Nr. 2 Juni 2016
Chile im Wandel
Wie sich das lateinamerikanische Land verändert hat und was heute wichtig ist
Lernen trotz Krieg Bildungsförderung im krisengeplagten Südsudan. S. 6
«Good News» aus unseren Projekten Erfreuliches aus Kamerun, Hongkong und der DR Kongo. S. 8
«Da draussen bei den Heiden» Das Theaterstück über die Basler Mission gibt es neu auf DVD. S. 11
Schwerpunktthema Chile
Liebe Leserin, lieber Leser Wer nach Chile reist, ist fasziniert. Das Land mit seiner extremen Länge und den vielen Klimazonen ist wunderschön. Doch das Engagement von Mission 21 in Chile geht auf die 70er Jahre und somit auf eine dunkle Zeit zurück: Vor mehr als 40 Jahren stürzte General Pinochet den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende mit einem Militärputsch. Zehntausende flohen. Auch die Schweiz öffnete ihre Grenzen. Zu Tausenden wurden Allendes Anhänger verhaftet, gefoltert und ermordet. Politisch konnte die Mission wenig tun, aber im Alltag haben die Missionare nicht weggeschaut. Theres und Mark Riesen waren zu dieser Zeit als Mitarbeitende der Mission in den Slums Santiagos tätig. Er arbeitete als Pfarrer mit Basiskirchen, sie gab als ausgebildete Hebamme Wissen über Gesundheit weiter. Oft standen sie mitten in kriegsähnlichen Situationen: Wenn es Proteste gab, fuhren die Militärs vor und schossen in die Menge. Das Paar hat verwundete Opfer von der Strasse weggetragen und sie so vor Folter oder Verschwinden bewahrt. Ich reiste mit meiner Familie 1990 nach Chile, direkt nach dem Wechsel von Pinochet zum Demokraten Aylwin. Zusammen mit meinem Mann arbeitete ich dort während sechs Jahren im Auftrag der Basler Mission (heute Mission 21). Wir mussten lernen, dass man mit den Chileninnen und Chilenen über alles sprechen kann, ausser über die Diktatur. Auch heute noch durchziehen die Risse der Diktatur die chilenischen Familien und die politischen Diskussionen. Doch das Land hat sich seit 1990 zu einer stabilen, wirtschaftlich erfolgreichen Demokratie entwickelt. Angesichts dieser positiven Entwicklung stellt sich die Frage, wieweit es unsere Arbeit heute noch braucht. Unsere Partnerorganisationen mahnen uns: Die Statistiken würden zwar gut aussehen, dabei werde aber die weite Schere zwischen Arm und Reich nicht berücksichtigt: 1 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung, die «Superreichen», besitzen 30 Prozent des Einkommens. Die Bildung ist wie die Gesundheit praktisch völlig privatisiert. Ganz allmählich entwickeln unsere Partner Wege, um den eigenen Finanzierungsanteil an der Projektarbeit zu erhöhen. Darauf sind wir stolz. Und doch, gerade jetzt, brauchen sie für diesen wichtigen Schritt unsere Unterstützung. Ihre
Claudia Bandixen Direktorin Mission 21
Titelbild: Farbenfroh demonstrieren Studierende in Chile für eine umfassende Bildungsreform. Der «Evangelische Entwicklungsdienst» SEPADE ermöglicht von Armut betroffenen Menschen, ihre Bürgerrechte wahrzunehmen. (Bild: imago/Xinhua) 2
Nachrichten 2 | 2016
Heiner Heine
Editorial
Von wegen
Chile gilt als lateinamerikanisches Vorzeigeland, dem der Wandel zu einer wirtschaftlich erfolgreichen Nation geglückt ist. Doch die soziale Ungleichheit stellt den Grossteil der Bevölkerung vor eine ganz andere Realität: Viele Menschen leben in prekären Verhältnissen, haben kaum Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen und wenig politische Mitsprachemöglichkeiten. Mission 21 setzt sich mit ihren Projekten für mehr Gerechtigkeit und Teilhabe ein.
Wirtschafts wunderland
1990 endete die 17-jährige Militärdiktatur, eine langsame Demokratisierung hatte begonnen. Ein Grossteil der Bevölkerung lebte damals allerdings noch immer in existenzieller Armut. Heute zeichnen die Daten ein anderes Bild: Die Wirtschaft wächst, das chilenische ProKopf-Einkommen ist das höchste im Subkontinent. Auch der Human Development Index zählt Chile offiziell zu den Staaten mit einer sehr hohen menschlichen Entwicklung und fast die gesamte Bevölkerung kann lesen und schreiben. Das Land scheint sich zum lateinamerikanischen Vorzeigemodell gemausert zu haben, dem der Sprung in die «erste Welt» gelungen ist. Doch diese hübsche Fassade bröckelt: Chile gehört weltweit zu den Ländern mit den grössten sozialen Unterschieden. Die Folgen dieser Unterschiede tragen die einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen.
Ein Blick hinter die Fassade
Eine Nachbarschaft in Concepción. Slums gibt es in Chile nicht mehr viele. Wirft man jedoch einen Blick hinter die Fassade, sind soziale Probleme noch immer allgegenwärtig.
«Chile ist eines der Länder Lateinamerikas, das sich in den letzten 40 Jahren am stärksten verändert hat», sagt Karl F. Appl. Der Präsident der Basler Mission, des grössten Trägervereins von Mission 21, war von 1990 bis 1997 in deren Auftrag als Dozent an einer theologischen Fakultät in Santiago tätig. «Noch vor 20 Jahren konnte man der schreienden Armut kaum aus dem Weg gehen», sagt er. «Mittlerweile wird das Land als Wirtschaftswunder gefeiert.» Als sich in den 1970er-Jahren die ersten Basler Missionare im Land niederliessen, trafen sie auf eine desolate Situation: Die Diktatur Augusto Pinochets hatte das Land in eine tiefe Wirtschaftskrise gestürzt, Mangel und Zerfall waren allgegenwärtig. Zahlreiche Menschen wurden unter Pinochets harter Hand gefoltert und ermordet oder verschwanden auf mysteriöse Weise. Bildung war ein ebenso rares Gut wie Nahrung.
Hansueli Meier, Programmverantwortlicher bei Mission 21 für Chile, sagt: «Wir wollen Menschen am Rande der Gesellschaft mehr Selbstbestimmung ermöglichen.» Denn trotz eines gesamtwirtschaftlichen Aufschwungs leben viele Chilenen in prekären Verhältnissen, obwohl der Grossteil der Armutsbetroffenen einer Beschäftigung nachgeht. Ihre Wahlmöglichkeiten sind eingeschränkt und sie haben kaum Zugang zu Boden, Gesundheit, qualitativ hochstehender Bildung und Vorsorgeleistungen. Sie sind häufig von der politischen Teilnahme ausgeschlossen und ungenügend über ihre Rechte informiert. Mission 21 engagiert sich heute in der Hauptstadt Santiago und in der etwas südlicher gelegenen Stadt Concepción mit insgesamt sechs Projekten. Alle Partnerorganisationen von Mission 21 leisten einen wichtigen Beitrag, um die soziale Ungleichheit zu reduzieren. Das betrifft auch die theologischen Projekte: Die Bildungsprogramme der CTE («Comunidad Teologica Evangélica», theologische Gemeinschaft Chiles) beispielsweise ermutigen angehende Pfarrpersonen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und nehmen die evangelischen Kirchen in die soziale Pflicht. Andere Partnerorganisationen von Mission 21 setzen sich für die Stärkung von Basiskompetenzen ein, etwa der evangelische Entwicklungsdienst SEPADE. Menschen setzen sich in den Angeboten von SEPADE kritisch mit der eigenen Identität und mit der Gesellschaft auseinander und lernen, sich aktiv am öffentlichen Leben zu beteiligen. Die 67-jährige Adriana Pavez Sepúlveda hat an einem Leiterschafts-Kurs teilgenommen und sagt rückblickend: «Dank SEPADE Nachrichten 2 | 2016
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Schwerpunktthema Chile
konnte ich meine Schüchternheit ablegen und ich habe gelernt, Dinge direkt anzusprechen.» Auch wenn die Slums weitgehend verschwunden sind, stehen viele Vororte noch immer vor schwerwiegenden sozialen Problemen. Sie sind geprägt von Arbeitslosigkeit, Drogenkleinhandel sowie Gewalt in der Familie, unter Jugendlichen und gegen Frauen. Ein Beispiel für das Engagement von Mission 21 in diesen Bereichen ist die Unterstützung der Organisation SERPAJ. Der «Servicio de Paz y Justicia — Dienst für Frieden und Gerechtigkeit», führt in Schulen der Vorortsgemeinden La Florida und La Granja im Süden Santiagos Kurse zur Friedenserziehung und Überwindung der Gewalt durch, in die auch Eltern und Lehrpersonen einbezogen werden. Auch sexuelle und psychische Gewalt werden thematisiert und Lösungswege erarbeitet. Die Schuldirektorin Estrella del Carmen Ozeiza Torrealba bemerkt bei den Kindern, die an den Kursen von SERPAJ teilnehmen, eine positive Veränderung: «Sie gehen respektvoller miteinander um und sind fähig, ihre Bedürfnisse und Erfahrungen auszudrücken.»
Kampf um die Bildung
Heiner Heine
Mit ihren Aktivitäten stärkt Mission 21 das Selbstbewusstsein von Randgruppen und fördert die Bürgerbeteiligung vielseitig. Diese Stossrichtung fügt sich gut in eine nationale Bewe-
gung ein: Der Ruf der Chileninnen und Chilenen nach mehr politischer Mitsprache wird immer lauter. Diese Entwicklung nahm ihren Anfang mit Schülerinnen- und Studentenprotesten im Jahr 2008, die kostenlosen Zugang zu Schulen und Universitäten forderten. Denn das teure und restriktive Bildungssystem ist der Hauptherd der Unzufriedenheit im Land. Karl F. Appl ist mit einer Chilenin verheiratet und hat somit einen guten Einblick in die Entwicklungen im Land. Er sagt: «Das chilenische Bildungssystem zementiert die sozialen Unterschiede.» Auch Mittelstandsfamilien müssen sich hoch verschulden, um allen Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen. In Chile gibt es mehr private Universitäten als öffentliche, und sogar letztere kosten umgerechnet mehr als 5‘000 Franken jährlich, während viele Haushalte weniger als 1‘000 Franken pro Monat verdienen. Die Ungerechtigkeit fängt schon vor der Universität an: Wer kein Geld hat, kann kaum auf eine gute Schule. Öffentliche Schulen sind oft qualitativ sehr schlecht. Eine Lehrperson steht dort im Unterricht vor bis zu 50 Schülerinnen und Schülern. Mittlerweile hat Präsidentin Michelle Bachelet zwar eine Bildungsreform eingeleitet, die aber vielen Exponentinnen und Exponenten der Studierendenbewegung nicht konsequent genug ist, da der Bildungsmarkt lediglich reguliert wird: Bildungsinstitutionen
Frauen in Concepción machen sich gegen innerfamiliäre Gewalt stark und fordern ihre Rechte ein. 4
Nachrichten 2 | 2016
dürfen neu keine Gewinne mehr erwirtschaften, aber die Marktwirtschaft für die Bildung wird nicht komplett abgeschafft.
Die gute Nachricht
Die chilenische Demokratie erfindet sich neu
Ein Dank an das Leben
Lange war die chilenische Bevölkerung stumm, da sie sich während 17 Jahren Diktatur an ein Leben in Angst und Unauffälligkeit gewöhnt hatte. An Chile zeigt sich, wie schwierig es ist, eine verlorene Demokratie zurückzugewinnen. Mit der Wahl eines Präsidenten ist es nicht getan. Eine Demokratie bedeutet zum Beispiel auch echtes Mitspracherecht für alle und Wahlchancen für kleinere Parteien. Die demokratischen Prozesse müssen wieder in Gang kommen. Ein langer Weg, doch immer mehr Chileninnen und Chilenen erkennen, dass sie in einer wohlhabenden Nation leben, in der ein besseres Leben für alle möglich ist. Sie fordern ihre Rechte auf mehr Bildung, Sicherheit und Mitsprache ein. Mission 21 steht hinter ihnen – seit den 1970er-Jahren und bis heute – und leistet einen Beitrag, damit mehr Menschen ihr Leben aktiv mitgestalten können. Damit Chile irgendwann nicht mehr nur aus der Vogelperspektive als Wohlstandsnation wahrgenommen wird, sondern auch einem Blick hinter die Fassade standhält. | Mara Wirthlin
Hintergrund Das grosse Gefälle zwischen Arm und Reich ist nicht nur ein chilenisches Problem, sondern betrifft den gesamten Kontinent: Zehn der fünfzehn Länder mit der grössten Ungleichheit befinden sich in Lateinamerika und in der Karibik. In den letzten Jahren haben in vielen Ländern Lateinamerikas positive Veränderungen stattgefunden: Die extreme Armut hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre annähernd halbiert und auch die Mangelernährung konnte in den meisten Ländern erheblich reduziert werden. Zudem besuchen insgesamt mehr Leute eine Schule. Die soziale Ungleichheit ist aber nach wie vor eine grosse Herausforderung.
Lateinamerika fasziniert mich schon seit meiner Kindheit und Jugend. Imponierten mir zuerst Fotos von grandiosen Landschaften und von der kulturellen Vielfalt in Bildbänden, übte später lateinamerikanische Musik eine grosse Anziehungskraft auf mich aus. Mein erster bewusster Kontakt mit einem spanischsprachigen Lied geht auf den Musikunterricht im siebten oder achten Schuljahr zurück, als wir das Lied «Gracias a la Vida» gehört und gesungen haben. Das Lied, geschrieben 1966 von der chilenischen Liedermacherin Violeta Parra, ist eines der weltweit bekanntesten lateinamerikanischen Lieder. Es ist nicht nur ein Liebeslied, sondern erinnert auch an den Kampf der Menschen in Lateinamerika für die Einhaltung der Menschenrechte. Jede Strophe beginnt mit dem Satz «Danke an das Leben, das mir so viel geschenkt hat»: Die Augen und die Ohren, um die Welt differenziert wahrzunehmen, die Stimme, um sich (kritisch) zu äussern, die Füsse, um an die Orte des Glücks und des Leids zu kommen und das Herz, das unter anderem dann höher schlägt, wenn das Gute gegenüber dem Bösen in den Vordergrund tritt. Der Dank an das Leben wird zum Ausdruck gebracht, obwohl die Lebensumstände für viele Menschen in Lateinamerika zur Entstehungszeit des Liedes schwierig waren, man denke an die extreme Armut oder an die erneut aufkommenden Diktaturen. Diese Leidenschaft Hansueli Meier für das Leben und das damit verbundene Engagement gegen Armut und für mehr Gerechtigkeit beeindrucken mich und ich begegne ihnen auch heute noch immer wieder auf meinen Reisen nach Lateinamerika. Das Leben wird gefördert und gefeiert, auch wenn es nicht immer etwas zu feiern gibt. Von der Leidenschaft für das Leben ist auch die ganze Bibel durchdrungen, ja sie bildet den Kern der biblischen Botschaft. Im Ersten Testament hat sich zum Beispiel Mose zum Ziel gesetzt, sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten in die Freiheit zu führen. Oder die Propheten verheissen dem Volk in der Verbannung eine hellere Zukunft und verwenden dabei eine bildhafte Sprache, die vor Lebendigkeit nur so sprüht. Im Neuen Testament zeugt der unermüdliche Einsatz Jesu für die ausgegrenzten Menschen von einer grossen Leidenschaft für das Leben, die ihren absoluten Höhepunkt im Ostergeschehen findet. Für mich hat diese Leidenschaft auch mit Widerstand zu tun: Solange ich dem Leben danke und es feiere, bin ich lebendig und lasse mich von den schwierigeren Momenten nicht so leicht unterkriegen. Solange ich mich für mehr Gerechtigkeit einsetze, lasse ich nicht zu, dass der Tod überhandnimmt. Und diese Haltung kann zur Folge haben, dass immer mehr Menschen ins Lied einstimmen können: Gracias a la vida, que me ha dado tanto. | Hansueli Meier, heute Programmverantwortlicher Chile für Mission 21, lebte zuvor viele Jahre in Bolivien. Nachrichten 2 | 2016
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Unser Projekt
Lernen im kriegsgeplagten Land Die Kämpfe im Südsudan halten noch immer an. Flucht und Zerstörung erschweren einer ganzen Generation den Schulbesuch. Mission 21 hat das Bildungsprojekt ausgebaut, um Kindern und Jugendlichen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Dankbar für die Schule Das Bildungsniveau im Südsudan gehört zu den tiefsten weltweit. Nicht einmal die Hälfte der Kinder im schulfähigen Alter besucht eine Primarschule. Drei von vier Menschen können weder schreiben noch lesen. Simon gehört zu den Glücklichen, die eine Schule besuchen dürfen. Er ist hochmotiviert und sehr fleissig, gehört stets zu den Klassenbesten. Simon möchte später selber Lehrer werden, sagt er: «Ich will anderen Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen, wie sie auch mir geboten wurde.» Mission 21 will mit ihrer Partnerkirche das Bildungssystem im Südsudan verbessern und Kindern wie Simon Hoffnung schenken. Viele Schulen der PCOSS wurden zerstört. Mit Unterstützung von Mission 21 baut sie neue Schulen und sorgt für deren Unterhalt. Auch die Ausstattung mit Mobiliar und das Bereitstellen von Lehrmitteln und Schulmaterial ist Teil des Projektes. Mission 21 hat das Budget für dieses Jahr um 85‘000 Franken erweitert, um auch unter den erschwerten Umständen Bildungsmöglichkeiten zu bieten. In vier Ortschaften im Südsudan, in denen sich viele Geflüchtete ansammeln, werden zusätzliche Schulen gebaut und ausgestattet: in Juba, Pochalla, Yei und Pibor. Fotos (2): Ulrich Kleiner
Trotz seines jungen Alters hat der 14-jährige Simon Chiland schon mehr erlebt als andere in ihrem gesamten Leben. Geboren ist er im Osten des heutigen Südsudan. Bereits mit sechs Jahren musste er zusammen mit seinen Eltern und sechs Geschwistern im Zuge der Unabhängigkeitskämpfe fliehen. In Renk fanden sie vorübergehend Zuflucht, bevor sie der Bürgerkrieg 2013 erneut zur Flucht zwang. Nun lebt die Familie in Juba. Bis vor kurzem hatte Simon noch nie eine Schule von innen gesehen. Zu hoch waren die Schulgebühren, die Schulen durch den grossen Zustrom an Flüchtlingen masslos überfüllt. Seit wenigen Monaten kann Simon eine Schule der Partnerkirche von Mission 21, PCOSS (Presbyterianische Kirche des Südsudans), besuchen und endlich seinen Wissensdurst stillen.
Diese Kinder gehören zu den Glücklichen, die eine Schule besuchen können. 6
Nachrichten 2 | 2016
Weiterbildung der Lehrpersonen ist zentral Die Kirche ist auch in Nachbarländern des Südsudans tätig, denn über 650‘000 Menschen sind ins Ausland geflohen. Viele landen in den Flüchtlingslagern in Kakuma (Kenia) oder Gambela (Äthiopien), wo es kaum funktionierende Schulen gibt. Das will die PCOSS ändern: Für vier Schulen in Gambela und fünf in Kakuma werden Tische und Bänke sowie Unterrichtsmaterial angeschafft. Auch Erwachsene können vom Projekt profitieren, in einigen Schulen werden am Abend Alphabetisierungskurse angeboten. Zudem bildet die PCOSS jährlich etwa 120 Lehrkräfte aus, um dem Mangel an qualifiziertem Personal entgegenzuwirken. Viele Kinder machen während dem Krieg und auf der Flucht unvorstellbare Erfahrungen und tragen körperliche oder psychische Schäden davon, welche sie verarbeiten müssen. Deshalb ist auch die Sensibilisierung der Lehrpersonen für den Umgang mit Traumata und die integrative Förderung behinderter Kinder zentral.
PCOSS
Einer von vielen: So wie Simon Chiland (14) blicken die meisten seiner Generation auf eine traumatische Kindheit zurück.
Gut ausgebildete Lehrpersonen sind eine Seltenheit, viele wurden in die Flucht getrieben. Deshalb legt die PCOSS Wert auf die Aus- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern.
Flucht statt Schulbank
Schicksal steht für hunderttausende von Kindern und Jugendlichen, deren Alltag von Krieg, Zerstörung und Verzicht geprägt ist. So wie Simon verbringt eine ganze Generation ihre halbe Kindheit auf der Flucht, anstatt die Schulbank zu drücken. Diese Generation muss dringend gefördert und gebildet werden, damit sie den Südsudan dereinst wieder aufbauen kann. Die Investition in die Bildung ist daher gerade in Zeiten des Krieges von unschätzbarem Wert.
Besondere Förderung erhalten auch die Mädchen, deren Bildungssituation besonders prekär ist. Viele Eltern schicken ihre Kinder und vor allem die Töchter nicht mehr zur Schule aus Angst, dass ihnen auf den teilweise langen Schulwegen etwas zustossen könnte. Denn Vergewaltigungen und Entführungen gehören zur Tagesordnung. Immerhin sind gut ein Drittel der Schülerinnen und Schüler der PCOSS weiblich. Um das Geschlechterverhältnis zu verbessern, führt die Partnerkirche Gespräche mit den Eltern über die Wichtigkeit von Schulbildung für Mädchen. Momentan besuchen über 5‘600 Jungen und Mädchen eine Schule der PCOSS. Durch die zusätzlichen Investitionen in den Bau und die Ausstattung von Schulen ab diesem Jahr können weitere 700 Kinder vom Projekt profitieren. Die PCOSS leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der prekären Lage. Doch die Bildungsförderung im Südsudan hat noch einen langen Weg vor sich. Etwa 45 Prozent der Südsudanesinnen und Südsudanesen sind unter 14 Jahre alt. Simons
Wir brauchen Ihre Unterstützung > «Kooperationsprogramm Südsudan» Nummer: 179.1001 > Spenden: Konto PC 40-726233-2, IBAN CH58 0900 0000 4072 6233 2, Vermerk: «179.1001» oder online: www.mission-21.org/spenden > Information: Projektdienst, Tel. 061 260 23 03, miriam.glass@mission-21.org
| Anina Koch
Hintergrund Der Südsudan erlangte im Juli 2011 die Unabhängigkeit vom Sudan. Kurze Zeit danach versank der weltweit jüngste Staat wieder im Chaos eines Bürgerkriegs: Zwei Vertreter der Regierungspartei, Präsident Salva Kiir und sein damaliger Vizepräsident Riek Machar, begannen sich im Jahr 2013 mit ihren jeweiligen Gruppen gegenseitig zu bekämpfen und führten den Südsudan in eine humanitäre Krise. Weit über 50‘000 Menschen haben durch den Krieg bereits ihr Leben verloren. Über 2.3 Millionen Personen wurden aus ihrer Heimat vertrieben und befinden sich auf der Flucht. Nachrichten 2 | 2016
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Mission 21 aktuell
Good News aus unseren Projekten Ob neues Unterrichtsmaterial, Fischteiche oder eine wiederaufgebaute Fakultät: Unsere Partnerorganisationen stehen unermüdlich im Einsatz, um mehr Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Wir berichten hier Erfreuliches aus unserer Projektarbeit.
Hongkong: Das Nile Theological College im Südsudan Unterstützung für Hausangestellte spendet wieder Hoffnung
Ende April 2014 stürmten Rebellen sein Zuhause und schossen ihm nachts, während er schlief, in sein linkes Bein. Gute medizinische Hilfe ist im Südsudan schwer zu bekommen, weshalb er für Behandlungen zunächst nach Äthiopien und dann in den Sudan gehen musste. Kasare Peter hatte Glück, dass er fliehen konnte. Die seelischen Verletzungen heilen allerdings nur langsam. Einige seiner früheren Lehrer und Kommilitonen fielen den Rebellen zum Opfer. Viele wurden getötet, das Schicksal anderer ist ungewiss. Seit vergangenem Juli studiert Kasare wieder am Nile Theological College. Nach seinem Abschluss möchte er Gott dienen und in seinem Namen Gutes tun. Denn er ist dankbar, dass er überlebte: «Solange ich leben darf, werde ich ihm zur Verfügung stehen.»
«Ich bedanke mich beim Team von Christian Action, das mir in dunklen Zeiten geholfen hat», sagt Entus Kusmiati. Die 40-jährige Indonesierin arbeitet in Hongkong als Hausangestellte. Ihr letzter Arbeitgeber beschuldigte sie im Sommer 2015 fälschlicherweise des Diebstahls. Entus litt sehr unter dem Vorfall, den sie sich nicht erklären kann: «Eines Abends hat er mich angeschrien, ich solle sofort «den Ring» zurückgeben. Schliesslich kam die Polizei, die natürlich keine Beweise fand.» Dennoch wurde ihr gekündigt, ohne die zehn geleisteten Arbeitstage zu bezahlen, geschweige denn die Kündigungsfrist von einem Monat zu berücksichtigen. Entus erfuhr von der Organisation Christian Action (CA), die Hausangestellten rechtliche, psychologische und medizinische Unterstützung bietet, sowie eine Unterkunft für Notsituationen. Vier Monate lang lebte Entus dort. «Als ich in den Shelter kam, habe ich jeden Tag geweint», sagt sie, «aber die anderen Frauen, die Ähnliches erlebt haben, munterten mich auf.» Das Team von CA half ihr, gegen den Arbeitgeber vorzugehen — mit Erfolg: Der Fall kam vor Gericht, schliesslich wurde Entus der ausstehende Betrag vollständig bezahlt. Mittlerweile hat sie einen neuen Arbeitgeber, bei dem sie sich wohlfühlt. Frauen wie Entus gibt es viele: Über 330‘000 Migrantinnen arbeiten in Hongkong als Hausangestellte, gut die Hälfte von ihnen stammt aus Indonesien. Leider missbrauchen die Arbeitgeber ihre Machtposition häufig. Gehälter werden nicht bezahlt oder Verträge unrechtmässig aufgelöst. Auch Fälle von sexueller und physischer Gewalt sind keine Seltenheit. Mit Unterstützung von Mission 21 hilft die Organisation Christian Action den Betroffenen, nach solchen Erfahrungen wieder auf die Beine zu kommen und ihr Recht geltend zu machen.
| Dorina und Mathias Waldmeyer, Koordinatoren des Kooperationsprogramms Südsudan
| Mara Wirthlin
> Infos: www.mission-21.org/suedsudan
> Infos: www.mission-21.org/hongkong
Dorina Waldmeyer
Das Nile Theological College (NTC) musste im Jahr 2013 nach Ausbruch des Bürgerkriegs die Pforten schliessen. Ursprünglich in Malakal stationiert, lag das Institut in einem der am stärksten vom Krieg betroffenen Gebiete. Im Sommer 2015 konnte das theologische Bildungsinstitut in der Hauptstadt Juba neu eröffnen. Doch längst nicht allen ist es geglückt, aus Malakal nach Juba zu kommen, um am NTC weiter zu studieren. Einer der Glücklichen ist Kasare Peter. Als wir ihn im Februar 2016 kennenlernen, ist er offen und freundlich und bedankt sich für die Unterstützung durch Mission 21. Erst beim näheren Hinsehen fällt auf, dass er sein Bein nachzieht. «Ich wurde angeschossen», erzählt er.
Mathias Waldmeyer (rechts) im Gespräch mit Studenten des NTC.
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Nachrichten 2 | 2016
Patrizia Kieliger
Mission 21 aktuell
Modell-Fischteiche in der DR Kongo sind in Betrieb Die Communauté Evangélique du Kwango (CEK), unsere Partnerorganisation in der Demokratischen Republik Kongo, berät Menschen in der abgelegenen Kwangoregion seit über 40 Jahren, damit sie ihre Ernährung verbessern können. Im August 2015 hat die CEK einen grossen Modellfischteich in Betrieb genommen. Der Teich dient einerseits als Beispielprojekt für die landwirtschaftliche Beratungsarbeit. Er soll aber auch ein Einkommen generieren und ist somit ein kleiner Schritt auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit von europäischen Geldern. Der Teich ist 35 auf 75 Meter gross und wurde mit 2000 Fischsetzlingen bestückt. Im Frühsommer 2016 kann er erstmals geleert und die Fische verkauft werden. Der Teich ist nur eines von vielen Modellprojekten der CEK, die auch eine Geflügel- und Gemüsezucht unterhält. Mithilfe der CEK wurden in den Dörfern bereits 50 Fischteiche ausgehoben und mit Fischen bestückt, weitere sind in Planung. Fisch ist ein wichtiger Proteinlieferant und somit ein gutes Mittel, um der verbreiteten Mangelernährung entgegenzuwirken. Viele ernähren sich fast ausschliesslich von Maniokbrei, was eine hohe Diabetes-Rate in der Region zur Folge hat. Die Projekte der Communauté Evangélique du Kwango fördern das Wissen über Gemüsezucht und Tierhaltung und setzen dabei nicht nur auf Quantität, sondern auch auf eine nachhaltige Qualität der grösstenteils biologischen Produkte. | Mara Wirthlin
> Infos: www.mission-21.org/kongo
Im April 2016 trat Martin Egli, der bisherige Programmverantwortliche für die DR Kongo, in den Ruhestand. Er arbeitete seit 1992 im Haus und zeichnete sich durch sein enormes Engagement aus. Mit seiner Arbeit konnte er die Projektarbeit in der DR Kongo massgeblich prägen und zum Erfolg führen. Sein Nachfolger ist Raymond Rohner, der vorher bei HEKS als Programmverantwortlicher für Äthiopien wirkte. Wir wünschen Raymond einen guten Start und Martin nur das Beste auf seinem weiteren Weg.
Unterrichtsmaterial für HIV-Prävention in Kamerun Emery Mpwate, HIV/Aids-Koordinator von Mission 21 in Afrika, hat mit der Presbyterianischen Kirche in Kamerun (PCC) neues Unterrichtsmaterial über HIV-Prävention und Sexualität entwickelt. Im Juni wird das neue Material erstmals veröffentlicht. An allen 21 weiterführenden Schulen der PCC wurden zudem regelmässige Unterrichtsstunden eingeplant, die sich dieser wichtigen Thematik widmen. Im Vorfeld nahmen alle Lehrer an speziellen Schulungen teil. «Das Unterrichtsmaterial wurde sehr gut aufgenommen. Die 86 Lehrpersonen sagten, es sei bereichernd und hilfreich», so Mpwate. Dass unter den Schülerinnen und Schülern der Bedarf nach mehr Aufklärung gross ist, zeigte sich in einer Befragung: Die Schüler selbst bezeichneten das Projekt als «sehr relevant und zeitgemäss» und berichteten, dass im Unterricht offene Gespräche über HIV/Aids und Sexualität möglich wurden. Da diese Themen immer noch oft tabuisiert werden, ist das neue Lehrmaterial der PCC eine wichtige Errungenschaft. Die Kirche nimmt somit eine nationale Vorreiterrolle ein, denn alle Bemühungen von offizieller Seite, englischsprachiges Unterrichtsmaterial zu HIV/ Aids zu entwickeln, scheiterten bisher. | Mara Wirthlin und Dorothee Adrian
> Infos: www.mission-21.org/kamerun Nachrichten 2 | 2016
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Mission 21 aktuell
Fünf Jahre nach Fukushima
Takada Teruki
Das grosse Erdbeben am 11. März 2011 löste einen verheerenden Tsunami und eine der gravierendsten Atomkatastrophen der Geschichte aus. Auch fünf Jahre danach sind die Folgen dieser Tragödie überall spürbar: Geisterstädte in verstrahlten Gebieten. Eine Bevölkerung, die versucht, irgendwie mit der unsichtbaren Gefahr zu leben. Kinder, die fast nie draussen spielen dürfen.
In schwierigen Zeiten zusammenstehen: Das ermöglichte die Projektunterstützung von Mission 21 in Japan nach dem verheerenden Erdbeben.
Mission 21 hat in Japan mehrere Partnerkirchen und -organisationen und startete 2011 in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS) einen Spendenaufruf. Die Solidarität aus der Schweiz war gross: Über 360'000 Franken kamen zusammen. Mit den Spenden wurden unter anderem erste Nothilfemassnahmen, Freiwilligeneinsätze, Angebote zur Traumabewältigung sowie Stipendien für den Schulbesuch von Kindern finanziert. Zudem konnte das SommercampProgramm der «Young Women's Christian Organization» (YWCA) aufgebaut werden: Es ermöglicht Kindern und ganzen Familien aus Fukushima, Ferien in Erholungscamps ausserhalb der verstrahlten Region zu verbringen. 2015 nahmen über 300 Personen am Programm teil. Die Soforthilfe von Mission 21 für Fukushima ist abgeschlossen, doch die aufgebauten Programme wie die Sommercamps des YWCA gehen weiter und ermöglichen den in der verstrahlten Region Verbliebenen unbeschwerte Momente. | Katrin Pilling
Grosses Interesse für die Prävention religiöser Radikalisierung Anschläge in Paris, Brüssel, Pakistan — das Thema religiöser Fanatismus ist in aller Munde. Das zeigte sich auch Ende Februar: Rund 80 Interessierte nahmen an der von Mission 21 veranstalteten Fachtagung «Tschüss, ich geh in den #Krieg» am 29. Februar 2016 teil. An der Veranstaltung wurde darüber informiert, wie das Abgleiten junger Männer und Frauen in die religiöse Radikalisierung präventiv verhindert werden kann. Externe Fachpersonen wurden als Referenten eingeladen. Die bekannte Buchautorin Dr. Edit Schlaffer beleuchtete in ihrem spannenden Vortrag die Rolle der Mütter in der Präventionsarbeit. Wie die Hintergründe der Radikalisierung in der Schweiz aussehen, legte Dr. Miryam Eser Davolio dar und offenbarte dabei einige überraschende Fakten: Aus der Schweiz reisen nur wenige «Jihad-Krieger» zum IS, und es lassen 10
Nachrichten 2 | 2016
sich mehr Konvertiten als ursprüngliche Muslime radikalisieren. Imam Mustafa Memeti aus Bern nahm in seinem Referat islamische Geistliche in die Pflicht, sich aktiv gegen Fundamentalismus zu engagieren. Sie müssten ihre geistliche Autorität dazu benutzen, Brücken zu anderen Religionen zu bauen — zum Beispiel bei gemischtreligiösen Heiraten. Aus theologischer Perspektive boten Detlef Lienau und Magdalena Zimmermann von Mission 21 Ansätze, wie Religion gegen religiöse Radikalisierung eintreten kann. Lienau argumentierte, eine «reflektierte und im Dialog gereifte Religiosität» biete Schutz vor Extremismus. An den Workshops und in der abschliessenden Podiumsdiskussion wurde das grosse Interesse der Teilnehmenden deutlich. Das Thema Extremismus wirft zahlreiche Fragen auf. | Christoph Rácz
Archiv & Buch
DVD-Tipp: «Da draussen bei den Heiden»
Mit seinem Theaterstück zu Mission, Rassismus und Sklaverei landete das Theaterensemble Johannes einen Publikumserfolg. «Spannend von der ersten bis zur letzten Minute», so das Votum einer Besucherin. Jetzt ist das Stück auf DVD erhältlich. Es erzählt hauptsächlich die Geschichte des Missionsehepaars Johannes Zimmermann und Catherine Mulgrave, zeigt aber auch Szenen auf einem Sklavenschiff und in einer Basler Bankiersfamilie. Die collagenhafte Inszenierung verbindet verschiedenste Welten, deren Widersprüche die Zuschauerinnen und Zuschauer zum Weiterdenken anregen. So versucht Missionar Zimmermann, möglichst engen Kontakt zu der lokalen Bevölkerung zu schaffen, heiratet gar eine ehemalige Sklavin, was das Missionskomitee in Basel jedoch rasend wütend macht. Die Figuren nehmen kein Blatt vor den Mund und die Livemusik von Moritz Achermann haucht dem Geschehen Rhythmus und Leben ein. Der Film ist dank aussergewöhnlicher Kamerafahrten ein ganz eigenes Erlebnis. Er ist auch für den kirchlichen Unterricht oder die Erwachsenenbildung geeignet. Mit einzelnen Szenen können spannende Diskussionen ausgelöst oder vertieft werden. | Theaterensemble Johannes
Nach Perlen fischen Wir informieren uns über Chile in einem Meer von Informationen In rasantem Tempo bricht die Welt in unseren Alltag ein: grelle Bilder und wüste Worte von Hass, Gewalt und Elend. Leise Töne kommen zusehends abhanden, fundierte Reflexionen ebenso. Wir wollen uns informieren, zum Beispiel über Chile, aber: wo beginnen? Welche Bilder wollen wir sehen? Welchen Berichten können wir vertrauen? Welche Informationen werden von wem zu welchen Zwecken produziert und in Umlauf gebracht? Wir fühlen uns schnell überfordert mit Auswählen. Was tun? Guter Rat ist für einmal gar nicht teuer: ab in die Bibliothek! Dort ziehen wir uns in eine ruhige Ecke zurück und blättern in der neusten Printausgabe der Lateinamerika Nachrichten*. Auf Seiten 28-29 erfahren wir, was es in Chile mit den heftigen Protesten gegen das Fischereigesetz von 2012 auf sich hat und wie dieses zustande kam. Ja, genau, das sind doch die wichtigen Fragen: Wem gehören die Fische? Wem gehören die Rohstoffe? Wir nehmen den Guardian** zur Hand und lesen: die Hälfte des weltweiten Bedarfs an Lithium wird in den Salzwüsten von Chile, Argentinien und Bolivien abgebaut. Lithium-Batterien für unsere Elektroautos lassen diesen Bedarf ins Unermessliche steigen. Vertreter der grossen Firmen verhandeln über Abbaulizenzen mit den Regierungen. Und die Menschen in Chile, wie geht es ihnen? – Eine Auswahl an Antworten liefert uns Toni Keppeler: im Buch «Chile in Bewegung»*** portraitiert er zwölf Frauen und Männer, die für ein «rebellisches Chile» stehen. Sofort ausleihen oder kaufen! – und unsere Tipps mit allen teilen, die den Dingen auf den Grund gehen wollen. *ältere Ausgaben auch online: www.lateinamerikanachrichten.de/ **Online: https://www.theguardian.com/technology/2016/mar/23/battery-lithium-south-america-chile-argentina-bolivia ***Toni Keppeler, Chile in Bewegung: Reportagen aus einem Land der Gegensätze, Rotpunktverlag 2016 (CHF 26.50, Euro 24.00)
| Claudia Wirthlin, Leiterin der Bibliothek von Mission 21
Bestellen: www.theaterensemblejohannes.ch Nachrichten 2 | 2016
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Agenda
Veranstaltungen Veranstaltungsorte Wenn nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen bei Mission 21 an der Missionsstrasse 21 in Basel statt. Missionssynode und Missionsfest 3. bis 5. Juni 2016 An der diesjährigen Synode führt Mission 21 zum ersten Mal jeweils 10 Jugendliche aus Österreich, Frankreich, Deutschland und der Schweiz zusammen. An diesem Treffen erfahren sie mehr über die Möglichkeit, Jugendbotschafter zu werden. Im Anschluss an die Missionssynode, die vom 3. bis am 4. Juni stattfindet, feiern wir das jährliche Missionsfest. Es beginnt mit einem Festgottesdienst in der Dorfkirche in Riehen (Sonntag, 5. Juni, 10.00 Uhr). Dabei wird das 15-Jahre-Jubiläum von Mission 21 gewürdigt und gefeiert, gemeinsam mit dem jüngsten Werk von Basler Mission-Gründer Christian Friedrich Spittler, der Kommunität Diakonissenhaus Riehen. Danach folgt der gesellige Teil, ein familienfreundliches Programm im Garten des Missionshauses (12 bis 17 Uhr, eine Transportmöglichkeit für Gehbehinderte wird organisiert). Für Essen und Getränke ist gesorgt. Infos: gisele.wittmer@mission-21.org Tel. 061 260 22 76 Trouvaillenverkauf am Missionsfest Sonntag, 5. Juni 2016, 12-17.00 Uhr Sei es ein Maskenaufsatz aus Westafrika, Holzfiguren aus Ostafrika, geschnitzte Kalebassen aus Peru oder ein Korb aus Indonesien: Kommen Sie ans Missionsfest und kaufen Sie eines dieser seltenen, kostbaren Stücke zu einem moderaten Preis. Ehemalige Mitarbeitende aus verschiedenen Missionsgebieten schenkten Mission 21 diese alten oder jüngeren Gegenstände aus ihrer früheren Einsatzregion. Nun verkauft Mission 21 diese Objekte zugunsten der Aus- und Weiterbildung von jungen Handwerkerinnen und Handwerkern in ihren Partnerländern. Infos: heidi.zinggknöpfli@mission-21.org Tel. 061 260 22 26 12
Nachrichten 1 | 2016
Tansaniatag Samstag, 11. Juni 2016, 11-17.00 Uhr Der diesjährige Tansaniatag findet mit Fokus auf das 125-jährige Bestehen der Herrnhuter Brüdergemeine in Ostafrika statt. Infos: johannes.klemm@mission-21.org Tel. 061 260 23 04
Lancierung des neuen Advocacy-Programms von Mission 21 Mittwoch, 29. Juni 2016, 18-19.30 Uhr Oekolampad, Schönenbuchstrasse 9 4055 Basel Das neue Programm «Frauen-Menschenrechte, faith-based» vernetzt und stärkt Frauen in ihrem Kampf gegen jegliche Formen von Gewalt und Diskriminierung. Wir laden Sie herzlich ein, diesen neuen Aufbruch in unserem Engagement für und mit Frauen weltweit zu feiern. Infos: sibylle.dirren@mission-21.org Tel. 061 260 22 66
Impressum Nachrichten Mission 21, Nr. 2 | 2016 Herausgeberin: Mission 21, Evangelisches Missionswerk Basel, Missionsstrasse 21, 4009 Basel Auflage: 22 200 Ex. Redaktion: Mara Wirthlin Layout: Helge Neuschwander-Lutz Layoutvorlage: VischerVettiger AG, Basel Druck: MHD Druck und Service GmbH, Hermannsburg, D Spendenkonto: PC 40-726233-2 IBAN CH58 0900 0000 4072 6233 2
young@mission21: Camp in Taizé mit Gästen aus Hongkong 22. Juni bis 5. Juli 2016 Gemeinsam mit jungen Erwachsenen aus Hongkong leben wir in der ökumenischen Gemeinschaft in Taizé (Frankreich). Anschliessend verbringen wir einige Tage in der Schweiz. Gemeinsames Essen, Lachen, Diskutieren, Singen und den Alltag teilen werden diese Woche prägen. Infos: www.mission-21.org/taize barbara.grass@mission-21.org Tel. 061 260 22 39
Internationaler Bonhoeffer Kongress Bonhoeffer lesen in einer globalen Zeit 6. bis 10. Juli 2016 In Zusammenarbeit mit der Internationalen Bonhoeffer Gesellschaft und dem Institut für Hermeneutik und Religionsphilosophie der Universität Zürich. Die Konferenz stellt die Frage: Kann Bonhoeffers Theologie auch in unserer heutigen globalisierten Situation noch hilfreich sein? Infos: www.mission-21.org/bonhoeffer2016 magdalena.zimmermann@mission-21.org Tel. 061 260 22 59 Horizonte weiten Samstag, 10. September 2016, 10-16.30 Uhr In den Referaten und Workshops zum Thema «Rituale» bringen wir Erfahrungen aus der Schweiz, Südamerika und Indonesien ins Gespräch. Infos: christa.nadler@mission-21.org Tel. 061 260 22 67
Mission 21 vereint die Arbeit der Basler Mission, der Evangelischen Mission im Kwango und der Herrenhuter Mission. Mission 21 ist Mitglied der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS), Stuttgart. Die Nachrichten erhalten Gönnerinnen und Gönner von Mission 21. Sie erscheint viermal jährlich.
Den laufend aktualisierten Veranstaltungskalender mit weiterführenden Informationen finden Sie auf: www.mission-21.org/agenda