WIRTSCHAFT
Vorsicht vor Piraten Wer eine Insel kauft, kann damit Geld verdienen - vorausgesetzt, die Gegend stimmt VON Holger
Schwarz | 17. Februar 2000 - 13:00 Uhr
Im verregneten Hamburg ist das Büro von Farhad Vladi eine kleine Oase für alle, die von Sommer, Sand und Sonne träumen. Eine mannshohe Palme samt Stoffpapagei ziert eine Seite des Office, die kleine Hängemappe auf dem Sideboard verlockt zum Schaukeln. Und überall an den Wänden hängen Fotos von Inseln rund um den Globus. Das ist der Platz, an dem Farhad Vladi die Träume seiner Kunden managt. Weltweit mehr als 600 Inseln hat der 51-jährige Deutsch-Iraner in den vergangenen 30 Jahren verkauft. Sein Unternehmen, die Vladi Private Islands GmbH, unterhält neben dem Hamburger Büro auch eine Dependance in Kanada. Des Weiteren arbeitet der Inselmakler mit Experten auf den Bahamas und Schottland zusammen. Vor 21 Jahren trieb es Vladi selbst in die Einsamkeit - der Startschuss für eine außergewöhnliche Geschäftsidee. "Jeder trägt das Inselgefühl in sich", sagt er. "Ich wurde fündig, habe eine Insel gekauft, die später wieder verkauft wurde. Dazu kamen Freunde, die auch eine Insel haben wollten - so entwickelte sich das." Wer denkt, eine Insel zu besitzen sei nur ein Faible spleeniger Millionäre, dem hält Vladi sein Standardbeispiel entgegen: "Wenn Sie sich ein Auto leisten können, dann können Sie sich auch eine Insel kaufen." Denn für den Neupreis eines Mittelklassewagens - 50 000 bis 60 000 Mark inklusive Steuer und Versicherung - bekomme man bereits ein Traumeiland, nahe am Festland, samt Grundbucheintrag. Die Kelly-Family erzielte eine Rendite von 200 Prozent Dabei findet der Lockruf der Insel längst nicht nur bei Aussteigern Gehör. "Eine Insel ist nichts anderes als eine Immobilie", sagt Vladi. Auch als Geldanlage kann das Traumobjekt interessant sein. Ein Beispiel: Vor Irland habe er der Kelly-Family eine Insel für 950 000 Pfund verkauft, erzählt Makler Vladi. "Nur drei Jahre später haben sie für die Insel 2,8 Millionen Pfund bekommen." Die Rendite der Kellys: fast 200 Prozent. Und die irische Pop-Familie ist nur ein prominentes Beispiel für temporäre Insulaner. Auch Kabarettist Dieter Hallervorden oder der britische Multi-Unternehmer Richard Branson haben sich schon einen Traum verwirklicht - und dabei ganz nebenbei ihre Finanzen aufgebessert. Den Begriff Inselmakler hört Farhad Vladi nicht gern. Lieber bezeichnet er sich als "Kunsthändler der Natur", denn seine Branche funktioniert ähnlich wie der Kunstmarkt. "Van Goghs werden auch nicht mehr hergestellt, das Angebot ist fix. So ist das auch bei Inseln, und wenn Sie eine gute Insel haben, dann steigt der Preis, genau wie bei einem 1
WIRTSCHAFT wertvollen Gemälde." Dazu kommt: Die Nachfrage nach Inseln wächst wegen der besseren Verkehrsverbindungen in alle Welt, dank einer besseren Erschließung - zum Beispiel wegen moderner Anlagen mit Solarenergie - oder der Möglichkeit, mittels Handy auch auf dem Eiland jederzeit erreichbar zu sein. Der Kunstfreund der Natur Vladi ist auch beim Ring Deutscher Makler (RDM) wohl bekannt. Normalerweise widmen sich die Immobilienexperten innerstädtischen Büroräumen oder Luxusapartments. Das etwas andere Immobiliengeschäft beschäftigt sie nur am Rande. Geschäftsführer Gerhard Feldmann hält das exotische Geschäft daher auch für ein Investment für Menschen, die schon alles haben. Dennoch erachtet er Anbieter und Angebot für seriös. Feldmanns Sorge gilt mehr der Sicherheit des Investors: Nicht in allen Regionen der Erde geht es schließlich immer friedlich zu. "In manchen Weltregionen gibt es immer noch Piraterie, etwa in Südostasien oder vor Südamerika", sagt der RDMGeschäftsführer. "Die Insel sollte also in einem ordentlich geführten Staatsgebiet liegen, um unliebsame politische Überraschungen zu vermeiden." Was potenzielle Insulaner außerdem beachten müssen: Nicht überall dürfen Ausländer uneingeschränkt Grund kaufen oder verkaufen. Im Gebiet der Malediven, in Indonesien oder auch in Malaysia sei es nicht immer möglich, sein Stück Land zu jedem Zeitpunkt auch wieder zu veräußern, warnt Farhad Vladi. Objekte im Mittelmeerraum, zum Beispiel vor Monaco, oder Inseln in der Karibik gelten in der Branche dagegen als wahre blue chips. Lage, Lage, Lage - der alte Leitspruch der Immobilieninvestoren trifft auch beim Kauf von Inseln zu. Freilich ist nicht allein das einsame Eiland am anderen Ende der Welt eine lukrative Geldanlage. Vladi behauptet von sich, auf der ganzen Welt lohnende Objekte zu finden. Kühle Investoren, die auf Rendite spekulieren, gehen am besten nach einem simplen Rezept vor: In der Nähe eines Ballungsgebietes muss die Insel liegen, 50 bis 100 Kilometer vom Festland entfernt und mit einer grundlegenden Infrastruktur ausgestattet. So hat die Börsen-Hausse an der New Yorker Wall Street zum Beispiel die Inselpreise vor Long Island nahezu verdreißigfacht. Dagegen sind die Werte in Fernost gesunken Inselpreise als Spiegelbild der globalen wirtschaftlichen Entwicklung. Eine Südeeperle hat Farhad Vladi gerade im Angebot: Pohuenui Island, unweit der Küste Neuseelands, 60 Kilometer Ozeanfront, 21 Millionen Quadratkilometer. Der Preis: knapp 5 Millionen US-Dollar. Kein Pappenstiel, dafür aber exklusiv. Wer sich solchen Luxus nicht leisten kann, für den gibt es immerhin noch eine günstigere Variante: mieten statt kaufen. Das beginnt schon ab 300 Mark pro Tag und Person. Nach oben sind dabei natürlich keine Grenzen gesetzt. Beim Mieten sind zwar keine Renditesprünge drin aber einmal im Leben auf der eigenen Insel einen Sonnenuntergang betrachten kann auch ein Erlebnis werden, von dem man ein ganzes Leben lang zehrt. COPYRIGHT: DIE
ZEIT, 08/2000 2
WIRTSCHAFT ADRESSE: http://www.zeit.de/2000/08/Vorsicht_vor_Piraten
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