Nachrichten 2 2015

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Nr. 2 | Juni — August 2015

Zusammen wirken Wirksamkeit

Nigeria

Malaysia

Beziehungen sind die Grundlage wirkungsvoller Hilfe

Mission 21 baut Soforthilfe und langfristige Unterstützung aus

Theologische Bildung fördert soziales Engagement


Editorial

Aus dem Inhalt

Liebe Leserin, lieber Leser

Editorial 2 Thema 3–5 Wirksamkeit Beziehungen sind die Grundlage wirkungsvoller Hilfe Zum Beispiel Nigeria Mehr als Tropfen auf den heissen Stein: Mission 21 baut Soforthilfe und langfristige Unterstützung aus Unser Projekt 6 Eine völkerverbindende Institution Theologische Bildung in Malaysia Die gute Nachricht Handeln als Gottesdienst Dr. Wilfred John, Direktor am Theologischen Seminar Sabah, über den Sinn theologischer Ausbildung

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Mission 21 aktuell 8- 10 Das interreligiöse Engagement der Herrnhuter 8 Ausstellungen und Publikationen zum Jubiläum der Basler Mission 9 Leserbrief zum Jubiläumsmagazin 10 Tipps Internationales Symposium Die Basler Mission 1815-2015

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Archiv & Buch Feiern, Beten und Singen global Agenda

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Damit Kleidung perfekt sitzt, braucht es professionelles Können. Wer würde daran zweifeln? Zu offensichtlich sind misslungene Versuche: Kleider, die «irgendwie gehen», aber eigentlich doch nicht passen. Was für das Schneiderhandwerk wahr ist – dass es Wissen braucht, damit passt, was passen soll – gilt genauso für unsere Arbeit: Die Projekte und Programme müssen massgeschneidert sein auf die aktuelle Situation und die Bedürfnisse der Menschen. Wodurch wird dieses Wissen überhaupt zugänglich, damit wir massschneidern können? Nur durch vertrauensvolle Beziehungen mit den Partnern. Mission 21 erarbeitet alle Programme gemeinsam mit ihnen: erst einmal nach der Situation und den Bedürfnissen der Betroffenen fragen, prüfen, was umsetzbar ist, ohne zusätzlichen Schaden anzurichten, und eine regelmässige Auswertung des Erreichten. Es kommt aber nicht nur auf die Frage an, sondern auch darauf, ob das Vertrauen für eine offene Antwort ausreicht. Einst fragte mich ein Journalist: «Was ist denn typisch für die Missionsarbeit? Unterscheidet sie noch irgendetwas von anderer Entwicklungszusammenarbeit?» Für mich gibt es da nur eine Antwort: Ja, uns unterscheidet einiges. Zum Beispiel, dass wir internationale Mitbestimmungsstrukturen haben und langjährige Beziehun-

Impressum nachrichten Mission 21, Nr. 2/2015 Herausgeberin: Mission 21, Evangelisches Missionswerk Basel Missionsstrasse 21, 4009 Basel, Schweiz Telefon: +41 (0)61 260 21 20  E-Mail: katrin.pilling@mission-21.org www.mission-21.org  Auflage: 21‘300 Redaktion: Katrin Pilling (kp) Titelbild: Mission 21 / Heiner Heine Layout: Helge Neuschwander-Lutz, Schwabach, D Druck: MHD Druck und Service GmbH, Hermannsburg, D

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gen pflegen, in vielen Fällen auch ohne Programme der Entwicklungszusammenarbeit. Dann stehen – wie etwa mit den Partnern in Ghana – Austausch und Bildung im Vordergrund. Die Beziehungen beruhen also nicht einfach auf «geschäftlicher» Basis. Der geteilte Glauben und das über einen langen Zeitraum gewachsene Vertrauen macht vieles für die Arbeit mit den Partnern, aber auch bei uns in der Schweiz verständlich und umsetzbar. «Zusammen wirken» titeln wir deshalb im Themenschwerpunkt dieser Ausgabe. Beziehungsarbeit steht nicht in Widerspruch zu qualitativ hochwertiger Wirkungsorientierung in der Programmarbeit, sondern ist sogar die Grundlage dafür. Mission ist in ihrer Haltung bescheiden, in ihren Zielen streng und in ihrer Offenheit und ihrem Glauben konsequent.

Ihre

Claudia Bandixen, Direktorin Mission 21

kompensiert Id-Nr. 1547042 www.bvdm-online.de

Spendenkonto: PC 40-726233-2, IBAN: CH58 0900 0000 4072 6233 2 Mission 21 vereint die Arbeit der Basler Mission, der Evangelischen Mission im Kwango und der Herrnhuter Mission. Mission 21 ist Mitglied der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS), Stuttgart. Die «nachrichten» erhalten Gönnerinnen und Gönner von Mission 21. Sie erscheinen vier Mal jährlich, jeweils zum 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember.

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Thema Wirksamkeit

Zusammen wirken Wirksamkeit ist das zentrale Stichwort in der Entwicklungszusammenarbeit, die sich in den letzten 15 Jahren grundlegend verändert hat. Wie passt diese Entwicklung zur Arbeit von Mission 21, die etwas anderes als ein Hilfswerk bleiben will?

«Bildung Austausch Forschung». Doch wie passt das zusammen mit dem Selbstverständnis von Mission 21 als Lern- und Glaubensgemeinschaft? Was ist «wirksam» an einem Projekt der theologischen Bildung? Weshalb ist gerade im Interesse der Wirksamkeit davon abzuraten, Organisationen zu unterstützen, die Spenden fast eins zu eins an die Projekte weitergeben? Jochen Kirsch und Magdalena Zimmermann im Gespräch: Wie hat sich die Entwicklungszusammenarbeit verändert? Jochen Kirsch (JK): Früher lag der Fokus auf Aktivitäten, heute ist die Wirkung entscheidend: Es interessiert nicht mehr in erster Linie, wie viele Kinder wir geimpft haben,

Mission 21

Es sind ehrgeizige Vorhaben – die acht Millenniums-Entwicklungsziele, welche die Vereinten Nationen im Jahr 2000 verabschiedeten. Zum Beispiel sollte bis 2015 die Anzahl der Menschen, die in extremer Armut leben, halbiert und jedem Kind auf der Welt eine Grundschulbildung ermöglicht werden. Dass sich die internationale Gemeinschaft zusammen solche konkreten Ziele setzt, ist Ausdruck eines Wandels in der Entwicklungszusammenarbeit. Die Aufmerksamkeit hat sich von der Frage «Was tun wir?» auf die Frage «Was bewirken wir?» verschoben. «Eine sinnvolle Entwicklung», sagen Jochen Kirsch, Leiter der Abteilung «Internationale Beziehungen» von Mission 21, und Magdalena Zimmermann, Leiterin der Abteilung

Wichtiger als die Frage, wie viele Mädchen dank einer Spende diese Schule in Malaysia besuchen können, ist, ob ihr Schulbesuch letztlich zu einem selbstbestimmten Leben führt. Das ist Wirkungsorientierung.

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sondern wie sich die Kindersterblichkeit dadurch verringert hat. Zweitens gab es durch die stärkere Wirkungsorientierung eine Verschiebung von Projekten hin zu Programmen. In einem Programm sind mehrere Projekte aufeinander abgestimmt und unterstützen einander. Für einen Koch wäre das Menü ein Programm, und Suppe, Hauptspeise und Dessert einzelne Projekte. Nur wenn diese zusammenpassen, erzielt er die gewünschte Wirkung: ein insgesamt gelungenes Menü. Ohne den Programmansatz können sich Projekte sogar gegenseitig behindern. Magdalena Zimmermann (MZ): In unserer Arbeit hat das zum Beispiel dazu geführt, dass wir in Peru und Bolivien gesagt haben: Statt in Lima, La Paz und am Titicacasee Projekte zu haben, konzentrieren wir uns auf die Titicacasee-Region, oft mit den gleichen Partnerorganisationen. So hat man Projekte in einer ähnlichen Region, die sich untereinander austauschen und besser zusammenwirken können. Wie wirken sich diese Entwicklungen auf die Beziehungen zu den Partnern aus? JK: Man muss es erklären. Mit vielen Partnern verbindet uns eine lange Geschichte. Wir machen kein Management per Helikopter: reinfliegen, Staub aufwirbeln und wieder wegfliegen. Wir sind schon längst da, seit 20, 50, 100, 200 Jahren. Daraus sind vertrauensvolle Beziehungen gewachsen, die uns den Zugang zu lokalem Wissen über Konfliktfelder und die Bedürfnisse der Menschen vor Ort erst ermöglichen. Solche Basisdaten sind unverzichtbar für die wirkungsorientierte Programmarbeit. Wir müssen auch erklären, dass es zunächst einmal unser Bedürfnis ist, so vorzugehen. Die Partnerorganisationen schätzen es, wenn wir nicht als die grossen Starken auftreten, sondern offen sind

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und sagen: «Hier brauchen wir euch.» Die bisherigen Rückmeldungen zeigen, dass unsere Partner es auch als Gewinn für sich selbst erleben, wirkungsorientierter zu arbeiten. Dafür ist aber oft so genanntes «Capacity Building» notwendig, das bedeutet: die Partner beim Aufbau von Kompetenzen und Strukturen zu unterstützen, etwa in der Organisations- und der Personalentwicklung. MZ: Beziehungen sind die Grundlage. Sie sind nichts Abstraktes, sondern werden erst lebendig in den gemeinsamen Programmen, aber auch im Bereich Bildung und Austausch: Mission 21 pflegt viele Beziehungen mit Partnern, mit denen wir keine Programme haben. JK: Ein Beispiel dafür sind die Personaleinsätze am theologischen Seminar in Kumba in Kamerun. Es ist nicht so, dass sie dort auf uns warten, damit wir ihnen die Welt der Theologie erklären. Es gibt viele qualifizierte kamerunische Dozierende, die einen soliden Lehrbetrieb bestens aufrechterhalten können. Trotzdem sagt die Partnerkirche: «Diese Stelle ist für uns eine der wichtigsten in der Zusammenarbeit mit euch.» Warum? Welche Wirkung wollen wir damit erzielen? Die Partner möchten jemanden aus einem anderen Kulturkreis haben, der ein ökumenisches Fenster öffnet. Nur so können sie im Dialog ihre eigene, dem Umfeld angepasste Theologie entwickeln und auch unsere Sichtweisen besser verstehen. Aber wieso sollten wir in der Schweiz für das theologische Seminar in Kumba spenden wollen? Wo ist da die gemeinnützige Wirkung? MZ: Das ist ein berechtigter Einwand. Zum einen ist das Theologiestudium schlicht eine Berufsausbildung für junge Menschen, ähnlich wie in der Schweiz: Ich kann als Christ, Muslimin oder Agnostiker in Basel Theologie studieren, das ist eine staatliche Angelegenheit und führt zu einem Ab-

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Mission 21 (2)

Thema Wirksamkeit

Jochen Kirsch und Magdalena Zimmermann

schluss, mit dem ich verschiedene Berufe ausüben kann. Die theologischen Institute, die Mission 21 unterstützt, arbeiten ähnlich. Was aber noch wichtiger ist: Die berufliche Spezialisierung wie wir sie in der Schweiz haben, ist bei den Partnerkirchen oft unbekannt. Bei uns gibt es den Pfarrer, die Sozialdiakonin und den Sozialarbeiter. In Kamerun ist der Pfarrer all das in einer Person. Deshalb lernen die Studierenden in Kumba auch: Wie geht man mit Menschen um, die soziale Probleme haben? Wie führe ich in einer Frauengruppe das Thema «Aidsprävention» ein? Wenn eine Pfarrerin sagt: «Montagabend stelle ich in der Kirche das Impfprogramm vor», kommen die Leute. Es ist im Interesse der Wirksamkeit anderer Programme – etwa im Gesundheitsbereich – wenn wir theologische Ausbildung unterstützen, die auch solche Themen abdeckt. Wirkung lässt sich nicht immer gut messen. Besteht die Gefahr, dass nur noch Programme durchgeführt werden, deren Ergebnisse sich einfach nachweisen lassen? JK: Nein. Es braucht einfach einen erhöhten Aufwand: zum einen beim Capacity Building der Partner, zum anderen durch die Einführung lokaler Koordinationen. Sie dienen dazu, Projekte und Programme besser aufeinander abzustimmen. Dabei geht es nicht nur um zählbare Ergebnisse. Mission 21 hat viele Programme im Bildungsbe-

reich, deren Wirkung mitunter schwer zu messen ist. Es interessiert mich ja nicht nur, wie viele Mädchen zur Schule gehen, sondern ob ihr Schulbesuch letztlich zu einem selbstbestimmten Leben führt. Das lässt sich zum Beispiel durch Interviews und das Sammeln von Lebensgeschichten nachweisen. Und sofort sind wir wieder beim Programmansatz: Ein Schulprojekt muss in Verbindung stehen mit anderen Angeboten, die Mädchen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten eröffnen, zum Beispiel im Bereich der beruflichen Bildung oder der Bekämpfung häuslicher Gewalt. Das erfordert einen enormen Begleitaufwand. JK: Qualität hat ihren Preis. Mission 21 hat ja im vergangenen Jahr das ZEWO-Gütesiegel erhalten. Die ZEWO-Stiftung hat die Notwendigkeit dieses Aufwands längst akzeptiert. Für sie macht es keinen Unterschied, ob es um den direkten Projektaufwand oder den Begleitaufwand geht, das gehört zusammen. Einer Organisation, die sagt, dass sie von 100 gespendeten Franken 99 Franken an ein Schulprojekt weiterleitet, würde ich nie etwas spenden, denn das ist nicht seriös. Es kann doch sein, dass die Schule wegen mangelhafter Begleitung mehr Schlechtes als Gutes bewirkt. Gewissenhafte Programmarbeit braucht ein vernünftiges Mass an Begleitaufwand. Katrin Pilling

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Thema Wirksamkeit

Nur Tropfen auf den heissen Stein? Die Frage nach der langfristigen Wirksamkeit stellt sich bei Soforthilfe in besonderem Ausmass. Gross ist die Not, es muss schnell gehandelt werden. Mission 21 kombiniert ihre Soforthilfe für Nigeria mit langfristiger Unterstützung in bestehenden Programmen. Die Beziehungen von Mission 21 zur «Kirche der Geschwister» in Nigeria (EYN) bestehen seit über 50 Jahren. Es war daher keine klassische Nothilfe, die während einer Katastrophe kommt und schnell wieder geht, als Mission 21 im Jahr 2014 ein umfangreiches Soforthilfeprogramm für die Opfer der terroristischen Gruppierung Boko Haram startete. Die am stärksten betroffenen Gebiete im Nordosten des Landes sind die Heimatregion unserer langjährigen Partnerkirche. Die Schreckensmeldungen aus Nordostnigeria reissen nicht ab. Angriffe von Boko Haram sowie die Ermordung und Entführung unzähliger Zivilisten – unter ihnen viele Kinder – sind an der Tagesordnung. Zeitweise kontrollierte die Terrormiliz ein Gebiet von etwa 50‘000 Quadratkilometern mit einer Bevölkerung von circa 1,8 Millionen Menschen. Zusätzlich verübte sie Anschläge auf Militärstationen, Kirchen, Moscheen sowie zivile Einrichtungen im gesamten Norden des Landes, bis hin nach Abuja, der nigerianischen Hauptstadt. Kirchen leisten Flüchtlingshilfe In Nigeria gibt es mittlerweile zwei Millionen Binnenflüchtlinge. Die meisten von ihnen haben alles verloren und sind auf schnelle Hilfe angewiesen. Die staatliche Hilfe reicht bei weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Zivilgesellschaftliche Organisationen, allen voran die betroffenen Kirchen, versuchen, nachrichten 2/2015

David Sollenberger

Mission 21 baut Hilfe für Nigeria aus

Hilfsgüter werden zu den Familien getragen.

die Lücken zu füllen und die akute Not der Flüchtlinge zu lindern. Mission 21 hilft den Menschen in Nigeria kurz-, mittel- und langfristig. Dabei setzen wir weiter auf die Bausteine: Fördern der interreligiösen Friedensarbeit und Unterstützung von Flüchtlingen sowie Witwen und Waisen. Das tun wir: Soforthilfe gegen die schlimmste Not Für rund 30‘000 Personen, vor allem für Flüchtlingsfamilien, Witwen und Waisen, stellen wir Grundnahrungsmittel, Kleidung, Decken, Medikamente und weitere dringend benötigte Hilfsgüter zur Verfügung. Unterkunft – ein sicheres Zuhause Wir unterstützen verfolgte Christen und Muslime mit dem Bau von drei Flüchtlingscamps sowie festen Wohneinheiten, die eine dauerhafte Ansiedlung ermöglichen. Zudem erhalten die Familien als Starthilfe Haushaltsgegenstände wie Decken oder Töpfe. Traumaarbeit Mit unserer Unterstützung schulen lokale und internationale Fachpersonen die Mitarbeitenden der Partnerorganisation in der Betreuung von traumatisierten Menschen. So helfen wir den Betroffe-

nen bei der Verarbeitung der furchtbaren Erlebnisse. Perspektiven für ein Leben nach der Flucht Wir unterstützen die Menschen bei ihrem Neuanfang: Wir stellen ihnen Geräte für den Ackerbau, Saatgut und Düngemittel zur Verfügung, ermöglichen den Frauen handwerkliche oder hauswirtschaftliche Kurse sowie den Kindern den Besuch der Schule. Friedensarbeit Gemeinsam mit unseren muslimischen und christlichen Partnern vor Ort schaffen wir Verständigung und neues Vertrauen. Wir fördern das gewaltlose Zusammenleben über ethnische und religiöse Grenzen hinweg. Mission 21 verstärkt die Hilfe für Nigeria: Die geplante Unterstützung beläuft sich auf 1‘600‘000 CHF für das Jahr 2015.

Spenden Konto: PC 40-726233-2 IBAN: CH58 0900 0000 4072 6233 2 Vermerk: «999.1106» oder online: www.mission-21.org/spenden

Info www.mission-21.org/soforthilfe-nigeria

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Unser Projekt

Im Vielvölkerstaat Malaysia nehmen die gesellschaftlichen Spannungen durch den Einfluss fundamentalistischer und nationalistischer Strömungen zu. Umso wichtiger sind Institutionen wie das Theologische Seminar in Sabah. Sein mehrsprachiges Bildungsangebot fördert den Austausch über ethnische und konfessionelle Grenzen hinweg. Das Theologische Seminar Sabah (STS) in Kota Kinabalu, der Hauptstadt des ostmalaysischen Bundesstaates Sabah, wurde 1988 von der «Basel Christian Church of Malaysia» (BCCM) gegründet. Heute wird es von zehn Kirchen ökumenisch getragen. Es ist das erste theologische Seminar in Malaysia, das neben chinesisch- und englischsprachigem Unterricht auch Studiengänge in Malaysisch anbietet. Dies ermöglicht auch indigenen Jugendlichen, am STS zu studieren und am internationalen Austausch teilzunehmen. Unter den über 3‘500 Absolventinnen und Absolventen sind auch zahlreiche junge Menschen aus Brunei, China, Indonesien, Myanmar und den USA.

Mut zu differenziertem Denken Mission 21 unterstützt die malaysischsprachige Abteilung des STS mit Beiträgen an Stipendien, die Bibliothek, Gehälter für Dozierende sowie personell mit dem ökumenischen Mitarbeiter Daniel Gloor. Seit Januar 2014 ist der Theologe, der bereits von 1999 bis 2010 am STS unterrichtet hatte, wieder zurück am Seminar. Sein Anliegen ist es, die Studierenden mit dem soziologischen Hintergrund des Neuen Testaments vertraut zu machen und zu einer kompetenten Textanalyse zu befähigen. Weil dazu noch keine malaysische Literatur existiert, verfasst Daniel Gloor diese gleich selbst: «Der Entwurf eines Lehrbuches über den religiösen und philosophischen Hintergrund des Neuen Testaments ist bereits

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Mission 21 / Heiner Heine

Eine völkerverbindende Institution

Am Theologischen Seminar in Sabah werden die Studierenden zum kritischen Denken ermutigt.

fertig», erklärt der engagierte Autor. Es soll dieses Jahr herauskommen, gefolgt von einem Band über den politischen und einem über den sozialen und wirtschaftlichen Kontext. Daniel Gloor möchte seine Studierenden ermutigen, das weit verbreitete wörtliche Bibelverständnis zu hinterfragen. «Es hat einige Frauen und Männer in meinen Klassen, die es wagen, sich kritisch zu äussern und auch meine biblische Interpretation in Frage zu stellen», freut er sich schmunzelnd. «Sie fragen nach, bis sie mit meiner Antwort zufrieden sind.»

Für ein friedliches Miteinander Die Studierenden eignen sich nicht nur theologische Kenntnisse an. Das STS bietet auch Kurse in Sozialarbeit, Beratung und Kommunikation an. Die multiethnischen Zimmergemeinschaften im Wohnheim fördern den interkulturellen Austausch. Zudem wird am Seminar auch über brisante Themen wie religiösen Fundamentalismus und die Rolle des Islam in Malaysia diskutiert. So erhalten die Studierenden fundiertes Wissen und Impulse für friedliche interreligiöse und interethnische Beziehungen. Das Studium am STS ist kein Selbstzweck: Die Dozierenden bilden ihre Studentinnen und Studenten zu verantwortungsvollen

Führungskräften aus, die sich in ihrem Umfeld für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen (siehe Seite 7). «Es braucht integre Pfarrpersonen mit einer von Hoffnung gezeichneten Vision für die lokalen Kirchen», betont Daniel Gloor. Gerade in Bezug auf aktuelle Herausforderungen wie das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher religiöser und ethnischer Zugehörigkeit haben die Ansichten von Pfarrerinnen und Pfarrern meinungsbildenden Charakter. So leistet das Theologische Seminar Sabah einen konkreten Beitrag gegen die Verhärtung religiöser Grenzen und für eine friedliche Gesellschaft in Malaysia. Larissa Jecker

Info «Theologische Ausbildung» ist eines von fünf Hoffnungsprojekten zum Jubiläum der Basler Mission 2015. Weitere Infos: www.mission-21.org/hoffnungsprojekte

Wir brauchen Ihre Unterstützung «Stärkung von Basisgemeinschaften» Nummer: 200.1010 Spenden: Konto PC 40-726233-2 IBAN: CH58 0900 0000 4072 6233 2, «200.1010» oder online: www.mission-21.org/spenden Informationen: Projektdienst, Telefon 061 260 23 03 seraina.vetterli@mission-21.org

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Die gute Nachricht

Handeln als Gottesdienst Mission 21 / Heiner Heine

Theologische Ausbildung in Malaysia

«Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst. Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist (Römer 12:1-2).»

Die Aufgabe theologischer Bildung ist es, die spirituelle und charakterliche Entwicklung von Menschen zu fördern und sie nicht nur zur Durchführung von religiösen Ritualen, sondern auch zu sozialem Engagement zu befähigen. Es geht also nicht in erster Linie darum, reines Wissen zu vermitteln. Vielmehr stehen die Menschen, ihre Beziehung zu Gott und der Dienst an der Gemeinschaft im Mittel-punkt. Für uns am Theologischen Seminar Sabah (STS) ist das wichtigste Ziel, Gottes Wort zu studieren, um diesem in unserem Leben zu begegnen. Wir müssen dem Wort Gottes erlauben, uns so zu formen, dass wir uns zum Wohl der Gemeinschaft engagieren und eine die Welt verändernde Rolle spielen. Theologische Bildung hilft uns dabei, eine klare Vorstellung davon zu haben, was der Inhalt unseres Glaubenssystems ist und wie es unsere religiösen Praktiken ordnet. Dieses bessere Selbstverständnis ist Quelle der Motivation, sich für die Gesellschaft zu engagieren. Das STS bereitet Studierende auf ihr Pfarramt vor und unterstützt so die Kirche, ihrer Berufung und Mission gerecht zu werden. Wir nehmen deshalb das theologische Nachdenken über die Kirche ernst. Ich glaube, theologische Ausbildung wird dort wirksam, wo nachrichten 2/2015

Die theologische Ausbildung befähigt und motiviert die angehenden Pfarrerinnen und Pfarrer zu sozialem Engagement für die Gesellschaft.

Theologinnen und Theologen sich spirituell und biblisch miteinander auseinandersetzen, aber auch mit der Gemeinschaft der Gläubigen und mit der Welt.

Handeln braucht Wissen Um die «Fühler» nach draussen zu strecken und die Gesellschaft zu verändern, brauchen Pfarrerinnen und Pfarrer ein gutes theologisches Fundament. Sie müssen sich Fähigkeiten aneignen und sich über ihre Aufgabe im Klaren sein. Das ist es, was wir praktische Theologie nennen: Wir sind nicht nur Hörende des Wortes, sondern auch Ausführende. Das Kreuz steht dafür, dass der Friede, den die Welt von Christus erhält, nicht eintreten kann, solange die Menschen nicht von einer ganzen Reihe von Übeln geheilt werden: vom Fehlen einer ganzheitlichen Spiritualität und von einem engen Verständnis von Religion, von Liebe zu Reichtum, Macht und Ego, von der Abgrenzung von anderen gesellschaftlichen Schichten oder aufgrund ethnischer Identität, von der Gewalt, religiösem Fundamentalismus, geschlechtlicher Diskriminierung und Gleichgültigkeit gegenüber der Umwelt.

Für mich ist die Antwort auf den gefährlichen religiösen Fundamentalismus nicht etwa mehr Säkularismus, sondern das Stärken religiöser Werte wie Mitgefühl, soziale Gerechtigkeit, Frieden, Einheit in der Vielfalt und Aufopferung für andere nach dem Vorbild von Jesus Christus. So sehe ich die Aufgabe der theologischen Ausbildung am STS. Unser grosses Anliegen ist, mehr Stipendien an indigene Studierende vergeben zu können. Die entsendenden indigenen Kirchen sind meist selbst wirtschaftlich schwach. Deshalb hat das STS einen Stiftungsfonds für die theologische Ausbildung von indigenen Studenten gegründet. Während viele theologische Ausbildungsstätten in der Welt einen Rückgang von Einschreibungen zu verzeichnen haben, nehmen bei uns die Studierendenzahlen, vor allem von Indigenen, permanent zu.

Dr. Wilfred John ist Direktor des Theologischen Seminars in Sabah, Malaysia (siehe Seite 6). Aus dem Englischen übersetzt und bearbeitet von Katrin Pilling.

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Mission 21 aktuell

Von Bern bis Palästina

Herrnhuter setzen auf Begegnung und Toleranz

Die Herrnhuter Mission ist ein Trägerverein von Mission 21. Pfarrer Frieder Vollprecht über das Herrnhuter Engagement für friedliche interreligiöse Beziehungen, die von Bern über Palästina bis ins ferne Sansibar reichen. Im Dezember 2014 wurde in Bern das «Haus der Religionen» eröffnet – ein weltweit bislang einzigartiges Projekt. 16 Jahre hat es von der ersten Idee bis zur Realisierung gedauert. Die Herrnhuter in Bern waren mit Pfarrer Hartmut Haas fast von Anfang an dabei. Im Jahr 2000 schickte die Kirchenleitung das Ehepaar Haas mit dem Auftrag nach Bern, dort die Arbeit mit Migrantinnen und Migranten aufzubauen. Schnell kamen sie in Kontakt mit ähnlichen Initiativen in Bern. Dazu gehörte auch die Idee, ein Haus aufzubauen, unter dessen Dach Angehörige verschiedener Religionen ein gemeinsames Zuhause haben.

Acht Religionen unter einem Dach

Bern – Palästina – Sansibar Nicht nur in Bern engagieren sich die Herrnhuter für ein friedliches Zusam-

Hartmut Haas

Das «Haus der Religionen» wird heute von acht verschiedenen Religionsgemeinschaften getragen. Fünf von ihnen haben einen eigenen Sakralraum eingerichtet.

In einem gemeinsam genutzten «Dialogbereich» werden Veranstaltungen zum interreligiösen und interkulturellen Dialog angeboten. Die Herrnhuter Sozietät Bern ist in den Kirchenraum im «Haus der Religionen» eingezogen und nutzt diesen gemeinsam mit der äthiopischorthodoxen Tewahedo Kirche. Den im schlichten Herrnhuter-Weiss gehaltenen Raum ziert deshalb an einer Seite eine bunte Ikonenwand, die den allerheiligsten Bereich für die äthiopischen Christinnen und Christen vom restlichen Kirchenraum abtrennt. Neben den sonntäglichen Gottesdiensten der beiden sehr unterschiedlichen Kirchen, finden unter der Woche Veranstaltungen in ökumenischer Trägerschaft statt.

Das schlichte Herrnhuter-Weiss trifft auf die bunten Ikonen der äthiopischen Christinnen und Christen: Die Herrnhuter Sozietät teilt sich im neuen «Haus der Religionen» in Bern einen Kirchenraum mit der äthiopisch-orthodoxen Tewahedo Kirche.

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menleben. Auf dem «Sternberg» bei Ramallah in Palästina unterhalten sie seit über 30 Jahren ein Förderzentrum für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen. Hier setzen sich christliche und muslimische Mitarbeitende gemeinsam für die Inklusion dieser Menschen in die palästinensische Gesellschaft ein. Das Projekt wird heute auch von Mission 21 unterstützt. Das Förderzentrum war 1867 als Pflegestation für Leprakranke in Jerusalem entstanden, wurde nach 1948 ins Westjordanland verlegt und dort in die heute bestehende Behindertenarbeit umgestaltet. Inzwischen bietet der «Sternberg» eine Förderung vom Kindergartenalter bis zur Berufsausbildung sowie geschützte Arbeitsplätze. Ein weiteres Beispiel für das interreligiöse Engagement der Herrnhuter findet sich auf der Insel Sansibar. Dieses Traumurlaubsziel ist zugleich eine von politischen und religiösen Spannungen gezeichnete Region. Die Herrnhuter bauten auf Sansibar einen interreligiösen Kindergarten auf, in dem die Kinder von einer muslimischen und einer christlichen Erzieherin gemeinsam betreut werden. So lernen die Kinder, sich als Freunde und nicht als Gegner zu sehen. Der Kindergarten, «Herrnhut Academy» genannt, ist seit gut einem Jahr in Betrieb. Im Februar 2015 wurde er in Anwesenheit von Daniela Schadt, der Partnerin des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck, feierlich eröffnet. So gibt es in drei sehr unterschiedlichen Kontexten Herrnhuter Projekte, die sich der Förderung von gegenseitigem Respekt und Toleranz verschrieben haben. Damit leisten die Herrnhuter, unter anderem gemeinsam mit Mission 21, ihren Beitrag zu einer der grössten globalen Herausforderungen: ein friedliches Miteinander der Religionen zu verwirklichen. Pfr. Frieder Vollprecht, Herrnhuter Sozietäten Basel und Bern

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Mission 21 aktuell

Mission Possible? Die Sammlung der Basler Mission – Spiegel kultureller Begegnungen

Christoph Merian Verlag Basel

Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Basler Mission im Jahr 2015 realisiert das Museum der Kulturen Basel eine umfassende Ausstellung aus der ethnographischen Sammlung der Basler Mission, die 1981 dem Museum übergeben worden war (siehe S. 12). Begleitend zur Ausstellung ist im Mai 2015 eine reich bebilderte Publikation erschienen. Sie widmet sich den Hintergründen der Entstehung der Mission im Jahre 1815 und ihren Zielsetzungen, Strategien und Handlungsfeldern. Ein wichtiger Bestandteil sind Fotografien – zum einen historische Aufnahmen aus dem Archiv der Basler Mission, zum anderen Objektaufnahmen der Sammlung, die auch in der Ausstellung zu sehen sind. Die Publikation legt ihren Fokus nicht nur auf Afrika, sondern auf das ganze Wirken der Basler Mission: Neben Westafrika war die Mission im 19. Jahrhundert in Südindien und China tätig, im 20. Jahrhundert auch in Malaysia und in Indonesien. In den 1970er Jahren begann sie damit, ihre missionarische Tätigkeit als Entwicklungszusammenarbeit aufzubauen. Beleuchtet wird auch die enge Zusammenarbeit mit der Basler Handelsgesellschaft, die von 1869 bis 1928 bestanden hat. Die Mitarbeiter der Handelsgesellschaft wurden damals als «Laienbrüder» nachrichten 2/2015

betrachtet, die den missionarischen Gedanken in die Welt zu tragen hatten. Die Gewinnaufteilung erfolgte 50:50, Verluste trug die Handelsgesellschaft. Im Buchhandel erhältlich. Herausgebende: Museum der Kulturen Basel, ca. 240 Seiten, ca. 100 Abbildungen, Christoph Merian Verlag Basel, CHF 49.- / € 39.-

Basler Mission. Menschen, Geschichte, Perspektiven 1815–2015 Zwanzig Autorinnen und Autoren aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa beschreiben die fesselnde und wechselvolle Geschichte der Basler Mission. Diese Geschichte ist geprägt durch hoch engagierte Menschen und ihre teilweise erstaunlichen Biographien. Da werden beispielsweise einfache Bauern und

Handwerkersöhne zu unerschrockenen Verkündern Jesu Christi oder auch zu bedeutenden Sprachforschern und Geografen. Zunächst überzeugt von der Überlegenheit europäisch christlicher Zivilisation setzten sie nach einigen Jahren auf dem Missionsfeld alles daran, die Basler Leitung vom Eigenwert der Gesellschaftsformen in Übersee zu überzeugen. Das reich bebilderte Buch führt Leserinnen und Leser einprägsam in die Geschichte des Missionswerkes ein und zeigt Perspektiven heutiger missionarischer Theorie und Praxis auf. Im Buchhandel erhältlich. Herausgebende: Christine Christ von Wedel/Thomas K. Kuhn. Ca. 216 Seiten, 130 Abbildungen, Schwabe Verlag Basel, CHF 28.- / € 28.Buchvernissage: Freitag, 12. Juni 2015, 18.00 Uhr, Zunftsaal Schmiedenhof, Rümelinsplatz 4, Basel

«Rundum Basler Mission» Ein buchstäblich «runder» Geburtstag: Eine Rotunde im Garten des Missionshauses beleuchtet mit einer Ausstellung die Entwicklung der Basler Mission. Die Rotunde nimmt die 200-jährige Geschichte der Basler Mission in Augenschein und lässt die wichtigsten Stationen und Ereignisse textlich sowie bildlich hervortreten. In einer Zeitreise von 1815 bis 2015 kann sich der Besucher oder die Besucherin über einschneidende und wegweisende Ereignisse der 200 Jahre Basler Mission informieren, aber auch mehr zu gesonderten Themenbereichen erfahren.

Mission 21 / Christoph Rácz

Buchtipps

Vom 17. April bis 31. Oktober jederzeit öffentlich zugänglich.

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Mission 21 aktuell

«Wie ich auf den Fisch kam» www.seriouslyfish.com

Skurriles aus der Missionsgeschichte Die Reaktionen auf das Jubiläumsmagazin «Pioniere, Weltenbummler, Brückenbauer» fördern Erstaunliches zutage. Im Januar 2015 erschien ein umfangreiches Magazin rund um die spannende 200-jährige Geschichte der Basler Mission. In der Rubrik «Von A wie Alter bis Z wie Zähne» stellt es den Leserinnen und Lesern Skurriles und Seltenes aus der Missionsgeschichte vor. Unter «L wie Libelle» findet sich folgende Anekdote: «Die kamerunische Libelle Pentaphlebia stahli Förster trägt den Namen eines Missionars. Das kam so: Einer der bedeutendsten deutschen Libellenforscher, der Lehrer Friedrich Förster, war mit dem Missionar Gottlieb Heinrich Stahl bekannt. Der Missionar sammelte für den Forscher Insekten im kamerunischen Nyasoso. Darunter befand sich eine Vertreterin der Gattung Pentaphlebia. Zur Ehre des Sammlers wurde sie nach ihm benannt. Die P. stahli gehört zu den gefährdeten Libellenarten dieser Erde. Sie ist von weniger als zehn Fundorten in Kamerun und Nigeria bekannt und lebt in kühlen Bächen des Regenwaldes am Fuss der Berge.» Kurz der nach Veröffentlichung des Magazins erhielt das Redaktionsteam den nachfolgenden Leserbrief. Dieser kontert mit einer Anekdote aus dem Reich der Fische, die zeigt: Die farbenfrohe Libelle aus Kamerun ist keineswegs das einzige Beispiel für eine nach einem Missionar benannte Tierart:

Wie ich auf den Fisch kam In den ersten Jahren in Kumba erhielt ich einen Brief aus Wien. Absender: Hygieneinstitut. Dr. Alfred Radda, ein Zahnkarpfenforscher, hatte gehört, dass ich

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«Epiplatys sexfasciatus Rathkei» oder einfacher: der «Rathkefisch». Ein Missionar der Basler Mission in Kamerun inspirierte den Fischforscher Dr. Alfred Radda zur Namensgebung für die 1970 entdeckte Fischart.

im Regenwald Kameruns lebte, in einem Gebiet, das in punkto Fischforschung noch unterentwickelt sei. Er wolle da Abhilfe schaffen, ob er nicht für ein paar Wochen zu uns kommen dürfe? Unterentwicklung stimme, doch von Fischen hätte ich so gut wie keine Ahnung – ausser von denen, welche man herrlich geröstet am Markt erstehen kann und die ich samt Schwanz und Kopf mit Genuss verspeise, schrieb ich ihm. In dieser Art «Fischforschung» brauche es keine Entwicklungshilfe aus Wien, er könne das viel eher hier erlernen. Er solle nur kommen. Ich bat Freunde, ihn bei sich aufzunehmen. Das gelang alles vortrefflich. Als ich nach etwa drei Wochen von einer Reise zurückkehrte, war Dr. Radda noch unterwegs und wurde eilends über meine Ankunft informiert. Ich hatte natürlich auf eine herrliche Fischspeise gehofft. Er aber kam zwar strahlend herbeigelaufen, doch ich war ein wenig enttäuscht: Die sehr kleinen, farbigen Fische, nach denen er gefahndet hatte, entzückten eher die Augen als den Gaumen. Von Zahnkarpfen hatte ich im Biologieunterricht nie etwas gehört. So erweiterte sich mein Wissen durch Dr. Radda, der nicht aufhören wollte, mich zu bilden. Vielleicht hatte seine bildungsbeflissene Hoffnung dazu beigetragen, dass er mir nach gut einem Jahr einige

Seiten aus einem fachwissenschaftlichen Magazin zusandte, in dem er eine bis dato unbekannte Unterart der Zahnkarpfen mit dem klangvollen Namen «Epiplatys sexfasciatus Rathkei» vorstellte. Das verwirrte mich. Warum «sexfasciatus»? Womöglich heisst das sexfasziniert? Erst bei meinem Heimaturlaub klärte es sich: Dieses Adverb bezog sich eindeutig auf den Fisch und meine Deutung war schlicht falsch. Seither lebt der «Rathkefisch» unbekümmert in den Bächen der Kumba-Region, in Aquarien in Österreich und inzwischen wohl darüber hinaus. Er hat seinen Weg auch in Aquarien-Kataloge gefunden. Und ich weiss immer noch nicht viel mehr über diese Gattung. Karl Heinz Rathke, zwischen 1961 und 1973 zehn Jahre für die Basler Mission in Kamerun im Einsatz

Zu welchen Geschichten inspiriert Sie unser Jubiläumsmagazin? Schreiben Sie es uns! Katrin Pilling

Info «Pioniere, Weltenbummler, Brückenbauer» Jubiläumsmagazin zu 200 Jahren Basler Mission Bestellen (CHF 8.-): christine.lehni@mission-21.org Tel. 061 260 22 36 Kontakt zur Redaktion: isabel.schlerkmann@mission-21.org

nachrichten 2/2015


Tipps

Internationales Symposium Die Basler Mission 1815 – 2015: Zwischenbilanz ihrer Geschichte – Schritte in die Zukunft venhandels wiedergutmachen. Was sie sich nicht vorstellen konnten, war, dass sich daraus eine Bewegung mit Zigtausenden Akteurinnen und Akteuren aus vier Kontinenten entwickeln würde, die Mission 21

Als sich am 25. September 1815 fünf Schweizer und zwei Deutsche im Pfarrhaus von St. Martin in Basel trafen, um die Basler Mission zu gründen, ahnten sie nicht, welch weitreichende Entwicklung sie damit in Gang setzten. Sie spürten die Erleichterung, dass der Krieg endlich vorbei war. Sie ahnten, dass die grösste Hungersnot des 19. Jahrhunderts unmittelbar bevorstand. Aber der Weg, den die Basler Mission nehmen würde, lag ausserhalb ihres Horizontes: Ein Weg voller Schwierigkeiten und Leistungen, Krisen und Erfolgen, der auch nach zwei Jahrhunderten noch nicht zu Ende ist. Die Gründergeneration war sich einig in den Zielen der Basler Mission: das Evangelium des Friedens und eine «wohlthätige Zivilisation» wollten sie ausbreiten und die «unendlich viel schreyende Ungerechtigkeit» des Skla-

Info zum Programm: Datum: 24. bis 26. September 2015 Ort: Mission 21, Basel Info: www.mission-21.org/symposium

Feiern, Beten und Singen global

zu neuartiger Kulturbegegnung führte und weitreichende Fragen aufwarf.

Von gestern für morgen lernen Rund um den 200. Gründungstag der Basler Mission lädt Mission 21 vom 24. bis 26. September 2015 zu einem internationalen Symposium nach Basel ein, um Zwischenbilanz zu ziehen: Welchen Weg sind die Basler Mission und die mit ihr verbundenen Missionen und Kirchen gegangen? Wo steht die Mission heute, in Europa und weltweit? Welche Schritte führen in die Zukunft? Sieben Vorträge zeigen die grossen Linien auf, die in zwölf Arbeitsgruppen vertieft werden. Namhafte Fachleute von Universitäten und Kirchen aus der Schweiz, aus Deutschland, den Niederlanden, Grossbritannien, Ghana, Südafrika, Indien, China, Chile und den USA haben ihre Mitwirkung zugesagt.

Archiv & Buch

Auf der Suche nach geeigneten Worten und Tönen

bmarchives.org / BMA A-30.85.092

Dieser Tage wird überall gefeiert, was das Zeug hält. Nicht nur in Basel und Stuttgart, auch in anderen Gottesdiens-

Singen und Musizieren: nicht nur beim Feiern in Europa, auch im Unterrichtsalltag auf den Missionsstationen wichtig. Hier in China: Longheu, Harmoniumklasse 1928.

nachrichten 2/2015

ten landauf landab sind Delegierte unserer Partnerkirchen zu Gast. Für das gemeinsame Feiern, Singen und Beten braucht es geeignete Worte, Töne und Liturgien. Wer sucht, der findet: In unserer Bibliothek in Basel stehen das internationale ökumenische Liederbuch «Thuma Mina» oder die viersprachige Liturgien-Sammlung «Sinfonia Oecumenica» zum Nachschlagen bereit. Im Archiv sind gar das Missionsliederbuch des Inspektors Josenhans und Gesangbücher in vielen Sprachen zu finden. Testen Sie es gleich selbst: auf www.bmarchives.org als Suchbe-

griff «Liederbuch» eingeben und staunen. Nur nützt das wohl herzlich wenig, denn kaum jemand wird Zeit haben, im Basler Archiv nachzuforschen. Auch der vergriffenen «Sinfonia Oecumenica» hinterherzurennen, ist zeitaufwändig. Allen «Zeitlosen» sei deshalb hier ein schneller Weg verraten: Unter www.globethics.net/ web/gtl/search/overall-search «sinfonia oecumenica» eingeben und schon hat man das gesamte Werk als PDF auf dem Bildschirm. Viel Vergnügen beim Blättern – und darob das Feiern nicht vergessen! Claudia Wirthlin

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Agenda

Veranstaltungen Veranstaltungsorte:

Wenn nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen bei Mission 21 an der Missionsstrasse 21 statt.

Ausstellung «Rundum Basler Mission» 17. April bis 31. Oktober Siehe Seite 9.

Ausstellung «Mission possible?»

«Horizonte weiten» Mundarttheater Impulse für die eigene Kirchge- «Da draussen bei den Heiden»: meinde Szenen zu Rassismus, Mission und Samstag, 5. September, 9.30-17.30 Uhr Sklaverei Frische Ideen für Ehrenamtliche in den Kirchgemeinden. Mit Esther Schläpfer, Pfarrerin am Berner Münster, und dem «Chor der Nationen». Infos: christa.nadler@mission-21.org Tel. 061 260 22 67

Internationales Symposium Die Basler Mission 1815 bis 2015:

22. Mai bis 4. Oktober Museum der Kulturen Basel Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Basler Mission im Jahr 2015 realisiert das Museum der Kulturen Basel eine umfassende Ausstellung. Siehe Seite 9. Infos: www.mkb.ch

24. September bis 26. September Siehe Tipps Seite 11. Infos: symposium2015@mission-21.org Tel. 061 260 22 59

Festwoche in Basel

Afrika-Abend: Dienstag, 9. Juni Asien-Abend: Mittwoch, 10. Juni Lateinamerika-Abend: Donnerstag, 11. Juni Anmeldung erforderlich: christa.nadler@mission-21.org Tel. 061 260 22 67

«200 Jahre unverschämt viel Hoffnung» 8. bis 14. Juni in Basel Infos: www.mission-21.org/festwoche Während der Festwoche tagt die internationale Missionssynode, das oberste Entscheidungsgremium von Mission 21, mit Delegierten aus den Partnerkirchen. Die Verhandlungen sind öffentlich: Mittwoch, 10. Juni, 14.00–17.00 Uhr Donnerstag, 11. Juni, 9.00–17.00 Uhr Freitag, 12. Juni, 9.00–12.00 Uhr

Den laufend aktualisierten Veranstaltungskalender mit weiterführenden Informationen finden Sie auf: www.mission-21.org/agenda

«come–meet–share-Special»

Internationale Frauenkonferenz

Freitag, 12. Juni, 17.00 Uhr Zu den Jubiläumsfeierlichkeiten kommen junge Erwachsene aus Partnerkirchen von Mission 21 in Kamerun, Malaysia, China, Hongkong und Deutschland in die Schweiz. Infos und Anmeldung: www.mission-21.org/young

Montag, 8. Juni 14.00 Uhr: Konferenz des internationalen Frauen-Netzwerkes 18.00 Uhr: gemeinsames Essen und Fest

Buchvernissage «Basler Mission. Menschen, Geschichte, Perspektiven 1815–2015»

Kontinent-Abende Dienstag, 9. Juni bis Donnerstag, 11. Juni jeweils 17.30–21.30 Uhr Thematische Inputs, musikalisches Rahmenprogramm und Abendessen.

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Premiere: Sonntag, 25. Oktober, 17 Uhr Weitere Vorstellungen: 30./31. Oktober und 1./6./8. November Kirchgemeindehaus Johannes Wylerstrasse 5, Bern Das Theaterstück erzählt die Lebensgeschichte des Missionsehepaars Johannes Zimmermann und Catherine Mulgrave. Die Schweizer Verstrickung in die Sklaverei wird ebenso thematisiert wie das rassistische Menschenbild der damaligen Wissenschaft. Infos: hannes.liechti@refbejuso.ch Tel. 031 340 26 04

Freitag, 12. Juni, 18.00 Uhr Zunftsaal Schmiedenhof, Rümelinsplatz 4, Basel Herausgebende: Christine Christ-von Wedel/Thomas K. Kuhn. Siehe Seite 9.

«Freundschaftstag» Samstag, 13. Juni 12.30 Uhr: Mittagessen für Gäste aus dem In- und Ausland 14.00 Uhr: Empfang und Angebote für Gäste 18.00 Uhr: Abendessen und gemütliches Zusammensein

Grosses Jubiläumsfest «Gemeinsam mit der Welt» Sonntag, 14. Juni Münsterplatz Basel 10.00 Uhr: Festgottesdienst im Basler Münster 11.30–17.00 Uhr: Internationales Fest auf dem Münsterplatz. Mit familienfreundlichem Programm, Live-Musik, Show und Spiel sowie einem kulinarischen Angebot und Marktständen aus aller Welt. Im grossen Festzelt ist gemütliches Beisammensein bei jedem Wetter garantiert.

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