möRRR #2

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www.moerrr.de

NO. 2

ur der Freiheit

NEU BAUEN: Architekt

Nein Danke NEUE STADT: Smar t sla zu Tesla NEUE SCHULE: Von Te kodorf Sieben Linden Ă– : ER D N A N EI IT M NEUES in Murks Neu Kaputt: Made


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Auch in dieser Ausgabe bietet möRRR seinen Lesern wieder den Luxus einer weitgehend werbefreien Lektüre mit nur wenigen handverlesenen Anzeigen. Die geneigte Leserschaft hat dafür ihrerseits die Gelegenheit, möRRR zu unterstützen: Details auf unserer Website.


Papi, warum ist der Himmel blau?

Foto: Marcus Feld

Geplagte Eltern wissen, dass es mit nur einer Antwort nicht getan ist. Spätestens nach dem zehnten Nachfolge-“warum?“ kommt ein genervtes „das ist halt so“. Dabei ist es genau dieses nichts-als-bewiesen-ansehen, dieses alles-hinterfragen, dieses den-Dingen-auf-den-aller-aller-untersten-Grund-gehen, dieses Denken vom Nullpunkt an, genau das ist es, was die Welt jetzt braucht. Unsere Überlebensbedingungen haben sich geändert und das erfordert neue Überlebensstrategien, so die Analyse des populären Soziologen Harald Welzer. Das zu tun, was man immer schon getan hat, wird neue Probleme nicht lösen, „Erfahrung wird dann zur Falle“ *, so Welzer. So gibt es für Andersdenker wie den Visionär und Geschäftsmann (ja, das geht!) Elon Musk kein „das geht nicht“, Musk selbst ist ein Fan des „chained why“ der Kinder (Von Tesla zu Tesla, S. 50). Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, und dieser Umbruch betrifft uns auf allen Bereichen. Im Fall des rasanten technologischen Fortschritts (Der Hundertste Affe, S. 54) ereignet sich die „disruption“ sehr schnell. Vom erstaunten „was? unmöglich!“ ist man beim Status „ist halt so“, bevor man überhaupt weiß, was eigentlich los ist. Hier heißt es hartnäckig hinterfragen, bevor man sich beispielsweise aus Versehen den Big Brother in die schöne neue Welt einlädt (Smarte Neue Stadt, S. 4) und dann nur noch digitale Selbstverteidigung hilft (Der Hacktivist, S. 61). Wir können es als Gegenmittel zur allgegenwärtigen Vernetzung auch mit den Rebel Architects halten, die im Hinblick auf einen Wandel „by design“ und nicht „by desaster“ Leben von Grund auf neu denken. Da ist dann erst einmal alles möglich. Häuser aus Zivilisationsmüll? So geht’s! Wohnen „off the grid“, autark, ohne Anbindung an öffentliche Stromnetze? Natürlich! (Architektur der Freiheit, S. 24) Nichts glauben, nur der eigenen Erfahrung vertrauen, das war schon ein Grundsatz der 1960erJahre. „Alles, was man in der Schule als „offensichtlich“ gelernt hat wird weniger und weniger offensichtlich, wenn man anfängt, das Universum zu studieren“ (Richard Buckminster Fuller). Peace. Monika Dietl, Chefredaktion

Auch Design kann Verantwortungsbewusstsein zeigen und mit sparsamen Mitteln auskommen. Manchmal wird die Umwelt auch direkt in den kreativen Prozess miteingebunden, dann muss man als Designer nicht nur am Computer zaubern können, sondern auch handwerkliche Fähigkeiten besitzen. Mit einfachem Kopieren und Einfügen ist es längst nicht getan, da wir bei der Covergestaltung der möRRR großen Wert auf Hand- (und Fuß-) Arbeit legen. Das Cover der ersten Ausgabe „Das Trojanische Einhorn“ entstand in liebevoller Handarbeit aus Birkenrinde, Holz, Stroh und einer Möhre. Bei dieser Ausgabe musste ein Lieblings-Gummistiefel herhalten und wurde in Farbe getaucht, um für unsere Leser mit (CO2-freiem) Fußabdruck in die Zukunft zu schreiten. Und los! Franziska Gronwald, Art-Direction

* Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand, S. Fischer Verlag, 2013


Inhalt SMARTE NEUE STADT Gefangen im Netzwerk: Smart nein Danke SMART GARDEN An der Schnittstelle von Natur und Technologie DIE STADT UND DAS WASSER Fragen an den grünen Stadtökologen Sven Benthin Erwischt! Inside Klunkerkranich BEES WITHOUT BORDERS Die Dach-Bienen und die Detroit-Berlin Connection HOCHHÄUSER AUS HOLZ Neues Denken in der Architektur ARCHITEKTUR DER FREIHEIT Neues Leben, neues Bauen und die Rebel Architects BUCKMINSTER MULLER und der Whole Earth Catalog

PLATTE SATT Tiny-Houses (nicht nur) für Obdachlose ÖKODORF SIEBEN LINDEN Keimzellen eines neuen Miteinanders

04 08 12 16 18 20 24 32 35 37

Dr. Emiliano Feresin, Berlin Wissenschafts-Autor und -Berater Von Tesla zu Tesla, Seite 50 “Ich liebe es, in das einzutauchen, was die Zukunft unserer Gesellschaft antreibt: Technologie, Klima, und das menschliche Gehirn.”

Sven von Thülen, Berlin Buchautor, Journalist und DJ Bees without Borders, Seite 18 „Inspirierend ist für mich alles, was mich mit mir selbst und meiner Umwelt verbindet. Das kann ein Morgenspaziergang sein, ein Clubbesuch oder eine Yogastunde.“


Ausgabe

#02/2015

DIE PRINZESSIN AUF DER ERBSE Die Eierlegende Wollmilchsau LOKALHELDEN Essbare wildwachsende einheimische Pflanzen

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ARCHITEKTUR DER FREIHEIT

MADE IN MURKS Geplante Obsoleszenz und Repair-Cafes VON TESLA ZU TESLA Neudenker und freie Energie

DER HUNDERTSTE AFFE Netzwerke des Bewusstseins, menschlich und künstlich B 612 Eine Kurzgeschichte

COMIC Neue Abenteuer von Otter und Biber

DER HACKTIVIST Crypto Partys

Anzeige

DIE STADT DER PFERDE Der hippophile Blickwinkel DIE LETZTE SEITE … so und wer bringt jetzt den Müll weg?

41 42 44 50 54 58 60 61 62 64


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Technologie und Freiheit: Leben in der urbanen Zukunft Viele Utopien gibt es von der perfekten Stadt, alle Ressourcen optimal nutzend zum Wohl aller Einwohner, mit einem elektronischen Nervensystem zur Sicherung bequemen Wohnens und schneller Wege. Scheinbar sind solche Träume wahr geworden in Städten, die Smart Cities genannt werden. Die eigentlichen Smart Cities sind von Grund auf neu gebaut, wobei in allen Objekten, Oberflächen, Plätzen, drinnen und draußen, Informationsverarbeitung integriert ist. Überall Sensoren, Kameras, GPS. Alle Systeme sind vernetzt und zentral gesteuert. In Portugal wird PlanIT Valley gebaut, in Südkorea New Songdo, aber das Paradestück der SmartWelt ist Masdar City in den Vereinigten Emiraten. Bezaubernde Sonnenfächer öffnen sich automatisch bei Hitze in den Straßen, das futuristisch anmutende Podcar-Transportsystem erinnert an die Zeichentrickserie The Jetsons. Strom kommt ausschließlich von Solarenergie und anderen erneuerbaren Energien, die Stadt ist CO2-frei. Wer könnte dazu schon Nein sagen in Zeiten der Energiewende? Gebaut wurde Masdar vom englischen Architekten Sir Norman Foster, der schon mit dem Utopisten Buckminster Fuller (siehe S. 32) zusammengearbeitet hatte; besser geht’s nicht, könnte man meinen. Fosters Anspruch war sicher der, eine Utopie zu bauen – herausgekommen sind säuberlich getrennte Stadtviertel für verschiedene Aktivitäten: Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Vergnügen. In diesen hochwertigen, blankpolierten Vierteln ist kein Platz für Außenseiter, für Herumlungerer, alles ist funktional wie in einer Siedlung von Le Corbusier.

Wollt ihr die totale Vernetzung? So glatt wie die smarten Stadtpläne ist auch die Sprache, mit der uns die Smartifikation verkauft wird. Über Sicherheit wird viel geredet: Wenn die Kamera jeden erfasst, der in dein Apartmenthaus kommt und per Gesichtserkennungs-Technologie identifiziert, wenn alles Kommen und Gehen genau protokolliert wird, von den Straßen bis in die Häuser, ist das nicht beruhigend? Bequemlichkeit ist das andere Argument. Da deine Gewohnheiten genau erfasst sind, wird die Heizung immer zentral gesteuert die richtige Temperatur haben … Im Rahmen einer Internet-of-Things Diskussion der Vereinten Nationen wird hervorgehoben, wie ein smartes Bürohaus die Produktivität erhöhen kann, indem von der Raumtemperatur bis zur Kaffeemaschine alles gemäß den genau erfassten Gewohnheiten der Angestellten zentral reguliert wird. „In ein paar Dekaden werden Städte zahllose autonome, intelligente IT-Systeme haben mit perfekter Kenntnis von Gewohnheiten und Energieverbrauch der Benutzer und einen optimalen Service anbieten ...“, so ein Text von Siemens. Service für wen? Bei jedem smarten Menschen blinken längst alle Warnlampen. „Von Grund auf toxische Sprache“, nennt Greenfield das smarte Gerede. Jeder liebt „smart“. Dass auch Kontrolle und Überwachung gemeint sein können, ist versteckt im perfekten Double Speak. Das Bild einer bargeldlosen Stadt drängt sich auf. Smarte Maschinen mögen keine zerknitterten Scheine. Auf dem Amt sitzt man intelligenten Robotern gegenüber, die zwar wissen, was man vor zehn Jahren zu Mittag gegessen hat,

Text: Monika Dietl

SMARTE NEUE STADT

„Im Kern, von Natur aus, verkörpert die Smart City Kontrolle, Unterdrückung, Ausbeutung“, so der amerikanische Urbanist Adam Greenfield bei seinem Vortrag im Rahmen des diesjährigen Make City Festivals in Berlin. Greenfield, derzeit an der London School of Economics, ist Autor des Buches „Against the Smart City“, in der er den Smart-Machern die Maske vom Gesicht reißt. Nicht dass man Angst haben müsste, dass übermorgen irgendwo in Brandenburg die „Smart City Marzahn 2.0“ aus dem Boden gestampft würde. Dazu widerspricht so eine Stadt zu sehr allem, was wir aus der Geschichte über gewachsene Städte wissen. Dass Technologie, so fortschrittlich sie auch sein mag, nie ganz fehlerfrei funktioniert. Dass man für das geistige und körperliche Wohlergehen der Bewohner Ecken und Nischen braucht, Freiräume, die eine zusätzliche Dimension schaffen. Dass man Bars und Märkte, Imbiss-Stuben, FetischClubs und Straßenfestivals nicht auf die fünf Worte „occupant support and convenience systems“ reduzieren kann, wie Greenfield schreibt. Die Gefahr lauert darin, dass die Grundlagen der Smart Cities, die Smartifikation des Lebens, Einzug in den Alltag bestehender Städte hält: das Sammeln von Daten und die netzwerkgestützte Entscheidung.


auf Einwände aber leider nicht programmiert sind. Der einzige Mensch auf der Etage ist vom Wartungspersonal der Roboterfirma. Dafür öffnen sich alle Türen zuvorkommend von alleine. Außer man macht hastige Bewegungen. Das mag nur ein Albtraum sein, aber die Herausforderungen für den Stadtbewohner haben sich geändert. „Eine Informationsgesellschaft ist immer auch eine Überwachungsgesellschaft“ heißt es im Katalog zur Ausstellung „Smart New World“ in der Kunsthalle Düsseldorf 2014. Die Privatsphäre schrumpft. Neues Denken ist gefragt. Sogar ein eigener Geschäftszweig entwickelt sich aus der Nachfrage nach Möglichkeiten, der allgegenwärtigen Überwachung zu entgehen. Es gibt mit Metall durchsetzte Stoffe, die das Handy oder den Laptop strahlensicher abdecken, LED-Schirme und Brillen, die das Gesicht unfotografierbar machen. Der Privacy Gift Shop bietet eine „Stealth-Wear“-Mode an, durch die man für Drohnen unsichtbar wird und die Thermal-Aufnahmen blockt. Ein spezielles Makeup und Styling soll die Logartithmen zur Gesichtserkennung verwirren. Irgendwann wird das Austricksen von Überwachung zur zweiten Natur des Stadtbewohners und jedes Kleinkind weiß, wie man die Babycam aus dem Teddybär holt.

Wollt ihr die totalen Daten?

Illustration: Isabel Schubert

80 % der Weltbevölkerung sollen laut Statistik bis 2050 in Städten wohnen. Für Lokalregierungen und Stadtverwaltungen eine immense Herausforderung. Für Konzerne im Cloud-Computing

und Datensektor ein Milliardengeschäft. IBM, Cisco Systems und die Siemens AG sind führend auf dem Markt der smarten Technologien, die zur Unterstützung des Städtemanagements angeboten werden. „Let‘s make a smarter world!“, lautet gar der IBM-Slogan. Adam Greenfield zeigt in seinem Vortrag Bilder vom IBM-Kontrollzentrum in Rio de Janeiro. In einer Art Hörsaal sitzen Menschen an Computern, der Raum wird dominiert von riesigen Monitoren, darauf Segmente des Stadtlebens in Echtzeit. Straßen und Plätze werden hier überwacht, Krankenhäuser, Ämter, aber auch ehemals private Orte wie Wohnhäuser. Forscht man nach (wie Greenfield), was in den Computer-Interfaces enthalten ist, kommt man zu einem Menüpunkt: Wie viele Truppen sind nötig, um Unruhen in Sektor XY niederzuschlagen. Per Mausklick können hier paramilitärische Einheiten entsandt werden – auf der Basis von Datensammlung und -auswertung. Aber Daten sind nicht objektiv. So können Sensoren zur Temperaturmessung ganz verschiedene Ergebnisse zeigen, je nachdem auf welcher Höhe sie angebracht sind. Gleiches gilt für andere Beispiele wie für die Messung von Luftverschmutzung. Die Anordnung von Sensoren, die Ausrichtung von Kameras, wie viele Daten von wem gesammelt werden und vor allem – wie sie ausgewertet werden – eine systemgestützte Entscheidungsfindung ist bestimmt von den Besitzern der Systeme und deren Klienten. Big Data, Big Money: „Frei“ ist die Information hier nicht, keine Open Source, die riesigen Datenmengen wollen gekauft werden. Plötzlich klingt der IBM-Slogan wie eine Drohung. „Daten werden gesammelt, um immer irgendwo irgendetwas zu optimieren: etwas Wirtschaftliches, etwas Bürokratisches oder

Der neue Typus Stadtbewohner trägt Anti-Überwachungsmode: digital unsichtbar mit Styling und Stealth-Ware von Privacy Gift Shop

»Die Menschheit schafft sich all die richtige Technologie an aus all den falschen Gründen« Richard Buckminster Fuller


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etwas Ideologisches“, so der Smart-New-World-Katalog. Bei der exponentiell wachsenden Technologie sind den Speichermöglichkeiten erst einmal keine Grenzen gesetzt. Die Rolle der Menschen auf der anderen Seite der Big-Data-Kunden ist darauf reduziert, die Daten zu liefern. Die extrahierten Daten schlagen sich dann im neuen Handydesign nieder, für das der Verbraucher nach seiner Datenspende dann brav bezahlt. Gefangen im Daten-Fetischismus. Die rote Pille bitte! – falls wir uns schon in der „Matrix“ befinden und als Datenvieh gemolken werden. Wie der Held der englischen Kultserie „The Prisoner“ ruft: „Ich bin keine Nummer, ich bin ein freier Mensch!“ Apropos Freiheit: Natürlich könnte man aufs Land ziehen, einfach leben, sich abnabeln von allen Netzwerken, sein eigenes Wasser und seinen eigenen Strom erzeugen – Leben Off The Grid. Nur sollte man das tunlichst weder in Texas noch in Florida tun, dort ist es nämlich illegal. In Texas wurde eine SelbstversogerGemeinde von einem SWAT-Team heimgesucht, mit Gewehren bedroht und in Handschellen gelegt. In Florida muss man per Gesetz an das öffentliche Stromnetz angeschlossen sein und in Kalifornien kann einem Mieter gekündigt werden, wenn er das nicht ist. Während die Smart Cities mit der Energiewende werben, läuft dieses Vorgehen jeder Umweltpolitik zuwider. Es wird daher vermutet, dass es um die Angst der Gemeinden geht, ihre Kontrolle über die Menschen zu verlieren. Das passt zum Vorschlag von Google-Vorstand Regina E. Duncan, Menschen zwecks Kennzeichnung mit Mikrochips zu versehen. Weil es so praktisch sei, immer seine Identifikation dabei zu haben, so Frau Duncan, sollen wir also entweder einen Chip mit unseren Daten verschlucken, der dann im Körper bleibt, oder wir legen uns eine elektronische Tätowierung zu. Weil das schick ist.

siert“, so Adam Greenfield in der Make-City-Festivalzeitung. Greenfields Gegenentwurf ist die Stadt der Menschen, nicht die der Daten. Teilnahme, Solidarität, Zusammenarbeit, Netzwerke von Mensch zu Mensch. Er empfiehlt all das, was Berlin sowieso schon so gut kann: die Umnutzung öffentlicher Plätze für Gemeinschaftsprojekte, also „Commoning“, die Kultur des Selbermachens, Reparierens, des „Adoptive Upcyclings“, die Erstellung von Meinungsbildern durch persönliche Befragung, das Mitmachen. Wenn die Smart Cities an einem Ende der Skala sind, dann sind die Transition Towns am anderen: Auch das sind Gemeinschaften, die CO2-frei leben, mit erneuerbaren Energien, aber in einem engen nachbarschaftlichen Verbund, einfaches Leben weitgehend Off the Grid, also ohne Anbindung an das kommunale Stromnetz. Wenn das auch nicht die Zukunftsvision eines jeden Stadtbewohners sein mag; eine Stadt, die auch solche Lebensweisen in ihrer Vielfalt zulässt, ist lebendig. Eine Stadt, in der jeder ein Akteur ist und teilnimmt an den Entscheidungsfindungen. Dass sich diese Zukunft durchsetzt, und nicht die, in der wir nur noch die Daten liefern, die der smarten Technologie gefüttert werden, sei möglich, sagt Greenfield: „Indem genügend Menschen begreifen, was beim Einsatz dieser Technologien auf dem Spiel steht und verhindern, dass sie sich widerspruchslos entfalten.“

Wenn Berlin als „Smart City“ bezeichnet wird, denkt man nicht unbedingt an ein Kontrollzentrum wie das in Rio de Janeiro. „Smart City“ ist zu einem Modewort mit undefinierter Bedeutung geworden. Im Fall von Berlin wird darunter auch die hohe Lebensqualität, d. h. die geringe Bebauungsdichte, verstanden, aber auch das europaweit effizienteste Management des Stadtverkehrs, Carsharing und die dynamische Szene der Informations- und Kommunikationstechnik. Allerdings hat der Senat im April diesen Jahres eine Smart-City-Strategie beschlossen, bei der auch der Siemens-Konzern mit an Bord ist. Ein Projekt ist der Einbau von Scannern in Straßenlaternen für eine digitale Parkplatzsuche. Misstrauen ist angebracht, wenn unter dem Deckmantel von populären Schlagwörtern, die unhinterfragt aus der Meinungsbildungsmaschine namens Internet übernommen sind, Technologien eingeführt werden, die der Einzelne selten durchblickt, die aber alle betreffen. „Wenn die Gemeinde, in der man lebt, diese Technologie kauft und einsetzt, so wird das Leben des Einzelnen davon betroffen sein – unabhängig davon, ob ihn oder sie das sonderlich interes-

Foto: Sibylle Sterzer

Wie wollen wir leben?

Die Stadt bin ich! In einer Aktion der Nachbarschaftsakademie im Prinzessinnengarten wurden Gemeingüter markiert.



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SMART GARDEN

IPG-Tower: „Haben Sie genug Sprit oder nicht?“ Hummel: „Ja.“ IPG-Tower: „Ja, was?“ Hummel: „Ja, Sir!!!“

Martin Kruszka und die IP-Zucchini.


Foto: IP Garten

Reality-TV? War gestern. Das Next Level ist Reality-Gaming! Überwachungskameras, Wasserstrahl-Schießen, Handel – alles per Internet aber doch im richtigen Leben. Worum es geht? Natürlich um nachhaltigen Anbau von Obst und Gemüse! An der Schnittstelle von Natur und Technologie: IPGarten.

er gebürtige Berliner Martin Kruszka ist der Initiator von IPGarten. IPGarten ist – kurz gesagt – ein realer Garten mit virtueller Adresse. Die Idee dazu kam Martin vor ca. drei Jahren. Das war die Hochzeit der sog. Free-to-Play Social Games. Damals spielten weit mehr als 100 Millionen User Spiele wie Farmville, Farmarama, Empires & Allies und andere. Die soziale Spielmechanik des Farmings war so weit verbreitet, dass man Farming als den eigentlichen Herzschrittmacher des inzwischen allmählich abflauenden Social Gaming Hypes betrachten kann. Selbst heute haben Spiele wie Farmville 1 + 2 als App noch mehr als 50 Millionen registrierte User, von denen sicher noch Millionen aktiv sind. Da ist die Hoffnung sicher nicht unbegründet, einen Teil dieser an und für sich produktiven Energie der Millionen von Menschen, die tagtäglich zusammen mit ihren Freunden gegenseitig ihre virtuellen Felder bewirtschaften, wieder ins

reale Leben zurückkoppeln zu können. Denn „der Wunsch ist es, Menschen wieder an das reale Thema Garten heranzuführen“, so Martin. Angefangen hatte jedoch alles damit, dass Martin vor vielen Jahren in Sachsen-Anhalt in einem kleinen Dorf ein Grundstück erworben hatte, zu dem ein knapper Hektar Land gehörte. Mit Urban Gardening oder Nachhaltigkeit hatte man damals zunächst gar nichts am Hut. Aber ohne es zu wissen, handelten Martin und seine Freunde gemäß den Prinzipien der Permakultur, als sie Samen von guter Qualität auf den Acker streuten und dann einfach der Natur ihren Lauf ließen. Da sie keine Zeit hatten, sich zum Gießen auf den langen Weg zu machen, kamen sie erst vier Wochen später wieder zum Feld zurück. Und staunten nicht schlecht. Alles Mögliche war am Wachsen, ganz ohne Düngen oder sonstige Pflegemaßnahmen, den anhaltenden Unkenrufen der einheimischen Bevölkerung zum Trotz, die


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Das nächste Level war die Ermittlung eines Kosten-NutzenFaktors. Nach einigem Grübeln kamen die drei an dem Projekt beteiligten Betriebswirte zu dem Schluss, dass sich ein Investment aus Nutzersicht durchaus lohnen kann: „Bei der Fläche, die wir zur Verfügung stellen, sieht es sehr sicher so aus, dass man Geld investiert und den Wert des Doppelten dafür zurückbekommt nach der Saison.“ Insgesamt soll es auf dem einen Hektar 40 Parzellen geben, und um das Gefühl des Live-Dabeiseins zu ermöglichen, steht zwischen vier Parzellen jeweils ein Tower, in dem die Elektronik installiert ist wie Sensoren und Kameras, die die Parzellen Tag und Nacht abfilmen und dem User 24 Stunden am Tag online einen direkten partizipierenden Kontrollblick erlauben. „Auf einer gekauften Zucchini mag ‚bio‘ stehen, aber eine Zucchini hier kann man ihr ganzes Leben lang beobachten. Das ist Transparenz für mich“, so Martin. „Ich finde bei unserem Projekt wird beispielhaft dargestellt, wie man mit Überwachung sinnvoll umgehen kann. Es macht einfach Sinn, die Lebensmittel, die man isst, auch selber zu überwachen.“ So kann man beispielsweise die Dichte der Pflanzungen genauso bestimmen wie die Art des Saatguts. Der Spieler erhält zwischendurch E-Mails nach Hause geschickt wie zum Beispiel: „Hallo, hier ist Deine Möhre 5/17 auf Parzelle 1 Quadrant 4, bin jetzt 3 Zentimeter groß“. Dadurch kann er anhand des Bildmaterials selbst entscheiden, welche Aktion er auslösen will, bzw. ob er eine Aktion überhaupt für nötig hält. Zum Beispiel wäre eine mögliche Aktion: das Jäten von Unkraut. Da Drohnen oder Roboter in dem Zusammenhang zurzeit noch keine praktikablen Optionen sind, gibt es bei IPGarten einen Online-Shop, in dem man beispielsweise „eine Stunde Unkraut-Jäten“ buchen und bezahlen kann. Nach so einem Auftrag jätet dann ein Helfer eine Stunde lang Unkraut. „Ob man überhaupt von Unkraut reden kann oder nicht, das kann jeder selber entscheiden“, so Martin. Für das Gameplay haben sich Martin und seine Kollegen auch Action-Elemente überlegt, die den Spieler live in das Geschehen mit einbeziehen: „Um den Spielefaktor noch doller zu bedienen, kann man den Wasserstrahl auch lenken, man kann auch von oben bewässern, das macht von der Effektivität her zwar keinen Sinn, macht aber Spaß. Um Wasser zu sparen, hat man pro Tag

auch nur 15 Minuten Zeit, um seine Parzelle zu bewässern.“ Der Spieler steuert per Knopfdruck über das Internet kleine Pumpen sowie die Steuermotoren der Wasserdüsen. Um dem Spieler ein direktes Feedback zu seinen Bewässerungsbemühungen geben zu können, gibt es zusätzlich Sensoren, die die Bodenfeuchtigkeit messen. „Wenn man dummerweise gegen den Wind gegossen hat, wird man sehen, es ist nichts angekommen auf dem Boden, aber mein Kontingent an Wasser ist schon verbraucht.“ Für noch mehr Fun sorgt die spielinterne Ökonomie: „Der Gaming-Faktor wird durch das Handeln bedient.“ Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es bei IPGarten ähnlich wie bei anderen Social Games auch eine spiel-interne Währung geben. Der Wettstreit zwischen den einzelnen Mitspielern ist durchaus beabsichtigt. Ziel des Spiels ist es, möglichst effektive Bewirtschaftungsstrategien zu entwickeln. Die Patenschaft für eine Parzelle übernimmt ein Spieler immer für eine Saison. Im Winter ist Pause, aber im Herbst kann man schon bestimmen, wie die Felder vorbereitet werden, die dann von Gärtnern nach den Angaben der Spieler bepflanzt werden. Besonders fruchtbare Parzellen werden wohl stärker umworben sein als andere. Dadurch entsteht wieder die beabsichtigte Konkurrenz unter den Spielern. Durch das geschickte Re-Engineering bestehender Online-SpielTechnologien und das Addieren von Elementen aus der realen Welt ergeben sich völlig neue Möglichkeiten des Gameplays bei der Interaktion mit der Realwelt. Vielleicht schärft dies bei Spielern auch den Blick auf das Reale. Neu ist, dass nach dem Spielen auch etwas bei rumkommt, womit sich die Frage nach der Distributionslogistik der erwirtschafteten Erträge stellt. „Das wird wohl eine Kooperation werden, dass einmal die Woche die Ernte irgendwo hingebracht wird, in die entsprechende Stadt, und sich die Leute dann dort ihre Gemüsekiste abholen. Wir müssen die Projekte ganz dicht an die Städte ranholen. Ich bin jetzt kein Freund davon, in den Städten was anzupflanzen (wegen der Boden- und Luftbelastung), für mich hat das ‚nen bitteren Beigeschmack, ich habe keine Ahnung davon, aber mein Gefühl sagt, komisch.“ Sicher bleibt es spannend, wie das Spiel dann am Ende tatsächlich aussehen wird, denn ein zu bewirtschaftendes Feld ist wie ein Online-Spiel vergleichbar mit einem Organismus, der sich aus vielen Einzelteilen zusammensetzt. Die einzige Systemvoraussetzung, die man zum Spielen von IPGarten braucht, ist ein funktionierender Internetzugang: es ist damit Lo-Spec und trotzdem ein Spiel der Superlative: ein Spiel für die wachsende Gemeinde der Selbstversorger ebenso wie für realitätsresistente Gamer um den nachhaltigen Anbau von Obst und Gemüse. Die Idee, so Martin, ist weltweit einmalig. Wer weiß, vielleicht ist das Next-Next Level die Freie Republik IPGarten.

Text: Peter C. Krell

den sandigen Boden als äußerst ungeeignet für den Anbau bezeichnet hatten. Aus all diesen Faktoren entwickelte sich dann die Idee, im Rahmen eines Computerspiels Parzellen zur Verfügung zu stellen, die man von zu Hause aus über das Internet bewirtschaften kann. Diese Parzellen bringen dann einen Ertrag und diesen Ertrag können die Spieler dann untereinander tauschen. Letztes Jahr hatten Martin und seine inzwischen neun Mitstreiter („vom Programmierer über‘n Tischler bis hin zum Landschaftsarchitekten“) um die 80 Kilo Gemüse erwirtschaftet. Sie wussten gar nicht, wohin damit und fingen an, es zu verschenken und so manches einzukochen. „Da essen wir heute noch von“, grinst Martin lakonisch.


Foto: IP Garten

„Ich finde bei unserem Projekt wird beispielhaft dargestellt, wie man mit Überwachung sinnvoll umgehen kann. Es macht einfach Sinn, die Lebensmittel, die man isst, auch selber zu überwachen.“


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Die Stadt und das Wasser Smarte Systeme sind das.

Du hast die Baupläne zu deinem Bewässerungs-System „Sören“ Open Source online veröffentlicht. Sind Gemeinschaftsprojekte à la Open Source dein Ding?

■ Ja, absolut. Ich habe eine Karte online, auf der verzeichnet ist, wo Sören in Berlin schon im Einsatz ist. Derzeit sind es acht Punkte.

Source absolut berechtigt. Lars Zimmermann* hat dazu eine Matrix entwickelt, die zeigt, welche Vorteile für Unternehmen durch Open Source entstehen und wie man damit Einnahmen generieren kann, gerade weil Open Source-Lösungen angeboten werden und nicht obwohl man sie anbietet. Wie sieht das bei dir aus?

Wo kommt das Geld zum Leben her, wenn man seine Arbeit Open Source zur Verfügung stellt?

■ Das ist eine gute Frage, die ist beim Thema Open

■ Die Baupläne für das System sind kostenlos verfügbar. Um es nachzubauen, kann man sich die Teile entweder selbst zusammensuchen oder man kann sie

Interview: Sibylle Sterzer und Monika Dietl

Netzwerke aus Eimern, Schwimmern und Schläuchen, die alle Pflanzen in ihrem Raster mit Wasser versorgen. Ein unverzichtbares Tool für die grüne Stadtplanung sind Bewässerungsanlagen, die bepflanzte Asphaltflächen mit Wasser versorgen. Sören ist so eine smarte Idee, aber das System ist Lowtech, leicht verständlich und ist aus Recycling-Materialien gebaut. Erfunden hat es der Landschaftsarchitekt und Stadtökologe Sven Benthin.


Sven Benthin

Foto: Carla Schulte-Fischedick

ist Mitgründer der „Grüne Stadt-Planungsgemeinschaft“ und verwirklicht seine eigenen Designideen bei „Grün im Bild“. Er war als Tutor bei der Projektwerkstatt „Begrünung in Modulen“ tätig und hat bei der „European Citizen Science Association“ als studentischer Beschäftigter gearbeitet; außerdem bei „Zero WIN“, dem „Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung“, sowie bei „Bacher Landschaftsarchitekt“. Mit dem Berliner Senat hat er zum Thema Klimaschutz in der „AG Klimapositiv“ mit dem Unternehmensnetzwerk Großbeerenstraße zusammengearbeitet und ist Träger verschiedener Auszeichnungen.

bei mir bestellen. Ich bin Landschaftsarchitekt und Stadtökologe bzw. bereite gerade meine Masterarbeit im Bereich Stadtökologie vor. Wenn jemand zum Beispiel seinen Balkon als Permakultur gestaltet haben will, dann übernehme ich das und werde dafür ganz normal bezahlt. Die Urban Gardening- und Nachhaltigkeitsszene scheint doch nicht nur aus Eigenbrötlern zu bestehen, die nur ihr kleines Reich verwalten. Es entstehen viele Netzwerke, die zwar etwas kostenlos zur Verfügung stellen, aber Geld auf andere Weise verdienen. Entsteht da vielleicht ein neues Wirtschaftsmodell?

■ Ob neu, weiß ich nicht. Wer seine Idee öffentlich preisgibt, bietet anderen die Möglichkeit mit ihren Ideen anzudocken und sie weiterzuentwickeln. Jede dieser Idee ist wie ein Hafen mit jeder Menge Stegen, an denen Boote anlegen und abfahren können. Am Anfang habe ich überlegt, ob ich einen Kredit aufnehme und Sören professionell produziere, sodass man das Bewässerungssystem direkt im Blumenkasten im Baumarkt kaufen kann. Darauf hatte ich aber keine Lust. Einmal wegen des Kredits, der mich auf Jahre hinaus auf diese Idee festgelegt hätte, weil ich ihn zurückzahlen muss und auch weil ich morgen auf die Verwirklichung anderer Pläne und Ideen Lust habe.

Neue Ideen nützen dann auch der Gesellschaft mehr.

■ Genau. Um bei dem Bild zu bleiben, ich hab nicht nur den einen Hafen für die nächsten 20 Jahre, sondern viele Häfen. Manche davon werden stillgelegt, weil keiner andocken will und andere leben auf durch die vielen Ideenschiffe, die anlegen. Es gibt Unterflurbewässerung, Mikrobewässerung, Kapillarbewässerung, dein System ist Kapillarbewässerung. Wie bist du da draufgekommen?

■ Eine Kommilitonin und ich haben eine Projektwerkstatt an der TU gegründet. Es ging darum, asphaltierte Flächen zu begrünen. Daraus entstanden Begrünungsmodule. Wir haben verschiedene Flächen begrünt, z. B. die Dachterrasse der Bundeszentrale vom Naturschutzbund Deutschland, die auch mit meinem Bewässerungssystem ausgestattet ist. Ein permakulturelles Design berücksichtigt ja erstmal die Wasserrückhaltung. Wie macht ihr das bei der Modulbegrünung auf dem Dach, mit Regentonnen?

■ Ich arbeite gerade im Rahmen eines Open Source Projekts mit der Veolia Umweltstiftung genau an dieser Fragestellung. Das Regenwasser ist in Berlin ja der größte Wasserverschmutzer, weil bei Starkregenereig-


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nissen die Kanalisation überläuft und dann die Fäkalien zusammen mit dem Regenwasser u. a. in die Spree fließen. Dort entziehen die biologischen Umbauprozesse dem Wasser den Sauerstoff und dann sterben die Fische. Mit dem Open Source Projekt „Imagine Zero Rainwater Pollution“ wollen wir eine Antwort auf die Frage finden, wie es möglich ist, die eine Million Kubikmeter Regenwasser, die auf eine Millionen Dächer in Berlins Innenstadt fallen, zurückzuhalten. Ja, wie?

■ Indem wir durchschnittlich einen Kubikmeter Wasser pro Haus zwischenspeichern, bevor es in die Kanalisation geleitet wird. Das Projekt ist online und jeder kann Ideen einreichen. Mein Bewässerungssystem passt auch gut dazu. Wie macht man das bei Flachdächern wie hier im Klunkerkranich?

■ Die Dachform ist eigentlich egal, weil man den Speicher beliebig anpassen kann. Am besten platziert man den Speicher so hoch wie möglich, dann spart man sich eine Pumpe und die Energie dafür. Man könnte dann auch mein Bewässerungssystem benutzen, um jeden Balkon an dem Gebäude mit Wasser zu versorgen, weil das Wasser durch die Schwerkraft einfach von oben nach unten fließt. Wenn kein Regenwasser mehr abgeleitet werden muss, weil es z. B. von der Balkonbegrünung verdunstet wird, spart die Hausverwaltung enorme Betriebskosten. Beim so genannten Niederschlagswasserentgelt könnte gespart werden.

Wasserknappheit ist ja ein großes Thema auf unserem Planeten. Man muss eigentlich so viel Süßwasser wie möglich sammeln, solange es da ist.

■ Das ist genau das Prinzip der Regenwasserbewirtschaftung. Man hortet Wasser aus Überflusszeiten und nutzt es zum einen in Zeiten der Regenwasserknappheit oder verwendet es z. B. für die Toilettenspülung. Die Frage dabei ist, wie lagere ich das Regenwasser biologisch und chemisch stabil, weil im Wasser schnell chemische und biologische Umsetzungsprozesse starten. Kommt Regenwasser eigentlich schon verschmutzt vom Himmel?

■ In der Stadt auf alle Fälle mehr als im Umland. Es wird durch die Aerosole und anderen Luftschadstoffe verschmutzt, die wie eine Glocke über der Stadt liegen. Spätestens, wenn das Regenwasser auf ein Gebäude fällt, nimmt es die ganzen Schadstoffe und Blütenpollen mit, die sich dort abgesetzt haben. Dazu kommen die Herbizide und Pestizide, die in das Baumaterial eingearbeitet sind und verhindern sollen, dass beispielsweise die Dächer und Fassaden vermoosen. Diese Chemikalien gelangen natürlich auch ins Wasser. Dieses Wasser will man dann für eine Dürreperiode speichern. Nur wie kriegt man die Schadstoffe, die Chemikalien und die Pollen aus dem Wasser.

Klunkerkranich und Klunkergarten Ende der Ära Sören im Klunkerkranich. Als 2013 die Bepflanzung des offenen Gemeinschaftsgartens Klunkergarten auf dem Dach der Neukölln Arcaden hoch über Berlin begann, war Sören als Bewässerungssystem von Anfang an dabei. Es verband die großen, wabenförmigen Pflanzkübel, in denen auf der als Parkdeck ausgewiesenen Betonfläche angebaut wird. Zwei Jahre lang versorgte Sören alle Beete auf der riesigen Fläche gleichmässig mit Wasser, obwohl diese Größe für ein Papillarsystem gar nicht so einfach ist. Jetzt wird vom Open-Source Lowtech Modell Sven Benthins auf ein computergesteuertes Hightech System umgestellt. Das sind nicht die einzigen Neuigkeiten aus dem Klunkerkranich: Streitigkeiten unter den Betreibern sorgten für Pressewirbel. Die Belegschaft des Klunkergartens gab möRRR dazu ein Statement zur Veröffentlichung: siehe auf unserer Website! www.moerrr.de

* http://bloglz.de/business-models-for-open-source-hardware-open-design-2


Gibt es da schon eine Idee?

■ Die gibt es. Ich arbeite mit Kollegen an einem anderen Projekt, in dem mein Bewässerungssystem mit einer „grünen Leber“ gekoppelt wird. Der Speicher, in dem das Regenwasser aufbewahrt wird, ist gefüllt mit Unterwasserpflanzen, die diese ganzen Schadstoffe aufnehmen und dann als Biomasse entsorgt werden. Entsteht daraus Trinkwasser?

■ Es gibt einen Schadstoff, den kriegt man nicht raus. Man kann ihn aber nach dem Filtern durch die grüne Leber mit Chlor-Tabletten beseitigen und dann hat man Trinkwasser. Spannend finde ich, dass man so auch verunreinigtes Wasser in Krisengebieten reinigen könnte. Wenn das Regenwasser in der Stadt so bedenklich ist, wie verträgt sich das dann mit Urban Gardening-Gemüse auf dem Balkon?

Foto: Carla Schulte-Fischedick

■ Es gibt dazu eine Studie vom Institut für Ökologie an der TU. Es macht keinen Sinn, Gemüse auf dem Stadtbalkon mit gespeichertem Regenwasser zu gießen, das u. a. von Dachchemikalien verseucht ist. Selbstversorgung ist in aller Munde und hip, aber man muss überlegen, was man da eigentlich zu sich nimmt.

Sören in der Vertikalen: Papillarbewässerung für Pflanzen in Geo-Textilien auf senkrecht gestellten Paletten im Klunkerkranich.

WASSER IM FILM

Ozeane, Süßwasser, Wasser soweit das Auge reicht im Cinemaxx am Potsdamer Platz vom 29. bis 31. Januar 2016: „Ocean – Life – Water“ ist das Thema des 9. Green Me Filmfestivals. Das große globale Thema Wasser wird in 40 Filmen und 30 Expertentalks behandelt. Unter anderem dabei sind Werner Bootes Film „Alles unter Kontrolle“, „Shark Girl“ von Gisela Kaufmann und „Bottled Life“: ein Film über die Machenschaften des Konzerns Nestlé. Preisverleihung bei diesem Filmfestival der Nachhaltigkeit ist am Sonntag, den 31. Januar. www.greenme.de


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Foto: Franziska Gronwald

ERWISCHT!

Mit Erde unter den Fingernägeln

1. Wie heißt du? 2. Seit wann bist du Kranich? 3. Was machst du außerhalb des Klunkerkranich? 4. Was machst du im Klunkerkranich? 5. Von woher bist du nach Berlin gekommen? 6. Welche Pflanze verkörpert am besten dein Wesen? 7. Unter welchem Baum würdest du am liebsten begraben werden? 8. 2050 – was ist deine Vision?


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ner Krischan Küh 1.

an 2. Von Anfang ldung) e rwachsenenbi (E rtnern, Kass 3. Pädagoge en. Sonst Gä mm ko be ag lt m Al 4. Abstand vo land 5. Süddeutsch e 6. Wasserminz t 7. Birnbaum Gerechtigkei ie: Globale 8. Meine Utop

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--------------------------------Ansgar Poloczek 1.

2. Frühjahr 2014 3. Vögel zählen tteln, Limonade brauen 4. Nistkästen bauen, Pflanzen betü 5. Hansestadt Lübeck 6. Immergrün 7. Buche

Wildnis ohnern und drumherum nichts als 8. Berlin mit 20 Milllionen Einw

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l aka Ella Rea l e i R a n e l E E: 1.

2. Seit 2013 er studieren e, bald wied 3. Gute Frag halten fen zusammen 4. Den Sauhau vor Konstanz xico City, da 5. Zuletzt Me unkaputtbar . Sonnig und 6. Topinambur d hat er Verein un e natürlich gemeinnützig r ne ge 7. Trauerweid et. ra et ein eing ltweit gebild rgarten ist Dachgärten we n re de an t 8. Der Klunke tzwerk mi ystems n breites Ne eförderungss Teleporter-B inzwischen ei s de e ll te es n A nach B es eine Halt e Menschen vo gi er En Außerdem gibt er ar e erneuerb das mit Hilf Green-Beam, befördert.


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BEES WITHOUT BORDERS

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Anfang 2010 legte sie BEES endgültig auf Eis und fragte sich, was machen wir nun mit der Idee? Dann lernte sie Dimitri Hegemann kennen, der in unregelmäßigen Abständen donnerstags in ihrer Bar in Kreuzberg auflegt. Der Gründer und Betreiber des legendären Berliner Techno-Clubs Tresor, der sich selber gerne als Raumforscher bezeichnet, verbindet dank seines Clubs nicht nur eine lange Beziehung zu Detroit, sondern er ist auch Urban-Farming- und Stadtimkerei-Enthusiast. Mayr erzählte Hegemann von ihrem Projekt, Bienenvölker im Stadtgebiet auf Dächern anzusiedeln. Der war begeistert von der Idee, und mit dem Dach des Kraftwerks Mitte, in dem auch die Clubs Tresor und Ohm ansässig sind, war auch gleich ein Ort für einen Teil von Mayrs Bienenvölkern gefunden, die bis dahin auf dem Aquacarre am Moritzplatz aufgestellt waren, dort aber nicht bleiben konnten. In Detroit hatten Mayr und Orsolini geplant die Stöcke auf 5 Meter Höhe zu positionieren, laut Bienenforscher Tom Seeley die ideale Höhe. Das Aquacarre als auch das Kraftwerk sind allerdings ungleich höher. Kein Problem, sagt Mayr. Der Eigenverbrauch an Honig ist bei den Bienen dann zwar größer, weil sie mehr Energie brauchen, dafür sind sie aber auch gut geschützt gegen Vandalismus und auf ihrem Weg zur Futterquelle, für den sie im Sommer bis zu drei Kilometer zurücklegen, aus der Schussbahn der Menschen. Ein Thema, das Dimitri Hegemann zwischenzeitlich Sorgen bereitete. „Als ich die Bienen vorbeibringen wollte, war er sich erst mal doch nicht so sicher, ob das eine gute Idee war. Im Kraftwerk liefen gerade Proben für eine Opernaufführung. Ich habe ihn beru-

Foto: Jana Nowack

Foto: Roland Gockel

Foto: Jana Nowack

tadtimkerei erlebt seit einigen Jahren einen gewaltigen Zuwachs. Die Zahl der städtischen Bienenhalter steigt stetig. In Berlin hat sie sich seit 2010 etwa verdoppelt. Mittendrin in dieser Entwicklung ist Erika Mayr. 2004 nahm sie gemeinsam mit ihrem Freund, dem Architekten Stéphane Orsolini, im Rahmen des von der Kulturstiftung des Bundes ins Leben gerufenen Wettbewerbs Shrinking Cities teil. Titel ihres Projektes: „BEES – Urban beekeeping in Detroit“. Die Idee war simpel: den laufenden Prozess der Deindustrialisierung als Chance umdeuten und Detroit in ein El Dorado für Bienen und StadtimkerInnen zu verwandeln und damit parallel auch nachhaltig etwas für die Umwelt der Stadt tun. Genug Freiflächen gab (und gibt) es in der Motor City ja. Doch leider kam das Projekt trotz großer Aufmerksamkeit nicht so recht in Gang. „Wir hatten selber keine Bienen in Detroit, sondern wir sind einmal im Jahr rübergefahren und hatten vor Ort einen Imker, der die ganzen Community-Gärten versorgt hat, mit dem wir zusammengearbeitet haben“, erinnert Erika Mayr sich, „es stellte sich aber heraus, dass es schwierig ist, einen Fuß in die Tür zu bekommen, wenn man nicht wirklich dort lebt. Niemand war so recht daran interessiert, ein Projekt von Leuten zu übernehmen, die auf der anderen Seite des Atlantiks leben. Außerdem durfte man damals noch nicht annähernd so viele Bienenvölker an einem Ort aufstellen, wie wir geplant hatten. Tatsächlich ist Urban Beekeeping bis heute nicht in allen US-amerikanischen Städten erlaubt.“

Text: Sven von Thülen

Detroit – Berlin: Die Bienen-Connection.


Der Honig auf dem Dach

Das war 2011. Mittlerweile leben fünf Bienenvölker mit jeweils 30.000 Bienen auf dem Dach des Kraftwerks und produzieren fleißig Honig. Den Tresor-Honig. Der Berliner Club dürfte der einzige in Deutschland sein, der seinen eigenen Honig hat. „Das Postindustrielle passt für mich irgendwie“, erzählt Mayr. „Der Weg aufs Dach zu den Bienen ist jedes Mal ein Flash. Du gehst durch diese Kathedrale, die so ein Monument des Industriezeitalters ist, groß und mächtig. Man fühlt sich ja ganz klein, wenn man durchs Kraftwerk läuft. Aber wenn du dann oben auf dem Dach die Bienen siehst, dann öffnet sich eine ganz andere Welt. Als erstes würde man vielleicht denken, dass das Tierquälerei ist. Da ist ja nichts weiter als schwarze Dachpappe. Ein schwarze Wüste quasi. Aber den Bienen geht es dort gut. Natur ist robust.“ Was Berlin so attraktiv für Stadtimkerei macht, ist die Pflanzenvielfalt. Ja, richtig gelesen. Tatsächlich ist Berlin sogar Anwanderungsgebiet für Berufsimker. Zur Lindenblüte werden laut Mayr, die mittlerweile auch Vorsitzende eines Berliner Imkervereins ist, pro Jahr 4.000 Bienenvölker nach Berlin geschafft. Nur zu Lindenblüte. Aus allen Teilen Deutschlands. „Da werden die Völker 800 km

weit nach Berlin gekarrt. Die stehen dann hier für vier bis sechs Wochen, währenddessen sie die Linde einsammeln. In vielen Teilen Deutschlands stehen die Imker nämlich vor der Frage, verhungern lassen oder zufüttern – und dann aber ohne Ernte. Oder nach Berlin fahren, wo jedes Volk etwa zehn Kilo Honig produzieren kann. Wir haben hier eine super Vielfalt. Von März bis Oktober blüht es quasi durch. Der Honig schmeckt so gut, weil wir noch die Linde haben und Ahorn und Rosskastanie und, und, und. Das ist ein echtes Gaumenfeuerwerk.“ Um Honig herstellen zu können, braucht man Felder und pflanzenschutzmittelfreie Zonen, da hat Stadtimkerei mittlerweile einen Vorteil, findet Mayr. „Unsere Bienenvölker haben kaum Winterverluste, weil sie nicht den ganzen Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt sind. Mit den Abgasen kommen Bienen besser klar. Natürlich hast du Kleinstmengen an Bleirückständen im Honig, aber den hast du auch, wenn du mit dem Fahrrad von Kreuzberg nach Schöneberg fährst. Der Honig ist nicht gesünder, als die Landschaft, in der er hergestellt wird.“ Momentan werden 25 % des Honig-Bedarfs auch tatsächlich in Deutschland hergestellt, der Rest wird eingeführt. Keine gute Quote, wie Mayr findet. Trotzdem ist sie optimistisch. „Alle Stadtimker sind ausverkauft. Da hat zu Weihnachten keiner mehr ein Glas Honig. Dass mag nur ein Tropfen auf den heißen Sein sein, aber jedes Glas, das nicht eingeführt wird, ist ein Gewinn.“

Foto: Roland Gockel

higt, dass die Proben nicht durch Bienenschwärme gestört werden würden. Er ist dann mit dabei gewesen, als wir sie aufgestellt haben und war ganz überrascht, wie friedfertig die Bienen sind, erinnert sich Mayr schmunzelnd.

unter dem Himmel über Berlin


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NEUES DENKEN in der architektur Auch vor der Architektur macht der technologische Fortschritt nicht halt. Die 3-D-Printing Technologie transformiert das Bauwesen. Ganze Häuser kommen inzwischen aus dem 3-D-Drucker: gedruckt wird direkt vor Ort oder es werden vorgedruckte Bausegmente zusammengesteckt. Eine neue Freiheit der Formen und Strukturen ergibt sich aus dieser Technologie, die vom Drucker verwendeten Materialien reichen von Beton bis zu Plastik. Aber auch ein sehr altes Material wird neu gedacht: Holz als Baustoff erlebt eine Renaissance, bindet es doch CO2, während im Betonbau mehr CO2 freigesetzt wird als im Flugverkehr. Viele Architekten und Baufirmen haben sich inzwichen auf Holz spezialisiert, einige sogar auf Hochhäuser. Das erste Hochhaus aus Holz steht in Österreich, Deutschland steht in den Startlöchern.

Hochhäuser aus Holz

ie Idee klingt zunächst verrückt. Aber es gibt sie wirklich: Hochhäuser aus Holz. Das Berliner Architekturbüro Kaden + Lager plant jetzt ein zehngeschossiges Holzhochhaus in Flensburg. In Berlin haben die versierten Architekten schon einige niedrigere Objekte realisiert. Kooperation mit Spezialisten und Partizipation der Bewohner standen dabei ganz vorne auf der Agenda. Wie kommt man auf die Idee, Hochhäuser aus Holz zu bauen? Tom Kaden: Unser Antrieb war die architektonische Herausforderung. Wir haben uns gefragt: Wieso soll es Holzhäuser nur am Stadtrand geben? Das Einfamilienhaus, die Sporthalle oder der Bushangar, das kennt man ja. Im urbanen Raum muss man aber nach oben denken, den Platz verdichten, eine heterogene Nutzung berücksichtigen. Wir haben uns dann Partner gesucht, Ingenieure, Tragwerksplaner, Brandschutzgutachter. Es ist immer ein Team, mit dem wir arbeiten.

Wo findet man solche Spezialisten in Deutschland? Markus Lager: Unser Brandschutzingenieur sitzt in Gifhorn bei Braunschweig, dort ursprünglich mit dem Fraunhofer Institut verbandelt, der Tragwerksplaner sitzt in München. Auch in der Schweiz haben wir Partner. Das Netzwerk spannt sich weiter. Das geht bis in die ausführenden Firmen hinein, in der Regel in Süddeutschland und Österreich. Tom Kaden: Dort gibt es im Bereich Holzbau natürlich eine ganz andere Tradition als bei uns. Vorarlberg hat einen ganz anderen kulturellen Hintergrund als das norddeutsche Flachland. Norwegen und Schweden sind auch ganz vorne, aber nicht so sehr im Bereich Mehrgeschossigkeit. Das liegt nicht daran, weil sie es nicht können, sondern weil der Bedarf dort bisher nicht bestand. Die haben Fläche und können in die Breite bauen. Wurden Sie für Ihre Ideen schon für verrückt erklärt? Nun ja – unsere Häuser sind ja keine Ufos, die irgendwo landen. Das sind im Prinzip sehr überschaubare Konstruktionen, die etwas mit dem Werkstoff Holz zu tun haben. Dieser Werkstoff bietet, ganz nüchtern betrachtet, viele Vorzüge. CO2 und nachwachsende Rohstoffe sind ja ein Thema unserer Zeit.

Interview: Helge Birkelbach

Fragen an die Berliner Holzbau-Pioniere Kaden + Lager


Die Dämmqualität von Holz ist hervorragend. Egal, ob wir nun in Holzrahmenkonstruktionen bauen, also Ständer in gewissen Abständen setzen, oder wie bei c13 im Vorderhaus eine Massivholzkonstruktion nutzen: Unsere Konstruktionen sind per se durch das Material schon gut gedämmt. c13, das Haus in der Christburger Straße in Prenzlauer Berg, sieht von außen gar nicht aus wie ein Holzhaus. Tom Kaden: Für uns ist Holz erst mal ein Baustoff für das Tragwerk, positive Bauphysik, klimaregulierend neben den bekannten ökologischen Aspekten des nachwachsenden Rohstoffes. Man muss das Material nicht unbedingt sehen. Für unsere Planung ist die städtebauliche Situation relevant. Wir befinden uns ja nicht im alpinen Raum oder am Stadtrand, sondern mitten in der Stadt. Das ist eine rein subjektive, ästhetische Entscheidung. Es herrscht immer noch so ein klassisches Verständnis. „Wo ist denn nun das Holzhaus?“, heißt es dann. Wir haben das einfach umgedreht: Bei uns wirken eher die inneren Werte, in den Wänden und den Decken. Bei einem Projekt in Hamburg wurden nachträglich innenarchitektonische Eingriffe von den Bauherren vorgenommen. Die haben jetzt Fichtenstützen, einen Eichenfußboden – und gehen womöglich noch mit Kiefernmöbeln rein. Also eher ein Mischwald … Markus Lager (schmunzelt): Weniger wäre mehr gewesen. Es geht uns nicht darum, den Effekt einer Saunahütte oder eines Gartenhauses hoch zu skalieren, sondern darum, zeitgenössische Architektur zu bauen.

Ab welcher Höhe darf sich ein Haus eigentlich Hochhaus nennen? Tom Kaden: Ab 22 Meter, bezogen auf die Oberkante des letzten Fußbodens. Im Fachterminus wird die Grenze als OKFF bezeichnet: „Oberkante Fertigfußboden“. Das hat mit dem Einsatz der Feuerwehr zu tun. Die Feuerwehr kann bis zu 22 Meter ihre Leitern ausfahren bzw. anlehnen, darüber hinaus nicht. Diese Spezifikation ist mit anderen Ländern Europas durchaus vergleichbar. Ab ungefähr dem achten Geschoss braucht man für einen Neubau eine Sondergenehmigung als Hochhaus. Wobei diese Definition schwierig ist, denn es gibt ja unterschiedliche Geschosshöhen. Aber im Prinzip ist es das achten Geschoss. Markus Lager: Wenn man noch höher geht, bis 60 Meter, werden verschärfte Sicherheitsmaßnahmen verlangt. Wie wird der Brandschutz eingehalten? Tom Kaden: Die mittelalterlichen Städte waren Städte aus Holz. Die furchtbaren Stadtbrände sind in den Köpfen der Leute verhaftet, wenn sie hören, wie wir bauen. Dann spielt auch der Zweite Weltkrieg eine große Rolle. Daraus hat sich ein Großteil der aktuellen Brandschutzvorschriften entwickelt. Die Abweichungen müssen wir kompensieren, mit Rauchmelderanlagen, mit Trockensteigleitern im Treppenhaus, wo im Fall der Fälle unten der Schlauch angeschlossen wird und das Wasser nach oben gepumpt wird. Wir arbeiten zudem gerne mit offenen Treppenhauslösungen wie bei c13. Das Treppenhaus liegt außen, an der frischen Luft, wir haben dadurch drei Fassaden statt zwei. Bei der Entfluchtung wird der Rauch in normalen Treppenhäusern binnen weniger Minuten zur tödlichen Gefahr. Die offene Lösung hat also nicht nur eine gestalterische Grundlage. Oberstes Ziel ist der Schutz des Menschen.


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auf die Konstruktion, respektive auf die Raumhöhe aus. Markus Lager: Und nicht zu vergessen auf die Einschlagsmenge. Wenn wir nur die Hälfte an Holz brauchen in der Konstruktion, muss auch nur die Hälfte nachwachsen. Wir reden hier insofern über die Nachhaltigkeit. Übrigens ein Terminus, der eng mit der Forstwirtschaft verbunden ist. Hans Carl von Carlowitz, ein sächsischer Forstmeister unter August dem Starken, hat den Begriff geprägt. Nimm nicht mehr Holz aus dem Wald, als du nachpflanzen kannst. Heute ist alles irgendwie „nachhaltig“, es kommt in jeder Sonntagspredigt vor. Nachhaltigkeit ist ein Buzzword der urbanen Hipster. Holzhäuser, regionales Gemüse, ökologischer Fußabdruck: alles ziemlich schick, oder?

Welche Holzarten nutzen Sie? Tom Kaden: Im Wesentlichen bauen wir aktuell mit Fichte. Das ist ein einheimisches Holz und wächst rasch nach. Es gibt sozusagen keinen „Nachwuchs-Mangel“. Tom Kaden (lacht): Nein, gibt es nicht. Es wächst immer noch mehr Holz im deutschsprachigen Raum im Bereich der nachhaltigen Forstwirtschaft, als verarbeitet wird. Regenwaldhölzer sind natürlich komplett tabu. Die Firmen, die seit vielen Jahren unsere Partner sind, garantieren das auch. Andere Hölzer als Fichte sind für die tragholzrelevanten Konstruktionen bisher wenig beachtet worden. Für Buche gibt es aber fantastische Neuentwicklungen. Wir haben ja hier in Deutschland einen gigantischen Buchenbestand. Das ist zwar ein langsam wachsendes Holz, aber mit einer ganz anderen Festigkeit ausgestattet als Fichte. Während wir bei der Fichte 12–14 cm Deckenstärke brauchen, sind es bei der Buche je nach Spannweite nur 5–8 cm. Das wirkt sich natürlich

Wohnen Sie beide eigentlich auch in Holzhäusern? Tom Kaden: Ich ja, Markus noch nicht. Ein rein organisatorisches Problem (lacht). Das allererste Holzhaus, das ich vor 24 Jahren gebaut habe, war ein Einfamilienhaus. So hat das Ganze begonnen. Und nun wohne ich nach vielen Jahren wieder in einem Holzhaus. In Friedrichshagen, in einem unserer Projekte, zusammen mit 16 anderen Familien. In Stockholm haben die Kollegen noch ein bisschen größer gedacht. Dort wurde 2003 das Hochquartier „Klara Zenit“ fertiggestellt. Sieht irgendwie surreal aus, oder? Tom Kaden: Eher genial als surreal! Das ist im Übrigen ein weiteres Thema des Holzbaus: Verdichtung auf Bestand. Wir haben in Europa seit den 1950/60er Jahren einen Bestand mit vielen Flachdächern, sowohl im Wohnbereich als auch im Gewerbebereich. Im Beispiel „Klara Zenit“ hat man diese fertige Struktur in der Höhe ergänzt, da kann man obendrauf nur mit Holz bauen. Weil: leichter Baustoff, gute Präfabrikation. Man zieht das ganze Haus bzw. die ganze Siedlung fertig aufs Dach. Hier ist der Holzbau nicht nur als Neubau, sondern als Verdichtung auf den Dächern prädestiniert. Diese Möglichkeiten hat man bei uns in Deutschland vielleicht schon erkannt, aber die Stadtplanungsämter sind noch weit entfernt von der Einbeziehung solcher Ideen. Wo werden Hochhäuser aus Holz noch gebaut? Tom Kaden: Zum Glück gibt es mittlerweile ein relativ großes Spektrum weltweit. Auch in Berlin kennen wir Kollegen, die in diesem Bereich unterwegs sind. In Österreich fällt mir Hermann Kaufmann ein, Professor an der TU München, der in Dornbirn ein achtgeschossiges Holzgebäude errichtet hat. In Vancouver gibt es ein Projekt, wo man diverse Meter über die Hochkante

Fotos: Kaden + Lager

Aus den Bauplänen ist ersichtlich, dass Ihre Konstruktionen nicht zu 100 Prozent aus Holz bestehen. Welche Vorteile bietet die Hybridbauweise? Tom Kaden: Primärmaterial ist immer Holz, aber Stahl und Beton spielen auch eine Rolle. Teilweise wird uns das von Hardcore-Ökologen madig gemacht. Wir aber glauben, dass ab einer bestimmten Höhe die sinnvolle Mischung von Materialien angesagt ist. Wir nutzen die jeweiligen Vorteile des Materials. Holz ist eher zugpositiv, Beton eher druckpositiv. Als Beispiel setzen wir gerne im Deckenbereich an, mit Holz-Beton-Verbunddecken. 10–12 cm Holz, 10–12 cm Beton, da kann man relativ preiswert große Spannweiten überbrücken. Markus Lager: Bei den Decken in c13 ist das gut sichtbar. Das Druckverbundsystem wirkt wie ein Sandwich. Wobei ein Sandwich immer aus drei Schichten besteht, aber die zwei wirken am jeweils richtigen Ort.

Tom Kaden: Ja, wir sehen das tatsächlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Als Architekten haben wir das Glück, in dieser Zeit zu leben. Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Da kamen eben viele Dinge zusammen. Die Leute wollten nicht mehr am Stadtrand wohnen, wollen aber trotzdem Holzkonstruktionen haben. So ist auch unser erstes Projekt entstanden.


Nützliche Links www.kadenundlager.de www.co2-bank.ch www.wood.tum.de www.informationsdienst-holz.de

hinausgegangen ist. Und natürlich die Arbeiten der skandinavischen Kollegen. Gesetzt der Fall, ich wäre am Leben in einem städtischen Holzhaus interessiert. Wie können meine Vorstellungen mit den architektonischen Notwendigkeiten in Einklang gebracht werden? Markus Lager: Das ist immer eine Zusammenarbeit zwischen den Bauherren und uns. Wir bearbeiten viele Projekte für Baugruppen, das bedeutet für uns von vornherein einen partizipativen Prozess. Wir arbeiten nicht mit Dogmen, sondern mit Erfahrungen, die wir nun mal gemacht haben. Das ist durchaus eine Konsenssuche, die wir da betreiben. Tom Kaden: Eine Baugruppe ist meistens eine GbR. Die Gruppe ist im Idealfall einigermaßen homogen, es existiert schon ein Grundstück, es gibt bereits Vorstellungen zur Nutzung. Wir zeigen dann gebaute Beispiele, wir begehen eine aktuelle Baustelle, um Material zu zeigen – Dinge, die man verbaut nicht mehr sieht – und machen erste Vorschläge. Wir näheren uns dem Thema an und reden über Raumgrößen, Energiestandards, Ausstattungsgrad. Wir erarbeiten einen ersten Entwurf, stellen ihn der großen Gruppe vor. Und alle schreien Hurra. Nicht. Tom Kaden: Partizipation ist natürlich ein nicht ganz unkritischer Prozess … Gruppendynamik spielt da mit, da sind wir stark in der Verantwortung, was Steuerung und Projektleitung anbelangt. Wenn wir das große Ganze miteinander geklärt haben, verfeinert sich das dann, man wird kleinteiliger in den einzelnen Nutzungen, in den einzelnen Wohnungen und Familien, findet den individuellen Ausdruck, setzt das dann um und stellt es der großen Gruppe wieder insgesamt vor. Und wann kann ich einziehen? Tom Kaden: Mit einem Projekt mit sieben Parteien können Sie von der ersten Besprechung über die Auftragserteilung bis zum Einzug zwei bis drei Jahre rechnen.

»Man muss das Material nicht unbedingt sehen.«


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Foto: Henner Bruch

Architektur der Freiheit


Text: Maja Helene Kersting

Rebel Architects So werden diese Erfinder oft genannt, obwohl sie nicht unbedingt gelernte Architekten sind. Was sie verbindet, ist die Suche nach Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit: Klimawandel und damit einhergehende Naturkatastrophen, Wirtschaftskrisen und Armut, steigende Flüchtlingszahlen. Ein gerechtes Zusammenleben in dieser Zukunft erfordert, das Wohnen neu zu denken. Gefragt sind heute Flexibilität, Unabhängigkeit, Verantwortung des Einzelnen. Die meisten dieser neuen Behausungsformen sind daher klein, einfach, oft mobil, CO2 neutral, und autark. Dass jeder „Haus“-Besitzer selbst für seinen Strom sorgt, sein eigenes Wasser erntet und wieder aufbereitet und sein eigenes Gemüse anbaut, bedeutet allerdings nicht, dass es hier um Technologiefeindlichkeit oder den Rückzug in die Einsamkeit geht. Photovoltaik oder Windenergie-Anlagen sind Hightech; Gemeinschaft wird in dieser „Szene“ gross geschrieben. Aus den USA hört man schon von einem „Tiny-House Movement“ und genossenschaftlich organsierten Dörfern. „Off the Grid“ zu leben, die Abnabelung von kommunalen Strom- und Wassernetzen, reduziert nicht nur die privaten Ausgaben und den Carbon Footprint, sondern beschert auch ein Hochgefühl von Unabhängikeit. Freiheit vor Besitz! Wer diese Wahl trifft, wird die Rebel Architects lieben. Diese Architektur der Freiheit stellt den Menschen an die erste Stelle und der Würde des Menschen wird vernetztes Leben mit Reglementierung und Überwachung, wie z.B. in den Waben von „Smart Cities“ (siehe S. 4) nun einmal nicht unbedingt gerecht. Die Ästhetik dieser Bauten, die auf sich selbst gestellt sind wie ein Raumschiff im All, ist denn auch ein wichtiger Aspekt – auch für die Earthships. Die gefüllten Autoreifen werden mit Lehm ummantelt und gerade dieser Lehm verleiht den Earthship-Häu-

Foto: Henner Bruch

Oktober 2015: In Schloss Tempelhof in Baden-Württemberg beginnt der Bau eines, gelinde gesagt, unkonventionellen Gebäudes. Es besteht zum Großteil aus mit Sand gefüllten alten Autoreifen und erinnert an einen umgestülpten Schiffsrumpf. Ein Earthship. Dass dieses Projekt als erstes seiner Art in Deutschland eine Baugenehmigung erhalten hat, zeigt, dass die Stunde der Außenseiter geschlagen hat und alternatives, ökologisches Bauen grünes Licht sieht. Man kann kaum die sozialen Medien aufschlagen, ohne ständig von neuen, atemberaubenden Erfindungen zu lesen, wie man auf kleinstem Raum unabhängig, freier, leben kann; ob am Wasser, in der Wüste oder im kalten Norden.

Mit Sand gefüllte alte Autoreifen und alte Glasflaschen, das sind die Haupt-Zutaten für ein Earthship: auch sonst werden lokal verfügbare, wieder verwertete oder natürliche Baumaterialien verwendet. Baut man für eine vierköpfige Familie, braucht man circa 4.000 Reifen. Auf dem Dach werden Passiv-Solaranlagen oder Photovoltaik und Windräder montiert. Das Dach ist auch Auffangbecken für Regenwasser, das dann in eine Zisterne hinter dem Haus geleitet und von dort ins Haus gepumpt wird. Die Kosten richten sich danach, wie viele Leute beim Bau mithelfen. Ein Simple Survival Earthship mit circa 50 m2 Wohnfläche kostet in den USA bei hoher Eigenleistung ab 50.000 Dollar. Das Know-how wird in der Earthship Academy von Michael Reynolds in Taos, New Mexico, vermittelt. Zehn Deutsche waren bisher auf der Academy, Johannes Comeau Milke absolvierte sie 2012. Er und Jost Völker, beide von Earthships Biotecture Deutschland, beantworten alle weiteren Fragen.

Warum baut ihr eigentlich Earthships? Johannes: Ich glaube, das wirklich Wichtige ist, dass man in Freiheit leben kann, sein eigenes Wasser hat, seinen eigenen Garten, seine eigene Stromversorgung. Im Winter ist es warm, im Sommer kalt. Es kann auch eine Antwort auf viele politische und gesellschaftliche Probleme sein.

Das ist ein sehr persönlicher Ansatz. Jost: Ein Überleben der Menschheit ist nur durch Kooperation möglich. Es geht nicht darum, dass jeder Mensch ein Earthship hat, überhaupt nicht, sondern darum, dass Menschen gemeinsam ein Earthship bauen, oder ein anderes Öko-Haus. Wir machen das auch, um die Welt zu retten, selbstverständlich, aber wir können und wollen auch gar nicht global agieren, sondern wir fangen einfach an, gemeinschaftlich zu bauen. Und das kann dann auch ein Beispiel für andere Menschen sein. Johannes: Vor zwei Jahren haben sich daher in ganz


sern ein weiches, rundes Aussehen. Durch eingebaute farbige Glasflaschen fällt das Sonnenlicht und taucht das Innere in ein sanftes Farbspiel. Die vielen Pflanzen, die außen und innen im Earthship wachsen, erzeugen ein angenehmes Klima als würde man sich unter freiem Himmel oder im Wintergarten befinden.

Europa Interessierte zusammengeschlossen und einzelne „radikale Zellen“ gegründet. Es sind Gemeinschaften, die sich lokal organisieren und ein Netzwerk von Menschen bilden, die das Know-how haben und verbreiten wollen. Und eine dieser Gruppen ist Earthships Biotecture Deutschland.

In ihrer Gestaltung erinnern die Earthships an die berühmten Bauten des spanischen Architekten Antoni Gaudi (1852 – 1926). Auch er wollte in erster Linie den Menschen angenehme und würdige Behausungen schaffen. Viele seiner farbintensiven, organisch geformten Gebäude schmücken Barcelona. Sie setzen bis heute einen Kontrapunkt zu den Bauformen, die den rechten Winkel betonen. Gaudis den rechten Winkel verschmähende Ästhetik trifft sich mit der der Earthship-Erbauer und -Gestalter. Sie bezeichnen graue, reglementierte Beton-Ästhetik als tot.

Wie viele Leute braucht man, um ein Earthship für eine vierköpfige Familie zu bauen?

Foto: Henner Bruch

Die Idee der Verwertung von in der Umwelt vorhandenen Überresten wohnt der Menschheit inne – allein schon aus Gründen des Überlebens. So verwendeten bereits vor 200.000 Jahren die Menschen der Steinzeit buchstäblich bis auf das letzte Haar alle Teile der erlegten Tiere. Aus ihren Knochen konstruierten sie kuppelförmige Behausungen. Diese boten ihren Bewohnern Schutz vor wilden Tieren und der unberechenbaren Natur – waren sie doch stabil und einigermaßen bruchsicher. Die Knochen von damals sind vielleicht die Autoreifen von heute – sie werden zu Schaukeln umfunktioniert, oder eben in ein Gerippe

Johannes: In der Regel sind das 20–50 Helfer, wobei eine Crew von fünf bis zehn Experten dabei ist. Dann kann man ein Gebäude mit drei bis vier Zimmern in einem Monat bauen.

Wo kriegt ihr die Autoreifen her? Johannes: Man geht halt ein bisschen sammeln: bei Mülldeponien oder Reifenhändlern. Oder man findet sie am Straßenrand oder im Meer. In den letzten 50 Jahren wurden circa zehn Milliarden Autoreifen über Bord geworfen. Das ist ein natürlicher Rohstoff unserer Zivilisation sozusagen.

Seht ihr euch als Rebel Architects? >> langes Schweigen <<< beide: Nein. Johannes: In der Architekturszene ist es mit Sicherheit


eingebaut, das an den Brustkorb eines Dinosauriers erinnert. Aber auch der Drang danach, sich ein autarkes Haus zu erschaffen, welches an vielen Orten in relativ kurzer Zeit mit wenigen Mitteln zu errichten ist, ist ein sehr alter. Vielleicht hat die Architektur der Freiheit mit Diogenes begonnen. Der Mythos aus dem Alten Griechenland erzählt uns von jenem Philosophen, der zum Wohnen nur in seiner Tonne lebte. Und die Tonne war sogar beweglich. Ließ sich überallhin rollen. Als der damals größte und bekannteste Feldherr des Altertums, Alexander der Große, Diogenes besuchte, soll er sinngemäß gesagt haben, er verstelle ihm die Sicht auf die Sonne. Eine der unzähligen Nachbauten der Tonne steht an einem See in Brandenburg. Aber die Diogenese von heute scheinen mit der Kälte zu hadern. Denn im Winter und Frühjahr, wenn die Nächte kalt sind, bleibt die Tonne unbewohnt. Diogenes soll sich im Winter mit dem Schnee auf den Statuen abgerieben haben, um so gefühllos zu werden wie sie – und die Kälte nicht mehr zu spüren. International anders Weltweit sind die Rebel Architects am Werk. Allein die Earthships gibt es in jedem amerikanischen Bundesstaat, in Indien, auf den Philippinen; in Sierra Leone errichteten Aktivisten eine Waldorfschule, im erdbebengebeutelten Haiti einzelne Wohnhäuser. Vor allem in den USA haben sich als Reaktion auf die Finanzkrisen der letzten Jahre Tiny-Houses verbreitet. Winzige Holzhäuschen, auf rollenden Rädern erbaut. Nicht teuer in der Anschaffung erfüllen sie trotzdem den Traum vom eigenen Heim. Und dank der Tiny-Houses müssen sich ihre Käufer nicht ein Leben lang verschulden, weil sie überteuerte Kredite für ein teures, aber fragiles Haus aufnehmen. Was dann dazu führen kann, dass Familien, wie in der Finanzkrise im Jahre 2009 geschehen, ihre Häuser und ihre Bleibe verlieren, von einem Tag auf den anderen ohne Obdach sind. Sie kamen in Zeltstädten unter. Die Tiny-Houses wollen vor einem solchen Schicksal absichern. Es gibt sie in rosa, grünem Anstrich, oder in dunkleren, naturbraunen Farbtönen. Und sollten Eigentümer der Tiny-Houses einen Job in einer anderen Stadt finden, so ziehen sie mit ihrem Haus einfach weiter. Diese Vorteile suchen natürlich auch die Menschen, die in den USA seit jeher im Wohnwagen von Trailer Park zu Trailer Park ziehen. Allerdings wird auf sie dort das Stereotyp „Trailer Trash“ angewendet, sie werden oft als soziale Randgruppen mit Alkohol- und Drogenproblemen angesehen. Vielleicht wird das Tiny-House Movement, mit seiner Betonung von ökologischen Faktoren und hoher Lebensqualität, diesen Blickwinkel ja langfristig verändern. Mit den Tiny-Houses wird nämlich auch die Philosophie des freien Lebens auf kleinem Raum verkauft. Denn übervolle Schränke, Überflüssiges und über Jahre angesammelter, im Keller oder Aufbewahrungssystemen aufbewahrter Hausrat haben dort keinen Platz mehr. Und wenig Besitz belastet das Leben nicht mit Putzen, Aufräumen und Ordnen, sondern macht

rebellisch und revolutionär, weil normale Architektur tot ist. Unsere Architektur ist, so wie wir sie sehen, lebendig und organisch.

Was meinst du damit, das Architektur tot ist? Johannes: Wenn man sich die meisten Gebäude anschaut, die nur aus Beton und in Blockform gebaut sind, sind sie grau und ohne Leben. Unsere Häuser sind eher rund, oft auch bunt, und im Einklang mit der Natur errichtet.

Ihr seht den Wohlfühlfaktor als wichtig an? Johannes: Ja natürlich. Es ist eine ganz andere Luft, wenn du Pflanzen im Wohnzimmer hast. Da ist auch ein ganz anderes Raumklima – du siehst auch nichts von den Autoreifen – die Gebäude werden mit Lehm verputzt und mit Holz gebaut, und durch die Mosaike aus Flaschensteinen scheint die Sonne durch.

Kann man Earthships eigentlich auf jedem Grund bauen? Jost: Es gibt Gründe, auf denen man nicht bauen sollte, aber grundsätzlich ja.

Und wie sieht das von rechtlicher Seite aus? Kann ich überall mein Ship hinstellen? Jost: Es hängt davon ab, in welchem Land du bist. In vielen Ländern gibt es sogenannte „Pockets of Freedom“, auf die du, wenn dir jemand das Land zur Verfügung stellt, einfach bauen kannst. So in Amerika und weltweit. In Europa sind es eher wenige, und deshalb sind wir auch gerade interessiert daran, in Deutschland ein Beispielmodell zu schaffen. Und ich glaube auch, dass unsere Behörden das Richtige genehmigen wollen.

Seht ihr euch als Architekten? Jost: Ich bin kein Architekt. Johannes: Ich bin auch kein Architekt. Wir haben aber eine Architektin im Team, eine Mitgründerin der Lebensgemeinschaft Tempelhof, die an der UDK in Berlin ihre Diplomarbeit über Earthships geschrieben hat: Sara Serodio. Sie arbeitet überall auf der Welt im Earthships Biotecture-Team, um Erfahrungen zu sammeln: die erste in Deutschland, die so etwas bauen darf. Das könnte also wirklich ein Anfang für eine neue Architektur-Richtung sein ... Jost: Das wird ein Anfang für eine neue ArchitekturRichtung sein, da können wir den Konjunktiv rausnehmen. Nach diesem Projekt gibt’s schon Kunden für die nächsten Gebäude, also das geht grade los. ■


Fotos: PolyCare

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Auch in Europa setzt man auf Klein als Zukunftsmodell. 2014 schrieb der in Köln lebende Philosoph Lars Lange den „Rachel Architekturwettbewerb“ aus. Ein Tiny-House in Modulbauweise, also stapelbar, geeignet für ko-operatives Wohnen, leicht aufund abzubauen, energieautark – die Baukosten sollen 25.000 Euro nicht überschreiten, die Baupläne sind Open-Source. Ein Prototyp steht in Berlin, gebaut von Wieder Wild. Inspiriert von der Idee des einfachen und energieunabhängigen Lebens bauten Wieder Wild ihr „Das Nest“ genanntes Tiny-Haus zusammen mit allen, die interessiert waren. In Workshops wird das Know-how zum Nachbau nach den online gestellten Plänen vermittelt. (zu Berlin und Van Bo Le-Mentzel siehe S. 35) „Autarkie als Luxus“ ist das Motto des österreichischen StartUps Wohnwagon. Der Wohnwagon bietet 25 Quadratmeter mit einer integrierten Photovoltaikanlage, einer Bio-Toilette und Wasseraufbereitungsanlage. Theresa Steininger und Christian Frantal wollen ihn bald in Serie produzieren, zu kaufen ist er im Autarkieshop. Manche Projekte, wie der Wohnwagon, werden durch Crowdfunding finanziert, manche können bestellt und gekauft werden. So wie ein an Weltraumästhetik erinnerndes eiförmiges Wohnobjekt: die Ecocapsule namens „Nikita“. Sie stammt aus dem slowenischen Büro Nice Architects, das aus drei gelernten Architekten besteht. Die ovale Form maximiert die Energieeffizienz; das Mini Apartment verfügt über Solarzellen und eine

Häuser aus Legosteinen, Legosteine aus Sand: Fragen an Dr. Gerhard Dust, CEO von PolyCare „Ich frage mich jeden Tag aufs Neue, wieso da keiner vor uns drauf gekommen ist.“ 1,5 Milliarden Menschen auf der Erde haben kein Dach über dem Kopf. Weitere zwei Milliarden Menschen leben in Elendsbehausungen, in Rundhütten, unter Wellblechdächern oder unter Plastikplanen. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der UNO, UNHCR, befinden sich derzeit rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Das ist die höchste jemals erfasste Zahl. Neun von zehn Flüchtlingen befinden sich in Entwicklungsländern. Die Bilder von Zeltstädten bis zum Horizont kennen wir alle aus den Nachrichten. In Pakistan erfroren nach dem verheerenden Erdbeben 2005 Hunderte von Menschen in ihren Zelten. Jahre später gibt es die Zeltstädte immer noch. Aber auch in Deutschland werden immer mehr Flüchtlinge in Zelten untergebracht. Die Firma PolyCare aus Gehlberg in Thüringen hat „Legosteine“ aus Sand und Polyesterharz entwickelt, die das Unterbringungsproblem lösen könnten. Mit Sand ist dabei auch Wüstensand gemeint, der zur Herstellung von Zementbeton für das konventionelle Bauen komplett ungeeignet ist ...

Text: Sibylle Sterzer

es überschaubarer. Und diese Überschaubarkeit macht frei für Gedanken und Ideen – kleine Räume als Pforte zu den endlosen Räumen der Kreativität. Und vielleicht für jene Freiheit, die Diogenes genoss.


ausfahrbare Windturbine und kann zwei Personen beherbergen. Nach Darstellung von Nice Architects können die silberweißen Wohn-Eier mit einem speziellen Kran auf den Dächern von Hochhäusern oder auf kargen Felsen einsamer Gebirge „abgestellt“ werden. Oder für rund 2.500 Euro von Slowenien nach New York versetzt werden. 2016 sollen die ersten Ecocapsules geliefert werden. Nicht nur ökologische Überlegungen, sondern auch brennende soziale Fragen bewegen die Rebel Architects. Mit Leidenschaft und Beharrungsvermögen errichten sie Gebäude, die denjenigen Menschen dienen, die in größter Armut leben. Statt weiterer Luxuswohnungen, die nur die Bedürfnisse weniger bedienen, arbeiten sie mit viel Phantasie und unkonventionellen Lösungen daran, die Lebensbedingungen der Ärmsten zu verbessern. So wie der brasilianische Architekt Ricardo di Oliviera, Bewohner einer Favela, der Umbauten und Neubauten in den Favelas entwirft. Mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen wohnt er dort in einem Ein-Raum-Häuschen. Seine Zeichnungen fertigt er zuweilen mit Kreidestiften auf brüchigem Betonboden an. Mehr als 100 Häuser hat er so gebaut. In Nigeria, wo Obdachlosigkeit ein grosses Problem ist, hat man angefangen, Häuser aus Plastikflaschen und Schlamm zu bauen. Ausgangspunkt war die Initiative von zwei gemeinnützigen Vereinen: Development Association for Renewable Energies (DARE) und der Londoner Africa Community Trust. Für den Hausbau von bis zu drei Stockwerken werden alte Plastikflaschen mit Sand gefüllt und dann mit Schlamm und Zement ummantelt. Die Häuser sind erdbebensicher, feuersicher und CO2-frei, der Schlamm sorgt für ein angenehmes Raumklima. Strom wird von Solarzellen und Methangas aus Abfällen erzeugt. Auch aus Stoff kann man bauen. Die Architektin, Künstlerin und Designerin Abeer Seikaly spannt wetterfesten Stoff auf einen biegsamen Plastikrahmen. Taschen im Stoff sammeln Regenwasser, das zum Trinken und Waschen genutzt wird. In heißen Umgebungen sorgt der Stoff für Ventilation und Luftbewegung, in kalten Gegenden bietet er Isolierung. Außerdem ist er mit Solarzellen verwoben, die aus Sonnenlicht genug Energie für Beleuchtung oder Batterien produzieren. Dieses Zelt von Weaving Home, „ein Zuhause Weben“, war ursprünglich als Behausung für Flüchtlinge gedacht, hat aber durch sein futuristisches Design allgemein viel Beachtung gefunden und Preise gewonnen. Die pakistanische Architektin Yasmeen Lari entwirft Häuser aus Holz, die auf hohen „Beinen“ stehen, und so am Wasser liegende Dörfer vor Flutkatastrophen schützen sollen. In einem auf diese Weise errichteten Gemeinschaftshaus lagern die Dorfbewohner wertvolle Dinge in verschlossenen Kisten. Das nächste Hochwasser wird sie nicht wegschwemmen. Lari baut auch von der Flut zerstörte Häuser wieder auf, und zwar in althergebrachter Bauweise. Seit 2010 hat sie 36.000 davon errichtet.

Herr Dr. Dust, inwiefern verbessert Ihr Produkt die Welt? Unsere Erfindung gibt den Ärmsten der Armen die Möglichkeit zu einem Haus zu kommen. Weil die Baumaterialien vor Ort vorhanden sind und der Bau denkbar einfach ist. Wie funktioniert es? Unsere Häuser bestehen zu 87 % aus Materialien, die man vor Ort findet. Mit Wüstensand kann man normalerweise nicht bauen. Mit unserem Verfahren stellen Sie aus dem vorhandenen Wüstensand und Polyesterharz Bausteine her. Die stecken Sie zusammen und fertig ist das Haus. Sie brauchen nicht mal ausgebildete Bauarbeiter dafür. Ich frage mich jeden Tag auf‘s Neue, wieso da keiner vor uns drauf gekommen ist. Was ist das Geniale daran? Dass das Häuserbauen so einfach ist. Sie brauchen die Maschine zur Produktion der Steine. Die hält 25 Jahre und kann jeden Tag die Bausteine für ein Haus produzieren. Das sind 7.500 Häuser. Die Steine härten in 20 bis 25 Minuten aus und können dann sofort verbaut werden (zum Vergleich: Beton braucht 25 Tage). Polymerbeton ist viermal so hart wie Zementbeton, wasserabweisend, nicht brennbar und die Steine können immer wieder verwendet werden wie bei LEGO. Was kostet so ein Haus? Wenn die Leute mithelfen, was Teil der Idee ist, dann kostet ein Haus mit 80 Quadratmetern unter 10.000,00 €. Das klingt toll. Gibt es auch Nachteile? Die Leute, die das brauchen, haben in der Regel überhaupt kein Geld. Die Hilfsorganisationen müssten es bezahlen. Die kaufen aber lieber alle drei Monate neue Zelte. Die Budgets sehen die Investition für die Maschine nicht vor. Da sind wir aber dran. Wir haben schon mit dem Chefeinkäufer des UNHCR gesprochen. Ein weiterer Nachteil ist, dass das Harz aus Erdöl gewonnen wird. Es gibt aber schon erste Versuche, das Harz aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen. Sobald das möglich ist, ist die konventionelle Bauindustrie am Ende. In Berlin soll ja zunehmend in die Höhe gebaut werden, weil die Berliner es nicht mögen, wenn die Flächen zugebaut werden. Ihre Häuser gibt es aber nur bis zu drei Stockwerken. Hochhäuser werden nicht mit Steinen, sondern mit Säulenstrukturen gebaut. Wir gehen davon aus, dass das mit größeren Polymerbetonsteinen auch möglich ist. Wir bräuchten ungefähr ein Jahr für die Entwicklung. In den Ländern, in denen unsere Häuser zunächst zum Einsatz kommen sollen ist aber meist genügend Fläche vorhanden. Da baut man schneller und unkomplizierter Eingeschosser. Wir beiden könnten zusammen in einem Tag ein


Foto: Julia Soler

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„Das Nest“ von Wieder Wild steht im Prinzessinnengarten.

Überschwemmungen gefährden immer wieder das Mekong Delta in Vietnam. Der vietnamesische Architekt Vo Trong Nghia hat schon Preise für seine vertikalen Farmen und begrünten Oasen in vietnamesischen Städten gewonnen. Jetzt will er für die Bauern im Mekong Delta erschwingliche einfache Häuser bauen. Durch billige Materialien und einfaches Design will er den Preis für ein Haus auf 3.000 US-Dollar senken. Der Anblick der halbfertigen Neubauruinen seiner Heimatstadt Sevilla bewegte den spanischen Architekten Santiago Cirugeda. Über 500.000 Gebäude in Spanien wurden im Zuge der Finanzkrise nicht fertig gebaut. Dem Wetter ausgesetzt sind sie dem Verfall preisgegeben. Die sie umgebende trostlose Atmosphäre inspirierte Santiago Cirugeda. Die modernen Ruinen wollte er für die Öffentlichkeit nutzbar machen: in einer richtete er einen Zirkus ein. Mit vielen Vorstellungen machten beherzte Artisten und enthusiastische Zuschauer die toten Betongerippe lebendig. Andere Ruinen wandelte Cirugeda durch zufällig gefundenes oder gespendetes Material in bewohnbare Behausungen um. Er baut schnell wie ein Guerilla-Architekt und all seine Projekte dienen sozialen Zwecken. Ihn unterstützen Architekten aus ganz

Spanien, aber aus Gründen des Baurechts stoppte die spanische Regierung das Engagement Cirugedas. In Deutschland ist diese Architekturbewegung einer breiteren Öffentlichkeit bisher recht unbekannt. Raumschiff Erde Auch den Universalgelehrten, Erfinder, Architekten, Designer, Philosophen und Schriftsteller Richard Buckminster Fuller (siehe Seite 32) könnte man als Rebel Architect bezeichnen. Bekannt wurde er durch den Bau geodätischer Kuppeln: Polyeder, die nach einer bestimmten Formel zusammengesetzt sind. Aus vielen abgeflachten Metallrohren werden Dreiecke gebildet, die dann zusammengeschraubt eine Kugelform mit hoher Stabilität (Erdbebensicherheit) ergeben. Sehr beliebt war diese Bauform bei den Hippies der 60er-Jahre. Wir kennen sie aus Science-Fiction-Filmen und Planetarien. Wegen ihrer einzigartigen Akustik verbergen sich in den hellweißen Kuppeln zuweilen Radaranlagen, die für militärische Zwecke genutzt werden. Wegbereitend waren die Arbeiten des Ingenieurs Walther Bauersfeld. Für das im Jahre 1926 eröffnete Zeiss-Planetarium


in Jena war er maßgeblich an der Konstruktion einer selbsttragenden Kuppel beteiligt. In Gewächshäusern und in botanischen Gärten erlauben es diese Konstruktionen, dass die Pflanzen zu jeder Tageszeit in einer (sonnen-)licht durchfluteten Umgebung gedeihen können. Für die Weltausstellung im Jahre 1967 entwarf Buckminster Fuller einen Pavillon mit den Eigenschaften geodätischer Kuppeln, der mit 76 Metern Durchmesser und 67 Metern Höhe die Vereinigten Staaten von Amerika repräsentierte. Heute beherbergt das Gebäude das Wasserund Umweltmuseum Biosphere in Montreal. Die Kuppel ist mit einem komplizierten System von Sonnenschirmen ausgestattet. Sie sorgen für eine angenehme Innentemperatur des Museums während der langen kanadischen Winter. Im gleichnamigen Institut lebt das Erbe Buckminster Fullers fort. In seinem Sinne forschen Wissenschaftler aus aller Welt an der Entwicklung einer „Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde“. In dem wir alle reisen. Auch die Mitglieder der Gemeinschaft von Schloss Tempelhof wollen sich nicht nur ein Haus errichten. Sie wollen eine Alternative leben zu umweltzerstörenden Lifestyles und suchen andere Lebensmodelle; einen Gegenentwurf zu Verschwendung und Konsum. Sie leben den Versuch, das eigene Leben konsequent im Einklang mit der Natur zu führen. Und sie wollen nicht vereinzelt leben, sondern in Gemeinschaft. Für 28 Menschen wird dieses erste Earthship in Deutschland Lebensmittelpunkt sein. Kochen, Duschen, Spielen, Kinder erziehen, Abhängen, all das wird sich im Earthship abspielen. Die „Einzelzimmer“ werden in Bauwagen und Jurten darum herum in der Natur angeordnet. Entwickelt hat das Earthship der amerikanische Architekt Michael Reynolds. Die von ihm gegründete Firma Earthship Biotecture führt in Taos, New Mexiko, regelmäßig zwei Monate andauernde Workshops durch. Die Teilnehmenden werden in Theorie und Praxis des Baus eingeführt und stellen ihn selbst fertig. Sie müssen keine Architekturstudenten sein, aufgenommen werden diejenigen, die gut begründen, warum sie so ein Ship bauen wollen. Es ist ein heißer Landstrich. Junge Männer mit freiem Oberkörper und Frauen in Sandalen schleppen Autoreifen und arbeiten mit Lehm. Strahlen in die Fotokameras. Der mittlerweile über siebzig Jahre alte Michael Reynolds, dessen Gesicht von langen, weißen Haaren umrahmt ist, errichtete bereits im Jahr 1971 ein Haus aus gebrauchten Getränkedosen. Und experimentierte weiter in der wüstenähnlichen Region. Baute Vorläufer der jetzigen Earthships im Auftrag diverser Kunden. Zu ihnen zählten auch zwei amerikanische Schauspieler, die der Einzug in ein Ship und das Leben „Off the Grid“ reizte. Jedoch haben sich die Häuser in der Vergangenheit nicht immer als wetterfest erwiesen. Michael Reynolds wurde mit Klagen wegen schlecht funktionierender Earthships überhäuft; die Prozesse stellten die Seriosität des Architekten infrage. Durch den aus dem Jahre 2007 stammenden Dokumentarfilm „Garbage Warrior“ gelang es Michael Reynolds, sich zu rehabilitieren. In diesem Film setzt er sich vehement für umweltgerechtes Bauen ein. >> weiter auf Seite 34

Die PolyCare Maschine Haus bauen. Wenn die Flächensiedlung dann irgendwann geändert werden soll, nimmt man die Häuser auseinander und baut etwas Neues. Eine Klinik zum Beispiel. Gibt es gesundheitliche Probleme mit dem Erdölprodukt? Im Gegenteil, das ist der einzige Baustoff, der in Wasserschutzgebieten verwendet werden darf. Einmal ausgehärtet nimmt der Polymerbeton nichts mehr auf und gibt nichts mehr ab. Das Harz wird auch in Anlagen der Lebensmittelindustrie beispielsweise für Rohre verwendet. Sind die Häuser schon irgendwo im Einsatz? Wir haben eine Maschine nach Libyen geliefert, nach Tripolis. Leider können wir sie nicht aufbauen, weil dort ständig geschossen wird. Es ist einfach zu gefährlich. In Delhi in Indien haben wir ein Musterhaus gebaut. Dort bahnt sich eine Kooperation mit TATA Projects an. Die haben auch einen humanitären Unternehmensbereich. Und natürlich kann man Musterhäuser hier in Gehlberg besichtigen. Das Interesse ist riesengroß. Wir haben hier alle zwei Tage neue Delegationen aus Asien und Afrika. ■


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werk einer Gegenöffentlichkeit mit Geburtshelferfunktion für Entwicklungen, die weit über die ursprünglichen Intentionen hinauswuchsen, und der Architekt und Vordenker Buckminster Fuller wurde einer der Hauptautoren. Stewart Brand: „Es gab ein paar Inspiratoren aber keine Führer.“ Und für ihn gab Buckminster Fuller einige der Grundregeln aus: Geh nur dahin, wo Du eingeladen bist; zeige keine unfertigen Arbeiten; bedenke die Würde der physischen Welt. (zitiert nach Richard Buckminster Fuller: Ideas And Integrities, Englewood Cliffs, NJ, 1963) In den Augen von Buckminster Fuller war der Whole Earth Catalog Teil seiner Theorie der Gebrauchsanleitung: „Ich halte es für sehr aufschlussreich, daß es für unser Raumschiff Erde keine Anleitung für die richtige Bedienung gibt. Wenn man sich vorstellt, mit welch unendlicher Sorgfalt alle anderen Details von unserem Schiff vor uns ausgebreitet sind, dann muss man es als absichtlich und planvoll ansehen, wenn ein Anleitungsbuch fehlt.“ (Ebenda) Niemand hat sich durch den Whole Earth Catalog mehr inspirieren lassen als Apple-Gründer Steve Jobs. „Wir frühen Hippies ließen uns durch die Beatnicks prägen, während späte Hippies wie Steve Jobs von uns frühen Hippies geprägt wurden. So geht es immer weiter.“ Sagt der mittlerweile 75 jährige Stewart Brand, immer noch aktiv und visionär, der sich in der letzten Ausgabe des Whole Earth Catalog mit den Worten verabschiedete: Stay Hungry, Stay Foolish.

Foto: Earthship Biotecture USA

„Du hast genau zehn Minuten Zeit, um auf Deine Einfälle zu reagieren, bevor sie wieder ins Reich der Träume verschwinden.“ Diese Erkenntnis von Buckminster Fuller fiel Stewart Brand, dem Elder Statesman radikaler Ideen, gerade noch rechtzeitig ein, bevor sich 1968 seine Idee zum Whole Earth Catalog wieder verflüchtigte. Das Opus Magnus der Gegenkultur hätte nie das Licht der Welt gesehen, das Buch, das in den Augen vieler die Welt veränderte, wäre nie geschrieben worden. Dabei sollte es nur eine Art Versandhauskatalog werden, ganz nach dem Vorbild der traditionellen Outdoor Mailorder Firma L.L.Bean, die seit Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA Kleidung und Gerätschaft noch in die hinterste Farm liefert. Nur, dass es Stewart weniger um konkrete Produkte als vielmehr um deren Ideenkerne und deren Vermittlung ging. Er träumte von der Selbstermächtigung der Menschen, von einer Alternative zur Warenwelt. Er wollte nicht Bienenstöcke verkaufen, sondern die Information, wo man sie kaufen kann und was man dazu alles wissen sollte. Er träumte von einem Katalog von Artikeln, die nichts dem Lieferanten, dafür alles dem Nutzer schulden. Ein Katalog, der sich durch seine Nutzer ständig aktualisiert und in Bewegung ist, eine Gebrauchsanleitung gemäß dem Motto „How To Make The World Work“. Im Grunde träumte Stewart von einem Internet noch bevor der Personal Computer erfunden war. Entsprechend wild war aus heutiger Sicht die Produktionsweise: Das überdimensionierte A3 Format bestand aus engbekritzelten und bebilderten, raufaserigen Seiten in schwarzweißer Collageoptik, zusammengeschnippelt und geklebt, komplett werbefrei, zunächst in 1000er Auflage, die sich mit zunehmenden Erfolg bis auf eine halbe Million Exemplare erhöhte. Von anfänglich 64 Seiten Umfang wuchs er auf 768 Seiten heran, die in zwei Bänden erscheinen mussten. Der Whole Earth Catalog wurde für ein größeres Publikum zum ersten Forum wegweisender Ideen zu ökologischer Landwirtschaft, Sonnenenergie, Recycling, Windkraft, Kommunen, Mountain Bikes, weiblichem Orgasmus, sanfter Geburt und elektronischen Synthesizern. (Fred Turner: From Counterculture to Cyberculture: Stewart Brand, the Whole Earth Network, and the Rise of Digital Utopianism, USA, 2006). Das erste relevante Netz-

Text: Christine Heise

Buckminster Fuller und der Whole Earth Catalog


Foto: Kurt Schmidt

Ein Fenster. Eine T端r. Eine Treppe. Dinge mit einer hohen Symbolkraft. Die Psyche wohnt mit. Wie wollen wir leben?


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»Umweltverschmutzung ist nichts anderes als Ressourcen, die wir nicht ernten. Wir lassen zu, dass sie sich zerstreuen, weil wir ihren Wert nicht erkannt haben.« Richard Buckminster Fuller, 1971

Im grün-rot regierten Baden-Württemberg wird dieser Appell umgesetzt. Allerdings ist die Baugenehmigung für dieses Earthship an einen Kompromiss gebunden: Der Bau muss an das kommunale Wasser-und Abwassernetz angeschlossen werden. Was hier als Einschränkung zu verstehen ist, könnte für Rebel Architects allerdings auch der Weg vom freien Land, von Slums, von Krisengebieten und verlassenen Ruinen hinein in die nor-

male Stadtplanung sein – zumindest was Deutschland betrifft. Vielleicht werden sich die Vorzüge der Architektur der Freiheit einmal mit den Zwängen kommunaler Versorgung paaren, für lebenswertere, für freiere Städte.

Foto: ES Biotecture USA

Quellen: aljazeera.com, trueactivist.com, Eigeninformation. Siehe auch „Rebel Architecture“, das Open Source Architecture Movement auf Facebook.


Foto: Benjamin Heck Text: Mörwert Bankski

Eine Plastikplane zwischen zwei Einkaufswägen gespannt, ein paar Pappen auf dem Pflaster: das ist die Architektur der Obdachlosigkeit. Die Würde des Menschen ist antastbar, wenn man auf der Straße leben muss. Aber es geht auch anders. Eine Be-hausung für Obdachlose könnte tatsächlich auch ein Haus sein. Wenn auch nur winzig – schon allein das Gefühl, eine Tür hinter sich zumachen zu können, ist unbezahlbar. Der Berliner Architekt Van Bo Le-Mentzel hat ein solches Haus gebaut. Das Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen zu wollen war auch schon die Grundlage, auf der seine „Hartz-IV-Moebel“ entstanden. Durch diese einfachen Möbel zum Selberbauen wurde Le-Mentzel 2010 bekannt, danach kam sein Projekt Karma Chakhs, nachhaltig produzierte Sneakers im Converse-Stil. 2013 wurde der Prototyp des „Unreal Estate House“ gebaut, auch genannt das „Ein Quadratmeter-Haus“. Sechs Quadratmeter sind es insgesamt: Ein Wohnzimmer mit großem Fenster, eine Küche, die auch als Bad dient, und ein Schlafzimmer auf dem Dach. Auch dieses Projekt ist wieder unkäuflich: ein Do-It-Yourself Haus, die

Baupläne sind auf der Website frei verfügbar. Das Haus steht auf einem AutoAnhänger und berührt nie den Boden, ist also miet- und pachtfrei. Ein Geschenk von Le-Mentzel an alle, wie er sagt, denn „wir sind ja alle irgendwann mal obdachlos“. Er selbst ist als Flüchtling nach Deutschland gekommen und musste sich den deutschen Pass erkämpfen. Dass einige wenige bestimmen, wie die Vielen leben sollen, dagegen kreiere er seine Projekte, spielerisch, mit einem Augenzwinkern, sagt der Aktivist Le-Mentzel. Sein Impuls sei es, etwas nur aus Liebe zu machen, nicht für Geld, er denke da einfach anders. 30 bis 40 Mal wurde das One-Sqm-House schon nachgebaut, gerade auch in den USA. Van Bo Le-Mentzel eine treibende Kraft in der dortigen Tiny-House-Bewegung? Besondere Kontakte gibt es da nicht, sagt er, aber er steht in Verbindung mit der Chicago Coalition for the Homeless. In Berlin stand das Haus in einer Parklücke in Kreuzberg und jeder, der interessiert war, konnte sich den Schluessel dafür abholen. Die Facebook-Initiative Kälte-Nothilfe hat davon Gebrauch gemacht, ein paar Monate lebte ein Obdachloser im Unreal Estate. Inzwischen wurde der Prototyp komplett von den Architekturstudenten Fabian und Tina umgebaut,

sie nennen es jetzt Pony House. Es gibt aber schon wieder ein neues Tiny-House Projekt aus dem Hause Van Bo, es heisst Tuk Tuk House und basiert auf einem Dreiradmoped. Gebaut und entworfen wurde es von Alexander Naumann. Dass Le-Mentzel anders denkt, erkennt man auch daran, dass er schon mal Geld verschenkt. Das Team von Wieder Wild baute diesen Sommer ein Tiny-House im Prinzessinnengarten, genannt „Das Nest“, das durch Crowdfunding, unter anderem von Le-Mentzel, finanziert wurde. (siehe S. 28) Kann man schon von einer Berliner Tiny-House-Szene sprechen? Auf Müllkippen sucht der kalifornische Künstler Gregory Kloehn nach Baumaterial für seine Häuser. Der gelernte Bildhauer baut kleine Einraum-Häuser auf Rollen für die Obdachlosen von Oakland. „Little Homelesshomes“ nennt er die nützlichen Sperrmüll-Kunstwerke, die nicht nur bei den Obdachlosen selber sehr beliebt sind, sondern die auch einen immer größer werdenden Kreis von Leuten begeistern, die mithelfen wollen. Deshalb hat Kloehn auch ein Grundsatzwerk über diese Baurichtung verfasst, es heißt

„Homeless Architecture“.


Text: Julia Nickel

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Keimzellen eines neuen MiteinanderS Das Ökodorf Sieben Linden Eine gute Autostunde nördlich von Magdeburg liegt das Ökodorf Sieben Linden. Eine Landstraße führt an Feldern und Kühen vorbei, ein Schild findet sich erst am allerletzten Feldweg. Sieben Linden liegt idyllisch zwischen Waldrand, Beeten und einem Löschsee. 140 Menschen haben sich hier zusammen gefunden, weil sie anders leben wollen, als es Menschen üblicherweise in Städten tun. Es sind verschiedene Wünsche, die Menschen in alternative Siedlungsformen zusammen bringen. Da ist der Wunsch nach einem Leben in Gemeinschaft über die Kleinfamilie oder WG hinaus, der einer zunehmenden Vereinzelung in Städten entgegensteht. Gemäß dem Spruch „Es braucht ein Dorf, um ein Kind groß zu ziehen“ möchten manche Eltern in enger Verbundenheit mit anderen Menschen und Familien ihre Kinder aufziehen. Da ist der Wunsch nach gesunder, biologischer Ernährung, nach nachhaltigem Leben und Wirtschaften, der sich abkehrt von einer häufig konsumabhängigen, kurzsichtigen und giftigen Wirtschaft. Manchmal ist da auch der Wunsch, Gegenentwürfe zum gesellschaftlichen Mainstream dort zu leben, wo auf das Anderssein nicht herunter geschaut wird. Insofern bieten Ökodörfer Antworten auf Defizite, die

Menschen in der Gesellschaft wahrnehmen. Sieben Linden ist eines von über 30 Ökodörfern im deutschsprachigen Raum. Das Global Ecovillage Network Europe, eine internationale Organisation zum Austausch unter Ökodörfern, beschreibt ein Ökodorf als eine „Siedlung im menschengemäßen Maßstab, die durch Gemeinschaftsprozesse bewusst gestaltet wurde, um langfristige Nachhaltigkeit zu erreichen. Alle vier Dimensionen – das heißt Ökonomie, Ökologie, Soziales und Kultur – verstärken sich gegenseitig. Jede von ihnen will beachtet werden, damit sich eine ganzheitliche Gemeinschaft entwickelt.“ Der Begriff Ökodorf ist jedoch nicht geschützt. So werden damit auch Siedlungen bezeichnet, die sich vor allem auf nachhaltige Landwirtschaft oder einen Bildungsauftrag konzentrieren, ohne ein gemeinschaftliches Leben der Dorfbewohner zum Ziel zu haben.

Grundvorrat an Lebensmitteln, über dessen Zusammensetzung gemeinschaftlich entschieden wird, wird aus einer gemeinsamen Kasse bezahlt. Was darüber hinausgeht, kann im Dorfladen oder in der Umgebung gekauft werden. Drei Mal täglich wird in wechselnden Küchendiensten für alle gekocht, die am gemeinsamen Essen teilnehmen wollen. Viele ver-

Sieben Linden ist ein „typisches“ Ökodorf, das alle vier Dimensionen Ökonomie, Ökologie, Soziales und Kultur bewusst gestaltet. Menschen arbeiten entweder in regulären Jobs außerhalb oder aber innerhalb des Dorfes und werden dafür von der Dorfgemeinschaft bezahlt. Ein

pflegen sich auch außerhalb oder kochen privat. Etwa die Hälfte des Bio-Essens wird selber angebaut, die andere Hälfte vom Bio-Großhändler bezogen, weil das ökonomischer ist als Eigenanbau. Es gibt Kompost-Toiletten und sogar die Besucher werden mit biologisch abbaubarem


Fotos: Franziska Gronwald

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Duschgel versorgt, damit sie die Abwasseraufbereitung mit ihren Produkten nicht stören. Eine Zeit lang betrieb Sieben Linden eine eigene Trinkwasseraufbereitung aus dem gebietseigenen Brunnen, bis es unter kommunalem Druck gezwungen wurde, sich dem öffentlichen Wassernetz anzuschließen. Energie wird durch Holzvergaseröfen und eine thermische Solaranlage geliefert. Jeden Monat tritt die Dorfgemeinschaft zur Vollversammlung zusammen, um wichtige Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Nachdem in der Anfangszeit alle Entscheidungen gemeinschaftlich getroffen wurden, erfolgte 2008 der Übergang zu einem Rätesystem, bei dem sich kleine Gruppen schwerpunktmäßig mit Themen wie z. B. Bau, Lebensmittel oder Soziales beschäftigen. Einmal im Jahr trifft sich die Dorfgemeinschaft zu sogenannten „Intensivzeiten“, bei denen die Bewohner

eine Woche lang Zeit miteinander verbringen, Probleme ansprechen und ihre Gemeinschaft stärken. Auch bei einer beruflichen Tätigkeit außerhalb des Dorfes mit möglicherweise einigen Tagen Abwesenheit unter der Woche legen die Sieben Lindener Wert auf Präsenz in der Dorfgemeinschaft. Sie wohnen in Mehrfamilienhäusern in mehreren Nachbarschaften, die jeweils ein gemeinsames Lebenskonzept teilen. Die Häuser sind aus lokalen, nachwachsenden Rohstoffen wie Holz, Lehm, Hanf oder Stroh gebaut. An der Entwicklung des besonders energieeffizienten Strohballenbaus in Deutschland hatten die Bauprojekte in Sieben Linden zusammen mit dem Fachverband Strohballenbau maßgeblichen Anteil. Neuankömmlinge können übergangsweise auch im Bauwagen leben, ehe sie sich gemeinsam mit anderen ein eigenes Haus bauen. Wenn auch nicht in absolutem Maß-


»Du und alle Menschen, wir sind hier um der anderen Menschen willen.« Richard Buckminster Fuller, Whole Earth Catalog 1968

stab, so hat Sieben Linden für seine Größe einiges an Kultur zu bieten. Das zwei Gründern gewidmete Kunstwerk Globolo besteht aus Jurten, die zu unterschiedlichen gemeinschaftlichen Zwecken und für Besucher-Workshops genutzt werden. Ein Lehmhäuschen mit Kamin als Ort der Stille befindet sich im Bau. Es soll einmal als Gebets- und Meditationsstätte für Menschen verschiedener Religion und Spiritualität offen stehen. Sogar ein kleines Freilicht-Amphitheater gibt es, das mangels Initiative jedoch aktuell nicht bespielt wird. Verstreut auf dem Gelände befinden sich außerdem einige Weidenkunstwerke, die in diesem Jahr angelegt wurden. Ein imposanter, ausgewachsener Weidendom auf dem Globolo-Gelände zeigt, wie diese Kunstwerke in circa drei Jahren aussehen werden, wenn sie ohne Pflege ihre Form behalten – sogar das Fenster in der Decke des Doms, durch das man die Sterne sehen kann. Die Kinder der Dorfbewohner gehen auf Schulen in der Umgebung und haben es dort nicht immer leicht, wenn sie sagen, dass sie in einem Ökodorf leben. Tatsächlich legen die meisten Menschen bei dem Begriff „Ökodorf“ die Stirn in Falten. Vielleicht liegt es daran, dass „öko“ im Gegensatz zu „bio“ schrullig klingt, nach Birkenstocks, Alt-68er-Lehrern und

schwerverdaulichem selbst gemahlenem Müsli. Bei der Erwähnung von Ökodörfern entstehen möglicherweise geistige Bilder von verschrobenen Einsiedlern, Freaks, die in einer modernen Gesellschaft anecken, oder einer naiv gedachten Selbstverwaltung, die in der Realität in Streit und Chaos endet. Was lässt sich denn zum Zusammenleben im Dorf und mit dem Umland sagen? „Hier leben Menschen, und wo Menschen zusammen leben, knallt’s!“, sagt eine junge Frau bei einer gemeinsamen Zigarette in der Raucherecke. Sie ist vor wenigen Monaten ins Dorf gezogen und befindet sich in der einjährigen Probezeit. Möglicherweise gehen die Sieben Lindener mit diesen Konflikten jedoch fairer um als andere Menschen, da sie sich auf die Anwendung der Prinzipien der gewaltfreien Kommunikation geeinigt haben und das auch von ihren Neuzugängen erwarten. Die Kinder haben meistens Freunde im Dorf, selten laden sie Freunde von außerhalb zu sich ein. Im TeenagerAlter nutzen sie am Wochenende Fahrgelegenheiten in größere Städte in der Umgebung, nach Salzwedel, Braunschweig oder Hamburg. Sieben Linden ist fast 20 Jahre alt und die erste Generation Kinder, die ihre Kindheit im Dorf verbracht hat, ist fortgezogen in größere Städte, genauso wie viele ihrer Altersgenossen aus

Dörfern anderswo in Deutschland. Ein Blick in den Speisesaal zeigt unauffällig bis leicht alternativ gekleidete Menschen, die man in ihrer Zusammensetzung am ehesten in einem Bioladen in Prenzlauer Berg erwarten würde: Kinder, junge Erwachsene, ein paar Piercings und Rastazöpfe, Stiefel, bequeme Klamotten, gedeckte Farben, keine Labels, Eltern, wenige Senioren. Freakig kann man das nicht nennen, abgekapselt auch nicht. Um sich der Außenwelt bewusst zu öffnen, bleiben die Dorfbewohner bei ihrer Entscheidung, die Besuche enthusiastischer und wild fotografierender Besucher zu ertragen. Es bleibt die Frage nach der Selbstverwaltung. Viele Versuche der Selbstverwaltung von alternativen Lebensformen sind bisher gescheitert, sei es, weil Kommunarden sich am Ende vom charismatischen Führer oder den Regeln der Gruppe eingeengt fühlten, sei es, weil sich die Gruppe zerstritten und getrennt hat. Das jetzige Rätesystem in Sieben Linden wurde entwickelt, als die Entscheidungen im Dorf zu viele und zu komplex wurden, als dass sich alle Bewohner damit beschäftigen konnten oder wollten. Seit sieben Jahren wird es nun angewandt. Eine neue Methode der Entscheidungsfindung in der Gruppe wird gerade erprobt: Soziokratie. Hierbei wird ein Vorschlag


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angenommen, wenn kein Mitglied einen schwerwiegenden Einwand hat und der Vorschlag vorläufig akzeptabel und ausreichend sicher ist („good enough for now, safe enough to try“). Diese beiden Weiterentwicklungen zeigen, dass die Bewohner von Sieben Linden ihre Entscheidungsmethoden der Selbstverwaltung kritisch evaluieren und veränderten Bedürfnissen der Gemeinschaft anzupassen versuchen. In regelmäßigen Treffen und in den Intensivzeiten werden Probleme auch mit der Selbstverwaltung angesprochen und eine Lösung gesucht. Zum anderen bedienen sie sich mit dem Rätesystem und der Soziokratie in der Realität erprobter bzw. wissenschaftlich entwickelter Methoden für Selbstverwaltung. Insofern müssen die Sieben Lindener das Rad nicht neu erfinden, im Gegensatz zu anderen Kommunen, die sich mit weniger durchdachten Strukturen versehen haben und im besten Fall aus Fehlversuchen lernen konnten. Diese beiden Gründe mögen erklären, warum gemeinschaftliche Selbstverwaltung in Sieben Linden seit seiner Gründung 1997 insgesamt funktioniert. Viele Leute sähen Sieben Linden als Phase an, erklärt Anjou, der Weidenkünstler. Die wenigsten hätten vor, bis zur Rente zu bleiben. Ein Blick in die vier Mal im Jahr erscheinende Dorf-

zeitung listet jeweils eine Handvoll Zu- und Abgänge für einen Dreimonatszeitraum auf. Manche Menschen sehnen sich nach einer Zeit im Dorf nach den Anregungen und kulturellen Möglichkeiten der Stadt, manche ziehen zum Partner außerhalb, wieder andere wollen sich beruflich oder persönlich auswärts weiterentwickeln. Die Sonne scheint, es ist auffallend ruhig. Ein paar Kinder spielen im dorfeigenen Kindergarten. Neben dem Hauptgebäude hängen Kleider, stehen Bücher und andere Gegenstände in den Regalen der Tauschbörse. In einem Ständer finden sich Prospekte über das Seminarprogramm im Sommer. Man kann auch wochenweise gegen Kost und Logis mitarbeiten und am Dorfleben teilnehmen. Es bleibt der ein wenig beschämende Eindruck, dass auch wir bei diesem Besuch der möRRR mehr oder weniger bewusst nach etwas Absonderlichem in diesem Ökodorf Ausschau gehalten haben. Wir haben nichts gefunden. Die haben es sich hier einfach richtig schön gemacht. Auch der Gedanke der gelebten Gemeinschaft hat etwas für sich, wo heute kaum noch jemand die eigenen Nachbarn kennt. Wir stecken ein paar Prospekte ein.

Welt zu Gestalten – Bis 10. Januar beim ASA-Programm bewerben! Besser verstehen lernen, wie die Welt zusammenhängt?

Am 20. November startete die Bewerbungsphase des ASA-Programms. Das entwicklungspolitische Lern- und Qualifizierungsprogramm vermittelt Wissen über globale Zusammenhänge, internationale Erfahrung und Know-how für Engagement in Deutschland und Europa. Interessierte verschiedener Berufs- und Studienfelder zwischen 21 und 30 Jahren können sich bis zum 10. Januar 2016 bewerben. Neben Seminaren und Unterstützung bei einer selbstorganisierten Aktivität Globalen Lernens in Deutschland umfasst das ASA-Programm ein Projektpraktikum bei einer Partnerorganisation in Afrika, Asien, Lateinamerika oder Südosteuropa. Umweltschutz, IT, Gesundheit, Handwerk, Bildung und mehr: Die Schwerpunkte der Projektpraktika sind vielfältig. Das ASA-Programm steht für Lernen, Erfahren und Bewegen in einer vernetzten und gestaltbaren Welt. Es gibt Raum für vielfältige Perspektiven und neue Ideen, um globalen Herausforderungen solidarisch zu begegnen. Ein aktives Alumni-Netzwerk lädt dazu ein, das Programm mitzugestalten und ist Ausgangspunkt für Engagement für gerechte und nachhaltige Entwicklung. Das ASA-Programm ist ein Angebot der Engagement Global gGmbH – Service für Entwicklungsinitiativen. Es arbeitet im Auftrag des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

Weitere Informationen: bewerbung@asa-programm.de www.bewirb-dich-bei-asa.de www.facebook.com/asa.programm


„Geld wächst nicht auf Bäumen“, sagt man, aber ich bin da ganz zuversichtlich. Irgendwann wird ein kleiner Blumentopf auftauchen mit dem Einstecker „Euro-Baum. Reiche Ernte. Bevorzugter Standort: Eurozone“. Mitten in den langen Reihen von Pflanzen, die man auf dem Wochenmarkt findet.

Text: P. von Erbse

Alles gibt es da. „Urban Gardening“ steht auf vielen kleinen Schildern, damit man mit dem guten Gefühl nach Hause gehen kann, neben der schnöden Petersilie für den Balkon auch noch den Eintritt in eine stetig wachsende, hippe Bewegung erkauft zu haben. Auf dem nächsten Schild steht „Weihrauch“. „Der ist gut gegen Läuse“, sagt der Gärtner meines Vertrauens. „Einfach neben deine befallene Kapuzinerkresse pflanzen und: Aus die Laus!“ Ich bin begeistert. Angewandte Permakultur! Erst zu Hause kehrt mein Verstand zurück und sagt mir, dass Weihrauch doch eigentlich ein Baumharz ist und keine kleine, krautige Pflanze mit dem botanischen Namen „Plectranthum“. Nichtsdestotrotz; die Blätter riechen nach Weihrauch, wenn man sie reibt. Für mich zumindest. Den Läusen jagt weder der Name noch der Geruch auch nur die geringste Angst ein. Am Markttag darauf ist die neue Kollektion eingetroffen. Schicke Pflanzen mit Namen wie: Melonenbirne. Oder AnanasSalbei. Pineberry. Olivenkraut. Was eine Jochelbeere ist, erschließt sich mir nicht

sofort, auch Jostabeeren und Brimbeeren geben mir Rätsel auf. Bei der LakritzTagetes knicke ich dann wieder ein. Das kann nicht sein, das muss ich sehen, der Topf kommt mit, auf meinen Balkon. Tatsächlich: Bald schon kann ich die erste Ernte verkosten und das filigrane Etwas schmeckt so stark nach Lakritz, dass mir einfällt, ich kann diesen Geschmack gar nicht leiden! Und es kommt noch schlimmer. Der „Französische Estragon“, auf den ich mich so gefreut hatte, überrascht mich mit einer kräftigen Geschmacksnote von … Lakritz! Plötzlich tanzen Pluots und Apriums vor meinen Augen. Bilder von Schafen, die nachts blau leuchten. Soll all das doch bleiben, wo es hingehört: im fabelhaften Reich der eierlegenden Wollmilchsau. Grimmig warte ich auf den Markttag. Wie er denn dazu käme, genmanipulierte Pflanzen an die gutgläubige Wochenmarkt-Gemeinde zu verkaufen, frage ich den Gärtner meines Vertrauens. Ich ernte Gelächter. Uralt sei diese Kunst der Veredelung oder Züchtung, immer schon habe man Pflanzen verbessert, indem man sie mit artfremdem Blütenstaub befruchtet oder fremde Triebe einsetzt – wie sonst hätten wir denn so viele Apfelsorten und ich solle doch an preisgekrönte Züchtungen von Edelrosen denken oder an die unzähligen Varianten von Holland-Tulpen! Der Verweis auf Holland macht mich allerdings eher noch misstrauischer. Und Edelrosen, sind das nicht die, die nach ganz und gar nichts mehr riechen?

Warum gibt es in Gärtnereien eigene Abteilungen für „Duft-Rosen“? Gehört der von Dichtern besungene Duft nicht per definitionem zur Rose? Wie die Dornen, die man nun wirklich längst hätte wegzüchten können. „Duft ohne Dornen“, das wäre doch mal verbraucherfreundlich. Genauso wie man diese Kräuterzüchtungen weiterdenken könnte, damit wenigstens etwas Nützliches daraus wird. Hirschragout-Salbei zum Beispiel. Oder Schweinebraten-Dill, da spart man das Mittagessen. Allein um des Namens willen hätte ich auch gern eine Kreuzung aus einer Ähre und einer Möhre – möglich zu sein scheint es ja. Den Trick dabei wird Wikileaks schon irgendwann aufdecken – und ein Trick muss es sein, wenn es keine Gentechnik ist. Im Fall der Brimbeere kann es ja noch mit rechten Dingen zugegangen sein, aber wie bitte kreuzt man mit Lakritz? Auch mit Pheromonen wird schon experimentiert, wie man sieht. Wie lässt es sich sonst erklären, dass große Mengen von ausschließlich weiblichen Kunden sich wie magisch von Begonien angezogen fühlen. Ein Bäumchen mit Geld zu veredeln, das kann ja dann so schwer nicht sein. Wie er denn genau aussehen wird, mein Euro-Baum, kann ich mir noch nicht so richtig vorstellen. Werden die Blüten Scheine sein oder die Scheine Blüten? Werden Münzen wie Samen auf die Erde regnen? Nur eines weiß ich: Er wird nach Lakritz schmecken.

Der Permakultur-Meister Sepp Holzer beschreibt die Vorzüge von Urkorn und alten Sorten gegenüber hochgezüchteten und verhätschelten Pflanzen: Das Urkorn ist robust und wächst auch auf kargen Böden, man muss es nicht düngen oder gegen Schädlinge behandeln und es bringt einen besseren Ertrag, stellt er fest. Dagegen würden wir heute „süchtige“ Pflanzen züchten, die nur mit großem Aufwand am Leben gehalten werden können. (Sepp Holzer: Der Agrar-Rebell. Leopold-Stocker Verlag, 2002)


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Lokalhelden Es war einmal eine Prinzessin, die saß an einer belebten Straßen-

Traurig ließ sie den Kopf hängen und schaute auf die Erde und das

kreuzung und hatte Hunger. Mit den Worten: „Geh doch in den Wald

Gras des Grünstreifens hinunter, der auf einer Breite von drei Metern

und ernähre dich von Wurzeln und Beeren, wie das deinesgleichen so

die Fahrstreifen trennte. Dabei fiel ihr Blick auf etwas Saftiges, Grünes.

tun“, hatte man sie aus dem Schloss geworfen. Das allein wäre schon

Die jungen, gezackten Blätter sahen aus wie die Salatblätter, die im

schlimm genug, aber hier war ja nicht einmal ein Wald, sie war mitten in

Schloss mit Rahmsoße serviert worden waren. In der Mitte thronte eine

der Großstadt! Wie sollte man hier denn überleben?

honiggelbe Blüte wie ein Ei im Spinat. Begierig streckte sie die Hand aus. „Das würde ich nicht tun!“, hüstelte es aus der Blüte. „Mein ganzes Leben lang, tagein, tagaus, stehe ich hier zwischen den Autos und atme ihre Abgase ein! Ich bin nicht zum Verzehr geeignet!“,

„Ich wünschte, es käme eine gute Fee und würde mir sagen, was ich von all dem hier essen kann und was nicht!“

sagte der Löwenzahn. „Wenn ich nicht anregende Stoffe in meiner Wurzel hätte, würde ich das gar nicht durchhalten.“ Aber der knurrende Magen der Prinzessin übertönte sogar den Autolärm und mit Stumpf und Stiel schlang sie den Löwenzahn hinunter.

FLUG-HAFER (Avena Fatua) Getreide-“Unkraut“ mit starker Ausbreitung. Halme bis 120 cm, Blütenstand eine bis 40 cm lange Rispe mit Ährchen. Wächst auch ruderal. Essbar: Korn. Mehl, Haferflocken, Brei

Anmerkung der Redaktion: Und für alle hungrigen Prinzessinnen listet mundraub.org die Orte auf, an denen man in Deutschland je nach Jahreszeit auf öffentlichem Gelände frei verfügbares Obst und Gemüse ernten kann.


LÖWENZAHN (Taraxacum sect. Ruderalia) Ausdauerndes Wildkraut. Bis zu 1 m lange, fleischige Pfahlwurzel. Hoher Kaliumgehalt. Heilwirkung. Essbar: Blätter, Blüten, Wurzel, Knospen. Sirup, Gelee, Salat, Ersatzkaffee

Erfrischt und überraschend munter erreichte sie den Gehsteig

Am Ende der Straße hatten sich auf einem Stück unbebauten Bodens,

gegenüber und ging die Straße entlang. An manchen Straßenbäumen

einer Brache, die verschiedensten Arten von Grün breitgemacht und

waren Blumen um den Stamm herum gepflanzt, bei anderen hatten sich

wuchsen um die Wette. Ratlos schaute sich die Prinzessin um.

seltsame hohe Gräser angesiedelt. Bei genauerem Hinsehen entdeckte

„Ich wünschte, es käme eine gute Fee und würde mir sagen, was ich

die Prinzessin, dass an den Gräsern Ähren waren, genau wie die Ähren

von all dem hier essen kann und was nicht! Oder besser noch, sie soll

in den Kornfeldern ihrer Heimat.

mir eine Banane bringen!“, rief die Prinzessin.

„Wie sind die denn hierhergekommen?“, murmelte sie vor sich hin.

„Wir sind dir wohl nicht gut genug?“, schallte es zurück.

„Na, geflogen natürlich!“, kicherten die langen Stängel und schüttelten

Eine wunderschöne weiße Pracht schaute ihr mit unzähligen filigranen

ihre Rispen. „Wir heißen ja nicht umsonst Flug-Hafer!“

Blüten vorwurfsvoll ins Gesicht. „Kommt deine Banane etwa aus

Die Prinzessin hörte nur „Hafer“ und dachte an ihr leckeres Hafer-

Marokko angeflogen, wenn du in Not bist? Nein, wir, die Einheimischen,

flocken-Frühstück. Freudig streckte sie die Hand nach dem Flug-Hafer aus.

wir sind immer für euch da. Wir brauchen keine Pflege, und doch sind wir

„Das würde ich nicht tun!“, rief ihr eine Frau von der Haustür aus zu.

gesünder als gekauftes Zeug! Wir sind ausdauernd, wir haben

„Da war gerade der Waldi dran!“

verborgene Kräfte, weil wir uns jahrtausendelang an diesen Platz

Vorsichtig pellte die Prinzessin nur die obersten Körner aus und

gewöhnt haben. Ich bin schön von oben, aber unten in der Erde liegt

zermahlte sie in ihrem Mund zu Mehl.

das, was du suchst. Meine Wurzel ist die Mutter eurer neumodischen Karotte, und sie ist weiß!“, ereiferte sich die Wilde Möhre. „Aber was rede ich, ihr lernt ja nie. Aufgeben möchte ich! Wenn mich keiner zu schätzen weiß!“.„Das würde ich nicht tun!“, rief die Prinzessin. „Ich habe

verstanden!“ Und mit größter Sorgfalt und Hochachtung grub sie die Möhre aus dem Boden und aß sie mit Genuss, Bissen für Bissen.

WILDE MöHRE (Daucus Carota) Bis zu 120 cm hoher Tiefwurzler (Wurzel bis 80 cm), mit vielstrahligem, doppeldoldigem Blütenstand. Dieser ist bei Fruchtreife vogelnestartig zusammengelegt. Essbar: Wurzel, Samen Salat, Gemüse, Öl

Text: Hänsel und Gretel

Illustrationen: Jacqueline Diaz Lopez


Geplante Obsoleszenz Was ist normal? In der Theorie tauscht man ein Produkt gegen dessen fairen Gegenwert in Geld. In der Praxis sieht das – so gut wie immer – anders aus. Unser wachstumshungriges Wirtschaftssystem fordert Gewinn. Dafür lassen sich die Unternehmen einiges einfallen. Wir, die Konsumenten, haben uns an Mogelpackungen und den vorsätzlichen Einbau von Schwachstellen gewöhnt. Dass so etwas normal geworden ist, das ist schon absurd.

Woran liegt es, das Elektrogeräte nicht mehr ewig halten wie noch zu Großmutters Zeiten?

und man dann gleich Ersatz zur Hand hat. Smartphones sind in der Regel nicht nur verschraubt, sondern auch verklebt. Bei einem iPhone kommen dabei gern mal zwölf verschiedene Schrauben zum Einsatz, die man nur mit Spezialwerkzeug aufbekommt. Die Hersteller begründen das unter anderem mit den Anforderungen des Kunden an das Design. Hat der Kunde keine Anforderung an die Haltbarkeit oder Reparaturfähigkeit seines teuren Geräts? Woran liegt es, dass Elektrogeräte nicht mehr so lange halten wie noch zu Großmutters Zeiten? Experten wie Stefan Schridde vom Netzwerk „Murks? Nein danke“ vermuten dahinter die „geplante Obsoleszenz“. Damit ist gemeint, dass Produkte absichtlich so gefertigt werden, dass sie nach einer bestimmten Zeit kaputt gehen – und dann meist nicht repariert werden können. Im von ihm initiierten Murks.Center am Mariendorfer Damm 16 in Berlin, kann sich jeder die Beispiele für geplante Obsoleszenz ansehen. Küchenmaschinen, Mixer, Milchschäumer und viele weitere Geräte stehen hier neben Waschmaschinen, Wasserkochern und einem ganzen Druckerstapel. Über die Hintergründe und Methoden der geplanten Obsoleszenz hat

Text: Sibylle Sterzer

S

Sei es die Sollbruchstelle bei der Strumpfhose oder das heimliche Zählwerk im Drucker. Bei vielen Produkten und auch bei teuren Geräten scheint der schnelle Tod vorprogrammiert. Tatsächlich fordern viele Tintentstrahldrucker-Modelle eine regelmäßige Reinigung der Druckköpfe ein. Dabei landen jedes Mal einige Tröpfchen teurer Tinte in einem Schwämmchen. Ist das Schwämmchen vollgesogen, dann meldet die Firmware des Druckers: nichts mehr. Der Drucker ist irreparabel kaputt. Wirklich? Im Internet findet man Tools, mit deren Hilfe man die Firmware zurücksetzen kann – und damit gewinnt der Drucker ein komplett neues Leben. Die Hersteller reagieren darauf, indem sie das Resetten der Drucker erschweren. Der Verbraucher soll also nicht reparieren, er soll ein neues Gerät kaufen. Diese Strategie verfolgen offensichtlich auch Apple und weitere Handyhersteller. Für Apple-Geräte gibt es schlicht keine Originalersatzteile oder -zubehör. Es gibt nur Fremdprodukte von fragwürdiger Qualität. So bieten einige Händler beispielsweise Ladekabel für das iPad gleich im Viererpack an, weil es meist eh nach kürzester Zeit am Stecker bricht


Schridde auch ein Buch geschrieben. In „Murks? Nein Danke! Was wir tun können, damit die Dinge besser werden“ zeigt er Lösungen und Alternativen auf. Auch Edbill Grote, von der Halbleiter-Test & Vertriebs GmbH sagt ganz offen: „Untersuchungen zeigen eindeutig den absichtlichen Einbau von Sollbruchstellen. Das Produkt wird so schneller schad- oder fehlerhaft und kann nicht mehr in vollem Umfang genutzt werden“. Mit Sollbruchstellen sind minderwertige und billige Bauteile gemeint oder dass Hersteller absichtlich hitzeempfindliche Bauteile wie Elektrolytkondensatoren (Elkos) neben hitzeproduzierenden Bauteilen wie Leistungstransistoren oder Prozessoren zum Beispiel in PCs und Monitoren platzieren. So wird die Lebensdauer von Kondensatoren gleich ab Werk künstlich eingeschränkt. Die Elkos sorgen für ein absehbares Lebensende einer riesigen Produktpalette, denn sie sind auf den Platinen fast aller Elektrogeräte verbaut. Die Reparatur des Centartikels würde nur ein paar Euro kosten. Leider geben die Hersteller aber in der Regel ihre Schaltpläne nicht heraus. HTV vergibt deshalb seit 2013 das Gütezeichen „HTVLive“ an besonders langlebige Elektrogeräte. In Frankreich ist man in Sachen geplante Obsoleszenz schon ein gutes Stück weiter. Vor kurzem verabschiedete die Nationalversammlung ein Gesetz gegen die „obsolescence programmée“, die damit als Betrugsdelikt betrachtet wird. Hersteller und Importeure können verklagt werden und müssen mit bis zu zwei Jahren Gefängnis und Geldbußen von bis zu 300.000 € rechnen. Bei Produkten, die mehr als 477 € kosten – das ist ein Drittel des französischen Mindestlohns – ist der Hersteller laut Gesetz verpflichtet, die Lebensdauer seines Produkts und die Verfügbarkeitsdauer von Ersatzteilen auszuweisen. In der Praxis wird diese Art des Betrugs nicht ganz einfach nachzuweisen sein, monieren Kritiker, ein Schritt in die richtige Richtung ist es dennoch. Das sieht auch die Intitative #built2break so, die in Großbritannien unter diesem Hashtag eine Petition gestartet hat, die Ähnliches erreichen möchte. Nur in Deutschland tut sich nichts. Im Jahr 2012 veröffentlichte das Umweltbundesamt zusammen mit dem Öko-Institut das Ergebnis einer Studie, nach der LEDFernseher eine durchschnittliche Lebensdauer von nur noch 5,6 Jahren haben. Im Vergleich dazu hielten Röhrenfernseher noch 10–12 Jahre. Von gewollter Obsoleszenz ist bisher nicht die Rede. Das Umweltbundesamt arbeitet imerhin an Vorschlägen für eine „Mindesbetriebsdauer-Kennzeichnung“ für Elektrogerä-

te. Ab wann es die geben soll, ist aber noch ungewiss ... Dafür gibt es den ein oder anderen Hersteller, der von der Qualität und Haltbarkeit seiner Produkte so überzeugt ist, dass er eine extrem verlängerte Garantiezeit anpreist. Beim Bekleidungshersteller Lands End bekommen Kunden eine Garantie „ohne Wenn und Aber“. Ist der Kunde nicht zufrieden, wird der Artikel umgetauscht oder der Kaufpreis zurückerstattet, egal wie alt das Kleidungsstück ist. Auch Fahrradhersteller Giant bietet auf die Rahmen seiner Modelle ab Baujahr 2012 eine lebenslange Garantie. Bei Eastpak, Crumpler, CarGlass und Tupperware sind es 30 Jahre, beim Taschenlampenhersteller Mag Lite immerhin noch zehn Jahre und bei Ikea kann die Garantie bis zu 25 Jahre dauern, je nach Produkt. In der Praxis geben die Hersteller gern zu, dass kaum ein Kunde ein zehn Jahre altes Billy-Regal zurückträgt oder ein Auto 30 Jahre fährt. Somit ist das Garantieversprechen gut fürs Marketing, aber bestimmt auch nicht schlecht für die Kunden. Neben dem Ärger und finanziellen Verlust, den die geplante Obsoleszenz für die Verbraucher bedeutet, verursacht sie auch eine unbeschreibliche, Böden und Luft verseuchende Vermüllung. 50 Millionen Tonnen Elektroschrott entstehen weltweit jährlich. Vieles davon wird als gebrauchsfähige Secondhand-Ware in DritteWelt-Länder exportiert, um die teure Entsorgung im Ursprungsland zu umgehen. In Wirklichkeit handelt es sich um kaputte Geräte. So entstand beispielsweise in der einst grünen Lagune Agbogbloshie, am Rande von Ghanas Hauptstadt Accra, ein Slum auf einer meterhohen Schicht von Elektroschrott. Die Be-

www.murks-nein-danke.de wohner des Slums, davon viele Kinder, leben davon, Aluminium, Kupfer und Eisen aus den Geräten herauszulösen. Dies ohne jede Schutzmaßnahmen für die Gesundheit oder die Umwelt. Die Schadstoffbelastung der Luft und des Bodens überschreitet die zulässigen Grenzwerte inzwischen um das 50-fache. Glücklicherweise wächst das Bewusstsein für die Auswüchse des Wachstumswahns. Der DIY-Trend schließt zunehmend auch Reparaturen mit ein. Dabei helfen Plattformen wie ifixit.com, „The free repair guide for everything, written by everyone“, auf der man für alles mögliche Reparaturanleitungen findet und im Zweifel gleich die passenden Ersatzteile kaufen kann. Oder das


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Berliner Startup kaputt.de, das seit Juni 2015 mit gut gemachten, kostenlosen Reparaturanleitungsvideos für Smartphones am Start ist. Wer sich die Reparatur selbst nicht zutraut, kann sich auf kaputt.de auch einen Reparaturdienst aussuchen und bei dem reparieren lassen. Auch die passenden Ersatzteile bietet das Startup über seine Plattform an. Zu seinen Erfahrungen mit der Qualität von Smartphones befragt, erklärt Mitgründer Moritz Zyrewitz: „Die Bauweise sorgt dafür, dass die Geräte schnell kaputt gehen, wenn sie beispielsweise auf den Boden fallen. Sie zu reparieren ist auch nicht ganz einfach, weil die Hersteller das

zunehmend erschweren.“ Eine Ausnahme stelle das Fairphone 2 dar, weil die Außenhülle gleichzeitig ein Schutzcase sei und weil es sich problemlos reparieren lasse. Davon können die Besitzer von iPhones, Samsung Smartphones etc. nur träumen. Deshalb hat kaputt.de auch so kurz nach dem Start schon einen großen Zulauf. Rund 15.000 Besucher informieren sich monatlich über Reparaturmöglichkeiten. Immerhin 20 Prozent wagen sich an die Reparaturanleitungen, während 70 Prozent sich mehr für einen Reparaturservice interessieren. Der Rest entscheidet sich für einen anderen Weg.


Wie geht man nun vor, wenn man ein langlebiges und nachhaltiges Gerät kaufen will? Experten haben ein paar Tipps:

• • • •

Das Gerät sollte reparierbar sein. Lass dir beim Kauf zeigen, ob und wie sich das Gehäuse öffnen lässt. Wenn es geklebt ist oder merkwürdige Schrauben verwendet wurden, lasse lieber die Finger davon. Lasse dir schriftlich zusichern, dass es mindestens noch fünf Jahre lang Ersatzteile für das Gerät geben wird. Ist der Akku fest eingebaut? Dann lieber Finger weg. Am besten du lässt dir beim Kauf zeigen, wie er gewechselt werden kann. Welche Folgekosten entstehen durch die Nutzung des Geräts? Besser du prüfst die Energieeffizienz etc. Brauchst du wirklich ein neues Gerät? Manchmal sind gebrauchte Geräte wesentlich haltbarer – und günstiger sind sie sowieso.

Die geplante Obsoleszenz hat eine lange Geschichte, an deren Anfang im Jahre 1924 ein Glühbirnenkartell stand. Mitglieder waren so namhafte Unternehmen wie Osram, Philips und General Electrics. Das Ziel des Kartells war es, mehr Umsatz durch schnelllebigere Produkte zu erzeugen. Vereinbart wurde für Glühbirnen eine Brenndauer von maximal 1.000 Stunden, obwohl man schon in der Lage war, Glühbirnen mit einer Brenndauer von 2.500 Stunden zu produzieren. Scherte ein Hersteller aus, riskierte er empfindliche Strafzahlungen ans Kartell. Das Kartell war recht erfolgreich. Die Brenndauer sank, der Absatz stieg und die US-Regierung kam dem Kartell erst 1942 auf die Spur. Die gut gepflegte Ablage des Kartells lieferte genügend Beweise für einen Mammutprozess, der sich elf Jahre lang hinzog. Er endete mit einem großen Erfolg ... für das Kartell. Die künstliche Glühbirnenverschlechterung wurde zwar verboten, aber Strafzahlungen gab es nicht (siehe Phoebuskartell).

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Was ich denke

Was meine Freunde denken

Was meine Eltern denken

Hoffentlich ist der Kaffee gut. Und nicht so teuer. Ob da ein Lötkolben auf jedem Tisch liegt?

Re-Pair. Das ist doch so eine SwingerParty, oder? Aber ohne Alkohol, so wie Morning Gloryville. Kann man da auch solo hingehen?

Die reparieren da wieder leerstehende Gebäude und machen so ein Untergrund-Café auf. Hoffentlich ist das nicht illegal.

Fotos: Franziska Gronwald

Das repaircafe


Wie es wirklich war

Text: Mörwert Bankski

Beeindruckend. Kaum kommt man durch die Tür in den Vorraum, schon wird man von Fachleuten umlagert, die sich offensichtlich darauf freuen, endlich meine defekten Geräte in die Finger zu kriegen. Man wird ausgefragt, was denn genau kaputt ist, wie es kaputtgegangen ist, was sonst noch repariert werden soll. Bedingungslos hilfsbereit. Wenn man nur in den Krankenhaus-Notaufnahmen so behandelt würde! Um die 20 recht unterschiedliche Repair-Cafés gibt es in Berlin. Manche dienen mehr als Nachbarschaftstreffs, andere hauptsächlich dem effizienten Reparieren. Eigentlich haben alle einen Trägerverein oder eine Trägerorganisation wie der BUND, kann aber auch kunststoffe e. V. (Alexandrinenstraße) oder ein Nachbarschaftshaus sein (Urbanstraße in Kreuzberg oder Fehrbellinerstraße in Friedrichshain). Die Locations reichen von klassischen Cafés (z. B. in Treptow) über Künstler-Ateliers (Kreuzberg Alexandrinenstraße) oder Werkstätten (Fehrbellinerstraße) bis zum Museum Industriesalon Schöneweide. Dazu kommt das Murks Center (Dirschelweg 1, 12109 Berlin). Neu ist das Repair-Café auf dem RAW-Gelände. Meistens gibt es ein bis zwei große Räume und fast überall Kaffee, teils Kuchen. Und alle finden ein oder zweimal im Monat statt (außer das Fahrrad RC), teilweise mit Anmeldung im Voraus. Die hilfsbereiten Fachleute arbeiten ehrenamtlich, nach Feierabend, manche sind pensioniert. Die meisten sind nach und nach dazugekommen, sei es über die Organisatoren oder durch Teilnehmende am Café. möRRR besuchte das Repair-Café in der Crellestraße, das vom BUND organisiert wird. Von 18 bis 21 Uhr vertiefen sich die Herren Reparateure, in diesem Fall hauptsächlich Elektrik und Elektronik-Experten, in ihre Fälle. Nach der freundlichen Aufnahme geht es dort an den riesigen, hell erleuchteten Operationstisch. Unsere Patienten sind ein Wasserkocher, ein Mix-Stab, ein Telefon, alle defekt, und ein Rollkoffer mit fehlendem Griff. Um den Mix-Stab scharen sich sofort mehrere Experten, da die Art von Schrauben, die nicht aufzukriegen sind, noch keiner gesehen hatte. Aber ein echter Repair-Held gibt nicht auf. Es vergeht bestimmt eine halbe Stunde, bis unter Zuhilfenahme sämtlicher verfügbarer Werkzeuge die beiden Hälften des Stabes offen liegen. Großes Oh und Ah. Ein Gleichstrommotor! Der eigens mittels vier Dioden mit der Stromleitung kompatibel gemacht werden muss. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Noch gibt es Hoffnung. Einen Gleichstrommotor kann man zwar nicht einfach in einen Wechselstrommotor umwandeln, wie ich lerne, aber vielleicht hilft der Austausch eines Transistors (?). Wieder wird lange in der Asservatenkiste gesucht, geschraubt,

getüftelt, während der Haupt-Reparateur hin und wieder nach einer bestimmten Zange (kein Tupfer) ruft, die umgehend von den Kollegen geholt wird. Um uns herum spielt sich Ähnliches an anderen Geräten ab. Faszinierend, wie ein Krimi. Nachdem wirklich alles versucht wurde, kann der Patient letztendlich doch nicht ins Leben zurückgeholt werden: Irgendein kleines, nicht ersetzbares Teil ist unwiderruflich durchgebrannt. Der LaptopBildschirm von nebenan konnte dagegen gerettet werden. Auch wenn ein Gerät aufgegeben werden muss, das Staunen hört nicht auf. Jede Schraube, jedes wiederverwendbare Teil wird aufbewahrt und wandert in besagte Kiste, das Stromkabel wird vorsorglich durchgeschnitten und die Überreste verantwortlich entsorgt. Dann drücken die Experten ihr Bedauern aus, dass weder Mixer noch Wasserkocher repariert werden konnten. Beschämt lasse ich das Telefon im Koffer verschwinden. Auf dem Weg hinaus stelle ich fest, dass ich Kaffee und Kuchen vollkommen vergessen hatte ob all der Aufregung, die Thermoskanne war um die Zeit dann auch leer. Wie man sieht – das Repaircafé ist eine spannende Angelegenheit. Eine Bachelorarbeit an der WWU Münster wird zu diesem Thema gerade geschrieben und man munkelt von einem Projekt: Repair-Café – der Film!


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Von Tesla zu Tesla

Impermanent Lightsculptures von Vitor Schietti


Text: Emiliano Feresin

Armut, Sicherheit der Atomenergie, Kriege und Klimawandel. Wo sucht unsere Zivilisation nach Lösungen für alte und neue Herausforderungen? Albert Einsteins Rezept für ungewöhnliche Probleme war klar: In den 1950er-Jahren, angesichts der steigenden Gefahren nuklearer Kriege, forderte er ein neues Denken: „Man kann Probleme nicht mit dem gleichen Denken lösen, das man benutzt hat, als man die Probleme geschaffen hat“, so seine Logik.* Wo sind heute die revolutionären Denker wie Einstein oder Newton, die anders – „out of the box“ – denken und damit unserer Erdkugel einen neuen Schwung geben? Wir bewundern die Universalgenies der Vergangenheit, als ein Physiker auch Philosoph sein konnte und sich Wissenschaftler nicht nur auf einen kleinen, abgezirkelten Bereich spezialisieren mussten. Ein Denker und Erfinder hat in unserer Zeit besonderen Idolstatus erlangt, und zwar nicht nur als Vorbild für Geeks: Nikola Tesla (1856–1943), der dank des Internets wiederentdeckt wurde. Genie, Philosoph, Zauberer des Lichts **, Visionär, Erfinder der drahtlosen Kommunikation, des Computers, des Lasers und der Röntgenstrahlung. Der idealistische Gegenpart zum Geschäftsmann Edison. Seine Biografie ist alles außer normal. Tesla war eine introvertierte, einsame Seele, der schonungslos – er arbeitete Tag und Nacht – neue Ideen bis zur Vollkommenheit verfolgt hat. Er lechzte nach globalem Fortschritt, Wissensverbreitung, Frieden und wollte das Leben der Menschen durch die weite Verbreitung von Elektrizität erleichtern. Bekannt ist er vor allem dafür, den Wechselstrom nutzbar gemacht und damit eine industrielle Revolution ausgelöst zu haben. Im Gegensatz zu Thomas Edison, dem Erfinder der Glühbirne, glaubte Tesla, dass Wechselstrom („AC“) besser als Gleichstrom („DC“) für die Übertragung über große Distanzen war, da AC weniger Verluste als DC verursacht. Er war so überzeugt davon, dass er sich gegen einen erfolgreichen Unternehmer wie Edison durchsetzte. Seine Erfindung des ZweiphasenWechselstrommotors (1888) war endlich der Schlüssel zum Erfolg von AC in den USA. Aber Teslas Entdeckergeist ließ den AC-Motor bald hinter sich. In der Morgendämmerung des neuen Jahrhunderts entwickelte sich sein philosophisches Denken und er war gefesselt von der Idee der freien Energie: „Wenn man die Geheimnisse des Universums ergründen will, muss man auf der Ebene von Energie, Frequenz und Vibration denken”, so seine Aussage. Er musste feststellen, dass seine eigene These zur Energie große Ähnlichkeiten mit den Erkenntnissen der indischen Vedanta-Philosophie aufwies, wie sie der berühmte Yoga-Gelehrte Swami Vivekananda darlegte, mit dem Tesla in Verbindung stand. Gemäß Vivekananda wollte Tesla „mathematisch beweisen, dass Kraft und Materie auf eine Potentialenergie zurückführbar sind“. Tesla hatte damit keinen Erfolg, aber 1905 bewies Einstein, dass Energie und Materie äquivalent sind. Teslas neuen Gedanken folgten neue Experimente. Er wollte die von ihm „kosmische Energie“ genannte Strahlenenergie der

Sonne und anderer Quellen als unerschöpfliche Energiespender nutzbar machen und stellte Baupläne her für einen neuen Apparat (Patent von 1901). Viele Menschen glauben heute, dass Teslaplatten positiv auf Menschen wirken, aber bis heute gibt es keinen wissenschaftlich demonstrierten Gebrauch – nicht einmal zur Energiegewinnung. Teslas ehrgeizigstes Projekt war es, Radiowellen und Energie drahtlos über die ganze Welt zu verbreiten. Er konnte schon demonstrieren, dass es mittels seiner Tesla-Spule (Luftspalttransformator mit in Resonanz aufeinander abgestimmten Spulen) möglich war, hochfrequente Spannung und spektakuläre Blitze zu erzeugen und sogar drahtlos Elektrizität über kurze Entfernungen zu senden. In Long Island baute er einen ca. 60 m hohen Turm, der die Erde als elektrischen Resonator nutzte und als Rundfunkturm und zur drahtlosen Energieübertragung dienen sollte: „Von allen meinen Erfindungen wird sich der Magnifying Transmitter als am wichtigsten und nützlichsten für zukünftige Generationen erweisen“, so Tesla. Leider hat sein Hauptprojekt nie das Licht der Welt erblickt, aber Tesla gilt als Urheber der drahtlosen Energieübertragung, die heute schon zur Verfügung steht – z. B. für elektrische Zahnbürsten und Smartphones. Nikola Telsa war ein genialer und aus gutem Grund selbstbewusster Mann. Aber es wäre falsch zu sagen, dass er ganz allein so viel entdeckt hat – viele andere kluge Menschen haben damals Teslas Thesen eruiert und wichtige Beiträge geleistet. Es ist offensichtlich, dass er bei der Erfindung des AC-Motors vieles den Entdeckungen anderer Wissenschaftler wie Faraday und Maxwell verdankt wie auch der Förderung von Erfinder und Unternehmer George Westinghouse. Die Tage der einsamen Erfinder waren im 19. Jahrhundert lange vorbei. Auch ein Vordenker, und ein Idol unserer Ära, trägt den Namen Tesla auf seinen Fahnen. In Elon Musk vereinen sich die Gegensätze. Er hebt das lange verkannte Genie Tesla auf den Sockel, nicht nur, weil er für seine Elektroautos dessen AC-Induktionsmotor verwendet, sondern auch weil seine Firmen nach ihm benannt sind, Tesla Motors und Tesla Energy. Er findet, Tesla verdient mehr Aufmerksamkeit und spendet dem seinem Gedenken gewidmeten Museum eine Million Dollar. Dabei gleicht Musk eher Edison. Auch er ist zuvorderst Geschäftsmann – Forbes schätzt sein Vermögen auf 13 Milliarden Dollar – und für ihn ist nicht nur die Idee, sondern auch ihre Vermarktung, die Verfügbarmachung wichtig. Kein Wunder, dass er zugibt, Fan von Edison zu sein. Aber Musk denkt nicht in Gegensätzen. Er stellt sich als Neudenker vor. So erklärt er auch seinen Erfolg: Er denke anders. Er macht es wie die Physiker und geht von „First Principles“ aus, statt in Analogien zu denken. Das heißt, nur die Grundlagen werden übernommen, danach wird alles neu gedacht. Alles ist erst einmal möglich. Schlüsse wie: das funktioniert nicht, weil es noch nie funktioniert hat, werden nicht zugelassen. Dafür bewundert er das „chained why“ der Kinder, das endlose „warum“, alles hinterfragen. Negatives Feedback von Freunden schätzt er und lernt davon.


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»Du willst den Leuten eine neue Denkweise beibringen? Lass es. Gib ihnen lieber ein Werkzeug, dessen Gebrauch zu neuen Denkweisen führt.« Richard Buckminster Fuller

Musk verkauft gut und verkauft sich gut als der Mann, der die Zukunft gestalten wird. Aber ähnlich wie Tesla ist Musk nicht allein: Er lebt in einem Kontext von Ideen, Erfindern und Möglichkeiten; er stützt sich auf die besten Ingeneure und Forscher der Welt und durch die NASA fließen staatliche Finanzierungen. Auch sollte man einige seiner Behauptungen und Erfindungen kritisch betrachten. Die allgemeine Verbreitung autonomer Autos wird noch auf sich warten lassen, da künstliche Intelligenz noch im Säuglingsalter ist. Und die Batterien, die er verkauft, sind nicht revolutionär, es sind normale Lithium-Ionen-Batterien, nur preiswerter. Visionäre wie Tesla und Musk haben viele Ideen, die meisten sind genial, einige sind skurril. Wir lassen uns – zu Recht – von ihrem Denken inspirieren und wir lieben die Idee, dass sie – unsere Helden und

ihre Thesen – es allein schaffen, die Welt zu ändern. Aber Geschichte ist nicht so einfach! Am Ende hatten Edison, Tesla und Westinghouse alle Recht – AC und DC funktionieren heute Seite an Seite, jedes für unterschiedliche Zwecke. Wenn es eine freie Energie gibt, dann ist es vielleicht das Wissen, das durch die Köpfe fließt. Einstein bewies das auch auf politischer Ebene. Denn Neues Denken alleine genügt nicht, es bedarf auch des Handelns. Des gemeinsamen Handelns. Einstein glaubte, dass ein neues kollektives Bewusstsein vonnöten sei, um die Ausbreitung von Nuklearwaffen und Kriegen zu stoppen. Während des nuklearen Wettrennens in den 1950er-Jahren klärte er die Öffentlichkeit über die Gefahren auf und unterstützte politische Aktivitäten von Wissenschaftlern gegen Nuklearwaffen. Sein letztes öffentliches Werk, das Russell-Einstein-Manifest (1955) zusammen mit dem Philosophen Bertrand Russell, war ein Aufruf an alle brillianten Denker, sich zusammenzuschließen und führte zum einflussreichen Pugwash Movement, das 1995 den Friedensnobelpreis erhielt. Einstein und seine Genie-Freunde haben dazu beigetragen, dass es den Homo Sapiens immer noch gibt. Die Zukunft? Ein chaotisches Resultat kollektiver Visionen und Aktionen. Wer will mitmachen?

Fotos:Vitor Schietti

Wie Tesla denkt Musk an die Zukunft der Menschheit. Und setzt vielleicht nicht auf „freie“ Energie, aber auf nachhaltige Produktion, nachhaltigen Verbrauch und nachhaltige Verteilung von Elektrizität. Sein letzter Streich war der Verkauf der „Home Battery“ für Privathäuser und kommerziellen Gebrauch, mit der man zum Beispiel durch Sonnenenergie sogar teilweise vom öffentlichen Stromnetz unabhängig ist, zum niedrigen Preis von 3.000 Dollar. Sie war in wenigen Tagen ausverkauft. Tesla Motors baut derzeit eine riesige Batteriefabrik: in der Gigafactory-1 soll die Massenproduktion von Batteriespeichern für Häuser, Gewerbe und Autos anlaufen und damit, wie Analytiker glauben, die derzeitigen Verluste wieder einfahren. Der Sonnenenergieversoger Solar City, dessen Vorsitzender Musk ist, baut gerade eine zweite riesige Fabrik, diesmal für Solarzellen, in Buffalo, NJ. In weniger als 20 Jahren soll laut Musk Sonnenenergie die primäre Energiequelle sein. Auch an der Zukunft der Transportmittel arbeiten Musks Firmen. Das erste vollautonome, also selbstfahrende Tesla-Auto soll in drei Jahren auf den Straßen sein. Aber der Transport, der Musk besonders am Herzen liegt, ist der Transport zu fremden Planeten, die der Mensch einst bevölkern soll. Als CEO der privaten Weltraumgesellschaft Space X entwickelt er eine neue Raketentechnologie, um eine bezahlbare Weltraumfähre zum Mars zu bringen.


„The Witches of Chiswick“ Das Buch des englischen Kult-Autors Robert Rankin: „The Witches of Chiswick“ beschreibt eine Welt, in der die Erfindungen Teslas im viktorianischen England umgesetzt worden waren: „ ... das Luftschiff wird von zwei großen elektrischen Turbinen angetrieben. Diese sind die Kreation von Mr Nikola Tesla, dessen mächtige Power-Towers die Skyline der Hauptstadt schmücken und die täglich längs und breit im Land errichtet werden zur Bereitstellung von elektrischer Energie, die kabellos auf einer Radio-Frequenz in jedes Heim und in jede Industriestätte unseres (sic) schönen Landes verbreitet wird”. (Gollancz 2003)

* Wir feiern den den hundertsten Geburtstag von Einsteins Relativitätstheorie ** 2015 ist das Internationale Jahr des Lichtes www.light2015.org.


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Der Hundertste Affe

Künstliche

Netzwerke des Bewusstseins

Intelligenz Die Stadion-Rockband U2 gab für ihre aktuelle Tour folgenden Auftrag an den Künstler Jeff Frost: Er solle in einem Kunstwerk das „neuronale Netz der Menschheit“ darstellen. Tiefe Gedanken, die U2 da scheinbar bewegen. Gibt es ein solches die ganze Menschheit verbindendes Netz überhaupt? Oder doch nur die neuronalen Netze im Kopf jedes Einzelnen? Jeff Frost fand eine Lösung: Er ging zu CERN in die Schweiz und ließ sich für sein Kunstwerk vom Großen Hadronen-Teilchenbeschleuniger inspirieren. Sehr passend für diese Teenagerjahre des 21. Jahrhunderts, den Menschen in die Maschine zu verlagern. Die erstaunlichsten Kunstwerke, die es derzeit gibt, kommen direkt von künstlichen Gehirnen. Einem künstlichen neuronalen Netzwerk aus dem Hause Google werden Millionen von Menschen- und Tierfotos eingespeist, deren Charakteristika die intelligente Software dann in Bildern, die ihr vorgelegt werden, erkennt. Diese Bilder werden dementsprechend modifiziert, in einem Loop wieder und wieder ins neuronale Netzwerk zurückgespeist, bis das Ergebnis ein surreales, psychedelisches Kunstwerk ist, auf dem Wolken wie Vögel aussehen und Menschen aus Fischköpfen bestehen können. „Inceptionism“ heißt dieser Stil. Wer weiß – vielleicht hat sogar der Fahrstuhl in meinem Drogeriezentrum ein neuronales Netzwerk. Jedenfalls trägt er den schönen Namen „Evolution Blue“.

Steigen wir also ein und fahren erst einmal … vorwärts. Vorwärts wie in „technologischer Fortschritt“. Selbstfahrende Autos, emotionale Roboter, die Eroberung des Planeten Mars, neue Wundermaterialien, Nanobots zur Maximierung des menschlichen Körpers, sich überschlagende Neuerungen in der Informationstechnologie; bei Drucklegung gab es drei im 3D-Drucker hergestellte menschliche Organe, die erfolgreich transplantiert wurden und zwei künstliche Intelligenzen absolvierten den Ich-Erkenntnistest bereits erfolgreich, nehmen also nicht nur das Beobachtete wahr, sondern auch den Beobachter, sich selbst. Die Entwicklung scheint sich zu überschlagen, seit vor noch nicht allzu langer Zeit das Internet die Menschheit zu verbinden begann und Handys zur Verlängerung des menschlichen Armes wurden. Das kommt daher, dass sich der technologische Fortschritt exponentiell entwickelt, während der menschliche Fortschritt, so jedenfalls eine populäre Theorie(1), linear hinterherkriecht. Während der Mensch Fuß vor Fuß setzt und nach 30 Schritten bei 30 ist, ist die Technologie 1, 2, 4, 8 – schwupps nach 30 Schritten bei einer Milliarde. Da kann man schon euphorisch werden, ja sogar technologiegläubig. Elon Musk, einer der hellsten Köpfe unserer Zeit, will, dass wir einen großen Sprung vorwärts machen.


Neben Tesla Motors und Tesla Energy zählt auch Space X zu seinen Firmen, das Raumfahrtprogramm, das uns einmal auf den Mars bringen soll. Musk vergleicht den Weg des Menschen zu multiplanetarem Leben mit dem Weg unserer einzelligen Vorfahren aus dem Wasser.(2) Was bei diesem Ansatz zu kurz kommt, ist der Faktor Mensch. Angenommen, die gleiche Art Mensch, die jetzt auf der Erde lebt, wird einmal den Mars bevölkern, dann wird sie die gleichen Verhaltensmuster, Emotionen und Denkweisen, so wie sie jetzt vorherrschen, auch auf dem neuen Planeten ausleben. Ist die Vergrößerung des Lebensraumes schon Evolution? All unsere wunderbare Technologie ist erschaffen, gemacht von Menschen. Sie hat zwar ein Eigenleben gewonnen – bessere Maschinen bauen bessere Maschinen – aber dennoch ist sie nichts weiter als ein Werkzeug wie die aus Holz und Steinen gefertigten Hämmer unserer Vorfahren. Was wir haben, sind bessere Werkzeuge. Was wir brauchen, sind bessere Menschen.

Also zurück in den Fahrstuhl. Wir betreten Evolution Blue und fahren … nach unten. Es gibt also eine schwache Analogie zwischen Neuronen, Dendriten, Axonen und Synapsen, dem Netzwerk zwischen den menschlichen Gehirnzellen, und Prozessorelement, Kombinationsfunktion, Transferfunktion, Element Output und Weights, den Bausteinen, aus denen die künstlichen neuralen Netze bestehen. Da hört die Analogie aber auch auf, denn ein mensch-

liches System ist viel größer als die Summe seiner Teile, da steckt noch ein Geist in der Maschine. Ein Geist namens Bewusstsein. Die Neurowissenschaften suchen nach neuronalen Korrelaten von Bewusstsein, aber wo es zu verorten sei oder auch nur was es genau ist, kann die Hirnforschung immer noch nicht befriedigend beantworten. Man kann den Menschen messen, solange man will, ein „Bewusstsein“ wird man nicht finden. Noch schwerer festzumachen ist das kollektive Bewusstsein oder gar das kollektive Unbewusste. Die Jungianer unter den Psychologen arbeiten mit diesem von C. G. Jung postulierten Konzept. Indizien für das kollektive Unbewusste sind beispielsweise die der ganzen Menschheit innewohnenden Symbole in Mythen und Träumen. Wenn Ideen gleichzeitig an verschiedenen Orten der Welt auftauchen, sagt man: „Das liegt eben in der Luft“. Ist es Luft, dieses kollektive Unbewusste, oder eher eine Suppe – oder ein Netz, ein Gitter aus Energie? Langzeit-Meditierende erfahren sich in der Meditation manchmal wie in einem spannungsgeladenen unendlichen Energiefeld, verbunden mit allem, was auf dieser Frequenz schwingt. Wie im Film „Tron“ der Held auf einem elektronischen Raster agiert, so schwebt das Bewusstsein in dieser Erfahrung auf diesem „Grid“ von feinstofflicher Energie. Mit solchen Konzepten beschäftigen sich durchaus auch die Naturwissenschaften, freundeten sich doch schon die Väter der Quantentheorie mit östlichen Philosophien an. Auf der Teilchen-Ebene ist eine Verbundenheit über Raum und Zeit hinweg sowieso ein alter Hut. „Entanglement“ heißt das Phänomen. Dieses Entanglement liegt auch der Theorie von „Non-Locality“ zugrunde, das Laserphysiker Russell Targ und Buddhist J. J. Hurtak 2006 zusammen entwickelten als Teil ihres Ansatzes, spirituelle Konzepte auf solide physikalische Beine zu stellen und die Vernetzheit


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»Der Mensch wird als Spezialist ganz und gar vom Computer verdrängt werden. Der Mensch selbst ist gezwungen, seine angeborene „Allumfassendheit“ wiedereinzusetzen, anzuwenden und sich ihrer zu erfreuen.« Richard Buckminster Fuller, 1963

Hier kommt der Affe Teil eins: Verhaltensforscher beobachteten 1958 auf einer japanischen Insel eine Gruppe von Makaken-Affen. Sie begannen, die Tiere mit Süßkartoffeln zu füttern, die naturgemäß voller Erde waren. Nacheinander begannen die Affen, die Kartoffeln im Meer zu waschen und stellten fest, dass das Meersalz diese noch schmackhafter machte. Zuerst waren es einige Jungtiere, dann deren Spielgenossen, dann langsam auch die Elterngeneration. Teil zwei: Als der hunderste Affe begann, seine Kartoffeln zu waschen, sprang diese neue Fertigkeit plötzlich auf alle Affen, dann auf die Affen der benachbarten Inseln über; sogar auf dem Festland wuschen die Affen jetzt ihre Kartoffeln. Eine schöne Geschichte, aber leider ist nur Teil eins wahr, Teil zwei ist lediglich ein Mythos. Das Lernverhalten der (eigentlich nur 59) Affen war insofern bemerkenswert, als die Alten von den Jungen lernten und nicht die Kinder von den Eltern. Der Rest der Geschichte wurde erst 1979 von New-Age-Autor Lyall Watson hinzugefügt und zum weltweiten Mythos wurde der „Hunderste Affe“ dann, nachdem Ken Keyes 1982 seinen gleichnamigen Bestseller gelandet hatte.(5) Was diese Popularität des Mythos vom Hundersten Affen in erster Linie aber zeigt, ist, dass es den weitverbreiteten Wunsch nach menschlichem Fortschritt gibt, nach geistiger Evolution. Den Wunsch, das Bewusstseins-Netzwerk der Menschheit aktiv beeinflussen und positive Energien in dieses Netz einspeisen zu können. Wenn dann eine kritische Masse von Menschen

eine höhere Bewusstsseinsebene erreicht, dann könne diese auf alle überspringen, so die Theorie. Ob diese Ausbreitung neuer Ideen nun im althergebrachten kollektiven Unbewussten oder in den von Rupert Sheldrake 1981 vorgestellten „morphogenetischen Feldern“ stattfinden soll oder ob gar das kollektive Unbewusste aus morphogenetischen Feldern besteht, das sind Fragen für ein Forschungsgebiet, das es nicht leicht hat. Die Unsummen von Geld, die Tech-Giganten wie Google in die Forschung stecken, um an der Spitze der Innovation zu bleiben, werden einer Wissenschaft, die sich mit immateriellen Dingen beschäftigt, die man nicht kaufen kann, wohl versagt bleiben.

Get on the Grid Die Popularität von Theorien wie der Critical Mass ist nach wie vor ungebrochen. Regelmäßig finden online organsierte Massen-Events statt, bei denen Menschen auf allen Kontinenten gleichzeitig zu einem Thema wie Weltfrieden meditieren sollen. Wenn die sich verbindenden Energien dann eine bestimmte Schwelle überschreiten, soll der Funke auf alle Menschen überspringen und eine neue evolutionäre Stufe erreicht werden. Bei einer Weltbevölkerung von 7,3 Milliarden – wie viele Teilnehmer sind nötig, wie viel Gewicht müsste man auflegen, damit sich die Waagschalen bewegen? Maharishi Mahesh Yogi, bekannt durch seine Transzendentale Meditationstechnik und als Lehrer der Beatles, weniger bekannt für seine Ausbildung in Physik, bietet eine Gleichung an. Wenn nur ein Prozent einer Bevölkerung von 10.000 in einer Gruppe meditieren würde, könne man einen Rückgang von Gewalt in der Gesellschaft beobachten und die Zunahme von positiven Verhaltensweisen. Über Versuchsanordnungen, die diese Gleichung bestätigen, gibt es viele Berichte. Von Dörfern in Kriegsgebieten, die von Gewalt verschont blieben, weil ein Prozentsatz ihrer Einwohner zusammen meditierte, bis zum Rückgang der Verbrechensrate in schlechten Vierteln von Washington D.C., wo eine bestimmte Anzahl erfahrener Meditatoren versuchten, die Verhaltensweisen von Kriminellen zu ändern. Warum nicht experimentieren mit solchen Möglichkeiten? Was

Text: Monika Dietl

der Menschheit zu beweisen.(3) Nicht nur die Menschen, sondern auch Dinge haben ein Bewusstsein laut der „Integrated Information Theory“, die von Psychiater und Neurowissenschaftler Giulio Tononi entwickelt wurde und ein Messverfahren für Bewusstsein vorstellt. Mitstreiter Christof Koch postuliert: „Bewusstsein ist eine fundamentale Eigenschaft des Universums“(4) Schon taucht das schöne Bild vom kollektiven Bewusstsein der Pflanzen auf, die durch ein Internet aus Mycelien verbunden sind, den feinen Fäden der Pilzwelt. So wissen Bäume von meilenweit entfernten Waldbränden oder Rodungen und können noch rechtzeitig genug Samen produzieren, um das Überleben ihrer Art zu sichern.


für ein Abenteuer das sein könnte! Aus den USA hört man denn auch von Meditations-Flashmobs. Eine Anzahl von Yogis verabredet sich an einer belebten Stelle in der Stadt, setzt sich plötzlich gleichzeitig in Meditationshaltung auf das Pflaster und verbreitet eine Atmosphäre von Ruhe und Frieden. Warum dies trotzdem zu keinem Massenphänomen geworden ist, warum sich nicht die große Menge auf dieses Abenteuer einläßt und versucht, sich in ein BewusstseinsNetzwerk von Hunderttausenden weltweit einzuklinken, hat einen einfachen Grund. Man braucht dazu Stille, Zeit, Ruhe, und man muss sich konzentrieren. Wie viel einfacher ist es da, sich in unser informationsgestütztes kollektives Bewusstsein namens Internet einzuklinken. Milliarden miteinander verbundener Computer; Prozessoren, von denen jeder aus ein paar Milliarden Transistoren besteht. 10^19 sollen es sein, ungefähr die Anzahl der Synapsen in den Gehirnen von 10.000 Menschen. Ein komplexer künstlicher Organismus, der laut IIT (Integrated Information Theory) selbst ein Bewusstsein haben könnte.(5)

Wir nehmen den Fahrstuhl. Wir fahren … nach oben. Ob künstliche Intelligenzen tatsächlich so etwas wie ein menschliches Bewusstsein erlangen können, ist derzeit ein heißes Thema unter AI-Experten. Die allgemeine Meinung ist: Wir wissen es nicht. „Bewusstsein“ kann eben nicht mit Daten erfasst werden und wir können uns nicht in einen Roboter hineinfühlen. Dafür aber hineindenken, so scheint es. Kann man sich eine kriminelle künstliche Intelligenz vorstellen? AI-Experten können das. Und schlagen vor, eine Legislatur für AI-Verbrecher zu schaffen. Verrückt klingt das nur, wenn man nicht mit der Materie vertraut ist. Tesla- und Space-X-Macher Elon Musk kann man sicher keine Technologieskepsis vorwerfen. Trotzdem bezeichnet er AI als die größte Gefahr für das Überleben der Menschheit und ist an der Firma Deep Mind beteiligt, um auf dem neuesten Stand der Forschung zu sein. Musk und Hunderte von Experten und Wissenschaftler sind Unterzeichner eines offenen Briefes, der vor dem Einsatz von AI eindringlich warnt. Vor allem ihr Einsatz in Kriegen käme einer „Dritten Revolution“ nach der Erfindung des Schießpulvers und der Atomwaffen gleich, meinen auch Stephen Hawking, AI-Spezialist Stuart Russel, Apple-Mitgründer Steve

(1) (2) (3) (4)

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Wozniak und Noam Chomsky. Trotzdem sitzt der Mensch da wie ein hypnotisiertes Kaninchen und wartet darauf, was eine Maschine macht, bei der kein „Funke“ überspringt, keine „göttliche Eingebung“ einschlägt und keine spontanen Ideen auftauchen. Die eigene Erfahrung ist langweilig geworden, Augmented Reality ist das Geschäft der Stunde, also die durch Technologie angereicherte Wahrnehmung, tragbare Technologie – aufregende Spielzeuge, die uns mit noch mehr unwichtigen Daten belasten. Das maschinengesteuerte und systemdominierte Weltbild hat uns zu dem Punkt gebracht, an dem die Welt jetzt ist. Immer vorausgesetzt, es gibt einen Konsens darüber, dass etwas zu verbessern ist an unserer Welt und dass menschliche Weiterentwicklung erwünscht ist, nicht nur die Evolution des Einzelnen, wäre es also logischerweise höchste Zeit für ein Neues Denken, für einen Paradigmenwechsel, für den vielbeschworenen Wertewandel. Viele solcher Ansätze gibt es bereits, sogar ein Wirtschafts-Thinktank wie das „Capital Institute“ empfiehlt, unsere Weltsicht von einer mechanischen in eine holistische umzuwandeln(6). Holismus, die Ganzheitslehre aus den 1920er Jahren, die das Ganze als mehr erachtet als nur die Summe seiner Teile, als Zukunftskonzept. Zeit für eine bessere Balance zwischen neuen Technologien und innerer Welt. Nicht nur Menschen, die Sites wie „Collective Evolution“ in ihrem Facebook-Stream haben, hüten sich davor, von den technologischen Krücken abhängig zu werden und besinnen sich darauf, dass wir alles, was wir brauchen, in uns tragen. Um sein eigenes Bewusstsein zu erforschen, muss man sich keine teuren Geräte anschaffen. Allerdings – man braucht zwei der wertvollsten Güter: Zeit – und Ruhe. Immerhin könnte man dann noch unbekannte Planeten erforschen in den Universen, die in uns liegen. Und vielleicht sollte man sein eigenes Bewusstsein ja so gut wie möglich kennenlernen, bevor die künstlichen Intelligenzen ihres entdecken und das Internet aufwacht. Nicht dass der hundertste Affe der ist, der das Licht ausmacht.

Kurzweil, Ray (2005). The Singularity is Near. New York: Viking Books. Every Elon Musk Video (youtube) Targ/Hurtak: „The End of Suffering“, Hampton Roads Publishing, 2006 Tononi, G; Koch, C. (2015). „Consciousness: Here, there, and everywhere?“ Philosophical Transactions of the Royal Society London B. Ken Keyes: „The Hundredth Monkey“, 1982, Coos Bay (Oregon) John Fullerton: „Regenerative Capitalism“, 2015, White Paper capitalinstiute.org


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Eine Geschichte zwischen Buch und Wolke

nie verzeihen nde, die ich mir Sü e zig ein e di . Anschließend schließlich wäre sen zu werden ch wa er h lic nz hen Frohsinn im könnte, die, gä z mit dem gleic in Pr en in kle n Schal trug, schaute ich de seinem seidenem zu er ch au n den Schrittes Gesicht an, de wir liefen hüpfen d un nd Ha r de n. Ich erzählte nahm ihn bei s wir uns setzte da an e, re Sp r in einer kleidas einan das Ufer de e, die ich immer ch, ihr dürft mir ad rli on Eh . m Li ch rli en tü hl na zen ss das Buch ja an Abihm bei einer kü Den kleinen Prin mit mir führe, da chsenen haben e wa nn Er ka n os te m eis er m Th Die nderbar, chen übersetzt nen silbernen fach so glauben. er tachtzig Spra e sind höchst so Si nd t. hu rn in rle ile ve we n glaube e über ihn gäbe über ihn mittler straktionen zu und Theaterstück e lm Fi r ite we e. der Erde noch bisschen worden sei. Es die großen Leut oßen Leute auf lich, um mir ein gr zt n let te eis ich m s e Al di : nach uf es wirklich ssen, spaund dass aber Doch der Reihe tze wehen zu la en hätten, wora pi nd ns ta se rs ve Na e nz di ga ft um Er stelli Langstrumpf immer nicht Berliner Spreelu lachend vor mir. von Momo, Pipp m ch ih zli öt te pl hl zä er er d stan e Augen wurden ankommt. Ich m nicht ein zieren ging, da hichte und sein immt, ob ich ih sc st Ge be e en gt ich fra dl d un n Krieg, Flüchtm und er und der Unen te sich vor mich use wäre einsa htete ich ihm vo Ha ric be zu ch es in Au d Se er. nne. en Freund groß und größ Finanzkrisen un Schaf malen kö Geiz sowie den mit das seine ein d da , un es id eit Ne s zw m wa t ein zte. War sste nicht, lingen und de wolle unbeding pf, denn er wu isen sei. Ich stut Ko Re f n au de er ig ur nn er tra , we wusst, . Sogleich er schüttelte zum Reden hätte Leute darüber be e Finanzkrise ist en ein r oß ga gr n er te od eis m ieg die it einem sammenhängen Geiz, Neid, Kr ich mir doch wie schon einmal m les mit Geld zu er al m es m di Nu ss he , da , eic e gl tte. en gelernt habe klärte ich ihm dass er exakt di n abgezogen ha er bereits kenn te s ilo da hp s, uc wa Br et n, i en an ürzt häftsm ehr einwürde. Das se in Afrika abgest suchte. Der Gesc sich ein wenig m die Asteroiden be darauf, dass er s al ich en m d schen mit et da an en an er st M Pl s be e al en di it Som hat nämlich s er 1942 dies r al de s, , al zt m sit da s be al se ir mit eidie großen Leuder die Sterne fallen lassen müs entgegnete er m angesteckt und n ft hi uf ha ra sc Da en . . eid tte ell n ha doch ein eln dazu gesagt seiner Samm erstmals betrete eln Geld samm Lächeln, dass ich m n m sa de en ne fn er af nn St tw t en oses, we erbar wie te haben stat nem wunderbar nichts als wertl d nicht so sond er in dieser Form em Mann sei un ab ein ld tig in r Sammele Ge nö de ng i be ss t Ju be Da en er klein er ist und dass n kurzen Mom pi ne Pa Ei . es kt lle so uc n dr tu e recht die und alles wirkauch schön be die großen Leut ich stand, erst se, und Schafe n ch ne Fü de e f di , au en el, um Kies gerät, das mermmel, die sucht die Bl te ich, um die e, weiter den Hi in Vergessenheit r re eh Sp r m de er m t en im ell nW Sie haben nich vom Wind lich Wer tvolle sich kräuselnde chsenen Leute. n, als auch die ke wa ol er W e e di di t, e zu ch wi ni so kurzum m Verstand ken sie gar Berliner Skyline genden Vögel, ja n Augen und de ume und die sin dass nur mit de , d Bä en n un nd de ns, die selbien ta en rs be oß eg ve Le gr bi s sich hen Dinge de wieder mit den lic rz m he ru e he di , ich et m zu verdrängen. . sehen bedeut einfach alles um und nach völlig sehen zu können ch es na nd n, Ki he es ac ein sm n dafür, ges doch au neugierigen Auge kleinen Prinzen r war ich dem ba nk da d un Froh eoproto)

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r (wun Text: Marius Schäfe

Foto: Jan Fels (N


Illustration: Martina Ern r Kleine schließ gegenüber hat de en id be n de nn d t hat. Als er da das Schaf un en hatten, il er sie gezähm e ade leer getrunk rantwortung, we on Ve m e Li ein re h se Meißel folgend lic un nn einem kleinen der auf eine it an m in Als wir beide da ite ich m e d zt en : weg war, krat elnd und schweig r Berliner Skyline flogen gestiegen wir läch de Wolke und Horizont über de n en de eig in fst n au ile s Ze un vor richshain aus dem Gras dann über Fried dem uns zuteil rlin Kreuzberg, Be er üb teroiden, m rtungsvoller mit As sa wo n nt de ra mein zu ve s uf wa na et hi Talenten und Be Wenn wir alle dann ganz hoch häftsmann n und unseren sc be Ge Le und Mitte, und n nk de he er, sc uf Ge Sä gewordenen den König, den ographen um den Eitlen, gehen würden ... suchen. Beim Ge be zu er nd stimmungen um zü an r en nu rn s te La wa , n en de und m zu bericht oße Buchstaben s länger, um ih lt. Ich hatte zu gr ren kleinen se tze kri un blieben wir etwa ge an ll s vo r us hl wa malte ich mit (Der Horizont können. Im Ansc vermeißelt und so Platz an der oft m nz Reisende wissen ige ga nn ich so m m d d mehr überbauverwendet un wir wieder an de n, dass ich langsam mehr un ra s da de Ausflug landeten m ich m m hla rte Sc n ne aufziehenden Woldem feuchte kleine Prinz erin änglichen, dunkel r, so kündigte rg vo Spree und der ve Da n e. de f llt au wo s ten Spreeufer ein Schaf malen ine Rede an, ihm doch noch mmels weiter.) genzwinkern se Au n te itz ken des weiten Hi m ch rs ve em ein it : er m er einfallen lassen chen schöner, hi ch etwas Neues st noch ein biss fa habe er sich au hl wo es re … dann wä eten. r daren blauen Plan der Mut und de t, af Kr e di auf diesem unse m de je t ch ni h was auf Es ist einfac n, um wirklich et se Wille gegebe en m im e rig hö zuge diejenigen Men können – aber zu n er nd rä ve n, haben dieser Erde ten in sich trage ese Eigenschaf di le al e di n, sche für sich selbst. e anderen und di r fü ng rtu wo iter zu eine Verant er weiter und we s Menschen imm un er t rie em eht. rd Auße Möglichkeiten st in den eigenen s wa , m de it m machen – Mensch seiTiere hat jeder lanzen und die Pf e di e wi nn De Bestimmung. ne ganz eigene kleinem Freund malte ich meinem te or W e oes di r Dankbar fü e silberne Therm f, steckte es in di ha Sc in se ck Rü ed e hi zum Absc mit auf sein r Freude beides lle vo m ih nd b wa ga d ch rs skanne un fgetaucht war, ve schnell wie er au inen Astekle en reise. Genauso in se f r kleine Prinz, au de er, ed und wi ch er nun au e Rose auf ihn h wartet dort ein lic ieß hl Sc . 12 roiden B6 Zum Weiterlesen: Antoine de Saint-Exupéry: Der kleine Prinz, 1943



Text: MetaMind Evolution

Mächtig viel los in dieser Ära Edward Snowden. Jeder will sich schützen, jeder will digitale Mauern einziehen, alle haben Angst um ihre Daten. Und wer ist plötzlich jedermanns bester Freund? Dein freundlicher Nachbarschaftshacker. Sonst schon gerne mal in einen Topf geworfen mit Einbrechern, mit den Crackern, obwohl Hacker und vor allem hackende Aktivisten sich dem Wohl der Allgemeinheit verschrieben haben. Kreative Freidenker, die offene, freie und anonymisierte Infrastrukturen in und um das Internet schaffen. Die Systeme auf Sicherheit testen und „Zero Day Exploits“ (Schwachstellen) patchen, bevor die Cracker sie finden – oft ein regelrechtes Wettrennen. Man muss ja nicht gleich bei der Nato einsteigen, die aus Angst vor Cyberangriffen auch verstärkt Hacker beschäftigt. Aber Hilfsbereitschaft wird groß geschrieben in unseren Kreisen, man denke nur an die Chaos Engel vom Chaos Computer Club.

Jetzt ist also Not am Mann, und da öffnen sich sogar die Hackerspaces, einst abgegrenzte Oasen der intellektuellen Freiheit und Alternativkultur. Dort werden jetzt oft Crypto Partys veranstaltet, auf denen „Digitale Selbstverteidigung“ gelehrt wird. „Party like it‘s December 31st, 1983“ ist das Motto dieser Crypto Partys. Orwell‘s Big Brother schaut schon um die Ecke. Damit er nicht in deinen Computer schauen kann, lernen die PartyTeilnehmer Verschlüsselungstechniken. Das geht ganz entspannt: Wenn man in den Hackerspace kommt, holt man sich erst einmal ein Getränk von der Bar und setzt sich dann an einen Tisch mit anderen netten Leuten; die Berater gehen von Tisch zu Tisch. Horizontaler Wissensaustausch. Wie das bei Hackern üblich ist, lernt man einfach und unkompliziert von den Nachbarn. Manche Partygänger sind ganz stolz daauf, was sie da schon auf ihrer Festplatte haben, dabei ist die Verschlüsselung oft so schwach, dass jedes Script Kiddie* sich einhacken könnte. Export-grade Keys oder 512-bit RSA Keys zum Beispiel. In den 1990er-Jahren hätte man noch Zu-

gang zu einem Supercomputer gebraucht, um so einen Schlüssel zu knacken. Heute geht das in vier Stunden und kostet nicht einmal viel. Ein Blockverschlüsselungsalgorithmus (!), der schon 1993 entworfen wurde, heißt „Blowfish“ und ist als Public Domain veröffentlicht, den bekommt man also auch öfters zu Gesicht. Vom Oktober 2000 ist der „Advanced Encryption Standard“. Auch dieser Algorithmus ist frei verfügbar und darf in Soft- und Hardware implementiert werden. AES-192 und AES-256 waren in den USA für staatliche Dokumente mit höchster Geheimhaltung zugelassen. Generell sind asymmetrische Verschlüsselungsverfahren sicherer. Dabei gibt es jeweils einen verschiedenen Key zum Verund Entschlüsseln, den „öffentlichen“ und den „privaten“ Key. Allerdings ist es schwer, so einen Schlüssel auszutauschen: Dafür muss man sich physisch, persönlich treffen. Auch mal schön! Was bisher als nahezu unknackbar gilt (und es gibt nichts Unknackbares), ist Quantenkryptographie. Dabei wird durch bloßes Auslesen die Nachricht zerstört,

man hat also nur eine Chance, die Nachricht korrekt zu entschlüsseln. Da kann selbst ein „Brute Force Attack“ nichts ausrichten, der einfach mit dicker Rechenkraft alle Kombinationen durchprobiert. Wer denkt, er hat eine prima Verschlüsselung, kann diese auch in einem der Wettbewerbe vorlegen, bei denen dann alle Mathematiker und Hacker versuchen, sie zu knacken, bzw. zu beweisen, wie sicher sie ist. Die Gewinner solcher Wettbewerbe kommen dann bei offener Software wie Linux und Firefox zum Einsatz. Kleiner Tipp noch am Schluss: Kein Essen um den Computer dulden. Grund? Ein fieses kleines Gerät, das aussieht wie ein Stück PitaBrot. „PITA“ besteht aus überall verfügbaren Teilen im Wert von circa 300 Dollar. Mit einer Antenne liest es die elektromagnetischen Wellen, die von den Prozessoren ausgehen. Allerdings: Es funktioniert nur in einem Umkreis von bis zu 50 cm.

Also: Keine Snacks auf Crypto Partys. Party on!

* Unerfahrene Hacker, die noch keinen eigenen Stil haben und vorgefertigte Scripts benutzen (Anmerkung der Redaktion).


Foto: Horse Art

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Tegel n e f a h g u l F elegte g l l i t s d l a b e große r n i e De r ü f n e g edingun B e l a e d i e t bö . Pferdeherde


Im lässigen Trab zur phantastischen Stadt

D

ie Stadt ist nicht nur Akkumulation von Gebäuden, Menschen und Institutionen, sondern auch ein Gefühlsraum. Der Essayist Jonathan Raban schreibt: »Die Stadt, wie wir sie wahrnehmen, die weiche Stadt der Illusionen, Mythen, Hoffnungen, Alpträume, ist so wirklich wie, vielleicht sogar wirklicher als die harte Stadt, die man auf Karten, in Statistiken, in Monographien zur Stadtsoziologie und Demographie oder Architektur finden kann.« Die Empfindungen, die Stadtbewohner gegenüber der Stadt haben, sind genauso zentral für das, was Stadt ausmacht, wie die gebaute Umwelt, die Infrastruktur oder Statistiken. Wie wir die Stadt subjektiv erfahren und erfühlen, ist konstitutiver Bestandteil der Stadt, ist Ausgangspunkt des urbanen Alltags. Das heißt, neben den ‚harten Fakten’ prägen weiche Faktoren maßgeblich den städtischen Alltag – Faktoren, so weich wie eine Pferdenase.

Text: Rosinante

Hippophilie und die Ästhetik des Stadtraums HorseArt besteht seit 2007 aus einigen Dutzend Anhängerinnen und Anhängern aus Kunst, Handwerk, Aktivismus, Akademie, Anthropologie und Tagelohn in Berlin. Die Leute bewegen sich »Back-to-the-hooves« und bereiten die Rückkehr der Pferde in die Stadt vor. HorseArt feiert alles Pferdische quer durch Medien, Felder, Stile und Genres und bedient sich unterschiedlichster Ausdrucksformen wie urbaner Intervention, Happenings, Graffiti, Forschung und Theorie oder Adbusting. Pferde können, müssen aber nicht leiblich anwesend sein. Wie es auch die legendäre “Horses”-LP von Patti Smith tut, folgt man der versteckten Hippophilie der Künstlergruppe Situationistische Internationale. HorseArt propagiert eine natürliche, soziale, umweltbewusste, nostalgische, feministische und der Schönheit verpflichtete Stadt. Als Auftaktveranstaltung zur Ausstellung Pferd-Kultur-Niedersachsen in der Niedersächsischen Staats- und Landesbibliothek Göttingen führte HorseArt im August 2010 einen Wahrnehmungsspaziergang mit Pferd durch – einen Versuch, die

Stadt mit den Sinnen des Tieres wahrzunehmen. Der Wahrnehmungsspaziergang ist eine Methode der Stadtethnologie, um die Gefühlsqualitäten der Umwelt zu ermitteln. Er erkundet den Zusammenhang zwischen der Gestalt der Umwelt und dem Verhalten ihrer Bewohner. Die Ethnografin oder der Ethnograf hängt dabei mit einer oder mehreren Personen in der Stadt herum und notiert Empfindungen und Gefühle. Es ist eine ästhetische Annäherung an den Stadtraum, die sich auf künstlerische Strategien des „dérive“ bezieht, das gezielt ungezielte Herzumziehen, das die Situationisten in den 1950ern praktizierten. Der Wahrnehmungsspaziergang brachte das Gegenteil des Erwarteten zutage: Grün ist für ein Pferd nicht automatisch angenehm. Es stört sich nicht an Blech und bevorzugt die Weite. Denn entlang der Hauptstraße verhielt es sich erstaunlich entspannt, während es in einer Parkanlage mit dichtem Baumbestand scheute es könnte ja ein Angreifer lauern. Gegen die Knatter-Kisten hatte das Pferd nichts.

Objektive und subjektive Erwägungen Die phantastische Stadt der Pferde sieht anders aus, als Bourgeoisie, Technologie-Freaks und Hipster sich die grüne Stadtutopie ausmalen: Es ist nicht angesagt, den alten Stadtkern zu romantisieren. Die Kutschen, die zunehmend die Stadtkerne bevölkern, sollten aus ihm verbannt werden, da die Uneinsichtigkeit der schmalen Gassen die Tiere quält. Die alten Stadtkerne sollten lieber motorisiert als musealisiert werden, aus hippologischer Sicht haben sie rein ökonomische Bedeutung. Windräder, Biodiesel und Erdgas-Autos werden aus derselben Überlegung als Sackgassen angesehen. Nicht nur, weil Vögel in den Turbinen sterben und Raps-Öl-Anbau Monokultur erzeugt, sondern weil die Revolution in den Städten nicht auf technologischen Neuerungen basiert, sondern allein auf der Macht der Phantasie. Nicht-asphaltierte Straßen sind aus objektiven Erwägungen überlebensnotwendig, da in ihnen die Hufe versinken und die Sehnen geschont werden – ein Stadtpferd, das zu lange auf Asphalt trabt, kann bald nicht mehr laufen und ist reif für das Schlachthaus. Eine Begrünung der Straßen, Plätze und Freiflächen durch Urban Gardening hingegen ist aus subjektiven Erwägungen notwendig, sollte aber aus hippologischer Sicht nicht mit der Revolution in den Städten verwechselt werden oder nur insofern, als sie die Phantasie beflügeln und somit die Rückkehr der Pferde begünstigen. Über eine weite Fläche wie den Alexanderplatz in Berlin zu traben, wäre also für das Tier angenehmer als der Gang durch enge Gassen wie die Sophienstraße im Scheunenviertel. Das weit gebaute und deshalb für Pferde recht angstfreie Berlin bietet viele solcher Zonen. Der bald stillgelegte Flughafen Tegel böte ideale Bedingen für eine große Pferdeherde. Der nächste Schritt bestünde darin, auf den Hauptverkehrsadern den Boden für Reitwege aufzureißen und die Pferde der Touristenkutschen am Brandenburger Tor umzuleiten. Die KarlMarx-Allee oder den Kottbusser Damm entlang zu traben kann dann zu ungewohnten Erfahrungen führen. Unter dem Pflaster liegt der Strand.


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... SO UND WER BRINGT JETZT DEN MÜLL WEG? Eine selten gern gehörte Frage. Kommt auch meistens am Ende. Das nervt besonders auf Festivals. Das Festival und der Müll: möRRR räumt auf.

„Ein Festival ist eine temporäre Urbanität unter Druckbedingungen. Da werden für drei Tage auf der grünen Wiese Gemeinschaften aufgebaut von 30–120 K Menschen, die fernab von jeder Infrastruktur gemeinsam etwas erleben wollen. Damit kommen natürlich gewisse Herausforderungen: Energieversorgung, Wasser, Müll, Infrastruktur für Mobilität …“ Grüne Lösungen für genau solche Herausforderungen findet die Green Music Initiative. Das ein Think Tank für die Musik- und Entertainment-Branche, der den Wandel zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell beschleunigt. Die Green Music Initiative ist aktiv in 27 verschiedenen europäischen Ländern und arbeitet zusammen mit Festivals, mit Clubs, mit Künstlern, mit Managern, mit Verlagen und Plattenfirmen, mit dem ganzen Sektor. Ihr Gründer ist Jacob Bilabel. „Abfall ist ein brenzliges Thema“, sagt er, und die ideale Lösung für die „temporären Urbanitäten“ auf diesem Gebiet ist wohl noch nicht gefunden: „Wenn du drei Tage etwas erleben willst, dann ist das letzte, was du haben willst, jemand, der rumgeht mit erhobenem Zeigefinder und sagt: ‚So mein Lieber, jetzt bitte hier Müll sammeln und lass doch mal da irgendwie das wegschmeißen.‘ Wir kommunizieren also streng genommen mit Menschen, die dafür zahlen, dass sie mal anders sein dürfen. Und das ist Teil der Erfahrung, auf einem Festival zu sein. Denn man geht da nicht hin, um man selbst zu bleiben, sondern du gehst auf ein Festival, um drei Tage Erfahrungen zu machen und nicht alltäg-

liche Dinge zu erleben. Und da muss man schlaue Wege finden. Wir haben zum Beispiel Experimente gemacht mit Müllpfand, wo du am Anfang einen Müllsack für beispielsweise 10 € kaufst und am Ende dann das Geld wieder bekommst, wenn du deinen vollen Müllsack wieder abgibst. Wenn du aber nach dem Festival aufwachst und dich dann völlig verkatert fragst, okay, soll ich jetzt noch mal Müll sammeln oder lasse ich die 10 € 10 € sein. Das hat uns gezeigt, das mit dem Müllpfand funktioniert also so mittelgut.“ Das Gesamtangebot, das die Green Music Initiative für Festivals neben Vorschlägen zu einer die Umwelt schonenden Mobilität für 60 K Menschen und zur Verfügbarmachung von Wasser anbietet, umfasst auch das Thema Sanitäranlagen, „wenn du nicht nur Dixie-Klos haben, sondern auch Kompost-Toiletten ausprobieren willst“, so Jacob. Leider gibt es davon noch viel zu wenige. „Die Kompost-Toiletten sind natürlich nicht so einfach wie so ein Chemie-Dixie. Das Festival in Glastonbury hatte dieses Jahr 600 Kompost Toiletten. Das Boom Festival in Portugal hat nur Kompost Toiletten. Da kommen 25 K Menschen hin. Ich weiß, dass das eine technische Innovation ist, die jetzt langsam kommt.“ Jetzt schon kann die möRRR den Preis für die besten KompostToiletten der deutschen Festivalsaison 2015 vergeben. Nach einer inoffiziellen Umfrage ist der eindeutige Sieger die Nation: Reibungslos funktionierende Wartung, verlässliche Sauberkeit und die Sägespäne vollbrachten Wunder der Geruchsbindung. ***

Die Green Music Initiative ist Teil des unabhängigen Think-Do-Tanks www.thema1.de, dessen Mitgründer Jacob Bilabel ist. Über Themen von sozialem Wandel über Zukunftsfähigkeit bis zu Alternativen des Handelns gibt es ein ausführliches Interview mit ihm von möRRR-Autor Peter C. Krell. Zu finden ist es auf www.moerrr.de

»STAY HUNGRY STAY FOOLISH« Stewart Brand, Whole Earth Catalog, 1971


Impressum möRRR #02, Winter 2015 Herausgeber Dietl & Gronwald c/o Franziska Gronwald Derfflingerstraße 19A, 10785 Berlin Chefredaktion Monika Dietl (V.i.s.d.P.) Redaktion Carla Schulte-Fischedick, Christine Heise, Sibylle Sterzer, Musikredaktion: Michel Schäumer Autoren Helge Birkelbach, Monika Dietl, MetaMind Evolution, Emiliano Feresin, Christine Heise, Maja Helene Kersting, Peter C. Krell, Julia Nickel, Marius Schäfer, Anja Schwanhäußer, Sibylle Sterzer, Sven von Thülen

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Art-Direction/Grafik Franziska Gronwald, franzidesign Illustrationen Isabel Schubert, Frollein Motte, Jacqueline Diaz Lopez, Martina Ern Comic Nele Brönner COVER „Der Schritt in die Zukunft“ Franziska Gronwald, franzidesign Druck Spree Druck Berlin GmbH

spree(druck Dieses Heft wurde klimaneutral produziert mit FSC zertifiziertem Material.

VERTRIEB Dinamix Wortschöpfung „möRRR“ mit freundlicher Genehmigung von Gunther Heise

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