Ay mija, es ist nicht einfach! Ein partizipatorisches Malerei-Projekt mit Kubaner*innen in der Diaspora und auf der Insel
Ay mija, es ist nicht einfach! Ein partizipatorisches Malerei-Projekt mit Kubaner*innen in der Diaspora und auf der Insel
Masterarbeit Typ B Elena Alonso Fernández Matrikelnummer 365625 Betreuer: Prof. Dr. Jörg Heiser Institut für Kunst im Kontext
1. Einleitung
3
4
2.
Projektbeschreibung und Fragestellung
2.1
Kurze Beschreibung des Projekts
2.2
Persönliche Motivation hinter dem Projekt
4
2.3 Veränderungen in Kuba seit den 90er Jahren bis heute
5
2.3.1 Vorgeschichte seit 1959
5
2.3.2 Der Fall der UdSSR
6
2.3.3 Die Reformen unter Raúl Castros Regierung
7
2.3.4 Halbherzige Maßnahmen, neue Konflikte
4
8
2.3.5 Die aktuelle Situation 10 2.4
Vorhaben, Fragestellung und These
11
3. Das Porträt in meiner Arbeit: auf der Suche nach dem Habitus
12
3.1
Arbeit mit Oral History 12
3.2 Der Habitus 13
3.3
Die Gattung des Porträts heute
14
3.4 Das kollektive Porträt 15
Getting in touch 16
4.
4.1
So what’s the deal? Mein Angebot an die Teilnehmer*innen
16
4.2
Die Suche nach den Teilnehmer*innen
16
4.3 Der Interview-Prozess 17 4.3.1 Die Methode des narrativen Interviews
17
5.
Entstehung der Audioinstallation
5.1
18
Ein Raum zum freien Ausdruck? Strategie der Verantwortungsverschiebung in einem Zensurkontext
19
6. Die Entstehung der Bilder
21
6.1
Partizipation und Malerei?
21
6.2
Die Beteiligung von Menschen im Malprozess
22
6.3
Inspiration und Auftraggeber: historische Referenzen
22
6.4 Konsequenzen meiner Spielregeln für die Malerei
24
6.4.1 Die Motive: ein Rückblick
24
6.4.2 Die Zugehörigkeit zu einem Netzwerk
26
6.5
Co-Autorschaft der Bilder und geteilte vitalistische Perspektiven
30
7. Fazit 31 8. Literaturverzeichnis 33 9. Bildteil 36 10. Bilderverzeichnis 66
1. Einleitung Die vorliegende Masterarbeit ist eine schriftliche Reflexion und theoretische Recherche in Rahmen meines künstlerischen Projekts Ay mija, no es fácil! (dt. „Ay mija, es ist nicht einfach!“) – ein in Zusammenarbeit mit Kubaner*innen aus der berlinischen Diaspora und auf der Insel realisiertes partizipatorisches Malerei-Projekt, welches den aktuellen gesellschaftlichen Wandel in Kuba porträtiert. Meine Forschung geht über die Entstehung und Durchführung dieses Projekts hinaus und erfasst einige übergreifende Themen und Fragestellungen meiner Kunstproduktion der letzten Jahre. Ich untersuche im Folgenden eine für meine Praxis zentrale Annahme, dass obwohl partizipatorische Kunst in der Regel den Fokus auf den Prozess legt, die Zusammenarbeit mit einer Gemeinschaft und die gleichzeitige Beschäftigung mit Fragestellungen der Malerei nicht nur vereinbar, sondern auch voller Potentiale sein kann. Diese These wird insbesondere mit dem Blick auf das Projekt Ay
mija! 1 reflektiert, aber auch durch die Betrachtung einiger Strategien, die ich in früheren Projekten angewandt habe, sowie anhand beispielhafter Künstler und theoretischer Positionen aus der Kunst und der Soziologie. Nach der Einleitung werde ich zunächst die Projektidee darlegen, die historische und aktuelle Situation von Kuba beschreiben und die Vorhaben und Fragestellungen, mit denen ich in das Projekt hineingegangen bin, schildern (Kap. 2). Danach werde ich den Kern dieses ‚kollektiven Porträts‘, mit dabei besonderem Fokus auf die Arbeit mit Oral History, erörtern und eine kurze historische Reflexion über die Gattung des Porträts und seine Bedeutung heutzutage anstellen (Kap. 3). Im vierten Kapitel werde ich über die Vereinbarungen mit den Teilnehmer*innen und unsere Kommunikation während des Interview-Prozesses reflektieren. Da ich aus den mitgeschnittenen Interviews eine Audioinstallation für die Ausstellung entwickelte, werde ich im fünften Kapitel ihre Konzeption beschreiben und die Frage untersuchen, welches emanzipatorisches Potential biographischen Erzählungen in der Öffentlichkeit im Kontext politischer Zensur bergen können. Im sechsten Kapitel werde ich anhand einiger Beispiele einer selbstkritischen Malerei mein Interesse an dem heutigen Potential der Gattung erklären und auf die Strategien und ‚Spielregeln’ meiner Praxis eingehen. Die Arbeit schließt mit einer Reflexion, die die zuvor behandelten Aspekte bündelt und in Bezug auf meine eigene künstlerische Praxis zusammenfasst; im Lichte dieser Reflexion werde ich auch auf die eingangs genannte These zurückkommen und sie evaluieren.
1
Im Folgenden wird der Projekttitel Ay mija, no es fácil! teilweise auch in der abgekürzten Variante ( Ay mija! ) genannt.
3
2.
Projektbeschreibung und Fragestellung
2.1
Kurze Beschreibung des Projekts
Bei Ay mija, no es fácil! handelt sich um ein partizipatorisches Malerei-Projekt, welches ich in Zusammenarbeit mit Kubaner*innen in der berlinischen Diaspora und auf der Insel realisiert habe. Das Projekt versucht die zugespitzte Situation des Wandels in Kuba seit den 1990er Jahren durch die verschiedenen Perspektiven der Menschen, welche diese Lage aus eigener Erfahrung kennen, zu portraitieren. Für die Erschaffung dieses ‚kollektiven Porträts’ habe ich zuerst Interviews mit sieben Kubaner*innen aus der Diaspora in Berlin geführt, woraus sich die Motive für eine Reihe von 12 Bildern (Acryl auf Papier) ergeben haben. Fragmente der mitgeschnittenen Interviews stellte ich für eine Audioinstallation zusammen, die gemeinsam mit den Bildern gezeigt wurde. Das Projekt wurde von Januar bis Februar 2018 im Zentrum für Design und Bildende
Kunst in Santiago de Cuba in Rahmen der XIII. Wandmalerei Biennale Internos ausgestellt, an der ich ebenfalls teilnahm.2 Die Projektrecherche wurde vor Ort weitergeführt: die Besucher*innen der Ausstellung wurden eingeladen, das ausgestellte Porträt des Wandels mit eigenen Beiträgen zu ergänzen und so fand dort eine zweite Interview-Phase statt. Aus den gesamten Aufnahmen wurde anschließend eine zweite Audioinstallation erstellt und für ein nicht-spanisch sprechendes Publikum adaptiert. Die finale Version des Projekts wird zum ersten Mal in Berlin in Rahmen des Rundgangs an der Universität der Künste gezeigt.
2.2
Persönliche Motivation hinter dem Projekt
2016 wurde ich zum ersten Mal eingeladen, an der XII. Wandmalerei Biennale Internos in Santiago de Cuba teilzunehmen. Dadurch hatte ich die Gelegenheit, drei Wochen mit kubanischen Künstler*innen in einem Team zusammenzuarbeiten und den Alltag auf der Insel jenseits der touristischen Strömungen zu erleben. Dieser Kontext war für mich ebenso faszinierend wie überraschend: ganz andere Arbeitsrhythmen, flachere Hierarchien, wenig Konkurrenz und ein sehr kreativer Umgang mit dem alltäglichen Mangel (uns fehlte immer etwas: Farbe, Pinsel, Behälter, Transport, Essen... trotzdem sind wir mit unserem Vorhaben fertig geworden). Vor Ort war mir mehr als je zuvor bewusst, wie sehr das ökonomische und politische System, in dem wir leben, unseren Habitus beeinflusst. Neben den traditionellen sozialistischen Werten, deren Überreste in der kubanischen Gesellschaft noch deutlich zu merken sind, konnte man den wachsenden Einfluss kapitalistischer Denkweisen spüren, die sowohl das Stadtbild als auch die Mentalität der Bevölkerung allmählich verändern. Gleichwohl war die Zeit meines Aufenthaltes viel zu kurz, um die Komplexität der aktuellen Situation des Landes vollständig durchschauen zu können. 2
Die Ausstellung in Kuba wurde durch ein Förderprogramm des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) unterstützt. Während der Ausstellung veranstaltete die Galerie im Rahmen ihrer Vortragsreihen ein Gespräch zwischen mir und Jugendlichen aus den städtischen Schulen.
4
2017, ein Jahr nach meinem ersten Aufenthalt, erhielt ich eine Einladung für eine persönliche Ausstellung in Rahmen der kommenden Wandmalerei Biennale. Diese Gelegenheit wollte ich nutzen, um mich mit der Situation des Landes genauer zu befassen. Seit meinem Besuch im Jahr 2016 war es in Kuba zu einigen historisch bedeutsamen Ereignissen gekommen: Fidel Castro war gestorben, der damalige US-Präsident Barack Obama hatte Kuba besucht und Fidels Nachfolger Raúl Castro hatte angekündigt, 2018 auf die Präsidentschaft zu verzichten. Es war unbestreitbar, dass Kuba einen Wandel erlebte, der sich immer mehr beschleunigte. Ich wollte wissen, was dieser Wandel genau für die Bevölkerung bedeutete. Wie lebt es sich an der Schnittstelle von zwei so gegensätzlichen ökonomischen Systemen? Welche Auswirkungen hat dieses Nebeneinander auf den Alltag und auf die Lebensvorstellungen und Affekte der Menschen? Und wie kann ich das in meiner Kunst thematisieren? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, hielt ich es für nötig, in direkten Kontakt mit den Kubanner*innen zu treten. Aus diesen Überlegungen heraus entstand die Idee für
Ay mija!. Auch wenn sich dieses Porträt auf die Perspektive der Bevölkerung konzentriert, ging ich davon aus, dass man auch die wirtschaftliche Entwicklung in Kuba berücksichtigen muss, um die aktuelle Situation des Landes zu verstehen. Daher werde ich auf den folgenden Seiten die wichtigsten politischen und ökonomischen Ereignisse seit der sozialistischen Revolution zusammenfassen, um die gegenwärtige Situation zu kontextualisieren.
2.3
Veränderungen in Kuba seit den 90er Jahren bis heute
2.3.1 Vorgeschichte seit 1959
Die Kubanische Revolution fand 1959 statt. Nachdem die neue Regierung unter Fidel Castro Agrarland, Banken und Raffinerien aus US-Besitz verstaatlicht hatte, ohne entsprechende Entschädigungen zu zahlen, verbot die US-amerikanische Regierung im Oktober 1960 per Dekret, nach Kuba zu ex- und importieren. Das war der Anfang des Embargos, welches bis heute anhält. Die politische Führung der Sowjetunion sagte der Castro-Regierung hierauf wirtschaftliche und militärische Unterstützung zu. Obwohl alles darauf hindeutet, dass Castro und seine Anhänger*innen ihren Kampf nicht mit einem klaren sozialistischen Programm begonnen hatten3, wurde die Revolution am 16. April 1961 offiziell für ‚sozialistisch‘ erklärt.4 Sowohl für Kuba als auch für die Sowjetunion war das zwischen ihnen geschlossene Bündnis von Vorteil. In einer Zeit der atomaren Aufrüstung war es für die Sowjetführung in geopolitischer Hinsicht enorm wichtig, einen strategischen Punkt zu haben, von dem aus das Territorium der USA mit Mittelstreckenraketen zu erreichen war. Kuba seinerseits betrachtete die Sowjetunion als 3 4
Vgl. Peter Taaffe: Castros Kuba – eine marxistische Kritik. Debatten über die Revolution und Kuba heute , London 2000, S. 29. Vgl. Jane Franklin: Cuba and the United States. A Chronological History , Melbourne/New York 1997, S. 40.
5
wichtigsten Handelspartner und militärische Schutzmacht. 1972 trat Kuba dem „Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe“ (RGW) bei und profitierte von einer günstigen Wechselkursrelation. Die Insel erhielt billiges Erdöl aus der Sowjetunion sowie Maschinen, zahlreiche Fertigwaren und Rohstoffe. Umgekehrt vereinbarte Castro mit der Sowjetunion einen Preis für den Verkauf von Zucker, der weit über dem Weltmarktniveau lag. In dieser Periode wurde die kubanische Wirtschaft völlig von dem Ostblock abhängig.5
2.3.2 Der Fall der UdSSR
Im Juni 1991 löste sich der RGW auf und im Dezember des gleichen Jahres fand die UdSSR ihr politisches Ende. Kuba verlor somit seinen wichtigsten internationalen Handelspartner. Zeitgleich kam es – im Zuge des sogenannten Torricelli Acts 6 – zu einer massiven Verschärfung des US-amerikanischen Embargos, die Kuba in eine tiefe wirtschaftliche Krise stürzte. Der Mangel an Benzin und Maschinen führte zu Transportproblemen und einem Kollaps der Industrie und der Landwirtschaft, was einen dramatischen Mangel an Nahrungsmitteln und anderen Gütern des täglichen Gebrauchs zur Folge hatte. Das bisher geförderte Modell einer Zuckermonokultur erschwerte die interne Versorgungslage. Diese Krise, bekannt als periodo especial en tiempo de paz (dt. „Sonderperiode in Friedenszeiten“), war die schwierigste Phase des Landes seit der Revolution und erforderte aufseiten der kubanischen Bevölkerung zahlreiche Opfer. Die größte Herausforderung bestand damals darin, die kubanische Wirtschaft in den internationalen Weltmarkt zu integrieren und den Zufluss an Devisen zu erhöhen. In dieser Periode entstand eine paradoxe Situation: Während die Wirtschaft des Landes unter dem Devisenmangel litt, besaß die kubanische Bevölkerung immer mehr US-Dollar (hauptsächlich aus intrafamiliären Rimessen oder dem Trinkgeld von Tourist*innen), die offiziell jedoch nicht benutzt werden durften, so dass es zu einem großen Anwachsen von Schwarzmarkt-Aktivitäten kam. Damit die gesamte Wirtschaft von diesem Einkommen profitieren konnte, beschloss die kubanische Regierung, den bisher strafbaren Besitz von US-Dollar zu legalisieren und ein entsprechendes Netz von Handelsbetrieben aufzubauen. Die kubanische Wirtschaft öffnete sich für Investitionen ausländischer Wirtschaftsunternehmen und 1994 wurde eine begrenzte Form der selbständigen Erwerbstätigkeit für Einzelpersonen erlaubt, die sogenannten cuentapropistas. Die Reformen halfen, langsam aus der Krise herauszufinden, aber sie verursachten mit der Zeit ebenso viele neue Probleme und soziale Ungleichheiten. Gesellschaft. Trotz des Anspruchs einer Aufrechterhaltung des sozialistischen Systems, verstärkte die Entwicklung einer nach kapitalistischen Mechanismen Vgl. Jesús M. García Molina: La economía cubana desde el siglo XVI al XX. Del colonialismo al socialismo con mercado , Publikation der Vereinten Nationen in der Reihe Estudios y perspectivas , hrsg. v. der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL), Untereinheit Mexiko, 2005 (online verfügbar unter http://archivo.cepal.org/pdfs/2005/S050273.pdf, Zugriff am 17.03.2018), S. 24. 6 Der auf eine Initiative von Robert Torricelli, einem damaligen Mitglied des US-Repräsentantenhauses, zurückgehende Toricelli Act (die offizielle Bezeichnung lautet The Cuban Democracy Act ) wurde 1992 vom US-Präsidenten George H. W. Bush unterzeichnet. Das Gesetz verbot ausländischen US-Tochterunternehmen den Handel mit Kuba und berechtigte den US-Präsidenten dazu, Hilfen für Staaten zu streichen, welche mit Kuba kooperierten. Vgl. für weitere Informationen auch Franklin: Cuba and the United States , S. 289. 5
6
funktionierenden parallelen Wirtschaft die sozialen Spannungen. 1997 waren bereits über 400.000
cuentapropistas tätig, die eine Art neue ‚Bourgeoisie‘ bildeten.7 So verdienten Ärzt*innen in dieser Zeit durchschnittlich 11 bis 12 Dollar im Monat, während private Taxifahrer*innen auf 100 bis 450 Dollar kommen konnten.8 Die Regierung versuchte diese Unterschiede zwischen staatlichem und privatem Verdienst durch Grenzen und Lizenzgebühren für die cuentapropistas zu verringern. Dennoch waren soziale Ungleichheiten unter solchen Umständen unvermeidbar. Um den Devisenzufluss besser kontrollieren zu können, wurde 2004 eine neue Währung eingeführt, der sogenannte Peso convertible (CUC), dessen Wert fix an den US-Dollar gebunden ist. Zusammen mit dem Peso cubano (CUP) zirkuliert diese neue Währung auf der Insel bis heute.
2.3.3 Die Reformen unter Raúl Castros Regierung Unter Raúl Castro hat die kubanische Regierung einen kontrollierten, begrenzten, widersprüchlichen, in der Summe aber zweifelsohne substanziellen Reformprozess begonnen. Kuba erlebt einen Umbruch in Zeitlupe.
Bert Hoffmann9 Als Fidel Castro im Sommer 2006 schwer erkrankte, gab er seine Ämter vorübergehend an seinen Bruder Raúl ab. Von offizieller Seite aus sollte der Eindruck von Kontinuität vermittelt werden – Raúl kündigte wirtschaftliche Reformen bei gleichzeitiger Beibehaltung des Sozialismus an, mit dem Ziel, die größten Erfolge der Revolution (in den Bereichen von Bildung, Gesundheit und Kultur) auf Dauer zu erhalten. Raúl Castro hätte nie eine ‚Neuauflage‘ seines charismatischen Bruders sein können und hat dies auch nicht versucht. Mit ihm begann ein Prozess, der darauf abzielte, die Reformen institutionell zu verankern, so dass sie nicht mehr allein von den Entscheidungen und Launen der Person an der Regierungsspitze abhängig sind. Dieses Vorhaben komplizierte und verlangsamte die Reformprozesse. Zum einen konnte Raúl nicht – wie früher der Comandante – mit einer einzigen Rede ganze Wirtschaftspläne umstoßen. Zum anderen war er dazu angehalten, der Bevölkerung bessere Lebensbedingungen und Zukunftsperspektiven zu versprechen, da er, anders als Fidel, nicht in der Lage war, die Massen trotz materieller Engpässe zu mobilisieren. Der
bürokratische Sozialismus Raúls musste viel mehr Rücksicht auf die verschiedenen Institutionen und Interessengruppen im Apparat nehmen und viele Kompromisse machen.10 Die Politik von Raúl Castro bedeutete mehr Pragmatismus und außenpolitische Moderation. Während der 7
Vgl. Angelica Laura Lucia Wehrli: ¡Viva la creatividad! Strategien zur Existenzsicherung in Zeiten des sozioökonomischen Wandels auf Kuba , Münster 2009, S. 90. 8 Christian Koller: „Vom ‚Neuen Menschen‘ zur ‚Sonderperiode‘: 50 Jahre Kubanische Revolution“, in: Rote Revue. Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur 87 (2009), S. 36-44, S. 43. 9 Bert Hoffmann (Hg.): Wandel und Annäherung. Perspektiven deutsch-kubanischer Beziehungen in Kultur und Bildung , hrsg. v. ifa (Institut für Auslandsbeziehungen e.V.), Stuttgart 2016, S. 13. 10 Vgl. ebd., S. 14.
7
Amtszeit von US-Präsident Barack Obama arbeiteten beide Politiker gemeinsam daran, die Beziehung zwischen Kuba und den USA zu normalisieren.. Die jeweiligen Botschaften in Havanna und Washington wurden wiedereröffnet und Obama setzte sich sogar für die Schließung der Militärbasis in Guantanamo ein. Seit der Amtsübernahme Donald Trumps ist der Annäherungsprozess zwischen beiden Ländern wieder auf Eis gelegt.
Abb. 1: Straßenplakat mit der Aufschrift: „Revolution ist: die Werte zu verteidigen, an die man glaubt, allen damit verbundenen Opfern zum Trotz!“
Obwohl sich Kuba in der mittlerweile 12-jährigen Regierungszeit Raúl Castros stark verändert hat, sind die Fortschritte für viele ernüchternd. Von offizieller Seite aus wird immer wieder auf die Wichtigkeit hingewiesen, langsam und vorsichtig zu handeln, um Fehler zu vermeiden, sowie die strukturellen Herausforderungen des Embargos betont. Andere Stimmen, etwa der kubanische Wirtschaftswissenschaftler Carmelo Mesa-Lago, führen die Ineffizienz der Reformen auf den fehlenden politischen Willen der Herrschenden zurück. Ursächlich seien eine mangelnde Übereinstimmung innerhalb der Elite, Angst vor dem Verlust der politischen Kontrolle, bürokratische Trägheit, eine grundsätzliche Ambivalenz gegenüber politischen Veränderungen und das Bedürfnis nach einer Aufrechterhaltung des Status Quo.11 Obwohl sich die kubanische Wirtschaftsleistung seit Beginn der periodo especial deutlich verbessert hat, lässt sich nicht übersehen, dass viele gesellschaftliche Bedürfnisse unbeachtet geblieben und neue Probleme hinzugekommen sind. Im nächsten Abschnitt werde ich einige der wichtigsten sozialen Konflikte und Phänomene analysieren, die aus den erlassenen Reformen hervorgegangen sind.
2.3.4 Halbherzige Maßnahmen, neue Konflikte
Die zuvor erwähnte Spannung zwischen dem staatlichen und dem privaten Wirtschaftssektor und der damit 11
Vgl. Carmelo Mesa-Lago: Cuba en la era de Raúl Castro. Reformas económico-sociales y sus efectos , Madrid 2012, S. XX.
8
zusammenhängende Konflikt zwischen den beiden nationalen Währungen zerreißen heute die kubanische Gesellschaft. Der dramatische Gehaltsunterschied zwischen staatlichem und privatem Sektor (der monatliche Durchschnittslohn für Angestellte und Bedienstete des Staates liegt derzeit bei 29,60 US-Dollar 12) führt zu einer Abwanderung aus dem öffentlichen Sektor. Somit verliert der Staat seine Investition in intellektuelle Kräfte, deren Ausbildung sie komplett finanzierte. Der Teil der Bevölkerung, welcher eine staatliche Stelle weiter besetzt und das niedrige Gehalt in pesos cubanos erhält, bleibt in einer sehr schwierigen Position, da die Preise für ihn unerschwinglich sind. Die gut ausgebildeten Generationen nach der Revolution stehen vor der frustrierenden Entscheidung, ihren Beruf entweder für einen absurd niedrigen Lohn auszuüben oder aus finanziellen Gründen ein Stelle im touristischen Sektor zu besetzen, die weit unter ihren Qualifikationen liegt. Aufgrund der desparaten wirtschaftlichen Lage suchen viele Kubaner*innen nach einem Weg, die Insel zu verlassen. Mehr als 2,4 Millionen Kubaner*innen leben Schätzungen zufolge zur Zeit im Ausland.13 Als Quelle für Devisen, Informationen und diverse andere Güter hat diese Diaspora einen erheblichen Einfluss auf das Kuba von heute. Auch wenn sie die Möglichkeit haben, ein höheres Einkommen zu generieren, ist die Situation der
cuentapropistas ebenfalls problematisch. Trotz der legalen Zulassung gehen sie ihrer Tätigkeit unter schwierigen Bedingungen nach, die ihrem unternehmerischen Handlungsspielraum enge Grenzen setzen. Die cuentapropistas beschweren sich über Hindernisse wie eine fehlende oder mangelhafte Anbindung an den Großhandel, staatliche Korruption sowie exzessive Steuererhöhungen, die ihre Existenz bedrohen. Die Regierung geht ihrerseits gegen illegale Praktiken in diesem Sektor vor wie die Verwendung von Produkten aus dem Schwarzmarkt oder Formen der Steuerhinterziehung. Im Sommer 2017 wurde entschieden, die Vergabe von Lizenzen für die wichtigsten Tätigkeiten der cuentapropistas temporär einzufrieren.14 Diese Maßnahme ist aktuell noch in Kraft. Eine der wichtigsten Reformmaßnahmen von Raúl Castro war das Migrationsgesetz von 2013, das auf eine signifikante Flexibilisierung der Reisebedingungen abzielt. Aber auch hier kann man eine weitere Quelle für Ungleichheiten ausmachen: den meisten Kubaner*innen ist es aus finanziellen Gründen schlichtweg nicht möglich, Reisen ins Ausland zu unternehmen. Diese erfordern in der Regel die finanzielle Unterstützung durch Familie, den Freundeskreis oder Liebespartner*innen, was neue soziale Abhängigkeiten zur Folge haben kann. Die Förderung des Tourismus als volkswirtschaftlicher Haupteinnahmequelle und die entsprechend starke 12
Wert für 2016 gemäß dem Kubanischen Statistikamt Oficina Nacional de Estadísticas (ONE), was 740 Kubanischen Pesos entspricht; vgl. http://www.one.cu/salariomedioencifras2016.htm, Zugriff am 22.03.2018. 13 Bei einer Gesamtbevölkerung vom 11,4 Millionen also ein beträchtlicher Teil. Die Zahlen gehen zurück auf die Dirección de Asuntos Consulares Y de Cubanos (DACCRE); zit. n. Antonio Aja Díaz et al.: „La migración internacional de cubanos. Escenarios actuales“, in: Novedades en Población 26 (Juli-Dezember 2017), S. XX-YY, S. 47. 14 Vgl. die offizielle Mitteilung „Gaceta Oficial No. 31 Extraordinaria de 1 de Agosto de 2017 Sobre Trabajo Por Cuenta Propia“, https:// cubayeconomia.blogspot.de/2017/08/gaceta-oficial-no-31-extraordinaria-de.html, Zugriff am TT.MM.JJJJ.
9
touristische Präsenz auf Kuba verursachen ein neues Phänomen: den sogenannten jineterismo. Der Begriff bezeichnet verschiedenste Arten von profitablen Beziehungen mit Tourist*innen, von der gezielten Suche nach Liebesverhältnissen bis zur expliziten Prostitution – eine sehr verbreite Strategie, um an US-Dollar und Kontakte im Ausland zu kommen. Obwohl die Prostitution illegal ist und von Regierungsseite aus stark kritisiert wird, lässt ihre unübersehbare Präsenz im öffentlichen Raum vermuten, dass sie unter der Hand von staatlicher Seite aus weitgehend geduldet wird.15 Ein weiteres Beispiel für nur halbherzig umgesetzte Maßnahmen betrifft den Umgang mit dem Internet. Der Staat fördert es, allerdings bloß sehr langsam und zögerlich. Wie Hoffmann beschreibt: „Mit dem Aufstieg der digitalen Formate ist in Kuba auch eine schrittweise Erosion des staatlichen Medienmonopols verbunden, die de facto eine Pluralisierung der Öffentlichkeit zur Folge hat – und auf die der Staat noch keine klare Antwort gefunden hat“.16 Während in den Städten immer mehr Wifi-Spots an öffentlichen Plätzen zur Verfügung gestellt werden, existiert weiterhin eine Zensur und die Preise für die Nutzung (ein CUC pro Stunde) sind für viele Kubaner*innen extrem teuer – die Einrichtung eines Internetzugangs zu Hause ist nur für ‚besondere‘ Persönlichkeiten reserviert. Das Ganze führt dazu, dass nur ein geringer Teil der Bevölkerung das Internet tatsächlich in den Alltag integrieren kann, und selbst wenn, so erfolgt dies in der Regel nur in einer sehr begrenzten Form. Trotz der Existenz von alternativen Blogs, welche eine neue Plattform zur Meinungsfreiheit für die Kubaner*innen darstellen,17 hat die große Mehrheit nach wie vor keinen Zugang zum globalen Netz oder beschränkt die Nutzung vorwiegend auf die Kommunikation mit geliebten Menschen im Ausland.
2.3.5 Die aktuelle Situation
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass Kuba seit den 1990er Jahren einen prägnanten Wandel auf mehreren Ebenen erfährt: politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Auch wenn es nie das Ziel der Castro-Brüder gewesen ist, den Kapitalismus auf der Insel zu etablieren, so lässt sich in der Retrospektive doch konstatieren, dass die im Zuge der verschiedenen Krisen angestoßenen Reformen letztlich eine Annäherung an das kapitalistische Modell zur Folge hatten. Diese Veränderungen brachten sowohl Fortschritte als auch neue gesellschaftliche Ungleichheiten mit sich, welche wiederum dem sozialistischen Ansatz der Gleichheit widersprechen. . Allen Schwierigkeiten und Konflikten zum Trotz hat diese Situation des Wandels meines Erachtens etwas Faszinierendes. Die Ungleichheiten und die Erfolge der Revolution – etwa das Bildungs- und Gesundheitssystem, viele subventionierte Leistungen und eine der Tendenz nach immer noch solidarische 15
Vgl. Wehrli: ¡Viva la creatividad! , S. 95. Hoffmann: Wandel und Annäherung , S. 18. 17 Zur Frage, inwiefern das Internet in Kuba die Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft verändert, vgl. auch Bert Hoffmann: „Civil Society 2.0? How the Internet Changes State-Society Relations in Authoritarian Regimes: The Case of Cuba“ (= GIGA Working Paper Series 156, GIGA German Institute of Global and Area Studies), online verfügbar unter http://www.ssrn.com/abstract=1763846, Zugriff am 23.03.2018. 16
10
Grundhaltung – existieren nebeneinander.18 In Kuba ist es sicherlich, wie die häufig benutzte Redewende sagt, „nicht einfach!“,19 aber die Not hat die Kreativität befördert und die Kubaner*innen sind meisterhaft darin, die erfinderischsten Lösungen für jedes Problem zu finden. Die Bevölkerung hat sich an die Veränderungen angepasst und die Widersprüche zu einem Teil ihres Habitus gemacht. Sie bewegen sich zwischen zwei parallelen Realitäten, geprägt durch das duale Währungssystem: der Alltag wird bestritten zwischen pesos
convertibles und pesos cubanos, zwischen den fast kostenlosen Produkten aus der Libreta 20 und den hohen Preisen eines Panamericana 21, zwischen legalen und weniger legalen Tätigkeiten para resolver (dt. „um Probleme zu lösen“). Während die Straßen voller Slogans der Revolution sind und keine Werbung erlaubt ist, bringt der Zugang zum Internet der jüngeren Generation durch Youtube-Videos und El Paquete 22 (das erfinderische ‚offline–Netflix‘ der Kubaner*innen) kapitalistische Werte bei. Wo einmal Religionen verfolgt wurden, sind sie heute zu nationalen Identitätssymbolen geworden und Touristen bezahlen hunderte CUCs für eine Santo-Zeremonie23. Die Unmöglichkeit, für die Zukunft zu sparen, führt zu einer Mentalität des
carpe diem, wo Mangel und Übertreibung keine Gegensätze sind, sondern wechselnde Zustände ein und derselben Realität. In Kuba ist es nicht ungewöhnlich, das Gehalt eines ganzen Monats in zwei Tagen auszugeben oder dass ein Chirurg abends frituras (das sind frittierte Leckereien) verkauft. In Kuba passieren Dinge, die in anderen Ecken der Welt nicht mal denkbar wären.
2.4
Vorhaben, Fragestellung und These
Mit dem Projekt Ay mija, no es fácil! wollte ich ein Porträt jener Situation des Wandels herstellen, das über die offiziellen Berichte hinausgeht und die Erfahrung der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellt. Mein Vorhaben war es, durch den Habitus der Kubaner*innen ein Porträt des Wandels zu machen, das ‚zwischen den Zeilen‘ spürbar wäre. Auch wenn ich auf den letzten Seiten versucht habe, die wichtigsten Veränderungen des Landes seit der 90er Jahren zusammenzufassen, ist der Wandel in Kuba viel zu komplex, als dass er sich auf diese Weise in aller Deutlichkeit erklären ließe. Diese Komplexität wollte ich durch die biographischen Beiträge und Bilder in der Ausstellung zum Ausdruck kommen lassen, ohne die Situation zu vereinfachen oder eine einseitige Perspektive zu vermitteln. Den Kern des Porträts bilden deswegen die persönlichen Erzählungen 18
Vgl. Hans-Jürgen Burchardt: „¿Del fin del siglo a la crisis sin fin? Cuba: el modelo híbrido en la disyuntiva entre capital social y participación o desigualdad y fracaso político“, in: Papers. Revista de Sociologia 59 (Okt. 1999), S. 131-153, S. 147. 19 Der Titel des Projektes Ay mija, es ist nicht einfach! bezieht sich auf die in Kuba allgegenwärtige Redewendung „No es fácil!“ (dt. „Es ist nicht einfach!“), mit der die Kubaner*innen eine Mischung aus Kritik, Resignation, Humor und Ausdauer (in je nach Kontext verschiedenen Kombinationen) zum Ausdruck bringen. 20 Der Begriff der Libreta (dt. „Bezugsbüchlein“) steht für die Lebensmittelrationierung in Kuba. 21 Eine der am meisten verbreiteten Ladenketten in Kuba. 22 El Paquete ist eine rund ein Terabyte große Sammlung digitaler Inhalte (Filme, TV-Sendungen, Musik, Software, Zeitschriften im PDF-Format etc.), die wöchentlich verkauft bzw. unter der Hand weitergegeben wird (kostenlos oder bis zu einem Preis von 10 Kubanischen Pesos). Aus welchen Quellen das Material für El paquete stammt, ist weitestgehend unbekannt. Das Wegschauen der Behörden und die Tatsache, dass nie pornographische oder regierungskritische Inhalte im Paket zu finden sind, nährt allerdings Spekulationen, denen zufolge auch Regierungsmitarbeiter*innen hinter El Paquete stehen und gezielt Inhalte bereitstellen. 23 Eine Santo-Zeremonie, oder im Sprachgebrauch einfach Santo genannt, ist eine Initiationszeremonie in der afro-karibischen Religion der Yoruba.
11
der Teilnehmer*innen, welche sowohl für die Audioinstallation als auch für die Malerei die Quelle waren. Ich habe mich gefragt, wie ich die Interviews führen und einen guten Austausch mit den Teilnehmer*innen über ein so breites und komplexes Thema ermöglichen kann? Welche ‚Spielregeln‘ soll ich für dieses Projekt setzen und in welcher Form kann ich die Malerei mit dem Erzählten in Verbindung bringen? Welches sind die Stärken eines Porträts, das durch so einen partizipatorischen Prozess und in diesem Kontext hergestellt wird? Wie wird das in Berlin erstellte Bild der Situation Kubas bei den Ausstellungsrezipienten im Land selber ankommen? Werde ich Probleme mit der Zensur bekommen? Diese Fragen wurden sowohl in der Praxis als auch in der Theorie untersucht – eine Recherche, die ich auf den kommenden Seiten reflektieren werde.
3.
Das Porträt in meiner Arbeit: auf der Suche nach den Habitus
3.1
Arbeit mit Oral History
For understanding and appreciating the human condition it is far more important to investigate the ways human beings construct their real and possible worlds […] than it is to establish the ontological status of the products of these constructions.
Jens Brockmeier24
In der Postmoderne ist die Zeit für große Erzählungen vorbei. Wie Zygmunt Bauman schreibt, ist die Postmoderne von Pluralismus, Diversität, Zufall und Ambivalenz gekennzeichnet. 25 Um sich an einen sozialen Kontext anzunähern, ist es deswegen nötig, lokale, temporäre und situationsabhängige Narrative in Betracht zu ziehen. Die Arbeit mit biographischen Erzählungen, die per se fragmentarisch und prozesshaft angelegt sind, trägt diesem gegenwärtigen Theoriestand Rechnung. Biographien bilden eine alternative Informationsquelle zu offiziellen Narrativen: Sie erzählen sowohl von Orten, Gegenstände und Tätigkeiten, die zur Alltagspraxis gehören, als auch von inneren Erlebnissen, den subjektiven Reaktionen auf die geschilderten Ereignissen sowie deren interpretative Aneignung. Durch den Erzählvorgang werden „die großen Zusammenhänge des Lebensablaufs herausgearbeitet, markiert und mit besonderen Relevanzsetzungen versehen“.26 Mündliche Quellen sind aber weit davon entfernt, objektive ‚Beweise‘ zu sein, die über die Zeit unverändert bleiben. Die Zeugnisse der Oral History sind betroffen von den typischen Eigenschaften des menschlichen Gedächtnisses, wie die hochgradige Selektivität oder die Tendenz zur Vergesslichkeit. Vergessen und Sich-Erinnern sind keine ‚natürlichen‘ Phänomene, sondern sozial erlernte Prozesse, die im Dialog mit 24
Zit. n. Linda Sandino: „Oral History in and about Art, Craft and Design”, in Linda Sandino, Matthew Partington (Hg.): Oral History in the Visual Arts, London/ New York 2013, S. 1-13, S.11. 25 Zygmunt Bauman: „Teoria sociológica de la postmodernidad“, in: Espiral II,5 (1996), S. 81-102, S. 81. 26 Fritz Schütz, zit. n. Ivonne Küsters: Narrative Interviews. Grundlagen und Anwendungen, Wiesbaden 2006, S. 29.
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anderen stattfinden und von kulturellen Rahmen bestimmt werden. In den Worten von Jan Assmann: „Jedes individuelle Gedächtnis konstituiert sich in der Kommunikation mit anderen“.27 Dieses sogenannte „kommunikative Gedächtnis“ konstituiert sich durch die soziale Praxis der kontinuierlichen Aktualisierung von Geschichten aus der Vergangenheit: „People remember what they think is important.“28 Es ist somit unmöglich, durch eine qualitative Biographieforschung eine fixe, vollständige Wahrheit zu entdecken – dies war allerdings auch gar nicht mein Ziel. Mir ist bewusst, dass Biographien konstruiert sind – eine Illusion, eingespannt zwischen objektiven Ereignissen und subjektiver Wahrnehmung. Wie Bourdieu analysiert hat, ist das Erzählen von Biographien von vielen Faktoren abhängig: der (unbewussten) Vorstellung vom Leben als nachvollziehbarer Geschichte, der objektiven Distanz zwischen Fragendem und Befragtem der Vorstellung, die der Untersuchte sich von der Befragungssituation macht und die gesamte Anstrengung der Selbstdarstellung.29 Meines Erachtens liegt das Potential der beim Erzählen erlebten Erfahrungen allerdings genau in dieser Spannung zwischen Realität und Fiktion, Subjektivem und Objektivem, Realem und Symbolischem. Die Beschäftigung mit Biographien ist mir nicht nur deshalb wichtig, weil sie etwas über eine Epoche oder ein Milieu verraten, sondern auch weil man etwas über die Konstruktions- und Durchsetzungsprinzipien gesellschaftlicher Wertvorstellungen erfährt. Mündliche Quellen, so Henry Fairlie, „may not tell you much about what Stalin was doing, but they are terribly useful in telling you about people’s minds“.30 Es geht mir nicht um die Frage, ob dasjenige, was ich erklärt bekomme, hundertprozentig der Wahrheit entspricht, sondern eher darum, dass die Teilnehmer*innen ein Thema in Bezug zu dem Wandel in Kuba setzen, so dass ich etwas über ihre Positionierung und über ihren Habitus erfahren kann. Da der von Pierre Bourdieu geprägte Begriff des Habitus eine wichtige Rolle in meinem Projekt spielt, werde ich ihn im Folgenden kurz erläutern.
3.2
Der Habitus
Bourdieu definiert den Habitus als „eine allgemeine Grundhaltung, eine Disposition gegenüber der Welt, die zu systematischen Stellungsnahmen führt“.31 Der Habitus bezeichnet unseren jeweiligen persönlichen Geschmack für Sachen, unsere Aspirationen im Leben, unsere Umgangsweisen. Der Begriff beinhaltet alle möglichen Merkmale einer Person und weist darauf hin, dass diese immer in Wechselwirkung mit der Gesellschaft bzw. dem gesellschaftlichen Milieu stehen. Man könnte ihn als Identität begreifen, allerdings nur, wenn man bereit ist, darunter ein flüchtiges, unterdeterminiertes Konzept zu verstehen, das sich in der 27
Jan Assmann: „Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität“ in: Jan Assmann, Tonio Hölscher (Hg.): Kultur und Gedächtnis, Frankfurt am Main 1988, S. 9-19, S. 10. 28 Donald A, Ritchie.: Doing Oral History. A Practical Guide , Oxford 2003, S. 32. 29 Vgl. Pierre Bourdieu: „Die biographische Illusion“, in: Erika M. Hoerning (Hg.): Biographische Sozialisation. Der Mensch als soziales und personales Wesen, Stutgart 2000, S. 51-59, S. 57. 30 Zit. n. Donald A. Ritchie: Doing Oral History, S. 28. 31 Pierre Bourdieu: Die verborgenen Mechanismen der Macht, hrsg. v. Margareta Steinrücke, Hamburg 1992, S. 31.
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sozialen Interaktion ständig verändert und weiterentwickelt. Zentral für das Konzept des Habitus ist genau dieser Zusammenhang zwischen einer Person und dem sozialen Feld, in das sie eingelassen ist und in dem sie sich bewegt. Das heißt, wir können ein Individuum nicht unabhängig von seinem sozialen Feld betrachten. Der Begriff des Habitus impliziert, die menschliche Person grundsätzlich als vergesellschaftet zu verstehen. Der Habitus ist ein System von Grenzen, das zusammen mit den Institutionen unseren Raum des
Möglichen bestimmt.32 Damit ist nicht gemeint, dass dieser Raum determiniert und unveränderlich ist – dadurch, dass wir in einem sozialen Feld leben, welches „sich selbst ständig entwickelt und […] nicht endenden Transformationen unterworfen ist“,33 ist auch unser Habitus wandelbar. Das heißt, während sich die Situation in Kuba verändert, wandelt sich auch der Habitus der Bewohner*innen, was wiederum die Situation verändert. Deswegen trägt die Geschichte aller Teilnehmer*innen diesen Wandel in sich.
3.3
Die Gattung des Porträts heute
The project of portraying somebody in her/his individual originality or quality or essence has come to an end. But portraitur as a genre has become the form of new conceptions of subjectivity and new notions of representation.
Ernst van Alphen34
Wenn ich in Bezug auf mein Werk von einem kollektiven Porträt rede, meine ich natürlich etwas ganz anders als eine mimetische Repräsentation den Teilnehmer*innen. Die Gattung des Porträts hat sich schon längst von dieser traditionellen Idee verabschiedet. Spätestens seit dem Aufkommen der Fotographie im neunzehnten Jahrhundert und der Moderne, wo das Kunstwerk seinen Status als autonomes Objekt zu behaupten begann, war diese Auffassung überholt.35 Obwohl einige Autor*innen das Ende dieser Gattung bereits verkündet haben36, ist das Porträt meines Erachtens nicht tot. Vielmehr ist es heutzutage zu einer geeigneten Arena geworden, um aktuelle Identitätsfragen sowie „die Abhängigkeit vom fremd- oder selbstbestimmten ‚Image’ als einen soziokulturellen Faktor“ zu untersuchen.37 Wegen seiner Tradition hat ein Porträt das Potential, Autorität zu verleihen. Nach welchen Kriterien jemand Subjekt eines Porträts wurde, war immer eng mit Fragen der Macht, der Herrschaft und der sozialen Verhältnisse verbunden. Menschen, die von sich aus keinen Zugang zu einem Porträt hatten, mussten sich 32
Vgl. Beate Krais, Gunter Gebauer: Habitus, Bielefeld 2002. Pierre Bourdieu: Die Biographische Illusion , S. 58. 34 Ernst Van Alphen: „The Portrait’s Dispersal: Concepts of Representation and Subjectivity in Contemporary Portraiture“, in: Joanna Woodall (Hg.): Portraiture. Facing the Subject, Manchester 1997, S. 219-256, S. 256. 35 Vgl. Petra Gördüren: Das Porträt nach dem Porträt. Positionen der Bildniskunst im späten 20. Jahrhundert, Berlin 2012. 36 Dabei beziehe ich mich auf die Texte von Jacob Burckhardt: „Die Anfänge der neueren Porträtmalerei (1885)“, in: Ders.: Vorträge 1844 – 1887, hrsg. v. Emil Dürr, Basel 1918, S. 266-281 und Benjamin Buchloch: „Residual Resemblance. Three Notes on the Ends of Portraiture (1994)“, in: Ders.: Formalism and Historicity. Models and Methods in Twentieth-Century Art, Cambridge (Massachusetts) 2015, S. 471-508. 37 Vgl. Gördüren: Das Porträt nach dem Porträt, S. 25. 33
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auf die Repräsentation durch Andere verlassen oder sind unsichtbar geblieben. Mit meiner Arbeit möchte ich diese traditionelle hierarchischen Strukturen abschaffen und das Porträt demokratisieren. Die Teilnehmer*innen meines Projekts bekommen auf einmal sowohl Sichtbarkeit als auch die Autorität über ihre Selbstrepräsentation, oder zumindest über eine Situation, die sie direkt betrifft. Indem ich ihre Zeugnisse und Erzählungen zur Grundlage des Porträts mache, stelle ich sie als Expert*innen für das Thema heraus und verleihe ihnen dadurch Biographiewürdigkeit. Für mich ist dies der sinnvollste Weg, mich einer fremden Realität anzunähern: durch die Menschen, die es aus erster Hand erfahren haben. In dem Moment, in dem diese Erzählungen in den Kunstkontext einfließen und in der Öffentlichkeit zirkulieren, fangen sie an, (wenn auch in sehr bescheidenen Formen) zu einem Medium des kollektiven Gedächtnisses zu werden. Wenn wir einverstanden sind mit der Annahme, dass Biographien eine machtvolle Erinnerungspraxis konstituieren, die zeigt, warum welche Lebensgeschichten zu welchem Zeitpunkt Bilder von nationaler Vergangenheit geprägt haben38, lässt sich behaupten, dass die Arbeit mit ‚alternativen‘ Biographien und den sich daraus ergebenden Bildmotiven eine Möglichkeit darstellt, das Tradieren eines Kanons und das kulturelle Gedächtnis zu hinterfragen. Mein Porträt des Wandels schlägt Gegen-Bilder und Gegen-Narrative vor, die quer zu den hegemonialen nationalen Bildern und Narrativen stehen.
3.4
Das Kollektive Porträt
Der kollektiv-biographische Ansatz meines Projekts stellt sich gegen eine Heroisierung des Individuums und setzt stattdessen auf den Wert des Kollektivs. Aber wenn es schon unmöglich ist, das gelebte Leben eines einzigen Menschen in seinem vollen Umgang zu erfassen, dann gilt dies umso mehr für eine Gruppe. Das Porträt von Ay mija! ist nur ein Punkt in einer Konstellation von unendlichen Möglichkeiten. Es könnte potentiell um die Beiträge beliebig vieler anderer Kubaner*innen ergänzt werden und würde sich täglich verändern – das Porträt ist endlos. Ist es unter diesen Umständen überhaupt sinnvoll, ein derartig fragmentarisches und unvollständiges Projekt anzufangen? Meines Erachtens liegt das Potential dieses Porträts nicht so sehr in dem, was es umschließt, sondern in den Reflexionen, die es hervorruft. Seine Natur steht im Einklang mit meinem Verständnis einer kollektiven Identität: etwas Poröses und Vielfältiges, was sich mit dem Beitrag von jedem und jeder Einzelnen verändert und weiter ergänzt. Im Gegensatz dazu sehe ich die Idee einer kollektiven Identität im Sinne einer einheitlichen, homogenen Gemeinschaft lediglich als Konstrukt. Mein Porträt erlaubt Vielstimmigkeit und Widersprüche – eben so, wie sie in der kubanischen (und in jeder anderen) Gesellschaft vorhanden sind. Seitens der Teilnehmer*innen lädt ein solches Porträt zu einem Moment der Selbstreflexion über den Wandel und die eigene Biographie ein. Für die Rezipient*innen stellt sich die Frage, ob sie sich in dem 38
Vgl. Christian Klein (Hg.): Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien , Stuttgart 2009, S. 36.
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Porträt erkennen oder nicht und warum. Innerhalb des eigenen kulturellen Umfelds, wo man zahlreiche Erfahrungen mit anderen Menschen teilt, kann ein Zugehörigkeitsgefühl entstehen, man kann sich aber auch von vielen Meinungen distanzieren. Deswegen habe ich meine Recherche in Kuba weitergeführt und den Rezipient*innen der Ausstellung die Möglichkeit gegeben, das Porträt zu ergänzen und/oder zu widersprechen. Im Kontext von Deutschland eröffnen sich andere Potentiale. Hier geht es um eine Sensibilisierung für den eurozentrischen Blick und die visuelle Darstellung von Alterität. Das Porträt bietet eine Alternative zu den üblichen Kuba-Klischees und ermöglicht einen Zugang zu einer fremden Wirklichkeit aus der Perspektive der Betroffenen. Das stellt die vorherigen Annahmen der Rezipient*innen zu diesem Thema in Frage und öffnet einen Weg zur Empathie mit den anderen.
4
Getting in touch
4.1
So what’s the deal? Mein Angebot an die Teilnehmer*innen
Die Entstehung meines Projekts ist direkt abhängig von dem Austauschwillen der anderen Menschen. Meine Strategie, eine Gemeinschaft oder Zielgruppe zur Teilnahme an meiner Arbeit zu motivieren, ist es, sie durch eine Art selbstinszenierte Auftragsarbeit zu ermutigen, sich ein Bild bei mir zu wünschen bzw. ein Reihe von Bildern mit mir zu gestalten. Ähnlich wie bei meinen vorherigen Projekten war es auf diese Weise relativ einfach, ein Netzwerk um das Projekt herum aufzubauen, ohne Bezahlung oder materiellen Austausch. Ich glaube, dass die Attraktivität des Angebots in der Anziehungskraft der Malerei selber und der Mischung von Bestimmung und Überraschung liegt – einerseits bekommen die Teilnehmer*innen eine Möglichkeit zur Selbstdarstellung und dürfen sich frei und ohne Beurteilung äußern; andererseits geht es um die Neugierde, was die Künstlerin aus den persönlichen Wünschen, Erzählungen und angereichten Materialien macht. Es mag die Lust sein, ein Bild zu sehen, bei dem man selbst Co-Autor ist, es sich aber nicht vorstellen kann; oder der Wunsch, das Ergebnis eines Porträts zu erfahren, welches man mit seinem Beitrag mitbestimmt hat. Die ‚Spielregeln‘ meines Projekts schaffen ein Spannungsfeld zwischen Autorität und Kontrollverlust. Jenes Verhältnis betrifft ebenso mich wie meine Teilnehmer*innen – nur umgekehrt: erst lasse ich mich überraschen, dann muss ich anhand der begrenzten Materialien entscheiden, wie das jeweilige Bild und die Ausstellung zustande kommt.
4.2
Die Suche nach den Teilnehmer*innen
In Berlin sind zurzeit 1082 Kubaner*innen gemeldet,39 von denen ich keine Einzige kannte. So bestand für 39
Die Zahl stammt aus dem Ausländerzentralregister des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stichtag 31.08.2017); vgl. http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-12401.pdf#search=%22%22, Zugriff am 05.04.2018.
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mich der erste Schritt darin, mit ihnen in Kontakt zu treten. Ich machte einen open call in den sozialen Netzwerken, wodurch sich die ersten Kontakte ergaben. Oft waren dies diejenigen, welche mir später weitere Kontakte vermitteln haben. Ich habe ihnen die Projektidee erst telefonisch oder per Nachricht mitgeteilt. Wenn ich eine Zusage erhielt, habe ich mich mit den Teilnehmer*innen für ein Interview getroffen (entweder bei ihnen zu Hause oder bei mir im Atelier). Insgesamt habe ich sieben Interviews in Berlin geführt und das Gespräch mit ihrer Erlaubnis für eine spätere Verwendung für die Audioinstallation mitgeschnitten.
4.3
Der Interview - Prozess
Der Interview Prozess teilte sich zwischen Berlin und Santiago de Cuba auf. Der Hauptteil, aus dem auch die Motive für die Malerei entstanden sind, erfolgte in Berlin. Die Kommunikation mit den Kubaner*innen in der Berliner Diaspora war für mich sehr leicht. Obwohl ich keine intimate interwierin bin, hat die gemeinsame Sprache und der geteilte Status als ‚Migrant*innen‘ meine Position als Außenseiterin oder
clinical interviewerin relativiert und für Empathie miteinander gesorgt.40 Sicher hat auch der Umstand, außerhalb der politischen Zensur zu sein, dabei geholfen, dass sich die Teilnehmer*innen in Berlin mit weniger Hemmungen als in Kuba äußerten. In der Diaspora lebende Kubaner*innen haben den Vorteil des Vergleichs. Wie Homi Bhabha schreibt, ist vielleicht „die Doppelperspektive des Migranten das verlässlichste Auge“.41 Alle Teilnehmer*innen sind unter dem sozialistischen System in Kuba aufgewachsen und mussten sich an irgendeinem Punkt ihres Lebens an das Leben in Deutschland anpassen. Das ermöglicht eine kritische Auseinandersetzung, sowohl mit der Heimat als auch mit ihrem Gastland. Ihre Zeugnisse wirken als Übersetzer zwischen zwei Realitäten. In Kuba hat sich dann wegen des bereits bestehenden Projekts schnell das Interesse für eine Kommunikation ergeben. Es war aber deutlich schwieriger, dass die Menschen sich trauten, vor dem Aufnahmegerät zu reden. Bei ihren Erzählungen konnte man merken, dass meistens Selbstzensur eine Rolle gespielt hat. Einige Teilnehmer*innen haben sich aber, bestärkt durch die Unmittelbarkeit der Situation, besonders kritisch geäußert.
4.3.1 Die Methode des narrativen Interviews
Bei dem ersten Interview merkte ich, dass die vorbereiteten Fragen für das Gespräch nicht förderlich waren. Somit bereitete ich keine weitere konkrete Fragesequenz vor. Vielmehr habe ich 40 41
Die Unterscheidung stammt von Donald A. Ritchie: Doing Oral History, S. 55-56. Homi K. Bhabha: Die Verortung der Kultur , Tübingen 2000, S. 7.
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mich darum bemüht, der Interviewsituation einen offenen, narrationsfördernden Charakter zu verleihen, der den Informant*innen Raum für eine kommunikative Selbstdarstellung eröffnet. Nach einer Einführung in meine Arbeit und die Zielsetzung des Projekts und nachdem der Wandel in Kuba als ‚Forschungsthema‘ definiert wurde, habe ich die Teilnehmer*innen so frei wie möglich reden lassen und versucht, ihren Äußerungen eine Erzählwürdigkeit zuzusichern. Das heißt, ich habe mich darum bemüht, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass alles, worüber sie reden möchten, bedeutsam sei und erzählt werden dürfte. Im Zensurkontext von Kuba war es dabei besonders wichtig, die Anonymität meiner Teilnehmer*innen zu garantieren, damit sie ein großes Maß an Alltagsentlastung und sozialer Unverbindlichkeit verspürten. Die Treffen hatten meistens ein offenes Ende und alle Teilnehmer*innen durften so lange reden, wie sie mochten und konnten, was oft zu sehr langen Interviews führte (die Treffen in Berlin dauerten zwischen zwei und neun Stunden, die in Kuba waren wegen ihres oft spontanen Charakters tendenziell kürzer). Währenddessen habe ich auch interveniert, vor allem in besonders langen Gesprächen, aber meistens nur, um den Faden nicht zu verlieren oder um ergänzende Fragen zu stellen. Meine Interviews waren dabei weniger methodisch, als es die narrativen Interviews im traditionellen Sinne von Fritz Schulz ansonsten sind (mit ihren spezifischen Regeln und Phasenunterteilungen42), denn im Gegensatz zur Sozialforschung lag meinem Projekt nicht die Absicht zugrunde, eine konkrete These oder Theorie aus den Interviews zu extrapolieren. Die Relevanz der Methode lag für mich hauptsächlich darin, einen Raum zu schaffen, in dem sich das Potential der biographischen Erzählungen maximal entfalten kann, ohne dass meine eigenen Vorkenntnisse oder Vorurteile über die Situation in Kuba dabei den Prozess einschränken. In diese Sinne teile ich die Gedanken des Soziologen Bruno Latour, der die Position von Analytiker*innen kritisiert, die schon im Voraus eine Ordnung zu schaffen suchen und damit die Akteure bereits vor Beginn der Untersuchung in bestimmte Kategorien stecken. Latour verteidigt eine Art der Recherche, in der die Akteure erstmal das volle Spektrum der Kontroversen entfalten können, in die sie verstrickt sind. 43 Wie er, bin auch ich der Meinung, dass die Aufgabe, das Soziale zu definieren und zu ordnen, den Akteuren selbst überlassen bleiben sollte. Es ist genau der Moment der Selbstdarstellung der Teilnehmer*innen, das Spiel ihrer Assoziationen und was sich darin von ihrem Habitus zeigt, was mich an meisten interessiert und was den Kern des Porträts ausmacht.
5.
Entstehung der Audioinstallation
Aus dem circa 25 Stunden umfassenden Aufnahmematerial der Interviews in Berlin stellte ich eine erste 35-minütige Zwei-Kanal-Audioinstallation zusammen. Wegen der Länge der Gespräche musste ich eine 42 43
Vgl. Ivonne Küsters: Narrative Interviews. Vgl. Bruno Latour: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie , Frankfurt am Main 2010, S. 44.
18
begrenzte Auswahl treffen, um den Rezipient*innen der Ausstellung die Vielfalt und verschiedenen Stimmungen dieses Porträts vermitteln zu können. Diese Zeugnisse der Diaspora traten in einen Dialog mit den Bewohner*innen Santiagos, die auf Wunsch auch interviewt worden sind und somit die Audioinstallation weiter ergänzt haben. das Gespräch mit ihrer Erlaubnis für eine spätere Verwendung für die Audioinstallation mitgeschnitten.
5.1
Ein Raum zum freien Ausdruck? Strategie der Verantwortungsverschiebung in einem Zensurkontext Weil ich in meinem Projekt auf Umstände der politischer Zensur gestoßen bin, war es mir wichtig, das emanzipatorische Potential von biographischen Erzählungen in einem Zensurkontext zu berücksichtigen. Es gibt viele Beispiele von Projekten, in denen Kunst in Form von Reklame als Mittel des freien Ausdrucks unter autoritären Regimen genutzt worden ist. Zwei davon, die für mein Projekt eine Referenz bilden, stelle ich im Folgenden vor. Das erste Beispiel ist Es usted feliz? (dt. „Sind Sie glücklich?“) von 1980 aus Alfredo Jaars langfristigem Projekt Estudios sobre la felicidad (dt. „Studien über das Glücksgefühl“), das zwischen 1979 und 1981 realisiert wurde. In dieser Arbeit hat Jaar in Chile – in den Zeiten der Militärdiktatur von Augusto Pinochet – die genannte Frage – „Sind Sie glücklich?“ –in Form von großen, im öffentlichen Raum ausgestellten Plakaten an die Bevölkerung gestellt. Der auf dem ersten Blick harmlose Satz war im Kontext der chilenischen Zensur sehr provokant. Parallel zu diesen Interventionen gab eine Aktion im
Museo de Bellas Artes, wo den Besucher*innen die Möglichkeit gegeben wurde, ihre Antwort auf diese Frage vor einem Kamera-Set frei zu äußern. Das brachte alle möglichen Arten von Beiträgen hervor, von oberflächlichen Antworten bis hin zu sehr intimen oder politischen. Wichtig war vor allem die Möglichkeit, sich in der Öffentlichkeit frei äußern zu dürfen.
Abb. 2: Alfredo Jaar, Es usted feliz? (Sind Sie Glücklich?), 1980. Aus dem langfristigen Projekt Estudios sobre la felicidad (Studien über das Glücksgefühl), 1979-1981.
19
Das zweite Beispiel ist ein Werk aus der Serie Tatlin’s Whisper der kubanischen Künstlerin Tania Bruguera. Mit dieser Arbeit möchte sie Menschen in eine Erfahrung bringen und Bilder kreieren, welche die apathische Haltung im Alltag gegenüber verschiedenen Themen auflöst. Bei Tatlin’s Whisper # 6 (Havanna Version) (2009), welche im Rahmen der X Havanna Biennale stattfand, ging es um eine Übung zur Meinungsfreiheit seitens der Kubaner*innen. Bruguera stellte ein für alle Besucher*innen zugängliches Mikrophon zur Verfügung, in das jede*r eine Minute ohne Zensur reden konnte. Zwei Männer daneben, angezogen in Militär-Uniform, symbolisierten die Kontrolle über die Meinungsfreiheit: Sie garantierten die Sicherheit der Sprechenden während der kurzen Redezeit; war die Minute abgelaufen, zwangen sie diese jedoch, die Bühne wieder zu verlassen. Während der Rede wurden den Sprecher*innen eine weiße Taube auf der Schulter gesetzt, was sich auf das Bild von Fidel Castro bei der ersten Rede der Revolution bezog. 200 Einwegkameras wurden an das Publikum verteilt, die diesen Augenblick festhalten konnten. Das Werk dauerte 41 Minuten; 39 Menschen haben sich in dieser Zeit getraut, das Mikrophon zu nutzen, wobei ihre Beiträge ein breites Spektrum abdeckten – von Lobreden auf das Regime über Kritik am Wahlsystem bis hin zur Äußerung des Wunsches, ein Tag möge kommen, an dem die freie Rede keine Performance mehr sein müsste.44
Abb. 3: Tania Bruguera, Tatlin’s Whisper # 6 (Havana Version), 2009.
Trotz der Unterschiede lassen sich Überschneidungen zwischen den Interessen von Jaar und Bruguera und meinem eigenen Projekt Ay mija! mit erkennen. Weil die öffentliche Meinungsfreiheit in Kuba stark eingeschränkt ist, wollte auch ich mit meinem Projekt eine Plattform zum freien Ausdruck zur Verfügung stellen, auch wenn sie nur temporär war. Auch bei mir gab es sehr unterschiedliche Beiträge, von humorvollen Alltagsanekdoten bis hin zur Kritik oder Verteidigung des Systems. Wichtig war es, dass die Teilnehmer*innen sich ‚ausnahmsweise‘ über die Situation des Landes in der Öffentlichkeit frei äußern dürften und auf diese Weise die Rezipient*innen der Ausstellung in Santiago dazu ermutigten, das gleiche zu tun. Meine Strategie hierfür war es, die Teilnehmer*innen zu anonymisieren und die Verantwortung auf 44
Für weitere Informationen vgl. http://www.taniabruguera.com/cms/112-0-Tatlins+Whisper+6+Havana+version.htm, Zugriff am 28.04.2018.
.
20
meine Persona zu verschieben. Sollten die Kommentare während der Ausstellung nicht willkommen sein, würde ich dafür die einzige Verantwortliche sein. Obwohl mich einige Teilnehmer*innen vor möglichen Zensur-Problemen gewarnt hatten, die einige ihrer Aussagen eventuell verursachen könnten, ist die Ausstellung zu meiner Überraschung bis zum Schluss ungestört gelaufen.
6.
Die Entstehung der Bilder
6.1
Partizipation – und Malerei?
Es klingt fast wie ein Widerspruch, Malerei und partizipatorische Kunst unter einen Hut zu bringen, insbesondere wenn es sich um eine Form der Malerei handelt, bei der sich die Partizipierenden körperlich nicht selbst am Malprozess beteiligen. Besonders seit dem sogenannten social turn der 1990er Jahre erfuhr die Kunst eine Fokusverschiebung vom Objekt zum Prozess. Heute heißt es meist, dass partizipatorische Projekte „immer den Rahmen eines materiell fixierten Werkes [verlassen]“; vielmehr seien sie „als Versuchsanordnungen, Eingriffe oder Prozesse lesbar“45. Claire Bishop formuliert das wie folgt: „[T]oday’s participatory art […] tends to value what is invisible: a group dynamic, a social situation, a change of energy, a raised consciousness“46. Diese Akzentverschiebung weg vom Produkt und hin zum Prozess kann man als logische Folge einer Entwicklung verstehen, die sich gegen die Kommerzialisierung der Kunstwelt richtete. Nichtsdestotrotz werde ich im Folgenden dafür argumentieren, dass der Wunsch nach einer Verbindung mit dem Anderen („conection with the Other“47) und eine objektbasierte Praxis wie der Malerei sich nicht notwendigerweise gegenseitig ausschließen, sondern je nach Kontext und künstlerischer Einstellung auch einander dienen können. Der antimodernistische Wunsch, Kunst aus den Galerien zu nehmen und sich von der Idee der Autonomie zu befreien, betrifft auch die Geschichte der Malerei. Viele Künstler*innen versuchten, die Institutionskritik in die Malerei aufzunehmen, ohne sie als Kunstform vollständig zu negieren. Das eröffnete neue Wege für das Überleben eines Mediums, dessen Ende oder Überlastung schon oft vorausgesagt wurde.48 Die Kritik an der Malerei ging oft von einem restriktiven Malereibegriff aus: Sie verdammte das Medium wegen seiner angeblich inhärenten Eigenschaften. Aber kein Medium ist per se problematisch, sondern nur die Art und Weise, wie man damit umgeht.49 In den Worten von Isabelle Graw:„In dem Moment, wo die Malerei auch Silke Feldhoff: Zwischen Spiel und Politik. Partizipation als Strategie und Praxis in der Bildenden Kunst, Berlin 2009, S. 16. Claire Bishop: Artificial Hells. Participatory Art and the Politics of Spectatorship , London/New York 2012, S. 6. 47 Suzanne Lacy: Mapping the Terrain. New Genre Public Art , Seattle 1995, S. 36. 48 Vgl. u.a. Douglas Crimp: „The End of Painting“, in: October 16 (Frühling 1981), S. 69-86;Gregory Battcock: „Painting ist Obsolet (1969)“, in: Alexander Alberro, Blake Stimson (Hg.): Conceptual Art. A Critical Anthology , Cambridge (Massachusetts) 1999, S. 88-89. 49 Vgl. Isabelle Graw: Die Liebe zur Malerei. Genealogie einer Sonderstellung, Zürich 2017, S. 132. 45 46
21
Conceptual Art, Institutionskritik oder Performance sein kann, verliert sie ihre Fragwürdigkeit und rückt zu einer Art Meta-Medium auf, das gänzlich unproblematisch zu sein scheint.“50 In diesem Sinne denke ich, dass sich der Anspruch einer partizipatorischen Kunst und der der Malerei nicht widersprechen; die Schwierigkeit besteht für mich vielmehr darin, die, Fragen die sich innerhalb und außerhalb der Malerei ergeben, gleichzeitig zu beachten.
6.2
Die Beteiligung von Menschen im Malprozess
Bei mir ist die Malerei, ähnlich wie bei Sol LeWitt die Idee, die ‚Maschine‘, die den ganzen Austausch in Bewegung setzt.51 Schon bevor die Bilder existieren, ist das Ziel ihrer Entstehung Anlass für die ganze Kommunikation mit den Menschen. Bei mir gehen Prozess und Objekt Hand in Hand. Ich habe im Laufe dieser Recherche bereits analysiert, welches ethische Potential eine solche Praxis für eine Gemeinschaft haben kann. Aber welche Konsequenzen hat die Beteiligung von anderen Menschen für die Malerei?
6.3
Inspiration und Auftraggeber: Historische Referenzen
Following a self-imposed set of guidelines certainly gives you more momentum. Forbidding yourself certain things, believing in rules, is a good state to be in. That's the way to develop as an artist, by giving yourself instructions what to do next.
Albert Oehlen52
Da ich meiner Malerei selber gewisse Spielregeln vorgebe, werde ich hier andere Künstler*innen vorstellen, die ähnliche Strategien verfolgt haben als Antwort auf die unhaltbare modernistische Annahme, dass die Malerei eindeutig abgrenzbar sei und über eine Essenz verfüge.53 Das paradigmatische Beispiel dafür ist Sigmar Polke, der in den 1960er Jahren seine Arbeit zu einem Produkt äußerer Befehle erklärte. Sein
Vitrinenstück (1966), das in der Düsseldorfer Kunstakademie ausgestellt wurde, zeigte ein Gemälde von Flamingos unter einem Schild mit der Aufschrift: „Das Bild, das auf Befehl Höherer Wesen gemalt wurde“. Davor stand eine Vitrine, in der man Objekte, Fotographien und Texte sehen konnte, die die Existenz der Höheren Wesen dokumentierten: unter anderem ein Foto der Jury des Deutschen Künstlerbundes in Köln oder ein Teller mit trockenen Erbsen, der
auf die Fabel der Kölner Heinzelmännchen verwies. Auf der
linken Seite des Gemäldes hing ein Foto, auf dem zu sehen war, wie der Künstler mit zwei Untertassen auf Ebd., S. 13. Ich beziehe mich hier auf die berühmte Aussage von Sol LeWitt: „In conceptual art the idea is the most important aspect of the work […]. The idea becomes the machine that makes art“; zit. n. Alexander Alberro: Conceptual Art and the Politics of Publicity , Cambridge/London 2003, S. 35. 52 Albert Oehlen (im Gespräch mit Jörg Heiser u. Jan Verwoert): „Ordinary madness“, in: Frieze 78 (2003), online verfügbar unter https://frieze. com/article/ordinary-madness, Zugriff am 10.05.2018. 53 Vgl. Clement Greenberg: „Modernistische Malerei (1960)“, in: Ders.: Die Essenz der Modernen. Ausgewählte Essays und Kritiken , Amsterdam/ Dresden 1997, S. 265-278. 50 51
22
den Ohren mit den Höheren Wessen ‚kommuniziert‘. Auf der rechten Seite ein Plakat mit dem Text: „Ich stand vor der Leinwand und wollte einen Blumenstrauss malen, da erhielt ich von Höheren Wesen den Befehl: Keinen Blumenstrauss! Flamingos Malen! Erst wollte ich weiter malen, doch dann wusste ich, dass sie es ernst meinten.“
Abb. 4: Sigmar Polke, Vitrinenstück (Detail) Abb. 5: Sigmar Polke, Vitrinenstück, 1966. Abb. 6: Sigmar Polke, Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!, 1969.
Polkes ironische Beschäftigung mit Motiven aus kleinbürgerlichen deutschen Wohnzimmern wie Palmen oder Flamingos ist mehr als nur eine Kritik am Konservativismus der Wohlstandsgesellschaft – sie impliziert zugleich eine Kritik an der ‚ernsten‘ Kunst, die solche Motive nie ernst nehmen würde. Seine Praxis folgte einer radikalen Abkehr von den idealistischen Begriffen der Originalität, Autorschaft und des Selbstausdrucks.54 Drei Jahre nach dem Vitrinenstück malte Polke sein berühmtes Bild Höhere Wessen befahlen: rechte obere
Ecke schwarz malen! (1969). Auf dem Bild ist in gemalter Schreibmaschinenschrift der titelgebende Satz zu lesen. Oben rechts sieht man, wie angekündigt, ein schwarzes Dreieck. Das Bild präsentiert sich wie auch das Flamingo-Bild ironisch als Produkt des Befehls einer externen Instanz. Diese Behauptung bedroht die Vorstellung einer autonomen, inneren Logik der Malerei, die allein auf der Intention des Künstlers oder der Künstlerin beruht. Gleichzeitig stellt das Bild spielerisch eine Referenz zu der vergangenen Ära der Auftragsmalerei her, wodurch das Ideal der Autonomie der Kunst und der Autorschaft des Künstlers einmal mehr relativiert wird. Auch wenn er seine Bilder nicht immer als Produkt von Befehlen markierte, begleitet diese Idee Polkes gesamte Kunstproduktion: So ist meine Malerei in ihrem tiefsten Wesen eine Auftragsmalerei, und ich schmeichle mir, immer nach höherer Vorlage gearbeitet zu haben, auch wenn ich sie oft selbst nicht kannte. Und so sehr vielleicht auch manches in meinem Werk nach Phantasie oder wie Einfall aussieht, – alles ist nach Vorlage und im Auftrag gestaltet.55 54
Victoria Schmidt-Linsenhofe: „Sigmar Polkes Fotoreisen” in: Petra Lange-Berndt, Dietmar Rübel (Hg.): Sigmar Polke: wir Kleinbürger! Zeitgenossen und Zeitgenossinnen, Köln 2009, S.341-378, S. 344. 55 Sigmar Polke: „Frühe Einflüsse, späte Folgen oder: Wie kamen die Affen in mein Schaffen? und andere ikono-biographische Fragen (1962-71)“, in: Die drei Lügen der Malerei, hrsg. v. der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn/Berlin 1997, S.285-294, S. 289.
23
Ähnlich wie Polke unterwarf auch Albert Oehlen sein Werk programmatisch einer vermeintlichen äußeren Autorität. Seine Bildästhetik war oft Resultat selbst auferlegter absurder Regeln und Einschränkungen – erst durfte er nur Dinosaurier malen, dann ging es um Spiegelbilder. Für eine Serie von Gemälden erlaubte er sich lediglich, mit Grautönen zu malen, für eine spätere hielt er sich rigoros an Rot, Gelb und Blau. Oder er zwang sich, um die schnelle Natur seiner Arbeitsweise herauszufordern, jahrelang extrem langsam zu malen. Bei solchen Arbeiten wird die Idee einer inneren Logik der Malerei so sehr zugespitzt, bis sie in die Absurdität umkippt. Oehlen benutzte diese Strategie, um die Idee einer Höheren Kunst zu attackieren: Er interessierte sich eher für profane Bilder, die aus einer Art punk attitude entstehen. Gleichzeitig wurden diese Regeln zu einer Quelle für Unerwartetes in seinen Bildern: „If you want to surprise yourself in painting, the obvious choice is to take things that you would normally not bother with and give them a try.“.56 Mit den beiden beispielhaften Positionen von Polke und Oehlen habe ich den Aspekt gemeinsam, dass es darum geht, die Malerei durch externe ‚Befehle‘ in Gang zu setzen. Bei Polke und Oehlen sind die äußeren Instanzen aber nur vermeintlich äußerlich: Im Fall von Polke handelt es sich um imaginäre Wesen, im Fall von Oehlen um den Künstler selbst, der bestimmt. In meiner Arbeit sind die ‚Befehle‘ nicht bloß inszeniert, sondern es gibt tatsächlich Menschen, denen die Kontrolle über die Situation überlassen wird. Durch die Umsetzung dieser ‚Spielregeln‘ möchte ich die Grenzen der Malerei austesten. Es geht mir allerdings nicht darum, die Ideen meiner Teilnehmer*innen zu kritisieren oder ironisch mit ihren Wünschen umzugehen. Was passiert dann, wenn die ‚Höheren Wesen‘ reale Menschen sind, aus Fleisch und Blut, die sich vielleicht Dinosaurier oder Flamingos als Bildmotiv wünschen?
Abb. 7: Alber Oehlen, Barbecue, 1981. Abb. 8: Alber Oehlen, Wattenläufer, 1981. Abb. 9: Albert Oehlen, Godzilla, 1979.
6.4
Konsequenzen meiner Spielregeln für die Malerei
6.4.1 Die Motive: ein Rückblick
Meine Strategie, Menschen an dem Malprozess zu beteiligen, hat eine Quelle unerwarteter Motive für meine Bilder eröffnet. Je nach Projektkontext (und je nach Persönlichkeit der Teilnehmer*innen) waren diese eher überraschend und spielerisch, oder aber stärker an die Konventionen der Malerei gebunden. Bei meinem 56
Albert Oehlen (im Gespräch mit Jörg Heiser u. Jan Verwoert): „Ordinary madness“, in: Frieze 78 (2003), online verfügbar unter https://frieze.com/article/ ordinary-madness, Zugriff am 10.05.2018. .
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Projekt Let me be your mirror (2014), bei dem der Austausch ausschließlich durch die sozialen Netzwerke erfolgte und mein Vorschlag ganz frei war, gab es viele banale Wünsche wie „Male ein gebratenes Huhn, welches viel Wärme ausstrahlt“ oder „Male ein Bild zum Thema: Sorry girls, I suck dicks“. In meinen beiden letzten Projekten, bei denen die Zielgruppe die Bewohner*innen zweier kleiner Städte waren (Bernau und Skwierzyna 57) und die Teilnehmer*innen ältere Menschen, haben sich viele historische Motive ergeben, die oft mit der Nachkriegszeit zu tun hatten. Viele davon manifestierten sich in der Form des Wunsches „Male den Tag, als ich …“, was bedeutete, dass eine visuelle Übersetzung in ‚Szenen‘ erfolgte, wie Landschaften, Architekturen und Menschen in allen möglichen Kombinationen. Auch wenn ich die Themen sehr interessant fand und stets nach neuen Formen suchte, um sie in die Malerei einzubringen, empfand ich einige dieser Begrenzungen auf die Dauer als irritierend. Ich habe dadurch gelernt, dass ich mir je nach Kontext, Charakter und Zielgruppe andere ‚Spielregeln‘ für jedes Projekt überlegen muss, um einen interessanten Austausch zu ermöglichen und gleichzeitig übermäßige Einschränkungen in der Malerei zu vermeiden. Es geht mir nicht darum, bloße Illustrationen zu machen. Deswegen ist es so wichtig, die Balance zwischen Kontrollverlust und Freiheit zu finden.
Abb. 10: Der Sportverein, 2015, (in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Sportvereins am Wasserturm, Bernau). Abb. 11: Universität des drittes Alters, 2017 (in Zusammenarbeit mit der KabarettAbteilung der Universität des drittes Alters, Skwierzyna).
Abb. 9: Das geröstete Hähnchen, 2014, Acryl auf Papier, 42 x 56 cm (in Zusammenarbeit mit Josep Domínguez).
Bei Ay mija! habe ich eine neue Strategie ausprobiert und diesmal die dem Projekt übergeordnete Frage von „Was wünschst du dir für ein Bild?“ zu „Wie siehst du den Wandel?“ verändert. Ich mochte weder die Gespräche über so ein komplexes Thema noch die Malerei einschränken. So haben sich die Motive für Ay
mija! auf indirekte Weise ergeben: Alles musste aus den Erzählungen herrühren, aber die Auswahl hatte damit zu tun, was mich visuell ansprach. Einige Motive sind mir bereits während eines Interviews klar geworden, aber meistens habe ich sie durch das mehrmalige Hören der Interviews ‚gesammelt‘. Manchmal wurden die Beiträge mehrerer Teilnehmer*innen in einem einzigen Bild zusammen berücksichtigt. Ein Beispiel hierfür ist das Bild Havana Stars (2017), entstanden aus einer Erzählung, in der sich ein Teilnehmer über die neuen öffentlichen Wifi-Spots lustig machte („auf einmal lungert diese Menge auf der Straße, wie 57
Dabei beziehe ich mich auf meine Projekte Lass mich dein Spiegel werden, Bernau, 2015 und Pozwól mi stać się twoim lustrem, Skwierzyno
(dt. „Lass mich dein Spiegel werden, Skwierzyna“), 2016-17.
25
Schafe, die grasen…“), während eine andere Teilnehmerin in Bezug auf dasselbe Thema ihre ungenügende Privatsphäre bedauerte („Ich finde es total nervig, […] die Tante ist gestorben!, wir haben kein Essen, schicke mir Dieses oder Jenes. […] Du musst dein privates Leben quasi anderen Menschen schenken.“). Beides, Humor und Kritik, spielten für mich eine Rolle, als ich das Bild konzipierte. In einigen Fällen hatten die Teilnehmer*innen einen konkreten Wunsch für ein Bild geäußert, den ich direkt als Motiv übernahm, wie im Fall von Der Schimmel (2017). Das Problem von Kuba ist nicht die Regierung oder der Sozialismus – das Problem dieses Landes ist der Schimmel […] und alle leben damit zusammen, ohne zu wissen, wie gefährlich der Scheiß ist! Ich stelle mir das vor wie ein Monster, wie ein Oktopus, der an der Wand klebt und dich von da oben herab anschaut. So würde ich ein Bild malen!
Abb. 7: Der Schimmel, 2017.
Abb. 8: Havana Stars, 2017.
Wenn ich mich für ein Motiv oder Thema aus dem Interview-Material entschied, entstanden im Weiteren die Bilder aus der Kombination mehrerer Prozesse: Fotos sammeln (aus dem Internet, dem Archiv der Teilnehmer*innen sowie meinen eigenen), kollagieren (oft mithilfe digitaler Programme wie Photoshop oder Procreate), Farben und Perspektiven verändern, darauf zeichnen etc., bis ich eine visuelle Form fand, die mich für das jeweilige Thema interessierte. Die Skizze übertrug ich dann in die Malerei, wo, nach weiteren Veränderungen und Anpassungen, alle diese verschiedenen Ebenen und Quellen zusammen kommen.
6.4.2 Die Zugehörigkeit zu einem Netzwerk FIm Informationszeitalter – einer Epoche, in der sich Bilder in räumlicher Hinsicht drastisch vermehren und zeitlich dramatisch beschleunigt haben – bleibt der Diskurs der Malerei auf einzigartige Weise relevant. Sie kann den Imperativ von Netzwerken visualisieren, aus Allem ein konsumierbares Bild zu machen, das sich leicht durch Zeit und Raum übertragen lässt. Die Malerei verkörpert diese Verschiebung, den Affekt von Netzwerken.
David Joselit58
Die Tatsache, meine Malerei in dieser Zusammenarbeit mit Menschen zu produzieren, hat weitere Folgen 58
David Joselit: „Die Malerei neu zusammensetzen“, in: Manuela Ammer (Hg.): Painting 2.0: Malerei im Informationszeitalter. Geste und Spektakel, exzentrische Figuration, soziale Netzwerke, München 2016, S. 169-181, S. 180.
26
als nur die Motivauswahl. Meine Bilder lassen sich nicht lediglich als Objekte an der Wand verstehen. Ihr gesamter Entstehungsprozess und Kontext, oder, in den Worten von Martin Kippenberger, „das ganze Netzwerk“ ist wichtig und muss in der Ausstellung berücksichtigt werden.59 Eine solche Praxis verhindert die Verdinglichung des Bildes: sobald die Malerei einem Netzwerk angehört, kann sie niemals völlig zum Stillstand gebracht, „sondern lediglich verschiedenen Zuständen und Zirkulationsgeschwindigkeiten“ unterworfen werden.60 Diese Idee einer sogenannten Netzwerk-Malerei wird in David Joselits berühmten Text „Painting beside itself“ („Die Malerei neben sich“) erläutert. In unserem Informationszeitalter besteht laut Joselit die Aufgabe der Malerei darin, Netzwerke explizit zu visualisieren und zu verkörpern. Eine solche Praxis würde die Betrachter*innen mit den sich außerhalb ihrer Wahrnehmung befindenden sozialen Netzwerken verbinden, statt sie lediglich in eine phänomenologische Beziehung der individuellen Wahrnehmung zu stellen.61 Joselit benutzt das Adjektiv transitiv, um die Zirkulation von Objekten und Personen innerhalb von Netzwerken zu beschreiben. Dieser Begriff ist ziemlich offen und in seinen Texten nennt Joselit sehr unterschiedliche Herangehensweisen, wie eine transitive Malerei aussehen kann.
Abb. 9: Martin Kippenberger, Heavy Burschi, 1989-90.
Die Arbeit von Martin Kippenberger ist ein evidentes Beispiel für eine derartige transitive Malerei. Obwohl Kippenbergers Œuvre von großer Medienvielfalt gekennzeichnet ist, spielt die Malerei in ihm eine besondere Rolle, und zwar genau wegen der Art und Weise, wie er mit ihr umgeht und andere Medien, zu ihr in Beziehung setzt. Paradoxerweise führte seine Endspezifizierung des Mediums und seine manchmal respektlose Art, mit der Malerei umzugehen, zu einer Legitimation derselben.62 Exemplarisch dafür ist sein Werk Heavy Burschi (1989/90), wo eine Art Baucontainer voll mit den Überresten von 51 zerschlagenen Gemälden ausgestellt wurde. Die Bilder wurden von Kippenbergers Assistenten nach Vorlage der Kataloge des Künstlers gemalt. Vor ihrer Zerstörung wurden sie fotographiert, eins zu eins reproduziert, eingerahmt 59
Zit. n. David Joselit: „Die Malerei neben sich (2009)“, in: Hans-Jürgen Hafner, Gunter Reski (Hg.): The Happy Fainting of Painting. Ein Reader zur Zeitgenössischen Malerei, Köln 2015, S. 59-61, S. 59. 60 COMPLETAR NO SE!!!!! 61 Ebd. 62 Vgl. Graw: Die Liebe zur Malerei, S. 165.
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und im selben Raum mit dem Müllhaufen gezeigt. Vielmehr als auf einzelne, unveränderliche Objekte verweist diese Arbeit die Betrachter*innen auf eine Verkettung von Bildern: Zum einen taucht der Künstler als Fälscher auf, der die ‚kreative Aufgabe‘ an andere delegiert; zum anderen steht da die Verschiebung der Malerei in verschiedene Medien (als Abbildung, als fotographisch reproduziertes Bild, als skulpturaler Müllhaufen). In dieser Arbeit lässt sich die Malerei auf keinen der ausgestellten formalen Zustände reduzieren, vielmehr wird die „instabile, unaufhörliche Zirkulation“ zwischen ihnen betont. Der Praxis der Malerin Jutta Koether ist für Joselit ein weiteres exemplarisches Beispiel einer Netzwerk-
Malerei. In der Ausstellung Lux Interior (2009) ‚verknotete‘ die Künstlerin Malerei mit Performance- und Installationskunst. Die Ausstellung zeigte nur ein Bild: Hot Rod (nach Poussin), eine vorwiegend in rot gehaltene Neubearbeitung von Poussins Landschaft mit Pyramus und Thisbe (1651), das in der Mitte des Raumes auf einer schrägen Modulwand mit zwei Füßen stand. Einer der Füße stand auf dem Boden, der andere auf der Höhe einer Plattform im Ausstellungsraum, als ob das Bild gerade eine Bühne betreten würde. Diese ‚Auftrittssituation‘ wurde durch eine auf das Bild gerichtete Disco-Beleuchtung verstärkt (die ursprünglich zu The Saint gehörte, einem ehemaligen Schwulenclub in Manhattan, der nach der AIDSKrise geschlossen worden war). Die rote Palette des Gemäldes verweist auf den blutigen Doppelselbstmord in der Fabel von Pyramus und Thisbe und spielt gleichzeitig auf die symbolische Farbe von AIDS an. Die Ausstellung wurde von drei Vortragsperformances begleitet, in denen Jutta Koether, inspiriert von T. J. Clarks Buch über Poussins Malerei The Sight of Death, eine experimentelle Beziehung zwischen Lesen und Malen entwickelte. Während ihrer Performance nutzte sie die Präsenz des Bildes als eine Art Dialogpartner: sie las vor, bewegte sich um das Bild herum und verlieh dem Gemälde durch ihren Körper und die Texte einen neuen Rahmen. Mit dieser Arbeit „aktualisiert sie das Verhalten von Objekten innerhalb von Netzwerken“.63
Abb.10: Jutta Koether, Lux Interior, 2009.
Trotz der verschiedenen Herangehensweisen geht es auch mir in meiner Arbeit darum, Möglichkeiten zu erkunden, wie sich die Malerei mit anderen Medien und Akteur*innen verbinden lässt. Die Gemälde sind als Visualisierung eines Dialoges zwischen Künstlerin und Teilnehmer*innen zu verstehen. Dieser Rezeptionsrahmen wird durch die Ausstellungsvermittlung und die Audioinstallation, die mit der Malerei 63
Joselit: „Die Malerei neben sich“, S. 61.
28
in Verbindung steht, verliehen. Es geht nicht um das einzelne Bild, sondern um die Erfahrung in dem ganzen Raum. Man kann beispielsweise ein Bild wie Die Schlange (2018) nicht einfach als eine Warteschlange verstehen, die ich in der Einsamkeit meines Ateliers aus eigener Initiative gemalt habe, weil ich das Motiv als passend in Bezug zu Kuba erachtete, und es dann einfach an einer Wand hängt. Das Bild ist aus der Zusammenarbeit mit einem kubanischen Teilnehmer entstanden, der die Warteschlangen in Kontext des Wandel von Kuba als – immer noch – prägnante Alltagserfahrung einordnet, und der behauptete, dass er trotz eines Mangels an Nahrungsmitteln aufgehört habe, Brot zu essen, um nicht mehr in der Schlange beim Bäcker warten zu müssen. Dieses Bild hing in der Ausstellung neben einem, in dem das Aufkommen der digitalen Medien und die vermehrten Wifi-Spots auf der Insel thematisiert werden; sie alle stehen in Verbindung mit der Audioinstallation, die die verschiedenen Themen der Situation in Kuba erweitert. Die gesamten Beziehungen innerhalb des Projekts verändern komplett die Wahrnehmung der Bilder. In diesem Sinne lässt sich mit Joselit behaupten, in meinem Projekt „nehmen Gemälde als einzelne Objekte Bedeutung durch ihre Position in Netzwerken an – in komplexen Assemblagen aus Personen und Dingen“.64
Abb. 11: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018.
Mein Interesse geht indes über die Beschäftigung mit der transitiven Fähigkeit der Malerei hinaus. Sicherlich spielen in den zuvor beschriebenen Beispielen weitere Netzwerke eine Rolle, die konventionell mit der Malerei verbunden werden: Sammler*innen, Galerien, Kurator*innen usw. Trotzdem ist anzumerken, dass diese Netzwerke meistens innerhalb der Kunstwelt bleiben. Bei den genannten Beispielen geht es um eine Transition zwischen verschiedenen Medien (bei Koether Performance und Malerei; bei Kippenberger Foto, Abbildung, Skulptur und Malerei) und Akteuren, die alle zum Kunstkontext gehören (Koether macht eine historische Referenz zu Poussin und dem Punk-Musiker Lux Interior, Kippenberger integriert gezielt die Rolle seiner Assistenten, die selber Maler sind, in sein Kunstwerk). Mein Interesse richtet sich auf die Verbindung der Malerei mit einem kunstexternen Netzwerk. Dieser Umgang hat nicht nur, wie bereits hergeleitet, Konsequenzen für die Praxis der Malerei selbst, sondern eröffnet gleichzeitig viele andere Fragen außerhalb des Mediums, die mit meinem gesellschaftlichen Anliegen korrespondieren und im Laufe der vorliegenden Arbeit schon reflektiert worden sind. 63
Joselit: „Die Malerei neben sich“, S. 61.
29
6.5
Co-Autorschaft der Bilder und geteilte vitalistische Perspektiven
Wie Polke spiele ich mit der Inszenierung einer Auftragsarbeit. So relativiert sich meine Autorschaft und die Idee einer Malerei, die lediglich die Intention der Künstlerin äußert. Dadurch, dass die Bilder meines Projekts nicht nur ein Produkt meiner eigenen inneren Welt sind, sondern auch das Ergebnis eines Dialogs, sehe ich die Teilnehmer*innen des Projekts als Co-Autor*innen der Bilder. Diese Haltung mag bei früheren Arbeiten von mir aus den Serie Let me be your mirror (Netzwerke/Bernau/Skwierzyna) deutlicher erscheinen, denn da wurden die Teilnehmer*innen immer direkt neben jedem Bild genannt. Aber auch wenn es bei Ay mija! nicht so offen zutage liegt (wegen die Anonymisierung der Teilnehmer*innen und weil die Motive sich nicht aus einer direkten Anweisung ergaben), bleibt für mich diese Tatsache unverändert. Um mein Verständnis dieser Co-Autorschaft zu erklären, ist vielleicht die Idee der vitalistischen Projektion der Malerei von Isabelle Graw hilfreich. Graw zufolge löst die körperhafte Materialität der Malerei die Fantasie einer ‚Lebendigkeit‘ aus, eine physische Verbindung zu ihrem abwesenden Autor, der zu einer Art geisterhaften Präsenz wird.65 Die indexikalischen Zeichen, also die hinterlassenen Spuren in der Malerei, kommunizieren, dass jemand hier gewesen ist, jemand, der seine Lebens- und Arbeitszeit damit verbracht hat.66 Graw behauptet, dass auch wenn ein Künstler oder eine Künstlerin gar keinen Kontakt mit seinem Werk hatte, wie es etwa bei Martin Kippenberger oft der Fall war oder bei der mechanisch delegierten Malerei Wade Guytons, der Künstler oder die Künstlerin trotzdem „als Initiator dieser Versuchsanordnung angesehen wird und er folglich zu einer Art Meta-Autor aufsteigt“.67 In Bezug auf meine Arbeit stellt sich die Frage umgekehrt: Kann man diese Annahme nicht umdrehen und behaupten, dass in meinen Bildern die Präsenz der Teilnehmer*innen durch ihre Ideenbeiträge und ihre in das Projekt investierte Lebenszeit spürbar wird? Wenn Kippenberger die Autorschaft von Lieber Maler, male mir 68 zusteht, sollten meine Teilnehmer*innen dann nicht auch als Co-Autor*innen wahrgenommen werden, auch wenn sie keinen physischen Kontakt mit den Bildern hatten? Ich will meinen eigenen Teil der Autorschaft in dem Projekt nicht verneinen; letztendlich bleibe ich die Initiatorin der gesamten Projektidee und des Austauschs und diejenige, die sich um Empfang und Ausführung der ‚Befehle‘ gekümmert hat. Aber ich glaube, dass es legitim ist, diese Autorschaft mit den Teilnehmer*innen zu teilen und zu behaupten, dass die vitalistische
Phantasie meiner Bilder, wie Graw es nennen würde, nicht nur auf mich, sondern auch auf sie verweist.
65
Vgl. Isabelle Graw: „The Value of Liveliness. Painting as an Index of Agency“, in: Isabelle Graw, Ewa Lajer-Burcharth (Hg.): Painting beyond Itself. The Medium in the Post-medium Condition , Frankfurt am Main 2016, S. 79-101, S. 92f. 66 Isabelle Graw: Die Liebe zur Malerei , S. 171. 67 Ebd., S. 172. 68 Lieber Maler, male mir (1981) besteht aus eine Serie von 12 Malereien, die Martin Kippenberger bei dem Kinoplakatmaler ‚Herr Werner‘ in Auftrag gab.
30
7. Fazit
Im Laufe dieser Recherche habe ich versucht, meine Anfangsthese zu begründen, dass die Zusammenarbeit mit einer Gemeinschaft und die gleichzeitige Beschäftigung mit Fragestellungen der Malerei vereinbare Ansätze in einer Kunstpraxis sein können. Auch wenn partizipatorische Kunst den Fokus auf einen sozialen Prozess legt und die Praxis der Malerei per se materialbasiert ist, sehe ich in der Verbindung beider Interessen einen fruchtbaren Raum zur Auslotung ethischer und ästhetischer Fragen. Die hier genannte These habe ich zum einem anhand von Ay mija! und Erfahrungen aus meinen vorherigen Projekten, zum anderen durch mehrere Arbeiten von Referenzkünstler*innen sowie durch theoretische Werke, die über die Kunst hinausgehen und auch andere Disziplinen wie z. B. die Soziologie einschließen, reflektiert. In dieser Untersuchung zeige ich auf, dass die modernistische Idee einer abgrenzbaren, essentialistischen Malerei durch Künstler*innen wie Polke herausgefordert und schon längst überholt worden ist. In Folge dieser Entwicklung scheint heute die Gattung (bzw. das, was von ihr noch übrig ist) besonders geeignet, Netzwerke zwischen verschiedensten Akteur*innen und Objekten zu visualisieren – was hier durch theoretische Beiträge von Joselit und Werke von Künstler*innen wie Kippenberger oder Koether analysiert worden ist. Mit meinen Projekten untersuche ich diese Fähigkeit der Malerei bei gleichzeitiger Beschäftigung mit anderen gesellschaftlichen Ansinnen außerhalb der Kunstwelt. Die Tatsache, dass meine Malerei im Dialog mit anderen Menschen produziert wird, hat nicht nur einen Einfluss auf die Bildmotive, sondern setzt auch viele andere Tätigkeiten in Gang, die über das Malen hinausgehen: recherchieren, Teilnehmer*innen suchen, interviewen, Veranstaltungen organisieren, Texte schreiben oder Installationen konzipieren sind dafür Beispiele. Es interessiert mich, was passiert, wenn die Zusammenarbeit mit den Teilnehmer*innen und die verschiedenen Ebenen meiner Recherche auf die Malfläche gebracht werden und was die so produzierten Bilder und die gesamte Installation wiederum an neuen Assoziationen und Dialogen hervorbringen. Des Weiteren beschäftige ich mich damit, was ich mit meiner Kunst für die jeweilige Gemeinschaft bewirken kann. Diese Möglichkeiten habe ich im Laufe meiner Recherche reflektiert: beispielweise die Relevanz der Produktion von alternativen Bildern und Narrativen zu den hegemonialen, den Raum für Selbstdarstellung und Anerkennung, den ein solches partizipatorisches Porträt bietet, sowie die Erschaffung von Plattformen zum freien Ausdruck durch die Kunst. In diesem Sinne lässt sich behaupten, dass mein vorgeschlagener Projektansatz einen positiven Beitrag zu einer Gemeinschaft leisten kann und gleichzeitig ein unerwartetes Geschehen im Feld der Malerei eröffnet, das es wert ist, erprobt zu werden. Aus vorherigen Projekten habe ich die Erfahrung mitgenommen, dass es kein Rezept für eine solche Arbeitsweise gibt, das immer gültig wäre. Für jedes Vorhaben und jeden Kontext müssen die ‚Spielregeln‘ neu ausgedacht werden, um einen sinnvollen Austausch mit den jeweiligen gesellschaftlichen Gruppen zu ermöglichen und dabei übermäßige Einschränkungen bei der Bildproduktion zu vermeiden. Trotz der Schwierigkeiten, die eine solche Arbeitsweise mit sich bringt, empfinde ich dieses offene Verständnis von Malerei als befreiend und denke, dass es zahlreiche Möglichkeiten eröffnet, welche ich in meinen kommenden 31
Projekten weiter untersuchen will. Obwohl ich einen solchen partizipatorischen Ansatz normalerweise auf eine deutlich kleinere Gemeinschaft anwenden würde, schien es mir im Fall von Kuba mit seiner besonderen historischen, politischen und geographischen Situation (‚überschaubare‘ Einwohnerzahl, sozialistisches Einparteiensystem, abgeschottete Insel unter wirtschaftlichem Embargo, strenge Reisegesetze u. a.) sinnvoll, eine Lage zu thematisieren, die ein ganzes Land betrifft. Trotz zahlloser Unterschiede und großer Vielfalt innerhalb der Gesellschaft, haben die Einführung des kapitalistischen Modells und die ständigen Gesetzesänderungen seit den 90er Jahren einen unausweichlichen Einfluss auf alle Bewohner*innen der Insel und auch auf alle Kubaner*innen in der Diaspora gehabt. In meinem Projekt habe ich versucht, diese die Kubaner*innen verbindenden gesellschaftlichen Umstände anzugehen, indem ich deren heterogenen Erlebnisse und Perspektiven thematisiere. Die ‚historischen Momente‘ auf Kuba haben sich während der Verfassung dieser Masterarbeit fortgesetzt: Ende April kam Miguel Díaz-Canel an die Macht, der erste nicht aus der Castro-Familie stammende Präsident seit der Revolution. Was aus Kuba in der kommenden Zeit wird und in welche Richtung sich das Land unter seiner Regierung entwickelt, ist nach wie vor offen. Das kollektive Porträt von Ay mija! bleibt als Zeugnis einer besonderen Phase in der Geschichte des Landes, in der, an der Schnittstelle zwischen zwei Systemen und in einem Alltag voller Widersprüche, das Leben für große Teile der Bevölkerung nicht einfach war.
32
8.
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35
Bio-gesunde Gim
2017, Acryl auf Papier, 120 x 77 cm
Ausstellungsansicht Ay mija, no es fรกcil!
2018
Die Schlange
2018, Acryl auf Papier, 73 x 26 cm
40
41
Elegguรก
2017, Acryl auf Papier, 56 x 48 cm
46
Havana Stars
2017, Acryl auf Papier, 58 x 43 cm
48
Deutsche Initiative, um die kubanischen Krebe zu retten
2017, Acryl auf Papier, 46 x 32 cm
49
50
Yemayas Sohn
2017, Acryl auf Papier, 50 x 72 cm
Altar
2017, PolĂtpico
54
Ja! Eyeife
2017, Acryl auf Papier, 100 x 30 cm
55
Der Schimmel
2017, Acryl auf Papier, 91 x 77 cm
58
Die Ketchup-Flasche
2018, Acryl auf Papier, 100 x 75 cm
59
Die Salzminen (Caimanera) 2017, Acryl auf Papier, 150 x 71 cm
62
Wandmalerei Biennale Internos
63
2018
64
Wandmalerei Biennale Internos
2018
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Abb. 1: Straßenplakat mit der Aufschrift: „Revolution ist: die Werte zu verteidigen, an die man glaubt, allen damit verbundenen Opfern zum Trotz!“ Abb. 2: Alfredo Jaar, Es usted feliz? (Sind Sie Glücklich?), 1980. Aus dem langfristigen Projekt Estudios sobre la
felicidad (Studien über das Glücksgefühl) (1979-1981) Abb. 3: Tania Bruguera, Tatlin’s Whisper # 6 (Havana Version), 2009. Abb. 4: Sigmar Polke, Vitrinenstück, 1966 Abb. 5: Vitrinenstück (Detail) Abb. 6: Sigmar Polke, Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!, 1969. Abb. 7: Albert Oehlen, Godzilla, 1979, Dispersion und Lack auf Leinwand, 80 x 110 cm (el que es rojo y grande) Abb. 8: Alber Oehlen, Wattenläufer, 1981, Latex auf Leinwand, 110 x 150 cm (el pequenho corredor) Abb. 9: Alber Oehlen, Barbecue, 1981, Latex auf Leinwand, 110 x 150 cm (los 3 juntos) Abb. 8: Havana Stars, 2017 Abb. 7: Der Schimmel, 2017 Abb. 9: Martin Kippenberger, Heavy Burschi, 1989/90. Abb.10: Jutta Koehter, Lux Interior, 2009. Abb. 11: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 12: Miguel Díaz-Canel wird zum kubanischen Präsident gewählt. Abb. 13: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 14: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts
Ay mija, no es fácil!, Bio-gesunde Gim, 2017, Acryl auf Papier, 120 x 77 cm. Abb. 15: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 16: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts
Ay mija, no es fácil!, Die Schlange, Acryl auf Papier, 73 x 26 cm. Abb. 17: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 18: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts
Ay mija, no es ácil!, Elegguá, 2017, Acryl auf Papier, 56 x 48 cm. 66
Abb. 19: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts Ay mija,
no es fácil!, Elegguá, 2017, Acryl auf Papier, 56 x 48 cm. Abb. 20: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 21: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 22: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts Ay mija,
no es fácil!, Havana Stars, 2017, Acryl auf Papier, 58 x 43 cm. Abb. 23: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts Ay mija,
no es fácil!, Deutsche Initiative um die kubanische Krebse zu reten, 2017, Acryl auf Papier, 46 x 32 cm. Abb. 24: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 25: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 26: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts Ay mija,
no es fácil!, Yemayas Sohn, 2017, Acryl auf Papier, 50 x 72 cm. Abb. 27: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 28: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts Ay mija,
no es fácil!, Ja! Eyeife, 2017, Acryl auf Papier, 100 x 30 cm. Abb. 29: Ausstellungsansicht Ay mija, no es facil!, 2018. Abb. 30: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts Ay mija,
no es fácil!, Der Schimmel, 2017, Acryl auf Papier, 91 x 77 cm. Abb. 31: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts Ay mija,
no es fácil!, Die Ketchup-Flasche, 2018, Acryl auf Papier, 100 x 75 cm. Abb. 32: Elena Alonso Fernández in Zusammenarbeit mit Teilnehmer*in/nen (Anonym) des Projekts Ay mija,
no es fácil!, Die Salzminen (Caimanera), 2017, Acryl auf Papier, 150 x 71 cm. Abb. 33: Wandmalerei Biennale Internos, 2018. Abb. 34: Wandmalerei Biennale Internos, 2018. Abb. 35: Wandmalerei Biennale Internos, 2018.
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