen einzelnen Elementen. So muss nicht immer der Text im Mittelpunkt stehen, sondern er kann auch mal Mittel sein, um ein Video zu featuren und Hintergründe dazu zu liefern. Optische Transparenz fehlt „Die Sprache im Web wird nicht am grünen Tisch entwickelt, sondern in der Praxis – und das braucht seine Zeit“, stellt Bechtel fest. Seinen Beobachtungen nach fehlt Texten zudem häufig die „optische Transparenz“. Doch gerade bei langen Beiträgen benötigt der Leser Hilfestellung. Die erhält er nicht durch die exzessive Nutzung von Hypertext, der in den frühen Jahren der Diskussion über Netzsprache die Hauptrolle zu spielen schien. Der Schreibtrainer hält es für wichtiger, Texte klar zu gliedern, um so das Lesen
am Schirm zu erleichtern: „Durchschnittlich braucht man am Bildschirm 10 bis 25 Prozent mehr Zeit, um einen Text zu erfassen.“ Außerdem bietet der Screen keinen Überblick über einen längeren Text. Unterhalb der Bildschirmkante liegende Inhalte haben laut Bechtel auch deshalb schlechte Chancen gelesen zu werden, weil viele User grundsätzlich nicht scrollen. Als wichtig schildert er zudem, die Psychologie des Internet-Nutzers zu beachten: „User sind hektisch und immer auf der Suche nach Informationen, ein Großteil der Leser befindet sich auf der Durchreise“, so der Schreibtrainer, „wenn sie aber etwas gefunden haben, werden viele zu anspruchsvollen Lesern, die auch umfangreiche Beiträge konsumieren.“ Und dieses Lesen findet durchaus am Bildschirm statt, während
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früher geglaubt wurde, das viele sich die Artikel zunächst ausdrucken würden. Den geschilderten Problemen hält Michael Bechtel fünf Lösungen entgegen: 1. Textökonomie beachten, was in sinnvollem Maß verknappte Texte bedeutet, die sachlich knapp, in jedem Fall aber sprachlich knapp sein sollten. 2. Sprachliche Verständlichkeit, also in Wortschatz und Grammatik der Sprache einer möglichst großen Zahl von Usern angepasst. 3. Medienadäquate formale Textstruktur realisieren, womit kurze, möglichst modular gestaltete Abschnitte mit prägnanten und aussagekräftigen Überschriften gemeint sind. Bechtel: „Man sollte Lesern die Möglichkeit geben, das Angebot zu überblicken und schnell Zugang zu Abschnitten eröffnen, die auf spezielles Interesse stoßen könnten.“ 4. Adäquate grafische Gestaltung, was Text und grafisches Design angeht. 5. Text sollte sinnvoll mit multimedialen Elementen verklammert werden, die Elemente sollten sich strategisch aufeinander beziehen. Sprache optimieren „Texte, die alle diese Forderungen gleichermaßen verwirklichen, gibt es bisher kaum“, tröstet Michael Bechtel. Die Regeln zur Optimierung von Sprache setzt er als bekannt voraus: keine Fremdwörter, klare kurze Sätze, geringe Informationsdichte – was heißt, die Sätze nicht mit Fakten zu überfrachten. Als wichtiges strukturierendes Element hebt er Zwischentitel hervor: nicht solche feuilletonistischer Art, sondern dergestalt, dass sie den Lesern mitteilen, was sie in den nächsten Zeilen erwartet. Die Absätze sollten außerdem kurz sein und mit Leerzeilen voneinander abgesetzt werden. Aufmerksamkeit lenkt Bechtel zudem auf die „Usability“-Strategie der kommerziellen Konkurrenz großer Internetfirmen, bei der es um die Optimierung von Webseiten für leseschwache Benutzer geht. Im Sinne der Usability sollen Webseiten so formuliert werden, dass die Inhalte dem Sprachniveau
der Klassen 6 bis 8 entspricht. In einem empirischen Vergleichstest des „Swiss Usability Centers“ konnte die Leseleistung so um 135 Prozent gesteigert werden – und auch von „Normalnutzern“ bekamen die Angebote Traumnoten für ihre Verständlichkeit. Ergänzend fügt Michael Bechtel hinzu, dass Artikel erst dann wirklich zu Hypertext werden, wenn sie sich durch sinnvolle Links mit ergänzenden Informationstexten verbinden – und durch Verbindungen mit sinnvollen multimedialen Erweiterungen einen Mehrwert liefern. Seine für sprachzentrierte Journalisten provokante Schlussbemerkung: „In multimedialen Informationspaketen muss Sprache keineswegs immer die Hauptrolle spielen, sondern kann sehr wohl hinter Bild, Ton sowie Bewegtbild-Anteile zurücktreten und eine dienende Funktion übernehmen.“ Kontakt: Tel.: 02224 9016836 E-Mail: info@michael-bechtel.de Link zur Studie des Swiss Usability Centers: http://www.usability.ch/Alertbox/ 20050314.htm
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Michael Bechtel Der 1949 geborene freie Journalist betreibt das Redaktionsbüro „QualityNews“ in Bad Honnef bei Bonn. Texter für Unternehmenspublikationen von Firmen wie Aral, Ford und TÜV Rheinland, außerdem für Verbände und Behörden; Schreibtrainings im Auftrag renommierter Seminarveranstalter; langjähriger Dozent im Bereich journalistisches Handwerk.
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Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Verleger Urs Gossweiler und sein Modell der „Mikrozeitung“
„Die Größe haben, klein zu sein“
Die Schweizer „Jungfrau Zeitung“ setzt konsequent auf Lokales
Zwischen grandiosen Bergen an einem herrlichen See liegt der Ort Interlaken in der Schweiz. Und so einmalig wie die Natur mutet auch das Modell der „Jungfrau Zeitung“ an: Sie erscheint rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr online im Internet. Nur zweimal in der Woche gibt´s dagegen die gedruckte Zeitung. Wie das alles funktioniert, berichtet Urs Gossweiler, Verleger und Interims-Chefredakteur des Exoten aus den Bergen. „Sie haben es mit einem sehr konservativen Menschen zu tun“, stellt sich Urs Gossweiler im Plenum vor – augenzwinkernd, wie überhaupt sein Vortrag zeitweise an die Qualität eines Kabarettprogramms heranreicht. Gepaart mit viel Fachkompetenz präsentiert er eine große Portion Selbstironie. So platziert er die Jungfrau Zeitung in einer Reihe mit der „International Herald Tribune“ und dem „Spiegel“: weil alle drei Blätter seiner Auffassung nach die goldene Regel erfolgreichen Zeitungmachens umsetzen, nämlich Publizistik, Werbung und Nutzer perfekt unter einen Hut zu bringen. Die Tribune agiert konsequent global, der Spiegel vorwiegend national und die Jungfrau Zeitung lokal. Dazwischen gibt es für Urs Gossweiler keine überzeugenden Modelle. „Die regionale Tageszeitung mit überregionalem Anspruch und dem Lokalteil im fünften Buch hat keine Zukunft“, zeigt sich der Verleger überzeugt. Sein Credo: „Man muss die Größe haben, klein zu sein.“ Deshalb will er auch ausschließlich im
„Mikrokosmos Jungfrau“ die klare Nummer 1 sein. Aus 29 Gemeinden mit rund 45.000 Einwohnern besteht dieser Mikrokosmos mitten in den Schweizer Alpen. „Vier Gemeinden halten sich für wichtiger, weshalb wir dort auch mit Redaktionen vertreten sind“, beschreibt der 37-Jährige und erklärt gleich die Herkunft des Namens: Die Zeitung wurde nach dem höchsten Berg um Interlaken benannt, der über 4000 Meter hohen „Jungfrau“: „Mit dem Namen fällt man jedenfalls schonmal auf.“ Online an erster Stelle Aber auch mit dem Konzept: „Online ist bei uns das absolut Wichtigste“, hebt Gossweiler hervor, „die Redaktionen sind das ganze Jahr über von 8 bis 20 Uhr besetzt, bei besonderen Ereignissen bis 24 Uhr.“ Wobei ein solches Ereignis auch ein AmateurEishockeyspiel sein kann, das um 23 Uhr abgepfiffen wird und sich schon eine Stunde
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später im Web nacherleben lässt: anhand von Text, Fotos und bewegten Bildern. Urs Gossweiler gibt zu, dass es sich dabei um ein „Extrembeispiel“ handelt: „Dieser Redakteur schafft das, weil er es will und weil er sonst Druck von einigen Kollegen bekommt, die Eishockeyfans sind.“ Eins steht aber für die gesamte Belegschaft fest: Sie pflegt einen permanenten Newsfluss und gibt aktuelle Ereignisse umgehend an die Leser weiter, die nur fürs Abo des gedruckten Blatts zahlen, das ca. 90 Euro pro Jahr kostet. 30.000 Nutzer zählt die Jungfrau Zeitung, davon beziehen 67 Prozent zusätzlich die Printausgabe. Die erscheint in einem Umfang von 32 Seiten jeweils dienstags und freitags, ergänzt um Supplements. „Der Umbruch ist relativ schnell erledigt“, berichtet Urs Gossweiler, „innerhalb von sechs Stunden produziert ein Redakteur 20 Seiten.“ Zeitungmachen ohne Mühe Die Online-Zeitung bereitet dagegen offenbar gar keine Mühe, „die Site fällt einfach hinten raus“, wie sich der Verleger ausdrückt – als „Abfallprodukt des Workflows“. Der sieht so aus, dass sich die Redakteure über einen Browser ins System einloggen, dort die wichtigsten internen Meldungen lesen, sich einen Überblick über Termine verschaffen sowie dort ihre Texte, Fotos und Videos einfügen und per Knopfdruck publizieren. Die 30.000 User lesen aufmerksam und melden auch Fehler. „Wir haben also 30.000 Korrektoren, was die Qualität der Printausgabe noch erhöht“, freut sich Urs Gossweiler, der fortfährt: „Es ist viel einfacher, aus der Online-Version eine Printausgabe zu fertigen als umgekehrt.“ Da die 1875 gegründete Jungfrau Zeitung komplett lokal ausgerichtet ist, hat sie auch keine Nachrichtenagentur abonniert. „Wir produzieren exklusive Stories, alle unsere Ressorts sind lokal bestimmt“, betont der Schweizer. Die wichtigsten oder skurrilsten Meldungen werden zudem ins Englische übersetzt. Selbst der Wetterbericht der Zeitung beschränkt sich auf die engere Heimat. „Wer wissen will, wie das Wetter in Bern
wird, geht eben auf eine andere Website“, bleibt der Verleger gelassen. Motto: „Man muss nicht alles machen, fürs Überregionale gibt es andere Kanäle.“ Auch bei den kommerziellen Angeboten pflegt das Medienhaus seine Strategie „Web first“. Bei der Anzeigen-Schaltung wird kein Unterschied gemacht zwischen Online und Print: „Die Kunden werben in der Jungfrau Zeitung insgesamt.“ Und das Blatt schafft kostenlosen Zusatznutzen, etwa mit dem „virtuellen Friedhof“ im Netz, laut Gossweiler „ein riesiger Knüller: Richtige Grabsteine sind nach 25 Jahren weg, wir bieten 50 Jahre.“ Wer auf den virtuellen Grabstein klickt, findet dahinter sämtliche Anzeigen der Familie und Fotos des Verstorbenen, zusammengefasst in Dossiers. Angesichts von 88 Prozent an zusätzlichen Erlösen in der jüngsten Vergangenheit wundert das Fazit des Verlegers nicht: „Gebt das ganze Geld ins Lokale!“, lautet seine Botschaft, „das Lokalressort wird alles überleben.“ Exklusive lokale Inhalte in kleinen Einheiten, den „Mikrozeitungen“, publizieren und das Internet als Basis aller Tätigkeiten nutzen – so stellt sich Urs Gossweiler die erfolgreiche Zukunft vor. „Sonst kommt Google local und schnappt Euch Eure Anzeigenmärkte weg – da müsst´s aufpassen!“ Kontakt: Tel.: +41 33 952 13 60 E-Mail: urs@mountain.ch
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UR PERSON
Urs Gossweiler 1971 in Unterseen bei Interlaken geboren; Lehre als Schriftsetzer in einer Zeitungsdruckerei; übernimmt nach dem frühen Tod des Vaters 1993 mit 22 Jahren als Verleger die Gossweiler Media AG in vierter Generation. Seit September 2007 auch Chefredakteur für einen Übergangszeitraum bis Mai 2008.
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DISKUSSION Reine Internet-Medien und ihr steiniger Weg zu mehr Bekanntheit
Print-Marken haben´s gut
„Netzeitung“ und „Hauptstadtblog“ suchen ihre Zukunft im Web
Beide sind überzeugte Onliner – und ausgebildete Print-Journalisten: Domenika Ahlrichs, Chefredakteurin der von Berlin aus ins Web gehenden „Netzeitung“, und Günter Bartsch vom „Hauptstadtblog“, ebenfalls Berlin. In der Diskussion sprechen sie über ihre jeweiligen Medien, die Macht einer Marke und die Zukunft der gedruckten Zeitung. „Für uns ist es schwierig, größeren Bekanntheitsgrad zu erlangen“, bekennt Domenika Ahlrichs und blickt auf die Konkurrenz „Spiegel online“, wo die starke Marke nach außen strahlt. Am Namen will die Chefin der Netzeitungsredaktion aber nicht rütteln, obwohl sie sich jetzt an die „Berliner Zeitung“ hängen könnte: Die Netzeitung gehört inzwischen dem britischen Verleger Montgomery – wie auch das renommierte Blatt. Es soll allerdings bei der deutlichen Trennung beider Produkte bleiben. „Mit uns hat Montgomery Netzkompetenz gekauft“, äußert sich die 34-Jährige. Acht fest angestellte Redakteure sollen täglich ihre Rolle als „Vertiefer“ wahrnehmen, Themen gründlich aufarbeiten sowie fürs Netz editieren und so den Lesern Mehrwert bieten. Fürs schnelle Aktuelle sind bei der Netzeitung freie Mitarbeiter zuständig, die in verschiedenen Schichten zwischen 7 und 23 Uhr die Inhalte aktualisieren, hauptsächlich auf der Basis von Agenturmaterial. „Wir gehen im Web anders ran an die Themen“,
betont Domenika Ahlrichs und weist auf die multimedialen Möglichkeiten hin, etwa Youtube-Videos in Beiträge einzubauen. Der Anspruch hat sich mit dem neuen Besitzer nicht gewandelt: „Die Netzeitung will eine Tageszeitung im Netz für ganz Deutschland sein.“ Bloggen im Kollektiv Ausschließlich mit dem Fokus auf Berlin agiert dagegen der „Hauptstadtblog“, gegründet 2005 und mittlerweile zu einem Autorenkollektiv von 20 bis 25 Leuten angewachsen. „Uns geht es vor allem darum, Themen aus den Bezirken zu publizieren“, erklärt Günter Bartsch, einer der Blogger. Denn was in diesen Bezirken geschieht, kommt nach Ansicht der Macher des Blogs viel zu wenig in den etablierten lokalen Zeitungen vor. Trotzdem ist der Hauptstadtblog kein rein journalistisches Angebot. „Jeder schreibt nach Lust und Laune“, berichtet Bartsch, „wir sehen das als unser Freizeitvergnügen und kommen ohne Redaktionssitzungen aus.“ Ein paar feste Rubriken
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gibt es dennoch im Blog, beispielsweise die Presseschau am Morgen: „Die soll ein Anreiz sein, täglich zum Hauptstadtblog zu kommen.“ Die Themenauswahl ist seiner Auskunft nach stark von den verschiedenen Autoren abhängig; teilweise werden Alltagsdinge behandelt, wozu etwa Beobachtungen in der U-Bahn gehören. Andererseits finden Leser auch Bezirkspolitik im Blog oder die Diskussion um die Zukunft des Flughafens Tempelhof. Flapsigere Sprache „Ich schreibe hier oft ein bisschen anders als ein Journalist“, erzählt Bartsch, „bediene mich einer flapsigeren Sprache. Andererseits liefere ich aber auch Texte, die in jeder Tageszeitung stehen könnten.“ Geld bekommt er für seine Beiträge nicht. Stattdessen holt er sich über das Blog eine Art „publizistische Erfüllung“. Die allein reicht Domenika Ahlrichs bei der Netzeitung nicht. Phasenweise kann sich das Medium wirtschaftlich selbst tragen. „Aber im Grunde haben wir schon immer ums Überleben gekämpft“, blickt sie zurück. Obwohl der Etat und das Team viel kleiner sind, vergleicht sich die Netzeitung mit der Konkurrenz von „Spiegel online“. „Manchmal ärgern wir uns, dass der Erfolg ausbleibt, obwohl wir Exklusivität praktizieren“, so die Chefredakteurin, „aber man hat kaum eine Chance, wenn nicht im Netz selbst jemand auf einen hinweist.“ Beispielsweise in dem Fall, dass eine Netzeitungsmeldung bei „Google News“ UR PERSON gut platziert Günter Bartsch landet: „Dann Jahrgang 1979, gelernter steigen bei uns Tageszeitungsredakteur bei die Klickraten „Allgäuer Zeitung/Augsburger deutlich.“ Allgemeine“; Studium der Die „Quote“ Politikwissenschaft an der FU interessiert Berlin; freier Autor für Medien auch Günter wie „Tagesspiegel“, „Freitag“, Bartsch: „Ich „Main-Echo“ und „Hauptstadtschätze diese blog“. Fernseherfahrung durch Möglichkeit Tätigkeit u. a. für „Deutsche sehr, erfahren Welle TV“. zu können, wie
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viele meine Beiträge lesen und was für Kommentare kommen.“ Allerdings sind die Möglichkeiten, den Hauptstadtblog bekannter zu machen, begrenzt. „Das läuft hauptsächlich über die gute Vernetzung zu anderen Blogs“, erklärt Bartsch. Angesprochen auf die Entwicklung, PrintJournalisten auch ins Online-Geschäft einzubeziehen, findet Domenika Ahlrichs klare Worte: „Ich glaube, wenn man Zeitungsjournalisten zusätzliche Aufgaben auflädt, schmälert das die Qualität der PrintAusgabe.“ Und die wird ihrer Einschätzung nach nicht vom Markt verschwinden: „Zeitung muss sich ändern, aber Gedrucktes hat nochmal ein anderes Gewicht als Online.“ Dass sich vor allem Monopolzeitungen wandeln müssen, schätzt Günter Bartsch: „Da wird sich künftig noch manche Regionalzeitung umschauen wenn sie merkt, dass Blogs kommen und die Themen übernehmen.“ Kontakt: Domenika Ahlrichs Tel.: 030 2408880 E-Mail: domenika.ahlrichs@netzeitung.de Günter Bartsch Tel.: 0170 3267581 E-Mail: gueb@guenterbartsch.de
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UR PERSON
Domenika Ahlrichs 1973 geboren; Magister in Amerikanistik und Germanistik; journalistische Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule Berlin; freie journalistische Tätigkeit; seit August 2007 Chefredakteurin der „Netzeitung“; dort zuvor ab Juni 2003 freie Mitarbeiterin, Chefin vom Dienst und Vizechefin.
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REFERAT Raimondo Sanna will Kompetenzen in Sachen Content ausbauen
Die Pflicht zur Veränderung
Ohne Investitionen in den Online-Bereich werden Verlage nicht bestehen
Nicht nur Journalisten, sondern ebenso Verlage müssen auf ein sich veränderndes Mediennutzungsverhalten reagieren, um auch künftig geschäftlich erfolgreich zu sein. Warum aus Sicht der Verlagsleitung eine ökonomische Notwendigkeit für Crossmedia besteht, erläutert Raimondo Sanna, Chef der Munich Online GmbH – einem Tochterunternehmen der Verlagsgruppe Münchner Zeitungsverlag. Mit Besorgnis schaut Raimondo Sanna in die USA: Dort verlieren nach einer aktuellen Umfrage traditionelle Nachrichtenmedien an Relevanz, und 48 Prozent der erwachsenen US-Amerikaner nutzen das Internet inzwischen als primäres Nachrichtenmedium. „Diese Zahlen müssen sich nicht zwingend mit denen in Deutschland spiegeln“, schränkt er ein, „aber vor allem im Bereich Internet war die USA schon oft Vorreiter.“ Immer mehr Online-Shopper Schon jetzt boomt auch in Deutschland die Online-Nutzung, führt der 42-Jährige aus, vor allem beeinflusst sie nachhaltig das Einkaufsverhalten vieler Konsumenten. Sanna illustriert die Entwicklung mit Zahlen: 2007 wurden 18,3 Milliarden Euro durch Online-Verkäufe erzielt, für 2008 sind 20 Milliarden prognostiziert. Der Anteil der Online-Shopper unter den Web-Usern lag 2007 bei fast 80 Prozent, was mehr als 32 Millionen Menschen entspricht. „Die Tageszeitungsverlage haben es mittlerweile mit völlig neuen Playern am Werbemarkt zu tun und konkurrieren mit verlagsunabhängigen Internetplattformen“, schildert der Geschäftsführer die Lage. Mussten sich die Verlage
früher nur mit Konkurrenten aus der eigenen Branche befassen, haben sie es heute mit Unternehmen wie T-Online, Web.de und Yahoo zu tun, wenn´s um die Werbeetats geht. Zwar wächst Online-Werbung in atemberaubendem Tempo und für 2008 wird mit einer Steigerung der Umsätze um 30 Prozent gerechnet, informiert Raimondo Sanna, aber: „Das Geld wird von der Werbebranche nicht zusätzlich investiert, sondern möglicherweise verlagert und von bisherigen Werbemöglichkeiten umgeschichtet.“ Um nicht noch einmal ein Desaster zu erleben wie den Verlust der Rubrikenmärkte ans Internet, sind die Verlage nun gezwungen, sich Online zu engagieren. Die Tageszeitungen bilden mit einem Umsatz von 4,5 Milliarden Euro 2006 nach wie vor den mit
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Abstand größten Werbeträger, was Sanna aber nicht in Sicherheit wiegt: „Die prognostizierten Online-Umsätze für 2008 von 3,7 Milliarden Euro kommen den Printumsätzen gefährlich näher.“ Um inhaltlich einen erfolgreichen crossmedialen Kurs einzuschlagen, sieht der Manager ein personelles Problem: „Redaktionell gibt es bei vielen Regionalverlagen nach wie vor die Schwierigkeit, dass die Redaktionen in Print denken und Online als Konkurrenz sehen – obwohl die Gegner im Netz die Googles und tageszeitungsfremden Anbieter sind.“ Ein Umdenken beobachtet er zumindest bei der Volontärsausbildung; vor einem Jahr galt die Online-Abteilung noch als eher lästige Pflichtstation. „Mittlerweile sind die Volontäre als Kommunikatoren für die Lokalredaktionen unterwegs und werben für unsere Arbeit“, freut sich Sanna. VJs als Werbefilmer Außerdem sind vier Volontäre als Videoreporter ausgebildet und 30.000 Euro für entsprechendes Equipment investiert worden. Ein Teil des Geldes haben die „VJs“ selbst wieder eingespielt: mit Werbefilmen über Autohäuser und Bürgermeister-Kandidaten. „Wir trennen da sehr genau, so dass für die Nutzer immer zu erkennen ist, wann es sich um Werbung oder redaktionelle Inhalte handelt“, betont Raimondo Sanna, der das Vorgehen des Verlags in Richtung auf „Online first“ bei „Münchner Merkur“ und „tz“ beschreibt. So wurden 2007 zwei Redaktionen ausgewählt, um die neue Strategie umzusetzen – laut Online-Chef erfolgreich: „Sie haben uns als Multiplikatoren geholfen, das Thema auch in andere Redaktionen zu transportieren.“ Doch insgesamt bedeutet der Prozess einen steinigen Weg: „Vor allem stoßen wir noch bei den freien Fotografen auf absolutes Unverständnis, die Bilder auch im Online-Auftritt zu veröffentlichen.“ Auch den Versuch, die festen Fotografen als VJs einzusetzen, bezeichnet Raimondo Sanna als gescheitert. „Die haben gesagt: Entweder ich mache Fotos oder ich filme. Beides
zusammen geht nicht.“ Sanna spricht von der Notwendigkeit, in den Sektor zu investieren. „Aber Fehler aus den 90ern werden schon wieder begangen, beispielsweise wird viel zu spät Geld in die Hand genommen, um den Online-Bereich auszubauen“, kritisiert er, „und es ist ein Fehler, von Print-Journalisten zu verlangen, ohne Schulungen Internet zu machen.“ Viel Zeit zu reagieren gibt er den Verlagen nicht mehr: „Die ökonomische Notwendigkeit von Crossmedialität wird auf Grund der Umsatzverlagerungen immer größer und dringender.“ Für ihn steht daher fest, „dass wir unsere Kompetenz in den Bereichen Content ausbauen, egal ob online oder offline, egal ob Bild oder Bewegtbild“. Kontakt: Tel.: 089 5306-128 E-Mail: raimondo.sanna@merkur-online.de
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Raimondo Sanna Der 42-jährige gelernte Verlagskaufmann begann seine berufliche Karriere bei der „Mittelbayerischen Zeitung“ in Regensburg; entwickelte als Assistent der Geschäftsführung (1994-96) den ersten deutschen Verlags-InternetAuftritt; 1996 beim Süddeutschen Verlag, München, Anzeigenleitung Privat-Rubriken und verantwortlich für Anzeigen auf sueddeutsche.de; 2001 Wechsel zur Verlagsgruppe Münchner Zeitungsverlag; Geschäftsführer der Tochter Munich Online GmbH; verantwortet alle Internet-Portale der Verlagsgruppe.
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Clemens Helldörfer betreut regionalen Wissenspool
Leser in der Rolle von Experten Das „Franken-Wiki“ als interaktives Angebot für Überzeugungstäter
Während andere Verlage mit einer Vielzahl crossmedialer Möglichkeiten experimentieren, beschränkt sich die „Nürnberger Zeitung“ auf die Web-2.0-Formate Blogs und Wikis. Vor allem das „FrankenWiki“ steht im Blickpunkt der Aufmerksamkeit. Redakteur Clemens Helldörfer stellt das Angebot vor und gibt Einblicke in die Welt der Wikis. Ursprünglich sollten Wikis helfen, die Software-Entwicklung zu vereinfachen: Programmierer konnten sich schnell untereinander verständigen und Wissen weitergeben. Es dauerte allerdings bis 2001, als sich erstmals die Idee durchsetzte, das WikiPrinzip auf eine Enzyklopädie anzuwenden. Mittlerweile kennt wohl jeder Web-Nutzer Wikipedia, das in mehr als 100 Sprachen erscheint. Clemens Helldörfer zeichnet kurz die Erfolgsgeschichte der Wikis nach, bevor er auf „sein Kind“ zu sprechen kommt: das „Franken-Wiki“ der Nürnberger Zeitung. Gestartet im November 2007, bietet es inzwischen etwa 1000 Artikel, verzeichnet 175 registrierte User und 175.000 Seitenaufrufe. Als „Geburtshelfer“ mussten allerdings die 60 Redakteure der verschiedenen Ressorts ersten Input beisteuern: Jeder sollte möglichst zehn Beiträge liefern. „Wenn man ein Wiki startet und die Leute treffen auf zu viele leere Seiten, verabschieden sie sich schnell wieder“, erklärt Helldörfer das Vorgehen. Dazu gehört auch die Suche nach Partnern. Angesprochen wurden beispielsweise die Stadtarchive im Verbreitungsgebiet, deren bereits online publizierte Artikel zu historischen Themen ins Wiki übernommen werden durften. Auch die Verkehrsvereine und die Touristik-Zentrale fütterten das
Angebot, in dem darüber hinaus die online erschienenen Artikel der Zeitung nachlesbar sind – „und von den Nutzern zwar nicht verändert, aber durch eigene Beiträge ergänzt werden können“, wie der Hauptadministrator Clemens Helldörfer ergänzt. Fränkisches Mundartwörterbuch Erfolgreicher Bestandteil des Franken-Wikis ist das Mundartwörterbuch, in dem Begriffe aus dem Fränkischen erklärt werden. Zudem sind Serien aus der Zeitung eingestellt worden, etwa zur Nürnberger Architektur der Nachkriegszeit. Eine Reihe über die Personen hinter Nürnberger Straßennamen hat das Franken-Wiki mit Luftbildaufnahmen illustriert, die via „Google Maps“ eingebunden wurden. Wenn ein Nutzer die Artikel allerdings auf seiner persönlichen Homepage veröffentlichen will, reagiert der Verlag
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restriktiv. „Eine Verlinkung ist aber gestattet“, merkt Helldörfer an. Seine persönliche Wiki-Erfolgsgeschichte war der Artikel über das Eisbärbaby „Flocke“, der schnell zu den beliebtesten Beiträgen gehörte. Rund vier Monate benötigte das Team der Nürnberger Zeitung bis zur Realisierung des Franken-Wikis. Am Anfang schlug Clemens Helldörfer auch Skepsis solcher Art entgegen: „Es gibt doch schon Wikipedia, wozu wollt Ihr das Rad nochmal neu erfinden?“ Derartige Einwände kontert der Redakteur mit dem Hinweis, dass mit dem eigenen Wiki eine höhere Spezialisierung möglich und nicht auf enzyklopädische Inhalte beschränkt ist. „Mit dem Dialekt-Wörterbuch wären wir bei Wikipedia gar nicht untergekommen“, nennt er ein Beispiel. Wichtig fürs Image Außerdem bildet das Wiki auch ein „virtuelles Zeitungsarchiv“ als Leserservice. Nicht zuletzt hält Clemens Helldörfer das Angebot aus Image-Gründen für wichtig: „Wir können über das Wiki auch bei den Jüngeren auf uns aufmerksam machen und zusätzliche Kontakte herstellen, beispielsweise zu den Vereinen in der Region.“ Und auch die Rolle als Themen-Quelle für die gedruckte Zeitung hält der Redakteur für beachtenswert. Insofern mag er die Einrichtung eines eigenen Wikis nur empfehlen. Die technischen Voraussetzungen sind gering, die nötige Software wie etwa das verbreitete „MediaWiki“ ist einfach zu bedienen. Zur Demonstration präsentiert Helldörfer ein kleines privates Wiki: „Zum Testen kann man mit der Software auf jedem PC experimentieren.“ Wer ein solches Angebot startet, muss aber vor allem eins beachten: „Ganz wichtig ist der neutrale Standpunkt eines Autors, der Beiträge liefert“, so der Hauptadministrator, „ein Wiki ist kein Forum.“ Und es bereitet eine Menge Arbeit, vor allem zu Beginn, wenn Inhalte her müssen. „Es gilt, den Punkt zu erreichen, dass die meisten Themen von außen kommen“, erläutert er. Später geht es besonders darum, die Wiki-Beiträge zu überwachen und zu
pflegen sowie auf Urheberrechte an Bildern und Beiträgen zu achten. „Man muss schon mit Überzeugung dahinterstehen“, unterstreicht Clemens Helldörfer, „weil ja immer Neues eingestellt werden kann. Da bleibt es nicht aus, auch mal am Wochenende oder im Urlaub reinzuschauen.“ Und das alles, obwohl mit Wikis kein Geld verdient werden darf – jedenfalls nicht, ohne sich dadurch unglaubwürdig zu machen. Mit Blick auf ähnliche Angebote in anderen Städten ist er optimistisch, dass auch das Franken-Wiki erfolgreich wird. „Wir sind ja noch jung“, sagt der NZ-Redakteur, der mit Spannung auf neue Kooperationen blickt: In Kürze steht eine Zusammenarbeit zwischen Franken-Wiki und Nürnberger Volkshochschule an – gemeinsam wollen sie Wiki-Seminare anbieten und so zur aktiven Mitarbeit an dem regionalen Wissenspool anregen. Kontakt: Tel.: 0177 7050707 E-Mail: clemens.helldoerfer@pressenetz.de
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UR PERSON
Clemens Helldörfer Geboren 1961 in Fürth; Studium der Theaterwissenschaft, Soziologie und Deutschen Literaturgeschichte in Erlangen; Volontariat und Redakteur bei der „Fränkischen Landeszeitung“, Ansbach; seit 1992 Redakteur bei der „Nürnberger Zeitung“, zunächst Lokalredaktion, dann in der Stadtbeilage „Nürnberg plus“; Aufbau und Betreuung des FrankenWikis seit Herbst 2007.
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Jan Steeger stellt Best-Practice-Beispiele aus der „drehscheibe“ vor
Crossmedia auf allen Kanälen
Gute Ideen: Lokal- und Regionalzeitungen verzahnen Altes mit Neuem
Von Jan Steeger Die drehscheibe war ein Papiertiger. Seit 25 Jahren stellt das von der bpb herausgegebene Magazin für Lokalredaktionen die besten Ideen und beispielhafte Artikel aus den Lokalteilen der deutschsprachigen Zeitungen vor. Auf Papier, in Form eines gedruckten Hefts und Ideenlisten, die lange Zeit per Post in die Redaktionen verschickt wurden. Doch in dem Maße, in dem die Tageszeitungen auf Online-Inhalte setzen und ihren Nutzern Angebote auf anderen Kanälen offerieren, wandelt sich auch die drehscheibe. Die Ideenlisten stehen jetzt im Netz zum Download bereit. Auf www.drehscheibe.org gibt es auch das Archiv, in dem mehr als 7.500 Artikel, die in der drehscheibe vorgestellt worden sind, als PDF-Dokumente herunter geladen werden können. Nicht zu vergessen der Online-Redaktionskalender mit den Umsetzungstipps. Ein Termin aus dem Kalender wird zudem jeden Tag neu auf der Startseite vorgestellt. Sogar „online-only“-content bietet die drehscheibe an: Exklusiv-Interviews mit Journalisten und Medienmacher finden sich auf dem Seiten der drehscheibe und der jugenddrehscheibe, dem Blog mit den besten Ideen aus Jugendredaktionen auf www.jugenddrehscheibe.de. Als Pilotprojekt startete außerdem zu diesem Seminar das drehscheibeblog, über das sich alle an den Diskussionen beteiligen können, die nicht als Teilnehmer oder Referent vor Ort sein können. Der Papiertiger drehscheibe hat sich also nicht nur zum crossmedialen Angebot für Lokalredaktionen entwickelt, auch die crossmediale Entwicklung in den Redaktionen selbst nimmt einen prominenten Platz im Magazin ein. Das inzwischen zum Regio-
Wiki erweiterte Kassel-Lexikon der HNA war – lange bevor andere darauf aufmerksam wurden – ebenso in der drehscheibe vertreten wie das Videoblog von Uwe Ralf Heer, dem Chefredakteur der Heilbronner Stimme. Beiträge über Online-Lokalzeitungen wie 16vor.de und crossmediale Jugendportale wie fudder.de von der Badischen Zeitung und jetzt.de von der Süddeutschen gehören ebenfalls seit Langem zum Themenspektrum der drehscheibe. Bocholter Kanäle Die Ausgabe März 2008 widmet sich speziell den crossmedialen Projekten von Lokal- und Regionalzeitungen. Ein spannendes Beispiel bietet dabei das Bocholter-Borkener Volksblatt (BBV), das seit einem Jahr das Programm „BBV – immer und überall“ umsetzt: Die lokale Nachricht wird über ein Newsdesk an die verschiedenen Kanäle
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angepasst. Tägliches Web-TV, Kurzmeldungen und Fotostrecken auf der Webseite sowie die Hintergrundgeschichte im Blatt. Die Lokalzeitung mit einer Auflage von rund 24.000 Exemplaren leistet sich daneben noch mit „dieQ“ eine Internet-Community, die sich an jüngere Nutzer wendet. Sämtliche Redakteure, Fotografen und freien Mitarbeiter des BBV wurden im Umgang mit der Kamera geschult und zusätzlich Mediengestalter für Video und Ton eingestellt. Ein Resultat dieser konsequent crossmedialen Ausrichtung ist die Serie „Jugend in Bewegung – die 60er“, die im Januar und Februar 2008 in acht ganzseitigen Teilen im Blatt lief und durch eine Vielzahl von Web-Angeboten ergänzt worden ist: Bildershows, Video-Interviews mit Zeitzeugen, Mp3-Dateien von Songs lokaler Bands aus den Sechzigern und Amateurfilmen aus dieser Zeit. Leser senden mehr als 200 Fotos ein, die online gestellt werden. Ein Diskussionsforum im Netz findet regen Zulauf. Die Serie wird daraufhin im Blatt um drei Folgen mit Leserbeiträgen erweitert. Service per SMS Die Verzahnung von verschiedenen Kanälen demonstriert auch auf exemplarische Weise der SMS-Dienst „zelection“, den die Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung (SZ/BZ) seit Januar 2008 anbietet. Die Idee hinter dieser White-Label-Plattform von der Stuttgarter zelect GmbH ist so einfach wie überzeugend: Die registrierten Nutzer des Dienstes geben Themen an, die sie spannend finden, und werden am Vortag per SMS informiert, sobald ein für sie interessanter Beitrag in der Zeitung erscheint. Wenn sie auf diese SMS mit „OK“ antworten, wird ihnen automatisch am nächsten Tag die Zeitung zugestellt oder eine personalisierte PDF-Zeitung per E-Mail geschickt. Das Modell suchen sich die Nutzer selbst aus. Bezahlen müssen sie nur das versendete PDF oder die zugestellte Zeitung – der SMS-Service ist kostenfrei. Dadurch, dass die „zelect“-Plattform mit dem Redaktions- und dem Vertriebssystem der Zeitung
verknüpft werden, läuft der Service vollautomatisch und den Redaktionen entsteht bis auf das Verschlagworten der Artikel kein zusätzlicher Aufwand. Dafür erhalten sie aber Rückmeldung, welche Themen nachgefragt sind, auch wenn es sich bei den Nutzern des Dienstes nicht um die Kernleserschaft handelt. Im Hinblick auf die Podcast-Angebote bei Lokal- und Regionalzeitungen sind die Podcast-Serien des Göttinger Tageblatts hervorzuheben. Mit durchschnittlich 1.000 Abrufen pro Tag – bei Aktualisierungen sogar bis zu 2.500 – werden die Hörangebote von den Nutzern sehr gut angenommen. Wöchentlich gibt es einen neuen Podcast, den die GT-Redakteure im eigens eingerichteten Aufnahmeraum erstellen. Inhaltliche Vorgaben gibt es nicht. Momentan laufen bei www.gt-podcast.de fünf Serien, unter anderem ein Mundart-Podcast und ein moderiertes Stammtischgespräch. Kontakt: Tel.: 030 695665-24 E-Mail: steeger@raufeld.de
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Katja Riefler rät Journalisten, die Angst vorm Publikum abzulegen
Von „Hyperlocal“ bis zum „Evergreen“ Medien www: weit weit weg – Lokaljournalismus in den USA
Immer wieder zeichnen sich in den USA Trends ab, die mit Zeitverzögerung auch Europa treffen. Wie sich crossmediale Modelle im US-amerikanischen Zeitungsmarkt derzeit entwickeln, schildert die Medienberaterin Katja Riefler im Interview. Wie stellt sich die Situation des Lokaljournalismus in den USA derzeit dar? Riefler: Zeitungen in den USA leiden unter kontinuierlichem Auflagenschwund – gemessen an dem Teil der Bevölkerung, der noch mit der gedruckten Regionalzeitung erreicht wird, ist die Situation schon wesentlich dramatischer als bei uns. Durch ein kontinuierliches Engagement im Internet können die Zeitungen jedoch seit zwei Jahren wieder auf steigende Gesamtreichweiten verweisen, das heißt die Zahl der Menschen, die entweder die gedruckte Zeitung, das Online-Angebot oder beides nutzen, steigt. Dennoch stehen die Zeitungen aufgrund der Auflagenverluste und eines kontinuierlichen Anzeigenrückgangs enorm unter Druck. In vielen Redaktionen gibt es Entlassungen. Es gibt aber auch und gerade bei lokalen Zeitungen herausragende Beispiele für erfolgreiche Angebote – in gedruckter Form und/oder als Websites. Mit welchen Formaten wird experimentiert? Es wird mit sehr sehr vielen Formaten experimentiert und es sind nicht selten gerade kleinere Häuser, die innovative Ideen vorantreiben und mit relativ geringen Investitionen vergleichsweise große Wirkung erzielen. Das ist auch kein Wunder. Ein mit live-Video-Übertragungsmöglichkeit
ausgestatteter Motorroller oder Kleinwagen erregt natürlich in einer Kleinstadt größere Aufmerksamkeit als im Gewimmel einer Metropole, ganz abgesehen davon, dass die Konkurrenz um Exklusivberichte aus einer kleinen Region geringer ist als bei Großereignissen, wobei für die Menschen, die dort leben, beides gleich wichtig sein kann. Es gibt also Podcasts, Vodcasts, lokale Musikszene mit Titel-Downlaod etc. sogar eher auf den Angeboten kleinerer Verlage. Auf welchen Wegen werden die lokalen Inhalte in den Online-Zeitungen transportiert? Wo liegt der Schwerpunkt? Der Schwerpunkt im Nachrichtenteil liegt bei US-Zeitungen auf Text und Bild, ergänzt um Videos und zum Teil auch von Podcasts. Die Masse der Angebote ist ganz vergleichbar wie bei uns. Fast überall gibt es Blogs, nicht überall allerdings mit großem Erfolg. Der Umgang und die Mitwirkungsmöglichkeiten des Publikums haben jedoch bei erfolgreichen Angeboten ein anderes Gewicht und auch die Aktualität. US-Zeitungen vermitteln ihren Usern, dass sie auf der Website aktuelle Informationen finden, wann immer in der Region etwas
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wichtiges geschieht. Und zwar sehr sehr zeitnah. Wichtig zu wissen ist allerdings auch, dass man sich ein erfolgreiches lokales Onlineangebot einer US-Zeitung nicht nur als klassisches Nachrichtenportal vorstellen darf. Immer wichtiger wird “Evergreen”-Inhalt, der über eine längere Zeit aktuell bleibt.
gibt. Wichtig ist allerdings, auf die Bedürfnisse der User zu hören. Die Bakersfield Californian beispielsweise wollte ursprünglich mit “Baktopia” eine lokale Kleinanzeigenbörse starten. Die Menschen wollten sie aber als Informationsplattform über lokale Musik nutzen – heute finden sich dort Bandporträts und vieles mehr.
Wie sieht die Erlössituation aus – wird mit Online in den USA Geld verdient?
Was sind die interessantesten lokalen Entwicklungen? Welche davon sind auch in Deutschland denkbar?
Ja. Schon 2004 waren 90 Prozent aller Zeitungs-Websites profitabel, heute sind sie in der Regel bedeutende und hochprofitable Unternehmensteile. US-Zeitungen generieren im Durchschnitt online 4 bis 8 Prozent der Umsätze aber 10 bis 15 Prozent der Unternehmensgewinne. Online ist also wesentlich profitabler. Einige erwarten, dass schon 2010 die Erlöse aus Online mit den Anzeigeneinnahmen der bezahlten Tageszeitung gleichziehen könnten.
“Hyperlocal” ist ein großer Trend in den USA – da geht es wirklich um Informationen aller Art aus dem lokalen Lebensumfeld. Die Menschen sollen wirklich eine einzige Anlaufstelle für alles Wichtige erhalten. Daneben ist aber auch klar, dass Menschen in speziellen Situationen ganz spezifische Interessenschwerpunkte haben. So gründen zum Beispiel immer mehr US-Zeitungen lokale Informationsangebote zu Spezialthemen, wie zum Beispiel Mütter mit kleinen Läuft es auf : “Video killed the Kindern. Die können sich dann wieder über newspaper star” hinaus? Werden dieses Angebot miteinander venetzen – das lokale Communities wichtiger als wird auch in Deutschland bereits probiert, Lokaljournalismus? denken Sie beispielsweise an UR PERSON netmoms in Köln. Ganz generell Katja Riefler Oops, sind Freunde wichtiger ist wichtig, dass Journalisten Die Medienberaterin wurde als Information? Das kann ihre Angst vor ihrem Publikum 1963 in Stuttgart geboren; man so nicht unmittelbar ablegen müssen. Die Leser oder 1985-87 Redakteurin/ vergleichen. Communities User eines Internetangebots Reporterin bei der „Allgäuer und soziale Netzwerke wollen in der Regel weder den Zeitung“; Politikstudium in sind in erster Linie ein Job des Journalisten noch München und Studium „Jourinnovativer und interessanter ihn fertig machen. Sie wollen, nalistenweiterbildung in Berlin; Weg, seine Privatkontakte dass die richtige Story mit den Aufbau und Projektleitung zu organisieren. Lokale wichtigen Aspekten veröffentlicht der „mbt online KG“ von 1996 Communities können extrem wird – und deshalb liegt ihnen in bis 99; danach Gründung wichtig werden, wenn sie der Regel viel daran, die Story von „RISolutions“; Beratung entsprechend organisiert besser zu machen. von Verlagen, Verlagsgrupsind und Lokaljournalismus pen und Verbänden bei der kann darin eine Rolle spielen. Kontakt: Neukonzeption ihrer OnlineAlternativ können sie ganz Tel.: 089 62146044 Projekte und der Optimierung ohne Lokaljournalismus E-Mail: info@risolutions.de bestehender Auftritte; Hilfe bei existieren, wie es ja jetzt strategischer Planung sowie schon ein Vereinsleben herstellerunabhängige Techund anderes mehr jenseits nikberatung. des Lokaljournalismus
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Axel Bürger gibt sein Wissen als angehender NLP-Trainer weiter
Menschlichem Verhalten auf der Spur Neurolinguistisches Programmieren in der beruflichen Kommunikation
von Axel Bürger Das NeuroLinguistische Programmieren (NLP) gilt als Konzept für Kommunikation und Veränderung, das heute ganz besonders von den Menschen nachgefragt und genutzt wird, die beruflich mit Kommunikation zu tun haben. NLP wird definiert als die Struktur der subjektiven Erfahrung. NLP untersucht die Muster, die durch die Interaktion zwischen dem Gehirn (Neuro), der Sprache und dem Körper kreiert werden und die sowohl effektives als auch ineffektives Verhalten produzieren können. Die Fertigkeiten und Techniken des NLP entstanden durch Beobachtung der Muster im exzellenten Tun von Experten aus diversen Bereichen professioneller Kommunikation (in den USA). Eine NLP-Grundannahme: Menschen reagieren auf ihre subjektive Abbildung der Wirklichkeit und nicht auf die äußere Realität. Die Wahrnehmung spielt immer eine zentrale Rolle bei allen NLP-Übungen und der Theorie:
Sehen, Hören, Fühlen, Riechen, Schmecken. Kontakt: Tel.: 05231 911151 E-Mail: ABuerger@lz-online.de www.dvnlp.de
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UR PERSON
Axel Bürger Der 44-Jährige startete seine berufliche Karriere als Sportredakteur bei der „Lippischen Landeszeitung“ in Detmold; weitere Stationen dort: Chef vom Dienst und von 1997 bis 2007 Lokalchef; seit Juni 2007 als Projektmanager der LZ tätig.
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ARBEITSGRUPPEN-BERICHTE Arbeitsgruppe 1
Ein Redakteur kann alles Brauchen wir Spezialisten oder Eier legende Wollmilchsäue?
Das Berufsbild wird sich wandeln, aber Alleskönner wollen wir nur in „bescheidenem Maße“ sein. Bestimmte technische Aufgaben können und sollten nur Spezialisten übernehmen. Wir sind überzeugt, dass wir vor Crossmedia zunächst unsere Print-Kompetenz aufwerten müssen (nachrichtenbestimmtes Schreiben, effiziente Organisation, Motivation auch älterer Kollegen). Online-Arbeit darf Print-Produkt nicht verschlechtern! Crossmediales Arbeiten heißt auch, dass wir die Vorzüge und Stärken des Printproduktes herausstellen. Bestandsaufnahme – so sieht es in unseren Redaktionen heute aus:
Die Kommunikation zwischen einfachen Redakteuren und Chefredaktion/Verlagsleitung lässt zu wünschen übrig: Neues wird „von oben“ angeordnet und lässt wenig System erkennen. Unsere Vorstellung einer idealen Crossmedia-Lokalredaktion:
Viele Kollegen scheuen vor noch mehr Aufgaben zurück, wollen nicht auch noch mit der Filmkamera herumrennen.
Vorabbemerkung: Die Arbeit muss Spaß machen! Mehr Motivation durch Führungsebene, Kollegen sollten Neues nicht von vorne herein ablehnen. Je mehr ich neue Medien beherrsche, desto mehr Spaß habe ich.
Qualität leidet heute schon unter schlecht aufbereiteten Themen im Printprodukt.
1. Es gibt ein benutzerfreundliches Crossmedia-Redaktionssystem.
Viel Ideen versacken oder werden nur halbherzig angegangen.
2. Abgestimmtes Print-Online-Angebot (Onliner sitzen mit in der Redaktion).
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3. Wir stellen verbindliche Relevanzkriterien auf, auch hinsichtlich der Umsetzung crossmedialer Themen. 4. Tägliche und wöchentliche gemeinsame Themenplanung, d. h. Themen und Termine, die sich frühzeitig ankündigen, crossmedial vorbereiten. 5. Kurze Online-Meldungen werden von den Printkollegen sofort gemacht. 6. Offensiven Umgang mit Filmen, aber zweigleisiges Arbeiten mit unterschiedlichen Qualitäten: von Spezialisten gut gemachte, geplante Videos und „Draufhaltefilme“ auch von Printkollegen, z. B. bei Notfällen (Brände, Unfall etc.). 7. Fördern und fordern: Schulung ist wichtig, alle Kollegen müssen auf einem Wissensstand sein. Kollegen die Angst nehmen. Talente und Spezialisierung fördern, Aufgaben nach Stärken ausrichten. Es muss auch erlaubt sein, eine (technisch anspruchsvolle) Idee zu äußern, ohne diese auch sofort selbst umsetzen zu müssen. 8. Je kleiner die Redaktion, desto enger die Grenze für aufwändige Geschichten. Kleine Redaktionen müssen in Diskussionen einbezogen werden und Unterstützung durch Online-Kollegen bekommen.
aktion mit den Nutzern und Fortsetzung von Geschichten sicher („Rückkanal“ beachten). Hier sehen wir Bedarf für Aus- und Weiterbildung: 1. Journalistisches Handwerk (Print): Glossen schreiben, seltenere Stilformen besser beherrschen, nachrichtlich kompakt fürs Internet schreiben. 2. Neue crossmediale Techniken: Foto/Filmschulung, Newsdesk-Organisation, Einblicke in Schnitt-Technik/Studiotechnik/ Onlinetechnik. Praktika bei anderen Medien (TV, Radio, Online). 3. Rhetorik, Moderation, selbstsicheres Auftreten. 4. In Arbeitsweise flexibler werden, neuen Medien konstruktiv gegenüberstehen. 5. Nicht nur „online first“ machen, sondern dieses auch denken! Spaß am Internet entwickeln. 6. Qualitätsstandards erstellen, Organisation auf crossmediales Arbeiten umstellen. 7. Nachwuchs (auch freie Mitarbeiter) finden, die crossmedial arbeiten können oder zumindest dafür aufgeschlossen sind.
9. Wenn etwas mit Bordmitteln nicht zu schaffen ist, muss über externe Lösungen nachgedacht werden (Aufträge an freie Spezialisten). 10. Es gibt eine konsequente Redaktionsleitung, die sich um die nachhaltige Realisierung der crossmedialen Ziele kümmert.
Teilnehmer: Klaus Alschner, Claudia Bioly, Volker Fuchs, Holger Jansing, Isabel Klotz, Jörg Lotze, Nico Rading, Thomas Roth, Antje Wegwerth Leitung: Uwe Röndigs
11. „Platzhirsch-Denken“ hat in der crossmedialen Redaktion nichts zu suchen. Es gibt eine offene Diskussionskultur. 12. Newsdesk: Dieser steuert die Bearbeitung crossmedialer Themen und stellt Inter-
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Arbeitsgruppe 2
Eine Nachricht, viele Wege Wie organisiert sich eine Multimedia-Redaktion?
Crossmedialer Journalismus: Möglichkeiten -
Videos Bildergalerie oder Slideshow Live-Ticker Hintergrund- und ServiceInformationen Interaktive Karten Podcast Forum Kommentarfunktion User-Bilder Gewinnspiele TED und Votings Blog Archiv Nachrichtendienste Dossiers Querverweise
= Der Journalist erhält die Chance, multimediale Pakete zu schnüren und jeden Kanal optimal zu nutzen. Die Zeitung als Marke wird aktueller, vielfältiger, emotionaler und interaktiver. Neue Zielgruppen werden erreicht. Probleme Personal - fehlende Motivation - fehlende Online-Kompetenz (filmen, schneiden, sprechen) - Überlastung - Fehlendes Fachpersonal (Cutter, Video-Journalisten) - derzeit kein Denken in Kanälen Organisation - permanenter Schulungsbedarf - fehlende Organisationseinheit (Newsdesk) - gewohnte Arbeitsabläufe passen nicht mehr
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Zeit
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gestiegener zeitlicher Aufwand (Bsp: 1 Minute Film = 1 Arbeitsstunde)
Lösungen Die Lösungsansätze sind abhängig vom Qualitätsanspruch. Ohne Investition wird die Qualität der Beiträge in der Zeitung sinken und im Internet keinen angemessenen Standard erreichen. Am Beispiel eines normalen Arbeitstages in einer Lokalredaktion mit drei festen Redakteuren, zwei freien Mitarbeitern und einem freien Fotografen (täglich werden vier lokale Seiten produziert), die zusätzlich täglich ein Video, Bildergalerien, Breaking News etc. liefern soll, wird deutlich, dass dies mit den vorhandenen Ressourcen nicht zu leisten ist. Variante 1 Entweder wird die Organisation des Lokalteils an den zentralen Newsdesk im Haupthaus ausgelagert. Dort könnten drei Desk-Redakteure fünf Lokalausgaben organsieren: Layout, Mails checken, Themen vergeben, Breaking News, freie Mitarbeiter einsetzen etc. Die Lokaljournalisten fungieren als Reporter, die sowohl das Printprodukt als auch Online bedienen. Dazu müssen sie entsprechend geschult und ausgestattet werden.
Variante 3 Oder mehrere Videojournalisten werden im Haupthaus eingesetzt und müssen von dort aus alle Lokalredaktionen bedienen. Allgemeine Bedingungen: - Newsdesk - Arbeiten im Schichtsystem (von 7 bis 23 Uhr) - Optimierte Kommunikation - Gute technische Ausstattung, die leicht handhabbar ist - Permanente Schulung - Motivation der Mitarbeiter
Teilnehmer: Matthias Alfringhaus, Beate Gralla, Birgit Helmers, Jens Kampferbeck, Thorsten Konkel, Thomas Pusch, Timo Sager, Jürgen Scholz, Silke Schuck, Frank Zabel Leitung: Katja Dartsch
Variante 2 Oder es wird ein zusätzlicher VideoJournalist mit Video-Ausrüstung in jeder Lokalredaktion eingesetzt, der die komplette Video-Produktion übernimmt. Nichtsdestotrotz müssen alle Redakteure im Umgang mit der Video- und Internettechnik geschult werden, um aktuell reagieren zu können. Ausgestattet werden sie mit einem zusätzlichen Camcorder.
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Arbeitsgruppe 3
Leser, User, Loser Welche Ansprüche hat der Leser?
Die Zukunft der Heimatzeitungen liegt im Internet, das stimmt. Damit unsere Leser bei den crossmedialen Bemühungen nicht unter die Räder kommen, müssen wir allerdings grundlegende Dinge beachten: Unsere Angebote müssen sich eng an den Ansprüchen der Nutzer orientieren und in hohem Maße benutzerfreundlich sein. Wie bei der Textgestaltung gilt auch bei der Struktur: Einfach ist gut. Und die Zeitungshäuser müssen angesichts der Altersstruktur ihrer Abokunden Medienkompetenz schaffen. Internetkurse der Heimatzeitung für Leser wären eine Möglichkeit, künftige „User“ an die neuen crossmedialen Angebote der Heimatzeitung heranzuführen, beispielsweise in Zusammenarbeit mit Volkshochschulen, dem Landfrauenverband oder Seniorenbegegnungsstätten. Natürlich muss auch im Blatt erklärt werden, wie die neuen Funktionen aktiviert und bedient werden. Fachbegriffe wie DVD werden erklärt, notfalls mit einem Glossar. Die sogenannten Silver-Surfer in der Altersgruppe der über 50-Jährigen sind die am schnellsten wachsende
Nutzergruppe im Internet. Entsprechend müssen hier unsere Angebote aussehen, um Leser auch zu Usern zu machen. Möglichkeiten dazu sind ZeitzeugenGeschichten, die online mit Videos illustriert werden oder als reine Video-Geschichte stattfinden können (von Klassentreffen bis zu klassischen Heimatgeschichten). Unabdingbar sind weiter Serviceelemente wie Veranstaltungskalender und Notdienste. Service durch Callcenter Empfehlenswert sind Krankheitslexikon, Trauerportal, Marktplatz. Sinnvoll ist auch eine kostenlose Hotline bei Bedienungsproblemen. Diese Aufgabe kann ein professionell arbeitendes Callcenter übernehmen. Ziel: Die Leser, die jetzt auch User sind, müssen sich von Beginn an auf den Internetseiten ihrer seit Jahren geschätzten Heimatzeitung wohlfühlen. Was nicht nur die älteren Nutzer erwarten, sind schnelle Ladezeiten, barrierefreies
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Surfen ohne Nachladen von Plugins und vor allem aktuelle lokale Nachrichten, das bedeutet als Leitlinie: „Online First“ auch im Lokalen! Idealerweise treffen die Nutzer auf der Internetseite ihrer Heimatzeitung auf prominent platzierte lokale Geschichten, denn alles andere bieten längst die Mitbewerber. Kleinräumigkeit ist der Trumpf, den die Verlage jetzt ausspielen müssen, bevor es andere tun (Stichwort Google Local). In den Kernzeiten der Online-Nutzung (8 Uhr und 12 Uhr) muss die Seite jeweils aktuelle Nachrichten liefern. Parallel dazu können Zusatzangebote wie Nachrichtenticker Aufmerksamkeit binden. Dieser Ticker läuft auch auf der Stadtseite, in Bussen und in der Geschäftsstelle. Profit für alle Zielgruppen Ziel der Bemühungen ist ein regionales, besser noch ein lokales Internetportal, von dem alle Zielgruppen profitieren. Wer heute vielleicht mit Spiegel Online startet, soll dies mittelfristig mit der Internetseite seiner Heimatzeitung tun. Um die Mundpropaganda für die Seite zu stärken, kann eine Plattform für lokale und regionale Bands geschaffen werden. Regelmäßige Bandwettbewerbe stärken das crossmediale Element. Grundsätzlich muss Lesern wie Usern deutlich gemacht werden, dass Crossmedia für mehr Service steht. Sorgfältige Aufbereitung nötig Dazu gehört eine sorgfältige Aufbereitung der Online-Artikel mit sinnvollen Zusätzen wie Archivverweisen, Fotos, virtuellen Rundgängen, Grafiken, Blog- oder Kommentarfunktion, Leserbriefvorlage, direktem Kontakt zum Autor oder zu dem/den im Artikel zitierten Experten. Dialoge, die daraus entstehen, werden (mit Einverständnis) online veröffentlicht und finden sich in Auszügen in der gedruckten Ausgabe. Dies gilt grundsätzlich für alle interessanten und relevanten Beiträge der User. Lokale Bilderrätsel erhöhen die Identifikation mit dem Internetangebot und können parallel auch in der gedruckten Ausgabe stattfinden. Die Abstimmung kann auch
per SMS erfolgen, um einen weiteren Kanal zu nutzen. Videokolumnen oder -kommentare bereichern das Angebot und sorgen für regelmäßige Besuche, sofern sie professionell erstellt wurden. Dieser Grundsatz gilt für alle Web-TV-Aktivitäten. Professionalität oberstes Gebot Was nicht professionell ist, sollte online nicht stattfinden. Ausnahme: von Nutzern erstellte Inhalte in eigenen Bereichen der Homepage. Interessant sind „Video-Hausbesuche“ bei Leserinnen oder Lesern. Denkbar sind hier Kochgeschichten, Stammtischgespräche oder Einschätzungen zu einem bestimmenden Thema der Woche. Webcams, beispielsweise von einem bebrüteten Storchennest, sind „Hingucker“. Nachdem die Internet-Platzhirsche fieberhaft an Lösungen und Angeboten für mobiles Internet arbeiten, ist es sinnvoll, schon jetzt einen für Mobiltelefone optimierten Internetauftritt zu gestalten. Und schließlich: Damit sich die bisherigen Abonnenten noch eine Weile als Leser wohlfühlen, sollten eigene Mehrwertangebote generiert werden, beispielsweise ein Dankeschön für 25 Jahre Leserschaft. Teilnehmer: Andreas Babel, Markus Heinrich, Jörn Funke, Carina Göls, Clemens Helldörfer, Rebekka Jakob, Monika Puchta, Jan Schmitz, Klaus Schweizer, Karl-Heinz Vogt, Andre Berends Leitung: Anke Vehmeier
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Arbeitsgruppe 4
Die Enkel der Revolution Web 4.0: Lokale Zeitung funkt rund um die Uhr auf allen Kanälen
Informationen, Unterhaltung, Kommunikation und Konsum
Fotoplattformen z. B. youtube) 3.) Konsum (jamba, napster).
Die Leser sterben uns weg, und damit stirbt auch unsere Zeitung. Doch sie lässt sich durchaus zu neuem Leben erwecken. Jedoch mit einer Zielgruppe, die unsere gute alte, gedruckte Zeitung seit Jahren nicht mehr erreicht hat: Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene. Ausgangspunkt: - Das Medium Zeitung hat sich auf die gedruckte Ausgabe beschränkt - Informationen wurden nicht zielgruppengerecht aufbereitet - Informationen alleine reichen nicht aus, um Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene an die Zeitung zu binden, weil sich diese Zielgruppe überwiegend interessiert für 1.) Kommunikation (Chats, Blogs, Foren, Social Networks), 2.) Unterhaltung (Video- und
Ansatz zur Problemlösung: - Zeitung ist mehr als eine gedruckte Ausgabe, Zeitung ist Print, Online, Video, Audio - Die Interessen der Zielgruppe bedienen, also neben Informationen auch Kommunikation, Unterhaltung und Konsum bieten - Ausschließlich auf lokaler Ebene Weg: -
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Zielgruppe „abholen“ und an die „neue“ Zeitung binden Auf unterschiedlichen „Kanälen“ funken Stärken der einzelnen Kontaktmöglichkeiten nutzen Rückkanäle anbieten (Feedbacks, Anregungen, Meinungstausch) 1.) Instant Messenger 2.) Handy
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3.) 4.) 5.) 6.)
Podcast Print Online Präsenz auf anderen Plattformen (myspace, xing etc.) 7.) Direkter Kontakt (Schulhöfe, Veranstaltungen etc.) Angebote der Zeitung: - Informationen zu Veranstaltungen 1.) Wo ist Party? 2.) Wer feiert dort? 3.) Wie komme ich zur Party? 4.) GPS-Ortung der Freunde auf Karte dargestellt -
Informationen werden (aktuell, 24 Stunden, interaktiv mit Kunden) über alle Kanäle ausgetauscht, z. B. Messenger, Newsletter, E-Mail, SMS, Webcam
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Informationen zu Lifestyle 1.) Kino 2.) Klamotten 3.) Kneipen 4.) Kummerkasten für „Mausi“ 5.) Technik
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Download/Upload-Center 1.) Videos 2.) Fotos 3.) Audio-Files lokaler Musik
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Pinnwand 1.) Jobbörse 2.) Praktika 3.) Ferienjobs 4.) Nebenverdienste 5.) Nachhilfe 6.) Hilfe für Hausaufgaben, Klausuren
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Plattformen 1.) Blogs 2.) Eigene Homepage erstellen 3.) Foren
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Interaktion 1.) Webcams in Kneipen, von Veranstaltungen 2.) Karaoke-Serien (schickt uns Eure Aufnahmen) 3.) Rankings 4.) Votings 5.) Gewinnspiele 6.) Leserreporter 7.) Eigene Veranstaltungen für Zielgruppe (Karaokepartys etc.)
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Redaktionelle Beiträge zu Jugendthemen 1.) Vereine und Verbände 2.) Porträts, Reportagen, Serien 3.) Berufsbilder 4.) Ratgeber für Themen 5.) Buchbesprechungen 6.) Schwerpunktthemen auf Anregung der Leser/User (etwa über Messenger)
Ergebnis: - Web 4.0, multimediales Angebot auf allen Kanälen, stark miteinander verknüpft, crossmedia - 24 Stunden aktuell, Zeitung ist rund um die Uhr da - zwei Printouts pro Woche (Zeitung beigelegt, an Verkaufsstellen ausgelegt) 1.) Best of online 2.) Dienstags und freitags (vor „Partyzeit“ Wochenende und danach) 3.) Anderes Layout, anderes Format (Tabloid) 4.) Jugend-Abo, abgekoppelt, vergünstigt, Ausgabe 50 Cent Teilnehmer: Fabian Greulich, Andreas Roßner, Ralf Wittenmeier, Wolfgang Kleinfeld, Ralph Adameit, Thomas Lützel, Gabriele Schürhaus, Rouven Raatz. Leitung: Eberhard Renz
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Anhang - Seminar-Programm - Teilnehmendenliste
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Modellseminar
Erfolg auf allen Kanälen – Crossmedialer Lokalteil: Von neuen Lesern und einem Berufsbild im Wandel vom 3. bis 7. März 2008 in Klink an der Müritz
Tagungsstätte:
Schlosshotel Klink Schlossstraße 6 17192 Klink (Müritz) Tel.: 03991 – 747 - 0 Fax: 03991 – 747 299 www.schlosshotel-klink.de
Veranstalter:
Bundeszentrale für politische Bildung Fachbereich Multimedia Lokaljournalistenprogramm Adenauerallee 86 53113 Bonn Tel.: 0228 / 99 515-558 Fax: 0228 / 99 515-498 www.bpb.de/lokaljournalistenprogramm
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Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Programm Montag, 3. März 2008 Bis 15.00 Uhr
Eintreffen der Teilnehmer, Kaffee
16.00 Uhr
Begrüßung, Vorstellungsrunde/Einführung
18.30 Uhr
Abendessen
20.00 Uhr
Der neue Redakteur: Alleskönner oder Spezialist Folker Quack, Main-Post Paul-Josef Raue, Braunschweiger Zeitung Dirk Lübke, Chefredakteur Lahn-Dill, Wetzlar Moderatorin: Regina Krömer
Dienstag, 4. März 2008 9.00 Uhr
9.15 Uhr 10.00 Uhr 11.00 Uhr
Dazw. 11.30 Uhr
NLP für Anfänger Axel Bürger, Lippische Landeszeitung, Lemgo Die Crossmedialen – Wo die Zukunft schon begonnen hat Impulsreferate: Uwe Ralf Heer, Chefredakteur, Heilbronner Stimme – Videoblog Jürgen Oehler, Onlinechef, Kölner Stadt-Anzeiger – WebTV Frank Möllers, Organisation, Die Glocke, Oelde – Handy Kaffeepause Print, nein danke – Zeitung, Medium von vorgestern Steffen Büffel, Medienberater, Trier
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12.30 Uhr
Mittagessen
14.00 Uhr
Convergence Journalism / Crossmedialer Journalismus – Veränderung von Berufsbild und Ausbildung Dr. Sonja Kretzschmar, Uni Münster
15.00 Uhr
Journalisten 3.0 beta – Herausforderungen und Anforderungen Lena Leondaris und Julia Andert, Hochschule Darmstadt, Studiengang Onlinejournalismus
16.00 Uhr
Kaffeepause
16.15 Uhr
Arbeitsgruppen
18.30 Uhr
Abendessen
Mittwoch, 5. März 2008 9.00 Uhr
NLP für Anfänger Axel Bürger, Lippische Landeszeitung, Lemgo
9.15 Uhr
Klappe, Print, die Erste – Unterwegs mit der Filmkamera Björn Förster, Videojournalist, Berlin
10.30 Uhr
Kaffeepause
10.45 Uhr
Quick & Dirty – Wie sich Sprache im Netz verändert Michael Bechtel, Quality News, Bonn
Seite 43
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
11.45 Uhr
Crossmedial denken – Wie setze ich was für welches Medium um? Urs Gossweiler, Chefredaktor Jungfrau-Zeitung, Interlaken/CH
12.30 Uhr
Mittagessen
14.00 Uhr
Arbeitsgruppen (mit Björn Förster, drehscheibe und Steffen Büffel)
16.00 Uhr
Kaffeepause
16.15 Uhr
Arbeitsgruppen (mit Björn Förster, drehscheibe und Steffen Büffel)
18.30 Uhr
Abendessen
20.00 Uhr
Die Zukunft liegt im Netz Domenika Ahlrichs, Netzeitung Günter Bartsch, Hauptstadtblog Berlin Moderation: Joachim Braun
Donnerstag, 6. März 2008 9.00 Uhr
NLP für Anfänger Axel Bürger, Lippische Landeszeitung, Lemgo
9.15 Uhr
Eine News-Marke, viele Kanäle – Crossmedia, eine ökonomische Notwendigkeit Raimondo Sanna, Geschäftsführer Munich Online GmbH
10.30 Uhr
Kaffeepause
Seite 44
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
10.45 Uhr
Crossmedia und Leserbeteiligung – Das FrankenWiki Clemens Helldörfer, Nürnberger Zeitung
12.30 Uhr
Mittagessen
14.00 Uhr
Arbeitsgruppen (mit Björn Förster, drehscheibe und Steffen Büffel)
18.30 Uhr
Abendessen
20.00 Uhr
Arbeitsgruppen
Freitag, 7. März 2008 9.00 Uhr
NLP für Anfänger Axel Bürger, Lippische Landeszeitung, Lemgo
9.15 Uhr
Medien www – weit weit weg – Lokaljournalismus in USA Katja Riefler, RISolutions, München
10.00 Uhr
Präsentation der Arbeitsgruppen
Dazw.
Kaffeepause
11.30 Uhr
Seminarbilanz/Feedback
12.30 Uhr
Abschluss / Mittagessen
Seite 45
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
ARBEITSGRUPPEN AG 1: Ein Redakteur kann alles – Brauchen wir Spezialisten oder eierlegende Wollmilchsäue? Und wo bleibt die Aus- und Weiterbildung? (Leitung: Dr. Uwe Roendigs) AG 2: Eine Nachricht, viele Wege – Wie organisiert sich eine Multimedia-Redaktion? Und wie garantiert sie die Qualität für den Kunden? (Leitung: Katja Dartsch) AG 3: Leser, User, Loser – Welche Ansprüche hat eigentlich der Leser? Kommt er crossmedial unter die Räder? (Leitung: Anke Vehmeier) AG 4: Die Enkel der Revolution – Online, Podcast und was kommt noch? Wie bringen wir die Jungen zur Marke Zeitung? (Leitung: Eberhard Renz)
Seite 46
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Seminarleitung: Regina Krömer, Main-Post/Kitzingen Joachim Braun, Münchner Merkur/Tölzer Kurier
Arbeitsgruppenleitung: Katja Dartsch, Braunschweiger Zeitung Anke Vehmeier, medienfabrik Büro Bonn Eberhard Renz, Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten Dr. Uwe Roendigs, Lahn-Dill-Gruppe/Weilburger Zeitung
Tagungsreader: Volker Dick, Freier Journalist, Gummersbach
Tagungsorganisation: Gabriele Prues Bundeszentrale für politische Bildung FBE – Multimedia/Journalistenprogramm Adenauerallee 86, 53113 Bonn Tel.: 0228 / 99 515-555 Fax: 0228 / 99 515-405 E-Mail: Gabriele.Prues@bpb.bund.de Raphael Dederichs Bundeszentrale für politische Bildung FBB – Veranstaltungsservice Adenauerallee 86, 53113 Bonn Tel.: 0228 / 99 515-540 Fax: 0228 / 99 515-293 E-Mail: Raphael.Dederichs@bpb.bund.de
Seite 47
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Stand: 28.02.2008
Teilnehmendenliste der Bundeszentrale für politische Bildung Modellseminar I-2008 Erfolg auf allen Kanälen Was Lokalredakteure künftig alle Vom 03.03.2008 bis 07.03.2008 Lfd.-Nr.
Name
Institution
Ort
1.
Adameit, Ralph Online-Beauftragter
Schwetzinger Zeitung Lokalredaktion
Schwetzingen
2.
Alfringhaus, Matthias Redaktionsleiter
Westfälische Rundschau
Werdohl
3.
Alschner, Klaus Leiter Newsdesk Spreewald
Lausitzer Rundschau Lübbenau
Lübbenau
4.
Babel, Andreas Blattmacher
Cellesche Zeitung
Celle
5.
Bioly, Claudia stellv. Lokalredakteurin
Ostthüringer Zeitung / Eisenberg Lokalredaktion
Eisenberg
6.
Borgardt, Corvin Redaktionsleiter
Bremervörder Zeitung Lokalredaktion Bremervörde
7.
Fuchs, Volker Redakteur
Saarbrücker Zeitung Redaktion St. Wendel
St. Wendel
8.
Funke, Jörn Produktion
Westfälischer Anzeiger
Hamm
9.
Gralla, Beate Newsdeskmanager
Ipf- und Jagst-Zeitung Lokalredaktion Ellwangen
10.
Greulich, Fabian Redakteur
Fränkische Nachrichten Redaktion Buchen
Buchen
11.
Göls, Carina Lokalredakteurin
Nordkurier Teterow "Mecklenburger Schweiz"
Teterow
12.
Hartwig, Holger Redaktionsleiter Emsland
Ems-Zeitung Lokalredaktion
Papenburg
Seite: 1
Seite 48
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Stand: 28.02.2008
Teilnehmendenliste der Bundeszentrale für politische Bildung Modellseminar I-2008 Erfolg auf allen Kanälen Was Lokalredakteure künftig alle Vom 03.03.2008 bis 07.03.2008 Lfd.-Nr.
Name
Institution
Ort
13.
Heinrich, Markus Redakteur
Augsburger Allgemeine
Bad Wörishofen
14.
Helldörfer, Clemens Redakteur Nürnberg Plus
Nordbayerische Verlagsgesellschaft Nürnberger Zeitung
Nürnberg
15.
Helmers, Birgit Redakteurin
Westfalenpost GmbH u. Co Verlags KG Redaktion
Soest
16.
Jakob, Rebekka Regionaldesk
Günzburger Zeitung Lokalredaktion
Günzburg
17.
Jansing, Holger Redakteur/Blattmacher
Neue Osnabrücker Zeitung
Osnabrück
18.
Kampferbeck, Jans
Münsterländische Volkszeitung Lokalredaktion Rheine
Rheine
19.
Kleinfeld, Wolfgang Lokalredakteur
Lüdenscheider Nachrichten Lokalredaktion
Lüdenscheid
20.
Klotz, Isabel
General Anzeiger
Bonn
21.
Konkel, Thorsten
Delmenhorster Kreisblatt Lokales, Crossmedia Rieck 24 News Service GmbH
Delmenhorst
22.
Lützel, Thomas Regionaldesk
Neu-Ulmer Zeitung
Neu-Ulm
23.
Puchta, Monika Redakteurin
Nordkurier Teterow "Mecklenburger Schweiz"
Teterow
24.
Pusch, Thomas Redaktionsleiter
Altmark-Zeitung Stendal
Stendal
Seite: 2
Seite 49
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Stand: 28.02.2008
Teilnehmendenliste der Bundeszentrale für politische Bildung Modellseminar I-2008 Erfolg auf allen Kanälen Was Lokalredakteure künftig alle Vom 03.03.2008 bis 07.03.2008 Lfd.-Nr.
Name
Institution
Ort
25.
Raatz, Rouven Redaktionsleiter Lokales
Frankenberger Zeitung
Frankenberg
26.
Rading, Nico Produktion
Soester Anzeiger
Soest
27.
Rossner, Andrea
Amberger Zeitung/Der neue Tag
Amberg
28.
Roth, Thomas Heimat- und Sportchef
Fränkischer Tag GmbH & Co.KG
Bamberg
29.
Sager, Timo Internet-Koordinator
Zeitungsgruppe Ostfriesland Ostfriesen-Zeitung Redaktion
Leer
30.
Schmitz, Jan Editor
Westfälischer Anzeiger Redaktion
Werne
31.
Scholz, Jürgen Redakteur
Lausitzer Rundschau Lokalredaktion Forst
Forst
32.
Schreiber, Wolfgang Chefredakteur
Remscheider General-Anzeiger Lokalredaktion
Remscheid
33.
Schuck, Silke Online-Redakteur
Oranienburger Generalanzeiger Lokalredaktion
Oranienburg
34.
Schweizer, Klaus News Desk
Badische Zeitung Lokalredaktion Lahr
Lahr
35.
Schürhaus, Gabriele Redakteurin
Nordsee Zeitung
Bremerhaven
36.
Vogt, Karl-Heinz Redakteur
Deister- und Weserzeitung
Hameln
Seite: 3
Seite 50
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
Stand: 28.02.2008
Teilnehmendenliste der Bundeszentrale für politische Bildung Modellseminar I-2008 Erfolg auf allen Kanälen Was Lokalredakteure künftig alle Vom 03.03.2008 bis 07.03.2008 Lfd.-Nr.
Name
Institution
Ort
37.
Wegwerth, Antje Redakteurin
Nordkurier Anklam
Anklam
38.
Wittenmeier, Ralf Redakteur
Die Rheinpfalz
Germersheim
39.
Zabel, Frank stellv. Chefredakteur
Dithmarsche Landeszeitung Boyens Medien
Heide
Seite: 4
Seite 51
Modellseminar: Erfolg auf allen Kanälen
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Seite 52
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