INTERNE SOZIALE MEDIEN IM UNTERNEHMEN DER ZUKUNFT Offizieller Abschlussbericht der Projektpartner
von Holger Sievert und Horst P端tz unter Mitarbeit von Raffaella Aimola, Louisa Bollongino, Charlotte Emmerich, Joana Juckel, Elena Kirsch, Anna K端nster, Valentina Patzig, Laura Janis Schorn, Helena Isabell Weber und Ana Zelenka
Kontakt Prof. Dr. Holger Sievert Email: h.sievert@mhmk.org Horst P端tz Email: hp@sicht-weise.net
VORBEMERKUNg Kollektives Wissen mittels interner sozialer Medien zu erschließen, wird zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor für Unternehmen. Doch wo stehen deutsche Firmen bei diesem Thema? Inwieweit nutzen sie solche Tools tatsächlich bereits? Welche Hindernisse sehen sie auf dem Weg zu deren Einführung? Welche Vorteile erwarten sie? Und welche generellen Auswirkungen auf die Gesamtorganisation werden erhofft oder gar befürchtet? Anhand einer aktuellen Befragung von knapp 800 Experten mit etwa 600 komplett ausgefüllten Fragebögen gibt die Studie „Soziale Medien im Unternehmen der Zukunft“ erste Antworten auf diese und weitere Fragen. Der Status quo sozialer Medien in der internen Kommunikation, die Voraussetzungen in der Organisationskultur, die Auswirkungen für den Arbeitsplatz der Zukunft und die Konsequenzen für das Thema Führung sind dabei gleichermaßen Thema. Entstanden ist die Erhebung im Rahmen eines Lehrprojektes im fünften Semester der Studienrichtung „PR und Kommunikationsmanagement“ im Studiengang „Medienmanagement“ an der MHMK, Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation. Geleitet wurde der Kurs von Prof. Dr. Holger Sievert; externer Partner war Horst Pütz, damals Geschäftsführer der Beratung MCCM. MCCM sind wir auch sehr dankbar für die finanzielle Unterstützung. Auf studentischer Seite beteiligt waren Raffaella Aimola, Louisa Bollongino, Charlotte Emmerich, Joana Juckel, Elena Kirsch, Anna Künster, Valentina Patzig, Laura Janis Schorn, Helena Isabell Weber und Ana Zelenka. Ihnen gebührt ebenso der Dank des Autorenteams wie all denen, die durch die Verbreitung des Befragungslinks geholfen haben – allen voran dem Dienstleister Convento sowie der IHK Köln. Allen Befragten danken wir herzlich! Dieses Dokument fasst deshalb wichtige Ergebnisse zunächst exklusiv für die Befragungsteilnehmenden zusammen; später wird es auch öffentlich verfügbar sein. Einzelne Befunde wurden in 2013 bereits auf Fachkonferenzen in Barcelona (EUPRERA), Bled (Bledcom), Bukarest (Strategica), Düsseldorf (Health 3.0) und Hanau (Knowtech) vorgestellt. Für 2014 ist ein allgemeiner Sammelband zum Thema geplant, der auch Ergebnisse der Studie aufnimmt. Auf Grund des Themas sowie der gewählten Designs will diese Studie nur heuristischen Charakter haben. Wir hoffen, dass unsere Befunde allen Lesenden die ein oder andere Erkenntnis zum Thema neu vermitteln oder bestätigen mögen! Köln, im Dezember 2013
Prof. Dr. Holger Sievert
Horst Pütz 3
1. Übergeordnete Zielsetzung Vernetzung und Wissensteilung durch und mit Social-Media-Bausteinen nehmen innerhalb der Unternehmen eine steigende Bedeutung ein. Unternehmen ziehen dann Nutzen daraus, wenn es ihnen mit diesen Instrumenten gelingt, Potenziale der Mitarbeiter zu erschließen, die bisher nicht zugänglich gewesen sind. Dazu sind kulturelle Rahmenbedingungen zwingende Voraussetzungen, die jedoch mit den bisherigen, klassischen Strukturen der Unternehmensorganisation in Konflikt stehen. Ein tiefgreifender Veränderungsprozess für Mitarbeiter, das Kommunikationsverhalten und vor allem für das Management ist gefordert, um diese Potenziale zu erschließen. Die hier in einigen interessanten Auszügen vorgestellte Studie „Soziale Medien im Unternehmen der Zukunft“ untersucht, inwieweit aktuell diese Entwicklung in Deutschland fortgeschritten ist und welche Vorteile sich Kommunikatoren und General Manager in Unternehmen von dieser Entwicklung erhoffen, aber auch, welche Risiken sie befürchten. Darüber hinaus wird nach Rahmenbedingungen gefragt, die für die erfolgreiche Einführung entsprechender neuer Werkzeuge notwendig sind. Die Untersuchung fokussiert dabei vor allem auf alle Aspekte rund um die nicht-technische Seite der Tools „Social Media Intranet“ und „Enterprise Social Network“ (ESN). Ziel ist es entsprechend, Erkenntnisse in Bezug auf Organisationskultur, Führungsstil und den „Arbeitsplatz der Zukunft“ zu gewinnen. Es wurden im Wesentlichen Kommunikationsmanager (Leiter Unternehmenskommunikation, Leiter der internen Kommunikation, Wissensmanager) und General Manager befragt.
2. Inhaltliche Schwerpunkte Inhaltlich stehen die positiven Aspekte, die von Social Media Intranets/ESN in der jeweiligen konkreten Unternehmenssituation zu erwarten sind, im Mittelpunkt (Verschmelzen von Intranet, Social Media und Collaboration). Die Wettbewerbsvorteile, die durch interne Social Media mit der Erschließung von kollektivem Wissen entstehen, werden heute in der einschlägigen Literatur (die hier aus Platzgründen nicht dokumentiert werden kann, jedoch ausführlich Thema des angekündigten Sammelbandes sein wird) vor allem wie folgt beschrieben: Innovation, Verbesserung der Produktqualität oder Produktentwicklung; Effizienzsteigerungen in bislang unstrukturierter Wissensarbeit (durch beispielsweise Verringerung von Doppelarbeit und Suchzeiten oder Effizienzsteigerung in der dezentralen Zusammenarbeit von flexiblen Teams etc.); Employer Branding (attraktive, vernetzte, wissensbasierte Kultur); Kosteneinsparungen (bei IT- oder Reisekosten). Folgende Aspekte werden bislang eher weniger berücksichtigt, sind jedoch möglicherweise genauso wichtig: Kulturelle Weiterentwicklung von Organisationen durch mehr Transparenz, die die Mitarbeiterzu friedenheit und damit den Verbleib erhöhen; positive Veränderung für das Thema Führungskultur, gerade in Organisationen, die bisher sehr hierarchisch strukturiert sind. Insgesamt lassen sich flache Hierarchien und ein offener Umgangsstil als bedeutende Faktoren vermuten, um interne soziale Medien in den Unternehmen erfolgreich einsetzen zu können. 4
Abb. 1: Fragestellungen der Studie: „Soziale Medien im Unternehmen der Zukunft“. Eigene Darstellung
3. Mehrstufiges Studiendesign Nach der Auswertung der Sekundärliteratur wurde eine qualitative Vorstudie durchgeführt. Darauf aufbauend wurde die quantitative Hauptstudie konzipiert, durchgeführt und ausgewertet. Sekundärauswertung: Das Screening von insgesamt etwa 50 und die intensive Sichtung von etwa zwölf aktuellen Studien zu den vielfältigen Aspekten des Themas bildete die Grundlage der Ent wicklung des Studiendesigns. Darauf aufbauend wurden etwa 50 Forschungsfragen formuliert, aus denen wiederum die für die Zielsetzung der Studie relevantesten zehn für die Erhebung in Bezug auf Kultur, Führung, Collaboration (Wissensteilung und Dialog), Arbeitsprozesse und -inst rumente ausgewählt wurden. Qualitative Vorstudie: Basierend auf diesen zehn zentralen Erhebungsfragen (vgl. Abb. 1) wurde im Mai und Anfang Juni 2013 eine qualitative Vorstudie mit zwölf Befragten durchgeführt. Die Leit fadeninterviews wurden zumeist persönlich, zum Teil auch in telefonischer Form erhoben. Die Ergebnisse wurden einerseits genutzt, um die Fragenformulierung zu optimieren, andererseits, um aus dem Feld selbst Antwortoptionen für die qualitative Hauptstudie zu erhalten. Hauptstudie: Der qualitative Fragebogen wurde in einen quantitativen, Multiple Choice basierten Fragebogen umgewandelt. Die quantitative Hauptstudie wurde von Mitte Juni bis Mitte Juli 2013 durchgeführt. Es wurden rund 20.000 Adressen kontaktiert. An der Befragung haben insgesamt 768 Personen teilgenommen, 591 Fragebögen wurden vollständig ausgefüllt. Die Studie „Soziale Medien im Unternehmen der Zukunft“ gliedert sich in Themenfelder (Abb.1): Organisationskultur Arbeitsplatz Führung Aus den Ergebnissen wurden Strategie- und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Es ist geplant, die Ergebnisse aller Projektphasen im Jahr 2014 als einen Teil einer umfassenden Buchpublikation zum Thema zu veröffentlichen. 5
Abb. 2: Bitte geben Sie an, aus welcher Perspektive Sie diesen Fragebogen über „Soziale Medien im Unternehmen der Zukunft“ beantworten wollen. Eigene Erhebung (n=584, alle Angaben in Prozent).
4. AUSGEWÄHLTE ERGEBNISSE 4.1 Struktur des Samples Die Studie „Soziale Medien im Unternehmen“ liefert den größten Teil der Ergebnisse direkt aus Sicht der Unternehmen. 86,7 Prozent1 der Befragten geben an, dass sie „direkt für ein Unternehmen tätig“ sind; dies kann auch ein Beratungs- oder Dienstleistungsunternehmen sein (vgl. Abb. 2). Hinsichtlich der Funktionsbereiche der Hauptaufgaben der Befragten im Unternehmen ergeben sich folgende Cluster (591 Fälle): 18,4 Prozent sind in der Unternehmensführung und im strategischen Management tätig, 51,3 Prozent in der externen Unternehmenskommunikation und 14,0 Prozent in der internen Unternehmenskommunikation. Somit ist in der Studie die Sichtweise der externen Kommunikation mit Abstand am stärksten vertreten. Bei der Hierarchieebene der Befragten ergibt sich folgendes Bild (584 Fälle): 15,4 Prozent gehören zum Topmanagement, 28,9 Prozent zum mittleren Management, 11,8 Prozent zum unteren Management, 28,1 Prozent haben eine hochqualifizierte Fachposition inne. Da die Befragten also zu 84,2 Prozent in diesen hochqualifizierten Fachpositionen angesiedelt sind, ist aufgrund der Hierarchieebene und der Funktionsbereiche davon auszugehen, dass sie im Themenbereich der vorliegenden Studie über eine entsprechende Fachkompetenz verfügen. Allerdings scheint das Thema bisher stärker in medien- und kommunikationsaffinen Strukturen angekommen zu sein. Dies zeigt die Branchenverteilung, die sich wie folgt darstellt: Etwa ein Viertel der Interviewten ordnen das Unternehmen, in dem sie arbeiten, dem Wirtschaftszweig „Information und Kommunikation” zu (25,3 Prozent, n=584), so dass diese Branche in den Ergebnissen deutlich überrepräsentiert ist; gleiches gilt für die Gruppe der größeren Unternehmen. Knapp über die Hälfte der Befragten arbeitet in Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern (50,3 Prozent). Die allgemeinen soziodemographischen Merkmale der Befragten (n=584) entsprechen grob durchaus einer Gesamtstatistik: 53,3 Prozent der Befragten waren weiblich, 44,9 Prozent männlich. Der Großteil der Antwortenden, nämlich 60,1 Prozent, gehört der Altersklasse der 30- bis 49-Jährigen an, 18,7 Prozent sind zwischen 20 und 29 Jahre alt und 16,3 Prozent zwischen 50 und 59 Jahre alt. Das Sample repräsentiert somit die „arbeitende Generation”.
1) 768 Personen haben die erste Frage des Fragebogens beantwortet. 591 Teilnehmer hatten auch noch die letzte, rein demographische Frage online bearbeitet. Diese 591 Fälle sind Grundlage der hier präsentierten Auswertung. Da nicht alle Items Pflichtfragen waren, können sich die Fallzahlen unterscheiden.
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Abb. 3: Welche Rolle spielen soziale Medien im bisherigen Arbeitsalltag Ihres Unternehmens? Eigene Erhebung (n=579, alle Angaben in Prozent). (links) Abb. 4: Rolle sozialer Medien im Arbeitsalltag nach externer und verschiedenen Formen interner Kommunikation. Eigene Erhebung (n=584, alle Angaben in Prozent).
4.2 Einsatzbereiche von Social Media Auf die Frage „Welche Rolle spielen soziale Medien im bisherigen Arbeitsalltag Ihres Unternehmens“ geben etwa ein Drittel (32,7 Prozent) der Befragten an, dass Social Media in „allen Formen der externen Kommunikation“ eine große oder sehr große Rolle spielt (vgl. Abb. 3 für diese und die folgenden Werte in diesem Unterkapitel). Im Vergleich dazu ist der Einsatz sozialer Medien innerhalb der Unternehmen wenig ausgeprägt. Im Bereich der internen Kommunikation werden die sozialen Medien bislang nur selten breit eingesetzt, sowohl innerhalb der eigenen Hierarchieebene (12,2 Prozent) als auch zwischen den Ebenen (11,9 Prozent für die Aussagen „spielen eine große“ oder „sehr große Rolle“). Tendenziell lässt sich feststellen, dass die interne Unternehmenskommunikation und die Unternehmensführung bzw. das strategische Management hier eine leicht höhere Bewertung (um bis zu fünf Prozent höher) vornimmt. Betrachtet man darüber hinaus die Bewertungen, in denen die sozialen Medien nur „eine sehr kleine Rolle“ oder eine „kleine Rolle“ spielen, ergeben sich sowohl für die interne Kommunikation auf gleicher hierarchischer Ebene als auch auf unterschiedlicher hierarchischer Ebene Werte von rund 70 Prozent (vgl. Abb. 4). 7
Abb. 5: Erwarteter größter Vorteil interner sozialer Medien insgesamt und nach ausgewählten Funktionen der Befragten im Unternehmen. Eigene Erhebung (n=572, alle Angaben in Prozent). (oben) Abb. 6: Erwarteter größter Nachteil interner sozialer Medien insgesamt und nach ausgewählten Funktion der Befragten im Unternehmen. Eigene Erhebung (n=577, alle Angaben in Prozent). (mitte)
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Abb. 7: Was muss in Ihrer Unternehmenskultur geschehen, damit soziale Medien (noch) besser und schneller akzeptiert werden? Eigene Erhebung (n=581, alle Angaben in Prozent für die zusammengefassten Skalenausprägungen „wichtig“ und „sehr wichtig“). (unten)
Abb. 8: Wie können Sie Mitarbeitergruppen in Ihrem Unternehmen im Umgang mit internen sozialen Medien unterstützen? Eigene Erhebung (n=580, alle Angaben in Prozent).
4.3 Organisationskultur Der Vorteil von sozialen Medien im Unternehmen der Zukunft ist sehr eng mit der Generierung und der Verteilung von Wissen verknüpft. So sehen 64,3 Prozent der Befragten den größten Vorteil von „Sozialen Medien im Unternehmen der Zukunft“ in einem besseren Wissenszugang. 24,0 Prozent der Befragten erwarten außerdem eine größere Flexibilität, immerhin noch 11,7 Prozent auch eine relevante Zeitersparnis (vgl. Abb. 5). Die Rolle, die am stärksten davon überzeugt ist, dass der Vorteil von „Sozialen Medien im Unternehmen der Zukunft“ im besseren Wissenszugang liegt, kann wie folgt beschrieben werden: Funktion: Interne Kommunikation (76 Prozent) Hierarchie: Unteres Management (71 Prozent) Alter: 40 bis 49 Jahre (75 Prozent) Unternehmensgröße: über 250 Mitarbeiter (69 Prozent) Die Nachteile (vgl. Abb. 6) werden in erster Linie im größeren Betreuungsaufwand mit 52,4 Prozent gesehen. An zweiter Stelle werden mit 44,8 Prozent starke Veränderungswiderstände angesehen. Die Einführungskosten scheinen dagegen mit 4,7 Prozent eine untergeordnete Rolle zu spielen. Offensichtlich stehen bei der Bewertung der Nachteile kulturelle Aspekte, Change Management, Governance und Handlungskompetenz im Umgang mit sozialen Medien im Vordergrund. Bei den Anforderungen, die an die für soziale Medien förderliche Kultur gestellt werden (vgl. Abb. 7), steht der offene Umgangsstil mit 74,3 Prozent an erster Stelle. Dies wird von den Befragten in der internen Kommunikation mit 85,5 Prozent mit etwa 15 Prozentpunkten höher bewertet als von der Unternehmensführung mit 68,8 Prozent. Die Anforderung von klareren Richtlinien wird mit 69,2 Prozent bewertet, wobei die Funktion der externen Kommunikation diesen Aspekt mit 76,1 Prozent noch etwas stärker betont. Im Gegensatz dazu nennt durchschnittlich nur ein Drittel der Befragten flachere Hierarchien in diesem Zusammenhang. Die Bedeutung der kulturellen Rahmenbedingungen und der Wunsch nach Governance und Orientierung spiegeln sich auch in der Fragestellung: Wie können Sie Mitarbeitergruppen in Ihrem Unternehmen im Umgang mit internen sozialen Medien unterstützen? Aufgrund der noch bestehenden Unsicherheiten im Umgang mit den neuen sozialen Medien sind Unterstützung und Governance gefragt (vgl. Abb. 8). 70,9 Prozent der Befragten nennen Schulungs- und Weiterbildungszwecke und 69,7 Prozent das Bereitstellen von Informationen für alle Mitarbeiter als Möglichkeit, Unterstützung im Umgang mit den neuen Mitteln zu bieten. Des Weiteren wird die Notwendigkeit, Führungskräfte zu Vorbildern zu machen, mit durchschnittlich mit 59,7 Prozent sehr hoch bewertet. 9
Abb. 9: Wie, wann und wo werden die Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen künftig arbeiten? Eigene Erhebung (n=584, alle Angaben in Prozent). (oben) Abb. 10: Welche positiven Veränderungen im Unternehmen lassen sich durch soziale Medien am Arbeitsplatz der Zukunft erreichen? Eigene Erhebung (n=581, alle Angaben in Prozent für die Skalenausprägungen „wichtig“ und „sehr wichtig“). (unten)
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Abb. 11: Die Kommunikation zwischen Mitarbeitern in Ihrem Unternehmen wird sich durch soziale Medien voraussichtlich verändern. Welchen der folgenden Aussagen würden Sie zustimmen? Eigene Erhebung (n=574, alle Angaben in Prozent).
4.4 Arbeitsplatz In dem Frageblock zum Arbeitsplatz der Zukunft werden Aspekte in Bezug auf Arbeitsort und Arbeitszeiten, der Veränderung durch soziale Medien im Zusammenspiel mit dem Arbeitsplatz der Zukunft und den Auswirkungen auf die Kommunikation befragt. Dabei steht der Büroarbeitsplatz weiter im Mittelpunkt (vgl. Abb. 9). Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeiten mit 40,8 Prozent deutlich gegenüber den festen Arbeitszeiten mit 20,9 Prozent zunimmt. Dies spiegelt sich auch in der Bewertung von Mischformen von Büroarbeitsplatz, Heimarbeitsplatz und flexibler Arbeitsplatzwahl mit 27,2 Prozent. Die Vorteile, die durch „Soziale Medien am Arbeitsplatz der Zukunft“ erwartet werden (vgl. Abb. 10), sind der verbesserte Kommunikationsfluss mit 70,7 Prozent, beschleunigte Prozesse mit 47,8 Prozent sowie eine reibungslosere Zusammenarbeit mit 28,6 Prozent. Betrachten wir die Bewertung in den Funktionsbereichen, so bewertet die Interne Kommunikation diese positiven Veränderungen bis etwa 20 Prozentpunkte besser als die Unternehmensführung. Positive Auswirkungen auf die Kommunikation werden von über der Hälfte der Befragten erwartet (vgl. Abb. 11). Dabei gehen fast 57,8 Prozent der Befragten davon aus, dass die Gesamtkommunikation dank Social Intranet zunehmen wird, und 58,0 Prozent erwarten, dass der Kommunikationsstil informeller wird. 51,2 Prozent erwarten, dass sich die Mitarbeiter aktiver ins Unternehmen einbringen werden. 43,0 Prozent meinen, dass das wechselseitige Vertrauen im Unternehmen immer wichtiger werden wird. Die Erwartung der Befragten an die Veränderungen durch „Soziale Medien am Arbeitsplatz der Zukunft“ stellen also flexiblere Arbeitszeiten in den Mittelpunkt und erwarten Vorteile insbesondere im verbesserten Kommunikationsfluss und beschleunigten Prozessen. Dabei gehen sie davon aus, dass die Gesamtkommunikation zunimmt und der Kommunikationsstil informeller wird. Dabei bringen sich die Mitarbeiter aktiver ins Unternehmen ein. 11
Abb. 12: Wie werden soziale Technologien im Rahmen der Führungsfähigkeiten in Ihrem Unternehmen genutzt? Eigene Erhebung (n=591, alle Angaben in Prozent). (oben) Abb. 13: Führung unter Einsatz von sozialen Medien bietet Chancen für mehr Dialog und Wissensteilung. Welche der folgenden Veränderungen würden Sie für Ihr Unternehmen wie stark erwarten? Eigene Erhebung (n=576, alle Angaben in Prozent für die Skalen-ausprägungen „wichtig“ und „sehr wichtig“).
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Abb. 14: Was ist hingegen aus Ihrer Sicht das größte Risiko für Führung bedingt durch die Nutzung von sozialen Technologien? Eigene Erhebung (n=591, alle Angaben in Prozent).
4.5 Führung In der Bewertung von sozialen Technologien im Rahmen der Führungstätigkeiten (vgl. Abb. 12) bewertet die Unternehmensführung den Einsatz um bis zu 30 Prozent höher als die Kommunikatoren. In der Analyse, Strategieentwicklung, Planung bewertet die Unternehmensführung die Nutzung dieser Technologien mit 35,8 Prozent (interne Kommunikation 5,7 Prozent) sowie für Qualitätssicherung, Evaluation, Problemlösung mit 27,5 Prozent. Von allen Befragten gehen 53,6 Prozent davon aus, dass gar keine sozialen Technologien in Rahmen der Führungsfähigkeiten eingesetzt werden. Bei dieser Fragestellung sagen 62,7 Prozent der Kommunikatoren, dass gar keine Nutzung stattfindet. Die Unternehmensführung bewertet diesen Aspekt jedoch mit 38,5 Prozent. Durch soziale Medien wird durchschnittlich von 64,6 Prozent eine höhere Transparenz und Dialogbereitschaft erwartet (vgl. Abb. 13). Eine stärkere Beteiligung an Entscheidungen erwarten jedoch nur 32,2 Prozent. Auf die Frage nach dem größten Risiko für Führung durch die Nutzung von sozialen Technologien (vgl. Abb. 14) wird an erster Stelle der Vertraulichkeitsverlust mit 26,2 Prozent und an zweiter Stelle der Konzentrationsverlust mit 24,7 Prozent genannt. Dieser Aspekt wird von der Unternehmensführung mit 32,1 Prozent um fast zehn Prozentpunkte höher bewertet. An dritter Stelle ist der Kontrollverlust mit 19,1 Prozent, der interessanterweise von den Kommunikatoren mit 22,9 Prozent deutlich höher bewertet wird als von der Unternehmensführung mit 11,0 Prozent. 13
5. Vorläufiges Fazit Die Rolle, die Social Media im bisherigen Arbeitsalltag der internen Kommunikation der Unternehmen spielt, wird derzeit nur von etwa jedem zehnten Befragten als groß oder sehr groß eingeschätzt. Insgesamt sind Social Media in Deutschland in der externen Kommunikation sehr breit anerkannt, in der internen hingegen befindet sich dieser Prozess erst am Anfang. Aus den qualitativen Interviews ist dabei bekannt, dass vor allem Branchen mit einem besonders hohen Innovationsdruck in der Regel eher bereit sind, solche „neuen“ Werkzeuge einzuführen als traditionelle Unternehmen oder gar die öffentliche Verwaltung. Das überrascht insofern, als dass mögliche Vorteile oder positive Veränderungen von ähnlich vielen Befragten insbesondere im besseren Wissenszugang, dem verbesserten Kommunikationsfluss (jeweils rund zwei Drittel der Studienteilnehmenden) und beschleunigten Prozessen (etwa die Hälfte) gesehen werden. Der Nutzen von „Social Media im Unternehmen der Zukunft“ scheint aus Sicht der Befragten verstärkt in der Wissensteilung und der Unterstützung von Prozessen zu liegen. Damit könnte sich „Social Media im Unternehmen der Zukunft“ als ein Schlüssel zur Erschließung von kollektivem Wissen entwickeln. Ein diffuses Wissen über die möglichen Vorteile interner sozialer Medien auf Innovation und Effizienz scheint also vorhanden zu sein, wobei dieses jedoch bisher in der Fläche nicht zu konsequentem Einsatz entsprechender Instrumente führt. So progressiv zumindest teilweise die Antworten zu diesen organisationskulturellen Aspekten ausfallen, so konservativ äußern sich die Befragten, wenn es um zukünftige Arbeitsplätze in ihrer Organisation geht. Diese werden weiter örtlich als klassischer Büroarbeitsplatz gesehen – Flexibilisierung wird vor allem, wenngleich nicht nur, zeitlich erwartet. Einen verbesserten Kommunikationsfluss sowie einen informelleren Kommunikationsstil erwarten dennoch die jeweils grob zwei Drittel der Befragten an diesen neuen/alten Arbeitsplätzen, während die Sorge von weniger persönlichem Kontakt mit den Kollegen nur etwa ein Viertel teilt. Ähnlich ist das Bild hinsichtlich der Bewertung des Einsatzes von sozialen Medien in der Führung. Mehr als die Hälfte der Befragten beobachtet in ihrer eigenen Organisation einen solchen Einsatz bisher nicht, immerhin ein Viertel nutzt es jedoch bei Qualitätssicherung und Analyseaufgaben. Höhere Transparenz und Dialogbereitschaft erhoffen sich zwei Drittel, wenn es zur führungsbezogenen Nutzung von Web 2.0 im Unternehmen kommt. Mehr Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungen erwartet allerdings nur ein Drittel. Dabei gibt es jedoch deutliche Erwartungsunterschiede zwischen Funktionsbereichen: die meisten positiven Vermutungen finden sich bei internen Kommunikatoren, während sich die Unternehmensführung als deutlich skeptischer erweist. Um kollektives Wissen endlich mittels internen Social Media zu erschließen, müssen die Unternehmenskultur, die Führung und die Prozesse auf Wissensteilung und Dialog ausgerichtet sein. Dies gilt sowohl in Bezug auf interne als auch auf externe Stakeholdergruppen. Ein offener, dialogorientierter Umgangsstil ist dabei paradoxerweise sowohl eine erwartete Folge der Nutzung interner sozialer Medien als auch eine derer zentralen Voraussetzungen. Anders formuliert: Um interne soziale Medien, die ein dialogorientierteres Business erlauben, erfolgreich einzuführen, braucht es bereits eine dialogorientierte Kultur. Die altbekannte Frage nach Henne und Ei taucht somit auch bei diesem Thema wieder einmal auf und bleibt auch hier letztlich unbeantwortet; andererseits muss jedoch der umgekehrte „Teufelskreis“ der Nicht-Einführung auf Grund fehlender kultureller Voraussetzungen, die dieses Fehlen 14
offenerer Ansätze wiederum noch weiter verfestigt, im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit dringend durchbrochen werden. Der sinnvollste Weg scheint dabei der beispielsweise einiger Automobilkonzerne zu sein, die mit der Einführung solcher Tools zunächst vor allem in besonders innovationsfordernden Forschungs- und Entwicklungsabteilungen beginnen, bevor mittelfristig ein Ausrollen in der Fläche angestrebt wird. Diese stufenweise Einführung trägt auch der durchaus noch weit verbreiteten Skepsis zu diesem Thema Rechnung. Insgesamt steht Deutschland in diesem Veränderungsprozess noch relativ am Anfang und wird sich auf einen grundlegenden Paradigmenwechsel einlassen müssen. Für diesen Wandel werden nicht nur neue Arbeitsinstrumente benötigt (Arbeitsplatz der Zukunft, Social Intranet etc.), sondern auch ein weiter als bisher auf Dialog ausgerichtetes kulturelles Selbstverständnis von Organisationen. Wissensmanagement mittels interner sozialer Medien wird damit nur scheinbar zu einem vor allem technologischen Thema, viel wichtiger scheint die intelligente soziale Verankerung im Unternehmen zu sein, wenn diese Ansätze für Unternehmen echten Mehrwert bringen sollen.
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