Nr. 1 März 2016
Nigeria: Zwischen Trauer und Hoffnung Gespaltenes Land Warum wir Nigeria nicht aufgeben dürfen. S. 2-5
Wenn der Nächste nicht liebt Solidarität mit den Opfern häuslicher Gewalt in Indonesien. S. 6-7
Unterstützung für den Südsudan Neue ökumenische Mitarbeitende vor Ort. S. 9
Editorial
Schwerpunktthema Nigeria
Im vergangenen Juni an der Missionssynode erzählte uns ein Vertreter unserer Partnerkirche in Nigeria: «Als Boko Haram das Dorf Bama überfiel, dachten die Leute aus Gwoza, dass sie ruhig in ihrer Heimat bleiben könnten und die Fanatiker niemals bei ihnen einfallen würden. Aber sie kamen. In Michika lebten 90 Prozent Christinnen und Christen. Sie fühlten sich stark genug, um sich zu verteidigen. Sogar, als Boko Haram im benachbarten Gulak einfiel, waren die Menschen in Michika davon überzeugt, dass sie selbst nicht überfallen würden – aber die Fanatiker griffen auch sie mit aller Härte an. Viele Menschen wurden versklavt, andere erlitten einen furchtbaren Tod. Die Glücklicheren konnten fliehen.» Als ich das hörte, dachte ich: Es ergibt sich immer wieder das gleiche Bild. Jeder ist davon überzeugt, dass ihm das Leid der anderen niemals widerfahren kann, bis die Bedrohung vor der eigenen Tür steht. Nicht nur Menschen in Nigeria denken so, auch wir in der Schweiz fühlen uns sicher. Ins Wanken gekommen ist dieses Sicherheitsgefühl durch die Anschläge in Paris: Wenn wir von der Angst in Brüssel hören, merken wir, wie viel näher Fanatismus gekommen ist. Deshalb sollten wir hinschauen und uns mit den Opfern solidarisch zeigen. Vor lauter Angst wegschauen ist keine gute Strategie. Die Angst vor Boko Haram war und ist eines ihrer wichtigsten Erpressungsmittel. Wie ein nigerianisches Sprichwort sagt: Die Stärke des Leoparden besteht in der Furcht vor dem Leoparden. Viele Familien in Nigeria lassen sich von ihrer Angst nicht lähmen. Sie haben in ihren wenigen Zimmern bis zu 30 Flüchtlinge aufgenommen. Manche Nigerianer wähnten sich – ähnlich wie wir in der Schweiz – weit weg vom Terror, aber als Menschen in Not vor ihnen standen, liessen sie sie nicht im Stich. Und noch etwas hat mich an unseren nigerianischen Gästen beeindruckt: Ich habe von ihnen kein Wort der Klage gehört. Das hat mit ihrer Kultur, aber auch mit ihrer zutiefst religiösen Haltung und ihrer Achtung dem Leben gegenüber zu tun. Gott hat ihnen die Schutzlosen anvertraut. Statt zu lamentieren, suchen sie Lösungen. Wir gehen seit vielen Jahren gemeinsam diesen Weg und merken, wie viel wir dabei von ihnen lernen können.
Ihre
Claudia Bandixen Direktorin Mission 21
Titelbild: Ein Mädchen in Jos trägt Bibel und Gesangbuch nach dem Gottesdienst. (Bild: Albrecht Ebertshäuser 2015) 2
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Ulrich Bachmann
Liebe Leserin, lieber Leser
Frauengruppe im interreligiösen Ansiedlungsprojekt «Gurku Village»
Neues Jahr, neues Kleid: Liebe Leserinnen und Leser, wir freuen uns, Ihnen diese Ausgabe der Nachrichten in einem neuen Layout zu präsentieren. Die Neuerungen sollen die Inhalte besser strukturieren und zur Geltung bringen. Wir wünschen eine anregende Lektüre!
gen viele: «Ich stelle mich, meine Arbeitskraft und mein Können anderen zur Verfügung.» Diese Kraft trotz aller Trauer zu spüren, ist eindrücklich. Für die Kirche der Geschwister (EYN), die Partnerkirche von Mission 21 in Nigeria, ist business as usual nicht mehr möglich. Die Kirche selbst musste ja fliehen und ist Opfer vieler Anschläge. 43 von 50 Kirchendistrikten sind massiv betroffen, die Bevölkerung wurde grösstenteils vertrieben. Zugleich steht die Kirche in der Verantwortung, ihren Mitgliedern zu helfen, die in dieser unsicheren Zeit hohe Erwartungen an sie haben. Die EYN hat inzwischen eine gewisse Stabilität wiedererlangt. Ihre Zentrale ist nun in der Stadt Jos, in einem früheren Schüler-Internat.
«Wir dürfen Nigeria nicht aufgeben» Die Menschen in Nigeria leiden noch immer unter der islamistischen Terrormiliz Boko Haram. Mission 21 reagierte darauf mit einem neuen Soforthilfeprogramm, das in den kommenden Jahren weitergeführt wird. Ulrich Bachmann, der neue Programmverantwortliche für Nigeria, besuchte unsere Partnerkirche im November 2015 und berichtet von der Situation vor Ort: «Im Nordosten Nigerias herrscht nach wie vor Ausnahmezustand. Heute kann die islamistische Terrormiliz Boko Haram zwar nicht mehr so grosse Gebiete kontrollieren wie noch vor einem Jahr. Doch Angst und Verunsicherung sind gross. 2,2 Millionen Menschen waren gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und sind sogenannte Binnenflüchtlinge. Terroranschläge fordern nach wie vor viele Tote. Da ich als ökumenischer Mitarbeiter mit meiner Familie während neun Jahren in Nigeria lebte, beschäftigt mich das Schicksal der Bevölkerung auch persönlich. Frauen erzählten mir, wie ihre Männer vor ihren Augen ermordet wurden. Das ist etwas anderes, als es aus den Medien mitzubekommen. Was mir trotz allem Hoffnung macht, sind die Menschen. Bei all dem Leid und den Ängsten, die sie durchmachen, sa-
Neu ansiedeln oder zurückkehren? Mit Unterstützung von Mission 21 hat sich die EYN zunächst der Soforthilfe gewidmet, Menschen mit Nahrung und Notunterkünften versorgt. Zudem baut sie Siedlungen für Flüchtlinge. Auf meiner Dienstreise konnte ich das interreligiöse Ansiedlungsprojekt im Dorf Gurku in der Nähe der Hauptstadt Abuja besuchen, das von Mission 21 mitfinanziert wird. Im November lebten dort 72 Familien, insgesamt rund 470 Menschen. Eine von der Schweizerischen Botschaft finanzierte Klinik stand, Kinder wurden bis zur dritten Klasse von freiwilligen Lehrpersonen unterrichtet. In solch einer krisengeplagten Situation steht die Projektarbeit vor grossen Herausforderungen: Neben der kurzfristigen Soforthilfe sollte man die längerfristige Strategie nicht aus den Augen verlieren. Gleichzeitig muss man flexibel bleiben, denn langfristig planbar ist in Nigeria zurzeit nichts. Die Siedlungen sind sinnvoll für Menschen, die sonst keinen sicheren Ort hätten, doch es können nicht alle Geflüchteten neu angesiedelt werden. Ausserdem wollen viele zurück in ihre Heimat. Deshalb will Mission 21 verstärkt die Rückkehrhilfe fördern: Die Menschen, die in manche Gebiete dank einer Entschärfung der Lage zurückkehren können, stehen vor dem Nichts. Der Wiederaufbau ihrer Lebensgrundlagen erfordert sehr viel Zeit und Ressourcen. Sie brauchen neben wirtschaftlicher Unterstützung auch Kompetenzstärkung, also neue Kenntnisse und Fähigkeiten.
Vertrauen neu aufbauen Das Vertrauen zwischen Christen und Muslimen muss neu aufgebaut werden. Das Land ist tief gespalten. Viele Menschen wurden an Boko Nachrichten 1 | 2016
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Ulrich Bachmann
Schwerpunktthema Nigeria
Alltagsleben in Gurku Village. Bohnen werden getrocknet.
Haram verraten, teilweise von ihren eigenen Nachbarn. Dies erschwert ihnen eine Rückkehr zusätzlich. Es sind aber nicht nur Christen betroffen. Die jüngste Terrorwelle richtet sich gezielt gegen Muslime, die sich nicht zu Boko Haram stellen. Und der nigerianische Staat bringt seine Überforderung unter anderem mit willkürlichen Verhaftungen und Ermordungen von jungen Muslimen zum Ausdruck, obwohl sie nicht nachweislich mit dem Terror zu tun haben. Das Militär gilt als korrupt und kaum weniger brutal als die Terroristen. Boko Haram ist also nicht nur das «Ungeheuer, das von aussen kommt». Die Situation ist komplex, es gibt viele Grauzonen. Das Thema zivile Friedensförderung interessiert mich sehr. Im Nordosten Nigerias herrscht praktisch ein feudalistisches System: Eine kleine Oberschicht besitzt Macht und Ressourcen, doch der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt in grosser Armut. Ungleichheit und Ausgrenzung sind ein Nährboden für Extremismus. Nigeria braucht eine Systemveränderung hin zu einer Gesellschaft, die Minderheiten einbezieht. Wirtschaftlich schon jetzt die Nummer eins in Afrika, hat das Land eine Art Schlüsselfunktion – wie es Nigeria geht, hat grossen Einfluss auf den ganzen Kontinent. Es ist wichtig, dass wir Nigeria nicht aufgeben.» | Protokoll: Dorothee Adrian, Mara Wirthlin 4
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Ulrich Bachmann, Jahrgang 1964, hat Agronomie und ländliche Entwicklung studiert. Nach dem Studium ging er 1997 für die Basler Mission als Berater für ländliche Entwicklung nach Kwarhi, Nigeria. Als er 2006 in die Schweiz zurückkehrte, arbeitete er für andere Organisationen. Heute ist er als Programmverantwortlicher für Nigeria und Teamleiter Afrika wieder bei Mission 21 tätig. Er ist verheiratet und hat drei Kinder im Alter von 8 bis 18 Jahren.
Das Portrait Mission 21 hat den Aufbau der interreligiösen Siedlung Gurku Village in der Nähe der Hauptstadt Abuja finanziell unterstützt. Rund 470 Menschen haben auf unterschiedlichen Wegen dorthin gefunden. Einige Bewohner erzählen von ihren Erfahrungen:
Fotos (5): Michael Kurams
«Wir sind jetzt in Sicherheit» Ibrahim Tumba, 51 Jahre alt, christlich, aus Michika: «Vor dem 28. August 2014 war ich ein erfolgreicher Bauer, besass ein eigenes Haus und einen Hof. Aber als Boko Haram uns angriff, zerstörten sie alles. Meine Familie wurde zerstreut. Schliesslich konnten meine Frau, meine Kinder und ich uns in Yola treffen, von dort aus brachte uns Markus Gamache, der Initiator der Siedlung, nach Gurku Village.»
Ismaila Muhammed, 34 Jahre alt, muslimisch, aus Madagali: «Nachdem die Mitglieder von Boko Haram an unserem Abendgebet teilgenommen hatten, begannen sie zu schiessen und entführten einige von uns. Am Tag danach wurden wir erneut angegriffen und mussten fliehen. Ich danke Gott, dass wir sicher hier angekommen sind. Aber wir erinnern uns mit Trauer an unsere Brüder, Schwestern und geliebten Menschen, die entführt oder ermordet wurden.»
Hannatu Simon, 23 Jahre alt, christlich, aus Madagali: «Als uns Mitglieder von Boko Haram mitten auf dem Marktplatz angriffen und etwa zehn unserer Gemeindemitglieder töteten, konnten wir fliehen. Aber wir hatten kein Essen, ich war schwanger und bekam Frühwehen wegen des ganzen Stresses. Nach der Geburt versteckten wir uns während drei Tagen im Dickicht, aus Angst vor Angriffen.»
Obadiya Peter, 14 Jahre alt, christlich, aus Madagali: «Ich erinnere mich, wie ich mich an jenem Sonntag früh morgens für die Sonntagsschule vorbereitete, als ich plötzlich Schüsse vernahm. Mein Bruder und ich rannten sofort zu den Felsen, meine Eltern liefen in die entgegengesetzte Richtung.»
Aisha Kabiru, 25 Jahre alt, muslimisch, aus Maggar: «Am 25. April 2014 kamen Mitglieder von Boko Haram mit ihren Motorrädern durchs Dickicht und begannen, in alle Richtungen zu schiessen. Sie töteten acht Menschen und brannten 18 Häuser nieder, nachdem sie sie geplündert hatten.»
Hintergrund Seit 2009 gewinnt die Terrormiliz Boko Haram im Nordosten Nigerias an Einfluss und hat das Land in einen bürgerkriegsähnlichen Zustand versetzt. Schätzungen gehen von 2,2 Millionen Binnenflüchtlingen aus. Es gibt noch Gebiete, die durch Boko Haram kontrolliert und nicht zugänglich sind, aber auch Regionen, die durch das nigerianische Militär zurückerobert wurden und in denen relative Sicherheit herrscht. Schätzungen zufolge konnten bisher zirka 300‘000 Menschen zurückkehren (Stand Dezember 2015). Nachrichten 1 | 2016
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Wenn der Nächste nicht liebt Wirksame interreligiöse Friedensarbeit findet statt, wenn Menschen über Religionsgrenzen hinweg an Lösungen für gesellschaftliche Probleme arbeiten. Ein Beispiel aus Indonesien ist das Engagement der Partnerkirche von Mission 21 und ihrer muslimischen Partner- organisationen für Opfer häuslicher Gewalt.
Information Im Projekt «Solidarität gegen Gewalt an Frauen und Kindern» arbeiten Mission 21 und ihre Partnerkirchen vor Ort regions- und länderübergreifend: Die Aktivitäten finden in Indonesien in WestJava und Kalimantan sowie in Sabah/Malaysia statt, werden aber gesamthaft koordiniert. Mehr Infos: www.mission-21.org/ frauen-indonesien
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Mission 21 / Katrin Pilling
Das aktuelle Projekt
Die gehörlose Riri (rechts) wurde Opfer häuslicher Gewalt. Links: Aty Suandi, Leiterin der muslimischen Partnerorganisation «Praxis in Community».
Riri kann ihre Geschichte nicht selbst erzählen. Jedenfalls nicht mit Worten. Die 20-Jährige ist gehörlos und kann nicht sprechen. Aufmerksam ruht ihr Blick auf Aty Suandi, während diese Riri ihre Stimme leiht. Die Psychologin leitet die muslimische Organisation «Praxis in Community» (Praxis). Diese kooperiert mit der «Pasundan Kirche» (GKP), einer Partnerkirche von Mission 21 in Bandung. Gemeinsam helfen sie Frauen und Kindern, die erfahren mussten, dass gerade von den Allernächsten – Vätern, Brüdern, Ehemännern – Gewalt ausgehen kann. Die Opfer erhalten Schutz in einer Notunterkunft, psychologische und medizinische Betreuung und Rechtshilfe. «Wir haben Riri völlig verwahrlost aufgefunden», sagt Aty Suandi. Die Familie hatte sie zwei Jahre lang in einen Holzkäfig neben dem Wohnhaus gesperrt. Seit Monaten hatte sie nicht gebadet, war schlecht ernährt und verstört. Mit Überforderung und Angst erklärt Aty Suandi das Verhalten der Familie, die drei weitere Kinder zu versorgen hat und aus armen Verhältnissen stammt. Niemand habe gewusst, wie mit dem Mädchen umzugehen sei, das manchmal nachts durch das Dorf lief. Dorfbewohner beschwerten sich, hatten Angst vor der «Verrückten». Die Familie fand den Holzkäfig als «Lösung». Eine Sozialarbeiterin wurde schliesslich auf Riri aufmerksam. Sie versuchte, mehr zu erfahren, doch niemand im Dorf wollte helfen. Nach langem Suchen fand sie Praxis und die GKP. Gemeinsam brachten sie Riri in die Notunterkunft der Kirche. «Erst nach und nach haben wir das Ausmass der Geschichte verstanden», erklärt Aty Suandi, durch Gespräche mit der Familie, durch Riris Zeichnungen und ihre Alpträume:
«Wir haben den Verdacht, dass Riri auch sexuell missbraucht wurde.» Eine Gerichtsverhandlung sei aber schwierig: keine Beweise, keine Zeugen, ein «stummes» Opfer.
Immer mehr Opfer suchen Hilfe Riris Fall mag ein extremes Beispiel sein, doch häusliche Gewalt ist in Indonesien ein geradezu virales Problem. Laut der nationalen indonesischen Frauenkommission «Komnas Perempuan» wurden im Jahr 2014 293‘220 Fälle von Gewalt gegen Frauen gemeldet. Bei rund 70 Prozent davon handelt es sich um häusliche Gewalt. Das traditionell geltende Recht («Adat»), sowie eine konservative Religionsauslegung tragen zur Dominanz patriarchaler Strukturen und Werte bei und schaffen Parallelwelten zur staatlichen Gesetzgebung. Zusätzlich führt die schlechtere Ausbildung von Frauen zu wirtschaftlicher Abhängigkeit, was ihnen den Ausweg aus gewaltsamen Beziehungen erschwert (siehe Fallbeispiel: Gute Nachricht S. 6). Auffällig ist der sprunghafte Anstieg der gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt in den letzten Jahren. Diese Entwicklung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Enttabuisierung, die wachsende Zahl von Hilfesuchenden ist aber auch eine grosse Herausforderung für die Helfenden. Dennoch konnten die GKP und andere Partnerkirchen von Mission 21 in Kalimantan und Sabah (Malaysia) ihren Einsatz für Gewaltopfer in den letzten Jahren verstärken. «Die GKP hat im Jahr 2013 in Bandung das DurebangZentrum eröffnet, wo auch Riri Schutz fand», erklärt Pfarrerin Obertina Johanis, «Praxis hat
keine eigene Notunterkunft, deshalb bringen sie ihre Fälle zu uns.» In Riris Fall stellt die GKP die Unterkunft, während Aty Suandi von der muslimischen Organisation Praxis ihre psychologische Expertise einbringt und die Familie begleitet. Dieses Netzwerk entlastet alle Beteiligten, da sie auf die Kontakte und Erfahrungen von anderen zurückgreifen können.
Seelsorge reicht nicht
Karin Praxmarer
Die Arbeit mit traumatisierten Gewaltopfern ist anspruchsvoll. Im «Zentrum für Feministische Theologie» an der Christlichen Universität in Yogyakarta (UKDW) lassen sich Pfarrerinnen und Pfarrer der Partnerkirchen von Mission 21 weiterbilden. Fester Bestandteil der Ausbildung sind Praktika im muslimischen Frauenhaus «Rifka Annisa», das auf eine 22-jährige Erfahrung zurückblickt. Obertina Johanis hat bereits dreimal an Trainings in Yogyakarta teilgenommen und beschreibt deren Wirkung als Professionalisierung: «Früher bin ich Opfern lediglich mit Seelsorge begegnet: Zuhören, Reden und gemeinsames Beten. Doch es braucht mehr, nämlich Fachwissen, Täterarbeit und ein starkes Netzwerk aus Anwälten, Spitälern und der Polizei, um Opfern konkret helfen zu können», so die Pfarrerin. Die Universität in Yogyakarta ist zum Kompetenzzentrum geworden, das Pfarrpersonen befähigt, Frauen wie Riri zu helfen. Niemand mag sich ausmalen, wie ihr Leben ohne das Einschreiten von Praxis, GKP und der mutigen Sozialarbeiterin heute aussehen würde. Riri lacht viel, geht gern klettern und hilft dem Team in der Notunterkunft bei der Hausarbeit und beim Kochen. Derzeit entwickelt sie ihre eigene Gebärdensprache weiter. Vielleicht kann sie irgendwann ihre Geschichte selbst erzählen und – schweigend – das Schweigen brechen. | Katrin Pilling, Redaktorin Mission 21
Pfr. Obertina Johanis
Wir brauchen Ihre Unterstützung > «Kooperationsprogramm Indonesien und Malaysia»: Nummer: 225.1001 > Spenden: Konto PC 40-726233-2, IBAN CH58 0900 0000 4072 6233 2, Vermerk: «225.1001» oder online: www.mission-21.org/spenden> Information: Projektdienst, Tel. 061 260 23 03, miriam.glass@mission-21.org
Die gute Nachricht
Falsche Brüder Im Psalm 55, 13-15 klagt David über falsche Brüder: «Wenn mich doch mein Feind schändete, wollte ich's leiden; und wenn mein Hasser wider mich pochte, wollte ich mich vor ihm verbergen. Du aber bist mein Geselle, mein Freund und mein Verwandter, die wir freundlich miteinander waren unter uns. Wir wandelten im Hause Gottes unter der Menge.» Dieses Gefühl, von den Allernächsten verletzt und betrogen zu werden, begegnet mir oft bei Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind. Eine von ihnen ist Melati. Sie ist 38 Jahre alt, seit 15 Jahren verheiratet und hat sechs Kinder. Von Anfang an hat ihr Mann sie und später auch die gemeinsamen Kinder geschlagen. Eines Tages kam Melati zu mir und sagte, sie wolle sich scheiden lassen, denn sie halte es einfach nicht mehr aus. An jenem Tag hatte ihr Ehemann sie nicht nur «wie üblich» geschlagen, sondern auch ihre Sachen aus dem Haus geworfen, weil sie kein Essen für ihn zubereitet hatte. Ich ermutigte Melati, einen Ausweg aus dieser zerstörerischen Beziehung zu suchen und akzeptierte, dass sie die Scheidung wollte. Doch eine Woche später kam Melati wieder zu mir. Sie habe es sich anders überlegt, weil sie einfach zu viel Angst vor der Zukunft habe: Sie hat kein eigenes Einkommen und wusste nicht, wie sie ohne ihren Mann für ihre sechs Kinder sorgen sollte. Also beschloss Melati, sich selbst zu opfern – für die Zukunft ihrer Kinder. Melatis Geschichte ist typisch für Indonesien, insbesondere für West Java. Wir finden beinahe jeden Tag ähnliche Schicksale im Fernsehen oder in der Zeitung. Es ist ein Mythos, dass nur arme und schlecht ausgebildete Frauen Opfer häuslicher Gewalt werden. Tatsächlich sind Frauen jeden Alters aus allen Gesellschafts- und Bildungsschichten betroffen. Die Täter sind fast immer Familienmitglieder: Väter, Grossväter, Onkel, Brüder oder Ehemänner. In der Pasundan Kirche (GKP) glauben wir, dass Gott alle Gewalt ablehnt, so wie es in Psalm 11, 5 beschrieben ist: «Der Herr prüft den Gerechten und den Frevler, und seine Seele hasst den, der Gewalt liebt.» Und so stehen wir an der Seite der Misshandelten und hoffen, dass sie durch unsere Hilfe Gottes Liebe erfahren. Im Jahr 2013 gründete die GKP ein Beratungszentrum und eine Notunterkunft für betroffene Frauen. Wir haben das Haus «Pasundan Durebang» genannt: «My Sisters‘ Place». Viele Frauen, die bei uns Schutz und Hilfe finden, sind Musliminnen. Wir sind davon überzeugt, dass Gottes Liebe für alle da ist. | Obertina Modesta Johanis ist Pfarrerin der Pasundan Kirche (GKP) in Bandung, Indonesien. Seit November 2015 ist sie Delegierte der internationalen Synode, dem obersten Entscheidungsgremium von Mission 21. Nachrichten 1 | 2016
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Mission 21 aktuell
Good News aus unseren Projekten
Menschen mit einer Beeinträchtigung können an der Gesellschaft teilhaben. Das zeigt der Sternberg in Palästina, ein Förderzentrum für geistig behinderte Kinder und Jugendliche. Das grosse Engagement und die fachliche Kompetenz der Mitarbeitenden machen den Sternberg zu einem Leuchtturm der Sonderpädagogik und der Inklusion in Palästina. Ende 2015 fand dort ein Workshop statt, bei dem die Eltern der Kinder sowie Vertreter von Regierung und Zivilgesellschaft aufeinandertrafen. Auch Mission 21 war vor Ort und konnte sich von beachtlichen Erfolgen überzeugen: In einem inklusiven Kindergarten spielen und lernen 20 Kinder mit und ohne Behinderung zusammen und erleben, wie normal es ist, verschieden zu sein. Zudem gibt es eine Förderschule, von der manche Schüler inzwischen tageweise reguläre Schulen besuchen können. Auch die berufliche Ausbildung des Sternbergs kann sich sehen lassen: Einige Absolventen sind in Schneiderwerkstätten oder handwerklichen Betrieben angestellt. Diese Erfolgsgeschichten zeigen das Potential von Menschen mit Beeinträchtigungen. Zudem trägt die Aufklärungsarbeit des Sternbergs dazu bei, dass sich in der palästinensischen
Marianne van de Glind
Geförderte Vielfalt in Palästina
Gesellschaft das Bewusstsein für deren Rechte verändert. Der Weg zu einer barrierefreien Gesellschaft für Menschen mit Behinderung ist noch weit. Der Sternberg leistet einen wichtigen Beitrag, damit ein Leben in Würde schon heute für viele möglich ist.
Kinder mit einer Beeinträchtigung werden auf dem Sternberg vielseitig gefördert.
| Johannes Klemm, Programmverantwortlicher
> Infos: www.mission-21.org/palaestina
Staatliche Anerkennung für Partnerorganisation in Chile Nach jahrelangen Bemühungen, die staatliche Anerkennung des Theologiestudiums zu erlangen, unterzeichnete die Theologische Gemeinschaft Chiles (Comunidad Teológica Evangélica de Chile – CTE) am 10. Juni 2015 ein Abkommen mit der päpstlich-katholischen Universität Valparaisos (Pontificia Universidad Católica de Valparaíso – PUCV). Es ist die erste Vereinbarung ihrer Art in Lateinamerika. Für viele theologische Ausbildungsstätten in Lateinamerika ist die fehlende staatliche Anerkennung eine grosse Herausforderung: Die Titel sind ausserhalb der eigenen Kirche wenig wert und ein weiterführendes Studium an einer anderen Hochschule ist kaum möglich. Deshalb wird die Attraktivität eines Theologiestudiums ohne 8
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staatliche Anerkennung stark reduziert. Umso erfreulicher ist für die CTE die neue Zusammenarbeit mit der PUCV. Dadurch können die Studierenden einen Titel erwerben, der ihnen weitere Berufschancen sowie ein Studium an einer anderen Universität ermöglicht. Die Evangelisch-Theologische Gemeinschaft Chiles (CTE) ist in der chilenischen Hauptstadt Santiago sowie in Concepción tätig und konnte 2014 ihr fünfzigjähriges Bestehen feiern. Gelehrt wird eine ökumenische Theologie, welche die Leitungspersonen von Kirchen motivieren soll, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. | Hansueli Meier, Programmverantwortlicher > Infos: www.mission-21.org/chile
> Weitere Infos: www.mission-21.org/suedsudan
Fabienne Reber ist seit Ende Februar im Rahmen des Weiterbildungsangebots «PEP!» in Hongkong. Dort unterstützt sie bis im Dezember 2016 die Partnerorganisation von Mission 21 «Christian Action» bei der Beratung und Hilfeleistung von Arbeitsmigrantinnen. Der Einsatz in Hongkong sei eine Chance, Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen und in eine neue Kultur einzutauchen, sagt sie.
Dorina und Mathias Waldmeyer
Auch Reto Schefer arbeitet von März 2016 bis Januar 2017 im Team der Flüchtlingsberatung von Christian Action in Hongkong mit. Im Rahmen seines Zivildienstes konnte er erste Erfahrungen in der Begleitung von Flüchtlingen sammeln. Er sagt: «Das PEPProgramm gibt mir die Möglichkeit, meine interkulturellen Kompetenzen unter Beweis zu stellen und Menschen in einer Notsituation zu helfen.»
Dorothee Adrian / Mission 21
Dorina und Mathias Waldmeyer sind seit Ende Januar 2016 als Koordinatoren für das Kooperationsprogramm Südsudan von Mission 21 im Einsatz. Sie haben keine einfache Aufgabe angetreten: Die anhaltenden Kämpfe, die entlang ethnischer Linien ausgefochten werden, erschweren die Arbeit von Mission 21. Momentan sind 2,3 Millionen Südsudanesinnen und Südsudanesen auf der Flucht. Viele Ortschaften, in denen die Projekte ursprünglich angesiedelt waren, sind zurzeit unbewohnbar. Trotz Angst und Verunsicherung geht die Arbeit an neuen Orten weiter. Unsere Unterstützung ist in dieser schwierigen Situation wichtiger denn je. Deshalb freuen wir uns, mit Dorina und Mathias Waldmeyer zwei neue Fachpersonen vor Ort zu haben. Dorina Waldmeyer ist beruflich Südostasienwissenschaftlerin und ist seit 2013 in unterschiedlichen Funktionen für Mission 21 tätig, zuletzt als stellvertretende Programmverantwortliche für Nigeria. Mathias Waldmeyer ist Risikoanalyst sowie Politik- und Regionalwissenschaftler Südostasien. In ihrer neuen Funktion unterstützen die beiden unsere südsudanesischen Partnerkirchen und -organisationen bei der Projektplanung, -durchführung und -evaluation. Dabei steht die Weiterbildung der Mitarbeitenden der Partnerorganisationen im Zentrum, was die Qualität der Programmarbeit langfristig sichern wird. Der Arbeitsort von Dorina und Mathias Waldmeyer ist zunächst Nairobi (Kenia). Wenn es die Sicherheitslage zulässt, werden sie regelmässige Kurzeinsätze im Südsudan leisten.
Miriam Glass / Mission 21
Neue ökumenische Mitarbeitende im Kooperationsprogramm Südsudan
Dorothee Adrian / Mission 21
Alfred Hirt ist seit Januar 2016 neuer VizePräsident der Basler Mission. Er ist kein neues Gesicht, sondern bleibt uns seit Jahrzenten erhalten: Von 1969 bis 1980 arbeitete er als ökumenischer Mitarbeiter an Holzfachschulen in Indonesien. Anschliessend war er Programmverantwortlicher für Malaysia und Indonesien. Seit 2011 ist er Vorstandsmitglied der Basler Mission. Zudem leitet er Begegnungsreisen in Partnergebiete von Mission 21.
Alfred Hirt
Personalia
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Mission 21 aktuell
Mission 21 ist jetzt EduQua-zertifiziert Die Abteilung Bildung, Austausch und Forschung (BAF) von Mission 21 wurde kürzlich mit dem EduQua-Label zertifiziert. Das Schweizer Label wurde bisher an über 1000 Schulen, Institute und Akademien vergeben und ist ein staatlich anerkannter Qualitätsnachweis. Nachdem Mission 21 vor knapp einem Jahr mit dem ZEWO-Gütesiegel ausgezeichnet wurde, ist dieses weitere Label ein wichtiger Schritt. Es macht sichtbar, dass Mission 21 nicht nur in der Auslandarbeit, sondern auch in der Inlandarbeit nach professionellen Standards arbeitet. Einmal jährlich wird die Zertifizierung anlässlich eines Audits überprüft.
Gönner-Seminar: «Die letzten Dinge regeln» Wie kann ich zu Lebzeiten meine letzten Dinge regeln? Welche rechtlichen Regelungen sind zu beachten? Wie kann ich am besten meine finanziellen Angelegenheiten ordnen?
Mission 21
Im Anschluss an das Seminar findet eine Spezialführung durch das Basler Münster statt.
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Antworten auf diese wichtigen Fragen gibt das jährlich stattfindende Gönner-Seminar von Mission 21 in bewährter Zusammenarbeit mit dem VZ VermögensZentrum. Für persönliche Gespräche sind Claudia Bandixen, Direktorin von Mission 21, sowie Vorstandsmitglieder von Mission 21 und der Basler Mission während des ganzen Anlasses anwesend. Nach dem gemeinsamen Mittagessen im Restaurant Rosengarten haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, an einer speziellen Führung durch das Basler Münster teilzunehmen, eine der bedeutendsten Sakralbauten der Schweiz. Die Hauptkirche der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt birgt viele Geheimnisse. Wer ahnt etwa heute, dass Hauptportal und Galluspforte einst in prächtigsten Farben erstrahlten? Bianca Burkhardt ist seit 16 Jahren Restauratorin bei der Basler Münsterbauhütte, sie kennt das Bauwerk wie kaum eine Zweite. Bei ihrer Spezialführung für Mission 21 vermittelt sie spannende Geschichten rund um das Münster und bringt die Besucherinnen und Besucher immer wieder zum Staunen. ∑∑
Kurzeinsätze für junge Erwachsene in Hongkong Lust auf einen Perspektivenwechsel? Gemeinsam mit internationalen, jungen Freiwilligen lebst und arbeitest Du während zirka drei Monaten im «Ascension House», einem christlichen Gästehaus, das zum «Tao Fong Shan Christian Centre» gehört. Du lernst das christliche Leben in Hongkong, eine andere Kultur und spannende Menschen kennen und bist bereit, dich mit einer neuen Umgebung auseinanderzusetzten. Ein Vorgespräch sowie ein Vorund ein Nachbereitungswochenende in Basel sind Bestandteil des Programms. Das Angebot richtet sich an junge Erwachsene zwischen 18 und 22 Jahren mit ausreichenden Englischkenntnissen. Ausreisen kann man im Jahr 2016 zwischen Juni und September. Kontakt: barbara.moser@mission-21.org 061 260 22 39
In eigener Sache Bei unserer diesjährigen Jahresverdankung haben unsere Spenderinnen und Spender ein Buchzeichen mit einem Empanadas-Rezept erhalten. Bei den Mengenangaben haben wir es mit der Flüssigkeit etwas zu gut gemeint: korrekterweise gehören 75 ml Milch sowie 75 ml Sonnenblumenöl in den Teig. Wir entschuldigen uns und wünschen frohes Backen!
> Wann und wo: Dienstag, 12. April 2016, 10.00–15.30 Uhr im Restaurant Rosengarten an der Missionsstrasse 21. > Anmeldung erforderlich: sarah.hess@mission-21.org 061 260 23 36
Mission in Partnerschaft Gegenwart und Zukunft der Missionsarbeit aus Basler Tradition Was ist Mission? Und wie hat sich die Basler Missionstradition seit den 1980er Jahren entwickelt und gewandelt, von der früheren Basler Mission bis zur Mission 21? Diesen Fragen widmet sich «Mission in Partnerschaft». Anlässlich des 15-jährigen Bestehens von Mission 21 stellt das Buch gezielt Persönlichkeiten ins Zentrum, welche die Missionsbewegung aus Basel erneuert und geprägt haben. In spannenden Porträts kommen Daniel von Allmen, Wolfgang Schmidt, Madeleine Strub-Jaccoud und Martin Breitenfeldt zu Wort: Die vier ehemaligen Leitungspersonen der Basler Mission und von Mission 21 zwischen 1979 und 2011 bieten erhellende Einblicke in deren Tätigkeitsfelder. Internationale Fachautorinnen und -autoren aus dem Umfeld von Mission 21 fokussieren die Herausforderungen von Mission heute, etwa die Geschlechtergerechtigkeit. Sie stellen die interreligiöse Friedensarbeit ins Zentrum und untersuchen, wie sich die interkontinentale Zusammenarbeit entwickelt. Bekannte Literatinnen und Wissenschaftler stellen schliesslich von aussen kritische Fragen an die Mission und nehmen ihre Werte in die Pflicht. So fragt der Soziologe Ueli Mäder nach, wie sich die Mission im Kontext des heutigen Trends zur Entsolidarisierung verhält und der Schriftsteller Liao Yiwu verbindet in seinem Text Mission mit dem Thema Menschenrechte in China. Erarbeitet haben dieses anregende Buch die aktuelle Direktorin von Mission 21, Claudia Bandixen, und die Theologiestudentin Evelyne Zinsstag. Die Texte zeigen auf, wie wichtig Partnerschaften auf Augenhöhe für die Missionsarbeit in Basler Tradition sind: Im Zeichen der Entwicklungszusammenarbeit lernen Kirchen der Schweiz gemeinsam mit Kirchen aus Übersee, christliche Werte zu leben. | Christoph Rácz Herausgeberinnen: Claudia Bandixen, Evelyne Zinstag, TVZ Theologischer Verlag Zürich, erscheint im April.
Seelenfutter Plädoyer fürs Lesen in schwierigen Zeiten
Dass die Welt besser wäre, wenn alle Menschen lesen würden, davon bin ich als Bibliothekarin fest überzeugt. Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass beim Lesen Bereiche im Gehirn aktiv sind, die stark mit Emotionsverarbeitung verbunden sind. Literatur schult uns in Empathie, sie zeigt uns, wie andere fühlen und denken. – «Wir haben keine Zeit zum Lesen, wenn wir pausenlos in der Flüchtlingshilfe im Einsatz stehen», werden Sie einwenden. Das mag sein, aber wer helfen will, muss bei Kräften sein. Und Lesen stärkt die Seele, indem es eine andere Erfahrung von Zeit und Aufmerksamkeit ermöglicht. Es lässt uns abtauchen und gleichzeitig Resonanzen finden auf unseren eigenen Zustand. Unser Tauchtipp führt uns mitten in einen polygamen Haushalt in Ibadan, Nigeria. Wir erleben, wie die junge Akademikerin Bolanle gegen den Willen ihrer Eltern als vierte Ehefrau den Patriarchen Baba Segi heiratet. Ihre Mutter meint zwar, Polygamie sei etwas für solche, die bloss aufs Geld aus seien oder aus dem hintersten Dorf stammten, aber nicht für Kinder, die in einem anständigen christlichen Haushalt aufgewachsen seien. Sie vermag nichts auszurichten. Bolanle zieht nach Ibadan, wo sie auf den erbitterten Widerstand ihrer drei Mitehefrauen stösst. Rückblickend meint die gewitzte Romanheldin: «Durch das Zusammenleben mit ihnen ist mir der Wert von Bildung und Wissen erst so richtig bewusst geworden.» Diese Worte sind das Credo der Autorin, die mit dem brillant geschriebenen Roman soziale Probleme ihres Heimatlands thematisiert. Und das ist im heutigen Nigeria mutig. | Claudia Wirthlin, Leiterin der Bibliothek von Mission 21
Lola Shoneyin: Die geheimen Leben der Frauen des Baba Segi aus dem Englischen von Susann Urban Frankfurt am Main, Edition Büchergilde, 2014
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Agenda
Veranstaltungen Veranstaltungsorte Wenn nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen bei Mission 21 an der Missionsstrasse 21 in Basel statt. Ehemaligentag Freitag, 18. März 2016, 9.30-17.00 Uhr Jahresanlass für ehemalige Mitarbeitende von Mission 21 zum Thema «Zusammenleben von Menschen mit verschiedener Religionszugehörigkeit». Infos: lisbeth.kammer@mission-21.org Tel. 061 260 22 05
Gönnerseminar Dienstag, 12. April 2016, 10.00-15.30 Uhr Seminar von Mission 21 in Zusammenarbeit mit der Basler Mission und dem VermögensZentrum. Mit anschliessender Spezialführung durch das Basler Münster. Infos: sarah.hess@mission-21.org Tel. 061 260 23 36
Geschichte der Basler Mission 21: Wir erleben persönliche historische Berichte und erfahren, was Mission heute bewirkt. Das «Zeppelin-Haus am Bodensee» in
Ostermarsch Montag, 28. März 2016, 13.00 Uhr Der jährlich in Bern stattfindende Ostermarsch will im Jahr 2016 ein Zeichen setzen gegen Krieg und für den Frieden. Der Ostermarsch wird von Mission 21 unterstützt. Infos: www.ostermarschbern.ch
young@mission21-Weekend 30. April und 1. Mai 2016 Pfadiheim Einsiedeln Hast du Lust, zwei Tage lang über Gott und die Herausforderungen in unserer globalisierten Welt zu diskutieren, gemeinsam zu kochen und Spass zu haben? Und bist du zwischen 18 und 30 Jahre alt? Dann melde dich an, wir freuen uns! Infos: www.mission-21.org/young barbara.moser@mission-21.org Tel. 061 260 22 39
Friedrichshafen-Fischbach (Deutschland) ist eine Oase der Ruhe, mit direktem Seezugang. Spaziergänge oder eine Schifffahrt runden das Programm ab. Vollpension, Ausflüge und Programm kosten CHF 650.-, An- und Abreise auf eigene Kosten. Anmeldung bis am 15. April 2016 Infos: : pia.mueller@baselmission.org Tel. 061 260 22 53
Info- und Begegnungstag Donnerstag, 7. April 2016, 10.00 Uhr Dankesanlass von Mission 21 für Ehrenamtliche. Infos: judith.gysi@mission-21.org Tel. 061 260 23 37
Impressum Nachrichten Mission 21, Nr. 1 | 2016 Herausgeberin: Mission 21, Evangelisches Missionswerk Basel, Missionsstrasse 21, 4009 Basel Auflage: 21 900 Ex. Redaktion: Katrin Pilling und Mara Wirthlin Layout: Helge Neuschwander-Lutz Layoutvorlage: VischerVettiger AG, Basel Druck: MHD Druck und Service GmbH, Hermannsburg, D Spendenkonto: PC 40-726233-2 IBAN CH58 0900 0000 4072 6233 2
Mission 21 vereint die Arbeit der Basler Mission, der Evangelischen Mission im Kwango und der Herrenhuter Mission. Mission 21 ist Mitglied der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS), Stuttgart. Die Nachrichten erhalten Gönnerinnen und Gönner von Mission 21. Sie erscheint viermal jährlich.
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Nachrichten 1 | 2016
Missionssynode und Missionsfest 3. bis 5. Juni 2016 Im Anschluss an die Missionssynode (3. und 4. Juni) feiern wir das jährliche Missionsfest. Es beginnt mit dem Festgottesdienst in der Dorfkirche in Riehen (Sonntag, 5. Juni, 10.00 Uhr). Dabei wird das 15-Jahre-Jubiläum von Mission 21 gewürdigt und gefeiert, gemeinsam mit dem
jüngsten Werk von Basler Mission-Gründer Christian Friedrich Spittler, der Kommunität Diakonissenhaus Riehen. Danach folgt der gesellige Teil, ein familienfreundlichen Programm im Garten des Missionshauses (12 bis 17 Uhr, eine Transportmöglichkeit für Gehbehinderte wird organisiert). Für Essen und Getränke ist gesorgt. Infos: gisele.wittmer@mission-21.org Tel. 061 260 22 76 Ferien für Missionsinteressierte 20. bis 27. Juni 2016 Dieses Jahr können Missionsfreunde sich auf eine Reise begeben in die spannende
young@mission21: Camp in Taizé mit Gästen aus Hongkong 22. Juni bis 5. Juli 2016 Gemeinsam mit jungen Erwachsenen aus Hongkong leben wir in der ökumenischen Gemeinschaft in Taizé (Frankreich). Gemeinsames Essen, Lachen, Diskutieren, Singen und den Alltag teilen werden diese Woche prägen. Infos: www.mission-21.org/taize barbara.moser@mission-21.org Tel. 061 260 22 39 Internationaler Bonhoeffer Kongress 6. bis 10. Juli 2016 In Zusammenarbeit mit der Internationalen Bonhoeffer Gesellschaft und dem Institut für Hermeneutik und Religionsphilosophie der Universität Zürich. Die Konferenz stellt die Frage: Kann Bonhoeffers Theologie auch in unserer heutigen, globalisierten Situation noch hilfreich sein? Infos: www.mission-21.org/bonhoeffer2016 magdalena.zimmermann@mission-21.org Tel. 061 260 22 59
Den laufend aktualisierten Veranstaltungskalender mit weiterführenden Informationen finden Sie auf: www.mission-21.org/agenda