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Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden

Nr.4 | 2014

© Brot für alle / Urs Walter

Zugang zu Land – Basis zum Leben


contigo

Nr.4 | 2014

INHALT

contigo Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden Herausgegeben von Brot für alle, HEKS, Mission 21 und den OeME-Fachstellen Erscheint viermal jährlich im März, Juni, September und Dezember ISSN 1660-3788

©HEKS/Lunaé Parracho

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Brot für alle Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23 Tel. 031 380 65 65, Fax 031 380 65 64 Mail: info@bfa-ppp.ch, Web: www.brotfueralle.ch Spendenkonto: 40-984-9

HEKS – Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Seminarstrasse 28, Postfach, 8042 Zürich Tel. 044 360 88 00, Fax 044 360 88 01 Mail: info@heks.ch, Web: www.heks.ch Spendenkonto: 80-1115-1

DOSSIER

S4 – 9 Viele müssen um ihr Recht auf Land kämpfen Zugang zu Land ist für viele Menschen eine Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Während einige wenige grosse Landflächen für sich beanspruchen und in „Palästen“ wohnen, hausen andere – so wie auf dem Bild die Guaraní in Brasilien – in behelfsmässigen Zelten am Rand von Monokulturen. Die Dossierbeiträge zu Brasilien und Kambodscha sowie das Interview mit Martin Schmid von HEKS zeigen auf, wie Hilfswerke die einheimische Bevölkerung beim Kampf um Land und für ein selbstbestimmtes Leben in Würde unterstützen. uw

BROT FÜR ALLE

S10 – SBB setzt kleines Zeichen für fairere Einkäufe S11 – Mit Schweizer Geld wird Regenwald zerstört S12 – Tee, das schmackhafte Angebot der Ökumenischen Kampagne 2015 HEKS

S14 – Sammelkampagne 2014: «Entwicklung ermöglichen» S16 – Schenken Sie Roma-Kindern Zukunftsperspektiven S17 – Überlebenshilfe für Flüchtlingsfamilien im Libanon und Nordirak

Mission 21 – Evangelisches Missionswerk Basel Missionsstrasse 21, 4003 Basel Tel. 061 260 21 20, Fax 061 260 21 22 Mail: info@mission-21.org, Web: www.mission-21.org Spendenkonto: 40-726233-3 OeME-Fachstellen der Kantonalkirchen Web: www.oeme.ch Redaktion Dorothee Adrian (da), Mission 21 Peter Dettwiler (ped), OeME Olivier Schmid (os), HEKS Urs Walter (uw), Brot für alle Redaktionsleitung Urs Walter Tel. 031 380 65 71 Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23 Mail: walter@bfa-ppp.ch Adressänderungen und Abonnementsverwaltung Administration Brot für alle Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23 Mail: contigo@bfa-ppp.ch Tel. 031 380 65 65 Fax 031 380 65 64 Layout grafik.trieb, 2560 Biel Druck rubmedia, 3084 Wabern

MISSION 21

S18 – Als Techniker im Regenwald Kameruns S19 – Projektarbeit in Nigeria im Schatten von Boko Haram S20 – Musical: «Das Grab des weissen Mannes» und weitere Veranstaltungen zum Jubiläum HINWEISE UND MEDIENTIPPS

S22 – Agenda und Nachrichten S23 – Bücher- und Filmtipp

Titelbild: Pierre Moko Tchuamia, einer der lokalen Notablen von Bamenyam im Westen Kameruns, setzt sich für eine verbesserte Landwirtschaft der Kleinbauernfamilien ein. Dank Rindermist hat sich der Ertrag deutlich erhöht. uw Rückseite: Das Recht auf Land bedeutet Nahrung und Zukunft für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Und für ihre Kinder – wie diesen Buben aus San José de Apartadó, einem als Friedensdorf bekannten Ort in der kolumbianischen Region Urabá. uw


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EDITORIAL

Das Recht auf Land und Nahrung Ueli Locher, HEKS-Direktor

Das Recht auf Nahrung ist

Darum unterstützen HEKS, Brot für alle und

ein Menschenrecht. Aber

Mission 21 Landlose dabei, ihr Recht auf Nahrung

noch immer sind weltweit

und Land einzufordern – beispielsweise die indigenen

über 800 Millionen Men-

Guaraní in Brasilien. Deren Lebensraum und Exis-

schen unterernährt. Das

tenzgrundlage wird unter Missachtung ihrer Landrech-

UN-Millenniumsziel,

te immer mehr durch die Monokulturen von Agrarkon-

die

Zahl der Hungernden bis

zernen zerstört.

2015 auf 500 Millionen Menschen zu reduzieren,

Zugang zu Land ist aber nur ein erster Schritt auf

wird nicht erreicht werden.

dem Weg zu Ernährungssicherheit. Bevor die kambodschanischen Kleinbauernfamilien in Kampong Os ihr landwirtschaftliches Wissen erweiterten, war jeder Ern-

leidenden Menschen leben

teausfall eine existentielle Bedrohung. Heute steigern

in ländlichen Gebieten. Um

sie ihre Erträge dank verbessertem Saatgut und ler-

sich ernähren zu können,

nen, ihre Produkte marktgerecht zu verarbeiten und zu

sind die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, Fischerin-

verkaufen. So erwirtschaften sie ein Einkommen und

nen und nomadisierenden Viehzüchter auf Land, Wei-

verbessern ihre Existenzgrundlage.

© HEKS

80 Prozent der an Hunger

den, Wälder und Fischgründe angewiesen. Aber infolge von Vertreibung, Klimawandel und Bodenübernutzung

Die beiden Beispiele im Dossier dieser Ausgabe von

riskieren viele von ihnen, ihre Existenzgrundlage zu ver-

«contigo» zeigen: Hunger und Armut sind häufig die

lieren – oder sie haben sie bereits verloren.

Folge von Diskriminierung und fehlendem Wissen. Schon heute könnten 10 Milliarden Menschen ernährt werden. Eine Welt ohne Hunger ist möglich.

Die Leiterin und Leiter der drei Werke Brot für alle, HEKS und Mission 21 sowie der OeME-Fachstellen wechseln sich beim Schreiben des Editorials ab.


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RECHT AUF LAND

Mit Land und Wasser gegen Hunger und Armut Interview: Olivier Schmid

«Der fehlende Zugang zu Land ist einer der Haupt-

einen gültigen Rechtsrahmen auf nationaler Ebene, der den Zugang zu Land in der nationalen Gesetzgebung regelt.

gründe für Hunger und Armut. Menschen zu unterstützen, ihr Recht auf Land einzufordern und dieses produktiv zu bewirtschaften, ist in der Entwicklungs-

© HEKS

zusammenarbeit daher zentral», sagt Martin Schmid.

Martin Schmid ist Themenbeauftragter für die Entwicklung ländlicher Gemeinschaften und Leiter des Themenberaterteams bei HEKS.

Warum haben Menschen ein Recht auf natürliche Ressourcen wie Land und Wasser? Dieses Recht leitet sich vom Recht auf Zugang zu Nahrung ab, das im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte verankert ist. Im ländlichen Raum wird dieser Zugang zu Nahrung vor allem durch den Zugang zu produktiven Ressourcen wie Land, Saatgut und Wasser gewährleistet. Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, das Recht auf Nahrung zu respektieren – und damit auch den Zugang von Kleinbauernfamilien, Fischern, Viehzüchtern oder indigenen Bevölkerungsgruppen zu natürlichen Ressourcen. Des Weiteren gibt es in vielen Ländern

Warum haben dann so viele Menschen keinen Zugang zu Land oder sind in Gefahr, ihn zu verlieren? Es gibt unzählige Ursachen, die sich je nach Land und Kontinent unterscheiden. In Lateinamerika beispielsweise, wo sich als Erbe der Kolonialzeit in vielen Ländern die Ressourcen in den Händen weniger konzentriert, hat zwar eine Reihe von Staaten die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen in internationalen Verträgen anerkannt und sich in der Verfassung verpflichtet, die Gebiete dieser Gemeinschaften auszuweisen, doch kommen sie diesen Vorgaben häufig nur unter politischem und gesellschaftlichem Druck nach. Die Agrarlobby bekämpft die Reformierung der ungleichen Besitzstruktur und schwache staatliche Institutionen begünstigen deren Nichtumsetzung. Auch in vielen asiatischen Ländern hätten Landreformen die asymmetrisch ausgeprägten Landpachtsysteme abschaffen und den Landlosen zu einem Stück Land verhelfen sollen. Das schnelle Produktionswachstum der Region und unzureichende staatliche Strukturen bremsen die Reformen jedoch. Und in Afrika? Auch in Afrika haben nur wenige ländliche Gemeinschaften formelle Besitz- oder Nutzungstitel für ihr Land. Ihre gewohnheitsrechtlichen Ansprüche auf Wälder, Steppen und Feuchtgebiete, die ihnen als wichtige Lebensgrundlage dienen, sind in den nationalen Gesetzgebungen häufig nicht anerkannt. Viele Regierungen erklärten nach ihrer Unabhängigkeit alles Land zum Staatsbesitz und verpachteten es an ausländische Investoren. Afrika ist heute der Kontinent, der am stärksten von «Land Grabbing» betroffen ist. Was sind Wege und Mittel, damit die Bevölkerung offizielle Landtitel oder Landnutzungsrechte erhält? HEKS und andere Entwicklungsorganisationen klären die Bevölkerung über ihre Rechte auf und unterstützen sie, diese Rechte einzufordern. Zu diesem Zweck fördern sie die Bildung von Interessengruppen und Organisationen sowie die Vernet-


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Ist Zugang zu Ressourcen denn einzig eine Frage der Durchsetzung von Rechten? Es gibt eine ganze Reihe von weiteren Entwicklungen, die dazu führen können, dass Menschen ihren Zugang zu natürlichen Ressourcen verlieren: Kriege können Kleinbauernfamilien von ihrem Land trennen, Migration, Auch wenn Landlose oder indigene Gemeinschaften mit starker Stimme sprechen (wie hier auf den Philippinen), werden ihre Rechte zu oft missachtet. Bevölkerungswachstum und die Ausdehnung von Städten bewirken, dass und Flexibilität. In Brasilien beispielsweise erhielt eine von immer mehr Menschen weniger Land zur Verfügung steht, HEKS unterstützte Gemeinschaft erst nach einem 15 Jahre der Klimawandel kann zu Ernteeinbussen führen und Abholdauernden Kampf die Landnutzungsrechte zugesprochen. zung, Monokulturen oder der übermässige Einsatz von PestiAber in Ländern, in denen die Rechtssysteme schwach ziden zu degradierten Böden. Vor diesem Hintergrund bedeuausgebildet sind, stösst der rechtsbasierte Ansatz an seine tet Zugang zu Land zu haben zweierlei: erstens, über gesicherte Grenzen. Des Weiteren diktiert der Staat in einigen LänRechte auf den Besitz oder die Nutzung von Land und dessen dern zunehmend die Arbeitsbedingungen von NichtregieRessourcen zu verfügen und damit geschützt vor Vertreibung rungsorganisationen und schränkt so den Handlungsspielzu sein und zweitens, in der Lage zu sein, das Land und die raum für die Zivilgesellschaft stark ein. Besorgniserregend Ressourcen nachhaltig und produktiv zu bewirtschaften, um ist zudem, dass in vielen Ländern Bevölkerungsgruppen sich das Überleben zu sichern. und Organisationen, die sich für Landrechte einsetzen, zunehmend kriminalisiert werden und es zu unrechtmässiSein Überleben auf kargen Böden zu sichern gen Verhaftungen kommt. scheint schwierig … Das stimmt. Darum unterstützen wir die KleinbauernWo konnten in den letzten Jahren Erfolge erzielt werden? familien im Aufbau von Wertschöpfungsketten. Indem sie In Indien verteilte die Regierung Landtitel für 8600 HekAusbildungen in der diversifizierten und agroökologischen taren Land an 9500 Familien. Auf den Philippinen hat die Landwirtschaft erhalten, verbessern sie die BodenfruchtRegierung einen Kredit von über einer Million Franken gebarkeit, passen ihre Anbaumethoden den veränderten Umsprochen, um 3700 Familien im Anbau und in der Vermarkweltbedingungen an und erhöhen dadurch ihre Produktion. tung ihrer Produkte zu beraten und zu unterstützen. In Niger Dank Zugang zu Produktionsmitteln wie Wasser, organiwurden 140 Kilometer Durchgangskorridore für Viehherden schem Dünger und angepasstem Saatgut sowie Unterstütgeschaffen und so der Landkonflikt zwischen den sesshaften zung in der Verarbeitung der Ernte produzieren sie ÜberBauernfamilien und den nomadisierenden Viehzüchtern beischüsse und generieren ein Einkommen. Um den Zugang gelegt. Erwähnenswert sind aber auch Zwischenerfolge wie in zum Markt zu verbessern, verarbeiten und vermarkten sie Honduras, wo Betroffene ein Komitee zum Schutz vor Gewalt ihre Produkte gemeinsam in Kooperativen oder Produktigegründet haben und der Landkonflikt eine erhöhte internaonsgruppen und eignen sich Marktkenntnisse an. tionale Aufmerksamkeit bekommt. Auch die Entwicklungen in Guatemala stellen wichtige Schritte auf dem Weg zur SiMit welchen Herausforderungen sind Projekte cherung des Zugangs zu Land dar: Unrechtmässig verhaftete im Bereich Zugang zu Land konfrontiert? Personen wurden freigelassen und indigene Gemeinschaften Die Projekte stellen hohe fachliche und technische haben Rechtsprozesse eingeleitet. Anforderungen und erfordern viel Durchhaltevermögen

© HEKS/Lunaé Parracho

zung und den Erfahrungsaustausch; sie betreiben Advocacy- und Lobby-Arbeit, um die Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie eine breite Öffentlichkeit für die Rechte der ländlichen Gemeinschaften zu sensibilisieren; und sie dokumentieren konkrete Rechtsverletzungen, die als Grundlage zur Einleitung von juristischen Schritten und zur Einforderung offizieller Landtitel dienen.


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BRASILIEN

Angriff auf Land und Leben Olivier Schmid

Vertrieben von ihrem Land, leiden die indigenen Guaraní unter Hunger und Armut. Zwar garantiert ihnen die brasilianische Verfassung Zugang zu Land, doch die Agrarlobby ist stärker. Jetzt fordern sie in Washington ihr Menschenrecht auf Nahrung ein.

Ohne Land und Perspektiven Während die Agrarindustrie das Land der GuaraníKaiowá ökonomisch ausbeutet und riesige Mengen an Soja und Zuckerrohr exportiert, leben die 30 000 Angehörigen des indigenen Volkes unter prekären Verhältnissen in überfüllten Reservaten oder behelfsmässigen Zelten an den Strassenrändern. Nach Regenfällen sind diese Unterkünfte oft überflutet und Krankheiten breiten sich aus.

© HEKS/Lunaé Parracho

Brasilien ist ein Land mit extremen sozialen und ökonomischen Ungleichheiten. Eine der Hauptursachen ist die ungerechte Landverteilung. Knapp fünf Millionen Kleinbauernfamilien sind landlos, während fast die Hälfte des Landes einem Prozent der Bevölkerung gehört. Grossgrundbesitzer und Agrarkonzerne betreiben auf diesem Land extensive Viehwirtschaft. Sie bauen in riesigen Monokulturen Soja für den Export und Zuckerrohr für die Produktion von Agrotreibstoffen an oder bauen Bodenschätze ab.

So auch in Mato Grosso do Sul im Südwesten des Landes, wo die Guaraní-Kaiowá leben. Aus dieser Region stammt mehr als die Hälfte der landesweiten Maniok-, Mais-, Soja- und Zuckerrohrproduktion. Die Savannenwälder oder «Tekohá», wie die Guaraní das Land ihrer Ahnen nennen, wurden in enormem Ausmass abgeholzt. Monokulturen und Pestizide haben die Biodiversität zerstört. Und die Agrarunternehmen dringen immer weiter vor: In den letzten fünf Jahren hat sich allein die Anbaufläche für Zuckerrohr mehr als verdreifacht und es wurden 40 neue Ethanol-Fabriken gebaut.

Jährlich sterben 41 von 1000 Kindern der Guaraní an Unterernährung, dreimal mehr als im landesweiten Durchschnitt.

Von ihrem angestammten Land vertrieben, können sich die Jäger, Sammler und Kleinbauern nicht mehr selbst ernähren. Zwar erhalten sie staatliche Nahrungsmittelhilfe, die Ernährungssituation ist aber dennoch prekär: Jährlich sterben 41 von 1000 Kindern an Unterernährung, dreimal mehr als im landesweiten Durchschnitt. Ein Problem sind auch die im Sojaanbau eingesetzten Pestizide, die das Trinkwasser verseuchen. Zudem gibt es weder eine qualitativ gute Gesundheitsversorgung noch haben die Jugendlichen Zugang zu Bildung.


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Ihrer traditionellen Lebensweise beraubt, verdingen sich die Guaraní als Tagelöhner unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf den Zuckerrohrplantagen oder in den Ethanol-Fabriken der Grossgrundbesitzer. Viele der Guaraní werden krank und erleiden infolge fehlender Perspektiven eine Identitätskrise. Alkohol- und Drogenmissbrauch sind weit verbreitet und die Selbstmordrate ist sehr hoch: In den letzten zwölf Jahren haben sich zwei Prozent der Guaraní das Leben genommen, 70 Prozent von ihnen waren Jugendliche.

Ein Kampf um Recht und Leben Die Vertreibung der Guaraní durch Grossgrundbesitzer nahm bereits im Tag für Tag donnern die Lastwagen der Agrarkonzerne an den Guaraní-Familien vorbei. 20. Jahrhundert ihren Anfang. Mit der Das Menschenrecht auf Nahrung Ausbreitung der Sojakulturen und Rindviehwirtschaft in den 1970er-Jahren stand den Guaraní immer weniger Land zur Die Menschrechtsorganisationen Fian (Food First InVerfügung und die Landkonflikte spitzten sich zu. Auf Druck ternational Network) unterstützt die Guaraní seit 2005. Sie der brasilianischen Zivilgesellschaft, insbesondere der indigeklärt die Guaraní über ihre Rechte auf, stärkt ihre organisanen Organisationen und ihren Unterstützungsgruppen, vertorischen Kapazitäten, berät sie juristisch bei der Einfordeankerte die brasilianische Regierung das Recht der indigenen rung ihrer Rechte und sensibilisiert die Öffentlichkeit für deVölker auf ihr angestammtes Land 1988 in der Verfassung. ren Anliegen. Weil die nationalen Rechtsmittel ausgeschöpft Innerhalb von fünf Jahren hätte die Regierung alle Gebiete, sind, planen die Guaraní, unterstützt durch Fian und den die indigenen Völkern zustehen, ausweisen und zur Nutzung Indigenen-Missionsrat der Katholischen Kirche (Cimi), bei an sie zurückgeben müssen. der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (IKM) in Washington das Menschenrecht der indigenen Massive Interventionen der Agrarlobby und der transBevölkerung auf Nahrung einzuklagen. Zudem fordern sie nationalen Konzerne sowie nicht funktionierende staatliSchutzmassnahmen gegen die Gewalt. che Strukturen behindern diesen Prozess aber bis heute. Lokale Eliten betrachten den Anspruch indigener Völker Zu diesem Zweck erfasst Fian Daten zur Ernährungssiauf ihren Lebensraum als Hindernis für die wirtschaftliche tuation und ökonomischen Situation von drei Guaraní-GeEntwicklung. Bereits unter Präsident Lula da Silva gab die meinschaften. Sie sammelt Fallbeispiele und ZeugenaussaRegierung indigenes Land nur unter grossem politischem gen zu den Umwelt- und Sozialkonflikten und dokumentiert und gesellschaftlichem Druck zurück. Unter Präsidenso die Folgen und Menschenrechtsverletzungen, welche die tin Dilma Rousseff ist dieser Prozess ganz zum Stillstand Guaraní-Gemeinschaften durch den fehlenden Zugang zu gekommen. ihrem Lebensraum erleiden. Um ihren Rechten Gehör zu verschaffen und den Demarkationsprozess voranzutreiben, besetzen GuaraníGemeinschaften Teile ihrer ehemaligen Territorien. Die Grossgrundbesitzer versuchen die Guaraní mit «Pistoleros», bewaffnete Milizen, einzuschüchtern. Gewalt und Todesdrohungen sind an der Tagesordnung. Zwischen 2003 und 2011 gab es in Mato Grosso do Sul 190 Mordversuche, die meisten im Zusammenhang mit Landkonflikten. 250 Angehörige indigener Gemeinschaften und Mitarbeitende von Menschenrechtsorganisationen wurden ermordet.

Fian und Cimi werden die Öffentlichkeit regelmässig über die laufenden Stellungnahmen der IKM zum Fall Guaraní informieren und so den politischen Druck auf die Regierung erhöhen, den Demarkationsprozess fortzusetzen und der indigenen Bevölkerung ihr Land zurückzugeben. Fian will die Diskriminierung der Guaraní aber auch international bekannt machen und die Stellungnahmen der IKM zum Fall Guaraní bei den UNO-Menschenrechtsinstanzen einbringen: als repräsentatives Beispiel für den Kampf indigener Gemeinschaften um die Durchsetzung des Menschenrechts auf Nahrung und Land.

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KAMBODSCHA

Die Saat der Hoffnung im Land der Flut Hanspeter Bigler*

Das Leben im Herzen Kambodschas ist ein steter Überlebenskampf. Doch die Menschen haben mit der jährlichen Flut und der Hitze zu leben gelernt. Neue Anbautechniken, angepasstes Saatgut und eine bessere Vermarktung helfen den Menschen aus der Armut. Liebevoll spielt Panha mit seinem 3-jährigen Sohn Channa. Der Kleine kämmt die dunklen Haare seines Vaters. Er liebt die Mittagszeit, wenn die sechsköpfige Familie zusammenkommt, um zu essen und sich im Schatten des kleinen Hauses von der Arbeit auf dem Feld am Ufer des Tonle Sap auszuruhen. Heute gehen sie nach dem Mittagessen ausnahmsweise nicht aufs Feld. Denn Mitarbeitende von Sofdec (Society for Development in Cambodia) sind zu Besuch im Dorf. Sofdec, eine HEKS-Partnerorganisation, arbeitet seit drei Jahren mit den Bauernfamilien in Kampong Os.

Bessere Ernten und höheres Einkommen «Bevor HEKS und Sofdec in unser Dorf kamen, waren wir sehr arm», erzählt Chantrea, die Frau von Panha. Die Familie Chhum bebaute 1,5 Hektaren Land und erreichte ein Jahreseinkommen von 600 Franken. Dann nahmen Panha und Chantrea am Schulungsprogramm von Sofdec teil und erweiterten ihre landwirtschaftlichen Kenntnisse. Durch die verbesserten Anbaumethoden steigerten sie die Erträge und konnten schrittweise mehr Land pachten. Heute bebauen sie 4,5 Hektaren und erwirtschaften ein Jahreseinkommen von 1300 Franken. Die Bauernfamilien von Kampong Os und anderen Dörfern der Region Kampong Chhnang haben gelernt, dass der Anbau unterschiedlicher Pflanzenarten gegenüber Monokulturen Vorteile bringt: Indem sie neben Reis auch Chili, Mais, Bohnen, Melonen und Gurken anpflanzen, sind sie weniger abhängig vom Erfolg einer einzigen Kultur. Zudem schont der diversifizierte Anbau den Boden und der Ertrag steigt. «Zwar pflanzten wir schon vorher verschiedene Kulturen an, aber uns fehlte das Wissen, damit sie gut gedeihen», erklärt Chantrea.

© HEKS/Christian Bobst

Leben mit der Flut

Für den dreijährigen Channa ist es ein besonderes Vergnügen, wenn sich die Familie nach dem Mittagessen im Schatten ihres Hauses ausruht.

Ein ressourcenschonender und doch effizienter Anbau ist überlebenswichtig für die Bauern in Kampong Os. Denn von September, wenn die Regenzeit beginnt und die Flut ihre Felder überschwemmt, bis zur ersten Ernte im April muss die Familie von ihren Vorräten leben. Einzig die Fische im Fluss sind in dieser Zeit eine zusätzliche Nahrungsquelle. Während der Flut kann der Wasserspiegel mehrere Meter steigen. Im Notfall müssen sich die Menschen aus


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ihren Häusern, die auf vier Meter hohen Stelzen stehen, mit ihren Booten in Sicherheit bringen. Der Fluss ist Lebenselixier und tödliche Bedrohung zugleich. «Der Fluss ganz nahe bei unserem Haus ist sehr wichtig», sagt Chantrea. «Aber wenn das Wasser immer mehr ansteigt, habe ich Angst, dass die starken Stürme uns treffen und unser Haus zerstören.» Im Dezember, wenn sich die Wassermassen langsam wieder zurückziehen, bestellen Panha und Chantrea die fruchtbaren Felder und beginnen mit der Aussaat.

Ans Klima angepasstes Saatgut «Unser nächstes Einkommen werden wir mit der Chiliund Maisernte erzielen», erklärt Panha. Aber obwohl sie ihr Wissen über landwirtschaftliche Techniken erweitert haben und sich ihr Einkommen mehr als verdoppelt hat, brauchen sie während der Flut alle ihre Reserven auf. «Fürs Sparen reicht es noch nicht», sagt Panha. Dazu müsste die Familie noch mehr Land pachten, um höhere Erträge zu erzielen. «In zwei Jahren», meint Panha, «sollten wir so weit sein.»

© HEKS/Christian Bobst

Weil auch das verwendete Saatgut eine wichtige Rolle bei der Steigerung der Erträge spielt, haben HEKS und Sofdec 2010 das Saatgutzentrum Larec gegründet. Das Zentrum erforscht und züchtet Saatgut für verschiedene Pflanzen wie Reis, Chili, Melonen, Bohnen oder Kürbis und achtet insbesondere darauf, dass das verbesserte Saatgut an die extremen klimatischen Bedingungen der Region angepasst ist und der Flut gut widersteht.

Mit Solarkraft Chili verarbeiten Heute wird anlässlich des Besuchs von Sofdec im Dorf Kampong Os der neue Chili-Trockner in Betrieb genommen. Ein Solarpanel an der Rückseite erwärmt die einströmende Luft, und die Feuchtigkeit der Chilis entweicht über den Kamin. So trocknen die Chilischoten geschützt vor Tieren und Regen. Dies ist sehr wichtig für ihre Qualität, denn die Haupternte der Chilis fällt in die Regenzeit. Wenn die im Freien ausgelegten Chilis verregnet werden, entstehen braune Flecken und die Ernte wird fast unverkäuflich. Für die Bauernfamilien bedeutet ein solcher Ertragsausfall eine existenzielle Bedrohung. Die Bauernfamilien in Kampong Os tauschen sich regelmässig zu Themen des Anbaus, der Verarbeitung und Vermarktung von Chili aus. Wenn sich der Solartrockner bewährt, werden sie weitere Trockner herstellen. Zudem wollen sie ihre Chilis künftig gemeinsam verkaufen. So haben sie gegenüber den Abnehmern eine stärkere Position und erzielen einen besseren Preis.

Ein Leben ohne Armut Die Veränderungen und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft sind in Kampong Os spürbar. «Als meine Frau und

Seit Panha und Chantrea Chhum ihre landwirtschaftlichen Kenntnisse erweitert haben und die Tomaten sorgfältiger trocknen, hat sich ihr Einkommen mehr als verdoppelt.

ich vor fünfzehn Jahren heirateten, waren wir bitterarm und lebten in einer winzigen Strohhütte», erzählt Panha. «Ich setze alles daran, dass meine Kinder das nie erleben müssen. Ich wünsche mir, dass wir eines Tages ganz der Armut entfliehen können und unsere Kinder eine höhere Bildung erlangen und eine gute Arbeit finden werden. So müssen wir uns im Alter keine Sorgen mehr um sie machen.» Panha besteigt mit seinem 7-jährigen Sohn Sobin das Boot. Er trägt einen schweren Sack mit Maissamen, die sie auf ihrem Feld auf der anderen Seite des Flusses säen werden. Es ist die letzte Aussaat der Saison, bald kommt die Flut. Panha wirft den Motor an. Er richtet den Blick nach vorne und fährt los, hinaus auf den Tonle Sap, der noch ruhig und friedlich am Dorf vorbeifliesst.

*Hanspeter Bigler, Leiter des Bereichs Kommunikation bei HEKS, hat im April 2014 die Familie Chhum in Kampong Os besucht.


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PETITION

Kleines Zeichen für fairere Einkäufe Die SBB tritt nicht der Fair Wear Foundation bei. Doch sie will beim Einkauf von Textilien stärker auf Arbeitsbedingungen und sozi-

terstützten Petition von Brot für alle, Fastenopfer und Partner sein rückt einen kleinen Schritt näher. «Künftig können sich auch die Mitglieder der Fair Wear Foundation (FWF) bei Ausschreibungen der SBB für den Einkauf von Betriebskleidungen beteiligen – ohne dass sie der Zertifizierungsstelle und Überprüfungsinitiative BSCI beitreten oder von dieser geprüft werden müssen», erläutert Erica van Doorn, Direktorin der FWF. «Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.»

ale Kriterien achten.

© Brot für alle /Monika Flückiger

Sympathisches Bahnpersonal in fair hergestellter Betriebskleidung: Das Ziel der von 18 000 Personen un-

Die SBB wollen die Beschäftigten bei den Lieferanten ihrer Betriebskleidung nicht ganz im Regen stehen lassen. Das freut Patrick Renz, Direktor Fastenopfer (r.), und Miges Baumann, Leiter Entwicklungspolitik Brot für alle (l.).

BSCI (Business Social Compliance Initiative) wird von Modemarken und Grosseinkäufern von Textilien getragen. Auch die SBB ist Mitglied. Sie verpflichten sich, bei ihren Lieferanten Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen und Löhnen einzufordern. Es erfolgt aber keine unabhängige Kontrolle und Resultate müssen nicht veröffentlicht werden. Die FWF setzt strengere Anforderungen. In die Kontrollverfahren bezieht sie Unternehmen, Belegschaft und Gewerkschaften gleichermassen ein. Für die drei Werke gewährleistet dieser Multistakeholderansatz viel besser als rein unternehmenseigene Massnahmen, dass bei den Lieferanten und ihren Fabriken soziale Standards in der Produktion wirklich eingehalten werden. Ein bisschen wird das Anliegen der Petition doch aufgenommen: Jacqueline Klaiss Brons, Bereichsleiterin Beschaffungswesen SBB, sicherte den Werken zu, dass die Bahn bei den Beschaffungsverfahren Verbesserungen anstrebe. «Best Practice», also bei den Anbietern mit den besten Standards einzukaufen, werde noch stärker einbezogen. Und: Die SBB habe sich vorgenommen, innerhalb von BSCI dafür zu sorgen, dass die Kontrollen und die Qualität der Überprüfungen besser würden. In Bangladesh waren in der Vergangenheit Fabrikgebäude eingestürzt oder abgebrannt, obwohl sie noch kurz zuvor von BSCI zertifiziert worden waren.

Dennoch will die SBB nicht auch noch der FWF beitreten. Das ist eine leise Enttäuschung. Die Post ist der FWF schon 2012 beigetreten und zeigt, dass dies eine umsetzbare Option ist. Die Werke werden sich darum noch stärker für die Berücksichtigung von Sozialstandards in der Beschaffung und effektive Kontrollen einsetzen – bei allen Lieferanten. «Das muss bei der anstehenden Überarbeitung des Bundesgesetzes und der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen ausdrücklich verankert werden. Nur so wird sichergestellt, dass in der öffentlichen Beschaffung neben wirtschaftlichen auch soziale Mindeststandards und ökologische Minimalanforderungen in der Produktion aller beteiligten Firmen berücksichtigt und umgesetzt werden.» Weitere Informationen: www.sehen-und-handeln.ch/petition

Max Havelaar klärt Vorwürfe zum neuen Label Verschiedene Medien äusserten sich in letzter Zeit kritisch zur Fair Trade-Bewegung und der Max Havelaar-Stiftung. Auslöser sind Neuerungen wie die zusätzliche Zertifizierung, die erlaubt, in einer Tafel Schokolade auch nur einzelne Inhaltsstoffe – z.B. den Kakao – mit Fair Trade zu deklarieren. Das ermögliche den Verkauf grösserer Mengen von Fair TradeKakao, begründet die Max HavelaarStiftung. Ziel bleibe immer, «dass die Produzenten dank Fair Trade einen besseren und stabileren Preis erhalten». Diese und andere Antworten sowie Hintergrundinformationen zu gestellten Fragen finden sich auf der Webseite www.maxhavelaar.ch. uw


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J. Safra Sarasin: Investition im Widerspruch zur Firmenwerbung

LAND GRABBING

Mit Schweizer Geld wird Regenwald zerstört Urs Walter

Schweizer Banken und Anlagefonds finanzieren Land Grabbing in Indonesien und weiteren Ländern. Das zeigt eine Untersuchung von Brot für alle. Wo Palmölplantagen entstehen, werden Menschen und

In Indonesien verschwinden Regenwald und Ackerflächen, weil Investoren grosse Flächen übernehmen und Ölpalmen für den Export von Palmöl anpflanzen. Dieses Land Grabbing hat in den letzten Jahren zugenommen und immer mehr Menschen vertrieben. Beteiligt sind auch Schweizer Banken und Finanzinstitute, wie eine neue Studie von Brot für alle zeigt. Untersucht wurden die 17 grössten Schweizer Banken und Anbieter von Anlagefonds. Erfasst wurden Investitionen von 773 Millionen Franken. Sie betreffen 17 Gesellschaften, deren Vorgehen immer wieder von der lokalen Bevölkerung kritisiert wird. Diese Summe ist aber nur der sichtbare Teil des Eisberges. Aus vielen Ländern, wo ebenfalls grossflächig Land an Investoren vergeben wird, sind keine unabhängigen Informationen und Berichte der lokalen Bevölkerung erhältlich.

©Alejo Sabugo – IAR Indonesia

die wenigen überlebenden Orang-Utan vertrieben.

Zwei Ergebnisse der Untersuchung fallen auf: Die Bank J. Safra Sarasin hält Aktien der indonesischen IOI im Wert von 404 Mio. Franken. IOI kontrolliert Bumitama Agri, die in Borneo, der Hauptinsel Indonesiens, riesige Plantagen betreibt. Dort werden immer wieder Regenwälder abgeholzt, Landrechte verletzt und weitere Rechte zum Schutze der Bevölkerung und der Natur umgangen. In der Not helfen die Menschen dort auch den Orang-Utan, damit diese nicht aussterben. Dass sich gerade J. Safra Sarasin bei IOI engagiert, erstaunt Yvan Maillard Ardenti, zuständig für Land Grabbing und Finanzmärkte bei Brot für alle: «Die traditionsreiche einstige Basler Privatbank profiliert sich in der Werbung seit Jahren mit ihrer Ausrichtung auf nachhaltige Anlagen. Diese Vorgabe sollte ebenso für das Engagement bei IOI gelten.»

Vor den Motorsägen flüchten sich viele Orang-Utan auf die letzten stehenden Bäume. Damit sie nicht verhungern, werden sie dann an sichere Orte transportiert.

Die neue Studie von Brot für alle knüpft an eine Untersuchung der Investitionen von staatlichen Entwicklungsbanken von 2012 an: Diese zeigte, dass mit öffentlichen Geldern regelmässig und an vielen Orten Land Grabbing mitfinanziert wurde – und wird. Aber auch privates Geld fliesst in solche Anlagen. Die Vorgaben einer nachhaltigen Unternehmenspolitik scheinen weniger zu gelten als das Geschäft. Brot für alle fordert darum alle Schweizer Banken und Finanzinstitute auf, sich aus der Finanzierung von Land Grabbing mit seinen meist verheerenden Folgen für die lokale Bevölkerung zurückzuziehen.

Credit Suisse setzt auf Vietnam In den Schweizer Anlagefonds der Credit Suisse finden sich nur wenige der umstrittenen Anlagen in Land Grabbing. Doch über ihre Tochterfirma Credit Suisse Hong Kong ist die Grossbank mit über zehn Prozent an der vietnamesischen Hoang Anh Gia Lai beteiligt. Diese investiert vor allem in den Nachbarländern Laos und Kambodscha. In beiden Staaten gelten die Einhaltung der Menschenrechte und der Schutz der Natur wenig oder können leicht umgangen werden. Hoang Anh Gia Lai wurde bei der Weltbank wegen Land Grabbing und Zerstörung der Lebensgrundlagen mehrerer Dörfer angeklagt. Studie www.brotfueralle.ch/studie_profundo Spenden für Recht auf Nahrung: GRAIN 835.8026


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ÖKUMENISCHE KAMPAGNE 15

Tee-Aktion: Teetrinken mit guten Wirkungen

von Partnerschaft und Vertrauen mit den Bäuerinnen und Bauern. Dazu gehört, dass die Preise für die Kräuter je nach Lage des Betriebes festgelegt werden. Bergzone IV erhält 75 Prozent mehr als ein Betrieb der Bergzone I mit flachen Feldern: Fair Trade im Schweizer Berggebiet! «Der Geschmack der Kräuter aus höheren Lagen ist intensiver», ergänzt Lüdi.

Urs Walter «Der Besuch bei der Bauernfamilie Wäfler und im Verarbeitungsbetrieb der Swiss Alp Herbs im Simmental hat mich

Zum zweiten Mal gehört Tee zu den Aktionen der

überzeugt. Der Alpenkräutertee mit

Ökumenischen Kampagne. Bio und faire Produktion

Rosenmelisse ist ein Aktionsprodukt, das

in der Schweiz sowie dank der Spenden zusätzliche Angebot aus. Agnes Wäfler zupft zart und doch behände die leuchtend roten Blütenblätter ihrer Goldmelissen. Ein ganzes Feld hat die Bäuerin aus Aeschi bei Spiez beim Bauernhof ihrer fünfköpfigen Familie bepflanzt. Den ganzen Sommer über ist Erntezeit. «Für den Alpenkräutertee verwenden wir aber die Blätter, aus den Blüten gibt es Sirup», erläutert die Bäuerin, «das schmeckt im Tee etwas herber». Für Wäflers ist der Tee- und Kräuteranbau wichtig. «Gerade im nassen Sommer 2014 waren wir um diesen Verdienst froh. Die nötigen Sonnenstunden und genügend trockene Luft fanden sich nämlich trotz allem, um die Kräuter zu trocknen», blickt sie zurück.

zeigt, wie faire Herstellung und lokales © Brot für alle / Christoph Wider

Hoffnung für Menschen im Süden zeichnen das

ganz aus der Schweiz stammt und so Einkaufen funktionieren kann. Ich werde den Tee gleich bestellen. Mit den kleinen, herzig verpackten Teebeuteln haben wir ein geeignetes Mitbringsel, wenn wir Jubilarinnen und Jubilare besuchen oder Gratulationen überbringen.»

Prisca Föhn, Evang. ref. Kirchgemeinde Brunnen-Schwyz

Noch mehr Geschmack bringt die grosszügige Produktion bei der SAH: Garantiert sind pro Beutel ein Gramm Kräuter. «Aber wir sind lieber grosszügig und geben etwas mehr hinein», sagt Marianne Gafner. So wird aus einem Papiersack mit 13,5 Kilogramm Rosenmelisse, Goldmelisse und Kornblumen eine Palette Alpenkräutertee. Im Halbsekundentakt spuckt die automatische Maschine auf zwei Seiten verschweisste Teebeutel aus. Sie stammt aus Japan, denn auch im Berner Oberland schreibt die Globalisierung ihre Geschichten. «Alles andere ist jedoch schweizerisch, bis hin zur Bio Knospe von Bio Suisse», fügt Lüdi an. Und die meisten der Beschäftigten stammen aus Därstetten und Umgebung.

Hoffnung für viele

© Brot für alle / Christoph Wider

Nachhaltiger, sorgfältiger Bioanbau, schonende Verarbeitung und eine schön gestaltete Box zeichnen den Tee der Ökumenischen Kampagne aus. Zur fairen Herstellung gehört auch, dass die Beutel in der Thuner Sozialfirma TRANSfair in die Tetraeder eingepackt werden.

Alice Wäfler erntet sorgfältig Goldmelissenblüten.

Der Tee ist bio und fair hergestellt Ebenso zufrieden äussert sich Martin Lüdi, Leiter der Swiss Alpine Herbs (SAH) in Därstetten im Simmental über die bereits über zwanzig Jahre dauernde Geschichte

Je mehr Teebeutel den Weg in die Tassen finden, desto mehr Spenden stehen den Werken zur Verfügung. Genuss stärkt so die Arbeit von Fastenopfer, Brot für alle und Partner sein und bedeutet neue Hoffnung für die Menschen in den Projekten unserer Partnerorganisationen. Aus einer zarten, wohlriechenden Kräuterpflanze wächst so Entwicklung und Verbesserung – eine richtig österliche Geschichte, die sich in der kleinen Teebox verbirgt. Bestellen: Karin Fritz (fritz@bfa-ppp.ch)


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KLIMAPETITION

Viele Unterschriften sammeln ist wichtig Seit September 2014 werden Unterschriften für die Klimapetition gesammelt. Ein Schlussspurt während der Ökumenischen Kampagne 2015 ist wichtig,

Bitte neues Logo verwenden Brot für alle hat das Logo leicht überarbeitet und ein etwas kräftigeres Grün gewählt. Bitte benutzen Sie auf Ihren Ankündigungen und Unterlagen nur noch das neue Logo: www.brotfueralle.ch/logo. Vielen Dank.

damit sich die Schweizer Klimapolitik in die richtige Richtung bewegt. Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung gehören zu den grundlegenden Zielen der Kirche. Weil die negativen Folgen der Klimaerwärmung besonders die Leute in den schon heute benachteiligten Regionen und die Ärmsten trifft und das Recht auf Nahrung von Millionen von Menschen bedroht, unterstützt Brot für alle die Klimapetition. Im Dezember 2015 werden an der Klimakonferenz der UNO in Paris Weichen für die künftige internationale Klimapolitik gestellt. Doch bereits jetzt wird entschieden, welche Position die Schweiz einnimmt. Darum startete die von Brot für alle und über 50 Organisationen getragene Petition der Klimaallianz für eine verantwortungsvolle Klimapolitik bereits im September 2014. Bis Ende März 2015 sollen mindestens 100 000 Unterschriften gesammelt sein. Direkt spricht die Petition Bundesrätin Doris Leuthard an: Als Schweizer Klimaministerin soll sie zur «St. Doris» werden, zur Schutzpatronin für mehr Gerechtigkeit im Kampf gegen den Klimawandel. Sie und alle Schweizer Politikerinnen und Politiker müssen sich nachdrücklich für wirksame Ziele zur Reduktion der Klimabelastung einsetzen. Die Schweiz soll auch eine gerechte Finanzierung der Anpassung in den ärmsten Ländern fordern. Als reiches Land muss sie dafür bedeutende Beträge aufbringen, ohne das Entwicklungshilfebudget zu vermindern. Es braucht nach wie vor auch genügend Geld, um die Arbeit gegen Armut und Hunger weiterzuführen. Die Ökumenische Kampagne 2015 hat eine wirksame und gerechte Klimapolitik und Klimagerechtigkeit als Ziel. Nur genügend Druck der Zivilgesellschaft bewirkt, dass die Verhandlungsdelegation der Schweiz an der Pariser Konferenz für wirklich griffige Massnahmen eintritt. Darum bleibt die Unterschriftensammlung bis zum Ende der Ökumenischen Kampagne 2015 wichtig. Zugleich bitten wir, die Bögen mit Unterschriften fortlaufend zurückzusenden. uw

BROSCHÜRE Die Menschen, die Menschen bewegen «Engagement ist eine Lebenseinstellung» – unter diesem Titel skizziert Brot für alle in einem Büchlein die Ausrichtung der Entwicklungsorganisation der reformierten Kirchen der Schweiz. Hinter unserer Arbeit stecken immer Menschen: Abass Kamara setzt sich in Sierra Leone für die Rechte der Landbevölkerung ein, deren Boden über ihre Köpfe hinweg an ausländische Konzerne geht, Shatil Ara gibt ausgebeuteten Arbeiterinnen in den Textilfabriken Bangladeshs eine Stimme. Und in der Schweiz tragen viele Freiwillige das Werk mit. Ihnen gibt die Broschüre einen Einblick in das Engagement von Brot für alle. uw Bezug: Karin Fritz, 031 380 65 85, fritz@bfa-ppp.ch

Martin Köchli und Jules Rampini als weitere Referenten Mit Martin Köchli (Biobauer, Anbau- und Ernährungsfragen im lokalen und globalen Kontext) und Jules Rampini (Landwirt und Theologe, Agrikultur statt Agroindustrie, Landwirtschaft und Schöpfungstheologie) können zwei weitere ausgewiesene Referenten für Anlässe oder Gottesdienste während der Ökumenischen Kampagne 2015 eingeladen werden. uw Alle verfügbaren Personen mit Telefon oder Mailadresse und Einsatzmöglichkeiten: www.sehen-und-handeln.ch/de/materialienangebote/fachpersonen-extern/index.html Anfragen für Einsätze bitte direkt an die Fachpersonen. Auskünfte: Siegfried Arends, 031 380 65 61, arends@bfa-ppp.ch


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«Entwicklung ermöglichen»

Unfaire Handelspraktiken, Klimawandel sowie fehlendes Wissen führen zu Hunger und Armut. Mit neuen landwirtschaftlichen Techniken und Zugang zu angepasstem Saatgut ebnet HEKS Kleinbauernfamilien den Weg zu einem selbstständigen Leben in Würde.

Christine Spirig

Honduras

SAMMELKAMPAGNE 2014

Im Fokus der HEKS-Sammelkampagne steht die Entwicklung ländlicher Gemeinschaften. HEKS unterstützt Kleinbäuerinnen nicht nur in Kambodscha, dem diesjährigen Schaufensterland (siehe Seiten 8 und 9), sondern auch in vielen anderen Ländern.

In vielen Regionen Honduras’ leben die Kleinbäuerinnen vom Mais-, Bohnen- und Hirseanbau. Was sie nicht für die Selbstversorgung brauchen, verkaufen sie auf dem lokalen Markt. Schon immer verwendeten sie für das Aussäen einheimisches Saatgut. Seit den 1970er-Jahren jedoch versuchen Saatgutfirmen, ihnen industriell hergestelltes oder genetisch verändertes Saatgut zu verkaufen. Um ihre Ernährungssouveränität zu bewahren, verbessern die Einheimischen mittels einfacher Techniken die Qualität ihres eigenen Saatguts. Und dank Saatgutbanken können sie auch nach einer Missernte wieder aussäen.

Armenien

© HEKS/Marius Born

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist der Obstanbau in Armenien trotz der idealen klimatischen Bedingungen stark zurückgegangen. Dank modernen landwirtschaftlichen Techniken und hochwertigem Saatgut konnte die ländliche Bevölkerung in der Region Geharkunik ihre Ernte wieder steigern. Zudem schuf sie durch die Aufnahme von Handelsbeziehungen zwischen Obstbauernvereinigungen, Obstverarbeitungsindustrie und Supermärkten neue und faire Verkaufsmöglichkeiten.

Dank Saatgutbanken können Kleinbäuerinnen auch nach einer Missernte wieder aussäen. Im Bild: Bäuerin Rabeya (rechts) mit Angehörigen in der Saatgutbank von UBINIG in Tangail, Bangladesh.

Philippinen Die Menschen in der Region Lake Sebu waren einst Jäger und Sammler. Deshalb fehlen vielen von ihnen die nötigen landwirtschaftlichen Kenntnisse, um sich selbst zu versorgen.

Film-Tipp: «Saat der Hoffnung im Land der Flut» Schauplatz des eindrücklichen Dokumentarfilms von Barbara Miller über die Projektarbeit von HEKS in Kambodscha ist das Dorf Kampong Os. Chantrea Chhum und ihr Mann Panha erzählen aus ihrem Leben und darüber, welche Entwicklung die HEKSPartnerorganisation in ihrem Dorf in Gang gesetzt hat. Zeigen Sie den Film in Ihrer Kirchgemeinde oder im Religionsunterricht.

Die DVD und weiteres Kampagnenmaterial können Sie auf www.heks.ch/sammelkampagne oder per E-Mail an projektdienst@heks.ch bestellen. DVD: Film (50 Minuten), Kurzfilme sowie TV-Spot


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OSTEUROPATAG

25 Jahre Engagement

© HEKS/Christian Bobst

HEKS gehörte zu den ersten Organisationen, die nach der politischen Wende 1989 in Osteuropa Hilfe leisteten. HEKS verteilte Hilfsgüter, finanzierte die Renovation kirchlicher Gebäude, unterstützte den Aufbau diakonischer Einrichtungen sowie Bauern und Gewerbetreibende beim Aufbau ihrer Betriebe.

Zugang zu qualitativ hochwertigem Saatgut ist für die Entwicklung ländlicher

25 Jahre nach der Wende zieht HEKS am Osteuropatag Bilanz und fragt, was im letzten Vierteljahrhundert in Osteuropa und auf dem Balkan erreicht wurde. Das Hilfswerk zeigt aber auch auf, wo künftig die Schwerpunkte seiner Projektarbeit liegen.

Gemeinschaften zentral.

In dieser Region wächst eine spezielle Hochlandbanane, Balangon. Die Familien erhalten Setzlinge, die sie in Form von Bananen zurückzahlen. Die Bananen, die vor allem in Japan sehr beliebt sind, exportieren und verkaufen sie nach fairen Handelskriterien. Der Erlös wird in den Aufbau von Kleinbetrieben investiert, etwa in eine Bäckerei für Brot aus Bananenmehl.

Senegal Niayes war einst eine fruchtbare Region für den Gemüseanbau. Heute haben die Menschen immer häufiger mit Trockenperioden zu kämpfen, der Grundwasserspiegel sinkt und die Böden drohen zu versalzen. Auch die Abhängigkeit von Zwischenhändlern, welche die Preise nach eigenem Ermessen bestimmen, bedroht die Existenz vieler Bauernfamilien. Auf Experimentierfeldern bauen sie neue Gemüsesorten an. Dabei sprechen sie sich untereinander ab, um den Markt mit unterschiedlichen Sorten zu bedienen.

Am Morgen erzählt Béla Kató, Bischof der Reformierten Kirche in Siebenbürgen, Geschichten über die Wende und wie er landwirtschaftliche und soziale Projekte aufbaute. Peter Merz, Bereichsleiter Ausland, und Bernhard Kerschbaum, Abteilungsleiter Europa/Asien, referieren über die HEKS-Projektarbeit in Osteuropa. In den Workshops am Nachmittag berichten Gäste aus Osteuropa, wo die HEKSPartner in Rumänien, Ungarn, Albanien, Moldau und der Ukraine heute stehen und welche ihre Herausforderungen sind. Zudem liest der frühere Generalsekretär von HEKS, Franz Schüle, aus seinem Buch «Hinterfragen und Handeln» und gibt berührende Einblicke in die Schicksale von Menschen, die HEKS während vielen Jahren unterstützte.

Mehr Informationen zur Kampagne sowie umfangreiches kostenloses Kampagnenmaterial für Kirchgemeinden und Pfarrpersonen finden Sie auf www.heks.ch/sammelkampagne. Spenden: PC-Konto 80-1115-1 (Vermerk «HEKS-Sammlung») oder online

© HEKS/Urs Kaiser

Helfen auch Sie mit, Entwicklung zu ermöglichen, und unterstützen Sie HEKS mit einer Aktion in Ihrer Kirchgemeinde oder im Religionsunterricht.

Kartoffelsaat in Cernat, Rumänien. Nach der Wende unterstützte HEKS Bauern beim Aufbau ihrer Betriebe.

Der Liedermacher Jan Repka rundet das Programm mit Mani Matter-Liedern auf Tschechisch ab. os Samstag, 24. Januar 2015, 9.15 bis 15.30 Uhr, Kirchgemeindehaus Schwamendingen, Zürich Programm und Online-Anmeldung: www.heks.ch/osteuropatag Anmeldeschluss: 9. Januar 2015


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HILFE SCHENKEN

Schenken Sie Roma-Kindern Zukunftsperspektiven Olivier Schmid

Wie jedes Jahr hält HEKS mit der Aktion «Hilfe schenken» viele sinnvolle Weihnachtsgeschenke parat. Mit einem «Mittagstisch» schenken Sie Roma-Kindern nicht nur ein nahrhaftes Mittagessen, sondern fördern auch ihre schulische Integration.

jährlich 800 Roma-Kinder vom Stützunterricht der 20 «After School»Klassen in den Bezirken Bihor, Cluj und Mures. Der Stützunterricht erleichtert den Kindern den Übertritt in die nächste Klasse.

Im Leben vorwärtskommen

Schenkungsurkunde für einen

Mittagstisch

Im Namen von erhalten Kinder aus armen Roma-Familien in Osteuropa täglich ein warmes Mittagessen und Hilfe bei den Hausaufgaben. Dies eröffnet ihnen bessere Perspektiven für ihre berufliche Zukunft.

Der zwölfjährige Robert ist einer von ihnen. Seit sein Vater 2011 an Tuberkulose starb, lebt die Familie von der Fürsorge. Durch die Holzlatten ihrer Behausung pfeift der Wind. Der Fussboden besteht aus festgestampfter Erde. Eine Glühbirne ist die einzige Lichtquelle. Strom stellt ihnen der Nachbar zur Verfügung. Seit der Brunnen in der Siedlung versiegt ist, müssen sie das Trinkwasser einen Kilometer weit herschleppen. www.hilfe-schenken.ch

Roberts Mutter ist sehr dankbar, dass ihr Sohn Unterstützung bei den Hausaufgaben erhält und die Chance hat, zu lernen und im Leben vorwärtszukommen. Sie freut sich sehr über die Fortschritte ihres Sohnes. Seit der Drittklässler gemeinsam mit 24 anderen Kindern den Stützunterricht besucht, haben sich seine Leistungen verbessert. Er arbeite fleissig und aufmerksam mit, berichtet seine Lehrerin. Er sei auch umgänglicher geworden und erscheine regelmässig und pünktlich zum Unterricht.

Eine neue Welt © HEKS/FAER

Auch die ganz kleinen Roma-Kinder erhalten Unterstützung. Da viele von ihnen keine reguläre Vorschule besuchen, erleichtern ihnen SommerKindergärten die Einschulung. Fabian eröffnete sich im Sommer-KinMit vollem Magen lernt es sich besser: Die Roma-Kinder erhalten nicht nur Aufgabenhilfe, sondern auch ein warmes Mittagessen. dergarten eine neue Welt: Zusammen mit seinen 23 Kameradinnen und Kameraden sang er Lieder, lernte Kinderreime und machte ein Roma-Kinder haben nicht die gleichen Ausbildungserstes Mal Bekanntschaft mit Buchstaben und Zahlen. Er chancen wie andere Kinder. Sie wachsen häufig in grosser lernte aber auch, sich täglich die Hände zu waschen und die Armut auf. Denn die Arbeitslosigkeit unter den Roma ist Zähne zu putzen. Das Beste aber war, dass es regelmässig hoch. Sie werden diskriminiert und haben oft nur eingeein warmes Mittagessen gab. schränkt Zugang zu öffentlichen Institutionen und Dienstleistungen wie Bildung und medizinische Versorgung. Um die soziale und wirtschaftliche Integration der RoDas gesamte «Hilfe schenken»-Sortiment finden Sie unter www.hilfe-schenken.ch. Ihr Geld geht je nach Geschenk in einen ma-Bevölkerung und anderer benachteiligter Bevölkerungsvon sieben Fonds mit fest definiertem Verwendungszweck. Sie gruppen in Osteuropa und im Westbalkan zu fördern, hat selbst erhalten eine stilvolle Geschenkurkunde, die Sie Ihrem HEKS zusammen mit seinen Partnerorganisationen schuliLiebsten unter den Weihnachtsbaum legen können. sche Förderprogramme für Roma-Kinder ins Leben gerufen. In Rumänien, wo etwa eine Million Roma leben, profitieren


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HUMANITÄRE HILFE

Überlebenshilfe für Flüchtlingsfamilien im Libanon und Nordirak Olivier Schmid und Bettina Filacanavo

Millionen von Menschen suchen im Libanon Schutz vor dem Krieg in Syrien. Und Tausende fliehen aus den umkämpften Gebieten im Irak. HEKS und seine Partnerorganisationen leisten Soforthilfe im Libanon und Nordirak, um die grosse Not zu lindern. Der Bürgerkrieg in Syrien hält seit drei Jahren an. Bereits sind 3,2 Millionen Menschen aus Syrien geflüchtet, davon 1,15 Millionen in den Libanon. Das Flüchtlingslager in Shatila ist von 16 000 auf 24 000 Menschen angewachsen und platzt aus allen Nähten. Die syrischen und palästinensischen Flüchtlinge aus Syrien lassen sich in Garagen ohne Fenster, halb fertiggestellten Gebäuden oder Schiffscontainern nieder.

Prekäre Lebensbedingungen in Shatila

Flüchtlingsfamilien Debitkarten verteilt, die sie während eines halben Jahres monatlich mit 100 US-Dollar auflädt. 292 bedürftige Gastfamilien in Shatila, die Flüchtlinge bei sich aufgenommen haben, erhalten im gleichen Zeitraum 50 US-Dollar pro Monat.

Hilfe für Flüchtlinge im Nordirak Auch im Irak sind Tausende von Menschen auf der Flucht. Besonders bedroht sind religiöse Minderheiten wie Christen oder Jesiden, die wegen ihres Glaubens von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) verfolgt werden. Viele von ihnen versuchen, in die noch weniger umkämpfte nordirakische Provinz Sulaymaniyah zu gelangen. Dort aber fehlt es ihnen am Allernötigsten zum Überleben. Darum leistet HEKS gemeinsam mit der Act-Alliance-Schwesterorganisation «Christian Aid» aus Grossbritannien und der lokalen Partnerorganisation «REACH» (Rehabilitation, Education and Communities’ Health) Soforthilfe für rund 15 000 Kriegsflüchtlinge und unterstützt sie mit 250 000 Franken. Vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen sowie Verletzte und Kranke werden in den kommenden sechs Monaten mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Verbandsmaterial, Wolldecken und mobilen Heizöfen versorgt. Spenden bitte auf das PC-Konto 80-1115-1 mit dem Vermerk «Syrien» oder «Nordirak»

Die Wohnungsmiete beträgt 200 US-Dollar. Zusätzlich fallen 50 USDollar für Elektrizität und Wasser an. Manchmal findet Nader Arbeit als Tagelöhner. Dann verdient er 35 USDollar pro Tag. Er sammelt auch Elektroschrott und verkauft die Kupferteile für 5 US-Dollar pro Kilogramm.

© HEKS/Pascal Mora

Auch Nader lebte mit seiner Frau und den drei sieben- bis elfjährigen Kindern nach der Ankunft monatelang in einem Zelt, bis sie eine dunkle und feuchte Zweizimmerwohnung in Shatila fanden. Die Wände im Schlafraum sind von Schimmelpilz befallen. Naders Frau hat Teppiche aufgehängt, damit sich kein Wasser auf dem Fussboden sammelt. Aus dem hinteren Raum, wo sich die Toilette befindet, dringt ein beissender Geruch.

Schulmädchen auf dem Heimweg durch das Flüchtlingslager Shatila

Diese Einkünfte reichen aber nicht, um die täglichen Lebensmittelkosten von rund 18 US-Dollar zu decken. Darum erhält Naders Familie von HEKS finanzielle Unterstützung. Die Partnerorganisation Najdeh hat an 1102


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AKTUELL

Als Techniker im Regenwald Katrin Pilling

Martin Witmer ist Theologe und Elektroingenieur. Seit Oktober ist er technischer Leiter und Berufsbildner im Spital Manyemen in Kamerun.

che Berufe spezialisierte und zuletzt bei der SBB arbeitete, ist die Stelle als ökumenischer Mitarbeiter wie massgeschneidert, denn: «Hier kommt wie in einem Brennpunkt noch mal alles zusammen, was ich je in meinem Leben gelernt und gemacht habe». Vor seinem Studium in Elektrotechnik studierte er katholische Theologie und arbeitete unter anderem in der Pfarreiseelsorge. Bei seinem ersten Besuch bei der Partnerkirche von Mission 21, die das Spital betreibt, sei die Leitung erstaunt gewesen, dass der Techniker auch «Pastor» ist. Das habe viele Türen geöffnet, so Witmer.

© Mission 21/Anna Wegelin

Weitere Informationen unter www.mission-21.org/manyemen

Martin Witmer ist neuer ökumenischer Mitarbeiter im Spital Manyemen, Kamerun.

Das Spital Manyemen in Kamerun stellt in einem grossen ländlichen Einzugsgebiet die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicher. Martin Witmer folgt auf Benjamin von Gunten, der in seinem dreijährigen Einsatz vor allem die grosse Spitalanlage technisch instand gesetzt hat. Witmers Aufgabe ist es nun, neben der Instandhaltung eine systematische Aus- und Weiterbildung für das technische Personal aufzubauen. Das siebenköpfige Team vor Ort soll künftig selbstständig einen stabilen Spitalbetrieb sicherstellen und Nachwuchs-Fachkräfte ausbilden können. Besonders in der Medizintechnik mangelt es in Kamerun an Fachpersonal und Ausbildungsmöglichkeiten.

Wie massgeschneidert Für den 61-jährigen Basler Martin Witmer, der sich auf die Berufsausbildung für technische und handwerkli-

Neue Kurzeinsätze für Menschen ab 18 Jahren

© Mission 21/Daniel Bünter

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Während eines Begegnungscamps in Akropong, Ghana

der Schweiz. Reisekosten, Kost und Logis im Gastland, Versicherungen sowie ein Solidaritätsbeitrag an die Vorbereitungs- und Betreuungskosten gehen zu Lasten der Teilnehmenden. Der Betrag hängt vom Einsatzort ab. Weitere Informationen ab Frühjahr 2015: www.mission-21.org/kurzeinsaetze

Barbara Moser

Ab 2015 gibt es ein neues Austauschprogramm für junge Menschen ab 18 Jahren. Es ergänzt das beliebte Professional Exposure

Weltweite Kirche im Blick haben Michael Schlickenrieder

Programm (PEP!) für Berufstätige

Menschen die weltweite Kirche

zwischen 22 und 30 Jahren.

näherbringen – das will Missi-

Geplant sind Einsatzorte in Hongkong und Kamerun, wo die Teilnehmenden für drei bis vier Monate in einem Projekt von Mission 21 mitarbeiten. Junge Erwachsene erhalten spannende Einblicke in soziale, kulturelle und religiöse Gegebenheiten im Gastland und übernehmen kleinere Aufgaben in Projekten der Partnerkirchen von Mission 21. Der Einsatz wird begleitet von einem Vorbereitungswochenende und einem Nachtreffen. Voraussetzung für eine Teilnahme sind ausreichende Sprachkenntnisse in Englisch, eine grosse Offenheit für einen neuen – auch kirchlichen – Kontext und Wohnsitz in

on 21 mit der neuen Veranstaltungsreihe «Horizonte weiten». Viele Verantwortliche in Gemeinden würden sich fragen, wie sie das Thema der weltweiten Kirche unter die Menschen bringen können, sagt Detlef Lienau, Studienleiter bei Mission 21. Dabei möchte Mission 21 helfen: Die Veranstaltungsreihe «Horizonte weiten» richtet sich primär an Aktive in den Gemeinden. Ihnen sollen Ideen für ihre Arbeit mitgegeben werden, damit das Thema neuen Schwung erhält. «Denn damit die globale Solidarität gelebt werden kann, müssen wir sie in die lokalen Gemeinden tragen», so Lienau.


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Hauptredner des ersten Anlasses im September 2014 war Frank Lorenz, Co-Leiter und Geschäftsführer der Offenen Kirche Elisabethen in Basel. Der Pfarrer und Publizist referierte zu «Lust auf fromm: Spiritualität im Alltag». Er schilderte, woraus Menschen Kraft schöpfen können, um sich für den Zusammenhalt der Christinnen und Christen weltweit zu engagieren.

Buchtipp: «positiv leben!» Ein neues Buch erzählt Mut machende und bewegende Geschichten von HIV-positiven Menschen in Tansania. Claudia Zeising, ökumenische Mitarbeiterin von

Ein «Feuerwerk an Ideen» Marlies Flury, Präsidentin der OeME-Kommission der reformierten Landeskirche des Kantons Aargau, war zufrieden: «Die ganze Veranstaltung gab mir die erhofften Inputs für meine Tätigkeit. Das Referat von Lorenz war gar ein regelrechtes Feuerwerk an Ideen zum Thema Reformiertsein», erzählt sie. Der von ihr gewählte Workshop «Reizwort Mission» habe gezeigt, dass Mission in der Schweiz bedeutend negativer wahrgenommen werde als in den Partnerkirchen von Mission 21.

© Mission 21/Katrin Pilling

Am nächsten Anlass im September 2015 zum 200-Jahr-Jubiläum der Basler Mission wird Esther Schläpfer die Hauptrednerin sein. Sie ist die jüngste Pfarrerin, die das Berner Münster je hatte. Lienau sieht darin ein Zeichen der Innovation und Zukunftsorientierung: «Das passt zu unserem Jubiläumsmotto ‹Unverschämt viel Hoffnung›», meint er schmunzelnd.

Veranstaltungen von Mission 21 fördern den Austausch.

Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe «Horizonte weiten»: christa.nadler@mission-21.org, 061 260 22 67

Mission 21, hat das Buchprojekt lanciert. Die Pfarrerin Melania Mrema Kyando erfuhr nach dem Tod ihres Mannes, dass er an Aids gestorben war. Und dass auch sie das HI-Virus in sich trug. Nach einigen Jahren fand sie den Mut, offen über ihre Krankheit zu sprechen, zunächst in den Kirchgemeinden, dann auch darüber hinaus. Geschätzt sind bis zu 20 Prozent der Menschen in Tansania HIV-positiv, doch aus Angst vor Ausgrenzung wollen viele sich nicht testen lassen. Dabei ermöglichen Medikamente ein relativ normales Leben. Melania gründete eine Selbsthilfegruppe, der inzwischen 40 Mitglieder angehören. Sie heisst «Lusubilo», Hoffnung.

Die Hoffnung auf ein normales Leben Claudia Zeising, ökumenische Mitarbeiterin von Mission 21 in Tansania, war von Melanias «Mut und Kraft» begeistert und unterstützte sie in ihrer Arbeit. Auch die Menschen der Selbsthilfegruppe und deren Geschichten berührten sie. Das Stigma, das mit «HIV-positiv» verbunden ist, kann überwunden werden, ist sie überzeugt. Die Menschen können auch im wörtlichen Sinne ein «positives» Leben führen. So wuchs die Idee, ein Buch herauszugeben. Kein Sachbuch über HIV/Aids, sondern ein Band mit Porträts in Bild und Text von aussergewöhnlichen Menschen. Zwölf Mitglieder der Gruppe, darunter ein Kind, sowie die Gründerin und Leiterin Melania Mrema Kyando erzählen darin ihre Geschichte.

Trotz viel erlittenem Leid, vielen Todesfällen in der Familie, Verstossung durch die Eltern, trotz eines harten Lebens, in dem die Menschen mit körperlicher Arbeit den sehr bescheidenen Unterhalt verdienen müssen, äussern sie Dankbarkeit: Dafür, dass sie leben dürfen, dass sie die Gruppe gefunden haben. «Dass Gott mir geholfen hat, mich zu öffnen», schreibt Mary Mahenge. Fotos von Regina Mariola-Sagan unterstreichen den Buchtitel: «positiv leben!» ‒ Komme, was wolle. da

© Mission 21

contigo

«positiv leben!» – «The joy of being alive» ist in Deutsch, Englisch und Suaheli erschienen. Neben den Porträts beinhaltet das Buch Texte über die heutige HIV/Aids-Situation, Interviews mit der Leiterin der Waisenkinderarbeit der Herrnhuter der Südprovinz und mit der Ärztin, die die Lusubilo-Gruppe betreut. Preis: Fr. 25.- (davon Fr. 7.- für die Selbsthilfegruppe). Bestellen: christine.lehni@mission-21.org, 061 260 22 36 Kurzfilm: www.mission-21.org/positiv-leben

Jubiläumsblog

Ab sofort ist der Blog www.baslermission-200.org rund um das Jubiläum der Basler Mission online. Unter den Rubriken «erleben» – «hoffen» – «sehen» – «unterstützen» finden sich viele Geschichten, Fotos, Videos und Veranstaltungen. Der Blog ist ein gemeinsames Projekt mit der «Basler Mission Deutscher Zweig» (BMDZ). Diese wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Die Basler Mission war von Anfang an ein grenzübergreifendes Missionswerk, viele Missionare kamen aus Süddeutschland. Der Blog ist auf Deutsch und Englisch abrufbar. da


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auf der Suche nach Obdach, Essen, Kleidung oder Geld für einen Transport an einen sicheren Ort», sagt Susan Mark.

PARTNERKIRCHE

Mission 21 leistet Soforthilfe für die Menschen in Nigeria: Bis Ende 2015 sollen der EYN 150 000 Franken für die Versorgung der Flüchtlinge und 100 000 Franken für Witwen und Waisen zur Verfügung gestellt werden. Die Frauen und Kinder erhalten nicht nur Hilfsgüter, sondern auch Stipendien für Schulbesuche oder Berufsausbildungen.

Projektarbeit in Nigeria im Schatten von Boko Haram Katrin Pilling

Über 650 000 Flüchtlinge, mindestens 5000 Tote, so die bisherigen Auswirkungen des Terrors der islamistischen Gruppe Boko Haram in Nordost-Nigeria. Mission 21 leistet mit ihrer nigerianischen Partnerkirche Soforthilfe.

«Es haben bereits 100 Witwen und 300 Waisenkinder von diesem Förderprogramm profitiert», erklärt Wakuma Mshelbwala Dawi. Das Ziel sei, so der Finanzverantwortliche der EYN, dass sie sich eine Zukunft ohne ihre Ehemänner und Väter aufbauen können. Parallel zur Flüchtlingshilfe laufe – wo immer es die Sicherheitslage zulasse – auch die reguläre Projektarbeit der EYN weiter. Manchmal müsse man Büros, theologische Ausbildungsstätten oder Trainingszentren evakuieren. Boko Haram hat viele Kirchen, aber auch Kliniken der EYN zerstört, doch vom «Aufhören» spricht Dawi nie, höchstens von «Unterbrechungen».

© Kirche der Geschwister, Nigeria

Armut fördert Extremismus

Mitglieder der nigerianischen Partnerkirche von Mission 21 stellen Hilfsgüter für Flüchtlinge aus dem Dorf Gwoza bereit.

Der am stärksten von der Gewalt betroffene Bundesstaat Borno ist zugleich die Heimat der «Kirche der Geschwister» (EYN), Partnerkirche von Mission 21. In dieser armen, ländlich geprägten Region bietet die Friedenskirche über Religionsgrenzen hinweg Hilfe: Sie fördert nachhaltige Landwirtschaft und Umweltschutz gegen die sich ausbreitende Wüste, betreibt Kliniken und klärt über HIV/Aids auf. Doch gerade hier wütet Boko Haram am schlimmsten. «Wohin gehst du, wenn dein Haus zerstört ist, deine Familie getötet wurde und du nichts mehr hast als dein Leben?», fragt Susan Mark, Leiterin der Frauenarbeit der EYN. «Ganz einfach: Zur Kirche, das ist bei uns so. Wohin sonst?»

Flüchtlingsströme zu den Kirchen Die noch intakten EYN-Kirchen sind mit riesigen Flüchtlingsströmen konfrontiert: Allein in der Stadt Maiduguri haben mehr als tausend Menschen bei der EYN Schutz gesucht, unter ihnen unzählige Witwen und Waisen. «Sie kommen

Wichtiger denn je ist das interreligiöse Friedensprogramm der EYN. «Zurzeit lancieren wir neue Aktivitäten», erklärt Dawi. «Wir gründen christlich-muslimische Jugendclubs an Sekundarschulen», so der langjährige EYN-Mitarbeiter. «Wir bieten Trauma-Arbeit für Gewaltopfer an und führen Workshops mit Imamen und Pfarrern durch. Das Ziel ist, dass wieder Vertrauen zwischen Christen und Muslimen wachsen kann.» Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch «Lifeline Compassion Global Initiatives» (LCGI), eine aus der EYN hervorgegangene, von Mission 21 unterstützte Nichtregierungsorganisation in Jos. «Armut und Perspektivlosigkeit machen unsere Jugendlichen anfällig für religiösen Extremismus», erklärt LCGI-Leiter Markus Gamache. «Deshalb erhalten Christen und Muslime bei LCGI Berufsausbildungen sowie Mikrokredite für den Aufbau eines Tischlerbetriebs oder Friseursalons.»

«Kein Krieg dauert ewig» Die interreligiöse Friedensarbeit von Mission 21 ist eines von fünf «Projekten der Hoffnung» zum 200-jährigen Bestehen der Basler Mission. Was hält Susan Mark im Hinblick auf ihr leidgeprüftes Heimatland vom Jubiläumsmotto «200 Jahre unverschämt viel Hoffnung»? «Auch unsere Hoffnung wurzelt in Gottes Wirken», sagt die Theologin. «Kein Krieg dauert ewig. Alles, was einen Anfang hat, hat auch mal ein Ende. So muss es sein.» Projekt: «Landesprogramm Nigeria», Spenden an Konto PC 40-726233-2, «162.1001» Informationen: seraina.vetterli@mission-21.org, 061 260 23 03,


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AGENDA JANUAR 2015

Aufwachsen in verschiedenen Kulturen und Religionen

FEBRUAR 2015

Fachtagung: «Mission, geit’s no?»

Musical: «Das Grab des weissen Mannes» 29. März bis 12. April und 13. bis 22.

Samstag, 7. Februar, 8.30–16.30 Uhr,

November 2015,

Kirchgemeindehaus Johannes,

Oekolampad, Schönenbuchstrasse 9, Basel

Sonntag, 18. Januar, 10–17 Uhr,

Wylerstrasse 5, Bern

Tagungszentrum Oekolampad,

Die Tagung zeigt den Wandel des Missionsverständnisses auf: Was kann christliche Mission in einer multireligiösen Gesellschaft sein? Mit Benedict Schubert, Pfarrer an der Peterskirche und Lehrbeauftragter am Theologischen Seminar Basel sowie Perpetua Fonki, Dozentin am Theologischen Seminar Kumba, Kamerun und dem Theaterkabarett Birkenmeier.

Die ersten Missionare an der afrikanischen Westküste haben Schwierigkeiten, innerlich anzukommen, in der Fremde heimisch zu werden und ihren Auftrag mit den Gegebenheiten vor Ort in Einklang zu bringen. Zum Glück werden sie tatkräftig von Einheimischen unterstützt.

Schönenbuchstrasse 9, Basel

Wie wachsen Angehörige verschiedener Religionen in der Schweiz auf? Vertreterinnen und Vertreter von Hinduismus, Judentum, Christentum und Islam erzählen von ihren Erfahrungen. www.mission-21.org/seminartag

hannes.liechti@refbejuso.ch, 031 340 26 04

Mittwoch, 21. Januar, 8.45–16.15 Uhr, Kirchgemeindehaus Johannes,

MÄRZ 2015

Info- und Begegnungstag

Wylerstrasse 5, 3014 Bern

Donnerstag, 19. März, 10 Uhr,

Anregungen für die Basararbeit in Kirchgemeinden. Mit Referat zur Geschichte der Basler Mission von Paul Jenkins, von 1972 bis 2003 Leiter des Archivs.

Mission 21, Missionsstrasse 21, Basel

hannes.liechti@refbejuso.ch, 031 340 26 04

Dankesanlass für freiwillige Mitarbeitende von Mission 21 in den Kirchgemeinden sowie die Helfenden am Herbstbazar 2014. Themenschwerpunkt: «Missionskinder erzählen». judith.gysi@mission-21.org, 061 260 23 37

Dialog International: «Zwischen Minarettverbot und Kirchensteuer» Freitag, 23. Januar, 17.30–19.30 Uhr,

«Religionen als Ressource für den gesellschaftlichen Frieden»

Mission 21, Missionsstrasse 21, Basel

Montag, 23. März, 9.30–17 Uhr,

Welche öffentliche Präsenz von Religion wollen wir? Sollen Religion und Staat entflochten werden oder macht gerade die öffentlich-rechtliche Anerkennung Religionen für die Gesellschaft hilfreich? Quirin Weber, Lehrbeauftragter für Religionsverfassungsrecht in Luzern, im Gespräch mit Vertretern von «PROCMURA», dem Programm für christlich-muslimische Beziehungen in Afrika.

Mission 21, Missionsstrasse 21, Basel

christa.nadler@mission-21.org, 061 260 22 67

Vorträge und Workshops zeigen das Friedenspotenzial von Religion. Mit Jörg Stolz, Religionssoziologe Universität Lausanne; Dilek UcakEkinci, Islamwissenschaftlerin und Mitglied des Ausländerbeirats der Stadt Zürich; Markus A. Weingardt, Friedensforscher in Tübingen. www.mission-21.org/fac

© Basler Mission

Impulstagung für Kirchenbasare

Naemi Mettler spielt die Missionarin Liesel.

Die Geschichte: Liesel aus Gelterkinden, Baselland kommt als Lehrerin nach Akropong in Ghana und lernt dort die Missionare Andreas, Gottlieb und Jakobus sowie deren recht unterschiedlichen Ehefrauen Ruth und Agathe kennen. Sie freundet sich schnell mit den einheimischen Frauen Maddie und Lydia und dem MissionsMitarbeiter und Linguisten David an. Liesel lernt die lokale Sprache Twi und gerät mitten in die Spannungen zwischen der traditionellen Kultur und der christlichen Religion. Die Protagonistinnen und Protagonisten erleben persönliche Krisen, Krankheit, Tod und ein schweres Erdbeben; aber zum Schluss siegt die Liebe zwischen Andreas und Ruth, Lydia und Gottlieb sowie Liesel und ihren afrikanischen Schülerinnen und Schülern. Infos und Kurzfilm: www.mission-21.org/musical


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contigo

Nr.4 | 2014

Weitere Veranstaltungshinweise auf den Seiten der Werke 10 bis 21

AGENDA

…UND AUSSERDEM: Der Weltbaum der Religionen

DEZEMBER HEKS- Sammelkampagne 2014 Im Fokus der diesjährigen HEKSSammelkampagne vom 1. bis 13. Dezember steht die Entwicklung ländlicher Gemeinschaften. HEKS unterstützt Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Kambodscha und vielen anderen Ländern. www.heks.ch /news-service/kampagnen

FEBRUAR 2015 Weniger für uns. Genug für alle. 18. Februar - 5. April, Ökumenische Kampagne 2015

Die Ökumenische Kampagne 2015 steht im Zeichen des Klimas, denn im Dezember 2015 sollen am Klimagipfel der UNO Massnahmen gegen die Klimaerwärmung beschlossen werden. Information, auch über einen geringeren und weniger klimabelastenden Fleischkonsum, bringen der Fastenkalender, vielfältige Veranstaltungen in den Kirchgemeinden und Aktionen wie der Rosenverkauf. Information: www.sehen-und-handeln.ch.

Am Anfang stand – nicht das Wort, sondern der Ursprung der Sehnsucht nach Spiritualität und Religiosität. Aus wenigen Wurzeln wuchsen die heute bekannten Weltreligionen und verästelten sich mit der Zeit in unzählige Richtungen und Bekenntnisse. Die Darstellung als Baum der Religionen versinnbildlicht das Gemeinsame und zeigt, wie fruchtbar Vielfalt sein könnte. Besonders am Computer zeigt die Darstellung unzählige Details. uw

schafft, ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten: Sie hat in der Schweiz Asyl erhalten. Ihre Geschichte führt vor Augen, wie viel es braucht, bis jemand seine Heimat verlässt – wie viel Schmerz, wie viel Gewalt, wie viel Ungerechtigkeit. Zerins kurdische Familie wird zu Unrecht beschuldigt, terroristische Aktivitäten unterstützt zu haben. Sie hat in der Folge unter Bespitzelung, Verleumdung, Verfolgung und schliesslich unter nackter Gewalt zu leiden. Was dies für die Menschen im Alltag bedeutet, für die Kinder in der Schule genauso wie für die Eltern am Arbeitsplatz, was die Soldaten der Regierung anstellen, um ihnen Geständnisse abzupressen, wie der ganzen Grossfamilie die ökonomischen Grundlagen systematisch entzogen werden und wie ihr Haus schliesslich mit Waffengewalt zerstört wird, erfährt man in dieser aufrüttelnden Erzählung.

Ansehen und Herunterladen: http://000024.org/religions_tree

BUCHTIPP Mutter, hab keine Angst

WegZeichen – Japanische Kult- und Pilgerbilder Bis 17. Mai 2015, Völkerkundemuseum Zürich

Seit 150 Jahren pflegen Japan und die Schweiz diplomatische Beziehungen. Darum wird erstmals die grosse Sammlung Wilfried Spinner (1854– 1918) vorgestellt. Vom Schweizer Theologen, Pfarrer und Japanmissionar werden 80 Bildrollen (Papieramulette und ikonische Darstellungen von Buddha, Bodhisattva oder ShintōGottheiten) gezeigt, ein einzigartiges Zeugnis gelebter Glaubenspraxis der Bevölkerung. www.musethno.uzh.ch/ausstellungen/ wegzeichen

Das Buch nimmt zwei hochaktuelle Themen auf: Das Schicksal von Flüchtlingen bewegt die Welt wie selten zuvor, und das Leiden des kurdischen Volkes findet in der Öffentlichkeit grosse Beachtung. Im Zentrum von „Mutter, hab keine Angst“ steht die Lebensgeschichte der Kurdin Zerin Korkmaz und ihrer Familie. Zerins Biografie zeigt exemplarisch, welche Auswirkungen politische Konflikte auf Menschen in den betroffenen Ländern haben kann; darüber hinaus trägt ihre Geschichte aber auch zum Verständnis der aktuellen Situation im Nahen Osten bei.

Doch Zerins Geschichte ist kein Einzelschicksal – sie widerspiegelt auch die Geschichte des kurdischen Volkes. Nicole Maron verwebt beides zu einer Biografie und erzählt eine wahre Begebenheit packend wie einen Roman. Die Lektüre eröffnet nicht nur einen intimen Einblick in das Leben von Flüchtlingen, sondern auch eine kritische Perspektive auf den kurdisch-türkischen Konflikt und den Umgang mit Minderheiten und Oppositionellen von der Staatsgründung 1923 bis heute. os

Zerin wurde in der Türkei verfolgt und vertrieben – doch sie hat es ge-

216 Seiten, Fr. 29.50, ISBN 978-3-905769-37-1;

Nicole Maron Mutter, hab keine Angst elfundzehn Verlag, Eglisau, www.elfundzehn.ch


Nr.4 | 2014

MEDIENTIPPS Südsudan zwischen Konflikt und Aufbau Seit gut einem Jahr wird der Südsudan erneut von Gewalt erschüttert. Die aktuelle Lage ist katastrophal. Tausende Menschen verloren ihr Leben und weitaus mehr noch suchten in Lagern Zuflucht. In der Oktober-Ausgabe des Newsletter des Kompetenzzentrum Friedensförderung (KOFF) werden Fragen gestellt und Antworten versucht. uw Herunterladen: www.swisspeace.ch/de, dann «Publikationen», «KOFF Newsletter

«welt-sichten» zum Thema Boden Die Fachzeitschrift für Entwicklungsfragen und -politik «welt-sichten» befasst sich in der Nummer 12-2014 im Schwerpunkt mit dem Thema Boden. Fundiert werden unterschiedliche Aspekte behandelt. uw www.welt-sichten.org

Sehen lernen Das BNE-Kit «1024 Ansichten» unterstützt Lehrkräfte, Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) in den Unterricht zu integrieren.

HINWEISE & MEDIENTIPPS

der Lernsequenzen) kennenzulernen. Die einzelnen Unterrichtssequenzen erscheinen im Laufe des Schuljahres 2014/15 zu verschiedenen Themen zum Herunterladen. uw www.education21.ch/de/1024, Urs Fankhauser 031 321 00 37, urs.fankhauser@education21.ch

Flüchtlingskaplan Cornelius Koch «Ein unbequemes Leben» ist die Biografie des Flüchtlingskaplans Cornelius Koch betitelt. Er setzte sich mit spektakulären Aktionen für ausgegrenzte Menschen ein. Mutig legte er sich dabei mit dem Bischof wie dem Bundesrat an – auch ein Dokument der Zeitgeschichte. uw

FILMTIPP Die Welt im Ausverkauf Die ungleiche Nahrungsmittelverteilung auf der Welt verschärft sich, Hungerkatastrophen nehmen vielerorts zu, die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter. Ein Grund liegt darin, dass ein regelrechter Ansturm auf die besten Agrarflächen der Länder vor allem in Afrika und Asien stattfindet. Immer mehr landwirtschaftliche Nutzflächen werden zu profitablen Investitionen und Monokulturen. Arme Länder Afrikas oder Asiens vergeben ihre wertvollen Flächen an Investoren aus reichen Ländern und aus Schwellenländern.

Claude Braun, Michael Rössler, ISBN 978-3-7296-0819-1, 376 S., reich illustriert, Fr. 36 .-

DEZA-Dossier zum Klimawandel Alle trifft’s, die Armen aber stärker: Im Magazin der DEZA von September 2014 finden sich Hintergründe und Fakten zu den Auswirkungen des Klimawandels. Im Interview betont Christiana Figueres, Generalsekretärin der UNO-Klimarahmenkonvention, dass der Klimawandel die Bemühungen zur Armutsreduktion zunichte zu machen droht. Der Süden braucht finanzielle und technologische Hilfe, um sich an die negativen Folgen anzupassen und gleichzeitig die Entwicklung mit einem möglichst geringen Treibhausgasausstoss voranzutreiben. uw

Ansturm auf landwirtschaftliche Nutzfläche, hier in Äthiopien

Der Film thematisiert dieses inzwischen weltweite Phänomen des Land Grabbing. Gespräche mit Investoren und Regierungsvertretern aus verschiedenen Ländern im Norden wie im Süden geben Einblick in ein zynisches Monopoly mit dramatischen Folgen. Zu Wort kommen dabei auch Kleinbäuerinnen und Kleinbauern aus den vom Verkauf betroffenen Ländern, die oft ohne Entschädigung enteignet werden. dg

Herunterladen oder Bestellen unter

Die Welt im Ausverkauf

www.deza.admin.ch/publikationen

Dokumentarfilm von Alexis Marant, Frankreich 2010, 52 Minuten, ab 16 Jahren Verkaufspreis DVD: Fr. 30.Der Film ist auch online (VOD) verfügbar. Verkauf und Verleih:

Ein Poster im Format A0 ist der Pol um zu sehen und zu entdecken und dabei «Die Vielfalt der Welt» (so der Titel

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© Alexis Marant

contigo

éducation21, 031 321 00 22, verkauf@education21.ch Relimedia, 044 299 33 81


Š Brot fßr alle / Beat Loosli

Wer nichts weiss, bezweifelt nichts. Brasilianisches Sprichwort


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