Vorwort von Europas neuste Sklaven und das Gesetzt der Armut!
Sie haben einen weiten Weg hinter sich und hoffen nun auf ein besseres Leben hier in Europa aber die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Flüchtlinge werden meistens durch den Jobcenter an Zeitarbeitsfirmen vermittelt also Billigarbeiter und Sklaven unserer Gesellschaft. Auch das Arbeitsamt ist da nicht anders Sie machen es auf derselben Art und Weise Hauptsache Geld sparen und sogar eine kleine Belohnung von den Zeitarbeitsfirmen also für etwas Kleingeld für neue Sklaven auf dem Arbeitsmarkt! Aber den Flüchtlingen hier in Deutschland geht es hingegen in Italien noch viel besser weil da werden die Flüchtlinge noch viel schlimmer behandelt auch selbst sogar die Mafia hat Ihre Finger mit im Spiel für Sexsklaven und meistens sind es Frauen die mit darunter leiden müssen. In meinem neusten Buch über der Buchreihe (Die moderne Sklaverei in unserer Gesellschaft Teil 6!) Geht es genau um dieses Thema!
Europas neue Sklaven
Um zu überleben, arbeiten Flüchtlinge in Europa unter schlimmsten Bedingungen zum Nutzen der Agrarindustrie. Gewerkschaften warnen vor moderner Sklaverei. Er hatte den Bürgerkrieg im Sudan überlebt, auch die Flucht auf dem Landweg nach Libyen und die Überfahrt mit dem Boot nach Italien. Den Lebensbedingungen dort aber war er nicht gewachsen. Abdullah Mohammed war 47 Jahre alt, als er im Juli auf einer Tomatenplantage in Apulien zusammenbrach und starb – an Hitze und Erschöpfung.
Bei 40 Grad hatte der Sudanese in der prallen Sonne auf dem Feld Tomaten gepflückt, mit seinen Händen und im Akkord, für kaum mehr als einen Euro den Zentner. In der Nacht legte er sich zum Schlafen auf eine dünne Matratze, neben 80 andere Landarbeiter, die auf dem Boden der 20 Quadratmeter großen Baracke Platz fanden. Fließend Wasser, Strom oder Toiletten gab es dort nicht.
Dafür jede Menge Müll, der sich vor den Baracken auftürmte und in dem tagsüber vielleicht ein paar zurückgelassene Kinder spielten. Für die Notdurft schlug man sich Nachts ins Feld.
Den Geruch, in dem die Arbeiter tagein, tagaus hausten, mag man sich kaum vorstellen, eben so wenig die Enge, das faulige Essen oder die harte Schinderei auf dem Acker. So oder so ähnlich aber muss es gewesen sein, das Leben und Sterben von Mohammed. Was wie ein unglaublicher Einzelfall von Ausbeuterei menschlichen Elends klingt, ist tatsächlich relativ gängige Praxis auf Europas Feldern: Zwölf-Stunden-Schichten, Sechs-Tage-Woche, für einen Hungerlohn ohne Arbeitsvertrag – verzweifelte Flüchtlinge akzeptieren fast alles, wenn es ums Überleben geht.
Hunderttausende schuften auf Plantage
Der Fall von Mohammeds Tod erschütterte im Sommer für kurze Zeit Italien, während alle Welt davon sprach, wie die Bewegungen der vielen Flüchtlinge zu bewältigen seien und was die Massen an Einwanderern kosten würden.
Dabei gibt es sie längst, die Profiteure der Not, die gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise mit den konkurrierenden Arbeitskräften ihre Geschäfte machen. In der landwirtschaftlichen Massenproduktion europäischer Großunternehmen schuften jeden Tag Hunderttausende, und nicht nur dort, auch in Fleischfarmen, Schlachtereien, Treibhäusern und Fabriken. Ohne Rechte, ohne Pausen, ohne Schutzbekleidung gegen Pestizide, Gestrüpp, schwere Lasten oder Tierseuchen, bei extremen Temperaturen. Sie sorgen dafür, dass wir mit günstigen Tomaten, Erdbeeren, Wein, Oliven, Spargeln oder Fleisch versorgt sind. Was arbeitsrechtlich bei den eigenen Bürgern undenkbar wäre, ist bei Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung oder Arbeitspapiere an der Tagesordnung. Das Phänomen ist keineswegs neu, schon seit Jahren werden Menschen auf diese Weise ausgebeutet. Früher waren es vor allem Polen, Rumänen oder Bulgaren. Die gibt es immer noch, neu aber ist, dass durch steigende Flüchtlingszahlen noch mehr Notleidende um die miesen Jobs konkurrieren, sich Löhne und Konditionen noch weiter drücken lassen. Gewerkschaften aus Italien, Frankreich oder Deutschland warnen inzwischen vor Formen der modernen Sklaverei.
Aktuelle Untersuchungen (etwa ein 28-seitiges Supplement zu Migranten als Saisonarbeiter in der Oktoberausgabe der französischen Gewerkschaftszeitschrift Campagnes Solidaires) zeigen das Ausmaß der Ausbeutung: In der italienischen, französischen, britischen, deutschen, belgischen, niederländischen oder portugiesischen Agrarindustrie wird der Gewinn maximiert, indem die Kosten für die menschliche Arbeitskraft so tief gedrückt werden wie möglich. Der Lohn der Erntehelfer kann bis zu 60 Prozent der gesamten Produktionskosten ausmachen: Allein die Zahl macht klar, wie sehr sich Lohndumping und miserable Unterkünfte lohnen. Allein in Großbritannien werden dadurch jährlich umgerechnet knapp 2,5 Millionen Euro gespart Mit miesen Tricks Löhne drücken Gerissene Agrarunternehmer lassen sich dabei so einiges einfallen, um beispielsweise Mindestlöhne zu umgehen, die in einigen europäischen Ländern gelten, oder um lästige Lohnzahlungen gleich ganz zu vermeiden. Zum Beispiel, indem sie nur die Leistung honorieren oder gar nicht erst für legale Arbeitsverhältnisse sorgen. Durchschnittlich kommen Saisonarbeiter dann auf 2 bis 3,50 Euro die Stunde und müssen dafür im Akkord ackern. Überstunden werden nicht bezahlt.
Flüchtlinge : Europas neue Sklaven
Sogar an diesem Lohn lässt sich noch schrauben. Eine gängige Methode ist es, Mittelsmänner die Arbeiter organisieren und zum Einsatzort transportieren zu lassen. Hierfür werden exorbitante Gebühren fällig, genauso wie für die schäbige Unterkunft oder manchmal auch für eine "Arbeitslizenz" – in Frankreich beispielsweise gibt es die für 8.000 Euro. Auch werden Strafen vom Lohn abgezogen, etwa in den Niederlanden für ein geöffnetes Fenster im Treibhaus. Eine Matratze wie die von Mohammed schlägt in Italien mit rund 80 Euro Miete monatlich zu Buche. Essen ist da noch nicht eingerechnet. Die "Unterkünfte" können Zelte sein, wie in Frankreich, Container oder Bauruinen, wie in Portugal, oder einfach gar nichts, wie in Griechenland. Hier müssen Feldarbeiter selbst für ihre Schlafgelegenheit sorgen, mit Plastikplanen und allem, was der Acker hergibt.
In Griechenland konnte so die Erdbeerproduktion in einigen Jahren um 70 Prozent gesteigert werden. Deutschland hat sich zum größten Schlachthaus Europas entwickelt, mit jährlich knapp 60 Millionen Schweinen, 4 Millionen Rindern und einer Million Schafen. Und die Niederlande setzen auf die Art jedes Jahr Agrarexporte für 65 Milliarden Euro ab.
Durch Vermittlungs-, Transport- und Mietkosten sowie Verschuldungsverhältnisse arbeiten manche Erntehelfer umsonst. Solange die europäische Öffentlichkeit nur Schlepper als Menschenhändler ins Visier nimmt, können die kriminellen Arbeitsvermittler im Schatten der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit in aller Ruhe ihren Geschäften nachgehen.
Der hohe Preis für billige Lebensmittel
Warum schuften Menschen, egal woher und aus welchen Motiven sie kamen, bis zur Erschöpfung in der prallen Sonne, lassen sich nachts in verdreckte Baracken einpferchen und mit einem Hungerlohn abspeisen? Sie sind irregulär hier und haben Angst entdeckt zu werden. Vielleicht ist die Drecksarbeit auch immer noch besser als gar keine oder das, was sie zu Hause erwartet. Außerdem sorgt die Wirtschaftskrise für eine Abwärtsspirale: Immer weniger wollen oder können die Kunden für Lebensmittel bezahlen, immer härter werden Preiskämpfe und von der Industrie diktierte Rahmenbedingungen, immer billiger muss produziert werden, immer höher steigt der Druck auf die untersten Glieder der Kette, die landwirtschaftliche Erzeugung und Verarbeitung, immer mehr Menschen sind so arm, dass sie alle Arbeitsbedingungen akzeptieren.
Klamme Kassen der Kommunen und Austeritätspolitik sorgen ihrerseits dafür, dass Arbeitsschutzmaßnahmen fehlen oder nicht durchgesetzt werden; andere Probleme sind drängender. Mafiöse Unternehmer haben so eine Nische gefunden.
Doch sind es wirklich nur Kriminelle, die an solchen Praktiken Schuld sind – Mittelsmänner, Klein- und Großbauern, die Erntehelfer zu widrigsten Konditionen beschäftigen? Nicht auch Politik und Behörden, die wegschauen? Profitgierige Lebensmittelindustrie und Discounter, die mit ihrer Preispolitik wenig Spielraum für bessere Arbeitsbedingungen lassen?
Oder Konsumenten, die für einen günstigen Preis alles in Kauf nehmen?
Wer auch verantwortlich sein mag, prekär beschäftigte Migranten zahlen einen hohen Preis für unseren Hunger auf billige Waren: ihre Würde, ihre Gesundheit und manchmal ihr Leben.
Ausgerechnet Zeitarbeit
Die Zeitarbeit ist das Schmuddelkind des deutschen Arbeitsmarktes. Gegen den Verleih von Arbeitskraft lässt sich in der Politik gut Stimmung machen, weshalb die Branche mit Verweis auf vermeintliche Missstände seit Jahren munter reguliert wird. Anfang April erst trat das jüngste Gesetz von Arbeitsministerin Nahles in Kraft. Es ist ein unausgegorenes Konvolut, das nicht mal ansatzweise das eigentliche Bestreben seiner sozialdemokratischen Schöpferin kaschieren kann: den Einfluss der Gewerkschaften auf die betriebliche Personalpolitik zu stärken.
Daher kommt das Ergebnis einer neuen Untersuchung einer schallenden Ohrfeige für die politisch Verantwortlichen gleich. Es ist nämlich ausgerechnet die Zeitarbeit, welche Flüchtlingen die besten Einstiegschancen in den Arbeitsmarkt bietet. Jeder vierte Personaldienstleister kam schon mit Flüchtlingen in Kontakt, mehr als jeder achte hat auch welche eingestellt.
Anstatt regelmäßig die Personalvorstände der börsennotierten Dax-Konzerne zu treffen, sollte sich die Ressortchefin deshalb einfach mal mit Vertretern der Zeitarbeitsbranche zusammensetzen und sie zur Abwechslung fragen, wie sie ihre schwierige Arbeit mit Langzeitarbeitslosen und Flüchtlingen unterstützen kann. Gerade kleinere Anbieter wären vermutlich schon für ein paar Klarstellungen zum jüngsten Gesetz dankbar. Es wäre ein Anfang.
Leiharbeit als Chance für Flüchtlinge?
Die Leiharbeit galt lange als Schmuddel Branche der deutschen Wirtschaft. Doch bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt spielt sie eine größere Rolle. Die Bilanz von Hofmann Personal ist beachtlich: 244 Flüchtlinge hat das Zeitarbeitsunternehmen nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr bundesweit eingestellt, in diesem Jahr sind es bereits 317. Sie kamen als Helfer in der Metall- und Elektroindustrie oder als Lagerarbeiter unter. Die Firma mit Hauptsitz in Nürnberg vermittelt aber auch Flüchtlinge an Daimler für ein „Brückenpraktikum“ – eine Art Schnupperkurs, um die Arbeit in einem deutschen Industriebetrieb kennenzulernen. „Wir sind eine Branche, die Menschen integrieren und ihnen Chancen eröffnen kann“, betont Stefanie Burandt, Sprecherin von Hofmann.
Erfahrung mit Ungelernten
Ausgerechnet die Leiharbeit, die lange Zeit als Schmuddel Branche der deutschen Wirtschaft galt, hat bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt eine Hauptrolle übernommen. Ausgerechnet? Für Thomas Hetz, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister, ist das keine Überraschung: „Die Zeitarbeit ist prädestiniert für Gruppen, die keine normalen Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben“, sagt Hetz gegenüber unserer Zeitung. Migranten gehörten dazu, insbesondere wenn sie keine mit deutschen Standards vergleichbare Ausbildung haben. Die wenigen Jobs, die dann in Frage kommen, finden sich inzwischen vor allem in der Leiharbeit. Der Anteil der Hilfskräfte in der Branche mit ihren insgesamt eine Million Arbeitnehmern liegt Hetz zufolge bei 50 Prozent.
Dass die Leiharbeit bei der Flüchtlingsbeschäftigung vorne liegt, hat auch eine Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gezeigt. Demnach haben bereits rund 13 Prozent aller Zeitarbeitsbetriebe geflüchtete Menschen angestellt, gut ein Viertel dieser Unternehmen hat zumindest Erfahrungen mit ihnen gesammelt, etwa bei Bewerbungsgesprächen. In der Gesamtwirtschaft hatten im Vergleichszeitraum Oktober bis Dezember 2016 gerade mal 3,5 Prozent der Betriebe Flüchtlingen eine Chance gegeben.
Etwa jeder fünfte Flüchtling, der eine Arbeit aufnimmt, ist laut Bundesagentur für Arbeit bei einem Leiharbeitsbetrieb unter Vertrag.
Die Gewerkschaften sehen dies kritisch, sind atypische Beschäftigungsverhältnisse, zu denen die Leiharbeit zählt, für sie doch generell ein rotes Tuch. Im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) will man sich der Entwicklung aber auch nicht verschließen. Johannes Jakob, Leiter der Abteilung Arbeitsmarktpolitik, sieht negative wie positive Seiten. „Bei Leiharbeit handelt es sich in der Regel wenigstens um ein legales Arbeitsverhältnis, das ist gut“, sagt er. Leiharbeit könne Flüchtlingen auch den Zugang zu produzierenden Betrieben erleichtern. „Eine schnelle Beschäftigung in Leiharbeit verhindert aber oft, dass Flüchtlinge eine Ausbildung beginnen und die deutsche Sprache lernen“, schränkt Jakob ein. „Außerdem erschwert der häufige Wechsel der Betriebe eine stabile Integration.“
In einer noch unveröffentlichten DGB-Analyse zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt, die der SÜDWEST PRESSE vorliegt, heißt es: „Finden Flüchtlinge verstärkt in Leiharbeit eine Beschäftigung, birgt dies die Gefahr, dass sie nicht aus prekären Beschäftigungen herauskommen.“ Das könne auf Ausbeutung hinauslaufen. Dennoch räumt der Gewerkschaftsbund in dem Papier ein, dass solche Jobs ein „Einstieg“ sein könnten, „aber es ist notwendig, dass auch während der Beschäftigung Weiterbildung angeboten wird.“ Und weiter: Aus den Erfahrungen von Leiharbeitsfirmen mit „guten Arbeitsbedingungen“ könne man lernen. „Sie können hilfreich sein, um den ersten Kontakt der Flüchtlinge mit der deutschen Arbeitswelt besser zu organisieren.“
Die Hürden sind hoch, um überhaupt Fuß auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu fassen. Fehlende Deutschkenntnisse sind das größte Manko. Diese sind für das Verständnis von Arbeitsabläufen und Arbeitsschutzmaßnahmen unerlässlich. Auch Grundqualifikationen wie Rechnen fehlen oft, hinzu kommen kulturelle Unterschiede. Stefanie Burandt von Hofmann Personal sagt: „Wir beobachten, dass sich ein Teil der Menschen hart tut mit unserer hochindustrialisierten Arbeitswelt.
Wir beobachten aber auch eine Lernbereitschaft.“ Dem Vorwurf, die Leiharbeitsbranche verbaue Flüchtlingen den Weg zu einer Ausbildung, hält sie entgegen, „dass die Menschen ihre eigenen Vorstellungen und Wünsche haben“. Oft sei dieser Wunsch nun mal: schnell arbeiten und Geld verdienen.
Dass es zu Enttäuschungen auf beiden Seiten kommen kann, wird nicht bestritten. Mitunter prallen Welten aufeinander. Es gibt aber auch Beispiele, die einen „Sprungbretteffekt“ belegen: Eines schildert die Hofmann-Niederlassung für den Großraum Mannheim: Zwei irakische Brüder, die bereits 2011 als Flüchtlinge nach Deutschland kamen, wurden im September 2016 an ein Logistikunternehmen in Speyer entliehen. Die beiden 23 und 24 Jahre alten Männer machten sich so gut, dass sie nun ein Übernahmeangebot von dem Lagerbetrieb haben – und damit nach einem knappen Jahr aus der Leiharbeit herauskommen.
Flüchtlinge willkommen - als Spielball der Ausbeutung
Damit Asylbewerber möglichst schnell in den ökonomischen Verwertungskreislauf eingefügt werden können, sollen Mindestlohn und ALG II aufgeweicht werden Die Beziehung zwischen der Unternehmensberatung McKinsey und der Bundesagentur für Arbeit ist schon länger recht eng. Bereits 2012 durfte Frank-Jürgen Weise, Chef der BA, sich für McKinsey lobend über das deutsche Jobwunder äußern. In einem längeren Aufsatz beweihräucherte sich der BA-Chef quasi selbst und sprach davon, wie die BA von einem aufgeblasenen zaudernden Etwas ( bloated laggard ) zum schlanken, besten Dienstleister (lean, best-in-class provider service) geworden sei.
Zu einer Zeit, als sich die Empfänger von ALG II eher fatalistisch in ihr Schicksal fügten (auch wenn dies falsche Bescheide und dergleichen mehr bedeutete), wurde die Agenda 2012 sowie der Umbau einer Behörde für Hilfesuchende zur Agentur für Kunden noch einmal von der BA selbst gefeiert.
Für die weiteren Jahre, so schrieb Weise damals, müsse dafür gesorgt werden, dass der Arbeitsmarkt auf "plötzliche, dramatische Schocks" reagieren könne. Die ansteigende Wankelmütigkeit des Marktes müsse so ausgeglichen werden.
Bereits 2005 hatte sich McKinsey über einen Auftrag der BA freuen können, der dem Unternehmen ca. 20 Millionen einbrachte (was der Rechnungshof rügte). Dass nunmehr erneut die BA und McKinsey Hand in Hand agieren, ist daher mindestens bemerkenswert.
Frank-Jürgen Weise, weiterhin Chef der BA, ist nun zusätzlich Chef des Bundesamtes für Migration. Dies allerdings ist verwunderlich, bedenkt man, dass die Aufgaben des Chefs der BA nicht wirklich weniger geworden sind. Weise hat bereits angekündigt, dass die Aufgaben der beiden Ämter miteinander eng verzahnt werden sollen. Und hier trifft man erneut auf McKinsey: Die Unternehmensberatung soll helfen, die Asylverfahren zu beschleunigen. Beruhigend wird angemerkt, dass dies zunächst unentgeltlich geschehen soll - doch gerade der Hinweis, dass ein Unternehmen wie McKinsey, das seit langem eng mit der BA zusammen agiert, nun plötzlich auf Gelder verzichtet, wirft Fragen auf.
Einen Sinn ergibt diese Ankündigung, wenn man sie im Zusammenhang mit den derzeitigen Meldungen des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. (IfO) sieht. Das Institut unter der Präsidentenschafft von Hans-Werner Sinn plädiert derzeit dafür, dass der Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro für "Flüchtlinge" abgesenkt werden soll, damit diese "Low Performer" trotz mangelnder Produktivität möglichst schnell in den Arbeitskreislauf eingegliedert werden können.
Gleichzeitig plädiert es auch gegen eine Anhebung der Regelsätze für Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Ein solche Anhebung, so heißt es, sei abzulehnen weil diese die Arbeitsbereitschaft der Einwanderer verringern könnte: "Eine Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze in der gegenwärtigen Situation ist mit Nachdruck abzulehnen, weil dies die Anreize der Immigranten, Arbeit aufzunehmen, verringern und zu zusätzlichen fiskalischen Lasten führen würde."
Die gesamte Pressemitteilung liest sich wie eine Forderung, die Migranten möglichst schnell und egal zu welchem Preis als günstige Arbeitskräfte einzusetzen. Dabei ist auch der soziale Friede innerhalb der Bevölkerung für das IfO offensichtlich entweder Fremdwort oder aber schlichtweg ein zu ignorierender Faktor.
Dieser soziale Frieden ist bereits seit langem in Gefahr und seit Beginn der Flüchtlingskrise zeigt sich besonders deutlich, dass Bevölkerungsgruppen gegen andere agieren, auch wenn beide letztendlich ökonomisch gesehen bereits ganz unten angelangt sind:
Ossis aus den Plattenbauten sind gegen Asylanten, Geringverdiener wenden sich gegen ALG IIEmpfänger, ALG II-Empfänger sehen sich alleingelassen.
Eine Meldung darüber, dass die geplante Erhöhung von 5 Euro monatlich für die ALG II-Empfänger wegen der Flüchtlingsproblematik ausfällt, wäre eine Botschaft, die diese Gräben weiter verbreitern und die derzeit angespannte Situation weiter eskalieren lassen würde. Davon abgesehen ist es eher unwahrscheinlich, dass die Menschen, die jetzt als "Flüchtlingsproblem" zusammenfasst werden - nämlich Einwanderer über das Asylrecht und Kriegsflüchtlinge -, von einer nicht stattfindenden Erhöhung von 5 Euro monatlich abschrecken lassen würden.
Die Logik, die das IfO hier anwendet, ist nicht nur kaum nachvollziehbar, sie ist auch menschenverachtend, wenn sie darauf setzt, dass denen, die ohnehin schon mit einem soziokulturellen Existent Minimum auskommen müssen, jegliche Erhöhung dieses Minimums verweigert wird, um andere Menschen vor einer Flucht vor der Armut abzuschrecken - es handelt sich hier eher um einen Versuch, den Asylbewerberansturm zu nutzen, um der ärmsten Bevölkerungsschicht eine Verbesserung ihrer Lage zu verweigern.
Bei einer Absenkung des Mindestlohns für Asylmigranten müssten ergänzende ALG II-Gelder gezahlt werden, die sich aus Steuergeldern speisen. Bedenkt man, dass diejenigen, die am Existenzminimum leben, kaum die Möglichkeit haben, von Steuerschlupflöchern etc. zu profitieren, sondern (unter anderem über die Mehrwertsteuer) am Einkommen gemessen prozentual hoch belastet werden, dann zahlen das letztendlich die Verlierer dieser Lohnabwärtsspirale.
Die Asylmigranten sind vom Problem zur willkommenen Spielfigur im großen Spiel um Profit geworden.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung verbrämt das (anders als andere Medien) nicht, wenn sie die bisherigen Errungenschaften des Arbeitsschutzes wie Mindestlohn, Hürden für Zeitarbeit und Werksverträge als Unzugänglichkeiten für den Arbeitsmarkt bezeichnet, die Flüchtlingen schaden. Heike Göbel schreibt dort offen:
Es ist zur fixen Idee von Schwarz-Rot geworden, dass Arbeit allein nicht genügt, sondern dass es 'gute Arbeit' sein muss. Die Standards legt die Politik fest, in immer irrwitzigeren Höhen. Wann, wenn nicht jetzt, sollte dieser Wahn ein Ende haben?
Es wird weiter zum Sturm auf den Sozialstaat geblasen - und die Ökonomen und Vertreter der "Arbeit um jeden Preis"-Dogmen haben sich Flüchtlinge als neues Spielzeug in ihrem Spiel um Macht, Profit und Rendite auserkoren.
Flüchtlinge landen in Zeitarbeit
Die meisten Geflüchtete sind nach einer Studie des IAB noch nicht qualifiziert genug für den regulären Arbeitsmarkt. Was möglich ist, sind Leih- und Schwarzarbeit.
Bislang haben Flüchtlinge am häufigsten einen Job bei einer Zeitarbeitsfirma bekommen. Rund 13 Prozent dieser Betriebe haben im vierten Quartal des vergangenen Jahres jemanden eingestellt, der seit 2014 nach Deutschland geflohen ist. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Der Durchschnittswert für die Gesamtwirtschaft bei Einstellungen von Flüchtlingen lag in dem Quartal bei etwa 3,5 Prozent. 16 Prozent der Betriebe planten zum Befragungszeitpunkt die Einstellung von Geflüchteten, acht Prozent eine Ausbildung. Geflüchteten, acht Prozent eine Ausbildung.
Die Zeitarbeitsfirmen haben im Vergleich zu anderen Unternehmen insgesamt die meisten Erfahrungen mit Flüchtlingen – etwa, wenn es um Bewerbungen und Vorstellungsgespräche geht. Jeder vierte Leiharbeiterbetrieb habe dies in der Umfrage bejaht, gefolgt von den Branchen Gastgewerbe sowie Erziehung und Unterricht mit knapp 16 Prozent und dem Sektor Metalle und Metallerzeugung mit 13 Prozent. „Die besten Chancen auf eine Ausbildung oder eine Beschäftigung haben Geflüchtete in Betrieben, in denen bereits ein hoher Anteil von Personen mit ausländischer Nationalität beschäftigt ist“, schreiben die IAB-Autoren, die mehr als 11500 Betriebe befragt haben.
Schwarz zu arbeiten ist verlockend
Unzureichende Deutschkenntnisse seien noch immer der Hauptgrund für Einstellungshemmnisse. Angesichts des langfristig sinkenden Arbeitskräftepotenzials in Deutschland könnten Geflüchtete dennoch einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs leisten. „Die hierfür notwendigen Sprach- und Qualifikationsmaßnahmen erfordern jedoch erhebliche Anstrengungen des Staates, der Betriebe und der Geflüchteten“, heißt es. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte kürzlich eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt. Viele Flüchtlinge seien nach ihrer Anerkennung auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Man werde wahrscheinlich mittelfristig eine öffentlich geförderte Beschäftigung für diese Personen brauchen. Ein weiteres Problem ist, dass viele Geflüchtete schwarzarbeiten, weil dafür ein Handschlag ausreicht und es keine Formulare und Behördengänge braucht. Auch wenn sich Flüchtlingsberatungsstellen und Gewerkschaften diesbezüglich einig sind: Zahlen gibt es nicht. Eine Studie der Universitäten Tübingen und Linz geht allerdings davon aus, dass die Zahl der Schwarzarbeiter unter den Geflüchteten allein im Jahr 2016 bei mindestens 100000, möglicherweise aber auch bei 300000 lag.
Wie Flüchtlinge ausgebeutet werden
In Italien kommt ein Großteil der Flüchtlinge an, die nahezu täglich über das Mittelmeer aus Afrika flüchten. Italien nimmt viele Flüchtlinge mit großem Einsatz auf und sieht sich deshalb mit vielen Problemen konfrontiert. Gleichzeitig aber lebt ein Teil der Landwirtschaft von der Arbeitskraft dieser Migranten. Und viele Flüchtlinge arbeiten unter Bedingungen, die man ohne zu übertreiben als Sklaverei bezeichnen kann. Löhne werden kaum gezahlt, die Unterbringung ist menschenunwürdig, Arbeitssicherheit existiert nicht. Die Migranten leben zum Beispiel in Zeltstädten, in denen es stinkt und aussieht wie auf einer Müllhalde. Die Organisation NoCap kämpft gegen die Ausbeutung der Migranten an. Ihr Gründer, Yvan Sagne aus Kamerun, hat am eigenen Leib erlebt, was Ausbeutung bedeutet. Vor sechs Jahren brauchte er Geld und ging zum Arbeiten nach Apulien. Dort geriet er in die Fänge eines "Caporale", eines Arbeitsvermittlers, der Landwirten billige Arbeitskräfte besorgt und kräftig daran verdient. Für 14 Stunden Arbeit hat er 20 Euro bekommen. Davon musste er fünf Euro für den Transport zahlen und 3,50 Euro für das Brot. "Am Ende hatte ich nichts mehr", sagt Sagne. Verbraucher werden unbewusst zu Mitschuldigen Damals hat Sagne einen Streik organisiert, der eineinhalb Monate gedauert hat. Der erste Streik von ausländischen Arbeitskräften in Italien. Seitdem, so sagt er, ist das Thema in der Öffentlichkeit. Auch wenn es noch viel zu tun gibt.
Drei Viertel aller geflüchteten Kinder erleben Missbrauch und Ausbeutung:
Einem Unicef-Bericht zufolge sind 77 Prozent aller Minderjährigen, die über das Mittelmeer flüchten, Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt. Besonders häufig betroffen sind demnach Kinder aus Subsahara-Afrika. Die Herausgeber der Studie fordern von der EU die Schaffung legaler Fluchtwege. Viele Flüchtlinge haben in ihrem Herkunftsland Krieg und Not überlebt, auf ihrem Weg nach Europa werden sie häufig ausgenutzt und misshandelt - doch besonders schwer trifft es die, die sich nicht wehren können: 77 Prozent aller Kinder, die über die Mittelmeerroute fliehen, werden Opfer von Missbrauch, Ausbeutung und Praktiken, die mit Menschenhandel zu vergleichen sind.
Das geht aus einem Bericht hervor, den das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) gemeinsam mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) veröffentlicht hat. Der Report basiert auf Interviews mit 22 000 Migranten und Flüchtlingen, die zwischen Januar 2016 und Mai 2017 geführt wurden. Die Hälfte der Befragten sind Minderjährige.
Der 16-Jährige Aimamo aus Gambia etwa berichtet, er sei nach seiner Ankunft in Libyen von Schleusern monatelang zur Arbeit gezwungen worden: "Wenn du versuchst wegzulaufen, erschießen sie dich. Wenn du aufhörst zu arbeiten, schlagen sie dich. Wir waren wie Sklaven. Am Ende des Tages sperren sie dich einfach weg. " Besonders häufig von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch betroffen sind dem Bericht zufolge Kinder und Jugendliche aus Subsahara-Afrika - als wahrscheinlichen Grund führen die Autoren des Berichts Rassismus an.
Menschen, die sich zur Flucht gedrängt sähen, müssten diese häufig im Wissen antreten, "dass sie gezwungen sein könnten mit ihrer Würde, ihrer Gesundheit oder ihrem Leben zu bezahlen", sagte Eugenio Ambrosi, der IOM-Regionaldirektor für die EU. Kinder und Jugendliche sind dem Report nach doppelt so häufig von Ausbeutung und Gewalt betroffen wie erwachsene Flüchtlinge. Für ihre Flucht bezahlen Minderjährige im Durchschnitt 1000 bis 5000 US-Dollar und sind nach ihrer Ankunft in Europa oft hoch verschuldet - ein weiteres Risiko, Opfer von Ausbeutung zu werden.
In Zeitarbeit: Flüchtlinge oft als Leiharbeiter tätig!
Flüchtlinge brauchen Arbeit und Sprachkurse Sicherlich gibt es noch mehrere Dinge, die eine erfolgreiche Integration von Flüchtlingen ermöglichen. Zu den wichtigsten zählen jedoch Arbeit und Sprache. Beides ist je nach Region und persönlicher Voraussetzung schwierig zu bekommen.
Während die Sprachkurse oftmals überfüllt sind, halten sich viele Unternehmen bei Jobangeboten für Flüchtlinge zurück – unter anderem aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse und des ungewissen Aufenthaltsstatus. Leiharbeitsfirmen bemühen sich hingegen verstärkt um die Flüchtlinge. Nicht für jeden hat das etwas mit „Gutes tun“ zu tun Zeitarbeitsfirmen setzen auf Flüchtlinge MDR aktuell berichtete über Leiharbeitsfirmen in Mitteldeutschland, die ganz bewusst Flüchtlinge und Migranten einsetzen, sie teilweise sogar weiterbilden. Fast jeder fünfte Flüchtling sei laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt.
„Wir haben rund 25 Prozent Integration von Ausländern, die Gesamtwirtschaft hat rund acht Prozent. “ Das zeigt, hier gibt es ganz besondere Erfahrungshintergründe“, so Werner Stolz vom Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen. Die Branche gehe mit Patenschaften auf Flüchtlinge zu und tue Gutes, so Stolz laut MDR aktuell.
Kritik am Vorgehen von Zeitarbeitsfirmen Den vermehrten Einsatz von Flüchtlingen und Migranten in Zeitarbeitsfirmen begrüßen aber nicht alle. „Wir wollen nicht, dass Zuwanderer und Flüchtlinge die künftigen prekär Beschäftigten Thüringens werden“, so Rolf Düber vom Deutschen Gewerkschaftsbund Thüringen.
„Wir wollen, dass sie eine Chance haben auf eine echte Integration und in regulären Betrieben arbeiten können.“ Denn das Problem:
Leiharbeiter verdienen im Durchschnitt 20 Prozent weniger als Stammbeschäftigte des Betriebes.
Weiterhin bleibe kaum Zeit für eine echte Integration, wenn die meisten Leiharbeiter nur drei Monate in einem Betrieb arbeiten. Viele Flüchtlinge übernehmen darüber hinaus nur Hilfstätigkeiten und arbeiten oft unter ihren Qualifikationen.
Werden Flüchtlinge als billige Arbeiter ausgenutzt? Für Werner Stolz ist Zeitarbeit eine Chance, dass Flüchtlinge im Arbeitsleben ankommen. Weiterhin zahle man längst einen Tariflohn, ausgehandelt mit der Gewerkschaft, der über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt.
Integration bleibt schwierig Schon bei deutschen Gering qualifizierten und Langzeitarbeitslosen ist es schwierig, sie in eine Beschäftigung zu vermitteln. Die Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt und die Gesellschaft ist eine große Herausforderung.
Während längst nicht jeder Zuwanderer über Qualifikationen verfügt, bleibt bei anderen Flüchtlingen die Frage, ob und wie sie ihre beruflichen Abschlüsse aus der Heimat in Deutschland anerkennen lassen können. Viele müssen dann Praktika und Weiterbildungen in Deutschland absolvieren.
Für Firmen und Unternehmen ist die Einstellung von Flüchtlingen aber durchaus mit einem hohen Aufwand verbunden, zumal der Aufenthaltsstatus nicht immer geklärt ist. Unter Umständen ist der neue Mitarbeiter am nächsten Tag wieder weg.
Die neuen Sklaven Europas:
In Italien, das mit großem Einsatz Migranten aufnimmt, werden dieselben Migranten gnadenlos ausgebeutet.
Große Teile der Landwirtschaft leben von diesen Ausgebeuteten. Nicht nur in Süditalien - aber dort funktioniert das System besonders perfide. Die Migranten in Kalabrien leben in Zeltstädten, in denen es stinkt und aussieht, wie auf einer Müllhalde. Wenn die neuen Sklaven Europas es nicht mehr aushalten, dann landen sie zum Beispiel hier: "Eine Ambulanz der Hilfsorganisation Emergency in Polistena in Kalabrien. Ein 40-jähriger Mann aus Gambia ist heute in Behandlung. Er hat starke Bauchschmerzen. Ein Sklave in der italienischen Landwirtschaft. Seinen Namen will er aus Angst vor denen, die er als seine Herren bezeichnet, nicht nennen, aber in seiner Heimatsprache, Wolof, die ein Freund von ihm übersetzt, erzähl er von seiner Arbeit:
"Die Arbeit ist sehr schwer. Wir ernten die Früchte und tragen sie auch zum Laster. Dafür gibt es 25 Euro am Tag für neun, zehn Stunden Arbeit. Manchmal werden wir nicht pro Tag bezahlt, sondern es gibt einen Euro pro Kiste. Und wer jung ist und stark, schafft etwa 25 Kisten am Tag. Oft ist das Feld nass. Man rutscht, man verletzt sich ab und zu, es ist sehr schwer."
Und mit ihren Verletzungen kommen sie dann zu Jean de Dieu. Der junge Mann aus Burundi arbeitet hier in Polistena als Krankenpfleger:
"Manchmal kommen sie mit Verletzungen an den Füßen, einfach, weil sie keine Stiefel in der richtigen Größe haben. Denn der Arbeitgeber kümmert sich nicht darum, für Arbeitssicherheit zu sorgen."
Warum sie das tun?
"Sie müssen das machen, denn sie haben sonst nichts. Sie haben keine Wahl, und das führt dazu, dass sie nehmen, was kommt."
Sogenannte Caporali treten als Arbeitsvermittler auf In Italien, das mit großem Einsatz so viele Migranten aufnimmt, werden dieselben Migranten ausgebeutet. Große Teile der Landwirtschaft leben von diesen Ausgebeuteten. Nicht nur in Süditalien. Aber hier, wo Schwarzarbeit und Ausbeutung Tradition haben, funktioniert das System besonders perfide. Sogenannte Caporali, ein Name für einen Rang beim Militär, treten hier als Arbeitsvermittler auf – sie besorgen den Landwirten billige Arbeitskräfte und verdienen kräftig daran.
Die Migranten leben zum Beispiel in Zeltstädten, in denen es stinkt und aussieht, wie auf einer Müllhalde, wie in San Ferdinando gleich beim Hafen von Gioia Tauro.
Doch es geht auch anders: Die Staatsanwältin Marisa Manzini aus Cosenza hat gerade erst einen Ring von Sklavenhaltern ausgehoben. Der Betreiber einer Flüchtlingsunterkunft in den Bergen hat seine rund 40 Schützlinge zum Arbeiten auf die Felder geschickt – für einen Hungerlohn:
"Sie wurden morgens ganz früh rekrutiert, als es noch dunkel war. Dann wurden sie auf die Felder gebracht, wo sie gewartet haben, bis es heller wurde. Und da haben sie dann den ganzen Tag Kartoffeln geerntet. Ohne eine Pause, vom Caporale überwacht, und immer mit der Drohung, dass sie die Arbeit verlieren. Und das hat dafür gesorgt, dass sie bis zum Abend geschuftet haben."
Kritik von Staatsanwältin Marisa Manzini
Marisa Manzini, die sich in Kalabrien nur mit ihren Leibwächtern bewegen kann, sagt: Es müsse mehr gegen die Ausbeutung getan werden.
Es gibt jetzt ein neues Gesetz, das nicht nur die Caporali bestraft, sondern auch die Landwirte. Aber es fehlten die Mittel das durchzusetzen: In Ihrer Staatsanwaltschaft ist die Hälfte der Stellen gerade nicht besetzt.
"Das ist weitverbreitet. Man muss nur einmal von Lamezia Therme die Küste entlang fahren. Da gibt es die Zwiebelfelder und da waren Migranten, die dort gearbeitet haben. Und da habe ich gedacht: Auch hier ist etwas nicht in Ordnung."
Am eigenen Leib Ausbeutung erlebt:
Yvan Sagne ist da vielleicht schon eher ein Zeichen der Hoffnung. Er kommt ursprünglich aus Kamerun, ist aber in Turin zum Ingenieur geworden. Er hat eine Stiftung gegründet, die gegen die Ausbeutung in der Landwirtschaft kämpfen will. Auch weil er am eigenen Leib erlebt hat, was das bedeutet. Vor sechs Jahren war das, er brauchte Geld, und ging zum Arbeiten nach Apulien. Auch dort geriet er in die Fänge eines Caporale:
"Er zahlt Dir für jede Kiste à 300 Kilo 3,50 Euro. Für 300 Kilo. Ich habe jeden Tag fünf davon geschafft. Also 20 Euro für 14 Stunden Arbeit. Und davon musste ich noch 5 Euro für den Transport abziehen, 3,50 Euro für das Brot. Am Ende hatte ich nichts mehr. Und nach fünf Tagen habe ich Nein gesagt."
Damals hat Sagnet einen Streik organisiert, der eineinhalb Monate gedauert hat. Der erste Streik von ausländischen Arbeitskräften in Italien. Seitdem, so sagt er, ist das Thema in der Öffentlichkeit. Auch wenn noch viel zu tun gibt:
"Es gibt die Caporali, die Landwirte, und dann die anderen, wirklich Verantwortlichen, die der Grund für alles sind, was dort passiert.
Ich nenne sie die Generäle. Das sind die großen Lebensmittelunternehmen, Coop, Auchan, Carrefour und Lidl. Das sind die wirklich Verantwortlichen, denn am Ende entscheiden sie über die Preise für die Produkte."
Verbraucher werden unbewusst zu Mitschuldigen Und so werden auch die Verbraucher, die die billigen Tomaten aus Süditalien kaufen, unbewusst zu Mitschuldigen.
Der Migrant aus Gambia mit den Bauchschmerzen sagt, er habe keine Wahl. Drei Jahre ist er schon in Italien, er zieht alle paar Monate in eine andere Gegend, je nachdem, wo gerade Erntehelfer gebraucht werden. Das System ist überall das gleiche:
"Um fünf Uhr stehen alle auf und es gibt Treffpunkte, wohin die Caporali kommen, um Arbeiter zu holen. Sobald ein Auto kommt, rennen alle los und wer der Schnellste ist, wird mitgenommen. Manchmal werden zwei, drei, vier mitgenommen. Aber es warten immer viele."
Manchmal fallen seine Kollegen bei der Ernte von einem Baum, erzählt er, immer wieder gibt es schwere Verletzungen, dann werden neue Erntehelfer gebraucht. Wie lange er das noch machen kann, weiß er nicht. Er weiß nur, dass er nicht in Italien alt werden will, sondern zurück in seine Heimat. Doch solange die Kräfte reichen, arbeitet er weiter. Als einer der neuen Sklaven Europas.
Die neuen Sklaven Europas - Migranten in der italienischen Landwirtschaft!
Gutes Geschäft für (fast) alle - wie Migranten in der italienischen Landwirtschaft ausgebeutet werden Einerseits trägt Italien große Lasten der Migration und nimmt viele der Flüchtlinge mit großem Einsatz auf, die in Europa stranden. Andererseits leben große Teile der italienischen Landwirtschaft von der Arbeitskraft der Migranten. Die Arbeitsbedingungen kann man mit gutem Grund als Sklaverei bezeichnen.
Menschen arbeiten für einen Hungerlohn, wenn sie überhaupt Geld bekommen, sie leben in menschenunwürdigen Quartieren und haben keinerlei Sicherheit bei Arbeitsunfällen, die an der Tagesordnung sind. Dahinter steckt v.a. in Süditalien ein System bei dem so genannte Korporale die Schlüsselrolle spielen. Sie sind die Vermittler von Arbeitskraft, und kassieren kräftig mit. Dagegen will der Italienische Staat jetzt auch mit schärferen Gesetzen vorgehen. Theoretisch. "Wenn die neuen Sklaven Europas es nicht mehr aushalten, dann landen sie zum Beispiel hier: eine Ambulanz der Hilfsorganisation Emergency in Polistena in Kalabrien. Ein 40jähriger Mann aus Gambia ist heute in Behandlung. Er hat starke Bauchschmerzen. Ein Sklave in der italienischen Landwirtschaft. Seinen Namen will er aus Angst vor denen, die er als seine Herren bezeichnet, nicht nennen, aber in seiner Heimatsprache, Wolof, die ein Freund von ihm übersetzt, erzähl er von seiner Arbeit:
"Die Arbeit ist sehr schwer. Wir ernten die Früchte und tragen sie auch zum Laster. Dafür gibt es 25 € am Tag für neun, zehn Stunden Arbeit. Manchmal werden wir nicht pro Tag bezahlt, sondern es gibt einen Euro pro Kiste. Und wer jung ist und stark, schafft etwa 25 Kisten am Tag. Oft ist das Feld nass. Man rutscht, man verletzt sich ab und zu, es ist sehr schwer. "
Und mit ihren Verletzungen kommen sie dann zu Jean de Dieu. Der junge Mann aus Burundi arbeitet hier in Polistena als Krankenpfleger:
"Manchmal kommen sie mit Verletzungen an den Füßen, einfach, weil sie keine Stiefel in der richtigen Größe haben. Denn der Arbeitgeber kümmert sich nicht darum, für Arbeitssicherheit zu sorgen."
Warum sie das tun?
"Sie müssen das machen, denn sie haben sonst nichts. Sie haben keine Wahl, und das führt dazu, dass sie nehmen, was kommt."
In Italien, das mit großem Einsatz so viele Migranten aufnimmt, werden dieselben Migranten ausgebeutet. Große Teile der Landwirtschaft leben von diesen Ausgebeuteten. Nicht nur in Süditalien. Aber hier, wo Schwarzarbeit und Ausbeutung Tradition haben, funktioniert das System besonders perfide. So genannte Caporali, ein Name für einen Rang beim Militär, treten hier als Arbeitsvermittler auf – sie besorgen den Landwirten billige Arbeitskräfte und verdienen kräftig daran.
Die Migranten leben zum Beispiel in Zeltstädten, in denen es stinkt und aussieht, wie auf einer Müllhalde, wie in San Ferdinando gleich beim Hafen von Gioa Tauro. Doch es geht auch anders: Die Staatsanwältin Marisa Manzini aus Cosenza hat gerade erst einen Ring von Sklavenhaltern ausgehoben. Der Betreiber einer Flüchtlingsunterkunft in den Bergen, hat seine rund 40 Schützlinge zum Arbeiten auf die Felder geschickt – für einen Hungerlohn. Sie wurden morgens ganz früh rekrutiert, als es noch dunkel war. Dann wurden sie auf die Felder gebracht, wo sie gewartet haben, bis es heller wurde.
Und da haben sie dann den ganzen Tag Kartoffeln geerntet. Ohne eine Pause, vom Caporale überwacht, und immer mit der Drohung, dass sie die Arbeit verlieren. Und das hat dafür gesorgt, dass sie bis zum Abend geschuftet haben.
Marisa Manzini, die sich in Kalabrien nur mit ihren Leibwächtern bewegen kann, sagt: es müsse mehr gegen die Ausbeutung getan werden. Es gibt jetzt ein neues Gesetz, das nicht nur die Caporali bestraft, sondern auch die Landwirte. Aber es fehlten die Mittel das durchzusetzen: In Ihrer Staatsanwaltschaft ist die Hälfte der Stellen gerade nicht besetzt. Das ist weitverbreitet. Man muss nur einmal von Lamezia Therme die Küste entlang fahren. Da gibt es die Zwiebelfelder und da waren Migranten, die dort gearbeitet haben. Und da habe ich gedacht: auch hier ist etwas nicht in Ordnung. Yvan Sagne ist da vielleicht schon eher ein Zeichen der Hoffnung. Er kommt ursprünglich aus Kamerun, ist aber in Turin zum Ingenieur geworden. Er hat eine Stiftung gegründet, die gegen die Ausbeutung in der Landwirtschaft kämpfen will. Auch weil er am eigenen Leib erlebt hat, was das bedeutet. Vor 6 Jahren war das, er brauchte Geld, und ging zum Arbeiten nach Apulien. Auch dort geriet er in die Fänge eines Caporale:
"Er zahlt dir für jede Kiste à 300 Kilo 3,50 €. Für 300 Kilo. Ich habe jeden Tag fünf davon geschafft. Also 20 Euro für 14 Stunden Arbeit. Und davon musste ich noch 5€ für den Transport abziehen, 3,50€ für das Brot. Am Ende hatte ich nichts mehr. Und nach fünf Tagen habe ich 'Nein' gesagt."
Damals hat Sagnet einen Streik organisiert, der eineinhalb Monate gedauert hat. Der erste Streik von ausländischen Arbeitskräften in Italien.
Seitdem, so sagt er, ist das Thema in der Öffentlichkeit. Auch wenn noch viel zu tun gibt:
"Es gibt die Caporali, die Landwirte, und dann die anderen, wirklich Verantwortlichen, die der Grund für alles sind, was dort passiert. Ich nenne sie die Generäle. Das sind die großen Lebensmittelunternehmen, Coop, Auchan, Carrefour und Lidl. Das sind die wirklich verantwortlichen, denn am Ende entscheiden sie über die Preise für die Produkte."
Und so werden auch die Verbraucher, die die billigen Tomaten aus Süditalien kaufen, unbewusst zu Mitschuldigen. Der Migrant aus Gambia mit den Bauchschmerzen sagt, er habe keine Wahl. Drei Jahre ist er schon in Italien, er zieht alle paar Monate in eine andere Gegend, je nachdem, wo gerade Erntehelfer gebraucht werden. Das System ist überall das gleiche:
"Um 5 Uhr stehen alle auf und es gibt Treffpunkte, wohin die Caporali kommen, um Arbeiter zu holen. Sobald ein Auto kommt, rennen alle los und wer der Schnellste ist, wird mitgenommen. Manchmal werden zwei, drei, vier mitgenommen. Aber es warten immer viele."
Manchmal fallen seine Kollegen bei der Ernte von einem Baum, erzählt er, immer wieder gibt es schwere Verletzungen, dann werden neue Erntehelfer gebraucht. Wie lange er das noch machen kann, weiß er nicht. Er weiß nur, dass er nicht in Italien alt werden will, sondern zurück in seine Heimat. Doch solange die Kräfte reichen, arbeitet er weiter. Als einer der neuen Sklaven Europas.
"Moderne Sklaverei": Italienische Mafia beutet Flüchtlinge auf Obstplantagen aus!
In Italien verdient die Mafia in der Landwirtschaft ordentlich mit. Migranten werden für die Ernte ausgebeutet. Auch an Orangen, Zitronen und Tomaten in deutschen Supermärkten klebt ihr Schweiß - und kaum einer kontrolliert es.
Im Morgengrauen kommen sie von überall her. Sie radeln zu Straßenkreuzungen und versammeln sie sich in kleinen Gruppen. Ein Transporter rumpelt über die Schlaglöcher der Straße, vorbei an Tierkadavern und Müll. Er hält und sammelt die Wartenden ein. Es geht auf die umliegenden Felder, wo Orangenbäume mit saftigen Früchten stehen. Hier in Kalabrien, an Italiens Stiefelspitze, ernten Migranten unter unmenschlichen Bedingungen Zitrusfrüchte, die dann auch nach Deutschland weiterverkauft werden.
In der Gegend um den Ort Rosarno leben sie zu Tausenden in Slums, unter Plastikplanen ohne Strom und fließend Wasser, quasi in ihren eigenen Exkrementen. Das Ghetto San Ferdinando zählt zu den größten in ganz Italien.
Migranten sind mittlerweile unabkömmlich für die Plantagen Niemand will die Migranten hier haben, und doch sind sie für die Landwirtschaft unabkömmlich: Um immer billigere Produkte herstellen zu können, die dann für immer weniger Geld in Supermärkten verkauft werden können. Sie arbeiten für einen Hungerlohn und sind rund um die Uhr, das ganze Jahr, einsatzbereit. Manchmal stirbt einer aus Erschöpfung. Danach geht es weiter wie vorher.
Im Hintergrund zieht auch die Mafia die Strippen, kontrolliert den Transport, den Verkauf oder die Organisation der ausgebeuteten Arbeiter. "Die Aktivität der Mafia betrifft die gesamte Produktionskette, von der Herstellung über den Transport, den Vertrieb und den Verkauf", heißt es in einem Bericht des Bauernverbandes Coldiretti. Das System hat in Italien längst einen eigenen Namen: Agromafia.
Zwei Verlierer der Globalisierung "Hier in unserer Gegend teilen sich zwei Verlierer der Globalisierung die Armut: Die Bauern der Region und die Migranten", sagt der Bürgermeister von Rosarno, Giuseppe Idà. Längst sei die Landwirtschaft hier nicht mehr konkurrenzfähig. Zitrusfrüchte kämen mittlerweile viel billiger aus Nordafrika oder Brasilien.
Ein Bauer in Kalabrien sei gar nicht in der Lage, den Arbeitslohn von 40 Euro zu bezahlen - und so gibt es für den Migranten nur etwa 20 Euro pro Tag, davon muss er noch den Transport, das Brötchen und sein Wasser bezahlen. Das System funktioniert im ganzen Land: In Kalabrien und Sizilien für die Zitrusfrüchte, in Apulien für die Tomaten und im Piemont für Weintrauben.
Herkunft der Früchte nicht nachweisbar Der Verbraucher kann schwer feststellen, ob er mit seiner gekauften Ware ein modernes Sklavensystem mafiösen Charakters mitten in Europa unterstützt. "Das Problem ist, dass es keine Kontrolle gibt", sagt der italienische Autor Antonello Mangano, der zahlreiche Recherchen dazu gemacht hat. Mit dem Kauf einer Zitrone, Orange oder Tomate im deutschen Supermarkt sei es also möglich, dass man indirekt auch in die Taschen der Mafia zahlt.
Zwar würde es in Italien regelmäßig Festnahmen, Beschlagnahmungen oder Strafen für mutmaßliche Kriminelle in der Landwirtschaft geben. "Aber danach geht es weiter wie vorher. " Statt sich auf die dem Untergang geweihte herkömmliche Landwirtschaft zu konzentrieren,
sollte man in Italien an "Exzellenz" und ethisch korrekten Produkten arbeiten, so Mangano. "Beim Preis können wir schon lange nicht mithalten."
Für den deutschen Verbraucher nicht zu erkennen Italien ist für Deutschland nach Spanien und den Niederlanden das drittwichtigste Land für den Import von frischem Obst und Gemüse, wie aus der Statistik des Bundeslandwirtschaftsministeriums hervorgeht.
Doch wo genau die Ware herkommt und unter welchen Umständen sie geerntet wurde, erfährt man im Supermarkt meist nicht. "Es ist für den deutschen Verbraucher schwer zu erkennen, ob er ein mafiafreies Produkt kauft, da steht ja nicht "Produced by Mafia" drauf", sagt Elmar Schulze Messing vom Fairen handels-Zentrum Rheinland, das auch mafiafreie-Waren aus Italien vertreibt.
"Die Menschen wollen mehr Bio haben, weil das gut für ihre Gesundheit ist. Der soziale Aspekt, wie die Produkte hergestellt werden, wird vernachlässigt."
"Hier spielt sich Krieg zwischen den Armen ab" Aber selbst in Rosarno gibt es inmitten der Hoffnungslosigkeit einen Lichtblick. Organisationen wie die Vereinigung SOS Rosarno bieten auch Migranten einen fairen Arbeitsplatz an und verkaufen ihre Bio-Zitrusfrüchte im In- und Ausland. "Hier spielt sich ein unglaublicher Niedergang ab, ein Krieg zwischen den Armen", sagt Nino Quaranta.
Er träumt im grünen Orangenhain von einer besseren Welt. Ihm sei bewusst, dass seine Orangen und Mandarinen teurer seien und sie sich nicht jeder leisten könnte. Aber sein Credo ist: Wenn immer mehr Menschen fair gepflückte Ware kauften, dann würden auch diese Produkte mit der Zeit billiger.
Wie Flüchtlinge in Arbeit kommen!
Viele Asylbewerber wollen mit anpacken. Doch Wunsch und Wirklichkeit liegen auch im Bautzener Land oft weit auseinander. Bautzen. Ziemlich kalt ist es in Deutschland, sagt Sameer Gergt, lacht kurz und reibt sich mit seinen Händen über die Oberarme. In Syrien, seiner Heimat, brauchte der 54-Jährige keine warme Winterjacke. An seinem früheren Arbeitsplatz, auf dem größten Ölfeld des Landes, lief der Ingenieur kurzärmlig herum. Vor etwa dreieinhalb Jahren waren er, seine Frau und seine beiden Söhne nach Deutschland gekommen. Als Geflüchtete vor Krieg und Gewalt wurden sie bald anerkannt. Nur eine Arbeit hat der Experte für Chemie nicht gefunden – obwohl er exzellente Qualifikationen vorweisen kann.
Sameer Gergt will anpacken, sucht händeringend einen Job. Mit einem rappelvollen Ordner sitzt er in einem Büro der Ostsächsischen Dienstleistungs- und Service Gesellschaft (ODS) in Bautzen. Das Unternehmen setzt im Kreis BautzenSZ-Newsletter für Bautzen ein Modellprogramm des sächsischen Wirtschaftsministeriums um, will Flüchtlingen wie Sameer Gergt helfen, eine Arbeit zu finden. Im Oktober 2016 war das Projekt gestartet worden. Inzwischen sind immerhin schon 29 Menschen im Landkreis Bautzen so zu einer Arbeitsstelle oder in eine Ausbildung gekommen. Und es sollen noch viel mehr werden. Die ODS betreut in der Region aktuell bereits knapp 200 Geflüchtete, um sie fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Und immer mehr Flüchtlinge zeigen Interesse.
In seinem Ordner hat Sameer Gergt einen Lebenslauf, Zeugnisse, die Nachweise über seine Qualifikationen – alles übersetzt in Deutsch.
Auf dem Ölfeld in Syrien war er der Vorgesetzte von Dutzenden Mitarbeitern, spricht fließend Englisch und inzwischen auch sehr gut Deutsch. Ein Fachmann, der es eigentlich nicht schwer haben sollte, einen neuen Job zu finden. Nur: Deutschland ist eben keines der Länder, das auf großen Gas- und Erdölverkommen sitzt. Der Syrer ist zwar hoch qualifiziert – seine speziellen Fähigkeiten auf dem hiesigen Arbeitsmarkt aber kaum nachgefragt.
Firmen zeigen zunehmend Interesse
Für die ODS ist Sameer Gergt daher eine besondere Herausforderung. Die wenigsten, das sagt ODS-Geschäftsführer Stefan Schreier ganz offen, sind allerdings so gut qualifiziert wie Sameer Gergt. „Das ist ein Bruchteil, da müssen wir uns nichts vormachen“, erklärt der ODS-Chef. Die Bereitschaft, Arbeiten zu wollen, zeigen indes viele Geflüchtete. Zwischen den Ansprüchen und den tatsächlichen Möglichkeiten liegen allerdings nicht selten Welten.
Simone Stange ist bei ODS die Projektleiterin und erlebt solche Situationen öfter: „Viele sagen, sie wollen studieren. Aber das Wort studieren hat bei ihnen eine andere Bedeutung.“ Gemeint ist eine Ausbildung. Doch schon bis dahin ist es für viele ein weiter Weg. Ein Weg, der im Büro von Simone Stange und ihren Kollegen beginnt.
Die ODS-Mitarbeiter prüfen zunächst die Bleibeperspektiven, Zeugnisse und möglichen Qualifikationen der Geflüchteten, sprechen im Anschluss über deren Vorstellungen und Wünsche – und müssen oft unrealistische Erwartungen zurückweisen. „Einige wollen beispielsweise Mechatroniker werden. Das ist jedoch eine sehr anspruchsvolle Ausbildung, da braucht es umfangreiche Vorkenntnisse“, erklärt die Projektleiterin. Doch entsprechende Zeugnisse oder Qualifikationen können die meisten nicht vorweisen. Und die größte Hürde ist ohnehin die Sprache: Denn den meisten fehlt es an Deutschkenntnissen.
Die Integration in den Oberlausitzer Arbeitsmarkt startet somit für die Flüchtlinge oft in Deutschkursen – bis die Sprache gut genug sitzt. Auch deshalb, so sagen die Verantwortlichen bei ODS, ist die Zahl der in Lohn Brot gebrachten Geflüchteten bisher überschaubar geblieben. Bei 31 Flüchtlingen, so sagt Simone Stange, enden jetzt im März die Deutschkurse: „Die könnten dann ab September in eine Ausbildung gehen.“
Suche nach Wohnung oder Fahrrad
Statt Mechatroniker lauten die Perspektiven oft Bäcker, Maler oder Metall- und die Kunststoffbranche. Aktuell arbeitet ODS mit 23 Betrieben im Landkreis zusammen – und das Interesse wird immer größer. Gerade in den Branchen, die unter der Fachkräfteknappheit leiden. Und viele Betriebe, erklärt Simone Stange, ziehen auch aktiv mit. „Die Herausforderungen sind eher die ganz banalen Dingen . Die Flüchtlinge haben kein Auto, viele Betriebe sind aber nur schwer mit dem Bus erreichbar“, so Simone Stange. Die ODS kümmert sich auch in diesen Fällen, hilft gemeinsam mit den Betrieben bei der Suche nach einer Wohnung in Job nähe oder treibt auch schon mal kurzerhand ein Fahrrad auf.
Bislang sind die meisten bei den Ausbildungen dran geblieben. Ein Teil von ihnen, sagt Stefan Schreier, wird die Lehre packen – einige werden sicher scheitern. Das gebe es bei den Deutschen ja auch, betont Stefan Schreiber. Für sie bleiben dann Hilfsarbeiterjobs: „Aber die machen sie dann auch.“
Im Fall von Sameer Gergt sind die Mitarbeiter von ODS voller Hoffnung, noch etwas Passendes zu finden. „Er braucht nur eine Chance, den Betrieb kennenzulernen.
Leider wollen Firmen oft jemanden haben, der sofort funktioniert“, sagt Simone Stange. Im Moment lebt der Syrer von Sozialleistungen. Das Geld, so erklärt er, sei ihm gar nicht so wichtig: „Ich bin Ingenieur und möchte endlich wieder arbeiten.“
Moderne Sklaverei? – Asylbewerber als billige Arbeitskräfte!
James Brokenshire ist kein Kommunist, nicht einmal Labour-Abgeordneter, sondern sitzt für die Conservative Party im Britischen Unterhaus. Dennoch läutet ein von ihm im November 2014 eingebrachter Gesetzesentwurf die Renaissance eines im -politischen Diskurs Europas seit über 150 Jahren tot geglaubten Begriffs ein: des Modern Slavery Act. Menschenhandel und Sklaverei sind die Verbrechen, die dieses Gesetz ahndet. Es sollen zehn- bis dreizehntausend Menschen betroffen sein – in England und Wales, wohlbemerkt! Weltweit gehen die Vereinten Nationen von 27 bis 30 Millionen Menschen «in der Sklavenhandelsindustrie» aus, davon allein 14 Millionen in Indien. Der aus Belgien stammende Alain Dehaze ist Geschäftsführer der Welt größten Leiharbeitsfirma Adecco mit Sitz in Zürich. Mitte April 2016 gab er der Schweizer Zeitschrift Finanz und Wirtschaft ein Interview1, in dem er sich zu den Gewinnchancen seiner Firma in Deutschland äußert. Sein Fazit war verhalten optimistisch: «Deutschland bleibt ein interessanter Markt», sagte er, obwohl die gerade laufenden Anstrengungen, eine Gleichbezahlung der Leiharbeiter nach neun Monaten gesetzlich festzulegen, natürlich zu Gewinn Einbußen führen könnten. Zweimal in den letzten zwanzig Jahren hat es in Deutschland massive Verwerfungen der Parteienlandschaft gegeben, und beide Male spielte die sogenannte «Leiharbeit» – also von jederzeit kündbaren Leiharbeitern geleistete und gering entlohnte Arbeit – eine wesentliche Rolle: erst am linken Rand, als die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe für Langzeitarbeitslose und die Einführung der Leiharbeit unter Kanzler Schröder zur Spaltung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und zur Gründung der Partei
«Die Linke» führte; seit einigen Monaten nun am rechten Rand, wo die Wahlerfolge der neugegründeten «Alternative für Deutschland» als Reaktion auf die Flüchtlingspolitik verstanden werden. Im Interview mit Finanz und Wirtschaft kommen beide Ereignisse zur Sprache. «Unter Bundeskanzler Schröder», erinnert sich der Interviewer, «war Zeitarbeit in Deutschland populär. Sie galt als Mittel, um Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsprozess zu bringen. Die Gesetzesänderungen [das heißt die jetzt geplante Festschreibung der Gleichbezahlung] sind auch ein Indiz dafür, dass die Branche an Ansehen eingebüßt hat.» Warum viele etablierte Firmen sich über Leiharbeiter in ihrem Personal freuen, obwohl sie neben dem (geringen) Lohn für den Arbeiter auch noch die Adecco bezahlen müssen und für die entsprechenden Arbeitsplätze ja auch einfach neue Stellen ausschreiben könnten, mag durch folgende Bemerkung erklärbar sein: «Nach einer Einsatzzeit von zwölf Monaten kriegen 60?% unserer Zeitarbeiter eine Festanstellung», sagt Dehaze. Wie diese Aussicht das Arbeitsklima in den Belegschaften beeinflusst, braucht nicht weiter spekuliert zu werden. Nachdem es nun keine Empfänger von Arbeitslosenhilfe mehr gibt, sind im Jahre 2015 eine knappe Million Asylbewerber nach Deutschland gekommen, darunter auch mehrere zehntausend Flüchtlinge (das heisst Menschen, die aus nachvollziehbaren Gründen, vor allem aus Syrien, fliehen muss¬ten). Diese Menschen können ab sofort von Leiharbeitsfirmen übernommen und an andere Firmen vermittelt werden – ein neues Gesetz2 vom Oktober 2015 schreibt hierfür lediglich eine gewisse Wartezeit von 3 bis 15 Monaten vor. Während das erste Septemberwochenende 2015 – als Angela Merkel und der damals noch amtierende österreichische Bundeskanzler Feymann eigenmächtig die Dublin-Verträge außer Kraft setzten – noch die Diskussionsforen beherrschte, wurde das in Rede stehende Gesetz am 29. September in den Bundestag eingebracht und zwei Wochen später nach Bestätigung im Bundesrat verabschiedet. Der Interviewer von Finanz und Wirtschaft vermutet nun nahe liegender weise, dass sich Firmen wie Adecco hier neue Betätigungsfelder erschließen werden:
«Gerade mit Blick auf Deutschland stellt sich auch die Frage, ob Personalvermittler etwas zur Eingliederung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt beitragen können.» Das sieht Alain Dehaze genauso und erwidert: «Wir arbeiten bereits mit den Behörden in Deutschland zusammen und sorgen für die erste Registrierung. Der Gesetzgeber muss jedoch die Rahmenbedingungen ändern, um Menschen, denen Asyl gewährt wurde, rasch in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Deutschland hat zurzeit eine Wartezeit von fünfzehn Monaten, bis einem Flüchtling Arbeit angeboten werden kann.» Diese Antwort ist interessant, indem sie, wie bei politischen Statements ja leider üblich, einen wahren Kern enthält, aber anderes verschweigt. Die angesprochene Passage des Gesetzes lautet nämlich: «Das Leiharbeitsverbot für Asylbewerber sowie Geduldete entfällt nach drei Monaten, wenn es sich um Fachkräfte handelt. Für geringer qualifizierte Kräfte wird der Zugang zur Leiharbeit erst nach 15 Monaten möglich sein.» Damit ist das Asylverfahren für die Leiharbeitsfirmen irrelevant geworden – sowohl Immigranten, die gerade erst die Grenze überschritten haben (das heißt Asylbewerber) als auch Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde, die aber trotzdem zu über 90?% das Land nicht verlassen (das heißt Geduldete) können in Zukunft von Leiharbeitsfirmen übernommen werden. Dass Dehaze das nicht weiß und nur aus Versehen die Begriffe durcheinanderbringt, darf bezweifelt werden. Er spricht von «Menschen, denen Asyl gewährt wurde», ohne zu erwähnen, dass es sich bei diesen um die wenigen «echten» Flüchtlinge handelt, die zum Nachweis dieses Status ein oft mehrere Jahre dauerndes Asylverfahren durchlaufen haben müssen. Dafür können sie sich danach sofort im «richtigen» Arbeitsmarkt bewerben. Die 15 Monate, die er fälschlicherweise mit solchen anerkannten Flüchtlingen in Zusammenhang bringt, beziehen sich nicht auf «Arbeit» für «Flüchtlinge», sondern auf Leiharbeit für gering qualifizierte Asylbewerber sowie Geduldete. Die Dreimonatsfrist für «Fachkräfte» unter den Asylbewerbern bringt Dehaze interessanterweise gar nicht zur Sprache. Vermutlich hat die Adecco nicht vor, Zeit und Geld in den aufwendigen Nachweis von Qualifikationen zu investieren, die in Damaskus oder Bagdad erworben wurden. Historisch entspricht die Ausrichtung auf ungelernte Hilfskräfte auch mehr dem Vorläufer der Leiharbeit,
der im späten 19. Jahrhundert als Reaktion auf das Verbot der Sklaverei entwickelt und im englischen Sprachgebrauch als «indentured Labour» bezeichnet wurde: die Leiharbeitsfirmen warben ihre Arbeiter damals meist in Indien oder im pazifischen Raum an, um sie dann an die Zuckerrohrplantagenbesitzer in die Karibik, nach Australien oder zum Guano-Abbau nach Peru zu vermitteln. Während Apologeten dieser Praxis auch heute noch gern darauf verweisen, dass manche der «Coolies» oder «Blackbirds» genannten Arbeiter nach Ablauf ihres Kontrakts sich freiwillig für eine zweite Runde verpflichteten, so scheint es doch oft bei der Anwerbung nicht mit rechten Dingen zugegangen zu sein. Darunter mussten auch Wohlmeinende leiden, der anglikanische Missionar John Coleridge Patteson zum Beispiel, der 1871 auf den Salomon-Inseln ermordet wurde. Zeitgenossen brachten das tragische Ereignis mit dem sogenannten Missionars-Trick in Verbindung, den die Anwerber nutzten, um die Insulaner, als angebliche Missionare verkleidet, unter falschen Versprechungen auf ihre Schiffe zu locken. Hat man einmal einen Blick in die überfüllten Flüchtlingslager in Deutschland geworfen, braucht man kein zu Prophet sein, um zu vermuten, dass sehr viele der Asylbewerber ein Angebot von Leiharbeitsfirmen wie Adecco, Randstad (Niederlande) oder Manpower (USA) – um nur die drei Marktführer zu nennen – annehmen werden. Die Zahl der knapp eine Million Leiharbeiter aus der deutschen Bevölkerung, die es jetzt schon gibt, dürfte sich also binnen kurzem mindestens verdoppeln. Nach Aussage einer Asylkoordinatorin3 bringen viele der Asylbewerber trotzdem ihre Enttäuschung zum Ausdruck und verweisen darauf, «Mama Merkel» habe ihnen doch «ein eigenes Haus» versprochen. Diese Aussage von Angela Merkel ist allerdings nirgends aktenkundig belegt, im Gegensatz zu der berüchtigten Anwerberede des derzeitigen Bundespräsidenten Gauck vom Februar 2014 in Indien4. Auch der ehemalige Pastor Joachim Gauck ist natürlich ein ehrenwerter Mann, und trotzdem dürfte es für etliche deutsche Unternehmen demnächst argumentativ schwierig werden, dem Anti-Slavery Commissioner Kevin Hyland die Herkunft und Entlohnung ihrer Leiharbeiter zu erklären. Hierzu sind sie nämlich ab sofort verpflichtet, sofern sie in geschäftliche Beziehungen zum Vereinigten Königreich eingebunden sind – in Form jährlicher Berichte. Müssen sich die Aktionäre sorgen? Wohl kaum, wer die eventuell entstehenden Kosten trägt, ist im «Beschleunigungsgesetz» von den deutschen Parlamentariern schon bedacht worden, aus dem nun ein letztes Mal zitiert werden soll:
«Durch die Erhöhung der Fallzahl bei einer Informationspflicht bei Ausländerbeschäftigung entsteht der Wirtschaft Erfüllungsaufwand in Form von Bürokratiekosten, deren Höhe jedoch derzeit nicht beziffert werden kann?… Eine Kompensation innerhalb eines Jahres wird in Aussicht gestellt.
Flüchtlinge als Arbeitskräfte (Teil 1): Eine Win-Win-Situation?
Immer wieder im Gespräch: Flüchtlinge als Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Viele sind skeptisch. Aber es gibt sie auch: Erfolgsbeispiele und immer mehr Initiativen in diese Richtung.
Mit den steigenden Flüchtlingszahlen, ist es immer wieder im Gespräch: Können Flüchtlinge und Asylbewerber Arbeit in der Landwirtschaft finden? Die Befürworter sprechen von einer Win-Win-Situation, Kritiker von "Europas neuen Sklaven" (Die ZEIT). Die Landwirtschaft als Beschäftigungsfeld ist sicher keine Patentlösung, doch es gibt sie: positive Beispiele einer Integration von Asylberechtigten über die Beschäftigung in einem landwirtschaftlichen Betrieb.
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und auch der Bayerische Bauernverband haben sich bereits dem Thema angenommen. Sie bieten interessierten Betrieben Beratung und vermitteln Praktika.
Pro: Eine Win-Win-Situation Für einige, insbesondere tierhaltende Betriebe kann es durchaus Sinn machen, Flüchtlinge als Arbeitskräfte anzuwerben. Gerade Betriebe mit fehlendem Nachwuchs oder Arbeitskräftemangel kann die Vermittlung von motivierten Asylbewerbern eine Chance für beide Seiten bieten.
Auch weil ein Großteil der Flüchtlinge unter 25 Jahre alt ist. Gleichzeitig ermöglichen landwirtschaftliche Betriebe diesen Menschen oft eine schnellere Integration als andere Jobs, da hier meist ein familiäres Arbeitsumfeld vorliegt.
Contra: Falsche Erwartungen und viel Bürokratie Neben der Sprachbarriere haben Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen oft eine sehr unterschiedliche Vorstellung von Landwirtschaft. Das kann zu Missverständnissen und falschen Erwartungen auf beiden Seiten führen. Ein Praktikum kann diesen vorbeugen. Eine Anstellung ist für den Landwirt jedoch oft mit mehr bürokratischem Aufwand verbunden. Zudem ist die Bleibedauer oft ungewiss - auch bei vorhandener Arbeitserlaubnis. Die Erlaubnis für eine Ausbildung wird im ersten Schritt für ein Jahr erteilt und dann gegebenenfalls verlängert.
Praktikum ist relativ unbürokratisch
Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft ist eine Mammutaufgabe. Die Ämter arbeiten mit Nachdruck daran, die Integration von geduldeten Flüchtlingen in ein Beschäftigungsverhältnis leichter zu machen. Grundsätzlich muss eine Arbeitserlaubnis vorliegen. Die Beschäftigung asylsuchender und geduldeter Flüchtlinge über ein Praktikum oder eine Ausbildung ist jedoch relativ einfach. Hier ist keine Arbeitserlaubnis notwendig. Ein Praktikum muss lediglich vom Flüchtling bei der Ausländerbehörde angezeigt werden. Für eine betriebliche Ausbildung ist nur eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde erforderlich, die in der Regel erteilt wird.
Verbände vermitteln Praktikanten
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen war in diesem Feld schon recht früh aktiv.
Im vergangenen November organisierte die Kammer Hof-Besuche von Flüchtlingen. Dies brachte bereits konkrete Erfolge: Einer der Landwirte suchte händeringend nach Arbeitskräften und wurde fündig. Seitdem arbeiten zwei Syrer auf seinem Ferkelaufzuchtbetrieb. Sowohl der Landwirt als auch die beiden Flüchtlinge sind zufrieden.
Die LWK-Experten beraten interessierte Landwirte und haben ihre Infobroschüren auf Arabisch und Englisch übersetzt. Auch der Bayerische Bauernverband bietet seine Unterstützung an - von rechtlichen Fragen bis hin zur Praktikumsvermittlung.
Erfolgsstory: Flüchtling Wale wird Azubi
Eine weitere Erfolgsgeschichte sendete vor kurzem der Bayerische Rundfunk. Vor einem Jahr kam der Nigerianer Olawale Folawole auf Initiative des "Helferkreis Asyl" das erste Mal auf den Bio-Betrieb von Anton Reindl. Anfangs war Landwirt Reindl skeptisch. Doch "Wale", wie ihn Reindl kurzerhand nennt, hat sich mit der Zeit unentbehrlich gemacht. Auch wegen seiner zeitlichen Flexibilität, denn Wale kam wann immer Not am Mann war. Es war letztlich für beide ein Glücksfall. Mittlerweile hat Wale ganz gut Deutsch gelernt und macht jetzt sogar eine landwirtschaftliche Ausbildung auf dem Betrieb Reindl.
Europas neue Sklavinnen!!
Missbrauch Tausende Frauen aus Rumänien arbeiten auf Sizilien als Erntehelferinnen. Ihre finanzielle Not ist groß. Viele Bauern nutzen das aus!
Beinahe drei Jahre lang lag Nicoleta Bolos jede Nacht wach auf einer verdreckten Matratze und wartete auf das Geräusch von Schritten draußen vor der Tür. Während die Stunden verstrichen, bereitete sie sich darauf vor, dass die Tür sich knarrend öffnen, ein Gewehr auf dem Tischchen neben ihrem Kopf abgelegt werden und ihr Arbeitgeber sich auf die schmutzig-graue Matratze werfen würde.
Das Einzige, was sie mehr fürchtete als die Schritte des Bauern draußen vor der Tür, war es, ihren Job zu verlieren. Also ertrug sie Nacht für Nacht Vergewaltigungen und Schläge, während ihr Ehemann sich draußen in den Vollrausch soff. „Das erste Mal sagte mir mein Mann, dass ich es tun müsse. Dass der Besitzer des Gewächshauses, in dem wir Arbeit bekommen hatten, mit mir schlafen wolle. Wenn ich das nicht tun würde, würde er uns nicht bezahlen und fortschicken“, erzählt sie.
„Ich dachte, mein Mann sei verrückt geworden. Aber als ich mich weigerte, schlug er mich. Er sagte, ich müsse alles tun, was unser Chef befehle – nur so könnten wir unsere Arbeit behalten. Als mein Arbeitgeber kam, bedrohte er mich mit einem Gewehr. Wenn ich mich bewegen würde, würde er mir den Kopf wegpusten, sagte er. Als er fertig war, ist er einfach gegangen.“
Gemüse für ganz Europa
Am nächsten Morgen kauerte Bolos wieder neben ihrem Mann bei der Arbeit in einem heißen Gewächshaus und erntete jene landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die dazu beitragen, dass Italien der größte Erzeuger von Obst und Gemüse in Europa und die Provinz Ragusa auf Sizilien der drittgrößte Gemüseproduzent Europas ist. Während sie in dem Betrieb gearbeitet habe, seien die Arbeiter in kaum bewohnbaren Unterkünften untergebracht worden, hätten Katzenfutter zum Abendessen erhalten, und medizinische Versorgung sei ihnen verweigert worden, sagt Bolos. Nachts hätten sie und die anderen Arbeiterinnen der Unterhaltung des Landwirts und seiner Freunde gedient. „Als ich hierher kam, dachte ich, mich erwarte ein harter, aber anständiger Job in einem europäischen Land. Aber wir wurden zu Sklaven.“
Versteckt zwischen Feldern mit weißen Plastikzelten arbeiten in Ragusa 5.000 rumänische Frauen wie Bolos als landwirtschaftliche Saisonkräfte. Die italienische NGO Proxyma Association, die sich für die Rechte von Migranten einsetzt, geht davon aus, dass über die Hälfte der Rumäninnen, die in den Gewächshäusern arbeiten, in sexuelle Beziehungen zu ihren Arbeitgebern gezwungen werden. Fast alle von ihnen arbeiten unter den Bedingungen von Zwangsarbeit und schwerer Ausbeutung.
Die Polizei schätzt, dass bis zu 7.500 Frauen, der Großteil davon aus Rumänien, auf den landwirtschaftlichen Betrieben der Region in Sklaverei leben. Guido Volpe, ein Kommandant der sizilianischen Carabinieri, sagt, Ragusa sei das Zentrum dieser Art der Ausbeutung auf der Insel. „Diese Frauen arbeiten als Sklavinnen auf den Feldern, und wir wissen, dass sie erpresst werden, damit sie Sex mit den Besitzern der Betriebe haben“, sagt er. „Es ist nicht leicht, in dieser Angelegenheit zu ermitteln oder zu verhindern, dass diese Dinge geschehen, weil die Frauen zu viel Angst haben, um darüber zu sprechen.“
Viele der Frauen haben Kinder und Familien zu Hause zurückgelassen, die von ihnen abhängig sind. Sie fühlen sich gezwungen, verzweifelte Entscheidungen zu treffen. „Wo ich herkomme, hat niemand einen Job“, sagt Bolos, während sie ihre fünfmonatige Tochter in einem Lagerhaus eines anderen landwirtschaftlichen Betriebs in Ragusa stillt. „Der durchschnittliche Monatslohn dort beträgt 200 Euro. Hier kann man viel mehr verdienen. Auch wenn man dafür leiden muss.“
Für diesen Text haben wir mit zehn rumänischen Frauen gesprochen. Alle haben von regelmäßiger sexueller Belästigung und Ausbeutung berichtet. Von zwölf Stunden Arbeit ohne Wasser in extremer Hitze, ausbleibenden Löhnen und unzumutbaren Unterkünften. Ihre Arbeitstage seien oft geprägt gewesen von physischer Gewalt. Man habe sie mit Waffen bedroht und mit Drohungen gegen ihre Kinder und Familien erpresst.
Alessandra Sciurba von der Universität Palermo war im Jahr 2015 Mitverfasserin eines Berichts, der den Missbrauch rumänischer Frauen in Sizilien dokumentierte.
Sie sagt, die Zustände hätten sich seither noch verschlechtert. „Die Frauen erzählen, dass sie auswandern müssen, damit ihre Kinder in Rumänien nicht in vollkommener Armut leben. Sie selbst aber müssen schlimme Bedingungen und Missbrauch aushalten“, sagt Sciurba. „Was wir gesehen haben, ist nicht weniger als Zwangsarbeit und Menschenhandel, wie sie von der Internationalen Arbeitsorganisation der UN definiert werden.“
Die Staatsanwältin Valentina Botti geht mehreren Anzeigen wegen sexueller Belästigung und Ausbeutung von Arbeitskräften nach. Sie sagt, der Missbrauch rumänischer Frauen habe ein immenses Ausmaß. „Entführung, sexuelle Übergriffe und das Festhalten von Menschen in Sklaverei sind die drei schwerwiegendsten Verbrechen, die wir bislang nachgewiesen haben.“
Es gehe um tausende rumänische Frauen, die Opfer von schwerwiegendem Missbrauch geworden sind. „Nur sehr wenige kommen mit ihrer Geschichte auf uns zu. Die meisten von ihnen akzeptieren die Ausbeutung als ein persönliches Opfer, um ihren Job behalten zu können.“
Der enorme Anstieg von rumänischen Frauen, die um Abtreibungen bitten, alarmiert Ärzte und Menschenrechtsgruppen in Sizilien. Laut Angaben von Proxyma stellen rumänische Frauen nur vier Prozent der weiblichen Bevölkerung von Ragusa, lassen aber 20 Prozent der registrierten Abtreibungen vornehmen.
„Die Zahl bei rumänischen Frauen ist äußerst alarmierend“, sagt Ausilia Cosentini, Koordinatorin des Fari-Projekts, das Hilfe für rumänische Frauen in Krankenhäusern anbietet. Viele der Frauen, die Abtreibungen vornehmen lassen wollten, kämen in Begleitung ihrer Arbeitgeber oder anderer italienischer Männer. „Auch wenn man nicht davon ausgehen kann, dass all diese Schwangerschaften das Resultat sexueller Gewalt sind, muss man die hohe Zahl von Abtreibungen in Relation zu den wenigen rumänischen Frauen doch ernst nehmen.“
Gefährliche Chemikalien
Zudem sind die Arbeitsbedingungen in einigen Fällen äußerst gefährlich. Eine junge Frau berichtete, sie sei krank geworden, nachdem sie gezwungen worden war, ohne Schutzkleidung mit Chemikalien zu arbeiten. „Ich musste Lebensmittel verarbeiten, die mit Pestiziden bedeckt waren, und wurde wirklich krank davon. Ich musste husten und hatte Atemprobleme.“
Diejenigen Arbeiterinnen, die die Verstöße den Behörden gemeldet haben, berichten, dass sie danach oft keine Arbeit mehr finden konnten. „Ich habe mit meinem Mann zusammen in den Gewächshäusern gearbeitet, und der Besitzer wollte mit mir schlafen“, erzählt Gloria, 48. „Als ich mich weigerte, warf er mich hinaus. Ich habe ihn dann der Polizei gemeldet. Seitdem finde ich keine Arbeit mehr. Die anderen Bauern wissen, dass ich bei der Polizei war.“
Nicoleta Bolos konnte die allnächtliche Tortur irgendwann nicht mehr ertragen. Sie rannte davon und ließ den Hof mitsamt ihrem Mann zurück. Nun war sie arbeitslos und konnte ihren zwei Kindern kein Geld mehr nach Hause schicken. Als Freunde das Geld zusammenhatten, um ihr ein Busticket zu kaufen, damit sie nach Rumänien zurückkommen konnte, hatte sie das Sorgerecht für die Kinder bereits verloren. Sie leben jetzt bei einem Onkel ihres Ex-Manns, ihr ist jeder Kontakt verwehrt. So kam es, dass sie sich trotz der Gewalt, die ihr angetan worden war, wieder in einen Bus setzte und nach 50 Stunden Fahrt in die Gewächshäuser von Ragusa zurückkehrte.
Es gibt reichlich Arbeit für Erntehelfer in Ragusa. Die lokale Wirtschaft ist auf Arbeitsmigranten angewiesen. Die italienischen Exporte von frischem Obst und Gemüse sind in den vergangenen Jahren gestiegen und belaufen sich heute auf 366 Millionen Euro pro Jahr. Ein Großteil davon wird auf den 5.000 Anlagen in der Provinz Ragusa produziert.
Versuche, das Thema des sexuellen Missbrauchs im italienischen Parlament zur Sprache zu bringen, sind bislang ergebnislos geblieben. 2015 reichte die Abgeordnete Marisa Nicchi eine parlamentarische Anfrage nach der Versklavung rumänischer Arbeiterinnen ein und forderte die Regierung auf, eine Untersuchung einzuleiten. „Zwei Jahre sind vergangen und die italienische Regierung hat nichts unternommen“, sagt sie in ihrem Parlamentsbüro in Rom. „Aber wir geben nicht auf. Diese Verbrechen müssen ein Ende haben.“
Seit sie nach Italien zurückgekehrt ist, hat Nicoleta Bolos einen rumänischen Mann kennengelernt und zwei weitere Kinder bekommen. Sie meldete ihren Ex-Chef der Polizei, woraufhin dieser eine Anzeige erhielt. Der Prozess steht noch aus.
Sie habe sich entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen, um anderen rumänischen Frauen zu helfen. Mit ihrem Baby im Arm sitzt sie auf einem Plastikstuhl und deutet auf ihre Unterkunft. Die Wände sind feucht, es gibt weder Heizung noch fließendes Wasser. „Das ist unser Leben hier. Ich werde meine Kinder aber nicht noch einmal verlieren. Sie sind der Grund, warum ich das durchgestanden habe, warum ich zur Sklavin geworden bin – ihretwegen musste ich diesen Mann jede Nacht in mein Bett lassen. Jetzt will ich, dass die Leute davon erfahren, und dass es aufhört.“
Wanderarbeiter und Flüchtlinge werden ausgebeutet Der Kampf gegen die moderne Sklaverei in Berlin!
Im Baugewerbe sind besonders viele Wanderarbeiter in Berlin beschäftigt – nicht immer zu fairen Bedingungen
Drei Monate lang sollte sich eine Pflegerin aus Polen um ein Berliner Ehepaar kümmern, das unter Demenz und anderen Erkrankungen leidet. Mit einer polnischen Vermittlungsagentur waren 20 Arbeitsstunden pro Woche und ein Monatslohn von 800 Euro vereinbart. Doch als die Pflegerin ihren Job im Januar antrat, musste sie rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Angehörige der Senioren verlangten, dass die Pflegerin für die ganze Familie kocht – sogar bei einer Feier mit 15 Verwandten, wäscht, bügelt, putzt und im Garten arbeitet. Noch dazu brauchte das Ehepaar auch nachts oft Pflege. Schließlich wandte sich die Polin an das „Beratungsbüro für entsandte Beschäftigte“ im Berliner Haus des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Dort wurde klar, dass die Pflegerin statt eines Arbeits- nur einen „Auftragsvertrag“ hatte – sie war eine Scheinselbstständige. Für Beraterin Bettina Wagner ist es ein „klassischer Fall von Sozialversicherungsbetrug“. Polnische Ämter wurden informiert und die Agentur aufgefordert, die Überstunden zu bezahlen. Die Polin ist ihren Job unterdessen los und wurde laut Wagner „gegen eine andere Frau ausgetauscht“.
Die Zahl hilfesuchender Arbeitnehmer wächst
Im Kampf gegen die Ausbeutung von Wanderarbeitern in Berlin und Brandenburg bekommt das seit fünf Jahren bestehende Beratungsbüro immer mehr zu tun. Allein vorigen Jahr wandten sich 1816 Hilfesuchende an die vier Mitarbeiterinnen – damit stieg die Zahl im Vergleich zum Jahr 2011 um mehr als das Vierfache.
Die meisten Opfer von Lohndumping und schlechten Arbeitsbedingungen stammen aus Polen, Rumänien, Moldawien und Bulgarien. Sie arbeiten vor allem auf dem Bau, im Dienstleistungssektor und bei Reinigungsfirmen. Dass es im Baubereich 2015 einen leichten Rückgang der Beratungen gab, liegt den Angaben zufolge nur daran, dass ein Jahr vorher wegen mehrerer großer Bauprojekte besonders viele Beschwerden eingegangen waren – der bekannteste Fall war die Ausbeutung rumänischer Arbeiter bei der Errichtung des Shoppingcenters „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz in Mitte.
Jetzt werden auch Flüchtlinge vor dubiosen Firmen gewarnt Das Beratungsbüro betreibt der Verein „Arbeit und Leben“ im Auftrag des DGB, Fördergelder kommen von der Landesregierung. Auf Wunsch der Berliner Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) wurde die Zuständigkeit im Januar von der Wirtschafts- zur Arbeitsverwaltung verlagert.
Eine neue Aufgabe gibt es auch: Seit April versucht man, Flüchtlinge vor dubiosen Arbeitgebern zu schützen. Manche Firmen hätten geflohene Menschen „als noch billigere Arbeitskräfte entdeckt“, sagte Dilek Kolat am Mittwoch bei einem Besuch im Beratungsbüro. Laut der Vorsitzenden des DGB–Bezirks Berlin-Brandenburg, Doro Zinke, werden bereits „Multiplikatoren“ wie Deutschlehrer in Volkshochschulen und Leiter von Flüchtlingsheimen geschult, damit sie Warnungen weitergeben. Senatorin Kolat regte zudem an, Poster in Flüchtlingsunterkünften auszuhängen.
Unterdessen würden Rumänen und Bulgaren als Folge der Arbeitnehmerfreizügigkeit „jetzt in mehr Branchen angestellt“, sagte Kolat. Für Menschen aus diesen beiden EU-Staaten ist der deutsche Arbeitsmarkt erst seit Anfang 2014 vollständig geöffnet. Scheinselbstständige melden Gewerbe an – und die Ämter sind machtlos In der Baubranche jedoch gebe es „immer noch viel Scheinselbstständigkeit“, sagte Kolat. Einig war sie sich mit DGB-Landeschefin Zinke darin, dass Bezirksämter die Gewerbeanmeldungen häufiger „hinterfragen“ müssten, wenn offensichtlich sei, dass es um Scheinfirmen gehe. Mit unter erscheine ein Strohmann im Namen Dutzender Personen in einem Amt, sagte Wolfgang Möller, der das Referat für Arbeits- und Tarifrecht, Arbeitsgerichtsbarkeit und Schwarzarbeitsbekämpfung in der Senatsverwaltung leitet. Es gebe sogar einen „Ämtertourismus“: Antragsteller suchten sich die Bezirke aus, in denen sie die wenigsten Nachfragen erwarteten.
Für den Umgang mit Gewerbeanmeldungen „brauchen wir in jedem Bezirk zwei spezialisierte Leute“, forderte Zinke.
Bisher müssten „Allrounder“ die Aufgabe mit übernehmen und könnten meist „nur im Schnellverfahren den Stempel drauf drücken“.
Total abhängig vom Arbeitgeber
Wanderarbeiter wagten es oft nicht, sich an das Beratungsbüro zu wenden, sagen dessen Mitarbeiterinnen. Viele Betroffene fürchteten den Jobverlust und stünden in „kompletter Abhängigkeit“ vom Arbeitgeber oder Vermittler, der auch den Wohnraum vermiete. Das zeigt beispielsweise der Fall zweier Rumänen, die zwei Monate in einem Schlachthof gearbeitet hatten.
Als sie sich bei einem Mittelsmann über fehlende Verträge und lange Arbeitszeiten beschwerten, wurden sie aufgefordert, ab sofort nicht mehr zur Arbeit zu kommen und eine Gemeinschaftsunterkunft zu räumen. Auch ihren Lohn bekamen die Rumänen erst, nachdem sie sich an die Berliner Helfer gewandt und diese Druck gemacht hatten.
Sklaverei mitten in Europa: Wer profitiert von kostenlosen Gastarbeitern?
Laut offiziellen Informationen sind allein im vorigen Jahr 187.000 Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten in die EU-Länder gekommen. Viele von ihnen wurden aber Opfer von Kriminellen, die sie zu kostenloser Arbeit zwingen.
„Der Menschenhandel wird oft als moderne Sklaverei bezeichnet, aber das Phänomen, mit dem wir es zu tun haben, unterscheidet sich stark vom transatlantischen Sklavenhandel der alten Zeiten“, sagte die Exekutivsekretärin der Expertengruppe für Vorbeugung des Menschenhandels beim Europarat (Greta), Petya Nestorova. „Sklaven tragen inzwischen keine Ketten und Fesseln und gelten nicht mehr als Eigentum der Menschen, von denen sie ausgebeutet werden. In den meisten Fällen sind die Opfer selbst bereit, unter schrecklichen Bedingungen zu arbeiten und dafür kaum bezahlt zu werden.“
So erzählte ein 33-jähriger Einwanderer, der mit seiner Familie in Ungarn gearbeitet hatte, dass er jeden Tag erniedrigt und am Ende gar nicht bezahlt worden sei. Und sein Sohn sei brutal verprügelt worden – jedes Mal, wenn er die Arbeit selbst für eine Minute unterbrach.
moslemische Mädchen in Deutschland
Eurabia: „Deutschland kapituliert vor dem Islam“ – Islamkritiker Bassam Tibi Ebenfalls in Ungarn soll sogar ein 85-jähriger Zuwanderer zur Arbeit gezwungen worden sein. Und eine 15-jährige junge Frau aus Togo kam als Touristin nach Paris. Ihr soll versprochen worden sein, die nötigen Unterlagen auszufertigen, und für ihr Flugticket und andere Hilfe sollte sie einige Zeit als Haushaltshilfe arbeiten. Am Ende aber nahm man ihr ihren Pass weg und zwang sie, kostenlos als Dienerin und Kindermädchen zu arbeiten. Sie musste 15 Stunden am Tag ohne Ruhetage arbeiten, durfte das Haus nicht verlassen, und nur als die Nachbarn ihrer „Hausherren“ Anzeige erstatteten, wurde sie befreit. Noch mehr als das: Die Hausherren wurden von einem französischen Gericht freigesprochen, und erst das Europäische Menschenrechtsgericht verfügte, dass das Opfer entschädigt werden soll. Europaweit gebe es Tausende solche Geschichten, behaupten die GRETA-Expertin Nestorova und Jacqueline Larsen von der Menschenrechtsorganisation Walk Free Foundation. Die Menschen werden belogen, eingeschüchtert und erpresst, um zur Arbeit gezwungen zu werden. Oft bleiben die Migranten ihren Beförderern nach Europa schuldig und müssen diese Schulden quasi begleichen.
Der Menschenschmuggel nach Europa hat Experten zufolge seinen Höhepunkt erreicht. Das 2016 gegründete Europäische Zentrum für Vorbeugung der Schlepperei (EMSC) berichtet über mindestens 65.000 Schmuggler, die Menschen aus Nordafrika über das Mittelmeer nach Europa befördern. Das soll zweimal so viel wie 2015 sein.
Im Schatten des Döners:
Wie Willkommenskultur Schweden zum Verhängnis wurde „Der Menschenschmuggel und Menschenhandel sind zwar zwei verschiedene Verbrechen, aber in Wahrheit gehen sie oft Hand in Hand“, sagte Petya Nestorova. „Flüchtlinge gibt es sehr viele. Sie alle sind sehr anfällig und können leicht zu modernen Sklaven gemacht werden. Denn was wir genau wissen, ist offenbar nur die Spitze des Eisbergs.“ „Besonders anfällig sind in dieser Hinsicht arme Menschen, Minderjährige und Frauen“, sagte ihrerseits Jacqueline Larsen. Es seien viele Fälle bekannt, wo kriminelle Gruppierungen extra Kinder jagten, die als Flüchtlinge registriert waren, um diese Kinder zu Sexsklaven zu machen. Viele mussten auch in der Landwirtschaft, in Fabriken arbeiten und mussten mit Drogen handeln.
„Frauen aus Zentralafrika arbeiten üblicherweise als Haushaltshilfe oder sind Prostituierte. Nigerianerinnen tun das beispielsweise in Italien, Belgien, Frankreich, Spanien, Schweden und den Niederlanden“, führte Larsen an.
Die Sexsklaverei sei und bleibe das größte Ziel des Menschenhandels, geht aus dem jüngsten GretaBericht hervor. Aber auch Männer werden immer häufiger versklavt und arbeiten in der Landwirtschaft, beim Fischfang, in Fabriken usw. Besonders beunruhigend sei die Situation in Ländern wie Rumänien, Griechenland, Italien, Bulgarien, Zypern, Portugal, Serbien und Großbritannien.
Flüchtlinge werden in Libyen als Sklaven verkauft!
Sklaverei in Libyen ist an der Tagesordnung. Es trifft Migranten aus Afrika, die nach Europa wollen und in dem nordafrikanischen Land in die Hände von Milizen fallen. Kopfüber wie Schlachtvieh hängen die drei jungen Afrikaner auf offener Straße mit gefesselten Füßen an einem Fenstergitter. Einem anderen, in dessen Gesicht Todesangst und Panik stehen, hält der libysche Peiniger einen Revolver an die Schläfe.
Viele Opfer auf den Fotos, die vor wenigen Tagen im Internet auftauchten, haben offene Wunden am ganzen Körper oder liegen gefesselt am Boden, während Milizionäre in frisch gebügelten Tarnuniformen sie mit Stiefeln traktieren. Vor zwei Wochen wurde dem US-Sender CNN ein Handyvideo zugespielt, auf dem zu sehen ist, wie Migranten aus Afrika für 400 Dollar als Sklaven für Feldarbeit verkauft werden.
Solche Auktionen sind kein Einzelfall in dem Post-Gaddafi-Staat, wie CNN-Recherchen in der Umgebung von Tripoli ergaben. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) prangerte den Sklavenhandel bereits im April an, ohne international Gehör zu finden. „Du bist ihnen völlig ausgeliefert“, sagte einer der Gequälten, „sie können mit dir machen, was sie wollen.“ Selbst während der Zwangsarbeit seien sie von ihren Besitzern misshandelt worden.
Auktion unter freiem Himmel
Sobald die afrikanischen Migranten in Libyen aus dem Bus stiegen, gerieten sie in eine Mordmaschine hinein, erläuterte ein IOM-Mitarbeiter vor Ort. Die Ankömmlinge würden ausgeraubt und gefoltert, ihre Familien angerufen, um Lösegeld zu erpressen. „Und dann werden sie verkauft, unglaublich, unter freiem Himmel auf öffentlichen Auktionen – so etwas passiert überall im Land.“
In mehreren europäischen Städten kam es zu Protestdemonstrationen gegen die Sklaverei. Auf Antrag Frankreichs befasste sich der UN-Sicherheitsrat mit den Zuständen. Man müsse die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, forderte Frankreichs Außenminister JeanYves Le Drian. Doch das ist leichter gesagt als getan in einem Land, in dem praktisch kein Staat existiert, und stattdessen hunderte bewaffneter Milizen das Heft in der Hand haben.
Auch auf dem EU-Afrika-Gipfel, der am Mittwoch und Donnerstag in Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste, stattfindet, soll das Thema zur Sprache kommen. Gastgeber Alassane Ouattara, der Präsident des westafrikanischen Landes, erklärte, er empfinde „Ekel und Abscheu“ über die Vorfälle in Libyen.
Die Verantwortlichen müssten vor den Internationalen Strafgerichtshof gebracht werden. Er werde die Sklaverei in der Runde der 80 Regierungschefs aus Afrika und Europa zum Thema machen, kündigte Ouattara an. Die EU-Kommission wiederum will durch langfristige Entwicklungsprogramme erreichen, dass sich nicht mehr so viele junge Menschen auf den Weg in Richtung Europa machen.
Europas neue Sklaven!
Auch die afrikanischen Erntehelfer in der Ebene von Rosarno, Herz der kalabrischen ZitrusfruchtProduktion, sind zumeist als Bootsflüchtlinge über Lampedusa aufs italienische Festland gekommen. Einmal, vor rund sechs Jahren, haben auch sie es in den Fokus der Medien geschafft: Nach gewalttätigen Übergriffen auf Migranten war es in Rosarno zu einem Aufstand der afrikanischen Erntehelfer gekommen. Sie gingen auf die Straße, um gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen zu protestieren. Geändert habe sich seither nichts, sagen die an der Universität Innsbruck tätigen Kulturanthropologen und Ethnologen Gilles Reckinger und Diana Reiners.
Während der Asylverfahren landen die Flüchtlinge in Italien buchstäblich auf der Straße. Die Arbeit auf den Obstplantagen ist für viele die einzige Chance, sich ein Überleben zu sichern. Von November bis Februar ist in Rosarno Hochsaison – geschätzte 2000 afrikanische Migranten verdingen sich dann als Erntehelfer, warten und hoffen auf dem „Straßenstrich“ für Arbeiter darauf, dass eines der Rekrutierungsfahrzeuge sie mitnimmt. Die Bauern, unter dem Druck multinationaler Getränkekonzerne und Mafiosi Strukturen, zahlen schlecht, legale Arbeitsverträge gibt es kaum. 50 Cent bekommt ein Erntehelfer pro 22-Kilo-Kiste mit Zitrusfrüchten, 25 Euro pro Tag lassen sich verdienen, von denen das Arbeiter-„Taxi“ fünf Euro gleich wieder einbehält.
Aber Arbeit, sagt Reckinger, gebe es bei Weitem nicht jeden Tag, die Konkurrenz sei groß, mehr als 100, vielleicht 200 Euro pro Monat seien nicht zu verdienen. Die Arbeiter leben in extremer Armut und sozial ausgegrenzt, fern von jeglicher medizinischer Versorgung, in Slums an den Rändern von Rosarno.
Reckinger und Reiners haben zusammen mit Fotografin Carole Reckinger zahlreiche Reisen dorthin unternommen, um die Lebensbedingungen der Migranten kennen zu lernen. „Bitter Oranges“ nennt sich die derzeit laufende Ausstellung im Künstlerhaus Büchsenhausen, die im Rahmen des Forschungsschwerpunkts „Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte“ von Universität Innsbruck und Südwind Tirol entstanden ist. Und in der auch jene Fotografien gezeigt werden, die die Flüchtlinge selbst von ihren skandalösen Lebensumständen gemacht haben. „Wir sind Sklaven“, sagt einer der Arbeiter im Interview. Ein anderer hat den Ethnologen einen mit der Handykamera aufgenommenen Film über die Behausungen aus Kartons und Plastikplanen mitgegeben – mit der Bitte, ihn zu veröffentlichen, damit die Welt auf die Lage der Menschen hier aufmerksam wird.
Man müsse sich auch bewusst sein, sagt Reckinger, „dass wir jeden Tag Menschen über den Brenner zurück in diese Lebensumstände abschieben“. Es geht den Wissenschaftlern außerdem um einen Blick auf die strukturelle Situation von Migranten und den Zustand der europäischen Landwirtschaft – schließlich hat zuletzt auch die Ausbeutung von Erntehelfern in Tirol Schlagzeilen gemacht. Das Leid der Flüchtlinge in Rosarno ist nach der Zitrusfrucht Saison übrigens keineswegs vorbei: Sie ziehen weiter zur Tomatenernte nach Foggia oder zu den Erdbeeren in Salerno. Die Früchte ändern sich. Die Bedingungen bleiben die gleichen.
Die deutsche Bundesregierung spielt mit den Flüchtlingen!
Es sind Menschen die sich hier in Deutschland eine Zukunft aufbauen wollten mit der Hoffnung hier zu bleiben aber die Bundesregierung spielt mit der Gesundheit und dem Leben dieser Menschen. In den Flüchtlingslagern angekommen geht es weiter man schickt Sie zu den Jobcentern um den Menschen billige Arbeit zugeben was kein anderer Mensch machen würde hier in Deutschland.
Sie werden dann zu den Leihfirmen geschickt um da zuarbeiten, die Flüchtlinge selbst sprechen sehr wenig deutsch und haben meistens keine richtige oder keine Ausbildung. Diese Menschen werden ausgenutzt bis zum geht nicht mehr niedrige Löhne und dabei bekommen Sie noch nicht einmal den Mindestlohn was man Ihnen versprochen hatte. Und die deutsche Regierung sieht einfach zu und unter nimmt nichts dagegen gegen dieser Ausbeutung weil die deutsche Regierung verdient ja auch mit daran. Damals als es hieß von der deutschen Regierung aus kommt nach Deutschland wir werden euch helfen da haben viele die Hoffnung gehabt jetzt haben wir eine Zukunft und ein besseres Leben. Aber dann als Sie nach Deutschland gekommen waren mussten Sie feststellen das Sie belogen wurden waren von Merkel von Merkel und Co und das man Ihnen eine Arbeitswelt vorgespielt hatte die dann in Wirklichkeit ganz anderes aussah. Viele der Flüchtlinge wurden dann wieder abgeschoben in Ihr eigenes Land und die Regierung selbst war damit überfordert mit den ganzen Flüchtlingen. Man hatte die Flüchtlinge benutzt und dann wieder ausgespuckt wie ein Kaugummi das anderer Problem ist das sich die Flüchtlinge nicht mit den Gesetzen auskennen und genau das wird ausgenutzt von den Zeitarbeitsfirmen. Und die andere Kehrseite ist wenn diese Menschen dann wieder in Ihren eigenen Land zurück gekehrt sind dann werden Sie sogar meistens von Ihren eigenen Verwandten verstoßen und sogar als Fremde behandelt in Ihren eigenen Land. Die deutsche Regierung achtet nicht darauf ob es Ihnen gut geht oder schlecht Sie werden einfach wie Wild ausgesetzt und müßen dann selbst damit zurechtkommen. Nur das schon viele die zurück in Ihr eigenes Land gekommen sind Selbstmord gegangen haben sowas wird nicht in den Medien gezeigt weil Sie eben wie schon geschrieben von Ihren Verwanden eiskalt stehen gelassen werden. Das Schicksal dieser Menschen ist der Bundesregierung egal die Hauptsache ist es Geld aus den Flüchtlingen zu machen und dann wieder
wie Müll weg zuwerfen. Es sind ja nur Menschen die man als Verfallsdatum sehen kann so denkt die Merkel Regierung und Co und das kann man nicht abstreiten es nun mal leider die pure Wahrheit hier in Europa.
Warum Firmen so viele Leiharbeiter beschäftigen?
Leiharbeit hat in Deutschland deutlich zugenommen. Während Geflüchtete davon profitieren, macht sie andere krank.
Zwei Wochen hier arbeiten, zwei Wochen da, so hat Michael W.* die letzten zehn Jahre gelebt. Nach der Schule hat er keine Ausbildung gemacht, sondern hat als 18-Jähriger bei einer Zeitarbeitsfirma angefangen. Als Arbeiter. Seitdem ist es seine Aufgabe, die Waren, die ein Kunde im Internet bestellt hat, im Lager zu suchen und sie für den Versand korrekt zu verpacken. Die längste Zeit, die er bei ein und demselben Arbeitgeber blieb, war ein Jahr. Meist wechselte er monatlich. Oder öfter. Dass er mal gar keine Arbeit hatte, kam nur einmal vor, für zwei Wochen. Trotzdem belastete ihn die Art des Arbeitens. Er wusste nie, wie lang er irgendwo bleiben wird. Was danach kommt. Wie weit er dann morgens fahren muss und wohin. „Wenn die Kollegen nett waren“, sagt Michael W., „fiel es mir besonders schwer, wieder zu gehen.“
Fast eine Million Leiharbeiter gibt es in Deutschland In den vergangenen Jahren hat Leiharbeit in Deutschland deutlich zugenommen. Im Dezember 2016 gab es mit 993.000 fast eine Million Leiharbeitskräfte, 4,4 Prozent mehr als 2015. In Berlin stieg die Zahl von 33.905 auf 39.825. Das ging kürzlich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Im Vergleich zu 2013 sei das ein bundesweiter Anstieg um 16,4 Prozent.
Seit 2003 habe sich die Zahl sogar verdreifacht. Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, kritisierte: Leiharbeit sei vor allem durch sehr kurze Arbeitsverhältnisse geprägt – so wie es Michael W. beschreibt. Die knappe Mehrheit sei nach Angaben der Bundesregierung spätestens nach drei Monaten beendet worden. 22,3 Prozent dauerten länger als neun Monate, 14,1 Prozent länger als 15 Monate. „Leiharbeit ist organisierte Lohndrückerei , die mittlerweile eine fatale Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielt“, sagte Ernst.
Arbeit auf Zeit verunsichert nicht nur oder führt zu Existenzängsten. Laut der Techniker Krankenkasse (TK) waren Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter im letzten Jahr auch durchschnittlich 20,3 Tage und damit 5,6 Tage länger krankgeschrieben als andere Beschäftigte in Deutschland. „Eine Ursache ist der häufige Wechsel der Arbeitsplätze, denn damit steigt das Unfallrisiko“, sagt DGB-Experte Johannes Jakob. Leiharbeiter übten öfter anstrengende, auch monotone Tätigkeiten aus, hätten längere Fahrtwege zur Arbeit, die Arbeitszeiten wechselten regelmäßig und die Menschen müssten sich immer wieder an neue Betriebssituationen anpassen. Was nicht jedem liegt.
Die Leiharbeiter werden gerne als Puffer eingesetzt Den Anstieg der Leiharbeit begründet Elke Jahn, Forscherin beim Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), mit dem „Beschäftigungsaufbau insgesamt“. Denn: Lag der Anteil von Leiharbeit 2015 bei 2,67 Prozent, liegt er nach ihren Berechnungen jetzt bei 2,75 Prozent, was „nicht überproportional viel“ sei. Außerdem würden viele Unternehmen davon ausgehen, dass sich die derzeit gute Konjunktur demnächst wieder abschwächen könne. „Die Leiharbeiter werden, wenn es viele Aufträge gibt, gern als Puffer eingesetzt, weil man die Arbeitsverhältnisse schnell beenden kann, wenn es wieder schlechter läuft“, erklärt sie.
Zeitarbeit sei an sich ein sehr heterogenes Feld:
Da gebe es Konzerne wie Amazon und die Deutsche Post, die das Instrument für die auftragsreiche Vorweihnachtszeit nutzen und dafür schon oft kritisiert wurden. Es gebe aber auch Firmen, die hoch qualifizierte Ärzte vermittelten. Als Ersatz für einen Berufskollegen, der in den Urlaub fährt, aber will, dass seine Patienten versorgt sind.
Vor allem Geflüchtete finden so schneller einen Job Soll die IAB-Forscherin die Chancen von Leiharbeit benennen, kommt sie schnell zur Integration von Geflüchteten. Da sie die deutsche Sprache mühsam erlernen müssen, das Arbeitssystem hierzulande ein anderes ist, als sie es aus der Heimat kennen, und ihnen oft Qualifikationen und Zeugnisse fehlen, ist die Zeitarbeit für sie ein schneller und unkomplizierter Weg, einen Job zu finden. Die Möglichkeit, überhaupt irgendwas zu tun. Da verwundert es nicht, dass Flüchtlinge laut einer IABStudie bislang am häufigsten einen Job bei einer Zeitarbeitsfirma bekommen haben.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) liegt der Anteil derer, die keinen Berufsabschluss haben, im Bereich der Leiharbeit bei 27 Prozent; bei allen Beschäftigten sind es 15 Prozent. Würde allgemein jeder Fünfte eine Helfertätigkeit ausüben, sei das unter den Leiharbeitern mehr als die Hälfte. Deswegen bietet Leiharbeit auch Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen eine Chance, überhaupt eine Stelle zu finden.
Die Löhne sind niedrig Gegen Zeitarbeit spricht, dass sie immer wieder ausgenutzt wird, um niedrige Löhne zu zahlen, denen manche, wie Michael W. erzählt, „lange hinterherlaufen müssen“. Der Durchschnittslohn in der Leiharbeit liegt nach Antwort der Bundesregierung bei 58 Prozent des allgemeinen Durchschnittslohns. 1816 Euro pro Monat bei Leiharbeit stünden 3133 Euro bei Vollzeittätigkeit gegenüber. Wobei man hier laut Jahn „Äpfel mit Birnen“ vergleichen würde. Die Differenz bei Beschäftigten mit gleichen Qualifikationen liege bei 15 bis 20 Prozent. Dennoch fehlt Zeitarbeitern eine finanzielle Planungssicherheit. „Viele bleiben in der Zeitarbeit stecken, warten, bis sie vielleicht irgendwann übernommen werden“, sagt sie.
Dem Klebeeffekt, das heißt, die Zeitarbeiter werden vom Kundenunternehmen in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis übernommen, komme ihrer Meinung nach nur eine geringe Bedeutung zu. Die Ergebnisse der Anfrage der Linken hatten ergeben: Fast die Hälfte der Leiharbeitskräfte, deren Arbeitsverhältnis beendet wurde, war nach 30 Tagen immer noch ohne Beschäftigung. Nur jeder Vierte hatte ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Leiharbeit gefunden.
Im besten Fall wird der Leiharbeiter als reguläre Kraft übernommen Dennoch kann Zeitarbeit laut Jahn ein Sprungbrett in einen regulären Job sein, wenn die Berufserfahrungen in der Zeitarbeit dazu führen, dass Arbeitgeber sie im Vergleich zu Personen, die aus der Arbeitslosigkeit heraus eine Stelle suchen, bevorzugt einstellen. In einer Studie fand sie heraus: Bei deutschen Arbeitslosen steigt die Wahrscheinlichkeit, aufgrund der Zeitarbeit einen regulären Job zu finden, um 15 Prozent. Bei arbeitslosen Ausländern sogar um 17 Prozent.
Die große Koalition hatte in dieser Wahlperiode auf Initiative der SPD hin die Regeln für Leiharbeit und Werkverträge verschärft. Nach dem seit April geltenden Gesetz wird der Einsatz von Leiharbeitern auf 18 Monate beschränkt. Danach muss das Unternehmen sie übernehmen. Zudem müssen Leiharbeiter nach der Neuregelung nach neun Monaten den gleichen Lohn erhalten wie die Stammbelegschaft. Ernst kritisierte den Kompromiss der Koalition: „Wenn es die SPD mit sozialer Gerechtigkeit ernst meint, darf sie nicht ständig vor der Arbeitgeberlobby einknicken.“
Michael W.* ist seit fünf Monaten bei der Zeitarbeitsfirma „Meyer Fachkräfte“ angestellt. Seitdem war er immer beim gleichen Arbeitgeber, wurde übertariflich bezahlt. Nächsten Montag beginnt er mit seinem neuen Job, einem festen, wenn auch zunächst nur auf ein Jahr befristet. Für ihn ist das eine lange Zeit.
Flüchtlinge in der Zeitarbeit
Der lange Weg zur Integration – Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland Eine aktuelle Studie des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie Flüchtlinge in Deutschland eine berufliche Perspektive entwickeln. Demnach haben rund 13 Prozent aller befragten Unternehmen im vierten Quartal 2016 jemanden eingestellt, der seit dem Jahr 2014 in Deutschland Schutz vor Verfolgung und Krieg suchte. 16 Prozent planen eine Einstellung und acht Prozent der Betriebe die Ausbildung von Flüchtlingen.
Die Zeitarbeitsbranche schafft Perspektiven Die größte Bedeutung bei der Schaffung von beruflichen Perspektiven für Flüchtlinge haben nach Erkenntnissen des IAB die deutschen Zeitarbeitsunternehmen. Von den befragten Betrieben hat mehr als jeder Vierte bereits Erfahrungen mit Flüchtlingen gesammelt, also konkret Bewerbungs- und Vorstellungsgespräche geführt. Damit liegt diese Branche deutlich vorne. Ihr folgen Betriebe des Gastgewerbes und der Bereiche Erziehung und Unterricht.
Armes Deutschland: »Tafel« in Essen zieht die Notbremse – Aufnahme nur mit deutschem Ausweis!
Die Tafel in Essen hat jetzt die Notbremse gezogen. Nachdem sich in der jüngeren Vergangenheit das Kundenklientel extrem geändert hatte (dreiviertel waren Ausländer), nimmt man nur noch Neukunden nach Vorlage eines deutschen Ausweisdokumentes auf.
Die Tafeln versorgen bundesweit an über 3.000 Ausgabestellen bedürftige Menschen mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs. Durch die Tafeln werden pro Woche rund 1,5 Millionen Menschen versorgt.
Für die regionalen Tafeln gibt es unterschiedliche Träger. Mal sind es karitative Institutionen, mal kirchliche Verbände, mal eigenständige Vereine. In der Regel sind die Träger auf Zuwendungen in Form von Spenden angewiesen.
Doch auch hier gibt es Ausnahmen, wie kurz vor Weihnachten die Kreisdiakonie in Sonneberg unter Beweis stellte. Sie ist Trägerin der dort örtlichen Tafel, scheint aber über derart viel Geld zu verfügen, dass sie eine Spende eines Bundestagsabgeordneten der AfD hochmütig ablehnte und zurücksendete.
Doch das ist wirklich nur eine Ausnahme, denn in der Regel sind die Tafeln und ihre Träger für jede Spende dankbar. Zumal es sich herausgestellt hat, dass Merkels Propaganda (»den Menschen in diesem Land geht es so gut wie nie«) in keiner Form der Realität entspricht.
Sowohl die Zahl der von Armut betroffenen oder bedrohten Kinder wie auch Senioren und selbst Erwerbstätigen war noch nie so hoch wie aktuell. Daher versorgen sich immer mehr Menschen bei den Tafeln.
Aber auch die ohnehin schon so gut wie rundumversorgten »Flüchtlinge« haben in der jüngeren Vergangenheit die Tafeln für sich entdeckt und insbesondere die Alten aus dem Kreis derer, »die schon länger hier leben« (noch einmal Merkel), in hohem Maße verdrängt (Im Iran kämpfen Frauen gegen das Kopftuch, Deutschland wirbt damit).
Für die Essener Tafel war es nun höchste Zeit, die Notbremse zu ziehen. Nachdem sich ihr Kundenklientel in kurzer Zeit derart verändert hatte, dass Dreiviertel aller vorstellig werdenden Personen Ausländer gewesen sind, hat man sich nun bei den Verantwortungsträgern der Tafel in der Ruhrmetropole dazu entschieden, Neukunden nur noch dann aufzunehmen, wenn sie ein deutsches Ausweisdokument vorlegen können.
Der Vorsitzende Sartor sprach es ganz unverblümt aus: »Wir wollen, dass auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt.« Gerade ältere Frauen und alleinerziehende Mütter hätten sich durch die zunehmende Anzahl fremdsprachiger junger Männer in der Warteschlange abgeschreckt gefühlt.
Er, Sartor, habe bei diesen jungen Männern selbst einen gravierenden Mangel an Respekt gegenüber Frauen festgestellt. Diese Vorgabe bleibe bestehen, bis die Waage wieder ausgeglichen ist, so Sartor (Deutschland außer Rand und Band: Zwischen Werteverfall, Political (In)Correctness und illegaler Migration (Videos)).
Kommentar:
Die letzten beißen die Hunde
Courage ist eine rare Tugend. Die Essener Tafel hat sie gezeigt: Ihre Entscheidung, vorläufig nur noch Deutsche als Neukunden aufzunehmen, verfolgt ein nobles und im besten Sinne soziales Anliegen – die zu schützen, die als Schwächste ganz an den Rand gedrückt werden und sich alleine nicht mehr wehren können.
Und das sind nicht die zu „Flüchtlingen“ hochstilisierten Heerscharen illegaler Einwanderer, die von einer breiten Phalanx von Unterstützern und Lobbyisten verhätschelt und privilegiert werden: Politiker, Asyl-Industrielle, Willkommens-Medien und Steuergeld-Verteiler jeder staatlichen und nichtstaatlichen Sorte (Geldverschwendung für Flüchtlinge – Immer mehr Städte sagen „Nein“).
Sondern die alleinstehende, verarmte Rentnerin, die alleinerziehende deutsche Mutter, die nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen. Die bislang vom verbilligten Lebensmittelangebot der Tafeln wenigstens ein Stück weit aufgefangen wurden und die sich jetzt wieder mitleidlos verdrängt sehen.
Von fordernd auftretenden, kräftigen jungen Männern aus Afrika und dem vorderen Orient, die sich auch hier rücksichtslos nehmen, was ihnen aufgrund des Rechts des Stärkeren, des Zahlenstärkeren zumal, zuzustehen scheint.
Sartor nennt den „ Verdrängungsprozess “, die Rücksichtslosigkeit und Respektlosigkeit gegenüber Frauen und Alten beim Namen und zieht die Notbremse zum Schutz der Schwächsten.
Dafür wird er mit wütender, geifernder, polemischer Kritik überzogen. „Entsetzlich“, „menschenverachtend“, „Nazi-Praktiken“ – wenn die Restdeutschen sich nicht komplett verdrängen lassen, steht das also auch schon unter Schwefelverdacht.
„Pro Asyl“, Wohlfahrtsverbände, Grüne, CDU, sie alle prügeln munter auf den Essener Tafelverein ein. Selbst die unvermeidliche Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli meldet sich zu Wort: „Essen nur für Deutsche“ – da laufe es ihr „eiskalt den Rücken runter“.
Als kräftige junge Afrikaner deutsche Rentnerinnen und Mütter zur Seite stießen, um selber schneller an die Töpfe zu gelangen, blieb ihr Rücken natürlich warm. Auch als die Schottener Tafel im vergangenen Jahr ankündigte, moslemische Asylbewerber bevorzugt zu bedienen, damit die von diesen verschmähten Produkte anschließend an den ungläubigen Rest verteilt werden können, hatte die Scharia-Staatssekretärin offenkundig keinen Grund zum Protestieren. Deutschen- und Ungläubigen Verachtung ist ja salonfähig.
Auf eine Bewertung wie Cheblis „Migranten ausgeschlossen“ muss man sowieso erst einmal kommen bei 75 Prozent Migrantenanteil unter den Kunden der Essener Tafel, der lediglich nicht größer werden soll. Soziale Gerechtigkeit herrscht wohl erst dann, wenn der doofe Restdeutsche widerstandslos alles herausrückt und sich überall still und klaglos zurückzieht.
Die Wut, mit der der Essener Tafel-Vorsitzende attackiert wird, hat freilich einen tieferen Grund: Seine Maßnahme hat die seit Jahren unisono verbreiteten Lebenslügen der Asyl- und Einwanderungslobby zum Platzen gebracht.
Es stimmt eben nicht, dass „keinem etwas weggenommen“ wird, wenn man Millionen Kostgänger zusätzlich ins Land holt.
Und ehrenamtliches Engagement kann nicht unbegrenzt auffangen, was der Staat seinen Bürgern ungefragt zumutet.
Die Verdrängung ist die unvermeidliche Begleiterscheinung der Invasion. Die Zustände an der Essener Tafel bringen im Kleinen ungeschminkt an den Tag, was sich im großen Maßstab Tag für Tag vollzieht. Die letzten beißen nicht nur die Hunde, sie haben auch keine Lobby.
Weder im Polit-Establishment, noch bei den Linken mit der großen Sozial-Klappe, und auch nicht in der Sozialbürokratie, die genau wie alle anderen mit den stärksten Wölfen heult.
Der Essener Tafel-Chef hat es trotzdem gewagt, sich für sie in die Bresche zu werfen. Dafür gebührt ihm Dank und Respekt. Hoffentlich bleibt er standhaft, und hoffentlich bleibt er nicht der einzige, der den Mut dazu aufbringt (EU-Papier beweist! Es ging nie um „Flüchtlinge“, sondern um eine geplante „Neuansiedlung“).
Ein Beispiel aus München zeigt, wie sehr Zeitarbeit die Integration nicht nur fördern, sondern was sie konkret leisten kann. Das gemeinnützige Zeitarbeitsunternehmen Social-Bee GmbH beschäftigt ausschließlich Flüchtlinge. Es hat ein eigenes Personalentwicklungs-Programm aufgestellt, mit dem Flüchtlinge nicht nur Deutschkenntnisse, sondern auch andere wichtige Soft Skills erwerben können, die für die Integration im Berufsleben von wesentlicher Bedeutung sind.
Signifikanter Sprungbretteffekt der Zeitarbeit für Flüchtlinge Rund jedes achte Zeitarbeitsunternehmen hat bereits Einstellungen von Flüchtlingen vorgenommen und damit einen wichtigen Beitrag zu deren beruflicher und gesellschaftlicher Integration geleistet. Das wird durch eine andere Studie des IAB aus dem Jahr 2016 untermauert. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass Zeitarbeit für viele Ausländergruppen einen stärkeren Sprungbretteffekt in andere Beschäftigungsverhältnisse aufweist, als bei deutschen Arbeitnehmern.
Auch die Macher von Social-Bee verstehen sich als Sprungbrett und wollen ihre Mitarbeiter in die Lage versetzen, nach spätestens 18 Monaten in den regulären Arbeitsmarkt zu wechseln.
Deutschland braucht mehr Fachkräfte Es steht außer Frage, dass es in Deutschland mittel- bis langfristig nicht nur an Fachkräften, sondern auch generell an Arbeitskräften fehlen wird. Flüchtlinge könnten und können hier eine wertvolle Unterstützung leisten. Allein schon deswegen, weil die meisten von ihnen zwischen 20 und 25 Jahre alt sind. Da kann es schon erstaunen, dass nur rund 16 Prozent aller vom IAB befragten Unternehmen planen, einen oder mehrere Flüchtlinge einzustellen.
Ohne Sprachkenntnisse keine Perspektive Als Hauptgrund dafür, bisher keine Flüchtlinge eingestellt zu haben, wurden mangelnde Sprachkenntnisse genannt. Denn ohne die Möglichkeit, sich zu verständigen, ist die Einarbeitung oder die Übertragung von Aufgaben schwierig bis unmöglich.
Auf der anderen Seite können geduldete Flüchtlinge keine amtlichen Deutschkurse besuchen. Der Zugang zu Förder- und Qualifizierungsmaßnahmen ist ihnen erst nach einem positiven Asylbescheid möglich. Integration kann so also erst beginnen, wenn über den Asylantrag entschieden wurde. Dies ist immer noch oft mit monatelangen Verzögerungen verbunden.
Paragraph
Der Gesetzgeber stellt die Weichen Seit Oktober 2015 sind jedoch zumindest gesetzliche Regelungen gelockert worden. So ist seitdem die Beschäftigung von Personen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung möglich, auch in der Zeitarbeit.
Voraussetzung dafür ist, dass sie sich bereits länger als 15 Monate in Deutschland aufhalten. Bei kürzerem Aufenthalt ist eine Beschäftigung nur möglich, wenn keine Vorrangprüfung erforderlich ist.
Und selbst die wird mit dem neuen Integrationsgesetz außer Kraft gesetzt. Seit dem 1. August 2016 können die Bundesländer entscheiden, ob in den Agenturbezirken der Bundesagentur für Arbeit auf die Vorrangprüfung verzichtet wird.
Stuhl
Fünf Jahre Sicherheit für Betriebe und Flüchtlinge Auch die neue „3+2-Regelung“, die im Integrationsgesetz festgeschrieben wurde, stellt die richtigen Weichen. Sie ermöglicht es, dass Flüchtlinge eine in der Regel 3-jährige betriebliche Ausbildung durchlaufen und danach für weitere 2 Jahre beschäftigt werden können. Das erhöht die Planungssicherheit der Betriebe und damit auch die Bereitschaft, Flüchtlinge auszubilden. Mehr als 8 Prozent aller befragten Unternehmen gaben an, einen Flüchtling als Azubi einstellen zu wollen, rund 20 Prozent, dass sie generell Ausbildungsplätze ausschreiben.
Es scheint also, als würde das Thema Flüchtlinge in Deutschland endlich zunehmend als Chance statt als Bedrohung angesehen werde. Zwar setzt die erfolgreiche Integration im Berufsleben voraus, dass alle Beteiligten zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssen – Flüchtlinge, Betriebe und Staat gleichermaßen. Doch zumindest der Trend zeigt, dass die Anstrengungen sich lohnen können und im besten Fall eine Win-win-Situation ergeben, von der alle profitieren.
Integration auf Zeit:
Flüchtlinge sollen in Zukunft leichter Zeitarbeitsjobs finden. Ein soziales Start-up aus Berlin will ihnen bei der Suche helfen.
Am Anfang war sich Martin Hackethal unsicher, ob das, was er vorhat, wirklich etwas Gutes ist. Ob er nicht das Gegenteil von dem bewirkt, was er will, und Geflüchtete mit einer Zeitarbeitsfirma ausgebeutet werden. Letztlich überwogen für ihn aber die Vorteile. Wie sonst könnten Flüchtlinge so schnell und unkompliziert einen Job finden?
Derzeit gibt es noch zahlreiche Hindernisse, die Unternehmen davon abhalten, Flüchtlinge einzustellen. Mal fehlen Qualifikationsnachweise, mal Deutschkenntnisse, mal erscheinen die gesetzlichen Regelungen zu umständlich. Mit dem sozialen Start-up Avenir wollen Martin Hackethal und sein Team Unternehmen die Möglichkeit bieten, mit geringen Risiken und wenig Aufwand Geflüchtete zu beschäftigen. Sie, nicht die Unternehmen, sprechen mit der Ausländerbehörde und Arbeitsagentur. Starten soll das Projekt im Juli. Ihre Gewinne werden in Sprachkurse und Weiterbildungen für die „Newcomer“ fließen.
Lockerungen auch politisch geplant Seit dem vergangenen Oktober dürfen Asylbewerber und Geduldete als Zeitarbeiter tätig werden, wenn für die Beschäftigung keine Vorrangprüfung gilt. Das betrifft Hochqualifizierte, Qualifizierte in Engpassberufen – und jeden nach einem Aufenthalt von 15 Monaten. Im Integrationsgesetz, das in dieser Woche ins Kabinett kommt, sind nun weitere Erleichterungen in der Leiharbeit geplant: Für einen Zeitraum von drei Jahren soll bei Asylbewerbern und Geduldeten gänzlich auf die Vorrangprüfung verzichtet werden. Unter der Voraussetzung, dass die Arbeitslosigkeit in der Stadt, in der es den Job gibt, unterdurchschnittlich hoch ist.
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer nennt die Lockerung „sinnvoll“. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), findet, dass Zeitarbeit gerade Menschen mit geringer Qualifikation Beschäftigungsmöglichkeiten und den „Einstieg in Arbeit“ erleichtert.
Für Zeitarbeit spricht, dass es ein schnelles und flexibles Mittel ist, um Arbeitssuchenden einen Job zu geben. Wer sich beruflich umorientieren möchte, lernt verschiedene Unternehmen kennen. Auch Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose haben eine Chance.
Die Gefahr sind niedrige Löhne Dagegen spricht, dass Zeitarbeit immer wieder ausgenutzt wird, um niedrige Löhne zu zahlen. Den Arbeitnehmern fehlt außerdem eine finanzielle Planungssicherheit. Deswegen will Martin Hackethal, dass die Geflüchteten ein halbes Jahr, maximal neun Monate bleiben. Nicht länger. Dann sollen sie eine feste Arbeit gefunden haben.
Um zu sehen, zu welchem Unternehmen sie passen, schaut er sich weniger die Abschlüsse der geflüchteten Frauen und Männer an, sondern achtet mehr auf ihre Fähigkeiten und Interessen. Was wichtig sei: Die Geflüchteten müssen mindestens einen Deutschkurs auf B1-Niveau besucht haben. Sie verfügen damit über mehr als Basiskenntnisse, sollten ein Alltagsgespräch führen und sich über Themen wie Familie, Hobbys und Arbeit unterhalten können. „Paradoxerweise müssen gerade Geringqualifizierte gut deutsch sprechen“, sagt er. „Bei der Arbeit, die sie machen, wird nicht so oft englisch gesprochen.“
Schwarzarbeit gegen das Nichtstun Jemand, der Zeitarbeit für Geflüchtete befürwortet, ist auch Jürgen Weise, Leiter der Asylbehörde Bamf und Leiter der Arbeitsagentur. „Für die Integration der geflüchteten Menschen ist es unter anderem wichtig, Arbeit und Fördermaßnahmen anzubieten“, sagt er. „Deshalb begrüße ich jeden Schritt, die Hürden beim Zugang in den Arbeitsmarkt abzubauen." In den Arbeitsagenturen und Jobcentern schlagen die Mitarbeiter den Geflüchteten oft Zeitarbeitsangebote vor.
Wichtig ist, dass sie anständig bezahlt werden.
Laut einer Studie des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) und der Universität Linz sind nämlich – geschätzt – zwischen 100 000 und 300 000 Flüchtlinge illegal beschäftigt. Als Putzkraft oder Hilfsarbeiter auf dem Bau. „Wegen der fehlenden Deutschkenntnisse vieler Schutzsuchender ist es wahrscheinlich, dass es zunächst Jobs im Niedriglohn-Sektor sein werden“, sagt Studienautor Friedrich Schneider. „Die Flüchtlinge sind monatelang in ihren Unterkünften zum Nichtstun verdammt, also ist es doch naheliegend, dass sie irgendwann raus wollen und sich als Schwarzarbeiter verdingen.“
Flüchtlinge als Schwarzarbeiter: Dumpinglöhne und der große Profit !
Neu Wulmstorf | Viel Zeit, wenig Geld, miese Jobchancen: Dass einige Flüchtlinge sich illegal eine Arbeit besorgen, ist nicht verwunderlich. Doch Recherchen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ zufolge passiert das wesentlich häufiger als bislang vermutet - und auch besser organisiert. So soll ein ehemaliger Mitarbeiter der Gemeinschaftsunterkunft Neu Wulmstorf (Niedersachsen) „die Situation von Flüchtlingen ausgenutzt haben, um sich an ihnen finanziell zu bereichern. “ Er vermittelte sie in Hilfsjobs und kassierte dafür ab.
Für die Wirtschaft entsteht durch Schwarzarbeit ein mehrfacher Schaden. Auf der einen Seite reduziert sie die regulären Arbeitsplätze und damit die Chancen für Menschen, die legal eine Arbeit suchen, auf der anderen entgehen dem Staat Einnahmen durch Steuergelder. Dieses Geld kommt dann nicht in der Gesellschaft an, zum Beispiel in Schulen, Straßen oder Museen. Die Schätzungen, wie viele Flüchtlinge sich mit Gelegenheitsjobs etwas dazu verdienen, gehen weit auseinander. Bis zu 30 Prozent mutmaßen Forscher der Uni Tübingen, zwischen zehn und 50 Prozent, meinen Flüchtlingshelfer aus verschiedenen Bundesländern.
Nach Recherchen von NDR Info ziehen Asylbewerber für die Schwarzarbeit in größere Städten wie Hamburg oder Berlin, um dort illegal als Tellerwäscher, Tapezierer oder Putzkräfte zu arbeiten. Dafür erhalten sie dann Dumpinglöhne.
Arbeitgeber verlangen schon länger gesetzliche Lockerungen, um Flüchtlinge leichter in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Das gelte vor allem bei der Zeitarbeit. „Durch eine vollständige Aufhebung des Beschäftigungsverbots in der Zeitarbeit würden Menschen ohne Berufserfahrung deutlich bessere Chancen erhalten“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
Zudem müssten die arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Bundesagentur für Arbeit (BA) stärker auf Flüchtlinge ausgerichtet werden. „Wir müssen sehen, wie wir die arbeitsmarktpolitischen Instrumente für Flüchtlinge und Langzeitarbeitslose noch besser nutzen, um diese gezielt für eine Ausbildung oder Beschäftigung fit zu machen“, erläuterte Kampeter.
Die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt wird nach Ansicht des Vorstandschefs der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, allerdings eine langwierige Aufgabe. „Es wird lange dauern und viel kosten“, sagte Weise, der derzeit auch dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vorsteht. 70 Prozent derer, die gekommen sind, seien zwar erwerbsfähig. Trotzdem werde „ein Großteil von ihnen zunächst in die Grundsicherung fallen, bevor wir sie in Arbeit bringen“.
Weise sagte weiter: „Es sind Akademiker gekommen, ihr Anteil ist allerdings gering. Ich schätze, etwa zehn Prozent. Hinzu kommen noch rund 40 Prozent, die zwar keine Berufsausbildung haben, aber praktische Arbeitserfahrung.“ Weise betonte: „Wir setzen deshalb alles dran, die Menschen möglichst schnell in die Jobcenter zu bringen.“
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sagte der Zeitung: „Es wird kein zweites Wirtschaftswunder durch Flüchtlinge geben. “ Viele optimistische Prognosen des letzten Jahres seien inzwischen kassiert worden. Die Kosten und Erträge des Flüchtlingszuzugs könne man zwar kaum seriös beziffern. Aber auf Grund mangelhafter Berufsqualifikation und Schulbildung solle man nicht zu viel von den Neuankömmlingen erwarten.
Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt
Auch wenn das Thema Flüchtlinge nicht mehr die Medien beherrscht: Jetzt beginnt die eigentliche Integrationsarbeit und die Eingliederung in Arbeit und Ausbildung. Die neue Ausgabe von "Arbeitsmarkt aktuell" gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Entwicklung und zeigt, wo nachgebessert werden muss.
Erste Zahlen: Knapp 500.000 Flüchtlinge sind erwerbsfähig Erst seit Juni 2016 können die Flüchtlinge aus den acht Asylherkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien) statistisch genau erfasst werden. Damit ergibt sich erstmals ein genaues Bild der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt.
Knapp 500.000 Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter haben einen Aufenthaltstitel und damit unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt mit Anspruch auf Grundsicherung nach SGB II (Geduldete haben diesen Anspruch nicht). 179.000 sind arbeitslos gemeldet, die Übrigen befinden sich in Maßnahmen wie Berufsvorbereitung, Sprachkurs oder sind krank und stehen dem Arbeitsmarkt aktuell nicht zur Verfügung. Bisher haben 138.000 Flüchtlinge (aus den acht wichtigsten Herkunftsländern) eine sozialpflichtige Beschäftigung gefunden – hier werden allerdings auch die Migranten/-innen mitgezählt, die schon länger in Deutschland leben.
Ohne Aus- und Weiterbildung geht es nicht Die geflüchteten Menschen bilden ein wichtiges Potential für den Arbeitsmarkt. Dies kann aber nur realisiert werden, wenn in Aus- und Weiterbildung investiert wird.
Das Profil der arbeitslosen Flüchtlinge ist männlich, jung und mit geringer Qualifikation. Über zwei Drittel der Arbeitslosen sind Männer; über die Hälfte sind unter 35 Jahren – 20 Prozent sogar unter 20 Jahren. Nur jeder sechste ist Fachkraft oder Experte/-in. Fast zwei Drittel der arbeitslosen Flüchtlinge haben nur eine Qualifikation auf einem Helfer-Niveau. Entsprechend suchen Flüchtlinge vorwiegend in solchen Branchen, in denen Helferinnen und Helfer gesucht werden: Reinigung, Lager und Logistik, Küchenhilfe.
Leiharbeit als Chance? Seit März 2016 haben 37.500 Flüchtlinge eine Arbeit im ersten Arbeitsmarkt gefunden, 30.900 davon in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. 6.900 Flüchtlinge haben über Leiharbeit den Einstieg in die Arbeit geschafft, danach folgen die Branchen „wirtschaftliche Dienstleistung“, Gastgewerbe, Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen sowie verarbeitendes Gewerbe.
Im Trend liegt die Gründung von Leiharbeitsarbeitsfirmen, die sich ausschließlich auf Flüchtlinge konzentrieren. Betriebe nutzen den Umstand, dass Flüchtlingen schnell und unbürokratisch Arbeit wollen ohne sich um die umfangreiche Verwaltung mit BAMF, BA oder Kommunen zu kümmern. Auch wenn positiv ist, dass Flüchtlinge eine sozialpflichtige Arbeit finden, bleibt ein Nachgeschmack, dass es vorwiegend Tätigkeitsbereiche mit geringen Qualifikationen oder Leiharbeit sind. Finden Flüchtlinge verstärkt in Leiharbeit eine Beschäftigung, birgt dies die Gefahr, dass sie nicht aus prekären Beschäftigungen herauskommen werden. Für eine nachhaltige Integration ist es wichtig, mehr Arbeit in regulären Beschäftigungsverhältnissen zu schaffen.
Flüchtlinge landen in Zeitarbeit!
Die meisten Geflüchtete sind nach einer Studie des IAB noch nicht qualifiziert genug für den regulären Arbeitsmarkt. Was möglich ist, sind Leih- und Schwarzarbeit. Bislang haben Flüchtlinge am häufigsten einen Job bei einer Zeitarbeitsfirma bekommen. Rund 13 Prozent dieser Betriebe haben im vierten Quartal des vergangenen Jahres jemanden eingestellt, der seit 2014 nach Deutschland geflohen ist. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Der Durchschnittswert für die Gesamtwirtschaft bei Einstellungen von Flüchtlingen lag in dem Quartal bei etwa 3,5 Prozent. 16 Prozent der Betriebe planten zum Befragungszeitpunkt die Einstellung von Geflüchteten, acht Prozent eine Ausbildung.
Bislang haben Flüchtlinge am häufigsten einen Job bei einer Zeitarbeitsfirma bekommen. Rund 13 Prozent dieser Betriebe haben im vierten Quartal des vergangenen Jahres jemanden eingestellt, der seit 2014 nach Deutschland geflohen ist. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Der Durchschnittswert für die Gesamtwirtschaft bei Einstellungen von Flüchtlingen lag in dem Quartal bei etwa 3,5 Prozent. 16 Prozent der Betriebe planten zum Befragungszeitpunkt die Einstellung von Geflüchteten, acht Prozent eine Ausbildung.
Die Zeitarbeitsfirmen haben im Vergleich zu anderen Unternehmen insgesamt die meisten Erfahrungen mit Flüchtlingen – etwa, wenn es um Bewerbungen und Vorstellungsgespräche geht. Jeder vierte Leiharbeiterbetrieb habe dies in der Umfrage bejaht, gefolgt von den Branchen Gastgewerbe sowie Erziehung und Unterricht mit knapp 16 Prozent und dem Sektor Metalle und Metallerzeugung mit 13 Prozent. „Die besten Chancen auf eine Ausbildung oder eine Beschäftigung haben Geflüchtete in Betrieben, in denen bereits ein hoher Anteil von Personen mit ausländischer Nationalität beschäftigt ist“, schreiben die IAB-Autoren, die mehr als 11500 Betriebe befragt haben.
Schwarz zu arbeiten ist verlockend Unzureichende Deutschkenntnisse seien noch immer der Hauptgrund für Einstellungshemmnisse.
Angesichts des langfristig sinkenden Arbeitskräftepotenzials in Deutschland könnten Geflüchtete dennoch einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs leisten. „Die hierfür notwendigen Sprach- und Qualifikationsmaßnahmen erfordern jedoch erhebliche Anstrengungen des Staates, der Betriebe und der Geflüchteten“, heißt es. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte kürzlich eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt. Viele Flüchtlinge seien nach ihrer Anerkennung auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Man werde wahrscheinlich mittelfristig eine öffentlich geförderte Beschäftigung für diese Personen brauchen. Ein weiteres Problem ist, dass viele Geflüchtete schwarzarbeiten, weil dafür ein Handschlag ausreicht und es keine Formulare und Behördengänge braucht. Auch wenn sich Flüchtlingsberatungsstellen und Gewerkschaften diesbezüglich einig sind: Zahlen gibt es nicht. Eine Studie der Universitäten Tübingen und Linz geht allerdings davon aus, dass die Zahl der Schwarzarbeiter unter den Geflüchteten allein im Jahr 2016 bei mindestens 100000, möglicherweise aber auch bei 300000 lag.
Nur ein Bruchteil wird fündig 406.000 Flüchtlinge suchen einen Job!
Die Integration von Flüchtlingen kommt schleppend voran. Von den Asylsuchenden finden nur wenige einen Job - gerade einmal 34.000 im vergangenen Jahr. Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit blickt jedoch vorsichtig positiv in die Zukunft. Von Dezember 2015 bis November 2016 schafften 34.000 Einwanderer aus den acht wichtigsten nichteuropäischen Asylherkunftsländern den Schritt in den ersten Arbeitsmarkt. "Das sind unter anderem Syrien, Irak, Afghanistan, Nigeria, Eritrea und Nigeria", sagte Möller. 22 Prozent dieser 34.000 Einwanderer seien Leiharbeiter. An zweiter Stelle standen wirtschaftsnahe Dienstleistungen ohne Zeitarbeit mit 20 Prozent. "Nimmt man das Gastgewerbe dazu, sind insgesamt 57 Prozent der Menschen in diesen Bereichen beschäftigt."
406.000 arbeitssuchende Flüchtlinge sind bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern registriert, 160.000 davon als arbeitslos erfasst. 2015 und in den ersten elf Monaten 2016 beantragten laut Bundesinnenministerium knapp 1,2 Millionen Menschen hierzulande formell Asyl. Eine Illusion wäre es aus Sicht Möllers, "zu glauben, dass wir eine große Zahl der Geflüchteten in unseren gut bezahlten Industriearbeitsplätzen wie beispielsweise der Automobilindustrie haben werden".
"Viele Betriebe sind skeptisch" Zeitarbeit habe für Migranten aber eine besondere Funktion. "Viele Betriebe sind erst einmal skeptisch, Zeitarbeit hilft, erste Bedenken zu nehmen. " Das IAB ist das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit. Im Ein-Euro-Job-Programm für Flüchtlinge gibt es rund vier Monate nach dem Start noch weit weniger solche Arbeitsgelegenheiten als insgesamt geplant. "Nach ersten Zahlen entstanden bisher rund 5000", sagte Möller.
Das von Arbeitsministerin Andrea Nahles initiierte Programm startete am 1. August und soll 100.000 öffentlich geförderte Jobs für Flüchtlinge schaffen. Durch die Flüchtlingsmigration entstanden auch Arbeitsplätze. "Wir rechnen mit einer Größenordnung im mittleren fünfstelligen Bereich, mit etwa 50.000 oder 60.000", sagte Möller. "Beschäftigungszuwachs gab es etwa im Bau, bei außerschulischen Lehrtätigkeiten und Sprachlehrern, Wachleuten, Sozialarbeitern und in der öffentlichen Verwaltung."
Diese grobe Einschätzung stamme noch vom Anfang des Jahres. "Wir gehen davon aus, dass damals einige der aufgrund der Flüchtlingsmigration neu geschaffenen Stellen noch gar nicht besetzt waren, sondern erst danach hinzukamen. Deshalb könnte der Effekt heute sogar noch etwas größer sein. " Etwa Sprachlehrer, Sozialarbeiter, -pädagogen und Erzieher könne das Land angesichts künftiger Migration auch weiter gut gebrauchen. "Wenn man beispielsweise an die Wiedervereinigung denkt, kann man festhalten:
Wir haben in Deutschland schon ganz andere Aufgaben als den Flüchtlingszuzug gemeistert", sagte Möller. "Es war eine humanitäre Entscheidung."
Eine Bilanz über die Auswirkungen auf die Wirtschaft könne erst nach fünf oder zehn Jahren gezogen werden. "Es wird vermutlich keine Überschussrechnung sein. Aber Vielfalt kann auch produktiv sein."
Wie Angestellte ausgerechnet vom Staat mit Zeitverträgen ausgebeutet werden!
Ein aktueller Bericht des IW Köln zeigt, dass die öffentliche Hand ihre Mitarbeiter zuhauf mit Zeitverträgen beschäftigt. Im mathematisch-naturwissenschaftlichen Sektor vergibt der Staat dreimal mehr befristete Verträge und auch sonst ist die Quote überdurchschnittlich.
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Leiharbeit ist bei den Bossen beliebt. Die Beschäftigten haben kaum Rechte, können schnell gefeuert werden und sind im Vergleich zum Stammpersonal günstig zu haben. Gewerkschaftliche Organisierung ist schwer. Die Spaltung der Belegschaften in den Betrieben wird vorangetrieben.
Am Donnerstag feierte die Branche Geburtstag. In Münster beging der Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) sein 20jähriges Bestehen. Der IGZ-Bundesvorsitzende Christian Baumann gab die Marschrichtung vor. Ziel sei die allgemeine Akzeptanz der Zeitarbeit als Normalarbeitsverhältnis, erklärte er in einer Pressemitteilung vom Donnerstag.
Für Kritik am Geschäftsmodell sind die Damen und Herren nicht empfänglich. Die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann (Die Linke) hatte am 10. Mai darauf hingewiesen, dass vollzeitbeschäftigte Leiharbeiter im Bundesdurchschnitt im Vergleich 1.317 Euro brutto weniger als ihre festangestellten Kollegen verdienen. Zudem seien 71 Prozent der Leiharbeiter zusätzlich auf Hartz IV angewiesen. »Leiharbeit war und ist der Motor der Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland«, hatte Zimmermann gegenüber dpa mitgeteilt. Der IGZ polterte zurück: »Die Aussagen von Sabine Zimmermann (…) mögen sich für kurzfristige PRZwecke eignen, der komplexen Realität in einem Feld, das verantwortungsbewusst behandelt werden muss, werden sie leider nicht gerecht«, gab Hauptgeschäftsführer Werner Stolz am Montag zu verstehen. Schließlich habe »jeder dritte Langzeitarbeitslose, der in der ersten Jahreshälfte 2017 eine Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt fand, (…) diese in der Zeitarbeit« gefunden. »Ich denke, auch Frau Zimmermann möchte Menschen mit schwieriger Biographie weiterhin Chancen eröffnen«, schloss Stolz.
Zimmermann wollte das so nicht stehenlassen. Gegenüber jW erklärte sie: »Die Äußerungen des IGZ verkehren die Realität ins Gegenteil und sind eine plumpe Rechtfertigung für ein Geschäftsmodell, das Beschäftigten faire Löhne vorenthält und keine wirkliche Perspektive bietet. « Dies noch schönzureden sei ein Schlag ins Gesicht der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer und einfach nur zynisch. Der überwiegende Teil der in der Branche Tätigen wähle diese Beschäftigungsform nicht freiwillig, sondern in Ermangelung von Alternativen und unter Androhung von Leistungskürzungen durch die Arbeitsverwaltung, erklärte Zimmermann.
»Viele Normalarbeitsplätze wurden durch Leiharbeit ersetzt, durch Arbeitskräfte, die von den entleihenden Unternehmen in kürzester Zeit wieder an den Verleihbetrieb zurückgegeben werden können und zur Ware degradiert werden. « Diesem Handel müsse endlich ein Riegel vorgeschoben werden, forderte sie.
Vor der Messehalle in Münster hielt am Donnerstag ein Dutzend Demonstranten eine Mahnwache gegen die Zustände in der Branche ab. Die Protestierenden trugen symbolisch Ketten an den Füßen und forderten auf Transparenten »Leiharbeit verbieten«. Den »Sklavenhaltern« in der Branche müsse Einhalt geboten werden, erklärte ein Sprecher gegenüber jW. »Leiharbeiter sind flexible Manövriermasse der Wirtschaft«, kritisierten sie.
In der Halle hoben derweil die Festredner zum Ständchen an. Neben dem früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) gratulierte auch der einstige Vorsitzende der Linkspartei, Gregor Gysi. Chancen böte der Niedriglohnsektor für Flüchtlinge. »Wir werden in Integrationsfragen nicht in erster Linie auf Zeitarbeit setzen«, sagte Gysi, »aber wir werden auch nicht dagegen sein, wenn es der Integration dient«.
So viele Zeitarbeiter wie nie Immer mehr Jobs gehen an Leiharbeiter. Die Branche boomt weiter. Mit knapp 750.000 ist jetzt ein neuer Höchststand erreicht - der Grund liegt in der Flexibilität.
Den größten Anteil am Zuwachs bei den Beschäftigtenzahlen machen die Leiharbeiter aus. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden hervor. Von den 322.000 neuen Jobs waren 182.000 Leiharbeiter-Stellen. Das sind immerhin also 57 Prozent.
Insgesamt machte demnach die sogenannte atypische Beschäftigung sogar mehr als 75 Prozent der neuen Jobs aus. Dazu zählen, im Unterschied zum Normal-Arbeitsverhältnis, neben Leiharbeit auch befristete und geringfügige Stellen sowie Teilzeitarbeit unter 20 Stunden pro Woche.
Die Zahl der atypisch Beschäftigten stieg der Statistik zufolge 2010 damit auf 7,84 Millionen in Deutschland. Insgesamt waren 30,9 Millionen Menschen als Angestellte oder Arbeiter beschäftigt die Zahl stieg zwischen 2009 und 2010 um mehr als 300.000. Die Zahl der Leiharbeiter stieg auf insgesamt 742.000 und erreichte damit einen neuen Höchststand.
Der Grund liegt in der Flexibilität: Viele Unternehmen nutzen Zeitarbeit und befristete Beschäftigung als Mittel, um auf die konjunkturellen Veränderungen zu reagieren.
Leiharbeiter dürfen weiter ausgebeutet werden!
zwar steht im Gesetz, dass die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern nur "vorübergehend" zulässig ist.
Verstößt der Arbeitgeber dagegen bleibt das -wer hätte anderes erwartet- FOLGENLOS!
Ein von 2008 bis 2011 an einen Krankenhausbetreiber verliehener IT-Sachbearbeiter verlangte seine Festanstellung und die Zahlung der Lohndifferenz und scheiterte damit heute vor dem Bundesarbeitsgericht.
Grund: Es steht nicht ausdrücklich im Gesetz, welche Folgen Verstöße haben!?
Strafen sind nicht vorgesehen und Arbeitgeber können so folgenlos Leiharbeiter über die gesetzliche Frist hinaus ausbeuten.
Schon eine tolle Leistung unseres Gesetzgeber (und natürlich der Obergerichte)!
Hintergrund: Leiharbeits-Verbot für Flüchtlinge wurde 2015 gelockert!
Seit Gerhard Schröders Agenda 2010 ist die Zahl der Leiharbeiter kontinuierlich gestiegen. Auch Flüchtlinge dürfen seit 2015 als Leiharbeiter eingesetzt werden. Leiharbeit: Bei der Arbeitnehmerüberlassung, auch Leih- oder Zeitarbeit genannt, wird ein Arbeitnehmer von einem Verleihunternehmen gegen Entgelt einem Dritten überlassen. Lange führte die Leiharbeit ein Schattendasein, im Zuge von Gerhard Schröders Reformagenda 2010 wurde sie schließlich gestärkt. Die Zahl der Leiharbeitnehmer stieg seitdem deutlich an, auf nunmehr rund eine Million. Im April 2017 traten gesetzliche Korrekturen in Kraft: Leiharbeiter bekommen demnach nach neun Monaten den gleichen Lohn wie Stammbeschäftigte, auch können sie nur maximal 18 Monate einem Betrieb überlassen werden. Ausnahmen davon sind aber möglich. Der Mindestlohn beträgt aktuell 9,23 Euro (West) und 8,91 Euro (Ost).
Flüchtlinge: Asylbewerber mit guten Bleibeaussichten sowie Geduldete dürfen nach drei Monaten arbeiten. Der früher verbotene Einsatz von Flüchtlingen in der Leiharbeit wurde im Oktober 2015 gelockert. Fachkräfte können seither nach drei Monaten in der Branche tätig werden, in den meisten Regionen gilt dies inzwischen auch für ungelernte Flüchtlinge.
In einzelnen Bezirken mit hoher Arbeitslosigkeit gibt es aber noch eine Vorrangprüfung. Die Arbeitsagenturen klären dann, ob nicht auch andere Bewerber zur Verfügung stehen. Nach 15 Monaten Aufenthalt gibt es keine Einschränkungen mehr.
Qualifikation: Von den 460.000 volljährigen Asylantragstellern im Jahr 2016 machten 80 Prozent gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) Angaben zu ihrem Bildungsniveau. Demnach hat jeder fünfte Flüchtling nur eine Grundschule besucht, 11,3 Prozent haben überhaupt keine formelle Schulbildung. 31,3 Prozent waren auf einer Mittelschule, 21,5 Prozent auf einem Gymnasium und 15,5 Prozent gaben an, eine Hochschule besucht zu haben. Formale Berufsabschlüsse gibt es oft nicht. Viele Asylbewerber waren in ihrer Heimat im Handwerk, im Dienstleistungsbereich oder in der Landwirtschaft tätig.
Integration: Im April 2017 hatten nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit insgesamt rund 143.000 Menschen aus den Asylherkunftsländern Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, Pakistan, Eritrea, Nigeria und Somalia auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß gefasst. Die Zahl der arbeitssuchenden Flüchtlinge wird aktuell auf 492.040 beziffert, 184.525 waren im Juli offiziell arbeitslos.
9,23 Euro Mindestlohn pro Stunde bekommen Leiharbeiter im Westdeutschland. Der Tarifvertrag der Branche mit dem DGB ist allgemeinverbindlich.
Von dieser Armut sind zur Zeit viele Flüchtlinge betroffen!
ARMUT UND REICHTUM IN RHEINLAND-PFALZ
Geleitwort Armut vorzubeugen und bestehende Armut zu verringern, ist ein wichtiges politisches Ziel der Landesregierung. Wachsende soziale Ungleichheit gefährdet den sozialen Zusammenhalt und damit auch die Grundlagen unserer demokratischen Gesellschaftsordnung. Um Probleme und Herausforderungen definieren zu können, erstellt die Landesregierung im Auftrag des Landtags in regelmäßigen Abständen einen Armuts- und Reichtums Bericht. Armut, Reichtum und Ungleichheit werden dabei auf Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen sowie durch die Beiträge der Verbände und des Deutschen Gewerkschaftsbundes dargestellt. Der vorliegende 5. Armuts- und Reichtums Bericht ist in einem umfassenden Beteiligungsprozess entstanden. Grundlage ist die Studie „Entwicklung von Armut und Reichtum in Rheinland-Pfalz“ der Bietergemeinschaft FaMa / INIFES, die eine fundierte wissenschaftliche Analyse auf der Grundlage verfügbarer und interpretierbarer Daten umfasst. Bei Erstellung der Studie wurde auch das Schuldnerfachberatungszentrum an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz einbezogen. Die LIGA der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz, die rheinlandpfälzische Landesarmutskonferenz und der Deutsche Gewerkschaftsbund beteiligen sich mit einem eigenständig verantworteten Teil am Armuts- und Reichtums Bericht 2015. Die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den genannten Institutionen und der Landesregierung kam bereits in den letzten beiden Berichten aus den Jahren 2004 und 2009/2010 zum Ausdruck. Der Berichtsteil der Verbände und der Gewerkschaft enthält wichtige Einblicke in die soziale Wirklichkeit, exemplarische Darstellungen und Forderungen der Verbände, über die im weiteren politischen Prozess zu diskutieren ist.
Neben der positiven Bilanz, dass Rheinland-Pfalz das Bundesland mit der bundesweit drittniedrigsten Arbeitslosenquote ist, verdeutlicht der Bericht auch die Problemlagen, die sich in Rheinland-Pfalz mit besonderer Deutlichkeit zeigen. Nach Ergebnissen des Mikrozensus ist die relative Armutsrisikoquote älterer Menschen in Rheinland-Pfalz besonders hoch. Die im gesamtdeutschen Vergleich besonders niedrigen durchschnittliche Zahlbeträge der Renten haben sich zwar im vergangenen Jahrzehnt dem westdeutschen Niveau angenähert. Die ursprünglich landwirtschaftliche Prägung des Flächenlandes Rheinland-Pfalz und die damit verbundene schwächere Wirtschaftskraft in der Vergangenheit wirken sich aber bei den Bestandsrenten heute noch aus. Durchschnittlich zeigt sich hier jedoch eine Verbesserung im Vergleich zu früheren Generationen. Die Armutsrisiken sind nicht gleichmäßig verteilt. Zu den Personengruppen, die in besonders hohem Maße von Armut betroffen sind, zählen insbesondere Erwerbslose, Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern und Menschen mit Migrationshintergrund oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die Landesregierung trägt auf vielen Feldern dazu bei, Armut zu vermeiden und Armut zu überwinden. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Arbeitsmarktpolitik. Wesentliches Anliegen der Landesregierung ist es, der Zunahme atypischer und häufig prekärer Beschäftigung entgegenzuwirken. Auch die Verwirklichung des Grundsatzes von gleichem Lohn für gleiche Arbeit und der Abbau geschlechterspezifischer Entgeltungleichheit können zur Bekämpfung von Armut beitragen. Das gleiche gilt für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die zu mehr Beschäftigung von Frauen und damit zu einer Minderung des Armutsrisikos führen kann. Eine wichtige Rolle spielen außerdem die Verbesserung der Teilhabechancen und die Prävention gegen zukünftige Armutsrisiken. Dazu gehört das Thema Bildung ebenso wie die Stärkung der Erziehungs- und Familienkompetenzen. Zur Bekämpfung von Armut setzt die Landesregierung an den wichtigsten Stellschrauben an, die von Landesseite beeinflusst werden können. Das Problem der
Armut kann sie aber nicht alleine lösen. Armutsbekämpfung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von vielen Akteuren gemeinsam vorangebracht werden muss. Bund, Land, Kommunen, aber auch Verbände, Gewerkschaften, Unternehmen, Kirchen und die Zivilgesellschaft müssen dazu ihren Beitrag leisten. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Ministerin für Arbeit, Soziales Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz 5 Bericht über die Ausführung des Beschlusses des Landtags vom 11. Mai 2000 zu Drucksache 13/4060 Der vorliegende Armuts- und Reichtums Bericht umfasst eine wissenschaftliche Analyse der bestehenden Verhältnisse in Rheinland-Pfalz unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung seit dem vierten Armuts- und Reichtums Bericht der Landesregierung aus den Jahren 2009/2010. Die wissenschaftliche Untersuchung von Armut und Reichtum in Rheinland-Pfalz wurde im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie durch die Bietergemeinschaft Neue Frankfurter Sozialforschung (FaMa) und Internationales Institut für Empirische Sozialökonomie (INIFES) durchgeführt. Wie bereits in den vorangegangenen Berichten schließt sich eine Darstellung verschiedener Verbände (LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, Deutscher Gewerkschaftsbund und – erstmals – Landesarmutskonferenz) an, die aus ihrer Sicht die Verhältnisse schildern und bewerten. Abschließend erfolgen Schlussbemerkungen der Landesregierung, in denen zentrale Ergebnisse für Rheinland-Pfalz zusammengefasst, politische Schwerpunkte und Strategien gegen Armut dargestellt sowie die wichtigsten Initiativen und Maßnahmen gegen Armut aufgeführt werden. Der Bericht gliedert sich in die folgenden Abschnitte: 1. Erster Teil: Entwicklung von Armut und Reichtum in Rheinland-Pfalz
2. Zweiter Teil: Beitrag von LIGA, LAK und DGB 3. Dritter Teil: Politische Schwerpunkte und wesentliche Maßnahmen der Landesregierung
Grundlagen Lebenslagen- und Ressourcenkonzept Zunächst ist zu betonen, dass es keine einheitlichen wissenschaftlichen Definitionen von Armut und Reichtum gibt. Im vorliegenden Bericht wird auf die „objektive Armut“ bzw. auf „objektiven Reichtum“ im Sinne eines intersubjektiv nachvollziehbaren Mangels bzw. einer intersubjektiv überprüfbaren Fülle an Möglichkeiten zu einer selbstständigen Lebensführung – d. h. auf Unter- bzw. sehr gute Versorgungslagen in zentralen Lebensbereichen – abgestellt. Nicht eingegangen wird auf die „subjektive Armut“ als dem Gefühl, gegenüber anderen Personen benachteiligt bzw. sozial depriviert zu sein. Analoges gilt für „subjektiven Reichtum“. Die Basis für die Bestimmung „objektiver Armut“ ist in diesem Bericht das soziokulturelle Existenzminium – ebenso wie auch die Reichtums Grenzen im Folgenden soziokulturell determiniert sind. Hierbei orientiert sich die Operationalisieren einer soziokulturellen Armuts- bzw. Reichtums Grenze im Wesentlichen an Konzepten des Ressourcen- und des Lebenslagenansatzes (vgl. etwa die grundlegende Arbeit zum Lebenslagenansatz von Townsend 1979; vgl. hierzu – aus der deutschsprachigen Literatur – auch Voges u. a. 2003), die sich aber nicht ausschließen, sondern u. E. ergänzen. Während das Ressourcenkonzept die Verwendungsentscheidungen der Personen bzw. Haushalte vernachlässigt, sind beim Lebenslagenansatz die Ergebnisse der Verwendungsentscheidungen ein Konzeptbestandteil. Die Lebenslage einer Person oder eines Haushalts ist folglich das Resultat nicht nur der verfügbaren Ressourcen, sondern auch der getroffenen Verwendungsentscheidungen (vgl. Faik, Hauser 1998).
Der Ressourcenansatz nimmt auf die Ausstattung der Haushalte mit finanziellen Mitteln („Einkommen“, „Vermögen“, „Privater Verbrauch“ o. ä.) Bezug. Demgegenüber bezieht sich der Lebenslagenansatz auch auf die Versorgungslage von Haushalten in zentralen Lebensbereichen wie z. B. „Ernährung“, „Kleidung“, „Wohnung“, „Gesundheit“, „Bildung“, „Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten“, „Soziale Sicherheit“ und „Rechtsschutz“. Im Unterschied zum Ressourcenkonzept erfolgt dieser Bezug unabhängig davon, ob die betreffenden Güter und Dienstleistungen am Markt gehandelt werden oder nicht (vgl. Leu u. a. 1997, S. 17f; vgl. auch Citro, Michael 1995; Hauser 1996; Faik, Hauser 1998, S. 12, oder Groh-Samberg 2009). Gerade öffentlich bereitgestellte Güter und Dienstleistungen werden in der Sozial- bzw. Armutsberichterstattung immer mehr beachtet (vgl. z. B. European Commission 2011, S. 107ff; Kistler, Schneider 2012). 68 Der Lebenslagenansatz ist also durch Mehrdimensionalität gekennzeichnet. Festgestellte gute Versorgungen einerseits bzw. Unterversorgungen in den einzelnen Lebenslagen andererseits führen zu Zuordnungen zu den einzelnen Wohlstandsbereichen in der jeweiligen Dimension. Der Begriff „Lebenslage“ bezeichnet folglich allgemeine Umstände und den Rahmen der Möglichkeiten, die das Leben von Personen(gruppen) beeinflussen (vgl. z. B. Engels 2008). Wie in der Armuts- und Reichtums Forschung inzwischen üblich, werden Armut und Reichtum im Folgenden entsprechend über multidimensionale Lebenslagen beschrieben, und zwar in dem Sinne, dass für die Beurteilung der jeweiligen Lebenslage nicht einzelne Handlungsspielräume, sondern deren interaktive Vernetzung von Bedeutung ist. Wohlstandsvariablen Da Einkommen ein starker Prädiktor für die individuelle Lebenslage ist (vgl. z. B. Hauser, Schüssler 2012, S. 215ff) und zudem etwa aus der subjektiven Zufriedenheitsforschung
ein vergleichsweise hoher Stellenwert materieller Ressourcen für das individuelle Wohlergehen zum Ausdruck kommt (vgl. z. B. Frey, Stutzer 2002, S. 73ff), wird in dieser Studie primär auf das Einkommenskonzept rekurriert. Diese Vorgehensweise erscheint zumindest bei Bezug auf ökonomische Stromgrößen als Lebenslagen-Indikatoren plausibel. Bei einer Bestandsgröße wie dem Vermögen, welche im individuellen Lebensverlauf akkumuliert wird, erscheint hingegen die Prädiktor-Eignung des Einkommens für das individuelle Wohlergehen – trotz der üblicherweise bestehenden positiven Korrelation zwischen beiden Wohlstandsgrößen – eingeschränkt. Deshalb soll auch ein aus Einkommens- und Vermögenswerten gebildeter Well-being-Indikator zum Einsatz kommen, um die Armuts-/Reichtums Implikationen einer über das „reine“ Einkommenskonzept hinausgehenden Wohlstandsgröße zu illustrieren. Drei Wohlstandsvariablen: Einkommen, Vermögen und Privater Verbrauch Während der (übergeordnete) Begriff Wohlfahrt immaterielle Größen wie Freiheit, Frieden, Gesundheit u. ä. ebenso wie die materielle Versorgungslage von Individuen umfasst, schließt die Wohlstandskonzeption als Teilaspekt der individuellen Wohlfahrt immaterielle Komponenten des individuellen Wohlbefindens aus und bezieht sich allein auf das materielle Wohlergehen von Individuen. Mit den Konsumausgaben, dem Vermögen und dem Einkommen der Analyseeinheiten bieten sich dabei drei alternative Indikatoren zur Operationalisieren von Wohlstand an. 69 Die Verwendung der Konsumausgaben als Wohlstandsindikator wird mit vergleichsweise geringen zeitlichen Fluktuationen gerechtfertigt und stellt auf die tatsächlich umgesetzte Kaufkraft ab. Demgegenüber beziehen sich das Vermögen und das Einkommen eines Wirtschaftssubjekts auf die potenzielle Kaufkraft. Wegen dieser gegenüber Einkommen und Vermögen eingeschränkten Wohlstandsdefinition wird der Private Verbrauch im vorliegenden Bericht insofern nur nachrangig behandelt, als er nicht als eigenständiger Wohlstandsindikator genutzt wird, sondern
lediglich im Zusammenspiel mit Einkommen und Vermögen, um Verbrauchsunterschiede zwischen Einkommens-/Vermögensarmen einerseits und Einkommens-/Vermögensreichen andererseits zu verdeutlichen. Angelehnt an die Verteilungsrechnung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, kann man im Einkommenskontext, ausgehend vom Markteinkommen, prinzipiell folgendes Rechenschema bis hin zu den ausgabefähigen Einkommen und Einnahmen entwickeln (vgl. hierzu auch Faik 1995, S. 170ff): Darstellung 1.1: Einkommensrechenschema Bruttoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit (einschließlich Arbeitgeberanteil der Beiträge zu den Sozialversicherungen und von Sozialversicherungsbeiträgen freiwillig Versicherter) + Bruttoeinkommen aus selbstständiger Arbeit + Einnahmen aus Vermögen + Einnahmen aus Untervermietung = Markteinkommen + Einkommen aus öffentlichen Transferzahlungen + Einkommen aus nichtöffentlichen Transferzahlungen (erhaltene private Transfers) = Bruttoeinkommen - Abzüge vom Einkommen (einschließlich Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialversicherungen und der geleisteten privaten Transfers) = Nettoeinkommen + Einnahmen aus dem Verkauf von Waren + Sonstige Einnahmen (einschließlich Einnahmen aus Vermögensauflösung)
Einkommensverteilungsanalysen stellen typischerweise auf einen Einkommensbegriff
ab, der die Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Untersuchungseinheiten zum Ausdruck bringt. Dies bedeutet, dass die Möglichkeiten gemeinsamen Wirtschaftens in das Kalkül gezogen werden müssen, wie sie sich durch den Haushaltskontext und hiermit einhergehend das Haushaltseinkommen äußern. Sinnvollerweise sind dabei die für die Untersuchungseinheiten disponiblen Einkommensbestandteile von größter Relevanz. Im Verteilungskontext wird üblicherweise auf das Haushaltsnettoeinkommen rekurriert, da es im Sinne der Quellentheorie des Einkommens die (vergleichsweise) regelmäßigen Mittel zu- und -abflüsse beinhaltet und somit die übliche Einstufung des Einkommens als ökonomische Stromgröße adäquat zum Ausdruck bringt. Im Unterschied hierzu umfassen die ausgabefähigen Einkommen und Einnahmen auch eher unregelmäßig „fließende“ Elemente wie die Einnahmen aus dem Verkauf von Waren (vgl. hierzu und zu dem vorstehenden Absatz Faik 1995, S. 33ff bzw. S. 170ff). Hierdurch kommt u. E. die dem Einkommen zugeschriebene Eigenart, eine ökonomische Stromgröße zu sein, nicht hinreichend gut zum Ausdruck, so dass in diesem Bericht auf das Haushaltsnettoeinkommen abgestellt wird. Um die Haushaltsnettoeinkommen für verschiedene Haushaltsgrößen und/oder -strukturen miteinander vergleichen zu können, werden sie durch haushaltsbezogene Äquivalenzskalenwerte dividiert. Eine Äquivalenzskala dient dazu, Haushalte unterschiedlicher Größe und/oder Zusammensetzung miteinander vergleichbar zu machen. Der ersten Person wird hierbei ein Individualgewicht von Eins zugewiesen; die anderen Haushaltsmitglieder erhalten Gewichte von kleiner Eins. Kindern werden darüber hinaus üblicherweise kleinere Gewichte als erwachsenen Haushaltsmitgliedern zugeordnet. Die Summe der Individualgewichte im Haushaltszusammenhang wird als Divisor des Haushaltseinkommens genutzt. Auf diese Weise erhält man die unter Wohlstandsgesichtspunkten sinnvolle Größe des Haushaltsäquivalenzeinkommens; hierbei wird – wie in Abschnitt 1.1.3 noch näher erläutert – jedem Haushaltsmitglied das betreffende Haushaltsäquivalenzeinkommen zugeordnet. In diesem Bericht
kommt federführend die so genannte „neue OECD-Skala“ zum Einsatz. Sie ist im folgenden Kasten näher beschrieben.
Neue und alte OECD-Skala Die beiden international in Armutsstudien verbreitetsten Äquivalenzskalen sind die „alte“ und die „neue OECD-Skala“. Bei beiden Skalen erhält die erste Person im Haushalt (der Haushaltsvorstand) ein Gewicht in Höhe von 1,0. Bei den weiteren Haushaltsmitgliedern unterscheiden sich aber beide Skalen: Bei der alten OECDSkala erhalten weitere Personen im Alter von mindestens 14 Lebensjahren ein Gewicht in Höhe von 0,7 und Personen unter 14 Lebensjahren ein solches in Höhe von 0,5; demgegenüber unterstellt die neue OECD-Skala geringere Gewichte für die weiteren Haushaltsangehörigen, und zwar 0,5 für die 14-Jährigen und Älteren und 0,3 für die unter 14-Jährigen. Die unterstellten Haushaltsgrößenersparnisse sind daher bei der neuen OECD-Skala höher als bei der alten, wodurch für alle Mehrpersonenhaushalte die Äquivalenzeinkommen und dadurch die mittleren Äquivalenzeinkommen und die Armutsgrenze beim Übergang von der alten zur neuen OECD-Skala höher sind. Ist dabei der Anstieg des jeweiligen Äquivalenzeinkommens größer als der strukturell bedingte Mittelwertanstieg, erhöht sich für den betreffenden Haushalt (bzw. für die in ihm lebenden Personen) die jeweilige relative Einkommensposition (als Verhältnis aus haushaltsbezogenem Äquivalenzeinkommen und allgemeinem Mittelwert). Die betreffende Erhöhung trifft auf große Haushalte zu – im Gegensatz zu kleineren Haushalten, also z. B. für die Gruppe der Älteren. Daher bringen auf der neuen OECD-Skala basierende Berechnungen typischerweise ein höheres Niveau der gemessenen Altersarmut (aber ein geringeres Niveau der gemessenen Kinderarmut) hervor als Berechnungen,
denen die alte OECD-Skala zugrunde liegt. Der Grund hierfür ist, dass – wie gezeigt werden kann – bei Verwendung von Äquivalenzskalen mit vergleichsweise geringen unterstellten Haushaltsgrößenvorteilen die Armutsstruktur tendenziell einen höheren Anteil kleinerer Haushalte beinhaltet (et vice versa bei Äquivalenzskalen mit relativ großen angenommenen Haushaltsgrößenersparnissen). Ältere leben überwiegend in kleineren (Ein- bzw. Zweipersonen-)Haushalten, Kinder bzw. Jugendliche hingegen eher in größeren Haushalten. Da heute auch international, speziell in der Amtlichen Sozialberichterstattung, fast nur noch die neue OECD-Skala Anwendung findet, wird im vorliegenden Bericht diesem Vorgehen gefolg
Analog zur Armutsmessung erscheint auch bei der Messung von Reichtum ein multidimensionaler Ansatz zielführend. Die ausschließliche Betrachtung von Einkommen als Wohlstandsvariable ist auch deshalb im Reichtums Zusammenhang verkürzend, weil gerade der alternative Wohlstandsindikator Vermögen durch spezifische Funktionen gekennzeichnet ist, die mit seinem Erwerb verbunden sind (vgl. hierzu z. B. Faik 2001, S. 68): ? die Verleihung wirtschaftlicher und sozialer Macht (Machtfunktion), ? die Schaffung von Einkommenserzielungspotenzial (Verwertungsfunktion), ? die Nutzung in Form von Sachvermögen (Nutzungsfunktion), ? die Absicherung gegen Risiken (Sicherungsfunktion) sowie ? die Übertragung von Vermögen nach eigenem Willen auf andere Personen (Übertragungsfunktion).
Die vorgenannten Punkte illustrieren die über die Erzielung von Einkommen hinausgehende große gesellschaftliche Bedeutung des Vermögens. Um dem Wohlstandsgedanken auch in Vermögensanalysen gerecht zu werden, ist es sinnvoll, zum einen vom Haushaltsvermögen auszugehen und zum anderen vom Bruttovermögen die Schulden zu subtrahieren. Den analytischen Anknüpfungspunkt in Vermögensverteilungsstudien bildet daher das Haushaltsnettovermögen. Dieses wird im Unterschied zum Haushaltsnettoeinkommen, seiner ökonomischen Einstufung als Bestandsgröße folgend, nicht bzw. nur eingeschränkt zu Ausgabenzwecken, d. h. zum Zwecke der Bedarfsdeckung, in der laufenden Periode genutzt. Daher spielen bei ihm Haushaltsgrößenersparnisse beim Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen eine eher nachgeordnete Rolle. Bei der Normierung der Vermögensgrößen für unterschiedlich große bzw. unterschiedlich zusammengesetzte Haushalte müssen deshalb die Haushaltsnettovermögen nicht durch Äquivalenzskalenwerte dividiert werden, bei denen Haushaltsgrößenvorteile berücksichtigt werden, welche sich aus dem gemeinsamen Wirtschaften im Haushaltszusammenhang ergeben. Ein ProKopf-Ausweis der Vermögenswerte ist ausreichend (vgl. hierzu etwa Frick u. a. 2010, S. 33), wenngleich auch dies insofern eine vereinfachende Annahme ist, da nicht jedes Haushaltsmitglied notwendigerweise einen gleichen Nutzen aus dem Haushaltsnettovermögen zieht. Bei einem umfassenderen Wohlfahrts-/Wohlstands-Indikator als den bislang vorgestellten stellt sich meist das Problem der Gewichtung der einzelnen Lebenslagenaspekte. Diese Gewichtungsproblematik vermeidet ein Indikatoransatz, der von Weisbrod und Hansen (1968) stammt, da er „lediglich“ die Wohlstandskategorien Einkommen und Vermögen dadurch miteinander verzahnt, dass die Vermögenswerte der Untersuchungseinheiten auf einen mit dem Einkommen der Untersuchungseinheiten kompatiblen Zeitpunkt – technisch gesprochen: als so genannte Leibrenten – 73 diskontiert bzw. anvisiert werden. Solcherart wird die Addition aus Einkommensund
annuisierten Vermögenswerten zu einem gemeinsamen Geldbetrag – im Sinne eines weitergefassten Wohlstandswertes – möglich (zu Anwendungen des Weisbrod/HansenIndikators für Deutschland vgl. etwa Thiele 1998; Grabka u. a. 2007 und Faik, Fachinger 2013). Auf die vorstehend skizzierte Art und Weise lassen sich etwa – ergänzend zu statistischen Korrelationsbetrachtungen – die Einkommens- und die Vermögenslage einkommensarmer und/oder vermögensschwacher Personen eruieren, so dass eine umfassendere Armutsbetrachtung im Vergleich zu einer Armutsanalyse unter alleiniger Bezugnahme auf das Einkommenskonzept ermöglicht wird. Analoges gilt für Reichtums Analysen. Die in diesem Bericht berechneten so genannten Well-beingWerte fußen auf den Einkommens- und Vermögensangaben der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 bei Zugrundelegung eines Diskontierungsfaktors von 5 Prozent im Rahmen der Vermögensannuisierungen . Zudem werden die in Stromgrößen transformierten Werte des Haushaltsnettovermögens konkret folgendermaßen als Leibrenten berechnet (über die jeweiligen geschlechterdifferenzierten Restlebenserwartungen auf Basis der Sterbetafel 2007/2009 für Deutschland; vgl. Statistisches Bundesamt 2012, S. 383ff): (1) Leibrente der Untersuchungseinheit i, Vi = Vermögen der Untersuchungseinheit i, r = Diskontierungsfaktor, Xi = Restlebenserwartung der Untersuchungseinheit i]. Durch die Verwendung des bereits erwähnten Indikatoransatzes von Weisbrod und Hansen, aber auch etwa durch die Kreuzt Abellesierung von Einkommens- und Vermögenswerten kann die Lebenslage einkommens- und/oder vermögensschwacher Personen, aber auch von einkommens- und/oder vermögensstarken Personen näher bestimmt werden.
Zur Untersuchungseinheit Die Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen, die Pro-Kopf-Haushaltsnettovermögen bzw. die (äquivalenten) Well-being-Größen werden nachfolgend mit der Haushaltsgröße gewichtet, um die personelle Einkommens-, Vermögens- bzw. Well-beingVerteilung darstellen zu können. Entsprechend ist bei den in diesem Bericht durchgeführten Wohlstandsanalysen zu beachten, dass diese sich auf die – üblicherweise hochgerechneten – Personenanzahlen in den jeweiligen Personengruppen beziehen. Es wird daher z. B. das Wohlstandsniveau von Personen eines bestimmten Alters im 74 Kontext des Haushalts, in dem sie leben, erörtert. Eine Armuts(risiko)quote von p Prozent für Personen der Altersgruppe X bedeutet demzufolge, dass p Prozent der Personen der Altersgruppe X in Haushalten mit einem Haushaltsäquivalenzeinkommen unter der Armutsgrenze leben. Der Grund für dieses Vorgehen besteht darin, dass der Wohlstand eines Individuums sich nicht nur aus dessen eigenen Ressourcen speist, sondern sich auch aus den Ressourcen ergibt, welche andere Haushaltsmitglieder erwirtschaften. Über die Intrahaushaltsaufteilung der Ressourcen kann aufgrund der Datenlage keine empirisch-gehaltvolle Aussage getroffen werden. Es wird daher von der Wohlfahrtsgleichverteilungsannahme ausgegangen. Hierbei ist unterstellt, dass die einzelnen Haushaltsmitglieder am gesamten Haushaltseinkommen ihrem individuellen Bedarf gemäß partizipieren; die Aufteilung des Haushaltseinkommens im Haushalt soll keine Ungleichheiten in den individuellen Wohlfahrtsniveaus widerspiegeln (vgl. hierzu Faik, Hauser 1998, S. 16).1 Eng verbunden mit der Wohlfahrtsgleichverteilungsannahme ist die ebenfalls bezüglich der (unbekannten) Ressourcenverteilung innerhalb von Haushalten getroffene Pool-Annahme. Ihr zufolge wird kein so genanntes „Vorbehaltseinkommen“ einzelner Haushaltsmitglieder unterstellt; das Haushaltseinkommen steht folglich auch gemäß
dieser Annahme prinzipiell jedem Haushaltsmitglied gleichberechtigt zur Verfügung (vgl. z. B. Faik 1995, S. 42). Zur Messung von Wohlstand Grundsätzlich sind die Verteilungsrandbereiche der Armut und des Reichtums zwei Seiten einer Medaille, so dass an dieser Stelle eine methodische Koppelung der Reichtums Betrachtungen mit entsprechenden Armutsanalysen für Rheinland-Pfalz angezeigt erscheint. So haben verschiedene Umfrageergebnisse gezeigt, dass die Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung Defizite in der sozialen Symmetrie und bei der Einkommens- und Vermögensverteilung sieht; auch hat in der jüngeren Vergangenheit die wahrgenommene Konfliktintensität bezüglich der Divergenz zwischen Arm und Reich wieder zugenommen (vgl. hierzu etwa Andreß, Kronauer 2006; Sachweh 2008; Becker 2009; Glatzer u. a. 2009 oder Becker, Faik 2010). Eine solche Entwicklung kann als problematisch eingestuft werden, weil sich durch sie Akzeptanzund Legitimitätsprobleme für das politische und ökonomische System ergeben können, wie auch im Dritten und Vierten Armuts- und Reichtums Bericht der Bundesregierung kurz ausgeführt wurde: „Werden die Unterschiede zwischen Arm und Reich vom ganz überwiegenden Teil der Bevölkerung als relativ groß und schwer
1 Auf der Grundlage subjektiver Wohlstandseinschätzungen gewonnene Befunde lassen die Wohlfahrtsgleichverteilungsannahme als vertretbare Vereinfachung der Wohlfahrts-/standszusammenhänge innerhalb von Haushalten erscheinen (vgl. hierzu die Befunde von van Praag, Ferrer-iCarbonell 2008, S. 119ff). 75 überwindbar wahrgenommen, kann dies die Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft in Frage stellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn große Bevölkerungsteile nicht an den Einkommenszuwächsen der Gesellschaft insgesamt teilhaben.“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2008, S. 27).
In Konsistenz mit dem Vierten rheinland-pfälzischen Armuts- und Reichtums Bericht, aber auch mit der Amtlichen Sozialberichterstattung der Länder bezieht sich in diesem Bericht die Messung von Wohlstand – im vorliegenden Fall insbesondere am unteren Rand der Wohlstandsverteilung („Armut“) und am oberen Verteilungsrand („Reichtum“) – auf die beiden Wohlstandsindikatoren Einkommen und Vermögen mit Priorisierung der Einkommensgröße, wie bereits eingangs zu diesem Kapitel angemerkt. Dabei wird im Armutskontext zwischen relativer Einkommensarmut und sozialhilferechtlicher bzw. Grundsicherungs-Armut unterschieden. Die Armutsgrenzen der letztgenannten, auch als „bekämpfte Armut“ bezeichneten Ausprägung von Armut resultieren aus entsprechenden institutionellen Festlegungen („Regelsätze“) seitens der Politik. Bei der relativen Einkommensarmut ergibt sich die Armutsgrenze als Prozentsatz eines mittleren Einkommensniveaus. Üblicherweise wird hierbei auf einen 60-Prozent-Anteil am Einkommensmedian2 als Armutsrisikoschwelle Bezug genommen. So ist die Definition auch in der nationalen Amtlichen Sozialberichterstattung und z. B. international in der EU-Statistik vereinbart/üblich. Methodisch gesehen ist die sich daraus ergebende Armutsrisikoquote (ebenso wie die Reichtums Quote) eine Maßzahl für die Einkommens- bzw. Vermögensverteilung. Alternative Armutsschwellen: Die 40-Prozent-Armutsschwelle als Beispiel Fixiert man die Armutsschwelle alternativ z. B. bei 40 Prozent des mittleren gesellschaftlichen Wohlstandsniveaus (wobei in der Regel der Median als Mittelwert Verwendung findet), liegt so genannte „strenge Armut“ vor. In Deutschland liegen die entsprechenden einkommensbezogenen Armutsgrenzen betragsmäßig nicht allzu weit weg von den jeweiligen Grundsicherungsbeträgen. Für Rheinland-Pfalz ist aufgrund von Fallzahlproblemen in den gängigen Datenbasen der Ausweis relativer „strenger Armut“ nur sehr eingeschränkt möglich.
Die Fixierung der relativen Einkommens- wie der Vermögensreichtumsgrenze erfolgt bei 200 Prozent bzw. bei 300 Prozent des Medians der Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen bzw. der Pro-Kopf-Haushaltsnettovermögen.3 Diese Setzung folgt üblichen Vorgehensweisen, ist aber in Bezug auf das Vermögen insofern nicht ganz unproblematisch, als innerhalb der unteren 50 Prozent der Vermögensbezieher ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Haushalte kein Vermögen aufweist und in der Folge der vermögensbezogene Median in der Regel deutlich niedriger als der vermögensbezogene arithmetische Mittelwert ist. Daher ist der (quotierte) Ausweis vermögensbezogenen Reichtums bei Zugrundelegung des Medians typischerweise (deutlich) höher als bei Verwendung des arithmetischen Mittelwertes.4 Zusätzlich werden im Reichtums Kontext Perzentilbetrachtungen im Sinne „der obersten 1 Prozent“ bzw. „der obersten 10 Prozent“ durchgeführt. In der Armuts- und Reichtums Forschung sind zur Bestimmung der Armuts- bzw. Reichtums Quoten sowohl der Bundes- als auch der jeweilige Landesmedian üblich.5 Für ein Ranking zwischen Bundesländern wird häufig der Bundesmedian herangezogen (vgl. z. B. Der Paritätische 2013). Dies ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht unproblematisch: Armuts- bzw. Reichtums Quoten sind, wie oben erläutert, Verteilungskennziffern. Um bei relativen Verteilungskennziffern „echte Quoten“ zu bilden, müssen im Zähler und Nenner des Bruches im Grunde genommen der gleiche Raumbezug, die gleiche Untersuchungspopulation usw. verwendet werden.6 Nur dadurch können regionale Kaufkraftunterschiede etc. zumindest annähernd berücksichtigt werden. Wir stellen in den Analysen in diesem Bericht daher primär auf den Landesmedian ab (und die Berechnungen anhand des Bundesmedians werden im Grunde genommen nur ergänzend genannt).
3 Um die Leser des Berichts nicht zu sehr zu verwirren, wird aber vor allem auf die 200ProzentSchwelle
abgestellt. 4 Die Reichtums Schwelle ist – insbesondere an der 200-Prozent-Grenze des Vermögens wie des Einkommens – vergleichsweise niedrig angesetzt. Plakativ gesprochen, gelten nach dieser Abgrenzung ledige Studienräte ebenso wie Lehrerehepaare auch noch mit vier Kindern als „reich“. 5 Bzw. bei entsprechendem Raumbezug auch ost-/westdeutscher Median oder ein jeweiliger regionaler Median für NUTS-Regionen etc. 6 Auf europäischer Ebene werden Vergleiche von Armutsquoten generell anhand der jeweiligen nationalen Medianwerte angestellt. 77 Methodische Beschränkungen und Erweiterungen Es ist im Zusammenhang mit der Darstellung von Armut und Reichtum in Rheinland Pfalz auf folgende Beschränkungen bezogen auf die Ausschreibung hinzuweisen: ? Bei den Punkten Energiearmut und Partizipation (vgl. in diesem Kontext die grundlegenden, im Zusammenhang mit dem Vierten Armuts- und Reichtums Bericht der Bundesregierung erstellten Studien: Engels, Thielebein 2011; Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung 2011 und Apel, Engels 2012) sowie materielle Entwicklungen ergeben sich bei besonders relevanten Datengrundlagen, die prinzipiell neben dem Mikrozensus, der Einkommensund Verbrauchsstichprobe und den amtlichen Statistiken der Bundesagentur für Arbeit bzw. der Deutschen Rentenversicherung heranzuziehen wären (Sozioökonomisches Panel, European Union Statistics on Income and Living Conditions (EU-SILC), Freiwilligensurvey) für ein Land wie Rheinland-Pfalz Fallzahlprobleme – was zu eingeschränkten Differenzierungsmöglichkeiten führt. Wegen – sogar für Deutschland – vergleichsweise geringer Fallzahlen ist auch die neue Erhebung von Europäischer Zentralbank bzw. Deutscher Bundesbank zu Vermögen und Einkommen – das Panel on Household Finances (PHF) – im vorliegenden Kontext nur wenig aussagekräftig.
? Auch beim zentralen Thema Aufwärts- und Abwärtsmobilität (vgl. hierzu die instruktiven Ausführungen von Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2011) gibt es (im hierfür prinzipiell geeigneten Sozioökonomischen Panel) Grenzen der Ausdifferenzierung von Problemgruppen auf Länderebene wegen zu geringer Fallzahlen. ? Gleiches gilt für die Empirie zu den Kosten bzw. Folgen von Armut und sozialer Ungleichheit für Sozialstaat und Gesellschaft – bis hin zu den Konsequenzen für Wachstum (vgl. z. B. Brenke, Wagner 2013) oder auch für die Stabilität der Demokratie (vgl. z. B. Stiglitz 2012). ? Primärforschung zu sozialen Brennpunkten/aufzuwertenden Stadtteilen und zur Wohnungslosigkeit ist im gegebenen Rahmen nicht möglich. Zu den genannten Punkten wird weitgehend auf die (west-)deutsche Ergebnisebene zurückgegriffen bzw. der Forschungsstand dargestellt. Hier können nur einige vorliegende Studien (vor allem aus der kommunalen Sozialberichterstattung) perzipiert und in ihren Grundrissen referiert werden (vgl. in diesem Kontext vor allem die im Rahmen des Vierten Armuts- und Reichtums Berichtes der Bundesregierung erstellte Studie von Häussermann u. a. 2010). ? Beim Thema Vermögensreichtum sind zwar in den vergangenen Jahren gewisse Fortschritte in den Datenmöglichkeiten festzustellen (vgl. unten zu einigen Details und Operationalisierungen). Unbestreitbar gibt es hier aber auch Grenzen. Das gilt insbesondere für das Gebrauchs- und vor allem auch für das Produktivvermögen (vgl. in diesem Kontext Ammermüller u. a. 2005). Letzteres 78 beispielsweise wird zwar im Sozioökonomischen Panel erfasst, kann dort aber fallzahlenbedingt nur für Gesamtdeutschland sinnvoll ausgewertet werden. ? Die Fallzahlenproblematik ist analog zum Untersuchungsthema „Armut“ auch, ja noch stärker bei Differenzierungen zum Thema „Reichtum und Wohlstand“ unbedingt zu beachten.
? Gleiches gilt für die Empirie zu den Funktionen von Reichtum und Wohlstand für Volkswirtschaft und Gesellschaft. Hierzu gibt es auf nationaler und internationaler Ebene eine umfangreiche Tradition an Studien (Leitfrage: „Does (in-)equality matter?“), welche jedoch hochgradig Annahmen abhängig und naturgemäß sehr kontrovers sind.7 Auf ein (kleineres) Bundesland bezogen, ist es unmöglich, signifikante Ursachenanalysen anzustellen. Wir werden zu dieser Problematik vor allem mit (west-)deutschen Daten und Analogieschlüssen zu Rheinland-Pfalz arbeiten.8 Sowohl die Einkommens-/Vermögens-/Well-being-Armut als auch der Einkommens-/ Vermögens-/Well-being-Reichtum lassen sich hinsichtlich ihrer Komponenten näher analysieren. Der hierbei angesprochene Well-being-Indikator kann in die Komponenten Haushaltsnettoeinkommen und -vermögen (Letzteres als annuisierte Wertgröße) gegliedert werden. Das Haushaltsnettoeinkommen lässt sich in seine einkommensbezogenen Komponenten (Arbeits-, Kapital-, Transfereinkommen sowie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) zerlegen, und das Haushaltsnettovermögen schließlich kann etwa differenziert werden in Haushaltsnettogeldvermögen und in Haushaltsgrundvermögen (inklusive des Hausvermögens). Durch die skizzierten Zerlegungen lässt sich die Bedeutung einzelner Wohlstandselemente für den Armuts- und Reichtums Bereich in Rheinland-Pfalz jeweils abschätzen. Außerdem können – in einer vergleichsweise umfassenden wohlfahrtsbezogenen Sicht – korrelative Zusammenhänge zwischen den einzelnen Wohlstandsgrößen ermittelt werden, was im Armuts-/Niedrigeinkommenskontext
Summarisch betrachtet, kann aus der gesamten Literatur dazu gefolgert werden, dass es wohl z. B. einen Punkt auf der Achse zwischen Gleichheit und Ungleichheit gibt, der mit dem höchsten
beobachteten Wachstum korrespondiert (Dies ist insoweit vergleichbar der Debatte um eine optimale Abgabenquote). Wo dieser Punkt aber genau liegt, ist offensichtlich nicht raum-/zeitunabhängig. Und: Ob dieser Punkt bezüglich anderer Ziele (z. B. Lebenserwartung, sozialer Zusammenhalt etc.) der gleiche ist, ist ebenfalls unklar. Zu einem entsprechenden thematischen Überblick vgl. Faik 2012b. 8 Im Gegensatz dazu sind die Analysen der Zusammenhänge zwischen Reichtum einerseits und Arbeitsmarkt, Bildung u. ä. andererseits mit den vorliegenden Daten etwas klarer quantitativ darstellbar. 79 Zudem wird in der vorliegenden Studie in Sensitivitätsbetrachtungen – sozusagen in Form von „Gedankenexperimenten“ – analysiert, wie sich bestimmte strukturelle Veränderungen an dieser Stelle auf die Größe und die Zusammensetzung der Armutsbevölkerung auswirken. In einer neueren Publikation (vgl. hierzu Faik, Köhler-Rama 2013, S. 161f) wurde beispielsweise untersucht, wie sich – vor dem Hintergrund der voraussichtlichen Absenkungen des Rentenniveaus in der bundesdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung – die Armutsrisiko) Quote der Gesamtbevölkerung und insbesondere diejenige der Älteren verändern würden, wenn die Höhe der von der gesetzlichen Rentenversicherung bezogenen Rentenzahlbeträge variiert würde. Mit Hilfe solcher „Gedankenexperimente“ lassen sich demnach sozialpolitische Reformmaßnahmen in ihrer Wirkung auf den Armutsbereich abschätzen. Auf eine weitere methodische Erweiterung sei hingewiesen: Aus dem Spektrum möglicher Alternativen zur reinen „Kopfzählung“ der Armen via Armutsquote bietet sich insbesondere das Armutslückenverhältnis an. Es gibt an, um wie viel Prozent z. B. die Einkommen der als „arm“ eingestuften Untersuchungseinheiten im Schnitt hinter der Armutsgrenze zurückbleiben („Armutsintensität“). Auf diese Weise lässt sich – im Zusammenhang mit den relativen Armutsbetrachtungen – auch abschätzen, wie viel an finanziellen Mitteln insgesamt eingesetzt werden müsste, um die Armutsbevölkerung
aus dem Armutsbereich „herauszubringen“, wie hoch also das Ausmaß finanzieller Umverteilung zur Beseitigung von Armut sein müsste. Datengrundlagen Vorbemerkung Grundsätzlich ist vorab zu bemerken, dass vor allem die bislang allenfalls randständige Entwicklung der bundesdeutschen Reichtums Berichterstattung nicht zuletzt auf die für die Reichtums Fragestellung eigentlich unzureichenden bundesdeutschen Datenbasen zurückzuführen ist. Dies gilt selbst in einer reduzierten Betrachtung lediglich der finanziellen Reichtums Dimension. In der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe z. B. sind die hohen Einkommen (und damit auch die hohen Vermögen) nicht repräsentativ berücksichtigt, und die Vermögensinformationen beziehen sich seit 1983 neben dem nur rudimentären Ausweis von Kategorien des Sachvermögens im Wesentlichen lediglich auf die Kategorien Haus- und Grundvermögen sowie Geldvermögen. Im Sozioökonomischen Panel gibt es – um ein weiteres Beispiel zu nehmen – erst seit 2002 eine Hocheinkommensstichprobe (zu Verteilungsergebnissen auf Basis dieser Stichprobe vgl. etwa Schupp u. a. 2005), und auch die Vermögensbilanzierung wurde erst in der jüngeren Vergangenheit (2002 bzw. 2007) im Sozioökonomischen Panel verbessert (vgl. hierzu die Ausführungen von G. Wagner in Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2007, S. 34ff). Ähnliche datenbezogene Beschränkungen ergeben sich im Armutskontext. Grundsätzlich gilt, dass im Rahmen von Bevölkerungsstichproben die eher schwach besetzten Verteilungsränder nicht 80 ausreichend und mit auswertbaren Fallzahlen berücksichtigt werden. Es ist in diesem Zusammenhang insofern mit systematischen Fehlern zu rechnen, als von einer unterdurchschnittlichen Teilnahmebereitschaft an den beiden Verteilungsrändern auszugehen ist.
SOEP Das Sozioökonomische Panel (SOEP) ist eine seit 1984 laufende jährliche Wiederholungsbefragung von Deutschen, Ausländerinnen und Ausländern sowie Zuwanderinnen und Zuwanderern. Sie umfasst aktuell (SOEP-Welle 2012) deutschlandweit mehr als 10.000 Haushalte und gut 20.000 Personen. Grundsätzlich kann auch das SOEP nach dem Land Rheinland-Pfalz untergliedert werden. Dabei ergeben sich aber größere Schwierigkeiten in den Zellenbesetzungen, so dass das SOEP für (soziodemografisch) tiefergehende Fragestellungen im vorliegenden Zusammenhang nicht geeignet ist und in diesem Bericht nur für einige Ergebnisse auf der Landesebene insgesamt verwendet wird. Im SOEP werden Einkommensinformationen u. a. retrospektiv in Form der Vorjahreseinkommen erfragt, wobei die Haushaltsnettoeinkommen mittels eines Steuerund Sozialabgabenmoduls auf Basis der Haushaltsbruttoeinkommen simuliert werden. In die betreffende SOEP-Haushaltsnettoeinkommensvariable werden teilweise Einkommenswerte imputiert, wie z. B. der Mietwert selbst genutzten Wohneigentums in das Vorjahreseinkommen. Weitere für Verteilungsanalysen prinzipiell nutzbare Datenbasen mit bundesdeutschem Bezug sind vor allem: die Wohlfahrtssurveys, die Sozialstaatssurveys, die Einkommensteuerstatistik (bzw. die Statistik über die allerdings seit 1997 nicht mehr erhobene Vermögensteuer), die SAVE-Umfragen (SAVE = Sparen und Altersvorsorge in Deutschland; vgl. hierzu die Ausführungen von D. Schunk in Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2007, S. 53ff), die für die Analyse von Vererbungsprozessen interessanten SHARE- Umfragen (SHARE = Survey of Health, Ageing, and Retirement), die EU-SILC-Daten, die Allgemeine Bevölkerungsumfrage in den Sozialwissenschaften
(ALLBUS), die PHF-Daten, die verschiedenen Mikrozensen und die diversen Eurobarometer (zu einer Deskription der meisten vorstehend genannten Datenbasen vgl. im Übrigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2005, S. 11ff). Allerdings werden auch dort jeweils nur verteilungsbezogene Teilaspekte erhoben. Beispielsweise sind die Wohlstandsangaben vielfach nur eindimensional auf die Ressource Einkommen bezogen (zum Teil auch nur in klassifizierter Form). Auch ist mitunter – wie bei den ausschließlich auf Steuerstatistiken Bezug nehmenden Studien – der Haushaltskontext nur unzureichend berücksichtigt.
Die diversen Aufgabenstellungen des Berichtes werden daher durch die Eigenschaften der verfügbaren (Mikro-)Datenbasen beschränkt; für den vorliegenden Bericht handelt es sich dabei im Wesentlichen um folgende (Mikro-)Datenbasen: ? die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), ? der Mikrozensus (MZ) und ? die Einkommensteuerstatistik (ESS). Auf diese Datenbasen soll daher nachfolgend ausführlicher eingegangen werden. Ergänzend werden aber im vorliegenden Bericht auch noch (neben Informationen aus den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, der Bevölkerungsstatistik, der Arbeitsmarkt- und Bildungsstatistik usw.) ? (regionalisierte) Daten der Gesetzlichen Rentenversicherung (Sonderauswertungen durch die Deutsche Rentenversicherung Bund sowie Scientific-UseFiles der Versichertenkontenstichprobe, zum Rentenbestand und zum Rentenzugang) sowie
? Daten der sozialen Mindestsicherung [mit Informationen zu Sozialgeld/-hilfe (SGB II/SGB XII), Arbeitslosengeld II im Sinne der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) sowie zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII)] verwendet. Mikrozensus Der Mikrozensus wird seit 1957 als amtliche Repräsentativbefragung durchgeführt. Es handelt sich hierbei um eine Zufallsstichprobe, bei der alle Haushalte die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit haben. Der Stichprobenumfang von 1 Prozent umfasst etwa 390.000 Haushalte mit 830.000 Menschen. Ein Viertel aller in der Stichprobe enthaltenen Haushalte wird jährlich ausgetauscht. Folglich bleibt jeder Haushalt vier Jahre in der Stichprobe. Mit dem Grundprogramm werden jährlich Daten erhoben über die Bevölkerungsstruktur, die wirtschaftliche und soziale Lage von Personen bzw. Familien, Lebensgemeinschaften und Haushalten, die Schul-, Aus- und Weiterbildung, die Erwerbstätigkeit sowie die Pflege- und Rentenversicherung. Neben dem jährlichen Fragenkatalog gibt es eine Reihe von Merkmalen, die nur im Abstand von vier Jahren erhoben werden: Private und betriebliche Altersvorsorge (2009), Gesundheit (2009), Zusatzfragen zur Migration (2009), Zusatzangaben zur Erwerbstätigkeit (2009 bzw. 2011), Wohnsituation (2010), Krankenversicherung (2011) und Pendlereigenschaft (2012).
82 Hinsichtlich der Regionalisierung von Wohlstand ist in den Scientific-Use-Files der einzelnen Mikrozensen auch für Rheinland-Pfalz eine regionale Differenzierungsmöglichkeit
nach Gemeindegrößenklassen (mit folgender grundsätzlicher Systematik: „Unter 5.000 Einwohner“, „5.000 bis unter 20.000 Einwohner“, „20.000 bis unter 100.000 Einwohner“, „100.000 bis unter 500.000 Einwohner“ sowie „500.000 Einwohner und mehr“) gegeben. Des Weiteren kann im Projektkontext mittels MZ über die so genannten Anpassungsschichten (zusammengefasste Kreise – entsprechend NUTS III) regionalisiert werden. Im Mikrozensus finden sich zwar in Bezug auf die Sozioökonomie umfangreiche Informationen etwa zur Erwerbsbeteiligung, zur Bildung oder zum Gesundheitsstatus der Befragten. Es sind aber in Bezug auf die Einkommens-, Vermögens- und Ausgabeinformationen im MZ-Kontext insofern gewisse Abstriche vorzunehmen, als lediglich (in klassifizierter Form) Informationen zum Haushaltsnettoeinkommen vorliegen, wobei diese Informationen im Rahmen der Amtlichen Sozialberichterstattung mittels eines Interpolationsverfahrens präzisiert werden. Für den vorliegenden Bericht standen als aktuellste Erhebung in veröffentlichter Form z. T. Ergebnisse aus dem MZ 2012 und als Scientific-Use-File des MZ 2010 Einzeldaten zur Verfügung. Einkommens- und Verbrauchsstichprobe Im Rahmen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe werden seit 1962 private Haushalte in Deutschland alle fünf Jahre zu ihren Einnahmen und Ausgaben, zur Vermögensbildung, zur Ausstattung mit Gebrauchsgütern und zur Wohnsituation befragt. Der Erhebungsumfang beträgt rund 60.000 Haushalte. Es werden etwa 0,2 Prozent aller privaten Haushalte (d. h. jeder 500. Haushalt) befragt, und die ermittelten Ergebnisse werden am jeweils aktuellen Mikrozensus hochgerechnet. Insbesondere für Personen in Gemeinschaftsunterkünften und Anstalten bzw. für Haushalte mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 18.000 Euro und mehr (und daraus resultierend: für Einkommensmillionärinnen und Einkommensmillionäre) können aus der EVS keine Angaben gewonnen werden, da sie nicht bzw. nicht in ausreichender Zahl an der Erhebung teilnehmen; ergänzende Berechnungen von Merz
(2001) haben überdies gezeigt, dass in den Einkommens- und Verbrauchsstichproben auch in dem unmittelbaren Bereich unterhalb der Abschneide Grenze (zwischen 10.000 und 18.000 Euro an monatlichem Haushaltsnettoeinkommen) etwa 100.000 bundesdeutscher Haushalte nicht berücksichtigt sind. Die neueste verfügbare EVS datiert aus dem Jahre 2008.
Die EVS ist zwar nach Bundesländern disaggregierbar, eine regionale Differenzierungsmöglichkeit nach Gemeindegrößenklassen („Unter 5.000 Einwohner“, „5.000 bis unter 20.000 Einwohner“, „20.000 bis unter 100.000 Einwohner“, „100.000 bis unter 500.000 Einwohner“ sowie „500.000 Einwohner und mehr“) ist jedoch in dem für wissenschaftliche Auswertungen nutzbaren Scientific-Use-File der Einkommensund Verbrauchsstichprobe 2008 nicht möglich (obgleich in den EVS-Originaldatensätzen eine entsprechende Regionalisierung existent ist). Die einzelnen Wohlstandsgrößen werden in der EVS sehr differenziert erfasst. Vermögen ist dabei grundsätzlich als Summe aus Geld- und Haus-/Grundvermögen definiert. Konkret gliedert sich das erfasste Geldvermögen in der EVS in folgende Bestandteile (wobei von den entsprechenden Bruttobeträgen – wie im Übrigen auch beim Haus-/Grundvermögen – die Kreditverpflichtungen in Höhe der Restschuld zu subtrahieren sind): ? Sparguthaben, ? Wertpapiere, ? Bausparguthaben, ? sonstiges Geldvermögen (z. B. Festgeld) sowie ? Lebens-, Sterbegeld-, Ausbildungs- und Aussteuerversicherungsguthaben.
In der Geldvermögens-Rubrik Wertpapiere ist zwar auch der Besitz von Aktien enthalten; auf diese Weise werden aber nur Teile der Produktivvermögen und der privaten Eigentumsrechte ansatzweise berücksichtigt. Betriebs- bzw. Produktivvermögen ist somit weitgehend nicht erfasst. Einkommensteuerstatistik Um auch den oberen Rand der Einkommensverteilung näherungsweise berücksichtigen zu können, werden ergänzend zu den vorstehenden, gerade für den oberen Verteilungsrand nur bedingt aussagekräftigen Datenbasen auch noch Daten aus der Einkommensteuerstatistik herangezogen. In dieser Statistik werden über 30 Millionen einzeln oder gemeinsam veranlagte Steuerpflichtige erfasst. Die einzelnen Steuerfälle können nach Alter und Geschlecht voneinander unterschieden werden. Im vorliegenden Bericht wird eine Stichprobe der Einkommensteuerstatistik aus dem Jahre 2007 („FAST 2007“; FAST = Faktisch anonymisierte Daten aus der Lohn- und Einkommensteuerstatistik) mit bundesweit fast 4 Millionen Steuerfällen genutzt.
Die Informationen aus der Einkommensteuerstatistik sind jedoch nur bedingt kompatibel mit den Daten aus den vorstehend genannten, auf Befragungen aufbauenden Mikrodatenbasen (EVS, MZ, SOEP), da bei ihnen a) der Haushaltszusammenhang nur unvollkommen berücksichtigt wird und b) lediglich steuerlich relevante Einkommensgrößen erfasst werden. Sie haben daher eher ergänzenden Charakter zu den Einkommens- und Vermögensinformationen der EVS 2008 sowie zu den Einkommensinformationen
aus den verwendeten Mikrozensen. Zu beachten ist dabei, dass bei der Einkommensteuerstatistik Bezieherinnen und Bezieher geringer Einkommen weitgehend ganz fehlen (Personen/Haushalte, die nur über nicht der Steuerpflicht unterliegende Einkünfte wie geringe Renten verfügen, nur eine geringfügige Beschäftigung aufweisen bzw. als Lohneinkommensbezieherinnen und -bezieher keine Steuererklärung abgeben). Zwischenfazit und Warnhinweis zu den Aussagegrenzen der vorliegenden Daten und Ergebnisse An dieser Stelle ist ausdrücklich nochmals auf die Lückenhaftigkeit der genannten Datenquellen insbesondere in Bezug auf hohe Einkommen und Vermögen hinzuweisen (vgl. auch Schwan, Schwarz 2012; Bach u. a. 2011); z. B. gilt: ? Haushalte im oberen Einkommensbereich (vor allem ab monatlich 18.000 Euro) sind in MZ und EVS nicht bzw. untererfasst. ? Die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen werden, gemessen an den Ergebnissen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, gerade einmal zu etwa einem Drittel in den verfügbaren Verteilungsdaten nachgewiesen – dadurch wird die tatsächliche Ungleichverteilung massiv unterschätzt. ? Durch die systematische Untererfassung der Betriebsvermögen ist die Ungleichverteilung der Vermögen faktisch ebenfalls deutlich größer als mit den in diesem Bericht verfügbaren Daten auf zeigbar. ? Übergreifend ist auf die Frage der Zuverlässigkeit der Einkommensangaben in den Datengrundlagen hinzuweisen: So wird bei Einkommensangaben aus Befragungen – aber auch bei Steuerdaten – davon ausgegangen, dass diese nicht in jedem Fall genau sind; im untersten und speziell im Bereich hoher und sehr hoher Einkommen bzw. Vermögen dürften bereits bei den legalen Einnahmen die Abweichungen vergleichsweise häufig sein. Besonders bei Vermögensanalysen kommen Bewertungsprobleme, z. B. beim Gebrauchs- und beim Immobilienvermögen hinzu.
85 ? Im unteren Einkommensbereich fehlen bei den Befragungen (ebenso in den Steuerstichproben) die Obdachlosen, illegal im Land lebende Personen sowie die Anstaltsbevölkerung. In der Lohn- und Einkommensteuerstichprobe bzw. auch in einem neuen, künftig (und zeitnäher) nutzbaren so genannten Taxpayer-Panel fehlt der gesamte Bevölkerungsteil, der (legal) keine Einkommensteuererklärung abgibt. ? Durchgängig, wenn auch wahrscheinlich stärker im Bereich höherer Einkommen ausgeprägt, fehlen Einkommen aus dem gesamten Bereich der Schattenwirtschaft (Steuerhinterziehung und andere kriminelle Tätigkeiten). Das bedeutet, dass die Aussagekraft aller vorliegenden Armuts- und Reichtums Berichte des Bundes wie der Länder unter diesen datenbedingten Vorbehalten zu sehen ist (vgl. auch die Zitate im folgenden Kasten). Zu den Aussagegrenzen aller vorliegenden Armutsund vor allem Reichtums Berichte „(…), das Wirtschaftswachstum der letzten Dekade ist großteils bei den Unternehmensund Vermögenseinkommen gelandet. Diese Einkommen sind weitgehend auf die oberen Dezile und Perzentile konzentriert. Somit ist ein großer Teil des Wirtschaftswachsums der letzten 10 Jahre bei den reichsten 10 Prozent der Bevölkerung angefallen und davon vermutlich wiederum ein beachtlicher Teil bei den reichsten 1 Prozent. Genauer ermitteln lassen sich diese Zusammenhänge aber nicht, da es zur Verteilung der Einkommen und Vermögen auf die obersten 1 Prozent keine genauen Informationen gibt.“ (Bach u. a. 2011, S. 2). „Allerdings können die sehr reichen Personen und Familien mit Vermögen ab zweistelligen Millionenbeträgen in kleineren Haushaltssurveys mit freiwilliger Beteiligung der Befragten nicht hinreichend erfasst werden. Auf diese Gruppe entfällt aber ein nennenswerter Teil des Gesamteinkommens und -vermögens. Aber auch die Einkommensteuerstatistik dürfte die tatsächlichen Einkommen der
sehr reichen Haushalte nur teilweise erfassen. Privatpersonen mit Millionenvermögen, insbesondere mit wesentlichen Beteiligungen an mittelständischen oder größeren Unternehmen, halten ihre Portfolios häufig über gesonderte Vermögensanlagegesellschaften, Stiftungen oder Holdingkonstruktionen. In den Einkommensteuerstatistiken bis 2008 tauchen dann lediglich die laufenden Ausschüttungen auf, während die thesaurierten Gewinne auf Unternehmensebene erfasst werden. Ab 2009 gilt die Abgeltungsteuer, so dass die Kapitaleinkommen der wohlhabenden Haushalte einschließlich der Gewinn- und Dividendenausschüttungen an die Superreichen nicht mehr in der Einkommensteuerstatistik erfasst werden.“ (ebenda, S. 3f).
Fasst man daher die Beschreibungen der verwendeten Datenbasen und ihrer jeweiligen Defizite zusammen, so ergibt sich, dass die Datenlage eher einem Puzzle aus vielen, nur begrenzt kompatiblen und unvollständigen Bildelementen gleicht. Die Verteilungssituation in Deutschland überhaupt (und speziell in einem kleineren Bundesland wie Rheinland-Pfalz) lässt sich damit nur begrenzt beschreiben, insbesondere im für einen Armuts- und Reichtums Bericht zentralen Bereich sehr niedriger wie auch sehr hoher Einkommen bzw. Vermögen. In der gesamten Armuts- und Reichtums- bzw. Verteilungsberichterstattung und auch im vorliegenden Bericht werden mit den vorliegenden Daten Verteilungsmaßzahlen errechnet und präsentiert, für die angesichts der oben genannten Probleme im Grunde genommen jeweils ein ausführlicher Methodenhinweis zu den jeweiligen Aussagegrenzen gegeben werden müsste. Das gilt für Ginikoeffizienten bzw. Lorenzkurven ebenso wie für Dezilanteile und –relationen etc. Außerdem sind alle auf den Median
oder das arithmetische Mittel bezogenen Indikatoren bzw. Aussagen von den genannten Problemen betroffen. Wie schwerwiegend diese Erfassungsprobleme sind, soll an zwei Beispielen verdeutlicht werden. Das erste Beispiel bezieht sich auf die Einkommensebene. Seit der Einführung der Abgeltungssteuer 2009 werden tendenziell in der Einkommensteuerstatistik Einkünfte aus Kapitalerträgen bei jenen Steuerpflichtigen relativ genauer erfasst, deren persönlicher Steuersatz unterhalb des Steuersatzes der Abgeltungssteuer liegt. Bei Steuerpflichtigen mit einem höheren persönlichen Steuersatz fehlen diese Einkünfte in den Steuerdaten. Sowohl die Einkommensungleichheit als auch die gruppenspezifische Einkommensstruktur werden dadurch verfälscht. Verfälschungen des Bildes von der Vermögensverteilung zeigt das zweite Beispiel: Bach u. a. (2011) haben durch (vorsichtige) Imputation von Informationen zum obersten Vermögensperzentil (das oberste 1 Prozent) inklusive der (Vermögens)Multimillionärinnen und Multimillionäre sowie der Milliardärinnen und Milliardäre das SOEP 2007 erweitert. Die Vermögen des obersten Prozents in der Vermögensverteilung machen dabei rund 1,2 Billionen Euro aus. Das sind rund 19,6 Prozent der ursprünglich im SOEP hochgerechneten Nettovermögen. 1,1 Billionen Euro entfielen dabei auf das oberste Vermögenspromille, und der Ginikoeffizient der gesamten Nettovermögensverteilung erhöhte sich von 0,773 auf 0,810. In der Konsequenz bedeutet das, dass in Auswertungen der gängigen Daten, in denen keine Imputierung für die „Superreichen“ vorgenommen wird bzw. werden kann, erhebliche Unsicherheiten bestehen. Das gilt auch für Aussagen über die Entwicklung der Einkommens-/Vermögensverteilung über die Zeit hinweg. Wenn z. B. im Vierten Armuts- und Reichtum Bericht der Bundesregierung auf Basis der stabilen Gini-Koeffizienten laut SOEP konstatiert wird, dass die Ungleichheit der Einkommensverteilung seit 2005 nicht weiter zugenommen habe (vgl. z. B. Deutscher Bundestag 2013a, S. 228), so muss das nicht den Tatsachen entsprechen, wenn nämlich
87 im mit dem SOEP nicht beobachteten Bereich deutliche Veränderungen stattgefunden haben. Neben dieser „Warnung“ vorab wird im vorliegenden Bericht, auch auf die Gefahr von Redundanz hin, noch mehrmals an einschlägig besonders sensiblen Stellen auf diese Einschränkungen hingewiesen. Zusammenfassung von Kapitel 1 ? Armut und Reichtum werden im vorliegenden Bericht über multidimensionale Lebenslagen beschrieben. ? Als Wohlstandsvariablen werden alternativ zum einen das Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen (mit der neuen OECD-Äquivalenzskala als Normierungsskala) und zum anderen das Pro-Kopf-Haushaltsnettovermögen verwendet. Des Weiteren wird eine aus Einkommens- und Vermögenswerten zusammengesetzte Wohlstandsvariable genutzt. ? Hierbei erfolgen die Wohlstandsanalysen auf der Personenebene in dem Sinne, dass jedes Haushaltsmitglied den jeweiligen haushaltsbezogenen Wohlstandswert zugeordnet bekommt. ? Die dem Bericht zugrunde liegenden Haupt-Datenbasen sind der Mikrozensus 2005-2012, die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 und – ausschließlich für die Reichtums Betrachtung – die Einkommensteuerstichprobe 2007. Gerade an den Verteilungsrändern weisen diese Datengrundlagen Schwächen auf. ? Im Armutszusammenhang wird zwischen Mindestsicherungsbeziehern auf der einen Seite und relativ Armen bzw. relativ von Armut Bedrohten unterschieden. Hierbei wird die Armutsrisikoschwelle bei 60 Prozent des Medians der Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen bzw. der Pro-Kopf Haushaltsnettovermögen festgesetzt. Den Reichtums Betrachtungen liegt das Konzept des relativen Reichtums zugrunde,
wobei die Reichtums Schwelle bei 200 Prozent des Medians der Haushaltsnettoäquivalenzeinkommen bzw. der Pro-Kopf-Haushaltsnettovermögen fixiert wird. ? Als Medianwerte werden typischerweise im Bericht regionenspezifische Werte (d. h. für Rheinland-Pfalz: der Landesmedian) verwendet; alternativ wird der Bundesmedian zugrunde gelegt.
Sozioökonomische Grunddaten für Rheinland-Pfalz In Kapitel 2 werden für die nachfolgenden Verteilungsanalysen des Berichts sozioökonomische Grunddaten für Rheinland-Pfalz präsentiert,9 um auf diese Art und Weise ein breiteres Bild über die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Rheinland-Pfalz (sowie ansatzweise in den Vergleichsregionen) zu erhalten. Hierbei wird auf die Entwicklung der Bevölkerungsgröße ebenso eingegangen wie auf soziodemografische Strukturen (nach Merkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität) sowie wegen ihrer besonderen Bedeutung etwas ausführlicher auf wirtschaftliche Entwicklungen hinsichtlich Wertschöpfung, Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit. Demografie Wie Darstellung 2.1 zeigt, wuchs die rheinland-pfälzische Wohnbevölkerung zwischen 1991 und 2005 kontinuierlich, um seitdem stetig zu sinken. 1998, 2004, 2005, 2011 und 2012 ergaben sich dabei zwischen Rheinland-Pfalz und Deutschland entgegengesetzte Entwicklungen (vgl. auch Ickler 2013, S. 955). Insgesamt lebten 1991 knapp 3,8 Millionen Menschen in Rheinland-Pfalz. Am Ende des Beobachtungszeitraums im Jahre 2012 waren es fast 4,0 Millionen Menschen. Den höchsten Bevölkerungsstand im Beobachtungszeitraum verzeichnete Rheinland-Pfalz im Jahre 2005
mit 4,054 Millionen Menschen. Zensus 2011 Zu beachten ist, dass die in Darstellung 2.1 angegebenen Werte für 2011 noch nicht durch die Ergebnisse des Zensus von 2011 korrigiert worden sind. Gemäß diesem Zensus lag die Bevölkerungszahl in Deutschland um 1,5 Millionen Personen (bzw. um 1,8 Prozent) niedriger als angenommen. Für Rheinland-Pfalz lieferten die Zensus-2011-Ergebnisse mit zum Jahresende 2011 ermittelten 3.990.033 Menschen eine um 9.200 Personen (oder um 0,2 Prozent) geringere Bevölkerungszahl gegenüber der Bevölkerungsfortschreibung zum 30.04.2011, womit sich für Rheinland Pfalz im Bundesländervergleich die geringste diesbezügliche Abweichung ergab (vgl. hierzu BPB 2013)
Nachwort Europas neuste Sklaven und das Gesetzt der Armut!
In diesem Bauch geht es um die Ausbeutung der Flüchtlinge und die Machenschaften der Zeitarbeitsfirmen hier in Europa da kann man mal sehen das die Zeitarbeit eine Art Mafia ist und sogar mit der Mafia aus Italien zusammen arbeitet. Menschen werden benutzt um noch mehr Geld zu sparen und sogar um noch mehr zu machen auf die Kosten und der Gesundheit von anderen Arbeitnehmern.
Was ich nicht verstehe warum die Merkel Regierung nichts dagegen unternimmt und ich bin mir sicher das die Bundesregierung krumme Geschäfte mit den Zeitarbeitsfirmen machen. Es sind ja nur billige Arbeitskräfte die weiter vermittelt werden an Leihfirmen an Dienstleistungen und so weiter.