Ausgabe 39, März | April 2014
NEUES AUS BERLIN MITTE
WOOF WOOF DEUTSCH + ENGLISH
GLÜCKSTAG MIT I HEART SHARKS BILDERSTRECKE: PICTOPLASMA INTERVIEW MIT BLOOD RED SHOES
Editorial 3
MITTE INS HERZ Ich kannte mal ein Mädchen, das hatte eine Ratte. Das Tier war recht klein geraten, hatte nur drei Beine und war auch ansonsten ein nicht besonders ansehnliches Exemplar. Eines konnte Friedrich, so der Name Dreibeiners, allerdings besonders gut: Apportieren. Natürlich nur Gegenstände, die seiner Größe angemessen waren – aber stets mit unermüdlichem Eifer und überraschend hoher Geschwindigkeit. Manche Tiere haben Eigenschaften, die man auf den ersten Blick gar nicht erwarten würde. Unsere Redakteurin Kathrin zum Beispiel konnte sich im Selbstversuch davon überzeugen, dass ein kleiner Chihuahua-Mischling der perfekte Eisbrecher ist. Wie stolz und anmutig Brandenburger Bullen sein können, erfahrt ihr in unserer Reihe „Berliner Gesichter“. Und dass man selbst Haie durchaus lieb haben kann, das wissen die Jungs von I Heart Sharks, mit denen wir einen „Glückstag“ in Neukölln verbracht haben. Außerdem in dieser Ausgabe: Ein Interview mit der amerikanischen Sozialpsychologin und Buchautorin Melanie Joy und wie immer Neues von den „Mitte-Muttis“. Viel Spaß beim Lesen! Eure MITTESCHÖN-Redaktion
BJÖRN LÜDTKE Björn Lüdtke wohnt seit 2005 mitten in Mitte und bekommt jede kleine Veränderung hautnah mit. Gute Voraussetzungen also, um sich um unsere Rubrik „Lieblingsstücke“ zu kümmern. Außerdem lässt er sich jeden Monat von außergewöhnlichen Menschen durch ihren Kiez treiben, dieses Mal mit Pierre Bee und Simon Wengemann alias der Band I Heart Sharks.
JAN ERLINGHAGEN Seit gut einem Jahr ist Jan Erlinghagen jetzt Art Director für MITTESCHÖN. Einen schönen, alten Porsche hat er leider immer noch nicht. Spaß macht es aber trotzdem noch, auch wenn das letzte Jahr nicht ganz einfach war. Aber dieses Jahr wird anders und alles besser! behance.net/jan-erlinghagen
KATHRIN GEMEIN Wenn Kathrin Gemein nicht gerade fremde Hunde spazieren führt, schreibt die Journalistin und Texterin für verschiedene Magazine und Online-Plattformen – am liebsten über Popkultur und Artverwandtes. Außerdem veranstaltet sie regelmäßig Lese-Abende zu ihrem Blog „Pop-Momente“ – und freut sich immer über Autoren die Lust haben mitzumachen! popmomente.tumblr.com
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4 Impressum
MITTESCHÖN NO 39 HERAUSGEBER
Toni Kappesz VERÖFFENTLICHUNG
Vollstrudel GmbH Schröderstraße 12 10115 Berlin, Germany PROJEKT MANAGER
Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) ARTDIREKTION
Jan Erlinghagen (jan@mitteschoen.com) GRAFIKDESIGN
Sandra Stäbler (sandra@mitteschoen.com) REDAKTION
Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) REDAKTEURE
André Uhl, Bettina Schuler, Björn Lüdtke, Kathrin Gemein, Melissa Frost, Oliver Janik, Sophia Hoffmann, Tobias Stilz FOTOGRAFEN
Sibilla Calzolari, Tina Linster ÜBERSETZUNG
Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Robert Schlicht LEKTORAT
Kathrin Gemein (kathrin@commandante.org) ANZEIGENVERMARKTUNG
Vogel Corporate Media GmbH Christiane Maurer (Christiane.Maurer@vogel-corporatemedia.de) Bianca Welsch (bianca.welsch@vogel-corporatemedia.de) WEBSEITE:
www.mitteschoen.com PROJEKT MANAGER ONLINE
André Uhl (andre@mitteschoen.com) DRUCK
hofmann infocom Nürnberg COVER:
Die Pudel Diego und Rabiata kennen auch an Hundstagen keinen Bad Hair Day. Frauchen Evelyn Reed ist die Besitzerin des Charlottenburger Hundesalons „Snobby Dogs“ — fotografiert von Tina Linster.
Inhaltsverzeichnis 5
INHALT / CONTENT
WEGWEISER 6
MOMENTMAL: COOLER HUND & TOLLE WURST
8
VERANSTALTUNGSTIPPS
10
MITTESCHÖN LIEBLINGSSTÜCKE
19
HAPPA HAPPA: SÜSSE BÖHNCHEN GEBEN TÖNCHEN
41
ENGLISCHE ÜBERSETZUNGEN English Translations
45
MITTESCHÖN VERLOSUNG
47
STADTPLAN City Map
KIEZTALK 12
GLÜCKSTAG MIT I HEART SHARKS
18
AUGENSCHMAUS: ZEITLOSER URBAN AFRO
20
DAS TIER UND WIR The animal and us
26
LÄRMIGER POP: INTERVIEW MIT BLOOD RED SHOES
28
AUF DEN HUND GEKOMMEN Interaction with a dog
36
FUNDBÜRO: ZABRISKIE
38
BERLINER GESICHTER: ROSTOV, ZUCHTBULLE Berlin Faces: Rostov, stud bull
40
WIR MITTE-MUTTIS UND UNSERE PFERDE-KINDER We Mitte-Mums and our horse-loving children
46
KOLUMNE: ÜBER DAS EINSTEIGEN. UND ÜBER DAS AUSSTEIGEN AUCH.
KULTURGUT 22
KUNSTTIPPS VON EYEOUT EYEOUT Art Events
23
ILLUSTRATORIN DES MONATS: IVONNE DIPPMANN
30
BILDERSTRECKE: PICTOPLASMA
Dass Tiere oft herhalten müssen, um allzu Menschliches zu beschreiben, ist ein dicker Hund – wer spinnt, hat einen Vogel, die Zicke ist ’ne blöde Kuh COOLER HUND & TOLLE WURST
und das arme Schwein nicht selten auf den Hund gekommen – sie zum Sündenbock zu machen: unter aller Sau, siehe Kater oder Schweinehund. Und dann, kaum geschlachtet und im eige-
Tina Linster fängt für MITTESCHÖN Berlin-Momente ein.
nen Darm verwahrt, geht plötzlich alles um die Wurst! Den Hans kennt jeder und auf diesem Foto sehen wir sein weibliches Pendant: Nies Wurst, fleischgewordene Karikatur und Pseudonym
der zeichnenden Berlinerin Janina, die von des Hans Wursts Ruhm sich eine Scheibe abschneidend, mit spitzem Bleistift gerne stichelt. Völlig wurscht scheint all dies dem Hund im Vordergrund.
8 Veranstaltungstipps, Translation P. 41
KONZERT: KING KRULE Der 19-jährige Archy Samuel Marshall aus London und Band, aka King Krule, kommen nach Neukölln. Stil? Morrissey-esk sagen die Einen, Dark Wave die Anderen. Auf jeden Fall wusste man bereits nach dem ersten Track von „6 Feet Beneath The Moon“, dass es sich hier um etwas Besonderes handelt. Das Konzert im Heimathafen könnte die letzte Gelegenheit sein, den Sound im kleinen Rahmen zu erleben. Sehr zu empfehlen! HEIMATHAFEN NEUKÖLLN, 9. APRIL
CASUAL CONCERTS: DEUTSCHES SYMPHO-
Beginn: 21 Uhr
LESUNG: MONSTERS
Tickets: 20,50 Euro
OF BORDERLINE
Karl-Marx-Straße 141, www.kingkrule.co.uk
NIE-ORCHESTER
Im Alltag schreiben Linus Volkmann und Felix Scharlau für das Intro Magazin. Dort missgönnen sie jun-
Sie sind frisch, sie sind frech: Die kompakten Ein-Stun-
gen Bands leidenschaftlich eine Karriere, die ihnen
den-Konzert in der Berliner Philharmonie. Freie Platz-
selbst versagt blieb. Als Autoren berichten sie schwer
wahl, zwangloses Outfit von Publikum und Musikern
unterhaltsam vom Scheitern, Bier und Nagetieren. Im
und die Moderation des Dirigenten rücken die Musik
Format der Lesung ist das ein Happening. Multime-
in ein neues Licht. Im März steht die Dritte Symphonie
dial, peinlich und komisch zugleich. Alte Anti-Helden
„Liturgique“ des Komponisten Arthur Honegger auf
finden sich in der Neuzeit wieder – so versucht sich
dem Programm. Anschließend füllen OSCA (Live Act)
Super-Lupo dieses Mal im Online-Dating. Schinken
und DJ Johann Fanger das Foyer der Philharmonie mit
Omi darf auch mit. Muss man sehen, lesen, lieben.
Leben. PHILHARMONIE, 30. MÄRZ
Beginn: 20.30 Uhr, Tickets: 15 Euro, ermäßigt Zehn Euro Herbert-von-Karajan-Straße 1, www.dso-berlin.de
MONARCH, 19. MÄRZ
AUSSTELLUNG: HANNA SCHYGULLA –
Beginn: 20.15 Uhr, Tickets: Sieben Euro Skalitzer Straße 134, www.kottimonarch.de
TRAUMPROTOKOLLE Seit der Zusammenarbeit mit Fassbinder in „Die Ehe der Maria Braun“ (1978) ist Hanna Schygulla Schauspielerin von Weltrang. Zur selben Zeit etwa begann sie mit eigenen Videoarbeiten im Spannungsfeld von Verlust und Versöhnung. „Angefangen hat es mit dem Träumen, denn wenn wir schlafen und träumen, erwacht in uns ein Dichter, der uns mit gewagten Bildern und Worten das sagt, was unser Wachsein uns verbirgt.“ Schygulla bleibt zwar abstrakt, lässt dabei jedoch sehr
MINIFESTIVAL:
persönliche Einblicke in ihr Innerstes zu.
AUSSTELLUNG:
COMICINVASION
AKADEMIE DER KÜNSTE, BIS 30. MÄRZ
ERNSTE SPIELE
Dein wertvollster Besitz ist die erste Ausgabe von Spi-
Tickets: Fünf Euro
Computerspiele können eine sehr ernste Sache sein. So
derman, du hast ständig Angst, dass dir der Himmel
Pariser Platz 4, www.adk.de
viel wird klar, wenn man sich auf das Werk des tsche-
Dienstag bis Sonntag, 11 bis 19 Uhr
auf den Kopf fällt, oder kleidest dich gerne in haut-
chischen Autors, Filmemachers und Künstlers Harun
engem Polyester? Dann ist die Comicinvasion dein
Farocki einlässt. Im Rahmen seiner vier Videoprojek-
Pflichttermin. Auf dem eintägigen Festival im Urban
tionen setzt Farocki sich mit der Verwendung von
Spree stellen Künstler und Verlage ihre neuesten Wer-
Computerspiel-Technologien zur Ausbildung amerika-
ke vor. Fans können Liebhaberstücke abgreifen und an
nischer Soldaten auseinander – immer mit einem kri-
Events rund um das Thema Comics teilnehmen. Freier
tischen und scharfsinnigen Blick auf die Art und Weise,
Eintritt!
in der bewegte Bilder Bedeutungen erzeugen und so
URBAN SPREE, 26. APRIL
kritischen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben.
12 bis 23 Uhr, Eintritt frei
HAMBURGER BAHNHOF,
Revaler Straße 99
6. FEBRUAR BIS 13. JULI
www.comicinvasionberlin.tumblr.com
Invalidenstraße 50/ 51, www.smb.museum/home.html
Foto-Credits: Harun Farocki (Ernste Spiele)
Veranstaltungstipps, Translation P. 41 9
AUSSTELLUNG:
KONZERT:
ECHTE GEFÜHLE
NENEH CHERRY
Wie transportieren Filme Emotionen? Wie vermitteln
Sie ist zurück! Nach 17 Jahren. Und geht erst mal ins
sie eine Authentizität, bei der individuelle und kollek-
Berghain. Neneh Cherry ist schon eine coole Sau. Die
tive Erfahrungen aufeinandertreffen? Wie gelingt es,
Tatsache, dass die Schwedin immer noch einen guten
eingespielte Seh- und Denkmuster infrage zu stellen,
Namen hat und nach so langer Zeit wieder sofort ech-
ohne jedoch die Aufmerksamkeit des Betrachters zu
tes Interesse an ihrer Person weckt, verdankt sie ihrem
verlieren? Diesen Fragen widmet sich die Themenaus-
Mut zum Neuen und der klaren Aufstellung als Künst-
stellung „Echte Gefühle: Denken im Film“ mit Arbeiten
lerin. Ihr durch „Buffalo Stance“ generierter Fame als
von Lorette Fahrenholz, Simon Martin und vielen anderen. KW INSTITUTE FOR CONTEMPORARY ART, BIS 27. APRIL
Mi bis Mo, 12 bis 19 Uhr, Do, bis 21 Uhr Auguststraße 69, www.kw-berlin.de
KONZERT: LONSKI & CLASSEN Das Berliner Duo Lonski & Classen legt sein neues Album „All Tomorrow Is Illusion“ vor und wir sind begeistert von den gefühlvoll arrangierten Songs mit einem Hauch Melancholie, einer Prise umgarnender Fürsorglichkeit, unterlegt vom aufmunternden Schlag-
süßes Schneckchen in Sneakern war halt nur eine Facette. Deswegen: Die Neneh Cherry der späten Achtziger sollte man im Berghain nicht erwarten. BERGHAIN, 6. MÄRZ
Beginn: 21 Uhr Tickets: 23 Euro Am Wriezener Bahnhof www.nenehcherry.com
zeug-Herzschlag. Am 9. März spielen sie in der Volksbühne und holen sich dazu illustre Gäste ins Haus am Rosa-Luxemburg-Platz, darunter André Uhl mit seinen düster-funky Electronica-Kompositionen und Miranda, die manche auch die „PJ Harvey Malmös“ nennen. VOLKSBÜHNE AM ROSA-LUXEMBURG-PLATZ, 9. MÄRZ
Beginn: 20 Uhr
TANZ: MEG STUART –
Tickets 18 Euro, ermäßigt 14 Euro Linienstraße 227, www.lonskiandclassen.com
HUNTER
PARTY: JEUDI RECORDS
Der Körper ist ein Archiv. So sieht es zumindest Meg
Hamburg zu Gast in Berlin. Die Jungs von JEUDI Re-
Stuart und erforscht in Hunter ihren von persönli-
cords reißen sich am 5. April los aus ihrem geliebten
chen und kulturellen Erinnerungen, von Vorfahren
Kiez an der Reeperbahn, um die nach House lechzen-
und künstlerischen Vorbildern, von Fantasien und
de Meute in der Ritterstraße zu beglücken. Mit dabei
unsichtbaren Kräften beherrschten Leib. Sie geht auf
sind die charmanten Adana Twins, die von ihrer Brasi-
Entdeckungsreise in einem Land der kleinen Dinge,
lientour sicher noch braun gebrannt sein dürften, der
die ihren Körper umgeben, und sucht noch passende
Strahlemann Monte für den funky Touch und Doctor
Reisebegleiter für vier Trips vom 26. bis zum 29. März
Dru, einer der Labelgründer und verantwortlich für
im HAU2.
den ganzen Spaß.
HAU2, 26. BIS 29. MÄRZ
Beginn: Do und Fr, 20 Uhr, Sa und So, 20:30 Uhr Tickets: 22 bis 27,50 Euro, ermäßigt 11 Euro Tempelhofer Ufer 10, www.hebbel-am-ufer.de
VERKOSTUNG: BROTZEIT IM LIST So eine Brotzeit ist eine ganz simple Sache, möchte man meinen. Aber so einfach ist es nicht. Zumindest nicht, wenn man Wert darauf legt was auf dem Tisch landet. Im List weiß man das genau, weil Käse, Wurst, Salat und Aufstrich aus eigener Herstellung stammen. Selbstverständlich auch das Brot. Es ist eben so wie eigentlich mit allem: Die Geschichte hinter dem Produkt macht den Unterschied. Gönn dir das per Voranmeldung. LIST, 5. APRIL
Beginn: 19.30 Uhr, Kostet: 17 Euro Weichselstraße 66, www.daslist.de Foto-Credits: Ed Atkins and Simon Martin (Echte Gefüle), Claudia Hill (Meg Stuart – Hunter)
RITTER BUTZKE, 5. APRIL
Beginn: 23:59 Uhr Ritterstraße 24 www.ritterbutzke.de
10 Mitte Streets
MITTESCHÖN LIEBLINGSSTÜCKE Text Björn Lüdtke
NEON WAR GESTERN Ist: ein paar Schuhe Kann: dir das „Fishing for compliments“ ersparen Kostet: 95 Euro Unsere Redakteurin Sophia ist „noch nie in ihrem Leben so oft auf Schuhe angesprochen worden.“ Na, wenn das mal kein Grund ist, den Schuhen vom spanischen Label Muro.Exe unseren Lieblingsstücke-Stempel aufzudrücken! Die Schuhe werden im spanischen Toledo hergestellt und kommen komplett ohne tierische Produkte aus. Für alle, die nicht gerne schicke Lederschuhe anziehen, denen die aktuellen Neon-Sneakers der großen Labels aber zu albern sind. Gibt's in Berlin bei Van Liebling. Gesehen bei: www.vanliebling.com
SAUBERE PLATTE – SAUBERER SOUND Ist: eine Plattenwaschmaschine Kann: deine Lieblingsplatten wieder zum Strahlen bringen Kostet: 399 Euro Wer sein Bier über seinen iPod schüttet, der hat Pech gehabt. Wer sein Bier über sein Vinyl schüttet, dem bleibt maximal die Nadel beim Auflegen kleben. Aber auch dem kann jetzt geholfen werden, mit der Okki Nokki MK II. Hier passt nicht nur der TekkiName zum Nerd-Produkt, sondern das Ding kann auch noch was: „Die Okki Nokki MK II ist eine kompakte und sehr leistungsstarke Plattenwaschmaschine. Die Handhabung ist einfach und effizient, das Waschergebnis über jeden Zweifel erhaben.“ Die Waschflüssigkeit wird von Hand aufgetragen und über ein Absaugrohr wieder abgesaugt. Das Ergebnis? Nicht nur sauber, sondern rein. Gesehen bei: www.okkinokki.de
Mitte Streets 11
KISSEN, DIE EIN AUGE AUF DICH WERFEN Ist: ein Kissenbezug Kann: dich im Schlaf sehen – oder ein Auge zudrücken Kostet: 39 Euro Auch, wenn alle inzwischen die neunziger Jahre zitieren – die achtziger sind als Einfluss aus der Popmusik kaum noch wegzudenken. Aber kennt jemand den hier noch? „Somebody’s watching me“ von Rockwell? Der Text geht ungefähr so: „I always feel like, Somebody’s watching me, And I have no privacy, Whooooa-oh-oh, I always feel like, Somebody’s watching me, Tell me, is it just a dream?“ Nee, Rockwell, das ist nicht nur ein Traum. Du hast nur die Kissenbezüge von Sensitive Boyfriend aus Neuseeland drauf. Kleiner Tipp: Dreh sie um, dann guckt keiner mehr. Gesehen bei: sbxo.carbonmade.com
FRÜCHTE DER BEGEISTERUNG Ist: ein Ring Kann: dich an die Riviera beamen Kostet: 129 Euro Die Szene: strahlend blauer Himmel, ein Cabrio (ein schickes aus den 60ern), ein Kopftuch, das im Fahrtwind flattert (Hermès?), eine Serpentine, Felsen und darunter das azurblaue Meer. Der Ort: die Riviera (ob Côte d’Azur oder italienische ist uns jetzt einfach mal egal, wer den Winter in Berlin überstehen will, muss grenzenlos träumen dürfen). Das Accessoire: der Ring Xsuperfine Crystal Artichoc XS Striped von Sabrina Dehoff, die sich bei den Farben für ihre Kollektion „Fruits of Ardour“ aus der maritimen Farbpalette bedient hat. Übrigens heißt „ardour“ Begeisterung. Ja, sind wir. Begeistert. Gesehen bei: www.sabrinadehoff.com
STRICK IST SCHICK Ist: ein Strick-Kleid Kann: Schick Kostet: 700 Euro Dies ist ein Quiz. Wir geben euch drei Hinweise und ihr müsst erraten, um welches Jahrzehnt es sich handelt. Erstens, Regisseur Michelangelo Antonioni drehte seine Filme „Zabriskie Point“ und „The Passenger“. Zweitens, Clubs hießen noch Disco, wo die Tanzflächen von unten beleuchtet wurden und mit dem Rhythmus blinkten. Drittens, Kleider wurden in der Taille gerafft, gingen bis kurz unters Knie und flatterten beim Gehen und Tanzen elegant um die Beine. Na, hat’s geklingelt? Richtig, es geht um die 70er. An denen orientiert sich Maike Dietrich, Chefin und Designerin beim Stricklabel Maiami, gerne und interpretiert den Look der Dekade auf ihre Weise: gestrickt. Gesehen bei: www.maiami.de
Simon und Pierre
Glückstag 13
I HEART SHARKS Text Björn Lüdtke Fotos Sibilla Calzolari
Heute geht’s zum Glückstag nach Neukölln, wo die Jungs der Band I Heart Sharks ihr Studio haben. Pierre Bee und Simon Wengemann zeigen uns ihren Kiez und erzählen uns von Diven, den Achtzigern und dem High auf der Bühne.
Wir treffen uns bei der Band I Heart Sharks im Studio, das im tiefen und tristen Industriegebiet von Neukölln liegt. I Heart Sharks sind Pierre Bee, Simon Wangemann und Martin Wolf. Pierre und Simon wohnen in Berlin und Martin in Leipzig, der deswegen auch nicht beim Glückstag dabei sein kann. Das Studio teilen sich die beiden Musiker mit dem Produzenten Gordon Raphael, der vor allem für seine Arbeit mit The Strokes bekannt ist. Wir hören uns ein paar Tracks vom neuen Album Anthems an, das am 28. März erscheint und von Joseph Cross produziert wurde, der auch schon die Hurts unter seinen Fittichen hatte. Zum Track „Headlines“ will ich mehr wissen. Pierre erzählt: „Zu der Zeit, als wir das Lied geschrieben haben, haben wir viel Prince gehört und auch mit Midge Ure von Ultravox zusammengearbeitet. Wir haben viel 80er Musik gehört. Im Song selbst geht es um eine Diva, die älter wird, und die von einem Fan begehrt wird.“ Pierre hatte sich den Film „My Week“ with Marilyn angeschaut und prompt in die Figur der Monroe verknallt. „Nachdem ich den Film gesehen hatte, habe ich wirklich von ihr geträumt und ich habe mich gefühlt, als wäre ich wirklich in sie verliebt. Ich konnte
gar nicht mehr mit meiner Freundin reden, weil ich so in Marilyn verliebt war. Ich habe den Film erst vor ein paar Tagen wieder gesehen und da ging es mir genau so.“ Die arme Freundin. „Ich bin nicht mehr mit ihr zusammen, aber Marilyn war nicht posthum der Grund für die Trennung. Im Song geht es um jemanden wie die Monroe, jemanden, der ziemlich kaputt ist wegen all der Leute, die immer etwas von ihr wollen. Es scheint, als liege ihr die ganze Welt zu Füßen, aber eigentlich ist sie ziemlich traurig und eine tragische Person. Der Fan verfolgt sie und will unbedingt mit ihr zusammen sein und Schlagzeilen mit ihr machen.“ Das Studio von I Heart Sharks liegt am Neuköllner Schifffahrtkanal. Der Blick aus dem Studio raus übers Wasser ist genial, auch wenn wir sehen, dass sich die Wolken am Himmel zuziehen. Wir machen uns trotzdem auf den Weg. Wir kommen am wohl uncharmantesten Gebäude der Stadt, dem Estrel-Hotel, vorbei, überqueren den Kanal auf der Sonnenallee und finden unseren ersten Stopp des Tages am Siegfried-Aufhäuser-Platz, das Café Geschwister Nothaft, in dem die beiden Musiker viele ihrer Pausen verbringen.
14 Glückstag
Das Intro zu Headlines, dem Stück, das wir im Studio gehört hatten, ist mit einer französischen Frauenstimme unterlegt. Das erinnert extrem an „Fade to grey“ von Visage, einem Klassiker der 80er. Das Jahrzehnt scheint im Werk von I Heart Sharks eine große Rolle zu spielen. „Das ist einfach unser Musikgeschmack“, sagt Simon. „Als Pierre und ich uns in Berlin gefunden haben, waren wir beide neu in Berlin. Da hat man hier die 80er gehört. Auch die Techno-Einflüsse in der Stadt, im Berghain, diese dunkle, bedrohliche Energie und Kraft – das hatte alles Einfluss auf unsere Musik. 80er Musik ist einfach immer noch gut. Ich mag die Ästhetik der Zeit auch gerne.“ Pierre: „Damals hat man Songs geschrieben, heute geht es eher um Töne und Klang, Musik ist heute oft minimalistisch und man geht auf einen Synth-Klang. Ich liebe Prince. Das ist einfach gut geschriebene Popmusik. Mein Vater hat mich da sehr beeinflusst. Ich liebe die poppigen Sachen von Queen, David Bowie oder The Cure.“ Im Studio
Wir überlegen, was wir als Nächstes machen wollen. Die Idee des Glückstages ist ja, sich treiben zu lassen, den Kiez von Menschen kennenzulernen, die das kreative Gesicht von Berlin mitprägen. Pierre macht den Vorschlag, zum Markt am Maybachufer zu gehen, der würde beiden gut gefallen und er müsse eh noch einkaufen. Wir machen uns auf den Weg, aber als wir den pittoresken Rixdorfer Richardplatz überqueren, fängt es an zu regnen. Wir haben zwar gerade erst einen Kaffee getrunken, aber eigentlich ist es Zeit fürs Mittagessen und so retten wir uns ins Zsa Zsa & Loui. (Mein Verzehrtipp: die Meatballs mit Käse drin oder die Chili Cheese Fries.) Musik machen wollten beide schon immer. Pierre ist in einer Vorstadt im Norden von London aufgewachsen. Nach der Schule hat er angefangen, Grafik-Design zu studieren. Er hat aber schnell gemerkt, dass das nicht das ist, was er eigentlich machen will. Nicht umsonst hätte er als Teenager in so einigen „schlechten Bands“ gespielt. Mit 19 Jahren ist er dann nach Berlin gezogen, weil so viele andere auch hier herziehen und weil man es sich besser leisten kann als London. Simon ist in München geboren, aber ist in New York und Richmond in den USA aufgewachsen, später dann wieder nach Dresden, von wo er 2006 nach Berlin gezogen ist. Obwohl er nicht unbedingt findet, dass Deutschland seine Heimat ist, wollte er auch nicht gleich wieder weg und musikmäßig schien ihm die Hauptstadt am interessantesten. Simon hat sich schon während seines Abis auf das Studium der E-Gitarre vorbereitet, hat sich aber dann doch gegen ein Musikstudium entschieden. Er wollte lieber seinen eigenen Weg gehen. Inzwischen leben die Jungs von ihrer Musik und nach dem Album-Release steht die nächste Tour an.
Café Geschwister Nothaft
Den Plan, zum Maybachufer zu gehen, putzen wir uns von der Backe. Das Wetter ist dafür einfach nicht schön genug. Anstatt
Glückstag 15
Im Studio
Café Geschwister Nothaft
Café Geschwister Nothaft
Café Geschwister Nothaft
Frierende Hundedame am Richardplatz
16 Glückstag
dessen zwingen wir Pierre, seinen Geheimtipp preiszugeben: Eigentlich will er nicht, dass er zu bekannt wird. Aber dafür ist es jetzt leider zu spät. Neben dem Zsa Zsa & Loui ist der Eingang zu einem Trödelmarkt. Im hinteren Teil des Hofes gibt es „die billigsten und geilsten Möbel“. Hier könne man seine ganze Wohnung für nur 300 Euro einrichten. Sorry, Pierre!
schön. Ich verstehe gar nicht, warum Leute da unbedingt rumhängen wollen. Da steht ein brummender Kühlschrank, da ist niemand. Das Gefühl ist krass und wird auch immer schlimmer, je größer die Locations werden. Du gehst von der Bühne und dann hat dir deine Mutter eine SMS geschrieben. Oder schlimmer noch … noch nicht einmal sie hat geschrieben!“
Pierre ist schon auf Konzert-Entzug. „Weil wir gerade nicht spielen, das ist richtig schlimm. Wenn ich sehr lange nicht mehr auf der Bühne stand, dann weiß ich nichts mehr mit mir anzufangen.“
Geht ihr dann noch aus, weil ihr eh noch total aufgeregt seid? Simon: „Manchmal schon. Die Botschaft, die dir dein Gehirn sendet ist dann: Betrink dich sinnlos. Aber das geht ja auch nicht immer.“
Simon will auch wieder. „Ich glaube, wir sind jetzt in so einem Rhythmus wie viele professionelle Bands. Man verbringt viele Monate im Studio, was am Anfang irgendwie immer spannend ist. Morgens geht man hin, tüftelt den ganzen Tag lang herum und am Ende hast du einen neuen Song geschaffen. Wenn man dann aber die Lieder zum tausendsten mal überarbeitet hat, dann wird das auch wieder dröge und man wünscht sich, wieder live zu spielen. An dem Punkt sind wir jetzt gerade.“ Je länger ein Künstler nicht auf der Bühne stand, desto größer wird dafür die Belohnung. Was geht in einem vor, wenn man sie betritt? „Du machst die ersten Minuten dein Ding, findest dich zurecht. Dann fängst du an zu spielen und wenn einen dann das Publikum begrüßt, dann schießt das Glückshormon aus der Hirnanhangsdrüse“, sagt Simon.
Zum Abschied spielt uns Pierre noch ein Ständchen auf einem alten, verstimmten Klavier auf dem Trödelhof. Bald dürfen die Jungs wieder auf die Bühne, denn jetzt sind es nur noch ein paar Wochen bis zur Tour, die am 24. April in Erfurt beginnt. Am 29. April spielen sie im Bi Nuu in Berlin. Dann fließen auch die Glückshormone wieder. I Heart Sharks iheartsharksmusic.tumblr.com Café Geschwister Nothaft Schwarzastraße 9 12055 Neukölln Zsa Zsa & Loui Gourmet Street Food Richardstraße 103
Umso schlimmer muss es doch sein, wenn man dann wieder von der Bühne muss. Pierre: „Das ist der beschissene Teil am Musikerdasein. Du gehst von der Bühne, hast vor Publikum gespielt, und musst dann in einen leeren, weißen Raum. Backstage ist es nie
Zsa Zsa & Loui
Trödelhof
12043 Berlin Trödelhof Eingang Richardstraße 105
Pierre im Trödelhof
WER JUNG BLEIBEN WILL
Muss Fr端h daMit anFangen.
voeslauer.com facebook.com/voeslauer
18 Augenschmaus
ZEITLOSER URBAN AFRO Text Sophia Hoffmann Foto Sibilla Calzolari
Maggie Coker wuchs im Norden von London auf, bevor es sie vor knapp vier Jahren nach diversen Stippvisiten permanent nach Berlin verschlug. Vor drei Jahren eröffnete sie mit der Schwedin Johanna Hagman den wunderbaren Vintage Shop „Rag And Bone Man“ in Neukölln. „Ich bin kein klassischer Fashion-Victim“ sagt Maggie, „aber ich mag die gute Qualität und Zeitlosigkeit älterer Stücke und stehe voll hinter der Recycling-Idee!“. Ihre Vorfahren stammen aus Sierra Leone und für die kleine Maggie waren ihre Eltern große Styling-Vorbilder. Mummy mixte eklektisch afrikanische Stoffe mit westlicher Kleidung, Daddy trug zeitlose
Anzüge, lieber ein paar hochwertige Stücke als viel Schund – so lautet auch ihre Devise. Was die Haare anbelangt, setzt Maggie auf Natur und sie verrät ihr Pendant zu YouPorn sei die Youtube-Suche nach neuen Afro-Hairstyles, die sie dann von der Friseurin ihres Vertrauens umsetzen lässt. Sie sieht das auch als gesellschaftliches Statement gegen den westlichen Idealen nacheifernden Beauty-Wahn afrikanisch-stämmiger Frauen. Sie nimmt einen Schluck aus einer Flasche mit giftgrüner Flüssigkeit: „Chlorophyll, will du mal kosten? Sehr gesund …“ lacht sie.
„Ich sammle afrikanische Stoffe und nehme mir immer vor, ganz viel daraus zu nähen,
Die Armreifen stammen
meistens komme ich
aus Gambia und aus
nicht dazu und binde
Mexico, die goldene
mir sie um den Kopf.“
Kette mit dem Umriss
(Finden wir mindestens genauso super …). Den Stoff hat Maggie von
des afrikanischen Kontinents aus dem Senegal.
einer Freundin aus dem Senegal.
Das Shirt für Feingeister auf Techno-Parties (Aufschrift: Quiet Please) ist aus einem SecondHand-Shop in Kopenhagen, die Bomberjacke stammt von einem Berliner Flohmarkt. Sie erinnert sie mehr an Ska Punks und Londoner Suburb Parties als an ostdeutsche LoserSkinheads – gut so.
Die schwer nach Retro aussehenden PlateauSchuhe sind in Wirklichkeit von Vagabond und noch gar nicht so alt. Die Autorin hatte mit 15 genau solche und verstauchte sich damit den Knöchel, als sie geistesverloren zu „Zombie“ von den Cranberries schwofte – 90er halt …
Die schwarze Jeans im Wasted-Look stammt von Monki. Rag And Bone Man Briesestraße 9 12053 Berlin
Augen zu und Mund auf 19
HAPPA HAPPA! Süße Böhnchen geben Tönchen Text Sophia Hoffmann Fotos Tina Linster, Sophia Hoffmann
Glutenfreie Brownies 400 gr schwarze Bohnen (aus der Dose oder einge-
½ Päckchen Backpulver
weicht / vorgekocht)
1 ausgekratzte Vanilleschote oder
2 EL Sojamehl mit 4 EL Wasser verrührt (Eiersatz)
½ TL gemahlene Vanilleschote
4 gut gehäufte EL Vollrohrzucker
1 Prise Salz
5 EL ungesüßtes Kakaopulver
100 gr dunkle Kuvertüre
3 EL Pflanzenöl (Raps- oder Sonnenblumenöl)
nach Belieben etwas Sesam zum Bestreuen
Immer mehr Menschen leiden an Zöliakie (Unverträglichkeit von Gluten) oder reagieren zumindest überempfindlich auf das Klebereiweiß, das in Getreiden wie Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer und Gerste vorkommt. Seit ich mich mit glutenfreiem Backen beschäftige, habe ich viele fantastische Rezepte entdeckt, die komplett ohne Mehl auskommen – wie diese saftigen, leckeren Black Bean Brownies. Man muss nicht einmal Zöliakie haben um sie gut zu finden! Die einzige Herausforderung lautet: Finde schwarze Bohnen, die nicht schon in Chilisoße eingelegt sind. Ich konnte keine vorgekochten finden, so habe ich die getrockneten aus dem Reformhaus über Nacht eingeweicht und anschließend noch ein Stündchen gekocht. Wenn jemand von euch in Berlin vorgekochte findet – sagt mir Bescheid!
Zubereitung:
Alle Zutaten (bis auf die Kuvertüre und den Sesam) in einem Standmixer zerkleinern, bis eine homogene Masse entsteht (zur Not geht’s auch mit dem Pürierstab). Sie sollte streichfähig sein und nicht zu krümelig, ansonsten noch etwas Öl oder Wasser hinzufügen. Diese kommt dann in eine mit Backpapier ausgelegte Auflaufform. Mit einem Teigschaber schön gleichmässig ausstreichen. Wenn du dich schwer tust, gib noch ein bis zwei EL Wasser auf die Oberfläche, dann streicht sich’s leichter …
Bei 180 Grad etwa 20–25 Minuten backen. Nach 20 Minuten mit dem Zahnstocher-Test gucken, ob die Brownies schon durch sind. Abkühlen lassen, aus der Form stürzen. Kuvertüre im Wasserbad schmelzen und damit den Brownie-Block verzieren, Sesam darüber. Wenn die Schoki hart ist, in gleichgroße (oder große für euch und kleine für die anderen) Stücke schneiden … Guten Appetit! Noch mehr Happa Happa gibt’s unter www.oh-sophia.net!
20 Kieztalk
DAS TIER UND WIR Text Sophia Hoffmann Translation p. 42
Kürzlich ging der Fall durch die Medien: Im Kopenhagener Zoo wurde eine Giraffe geschlachtet und an die Löwen verfüttert. Giraffen sind schöne, exotische Tiere, die wir bewundern und die nicht auf unserem Speiseplan stehen. Viele Menschen reagierten empört, der Zoo-Direktor bekam sogar Morddrohungen. Aber ist so eine Empörung nicht ungerecht gegenüber den Tausenden Küken und Mäusen, die tagtäglich in Tierparks verfüttert werden? Und auch gegenüber dem, was wir selbst auf dem Teller liegen haben? Wieso machen wir überhaupt einen Unterschied zwischen den Tieren, die wir selbst essen und nutzen und jenen, die wir streicheln und manchmal wie unsere eigenen Kinder behandeln? Die US-amerikanische Sozialpsychologin Melanie Joy beschäftigt sich seit 20 Jahren mit diesem psychologischen Phänomen, zuletzt erschien ihr Buch „Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen“, wir haben ihr ein paar Fragen gestellt.
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Melanie, eines der häufigsten Argumente mit dem Menschen ihre emotionale Differenzierung zwischen Nutz- und Haustieren begründen, ist die Aussage „Ist halt so“. Sie haben dafür den Begriff Karnismus entwickelt. Was hat es damit auf sich? Karnismus ist ein unsichtbares Glaubenssystem, das uns darauf konditioniert, bestimmte Tiere zu verzehren, sozusagen das Gegenteil von Veganismus. Weil es das dominante Glaubenssystem unserer Gesellschaft ist, trägt es keinen Namen. Wir neigen dazu, zu glauben, dass nur Vegetarier und Veganer ihre Einstellungen an den Esstisch mitbringen. Aber erst wenn wir darüber nachdenken, dass wir bestimmte Tiere essen und andere nicht, merken wir, dass wir überhaupt konditioniert sind. Sobald wir nicht mehr gezwungen sind, Tiere zu essen, um unser Überleben zu sichern, ist dies unsere freie Entscheidung. Aber das ist den meisten Menschen nicht bewusst. Warum essen wir also Kühe und vergöttern unsere Hunde? Ein Grund für unsere unterschiedliche Wahrnehmung ist wohl, dass wir die Tiere so unterschiedlich sehen. Mit Kühen kommt man als Großstadtbewohner nur in Kontakt, wenn man sie isst oder anzieht. Viele von uns haben zu Hunden ein Verhältnis, das sich kaum vom Verhältnis zu Menschen unterscheidet. Wir sprechen sie mit Namen an, verabschieden uns, begrüßen sie, schlafen mit ihnen in einem Bett. Wir lieben nicht die einen und essen die anderen, weil diese Tiere von Grund auf unterschiedlich sind, sondern weil wir sie unterschiedlich wahrnehmen. Infolgedessen nehmen wir auch ihr Fleisch unterschiedlich wahr und würden vor einem Golden-Retriever-Steak angewidert zurückschrecken. Wir folgen also ohne es zu merken einem Schema? Genau. Schemata fungieren als geistige Klassifikationssysteme. Für jeden Themenbereich haben wir ein solches Schema, auch für Tiere. Ein Tier kann beispielsweise als Beutetier, Fressfeind, Schädling, Haus-
tier oder Nahrungsmittel eingeordnet werden und wie wir es einordnen, bestimmt dann, was für eine Beziehung wir zu ihm haben. Wollen wir es jagen, ausmerzen, vor ihm fliehen, es lieben oder essen? Hätten wir es also mit Fleisch zu tun von einem Tier, das wir als nicht essbar einstufen, passiert etwas Interessantes: Wir ekeln uns. Weil wir eine emotionale Verbindung zwischen dem kuscheligen Tier und dem Stück Fleisch auf dem Teller herstellen? So ist es. Noch merkwürdiger ist allerdings eine Nicht-Reaktion auf die Vorstellung, Kühe und andere Tiere zu essen. Hier haben wir einen Missing Link in unserem Wahrnehmungsprozess. Haben Sie sich schon mal gefragt, warum sie bei Zehntausenden von Tierarten den Gedanken, sie zu essen, als ekelhaft empfinden – und bei einer kleinen Handvoll nicht? Das Erstaunliche bei unserer Einteilung in essbar und nicht essbar ist nicht unser Empfinden von Ekel, sondern unser Nichtempfinden von Ekel. Ich halte dieses Verhalten für größtenteils, wenn nicht sogar vollständig erlernt. Sie haben drei Adjektive herausgefunden, die häufig benutzt werden, um den Verzehr bestimmter Tiere zu rechtfertigen: Normal, natürlich und notwendig – wie widerlegen sie diese Adjektive? Es hat sich in unserer Gesellschaft über Jahrhunderte manifestiert, dass es normal, natürlich und notwendig sei, Nutztiere zu essen. Wer sich heute dagegen entscheidet, wird als Abseits der Norm empfunden. Natürlich gibt es Länder, in denen es aufgrund fehlender wirtschaftlicher Ressourcen überlebensnotwendig ist Fleisch zu verzehren, in unseren hochentwickelten Industrie-Nationen ist dies nicht der Fall. Und über den Begriff „natürlich“ lässt sich streiten. Es gab viele menschliche Verhaltensweisen, die im Laufe der Evolution als „natürlich“ galten und die heute ethisch fragwürdig erscheinen oder als Verbrechen geahndet werden würden.
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Gewissermaßen. Tiere werden auf verschiedene Weise verdinglicht, vor allem durch die Sprache. Menschen, die in der Tierindustrie arbeiten benutzen sie als Distanzierungsmechanismus. Es macht einen frappierenden Unterschied, ob man ein Tier als ein „etwas“ oder ein „jemand“ bezeichnet. Ich habe für meine Studien viele Schlachter interviewt und fast alle waren sich einig, dass ihr Beruf sie emotional wesentlich stärker belasten würde, würden sie stärker über die Individualität der einzelnen Lebewesen nachdenken. Wird das Tier als kopflose Masse gesehen oder als das Produkt, als welches es später im Supermarkt landet, fällt die Distanz leichter. Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen? Nachdem ich mit einer Lebensmittelvergiftung im Krankenhaus landete, wurde ich Vegetarierin und später Veganerin. Ich war anfangs neugierig, auch aufgrund meines eigenen Verhaltens: Wie konnte ich als rationaler, mitfühlender Mensch irrationale Entscheidungen treffen? Wenn man darüber nachdenkt, ist Tiere essen wirklich unlogisch. Ich sorgte mich um Tiere und wollte nicht, dass sie leiden. Ich setze mich für Gerechtigkeit ein und möchte nicht Teil einer ungerechten Massenbewegung sein. Trotzdem war ich so verankert in diesem System, ohne es überhaupt wahrzunehmen. Als ich an meiner Dissertation über die Psychologie des Fleischessens arbeitete, merkte ich, dass alle Menschen, die ich interviewte, sowohl Arbeiter in großen Fleischfabriken wie auch Biobauern, die nur für den Eigenverzehr züchten, sehr ähnliche Einstellungen haben. Die in sich widersprüchlich sind und keinen Sinn machen. Ich wollte mir das ganze System, das dahinter steckt, genauer ansehen und es psychologisch untersuchen. Es ist sehr komplex und ich arbeite immer noch daran. Dr. Melanie Joy hat in Harvard studiert, war als Professorin für Psychologie und Soziologie an der University of Massachusetts Boston tätig, ist Publizistin und hält als
Sie benutzen auch immer wieder den Begriff der „Verdinglichung“ – tricksen wir uns damit selbst aus?
Sprecherin weltweit Vorträge zu ihren Forschungen. Vor Kurzem ist sie nach Berlin gezogen.
22 Kunsttipps von EYEOUT
KUNST TIPPS
VON
EYEOUT
Text Melissa Frost Translation Robert Schlicht, p. 43
In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).
JAMES BENNING 8. März – 12. April 2014 neugerriemschneider, Linienstraße 155, S1, S2, S25 Oranienburger Straße, Di–Sa 11–18 h +49 30 28 87 72 77, mail@neugerriemschneider.com, www.neugerriemschneider.com
James Benning: After Howard, 2013 Courtesy neugerriemschneider, Berlin
Visionäres Außenseitertum und Kunst, zwei Konzepte, die ebenso schwer voneinander zu trennen sind wie die von Autorschaft von Ruhm. Der kalifornische Künstler James Benning setzt sich in seiner Ausstellung decoding the passed (after black hawk, pettway, mondrian, traylor, ramírez, darger, howard, yoakum, hawkins, and tolliver) mit diesen Begriffen auseinander. Der vor allem als Filmemacher bekannte Benning hebt die Appropriation auf eine neue Ebene des multimedialen Ausdrucks, indem er eine Erzählung schafft, die auf präzise Weise Film, Malerei, Fotografie und Installation miteinander verwebt. Sei es in der Nachbildung von Arbeiten der im Ausstellungstitel genannten Künstler, dem Abfotografieren ihrer Monografien oder in der Verbindung der Biografien des „Unabombers“ Ted Kaczynski und Henry David Thoreaus – stets präsentiert Benning eine komplexe, einfühlsame Meditation über die Funktionen der Kreativität und der Berühmtheit.
LENS-BASED SCULPTURE 24. Januar – 21. April 2014 Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, U9 Hansaplatz, Di–S0 11–19 h +49 30 200 57 20 00, info@adk.de, www.adk.de
Duane Hanson: Man with Camera, 1991 Sammlung ARTSQUARE Courtesy Van de Weghe Fine Art, New York Art © The Estate of Duane Hanson / Licensed by VAGA, New York, NY Foto: Tom Powel Imaging, Inc, New York © VG Bild-Kunst, Bonn 2014
Die Fotografie hat das Selbstverständnis der Kunst revolutioniert. Mehr als nur ein Werkzeug zur Dokumentation, hat sie die Weise, wie andere Medien ihre Funktion innerhalb der visuellen Kultur verstehen, dauerhaft verändert – vielleicht mehr noch als die Skulptur. Die Ausstellung lens-based sculpture in der Akademie der Künste bietet eine retrospektive Untersuchung des komplexen Zusammenspiels zwischen diesen zwei- und dreidimensionalen Welten. Mit über 200 Arbeiten von 70 internationalen Künstlerinnen und Künstlern beleuchtet die innovativ kuratierte Ausstellung den beispiellosen Einfluss des 20. und 21. Jahrhunderts auf unsere Vorstellungen vom Raum und unser Verständnis der Objekthaftigkeit. Indem sie zugunsten eines internationalen, kunsthistorischen Ansatzes Generationen und geografische Grenzen überschreitet, bietet lens-based sculpture die seltene Gelegenheit, neu über den Wert des Bildes im Verhältnis zur physischen Welt nachzudenken.
WALL WORKS 29. November 2013 – 31. August 2014 Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50 / 51, U1 Kurfürstenstraße, Di, Mi, Fr 10–18, Do 10–20, Sa, So 11–18 h +49 30 266 42 42 42, service@smb.museum, www.hamburgerbahnhof.de
Katharina Grosse: Think This Is a Pine Tree, 2013, © Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, Staatliche Museen zu Berlin / Thomas Bruns © VG BildKunst Bonn, 2013
Mit der Veröffentlichung von Inside the White Cube rückte ein weniger bekannter Akteur in den Fokus der modernen Kunst: die Wand. Die Ausstellung Wall Works im Hamburger Bahnhof schlägt ein weiteres Kapitel in diesem Dialog auf, das neue Denkanstöße liefert. Mit einer Auswahl von Arbeiten von den 1960er Jahren bis heute untersucht Wall Works die Funktionen des Ausstellungsraums neu, von seiner traditionellen Rolle als bauliche Struktur bis zu seinem Einsatz als integrales Medium des künstlerischen Ausdrucks. Die vielfältigen Praktiken in der Ausstellung – ob zweidimensional oder architektonisch, 50 Jahre alt oder im letzten Jahr produziert – werfen in ihrer Verbindung eine sehr aktuelle Frage auf: Wenn es der Kunst gelungen ist, sich über ihre Konventionen hinaus zu entwickeln, konnten die Institutionen der Kunst dem gerecht werden?
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ILLUSTRATORIN DES MONATS: IVONNE DIPPMANN Text Ron Winkler
Es ist schön, wir sind kaputt. Oder fragwürdig zumindest, dunkel. In ihren Bildern scheint uns Ivonne Dippmann dabei zu beobachten. Es sind nicht die Highlightmomente, nicht die Schönstheiten unseres Lebens. Eher die Aushaltezeiträume zwischen den Hochs und den Tiefs. Aber das ist schon zu sehr spekuliert. Was sehen wir? Manchmal einen Schnabel im Gesicht, manchmal so etwas wie einen Schnabel, noch ein bisschen anders als bei Pinocchio. So einfach ist es ja alles nicht. Denn die Bildern schließen ein unverstehbares Dahinter mit ein. Das Schnabelartige könnte ein seltsames Vehikel sein, das die Figur mit diesem Off verknüpft. Überhaupt finden wir nicht wenige Störgegenstände appliziert, Störgesten, Gestörtheitsmimik. In einem Bild ein Anti-Midas, dem alles zu Schwarz zerfällt, in einem anderen ein Farbenüberschwang, als gäbe es kein Morgen. Mich fesselt das. Schon weil die Figuren psychisch in dunkler Relation zu ihrer Schöpferin stehen. „Ivonne, I will always be with you“, steht als Zitat auf einer Arbeit. Und auf einer anderen: „I haven’t myself located yet.“ Das ist der Spannungsraum: Selbsterweiterungslust und dazu die Klebrigkeit von irgendwas, das man nicht los wird. Dippmann bewertet das zum Glück nicht – sie stellt dar, nicht aus. Mit einem Strich zwischen asiatisch klar und cartoonesk überdreht lauscht sie wie Raimond Pettibon „dem unruhigen Herzschlag des Westens“. Und zeigt den Menschen, wie er sowohl multipel verstrickt als auch multipel isoliert ist. Und oft scheint, als stecke er in einer falschen Zeit fest – einer vergangenen oder noch nicht erreichten. Es sind oft Individuen wie von dort, wo das Unbewusste die Regie übernimmt. Figuren einer Sideshow-Realität oder aus dem engen Universum des Alleingelassenseins. Verwendet von ihrer Umgebung und nicht weniger von sich selbst. Irgendwie gebremst durch die Statik der eigenen Psyche und der adaptierten Riten. Verletzt, aber auch verletzend, durchaus sehr „traversed by violence“ (Raphael Zagury-Orly). Da schwelen so einige Heftigkeiten hinter den circensischen Masken. Und die Verwandlungsmechanismen des Bildes machen sie uns wieder echt. Ron Winkler, *1973 in Jena, lebt seit 14 Jahren in Berlin. Schriftsteller und Übersetzer. Zuletzt erschien sein Gedichtband „Prachtvolle Mitternacht“ (Schöffling & Co. 2013)
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Foto: Daniel Reiter
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LÄRMIGER POP Text Kathrin Gemein
Die Blood Red Shoes haben eine engere Verbindung zu Berlin: Ihr viertes, selbstbetiteltes Album hat das britische Duo in Kreuzberg aufgenommen, zuletzt haben sie ein Privatkonzert in einer Fan-Wohnung gespielt. Wie es dazu kam, warum sie diesmal ihre neuen Songs selber produziert haben und inwiefern ihr aktuelles Album sowohl ihr lärmigster als auch poppigster Output ist, erklären Laura-Mary Carter und Steven Ansell im Interview.
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Gestern habt ihr ein Konzert in einer Wohnung von einem Fan von euch Friedrichhain gespielt. Wie war es? Steven: Ganz schön laut! (lacht) Es waren sehr viele Leute in einer nicht so großen Wohnung und alle sind – im positiven Sinne – ausgerastet. Das hat Spaß gemacht! Wie kam es zu diesem Privatkonzert? Steven: Wir haben in zehn verschiedenen Städten weltweit QR-Codes versteckt – und der Finder in Berlin hat dieses Privat-Konzert geschenkt bekommen. Als alle zehn Codes gefunden wurden, haben wir den Track „A Perfect Mess“ von unserem neuen Album online freigeschaltet. Das klingt nach einer sehr charmanten Aktion. Wie kamt ihr auf diese Idee? Laura-Mary: Das war Stevens Idee. Wir wollten einmal etwas Neues ausprobieren – und zwar eine Aktion, bei der die Fans selber aktiv werden müssen. Wir gehören ja noch zu einer Generation, die sich früher mit großer Mühe über neue Musik informieren und dann zum Plattenladen gehen musste, um an diese Musik zu kommen. Und der Moment, das Album dann endlich in den Händen zu halten und später zuhause abspielen zu können, war etwas ganz Besonderes und Wichtiges. Heute findest Du halt alles direkt im Internet. Deshalb wollten wir etwas auf die Beine stellen, weswegen unsere Fans wirklich vor die Tür und sich damit beschäftigen müssen – und das Resultat vielleicht noch ein bisschen mehr wertschätzen. Nun ist euer viertes Album „Blood Red Shoes“ erschienen. Bis auf die letzte Abmischung habt ihr diesmal alles in einem Kreuzberger Studio quasi im DIY-Stil zu zweit gemacht. Wie war das? Steven: Es hat sich einfach wie nach Hause kommen angefühlt. Am Anfang unserer Bandzeit haben wir, bevor wir ein Label hatten, unsere ersten 7-Inches genauso aufgenommen. Und jetzt, acht Jahre später, sind wir wieder dort, wo wir angefangen haben. Aber wir haben nur mehr
Equipment und können auch besser spielen. (lacht)
es stimmt ja auch: Das ist das härteste Album, das wir seit langem gemacht haben.
Euer Sound hat sich auf eurem neuen Album etwas gewandelt: Die lauten Gitarren im Instrumental-Intro geben die Richtung auch definitiv vor.
Laura-Mary: Wir wären von selber nicht darauf gekommen, dass wir so klingen!
Steven: Yeah! (lacht) Exakt das wollten wir damit zum Ausdruck bringen – einfach mit einem Intro zu sagen: Genau das erwartet euch – let’s go! Laura-Mary: Wir wollten da auf keinen Fall zu zaghaft sein. Was war denn bei „Blood Red Shoes“ genau euer Ansatz? Laura-Mary: Noise! Steven: Wir wollten so spontan und instinktiv arbeiten wie es uns selber möglich war. Und eben nicht alles zu Überdenken, wie wir es sonst immer machen, sondern den Moment einzufangen und unsere Musik auf diese Weise spielen. Wenn sich etwas richtig angefühlt hat, haben wir es auch beibehalten und akzeptiert. Am Anfang war diese Herangehensweise für uns recht schwierig, weil wir eigentlich immer sehr perfektionistisch arbeiten. Deshalb war das ein Kampf für Spontaneität und eine bestimmte Art von Performance – und für die Freiheit; Let it go, let it breath and let the music go! Das ist ganz klar das Gegenteil von dem, was wir auf unseren vorherigen Alben gemacht haben. Und wir werden höchstwahrscheinlich genau das Gegenteil davon wieder auf unserem nächsten Album machen (lacht). Außerdem haben sich ein paar Metal-Zitate eingeschlichen …
Oft werden solche Metal-Zitate ja eher ironisch verwendet – bei euch ist das nicht der Fall … Laura-Mary: Ich denke, dass Heavy-Musik zwischenzeitlich ein wenig festgefahren war. Deshalb ist es schwer, sich auf eine interessante Weise damit zu beschäftigen, ohne gleich im Klischee zu landen. Ich denke, wir haben eine schräge Mischung von Pop-Melodien kreiert, die das wieder auffängt. Steven: Yeah, das sind alles totale PopSongs, die einzelnen Stücke funktionieren alle wie ältere Pop-Musik mit sehr eingängigen Refrains. Dann haben wir alles wieder mit dreckigen Gitarren zerstört – und nun klingt es nach uns. Ich fand beim Hören auch, dass das euer Album mit dem meisten Pop-Appeal ist. Steven: Das ist auch ernsthaft die Weise, wie wir unser Album sehen. Das ist alles purer Pop: Wenn man die Verzerrung wegnimmt und die Art, wie wir unsere Stücke eingespielt haben – ganz schnell und unsauber. Wenn sich ein richtig ambitionierter Produzent mit diesen Stücken beschäftigt hätte, würden nun alle sagen: Das ist euer kommerziellstes Album mit den meisten Radio-tauglichen Stücken. Aber wir wollten genau diesen Anklang wieder komplett sabotieren – mit einer anderen Energie, einem anderen Gefühl und diesem „Fuck you!“-Noise. Genauso mag ich das und so eine Herangehensweise finde ich interessant.
(beide fangen an zu lachen und schlagen ein) Die Blood Red Shoes treten am 10. April im Astra
Ähm, ok, was hat es damit auf sich?
Kulturhaus auf.
Steven: Es macht einfach Spaß, wie viele Leute und auch Interviewer uns gesagt haben, wie sehr wir jetzt manchmal ein wenig nach Metal klingen würden. Und
www.bloodredshoes.co.uk
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AUF DEN HUND GEKOMMEN Text Kathrin Gemein Illustration Susan Stäbler Translation p. 44
Dass man die große Liebe seltenst auf dem Dancefloor kennenlernt, hat sich ja mittlerweile herumgesprochen. Wenn einschlägige Magazine von Tätigkeiten mit einem besonders großen – Achtung, Unwort – „Flirtfaktor“ sprechen, fällt darunter oft das Spazierengehen mit einem Hund. Was nicht sonderlich absurd klingt: Ich kenne auch jemanden, dem sein kleiner Köter den Anfang von mehreren Beziehungen zumindest erleichtert hat. So kam ich auf die Idee, mir auch temporär einen Vierbeiner zuzulegen und darauf zu achten, inwiefern das die Reaktionen auf mich tatsächlich verändert.
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Vor nicht all zu langer Zeit konnte man in diversen Magazinen von einem neuen Trend lesen: Angeblich sollten jede Menge Agenturen eröffnet haben, die Alleinstehenden aus der Großstadt zu Flirt-Zwecken Hunde ausleihen. Doch meine Internetrecherche ergab, dass unter keiner Nummer mehr jemand zu erreichen war. Ob das an mangelnden Interesse an dieser Geschäftsidee oder an Tierschutz-Auflagen hängt, habe ich nicht herausbekommen. Drum der nächste, naheliegende Versuch: Ein Facebook-Aufruf in dem Wortlaut „Hat jemand von euch einen Hund, den ich mir nächstes Wochenende für zwei Stunden ‚ausleihen‘ könnte?“ Innerhalb weniger Sekunden erschien der erste Kommentar aus meinem virtuellen Freundeskreis: „Willste jemanden kennenlernen?“ Somit: Das Klischee, mit Hund schnell zu zweit zu sein, ist zumindest schon in den Köpfen verhaftet. Eine liebe Ex-Kollegin bot mir schließlich an, dass ich ihren Hund mal ausführen darf. Mein Glück: Es handelt sich hierbei um einen besonders niedlichen, nämlich einen Chihuahua. Ja, das sind diese klitzekleinen Hunde, die über Personen wie Paris Hilton dieses HandtaschenHund-Image bekommen haben. Milo jedoch würde es keine Minute in einer solchen aushalten, dafür ist er viel zu aktiv. Somit habe ich einen perfekten Begleiter für dieses kleine Experiment gewonnen. Da an diesem Tag die Meldung publik ging, dass der Winter nun vorbei sei, die Sonne schien und es schon ein wenig zu warm für meine Winterjacke war, machte ich mich gut gelaunt mit Milo auf den Weg.
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eine Ratte?“ Als ich mich kurz in einem Café in der Sonne für einen Espresso niederließ, begrüßte die Kellnerin erst in der Hocke Milo, wechselte dann mit mir drei Sätze über seine Rasse und sein Alter und brachte unaufgefordert mit einem Heißgetränk noch eine Schale Wasser. Alles schön und gut. Doch war meine Aufgabe innerhalb dieses Experiments ja eine andere … langsam machte sich bei mir ein gewisser Ehrgeiz, gepaart mit ein klein wenig Eitelkeit vielleicht, bemerkbar. Und ich erwischte mich dabei, wie ich schließlich schief grinsend und vielleicht einen Tick zu viel nach Blickkontakt suchend durch die Straßen schlenderte. Komplett erfolglos. Was sicherlich auch an meinem angestrengten Gesichtsausdruck gelegen haben mag.
Bis ich vor zweieinhalb Jahren nach Berlin gezogen bin, habe ich den allergrößten Teil meines Lebens im Rheinland verbracht; die letzten Jahre davon in Köln. Deshalb verspürte ich anfangs hier manchmal eine leichte Wehmut. Mir fehlte einfach dieses zwischenmenschliche, typisch rheinische, das viele von außerhalb auch als distanzlos bezeichnen, für mich aber halt drei Jahrzehnte Alltag war. Menschen, die einen einfach so im Entgegenkommen anlächeln, Bäckerei-Fachverkäuferinnen, die grundsätzlich noch zwei Sätze Plausch an das Verkaufsgespräch dranhängen, Leute, die im Bus spontan ein paar Worte mit einem wechseln, so etwas eben. Mit Milo erwischte mich dieses Rheinland-Gefühl mitten in Kreuzberg. Während es einem in Berlin besonders in den tristen Monaten schon so vorkommen kann, dass einen kaum einer wirklich auf Straße wahrnimmt, entdeckte ich nun bei mir entgegenkommenden Passanten eine typische Blickbewegung: Erst runter zum Hund, dann kurz hoch zum anderen Ende der Leine, in 50 Prozent der Fälle ein kurzes Lächeln, dann weggucken. Und das unabhängig von Alter und Geschlecht. Öfter lächelten Leute auch einfach den Hund an (was ich auch oft mache und nun froh bin, dass das nicht so debil herüber kommt, wie ich manchmal dachte, wenn ich mich selber dabei erwischt habe). An einer Ampel sprach mich eine ältere Dame darauf an, was Milo denn für eine Rasse sei. Am Kanal blieb eine Familie neben mir stehen und ihr rund drei Jahre altes Kind machte „eiei“ und ich musste darauf achten, dass es bei Milo nicht am Schwanz zieht. Und ein älterer Herr knurrte im Vorbeigehen ein „Ist das schon ein Hund oder noch
Ob man also mit einem Hund die Person des Lebens kennenlernen kann? Bestimmt. Wenn man sich nicht so banane anstellt wie ich. Aber dafür habe ich eine andere Erkenntnis gewinnen können: Wenn ich mich das nächste Mal im grauen Winter-Berlin ein wenig verloren fühle, mich mal wieder ein unfreundlicher Autofahrer mit beleidigender Geste weghupt oder ich kurz ein wenig Heimweh nach dem rheinischen Miteinander habe, dann leihe ich mir einfach einen Hund und drehe eine Runde um den Block. Die Interaktion mit den Menschen, die mir begegnen, sind dann inklusive.
30 Bilderstrecke Pictoplasma
SELFIE MANIA Das Pictoplasma Festival für figürliche Gestaltung in Illustration, Animationsfilm, Graphic und Urban Arts feiert seinen zehnten Geburtstag – Gratulation! Um das gebührend zu feiern, gibt es im Kino Babylon vom 30. April bis zum 4. Mai jeden Abend eine neue Auswahl animierter Kurzfilme zu sehen. Der „Character Walk“ führt durch über zwanzig Ausstellungen in Mitte und Neukölln und eine zentrale Ausstellung im Kaufhaus Jandorf zeigt eigens produzierte Character-Portraits. Ein Schwerpunkt der Ausstellung wird auf der aktuell inflationären Spielart des Selbstportraits liegen: Den mit dem Smartphone aufgenommen „Selfies“, denn dieses Fieber hat offensichtlich auch die Pictoplasmaharacter infiziert …
Pictoplasma Berlin Festival 2014 Character Portraits – The 10th Anniversay Edition 30. April bis 4. Mai 2014 Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz und mehr als 20 Ausstellungsorte berlin.pictoplasma.com
Foto-Credits: Parra Toro
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Foto-Credits: Rodrigo Aguilar aka Zapatoverde (oben), Marco Puccini (unten)
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Foto-Credits: Jun seo Hahm (oben), Fayaz Jafri (unten links), Bonequi (unten rechts), Grand Chamaco (rechts)
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Foto-Credits: Mr. Kat (links), Akapush (rechts oben), Rumpus Animation (rechts unten)
36 Fundbüro
ZABRISKIE Text André Uhl
Buchladen für Kultur und Natur in der Manteuffelstraße
Der Zabriskie Point in der Amargosa-Bergkette, Death Valley, Ostkalifornien. Hier in der Mojave-Wüste ist es heiß. Sehr heiß und sehr, sehr trocken. Der trockenste Flecken Erde in den Vereinigten Staaten, um genau zu sein. Erodiertes Felsgestein, seit Jahrtausenden ausgewaschen von prähistorischen Flüssen, prägt das bizarre Landschaftsbild. Zweifellos ein netter Ort für spirituell veranlagte Zeitgenossen, die das Mythische in der Natur suchen und gerne bewusstseinserweiternde Grenzerfahrungen machen. Wie zum Beispiel der französische Philosoph Michel Focault, der seinen LSD-Trip an diesem Ort schlichtweg zum großartigsten Erlebnis seines Lebens erklärte. Die Landschaft diente als Kulisse für den 1964er Science-Fiction-Film „Robinson Crusoe on Mars“, als Motiv für das U2-Album „The Joshua Tree“ und als Namensgeber für den Film „Zabriskie Point“ des italienischen Regisseurs Michelangelo Antonioni, in dem ein junges Paar der Großstadt entflieht, um sich an eben jenem Ort in der Wüste mit der Natur und miteinander zu vereinen. Wenn nun ein Buchladen in Kreuzberg mit Namen „Zabriskie“ eröffnet, lässt sich schon erahnen, dass hier nicht die aktuelle Spiegel-Bestsellerliste Belletristik feilboten wird. Laut der Macher handeln die Bücher aus ihrem Sortiment von kulturellen Phänomenen, die sich unterhalb des Mainstream-Radars bewegen, und enthalten „Ungewöhnliches aus Musik, Film, Fotografie und bildender Kunst; Counterculture; Rauschmittel; Avantgarde; Aussteiger & Outsider; Magisches; Bizarres, Exotisches und In-
teressantes aus Kultur- und Naturgeschichte; utopische Gesellschaften; Müßiggang und Flanieren; DIY und Survivalstrategien; fabelhafte Reiseliteratur und surreale Belletristik“. Das ist eine ganze Menge. Aber noch nicht alles. Neben einer handverlesenen Auswahl an Titeln liebevoll gestalteter Bücher werden besondere Magazine und auch ein paar Schallplatten angeboten. Was noch? Im Zabriskie finden regelmäßig Lesungen zu speziellen Themenbereichen statt. Wer kommt auf die Idee, so einen Laden zu eröffnen? Auf jeden Fall Menschen, die bereits in anderer Hinsicht guten Geschmack bewiesen haben: Jean-Marie Dhur aka DJ Fog Puma, Moderator des wunderbaren „Radio Abendlandung“, und Lorena Carras, Gründerin und frühere Betreiberin des ehemaligen Projektraumes Enblanco an der gleichen Adresse in der Manteuffelstraße. Ihr begebt euch also in beste Gesellschaft, wenn ihr es euch bei gutem Kaffee und selbstgebackenem Kuchen in der Sitzecke des Zabriskie gemütlich macht. Was ihr hier ganz sicher findet, ist außergewöhnlicher Lesestoff, ein besonderes Geschenk oder neue Inspirationsquellen. Mit ein wenig Glück findet ihr sogar Dinge, von denen ihr nicht mal wusstet, dass ihr sie sucht. Zabriskie Manteuffelstraße 73 10999 Berlin www.zabriskie.de
mehr Infos auf www.mylorry.com
Berliner Gesichter 39
BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler Foto Tina Linster Translation p. 44
Rostov, Zuchtbulle, ein Jahr fünf Monate
Nein, ich und mein Züchter wir streiten uns nicht gerade. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Erst die anstrengende Fahrt aus Arzberg hierhin nach Meißen zur 23. Sächsischen Bullenauktion – und das ohne einen anständigen Assistenten, der mich mit Wasser und Futter versorgt, oder mir zumindest die Schweißtropfen von der Stirn wischt – und dann noch dieser unfähige Stylist, der meint mit einen bisschen Bürsten und Gel sei alles getan. Hallo? Wissen Sie, wieviel Liebe und Feingefühl es bedarf, um so auszusehen? Schauen Sie mich doch an: Ich bin ein echtes Pracht-Rind. Schon bei meiner Geburt wog ich 45 kg! Von meinen männlichen Qualitäten ganz zu schweigen. Kein Wunder, dass Sie extra hierher gekommen sind. In Berlin findet man so etwas wie mich natürlich nicht. Aber bitte, lassen Sie uns nicht ins Detail gehen. Ein bisschen Privatsphäre muss sein, Zuchtbulle hin oder her. Und dann noch diese grauenvolle Ausstattung! Bunte Primeln vor einem türkisen Hintergrund. Ich bitte Sie, ich bin ein Zuchtbulle, mich kann man doch nicht mit solch billigen Allerweltsblumen in Szene setzten. Abgesehen davon schmeichelt das Türkis auch nicht gerade meinem Teint. Aber was soll ich machen? Die Zeiten sind hart. Da wird überall gespart. Auch bei den BullenFotografen.
Aber dass er mir dann auch noch die ganze Zeit sagen will, was ich zu tun und zu lassen habe: einen Schritt vor, einen Schritt zurück, jetzt nach rechts, nein doch lieber nach links drehen … was denkt der eigentlich, mit wem er es hier zu tun hat? Mit irgend so einem depperten Rind aus der hintersten Ecke des Schwarzwalds? Feuern sollte man den! Seine Entourage ist auch nicht viel besser. Laufen die ganze Zeit hektisch durch die Gegend und tröten dabei in irgendwelche sonderbaren Hörner oder wedeln wie wild mit einer Decke, weil sie meinen, ich würde mich dann wohler und wie in tierischer Gesellschaft fühlen. Was glauben die eigentlich, wie blöd ich bin? Ich sehe doch, dass das keine Kühe sind. Als ob ich mich auch mit irgendeiner Kuh einlassen würde. Dafür ist mein Sperma viel zu prominent. Das bekommt nicht jede. Nein, nein, das lass ich mir schön bezahlen und gebe das nur den besten Kühen. Ich meine, die bekommen einen 1A-Nachwuchs dafür, das garantiere ich. So. Jetzt habe ich aber genug geredet. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf. Und etwas Ordentliches zu essen. Aber pronto! Muh!
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WIR MITTE-MUTTIS und unsere Pferde-Kinder Text Bettina Schuler Translation p. 44
Schon in der Schule gab es sie: die Pferdemädchen, die an nichts anderes als diese zotteligen Vierbeiner mit ihren glücksbringenden Hufen denken konnten. Und die ihre Sommerferien freiwillig in stinkenden Ställen verbrachten, während wir im Freibad mit den Jungs herumtollten. Anstatt der „Bravo“ lasen sie die „Wendy“ auf dem Pausenhof und selbst als Teenager investierten sie ihr Geld lieber in Zaumzeug und Stiefel denn in Alkohol. Meine eigene Pferde-Karriere dauerte exakt drei Tage und endete mit dem Absturz von einem zirka 1,50m hohen Araber. Das war’s dann aber auch schon mit mir und den Pferden. Nie hätte ich gedacht, dass ich mich noch einmal so intensiv mit diesem Thema beschäftigen würde, bis meine Tochter ihre Liebe zu diesem Riesenviechern entdeckte. Seitdem weiß ich nicht nur, was der Unterschied zwischen einer Laterne und einem Flämmchen ist, sondern auch, dass meine Tochter in punkto Pferde definitiv nicht nach mir kommt: Pferde-Poster, Pferde-Bleistift, Pferde-TShirt, Pferde-Kissen, ja sogar Pferde-Unterhosen haben wir. Nur den einen Wunsch, den werden wir ihr wohl nie erfüllen können: ein eigenes Pferd. Es sei denn, wir werden durch einen Zufall Millionäre.
Ganz besonders spannend dürfte die stadtökologische Führung rund um das Museum am zweiten März werden. Dabei werden euch viele unserer tierischen, innerstädtischen Mitbewohner vorgestellt und ihr könnt einiges über den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere erfahren. Und wer weiß, wenn es auf der Führung irgendein Tier mit Sattel und Zaumzeug gibt, dann könnte ich sogar mein Kind von seinen Wendy-Heften damit weglocken.
Tierpark Friedrichsfelde Am Tierpark 125 10319 Berlin
Bis dahin muss sie sich wohl oder übel mit den Pferden auf der „Jugendfarm Moritzhof“ begnügen, wo Kinder von sechs bis 16 Jahren kostenlos reiten lernen können. Zumindest wenn sie genug Stallpunkte gesammelt und an einem der Basic-Kurse teilgenommen haben. Wie genau das alles funktioniert und womit die Kinder sich die Punkte verdienen können, das alles könnt ihr jeden Mittwoch um 15 Uhr bei der Hof- und Stallführung erfahren. Kinder unter sechs Jahren können zudem noch ab März jeden ersten und dritten Samstag im Monat von 15 bis 16 Uhr mit den Ponys eine kleine Runde drehen. Der Unkostenbeitrag hierfür beträgt einen Euro.
030 51 53 10 Öffnungszeiten: montags bis freitags, 9 bis 17 Uhr (16 Uhr Kassenschluss) www.tierpark-berlin.de Museum für Naturkunde Berlin Invalidenstraße 43 10115 Berlin www.naturkundemuseum-berlin.de Öffnungszeiten: dienstags bis freitags, 9.30 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und feiertags, 10 bis 18 Uhr Montag Ruhetag
Falls euer Kind sich jedoch eher für die großen Tiere aus den fernen Ländern interessiert, dann solltet ihr gerade bei schönem Wetter unbedingt in den Tierpark Friedrichsfelde gehen, den man in Anbetracht des großen Zoos gerne mal vergisst. Und das, obwohl er zum Spazieren noch viel schöner als sein Gegenpart im Westen ist, da zwischen den Anlagen und Gehegen viel mehr Platz für Grünfläche ist.
Anmeldung für die Führung unter 030 20 93 85 50 oder besucherservice@mfn-berlin.de Jugendfarm Moritzhof Schwedter Straße 90 10437 Berlin 030 44 02 42 20 www.jugendfarm-moritzhof.de
Ebenfalls großartig ist das Naturkundemuseum mit seinen zahlreichen Tier-Exponaten. Auch wenn man die nicht füttern oder mit ihnen kuscheln kann, so kann man dort über längst ausgestorbene Arten wie den bei Jungs allseits beliebten Dinosauriern einiges lernen.
Öffnungszeiten: montags bis freitags, 11.30 bis 18 Uhr, samstags 13 bis 18 Uhr
English Translations 41
Events (p. 8)
19-year-old Archy Samuel Marshall from London and
www.kottimonarch.de
band, aka King Krule, are coming to Neukölln. What’s
STUFFY IS OUT: THE DSO’S CASUAL CONCERTS
their style? Some say Morrissey-esque, others Dark
SERIES
Wave. In any case, you could already tell something
ERNSTE SPIELE (SERIOUS GAMES)
special was going on after the first track from 6 Feet
Exhibition
Concert
Beneath The Moon. The concert in Heimathafen might
6 February to 13 July 2014
March 30
be your last opportunity to hear them in a small space.
Begins: 8.30 pm
Don’t miss it!
Tickets: 15 Euros
HEIMATHAFEN NEUKÖLLN
Students: 10 Euros
Karl-Marx-Straße 141, www.kingkrule.co.uk
free seating
HANNA SCHYGULLA – TRAUMPROTOKOLLE They’re fresh, and they’re cheeky: the compact, one-
Computer games can be a very serious matter. That much is clear if you get into the work of Czech author,
hour-long concert in the Berliner Philharmonic. Free
Exhibition
filmmaker and artist, Harun Farocki. Within the con-
seating, no dress code for the public or musicians, and
until 30 March
text of four video projections, Farocki examines how
the moderator’s present the composers in a new light.
Tuesday to Sunday
computer game technology is used to educate Ameri-
The third symphony “Liturgique” by the composer
Doors open: 11 am to 7 pm
can soldiers. It is a critical and astute look at how mo-
Arthur Honegger is scheduled for March. Afterwards,
Entrance: 5 Euros
ving images create meaning, and thus exert a critical
you’re invited by the composer and musicians to a ca-
influence on society.
sual concert lounge. The Berlin DJ Johann Fanger per-
HAMBURGER BAHNHOF
forms and OSCA (live act) is the climax of the musical
Since working with Fassbinder in “The Marriage of Ma-
Invalidenstraße 50–51
spectrum.
ria Braun” (1978), actress Hanna Schygulla has been a
www.smb.museum/home.html
PHILHARMONIE
world star. Around this time she also began making
Herbert-von-Karajan-Straße 1, www.dso-berlin.de
videos dealing with the themes of loss and reconciliati-
ECHTE GEFÜHLE (REAL FEELINGS)
on. “It began with the dreams, because when we sleep
COMIC INVASION
and dream, the poet within us wakes and presents us
Exhibition
with the daring images and words, which are hidden
until 27 April 2014
Mini Festival
from us when we’re awake.” Schygulla remains abs-
Wednesday to Monday,
26 April
tract, yet shares very personal, intimate images.
Doors open: 12 to 7 pm
12 to 11 pm
AKADEMIE DER KÜNSTE
Thursday until 9 pm
Admission free
Pariser Platz 4 www.adk.de How do films transport emotions? How do they convey
MONSTERS OF BORDERLINE If the most valuable thing you own is the first edition of
authenticity in which individual and collective experience meet? How is it possible to put routine patterns
Spiderman, you’re always afraid that the sky is falling
Reading
of seeing and thinking into question, without losing
down, and you enjoy dressing in skin-tight polyester,
19 March
the observer’s attention? The exhibition “Echte Gefüh-
then the comic invasion is a must-see for you. Artists
Show begins: 8.15 pm
le: Denken im Film” (Real Feelings: Thinking in Film) is
and publishers will be presenting their newest work at
Tickets: 7 Euros
dedicated to these questions and includes the work of
this one-day festival in the Urban Spree. Fans have a
Lorette Fahrenholz, Simon Martin and many others.
chance to snap up their favorite pieces and participate
KW INSTITUTE FOR CONTEMPORARY ART
in all sorts of comic-related events. Admission free!
August Straße 69
URBAN SPREE
Linus Volkmann and Felix Scharlau have day jobs
Revaler Straße 99
at Intro Magazin. There they passionately begrudge
www.comicinvasionberlin.tumblr.com
young bands the career, which they themselves failed
www.kw-berlin.de
MEG STUART – HUNTER
to achieve. As writers, they file entertaining reports on
KING KRULE
failure, beer and rodents. The reading is in the format
Dance
of a happening. It is simultaneously embarrassing and
26 to 29 March
Concert
hysterical multi-media. Old anti-heroes find themsel-
Begins: Thursday and Friday
9 April
ves in modern times – Super Lupo checks out online
8 pm, Saturday and Sunday
Show begins: 9 pm
dating and Hammy Grannie is allowed to come along.
8.30 pm
Tickets: 20.50 Euros
You have to see it, read it and love it.
Tickets: 22 to 27.50 Euros
MONARCH Skalitzer Straße 134
Reduced tickets: 11 euros The body is an archive. At least that how Meg Stuart
42 English Translations
sees it. In Hunter, she explores her body which she
NENEH CHERRY
are fed to zoo animals everyday all over the place? And
feels is ruled by personal and cultural memories, by
considering what we have on our plates on a daily ba-
ancestors and artistic role models, and by fantasies and
Concert
sis? Why do we even make such a difference between
invisible forces. She goes on a journey of discovery in
6 March
the animals that we eat and use for our purposes and
a land of small things, which surround her body. She’s
Show begins: 9 pm
the ones we pet and treat like our babies?
looking for traveling companions on four trips from 26
Tickets: 23 Euros
to 29 March in the HAU2 theater.
For over 20 years the american social psychologist
HAU2
Melanie Joy has been doing research on this phenome-
Tempelhofer Ufer 10 www.hebbel-am-ufer.de
LONSKI & CLASSEN
non. Last year her book “Why We Love Dogs, Eat Pigs, After 17 years she’s back and headed straight for Berg-
and Wear Cows” (German: Warum wir Hunde lieben,
hain. Neneh Cherry is a hottie. The fact that Neneh,
Schweine essen und Kühe anziehen) was published, we
who is Swedish, still has a good name and still fascina-
asked her a few questions on that.
Concert
tes us is because she’s courageous enough to be inno-
9 March
vative and is dedicated to being an artist. The fame she
Melanie, one of the most common phrases people use to
Begins: 8 pm
had as a sweet little thing in sneakers singing Buffalo
justify the differentiation between production and pet
Tickets 18 Euros
Stance was just a facette. That’s why you’d better not
animals is simply “that‘s just how it is”. You have inven-
Reduced tickets: 14 Euros
expect the same Neneh Cherry from the late 80s.
ted the term Carnism for that, what is it?
BERGHAIN
Melanie Joy: Carnism is the invisible belief system that
Am Wriezener Bahnhof
conditions us to eat certain animals, it’s essentially the
www.nenehcherry.com
opposite of Veganism. Because it’s a dominant system
The Berlin duo Lonski & Classen has released their new album “All Tomorrow Is Illusion”, and we think it’s amazing. The songs are arranged with sensitivity, have
it’s invisible, so it had not been named, we tend to as-
JEUDI RECORDS
sume it’s only Vegans and Vegetarians who bring their
a touch of melancholy, a pinch of care and are under
beliefs to the dinner table, but most people don’t learn
laid with a cheery drum heartbeat. They’re perfor-
Party
to eat pigs but not dogs for example because they don’t
ming on 9 March at the Volksbühne. Their show at the
5 April
have a belief system when it comes to eating animals.
Rosa-Luxembourg-Platz venue will include illustrious
Begins: 11:59 pm
When eating animals is not necessary for survival then
guests like André Uhl with his darkly-funky electronic
it’s a choice and choices always stem from beliefs, so
compositions and Miranda, whom some of you might
in much of the world today people don’t eat animals
know as “PJ Harvey Malmös.”
because they need to, they eat animals because they
VOLKSBÜHNE AM ROSA-LUXEMBURG-PLATZ
choose to, but they don’t recognize that they are ma-
Linienstraße 227
Berlin’s hosting Hamburg. The guys from JEUDI Re-
king a choice or that they even have a choice because
www.lonskiandclassen.com
cords are leaving their beloved neighborhood on 5 Ap-
the belief system that conditions them is invisible.
ril in order to make the House-craving mob in Ritter
BREAD TASTING IN LIST
Strasse happy. The charming Adana Twins, who are
So why do we eat cows and love our dogs?
probably still tanned from their recent Brazil tour,
One reason for this diverse perception is that we see
Degustation
are coming along too. Also included in the fun will be
these animals so differently. Living in big cities our
5 April
Strahlemann Monte who’ll provide a touch of funk and
only contact with cows is the moment we eat or wear
Begins: 7.30 pm
Doctor Dru, one of the label’s founders.
them. A lot of us relate to dogs in a way we relate to
Costs: 17 Euros
RITTER BUTZKE
other human beings. We give them names, say good-
Ritter Strasse 24
bye and welcome them, share our beds with them. We
www.ritterbutzke.de
don't love these and eat the others because we think of them as totally different, we just perceive them
You might think that a bread tasting is something sim-
The animal and us (p. 20)
differently. Therefore were also perceive their meat
ple. Well, it’s not as simple as you might think. At least
Only recently this case recei-
differently, so the Golden Retriever steak on our plate
not when it’s important to you what’s on the table. In
ved massive press coverage:
would gross us out.
List they know exactly what’s on the table because they
In the Copenhagen Zoo a
make the cheese, sausage, salad and spreads themsel-
giraffe was slaughtered and
So there is a pattern that we don’t notice?
ves. And the bread of course too. It’s the same as with
fed to the lions. Giraffes are
Exactly. Patterns are mental classification systems. For
everything else: the difference is what goes into ma-
beautiful, exotic animals that
every subject area we have such a pattern, for animals
king the product. Treat yourselves. Reservations requi-
we admire and usually don’t
too. An animal can be a prey animal, natural enemy, ver-
red.
eat. A lot of people fussed
min, pet or food to us and this classification affects the
LIST
about the event, the zoo director even received dead
relation we have to this animal. Do we wanna hunt, era-
Weichsel Straße 66
threats. But isn’t such an outrage quite inequitable
dicate, flee, love or eat it? So if we get meat served from
www.daslist.de
considering the thousands of chickens and mice that
an animal we don't classify as edible, we are disgusted.
English Translations 43
Because we ma an emotional bond between the cuddly
cared about animals and didn’t want them to suffer, I
lens-based sculpture
animal and the meat on our plate?
care about justice and would never want to participate
24th January – 21st April
Yes, that’s why. But even more remarkable is our non-
in a mass social injustice and yet I directly participated
reaction to the thought of eating cows and other ani-
in the system, not even thinking about what I was do-
mals. Here we have a missing link in our perceptual
ing. When I was working on my doctoral dissertation
process. Have you ever asked yourself why there are
on the psychology of eating meat, after having studied
thousands of species you find inedible and only a few
the psycho-sociology of violence and non-violence and
you don't? The most astonishing fact about this is not
prejudice and discrimination, I found that everybody
our sensation of disgust, but the non-sensation of dis-
I interviewed, from meat-cutters and butchers, meat-
gust. I think this is a behavior we are primarily trained.
eaters, people who had raised and killed their own animals for food, had the very same attitudes, very contra-
You have named 3 adjectives that are frequently used to
dictory attitudes and they didn’t make sense. I wanted
justify eating animals: NORMAL, NATURAL and NECES-
to analyze this system from a psychological view. It is
SARY. Why is it not?
very complex and I am still working on my studies.
The system is constructed to socialize us to belief that eating animals is normal, natural and necessary, but
Melanie Joy, Ph.D., Ed.M. is a Harvard-educated psychol-
Photography revolutionized the way art sees itself.
what we call normal is simply the carnistic norm. It
ogist, professor of psychology and sociology at the Uni-
More than a mere tool for documentation, it perma-
means following the path of least resistance. Anybody
versity of Massachusetts Boston as well as a publicist
nently altered how other media understand their func-
that steps outside of that is therefore seen as abnormal
and speaker who does lectures on her studies worldwide.
tion in visual culture – perhaps none more so than
and that’s really not accurate. Eating animals is not necessary, we know that it’s not necessary for survival,
sculpture. Akademie der Künste’s lens-based sculpture
EYEOURT Art Events (p. 22)
at least for many people in the world today, for some
offers a retrospective examination of the complex interplay between these two and three-dimensional
people who are economically disadvantaged or living
James Benning
worlds. With over 200 works by 70 international ar-
in geographic locations where they don’t have a choice,
8th March – 12th April
tists, the exhibition’s innovative curation highlights
then it is necessary, but for many of us it’s not.
the 20th and 21st centuries’ unique impact on our no-
And what we call natural is really just the dominant
tion of space and understanding of objecthood. Tran-
cultures interpretation of history. If we look at history
scending generational and geographic concerns in
we can see that practices such as murder and rape are
favor of an international, art historical approach, lens-
arguably as longstanding and therefore as natural as
based sculpture offers a rare opportunity to reconsider
eating animals and yet we don’t look at the longevity
the value of the image in relation to the physical world.
of these practices as a justification for them today. The-
AKADEMIE DER KÜNSTE
se three N’s of justification have been used to justify
Hanseatenweg 10, U9 Hansaplatz
violent practices from slavery to male dominance and heterosexual supremacy …
Tuesday to Sunday, 11am to 7pm Visionary outsiders and art, two concepts that are as
030 200 57 20 00, info@adk.de
hard to separate from each other as authorship is from
www.adk.de
You also use the term reification – do we fool ourselves
fame. California-based artist James Benning examines
with that?
these terms in his exhibition decoding the passed (after
Wall Works
In a way. Animals are reified in different ways, mainly
black hawk, pettway, mondrian, traylor, ramírez, dar-
29th November 2013 – 31st August
through language. People who work in animal industry
ger, howard, yoakum, hawkins, and tolliver). Primarily
use language as a mechanism for alienation. It makes a
known as a filmmaker, Benning takes appropriation
huge difference if you name an animal a something or
to a new level of multimedia expression in a carefully
a somebody. I interviewed a lot of slaughterers for my
woven narrative that balances film, painting, photo-
studies and most of them agreed that their profession
graphy, and installation. Whether recreating works by
would strain them much more if they would reflect
the artists in the exhibition title, photographing their
more on the individuality of these creatures. If you
monographs, or fusing the lives of ‘Unabomber’ Ted
only see the headless product in the supermarket, it’s
Kaczynski and Henry David Thoreau, Benning presents
much easier to keep a distance.
a complex, empathetic meditation on the functions of creativity and notoriety.
How did you get to this topic in the first place ?
NEUGERRIEMSCHNEIDER
After I had been hospitalized with food poisoning, I be-
Linienstraße 155
acem a vegetarian and a vegan later on. I was curious
S1, S2, S25 Oranienburger Straße
about my own process, like how I could be a rational
Tuesday to Saturday 11am to 6pm
caring person and still make such irrational decisions,
030 28 87 72 77, mail@neugerriemschneider.com
eating animals is truly illogical if you think about it. I
www.neugerriemschneider.com
With the publication of Inside the White Cube, a lesserknown player landed in the spotlight of modern art: the wall. Hamburger Bahnhof offers a thought-provoking new chapter in this dialogue with the exhibition Wall Works. Using a selection of works dating from the 60s until today, Wall Works re-examines the functions of the exhibition space, from its traditional role as a
44 English Translations
structural support to appearances as an integral me-
lancholy in Berlin at first. I missed the interpersonal,
me with food and water, or even wipe the drops of
dium in artistic expression. Whether two-dimensional
typically Rhineland manner, which many consider too
sweat from my forehead. And now this incompetent
or architectural, 50 years old or created just last year,
intimate, but for me it was what I experienced the first
stylist who thinks a little brushing and gel will do the
the diverse practices incorporated into the exhibition
three decades of my life. People who smile at you as
job. Hello? Do you know how much tender loving care
come together to ask one very contemporary question:
they approach, chatty women in the bakery when they
it takes to look like this?
if art has succeeded in unfolding beyond its conven-
sell you a loaf of bread, and people who spontaneously
tions, have its institutions matched it?
exchange a few words on the bus. Stuff like that.
HAMBURGER BAHNHOF
Look at me: I’m a superb specimen of bull. I weighed 45kg when I was born! Not to mention my male attri-
Invalidenstraße 50 / 51, U1 Kurfürstenstraße,
With Milo I had this Rhineland feeling in the middle
butes. No wonder you’ve all come here specially. You
Tuesday, Wednesday, Friday 10am to 6pm,
of Kreuzberg. While in Berlin it may seem as if no one
won’t find anything like me in Berlin. But, please, let’s
Thursday 10am to 8pm
really notices you (or at least pretends not to), espe-
not go into detail. A bit of privacy is necessary, even
Saturday, Sunday 11am to 6pm
cially in the dreary months, I now noticed a typical eye
if for a stud bull. And this horribly set stage! Colorful
030 266 42 42 42, service@smb.museum
movement in oncoming pedestrians: first down to the
primroses set in front of a turquoise background? I beg
www.hamburgerbahnhof.de
dog, and then briefly up to the other end of the leash,
you; I’m a stud bull. You can’t just put me next to any
a brief smile 50 percent of the time, and then a look
old flowers. Apart from that, the turquoise doesn’t ex-
Interaction with a dog (p. 28)
away. And that regardless of age and gender. More of-
actly compliment my complexion. But what can I do?
That you seldom ever find
ten, people simply smiled at the dog (which I often do,
Times are tough. Everyone everywhere is saving. Even
the love of your life on the
and now I’m glad to know that this is not as moronic as
bull photographers. He’s telling me what to do the
dance floor is generally well
I thought). At a traffic light, an elderly lady asked what
whole time, and what I should let be done to me: one
known. When certain maga-
race Milo was. On the canal, a family stood beside me
step forward, one step back, now to the right, no, now
zines report on activities
with their three-year-old child who pointed a finger
turn to the left … Who does he think he’s dealing with
connected to that – warning –
at Milo, and I had to make sure she didn’t pull his tail.
here? With some dumb cow from the far corner of the
big, taboo expression coming:
And an older man growled in passing, “Is that a dog or
Black Forest? Fire him!
“flirt factor” walking the dog
a rat?” After settling down in a café in the sun for an es-
is often included. It doesn’t really sound absurd: I also
presso, the waitress first squatted to welcome Milo. We
His entourage is not much better. Running around
know someone whose little dog facilitated, at least, the
exchanged a few words about his race and age, and alt-
frantically the whole time, hooting into some sort of
beginning of several relationships. And because I’m
hough I didn’t ask, she brought him water along with
strange horns and wildly waving a blanket because
curious, I decided to temporarily adopt a four-legged
my coffee. All well and good. But this experiment had
they think it’ll make feel more comfortable. How stu-
friend to see if I got different reactions.
another goal. I slowly remembered my target, which
pid do they actually think I am? I can see that they
was perhaps coupled with a little vanity. I caught mys-
aren’t cows. And as if, I’d get involved with just any
There was a recent spate of reports on a new trend:
elf then grinning crookedly, and looking with perhaps
cow. Hardly. My sperm’s far too prominent. It’s not just
agencies that loan urban singles dogs for the purpo-
a bit too much eye contact as I strolled the streets.
for any old cow. No, no, I let myself be well paid, and
se of flirting. My Internet research, however, revealed
Completely unsuccessful, which certainly may have
only give it to the best cows. I mean they get a 1A. Gua-
that none of these agencies were still open anymore.
been because of my strained expressions.
ranteed. So. Now, I’ve talked enough. I need my beauty
Whether because of lack of customers or animal wel-
sleep. And something decent to eat. Pronto! Moo!
fare requirements, I couldn’t tell. So, the next obvious
Can you meet the love of your life with a dog? Definite-
thing to do was post in Facebook: “Does anyone have a
ly. If you don’t act like such a banana like I did. At least
We Mitte-Mums and our
dog I can borrow next weekend for two hours?” Within
I was able to gain another insight: the next time I feel
horse-loving children (p. 40)
seconds the first comment from my virtual circle of
lost in the gray winter, or an unfriendly motorist beeps
You know them from school: the horse girls who
friends came: “You want to meet someone?” So you see
me off with an offensive gesture, or I’m a little home-
thought of nothing else but their shaggy, lucky charm
the cliché that you easily meet people when you have
sick for the friendly Rhine people, then I just borrow a
horseshoe-wearing quadrupeds. Those girls who
a dog is well established. A dear ex-colleague allowed
dog and walk around the block. The interaction with
voluntarily spent summer vacation in stinking bar-
me to walk her dog. Just my luck: it was a particularly
people you meet along the way is included.
ns while we splashed around in the pool with boys.
cute Chihuahua. The tiny dog that Paris Hilton carried
Instead of reading about how-to-do-it in magazines,
around in her purse. Milo, however, wouldn’t have
Berlin faces: Rostov, stud
they read about recess on the playground. They in-
stood for that one second. He was much too active. I
bull, 1 year and 5 months old
vested their allowance in bridles and boots instead of
had a perfect companion for my little experiment.
(p. 38)
alcohol.
With the weather broadcast announcing that winter
No, my breeder and I aren’t
was over, a sunny sky and a coat too warm, I set off in a
arguing. But who knows
My equine career lasted exactly three days and ended
good mood with Milo.
what might come. First, the
with a 1-meter-50 high fall from an Arabian horse. That
long journey from Arzberg
was the end of horses and me. I never thought I’d busy
Up until I moved to Berlin two years ago, I spent most
here to the 23rd Saxon Bull
myself again so intensely with the subject. And I didn’t
of my life in the Rhineland, and mostly recently in
Auction in Meissen – without
until my daughter discovered her love for these giant
Cologne. That’s why I sometimes felt somewhat me-
a decent assistant to provide
beasts. Now I not only know the difference between
English Translations & Verlosung 45
an irregular blaze and an interrupted stripe, but also
out the Friedrichsfelde Zoo. It is often overlooked for
Opening times:
know that in terms of horses, my daughter definitely
the bigger city zoo, but it’s also beautiful. In fact, it
Monday to Friday from 9 am to 5 pm (ticket office
does not take after me. Horses posters, horse pencils,
might even be nicer for strolling than its counterpart
closes at 4 pm)
horse T-shirts, horse pillows, and yes, we now even
in the West because there's much more room in the
030 51 53 10 or www.tierpark -berlin.de
have horses panties. There’s one wish that will probab-
green spaces between the grounds and enclosures.
ly never come true: her own horse. Unless we accidentally become millionaires.
Museum of Natural History, Berlin The Natural History Museum with its numerous ani-
Invaliden Straße 43, 10115 Berlin
mal exhibits is also wonderful. Even if you can’t feed
www.naturkundemuseum-berlin.de
So until then, for better or worse, she’ll have to content
or cuddle the animals here, you can learn a lot there
Opening times:
herself with the horses at the Moritzhof Kid’s Farm.
about long extinct species like the boys’ ever-popular
Tuesday to Friday from 9:30 am to 6 pm
Here, children from 6 to 16 years can learn to ride for
dinosaurs.
Saturdays, Sundays and holidays 10 am to 6 pm
free, after they’ve collected enough stable points and
Closed on Mondays
attended one of the basic courses. You can learn ex-
The urban ecology tour around the museum on March
Register for the tour at 030 20 93 85 50
actly how it all works and how you can earn points by
2nd will probably be really exciting. You’ll learn about
or besucherservice@mfn-berlin.de
attending the farm and stables tour, which takes place
many of the animals that are our urban neighbors, as
every Wednesday at 3 pm. Starting in March, children
well as about climate change and its effects on plants
Jugendfarm Moritzhof
under 6 years of age can take a pony ride on the first
and animals. And who knows, if there’s an animal with
Schwedter Straße 90, 10437 Berlin
and third Saturday of the month from 3 to 4 pm. The
saddle and bridle on the tour, and then I might even
030 44 02 42 20 or www.jugendfarm-moritzhof.de
cost is 1 Euro.
by able to lure my daughter out of the stable to join us.
Opening times:
If your children are more interested in big animals
Friedrichsfelde Zoo (Tierpark)
from distant lands, then you should definitely check
Am Tierpark 125, 10319 Berlin
Monday to Friday from 11:30 am to 6 pm Saturdays 1 to 6 pm
MITTESCHÖN VERLOSUNG Boys and Girls, der Frühling ist in der Stadt. Ihr könnt eure Winteroutfits getrost in die hinterste Ecke eures Kleiderschrankes verbannen und Platz für neue, luftigere Klamotten schaffen. Für alle, die ihr Repertoire an Frühjahrsmode aufstocken möchten, verlosen wir zwei coole Outfits von Weekday. Für Mädchen: Die Marigold-Bomber-Jacke ist eine leichte Sommerjacke, die mit schwarz / weiß Grafik bedruckt ist. Sie hat zwei Taschen vorne und Raglanärmel. Dazu bekommt ihr ein passendes Basic-Shirt und eine hight waist Jeans mit schmalem Bein. Für Jungs: Der schwarze Sweater mit Korallen-FischPrint hat einen Rundhals-Ausschnitt und steht für gemütlichen Tragekomfort. On top gibt es eine FivePocket-Jeans im regulären Schnitt mit schmalem Bein. Beide Outfits haben einen Gesamtwert von über 200 Euro. Die Verlosung läuft ab dem 03. März auf www.mitteschoen.com.
46 Kolumne
ÜBER DAS EINSTEIGEN. UND ÜBER DAS AUSSTEIGEN AUCH. Text Oliver Janik Illustration Susan Stäbler
Herrschaften, hier also endlich der lang erwartete Text über Viskosität – sorry noch mal, dass das so lange gedauert hat. Hey, war nur Spaß, ich fand das einfach mal nen coolen Einstieg, klassischer Eisbrecher, überraschend, überrumpelnd, vielleicht sogar etwas übermütig. Von Viskosität weiß ich ja gar nix. So ein Einstieg ist ja alles andere als leicht Vielleicht bleiben genau daher manche eingeschränkten schauspielerischen Mögmuss man sagen, und das gilt natürlich Texte auch gleich kurz, zum Beispiel Kurz- lichkeiten des Hauptdarstellers). nicht nur für Texte. Gleichermaßen natür- geschichten, was nicht überrascht. Die lich für Berufe aller Art, für U-Bahnen im wohl berühmteste kurze Kurzgeschichte Aber kurz noch mal eben zu „Spiel mir Tokioter Berufsverkehr, für den Lambor- stammt ja bekanntlich von Hemingway: das Lied vom Tod“, weil ich das einfach ghini Gallardo sowieso und jeder, der das For sale: babyshoes. never worn. Wahr- mal los werden muss: Ich kann eigenterste Mal versucht hat mit einem Snow- scheinlich Grundstoff in jeder zweiten lich immer noch nicht fassen, dass Jason board Schlepplift zu fahren weiß ohnehin Schreibwerkstatt, nebenbei aber trotzdem Robards am Ende ablehnt, bei der fantaswovon ich spreche. Obwohl aussteigen ziemlich gut. tisch aussehenden Claudia Cardinale in letztlich auch nicht zwingend leichter ist, Sweetwater zu bleiben – bis ich kapiert kommt halt drauf an, ob man von Beruf habe, dass das schon irgendwie in Ordzum Beispiel V-Mann des Bundesnachnung bzw. weitsichtig von ihm war, weil richtendienstes oder Führungskader eines keine seriöse Zukunftsperspektive (er fällt mexikanischen Drogenkartells ist. dann zwei Minuten später tot vom Pferd, Bauchschuss). Aber Charles Bronson war Bei Texten mag ich besonders die kurzen, ja auch noch da irgendwo, zugegeben weit lakonischen Einstiege, die schon mal mit weniger ansehnlich als Jason Robards, einem lauten Rumms klar machen, mit aber Henry Fonda lag nun mal erschossen was man es auf den nächsten 2–300 Seiten sonst wo und mehr Darsteller waren es zu tun bekommt. Im Fußball nennt man eben nicht mehr (aufgrund der für Sergio das landläufig „Respekt verschaffen“, wenn Leone Filme charakteristischen, mit zunehder ohnehin technisch bescheidene Vermender Spieldauer entstehenden Darstelteidiger den gegnerischen Mittelstürmer ler-Reduktion durch gewaltsame Fremdschon drei Mal umgehauen hat, bevor der einwirkung). Apropos Pferd: gerade habe das erste Mal den Ball berührt. Nehmen ich von einem Springreiter gelesen, der wir Camus: „Heute ist Mama gestorben. sein Pferd tatsächlich Jump genannt hat, Vielleicht auch gestern, ich weiß es nicht.“ was die Hypothese nahelegt, dass man hier Die Reduktion als Stilmittel hat schon im(Der Fremde) oder E. M. Remarque: „Wir lieden Benamungsprozess auch einigermamer fasziniert, und das nicht nur in der gen neun Kilometer hinter der Front.“ (Im ßen kurz halten wollte. Literatur. Gerade im Film kann ich mich Westen nichts Neues.) Noch kürzer konnte für Protagonisten begeistern, deren Script Grass: „Ilsebill salzte nach.“ (Der Butt) und Kindernamen haben jetzt in Berlin ja auch in einem 125 Minuten Film auf eine DIN dem ist dann wirklich nichts mehr weg zu nur noch drei Buchstaben, alle heißen jetzt A5 Seite passt, so wie bei Charles Bronson nehmen: Subjekt, Prädikat und Schluss – Max, Tim oder Ida oder so. Wenn die Anin „Spiel mir das Lied vom Tod“, John Woo eine Art Bauhaus-Einstieg, der vor ein paar zahl der Buchstaben eine Funktion von in „The Killer“ und nicht zuletzt natürlich Jahren mal zum besten Anfang eines RoZeit ist wie es scheint, dann heißen die sämtliche Schwarzenegger-Perlen aus den mans ever gekürt wurde. Hinzuzufügen Kids in ein paar Jahren vielleicht Ka (wie 80ern wie „Terminator“ oder „Phantom schon, nämlich noch der Rest von Seite die Schlange im Dschungelbuch), wie Po Kommando.“ (Anm.: bei letzterem mög1 und weitere genau 174 Seiten, die man von den Teletubbies oder eben Ed. Wobei licherweise weniger künstlerisches Stilmeines Wissens etwas weniger euphorisch wir schon wieder bei Pferden wären. Shit. mittel, sondern vielmehr Tribut an die feierte. Ausstieg.
Kultur . Freizeit . Shopping . Restaurants
Out of Mitte
01. Akademie der Künste, Pariser Platz 4
08. Philharmonie, Herbert-von-Karajan-Straße 1
17. Zsa Zsa & Loui, Richardstraße 103
02. Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50 / 51
09. Urban Spree, Revaler Straße 99
18. Trödelhof, Eingang Richardstraße 105
03. KW Institute for Contemporary Art,
10. Heimathafen Neukölln, Karl-Marx-Straße 141
19. Rag And Bone Man, Briesestraße 9
11. Monarch, Skalitzer Straße 134
20. Akademie der Künste, Hanseatenweg 10
12. HAU2, Tempelhofer Ufer 10
21. Zabriskie, Manteuffelstraße 73
13. List, Weichselstraße 66
22. Tierpark Friedrichsfelde, Am Tierpark 125
05. neugerriemschneider, Linienstraße 155
14. Berghain, Am Wriezener Bahnhof
23. Jugendfarm Moritzhof, Schwedter Straße 90
06. Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30
15. Ritter Butzke, Ritterstraße 24
07. Museum für Naturkunde Berlin, Invalidenstraße 43
16. Café Geschwister Nothaft, Schwarzastraße 9
Auguststraße 69 04. Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Linienstraße 227
Illustration: Sandra Stäbler
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