Vi ni ro ss i
Teoria e pratica
THEORIE UND PRAXIS
Gute Weine? Klar doch! Hinter den Kulissen des Angebots aus Italien
D
er gute italienische Wein ist in al-
man bietet die üblichen, blasierten
ler Munde - zumindest in vielen! So-
Weine an, um zumindest nicht falsch
viel lässt sich für Deutschland auf jeden
zu liegen. Natürlich gilt es hier, deut-
Fall sagen, denn es lässt sich problemlos
licher zu differenzieren: In einer spe-
an den Exportzahlen Italiens feststellen,
zialisierten Weinhandlung oder Enote-
die Deutschland immer wieder als einen
ca finden wir praktisch grundsätzlich
wichtigen Markt erscheinen lassen. Folg-
ein hervorragendes Angebot, denn wer
lich genießen wir hierzulande die Anwe-
ein solches Unternehmen führt, hegt
senheit der besten italienischen Erzeug-
eine Leidenschaft für das, was er tut.
nisse - aber gibt es sie wirklich überall?
Er wird sich also ständig auf dem Lau-
Ein Gespräch mit Stefano Misischia soll
fenden halten, wird in die Herkunfts-
ein wenig Licht in die Hintergründe des
gebiete reisen und an Messen teilneh-
Weinhandels bringen.
men, und ebenso wird er thematische
„Tatsächlich gibt es in Deutschland hervorragende italienische Weine. Aber auch hier besteht, wie bei den meisten Lebensmitteln, eine sehr subjektive Interpretation derer, die den Wein importieren, verteilen und in der Gastronomie anbieten. Diese Ent-
Verkostungen anbieten.
Der 47-jährige Stefano Misischia kommt aus Rom. Seine Familie arbeitet seit zwei Generationen im Bereich der italienischen Lebensmittel, so koordiniert er heute den Verkauf einiger erlesener Hersteller auf dem deutschen Markt. Stefano hat die Wertigkeit italienischer Nahrungsmittel schon als Kind vom Vater Mario vermittelt bekommen und gilt als Verfechter der italienischen Qualität ohne Kompromisse.
scheider betreiben also eine Vor-
Die Kehrseite dieser Medaille ist na-
auswahl, bei der das Kriterium der
türlich der Mehrpreis, den der Verbraucher
Qualität nicht entscheidend ist .
beim Kauf bezahlt. Aber ich denke, dass
Ein klassisches Beispiel?
eine Enoteca eine so gute Beratung und
„Im Gegensatz zum spezi-
qualitativ hochwertige Auswahl anbietet,
alisierten
Einzelhändler, der
zumindest die Grundinforma-
dass diese auch in einer solchen Form Anerkennung verdient hat.
tionen über einen Wein geben
In der Gastronomie hat der Gast eine
muss, ist in der Gastronomie
eher passive Rolle, indem er sich dem Gast-
der Preis des Anbieters ent-
wirt oder (sofern vorhanden) der Weinkar-
scheidender als die
te anvertraut, die ihm angeboten wird.
Qualität.
Oder
In den Pizzerien werden häufig offene Weine angeboten, die also Glas für Glas verkauft werden - in dieser Hinsicht haben sich die Gewohnheiten in den letzten 30-40 Jahren kaum geändert. In solchen Fällen ist es dann schwierig nachzuvollziehen, ob man Soave oder Valpolicella im Glas hat, denn die Flasche mit dem Etikett kommt gar nicht erst auf den Tisch. Aber das ist doch nicht überall so? „Nein, der überwiegende Teil italienischer Gastronomien in Deutschland hat doch etwas mehr Klasse. So wird man auf der Weinkarte einige Angaben zum Wein finden - wo er herkommt, einige seiner geschmacklichen Eigenschaften
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A tavola! 5 / September 2009
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A tavola! und zu welchen Speisen er besonders
tronom jedoch selten, direkt bei den Er-
gut passt. Für die endgültige Entschei-
zeugern einzukaufen. Deshalb ist die
dung sollte auch ein Kellner mit fun-
Rolle des Importeurs und der Wein-
dierten Weinkenntnissen zur Verfügung
agenturen
stehen, aber hier liegt das nächste Pro-
deutung: Hier wird über die Produkte
blem: Diese Grundinformationen auf der
entschieden, hier werden die Weine ge-
Karte ersetzen häufig die Sachkenntnis
kauft und zwischengelagert, um dem
des Service-Personals, welches heutzu-
Restaurant die logistische Arbeit ab-
tage oft keine Ahnung hat, was es da ge-
zunehmen, damit sich der Gastronom
rade serviert - was den Gast in Regel ver-
nur so viel Wein in den Keller zu le-
unsichert und enttäuscht.
gen braucht, wie er auch benötigt. Auch
von
entscheidender
Be-
Spätestens hier stellt sich dann
diese Arbeit hat ihren Preis, sodass ein
wieder die Frage nach dem Preis-
Wein erst durch mehrere Hände geht
Leistungs-Verhältnis?
und damit zwangsläufig teurer wird.
„Genau. Diese fehlenden Informa-
Aber selbst danach sollte ein gutes Pro-
tionen machen es praktisch unmöglich,
dukt noch zu fairen Preisen zu bekom-
die qualitativen Unterschiede festzuma-
men sein.
tronom an und wird nicht selten den
Gute Weine zu fairen Preisen... Wie kommen wir dahin?
Eindruck haben, dass der Wein über-
„Da sind wir immer am selben
trieben teuer sei. Tatsächlich erlaubt
Punkt: Dort, wo es nicht so ist, gibt es
dieser Vertrauensvorschuss dem Wirt
zwei treibende Kräfte, die das Bild ver-
scheinbar, ein wenig mit den Preisen
ändern können: Zum einen der Gast
zu „spielen - aber eben nur scheinbar,
oder Kunde, der wissen sollte, was er
denn wer auf diese Weise seine Gäs-
will, der gut informiert und anspruchs-
te betrügt, schadet letztlich nur sich
voll an die Qualität herangeht und den-
selbst und dem Image der italienischen
noch offen ist für neue Erfahrungen.
Gastronomie.
Auch der Grundsatz: „Lieber wenig, aber
Richtig wäre es hingegen, eine gute
dafür umso besser sollte hier beher-
Auswahl von Weinen anzubieten, die
zigt werden und eine Gastronomie zu
das Ergebnis von einer ernsthaften Se-
motivieren, die stellenweise noch nicht
lektion sind, mit dem Ziel, den Gast zu-
mitbekommen hat, wie hoch der Qua-
frieden zu stellen. Dabei sollte der Preis
litätsanspruch seitens seiner Gäste in-
dem
unter
zwischen geworden ist, und wie sehr er
Miteinbeziehung der europäischen Pa-
aufgeschlossen ist, wenn es darum geht,
rameter entsprechen und nicht frei er-
die wirklichen Schätze der italienischen
funden werden. Durch eine solche Aus-
Kultur kennen zu lernen.
Wiederbeschaffungswert
wahl wäre es dann auch kein Problem,
Zum anderen ist die Flexibilität der
dem Gast genauer zu erklären, was er
Gastronomie und der Weinagenturen ge-
da für einen Tropfen im Glas hat.
fragt. Diese sollten sich mit mehr Fein-
Und welche Rolle spielen die Zwischenhändler?
gefühl auf die Bedürfnisse der Kunden einstellen, und sich dabei auch darauf
„Früher, zur Zeit der Anfänge der
besinnen, dass sie selbst die Botschafter
italienischen Gastronomie in Deutsch-
dieser gehobenen Konsumkultur sind.
land, konnte man die bekannten DOC-
Gemeinsam können Gastronomen und
Weine Italiens, die hierher exportiert
Importeure daran arbeiten, dem itali-
wurden, an den Fingern von zwei Hän-
enischen Angebot in Deutschland ein
den abzählen. Heute ist die Auswahl
moderneres Gesicht zu geben, auf eine
enorm, selbst wenn man nur die DOC-
Klientel gezielt, welche zwar vielleicht
Weine und solche von hoher Qualität
nicht mehr so oft wie früher, aber im-
zählt. Die Menge an umgesetzten Fla-
mer noch gern und vor allem gut spei-
schen erlauben es dem mittleren Gas-
sen möchte.
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chen. Der Gast vertraut sich dem Gas-
L‘amore per la campagna unito alla passione per il vino.
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Bilder: Misischia, At
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