DIE E E K T CH PAR T Ü O BL DE R ALA ANNOIDN SAN N M PARUS VA O I S MILKHE G U I LL LA NIODCPARAKNT
D I E P Y A R E N K Z I I LM A G F MAU E R F
TU UL
R
BE
AU
A SG
01
|0
9
3
€
MA NO AN RA V PA US G
S
MORE T HAN THIS | THERE IS NOTHING
I COULD FEEL AT THE TIME | THERE WAS NO WAY OF KNOWING | FALLEN
LEAVES IN THE NIGHT | WHO CAN SAY WHERE THEY’RE BLOWING | AS
FREE AS THE WIND | AND HOPEFULLY LEARNING | WHY THE SEA ON THE
TIDE | HAS NO WAY OF TURNING | MORE THAN THIS | TELL ME ONE THING
| MORE THAN THIS | THERE IS NOTHING | IT WAS FUN FOR A WHILE |
THERE WAS NO WAY OF KNOWING | LIKE DREAM IN THE NIGHT | WHO
CAN SAY WHERE WE’RE GOING | NO CARE IN THE WORLD | MAYBE I’M LE-
ARNING | WHY THE SEA ON THE TIDE | HAS NO WAY OF TURNING | MORE
THAN THIS | THERE IS NOTHING | MORE THAN THIS | TELL ME ONE THING
| MORE THAN THIS | THERE IS NOTHING
EDITORIAL
DEAR READER, NICHT NUR WENN DRAUSSEN DIE BLÄTTER FALLEN UND SICH DAS JAHR DEM ENDE ZUNEIGT, HEISST ES ABSCHIED ZU NEHMEN. AUCH DER FRÜHLING HAT SEINE MOMENTE DES BEDAUERNS: DAS BEWUSSTSEIN, DASS DIE BLÜTE DER ILLUSION HEFTIG, ABER KURZ SEIN WIRD. UNTER DIESER FÄRBUNG SPIEGELT SICH DIE ERSTE AUSGABE UNSERES FILMMAGAZINS WIEDER. IM ZENTRUM STEHEND DIE GESCHICHTE VON HARVEY MILK, JUST VERFILMT WORDEN VON GUS VAN SANT. EIN FILM, DER EBENDIESE GLEICHZEITIGKEIT VON BLÜTE UND VERGÄNGLICHKEIT VON DER ERSTEN MINUTE AN AUSSTRAHLT: WARM UND OPTIMISTISCH WIE DER FRÜHLING UND DOCH GEHÜLLT IN VORAUSEILENDES BEDAUERN. DAS SEIN KANN NUR NEBEN DEM NICHTS BESTEHEN. DIESER PHILOSOPHISCHE ANSATZ DER EXISTENZIALISTEN FÜHRT UNS IN RICHTUNG DES FILM NOIRS UND LÄSST UNS ALS ZWEITEN THEMENSCHWERPUNKT IN DIE TIEFEN DER WELT ALAIN RESNAIS EINTAUCHEN. FILM IST EIN MÄCHTIGES MEDIUM. ES IST IMSTANDE, SICH IN DEM MENSCHLICHEN BEWUSSTSEIN EINZUSCHREIBEN UND ZU EINEM TEIL SEINER ERINNERUNGEN ZU WERDEN. GUTE FILME SIND WIE TRÄUME, WIR WISSEN NICHT, OB WIR DIE DINGE SELBER ERLEBT HABEN, GETRÄUMT ODER NARRATIV ÜBER DAS MEDIUM FILM PROJEZIERT BEKAMEN. SOWOHL IN TRÄUMEN ALS AUCH BEI DER BETRACHTUNG VON FILMEN REFLEKTIEREN WIR UNSER SELBST AUF EINER NON-INTERAKTIVEN BASIS. WIR TRETEN UNTERBEWUSST AUS UNS HERAUS UND FORMEN UNSERE IDENTITÄT. KULTURARTEFAKTE VERWEBEN SICH MIT DER BIOGRAFIE DES BETRACHTERS UND SCHEINBARE ERINNERUNGEN WERDEN ZU EIGENEN. FILM UND TRAUM SPIELEN MIT DER REALITÄT UND FORMEN EINE WELT, IN DER DIE SUBJEKTIVITÄT UND DAS UNTERBEWUSSTSEIN DIE KONTROLLE ÜBERNEHMEN. EINE WELT DER REFLEKTION, DER SPIEGELUNG UND SUGGESTION UND ZUGLEICH DER VERSCHLÜSSELTEN KLARHEIT UND ABBILDUNG DER REALITÄT. ATMOSPHÄRISCHE GRUNDSTIMMUNGEN TRETEN HERVOR UND HÜLLEN SITUATIONEN IN EIN EIGENES DOMINANTES LICHT. IN DIESE LEICHT SURREAL ANMUTENDE WELT TAUCHT DAS RAPIDEYE MAGZINE AB. VIEL SPASS BEIM LESEN DIESER ERSTEN AUSGABE WÜNSCHT
DIE REDAKTION
1 SZENE - 3 MEINUNGEN SOFIA COPPOLA | JIM JARMUSCH | SPIKE JONZE ÜBER KUBRICKS EYES WIDE SHUT
44
INHALT
FILMSTARTS 05 | 02| BIS 19| 02| 09
154
DVD NEUERSCHEINUNGEN 05 | 02| BIS 19| 02| 09
KURZREZENSIONEN ADAM RESSURECTED | ROT WIE DER HIMMEL | THE INTERNATIONAL | ENDLICH WITWE
18 KURZFILM THE GIRL WHO SWALLOWED BEES
26 REQUISITE DIE ZIGARETTE
28 FILMPLAKAT HANS HILLMANN
32 ANIME WALTZ WITH BASHIR
34 ADAPTION TOM MC CARTHY | 8 1∕2 MILLIONEN
38 KULISSE METROPOLIS | FRITZ LANG
40
160
MILK INTERPRETATORISCHE EBENE DES NEUEN FILMS VON GUS VANSANT
52 INTERVIEW GUS VAN SANT
70 GETTING PERSONAL ÜBER DIE PERSON HARVEY MILK
76 MALA NOCHE DER ERSTE ERFOLG GUS VAN SANTS
94 GENRE FILM NOIR
112 DIVEN UND REGISSEURE DER EPOCHE DES FILMS NOIR
124 ALTE MEISTER ALAIN RESNAIS | LETZTES JAHR IN MARIENBAD
138 STÜRZE AB UND WERDE | EXISTENZIALISTISCHE SICHT DER SERIE LOST
144
ADAM RESURRECTED ENFIN VEUVE THE INTERNATIONAL ROT WIE DER HIMMEL THE GIRL WHO SWALLOWED BEES
SHORT STORI ES WALTZ WITH BASHIR METROPOLIS DIE CINEASTISCHE BEDEUTUNG DER ZIGARETTE HANS HILLMANN
SHORT STORIES
ADAM RESSURECTED
EIN LEBEN FUER EIN LEBEN
In einer Einrichtung mitten in der Wüste Israels leben fast ausschließlich Überlebende des Holocausts. Unter ihnen ist der ehemalige Varietestar Adam Stein, der einst von dem Nazi Klein verschont wurde, während seine Familie in einem Konzentrations Lager getötet wurde. Er musste fortan als Kleins Hund leben. In dem Institut trifft er auf einen kleinen Jungen, der ebenfalls wie ein Hund erzogen worden ist. Der Wahnsinn endete nicht 1945. Kaum eine Zeit ist historisch derart gut analysiert, wie die zwölf Jahre der NS-Diktatur. Und über kaum ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, dem Holocaust, den Genozid am jüdischen Volk, ist dermaßen viel publiziert worden. Kaum thematisiert wurde hingegen das Leid der Überlebenden. Die Traumata, welche diese Menschen ein Leben lang in sich trugen und bis ins Grab mitnahmen. Ein Leben für ein Leben ist ein verstörendes Meisterwerk, das bis an den Grund des Schmerzes führt. Ein surrealer Aufschrei gegen das Vergessen - abgründig und zutiefst bewegend. Holocaust oder Shoah, wie
TEXT: DIMITRIOS ATHANASSIOU | BILD: 3L
CAST: JEFF GOLDBLUM (ADAM STEIN), WILLEM DAFOE (COMMANDANT KLEIN), JOACHIM KROL (WOLFOWITZ), MORITZ BLEIBTREU (JOSEPH GRACCI), DEREK JACOBI (DR. NATHAN GROSS), AYELET JULY ZURER (GINA GREY), JULIANE KÖHLER (PENSIONSWIRTIN)
REGIE: PAUL SCHRADER DREHBUCH: NOAH STOLLMANN GENRE: DRAMA LAND: DEUTSCHLAND, USA, ISRAEL PREMIERE: 30. AUGUST 2008 (FESTIVAL, USA) DT.START: 19. FEBRUAR 2009 FSK: NICHT BEKANNT LÄNGE: 102 MIN
dieses unbegreifliche Grauen seit 1948 in Israel genannt wird, sind nur Worte und können die Dimension der Barbarei und Unmenschlichkeit nicht in Ansatz widerspiegeln. Ganz gleich wie viele Filme gedreht, Dokumentationen gesendet und Texte geschrieben wer-
18
den - es kann kein Begreifen geben. Dieses Universum aus Schmerz, Tragik und unendlichem Leid endete für die Geschichtsschreibung 1945 mit dem Untergang des Dritten Reiches. Sechs Millionen Juden waren bis dahin diesem Wahnsinn zum Opfer gefallen. Für
what s new
die Überlebenden endete nichts. Sie trugen all den Schmerz, das Leid und den Irrsinn, der ihnen widerfahren war in sich und mussten damit leben - so gut es eben ging. Ein Leben für ein Leben ist kein Holocaust-Drama im eigentlichen Sinn: basierend auf dem 1969 erschienenen Roman von Yoram Kaniuk mit dem deutschen Titel: Adam Hundesohn, der in Israel lange sehr umstritten war und heute als Meisterwerk unter den modernen Klassikern gilt, zeichnet Regisseur Paul Schrader (American Gigolo, Mishima, Der Gejagte) ein Bild vom Wahnsinn danach und dem Weg zurück ins Leben. Mitten in der Wüste, Ende der 50er Jahre, in einer imaginären psychiatrischen Heilanstalt, die an Einer flog übers Kuckucksnest erinnert, ringen einige Überlebenden des Holocausts mit ihren Traumata. Das Absonderliche hat vielfältige Erscheinungen: Einer der Insassen fegt unaufhörlich ohne Besen, eine andere hat den Arm ewig zum Hitlergruß erhoben. Und Adam Stein (Jeff Goldblum), einstmals in den 20er und bis Anfang der 30er Jahre gefeierter Varietestar: Magier, Musiker, Medium - begnadeter Entertainer und ehemals Ehemann sowie liebender Vater, scheint der König in dieser Menagerie zu sein. Dank seines überirdischen Charismas und seiner Gabe in die Herzen der Menschen schauen zu können, ist er Ansprechpartner für alle. Seinen eigenen Schmerz ergründet er aber nicht, und die Bemühungen der Ärzte prallen an seiner Intelligenz ab. Das Grauen, das er erleiden musste geht über jede Vorstellungskraft hinaus: Einstmals rettete er einem jungen Mann in einer seiner Shows das Leben. Zehn Jahre später wurde er zusammen mit seiner Familie deportiert. Kommandant Klein (Willem Dafoe), der das Lager leitete, zu dem man sie brachte, war der Mann dem Adam einstmals das Leben rettete. Klein erinnerte sich und bedankte sich auf seine Weise: Er hielt sich Adam fortan als Hund. Stets musste er auf allen vieren laufen und ihn unterhalten. Adam machte das alles mit - nicht
um die eigene Haut zu retten. Er hoffte Klein wohlwollend zu stimmen, damit der seine Familie rettet. Der Sadist hielt aber nichts als Grausamkeit bereit. Jahre später hat Adam das alles tief in sich vergraben. Als ein neuer Patient in die Anstalt kommt, ein Junge der sich für einen Hund hält, kommen die Erinnerungen hoch. Von den Ärzten aufgegeben, gelingt es Adam als einzigem eine Beziehung zu dem Jungen aufzubauen. Gemeinsam machen sie sich auf zur Heilung. Es ist eine irre Reise; nichtlinear erzählt, mit oft durchbrochenem Plot, Rückblenden und Traumsequenzen. Dem Zuschauer wird keine leichte Kost serviert, und vieles nimmt zunächst nur das Unterbewusstsein auf, da sich
19
die Aufmerksamkeit müht, aus diesem Mosaik von Splittern ein sinnvolles Bild zusammenzusetzen. Ein surrealer Trip voll schwarzem Humor, der die vordergründige Handlung erträglich macht. Was darunter liegt ist derart schmerzvoll, dass es ungefiltert, ohne clowneske Komik, einem die Seele zerreisen könnte. Und Stunden später fluten doch die Eindrücke aus den Tiefen des Ichs ins Bewusstsein und lassen die Tränen in die Augen schießen. Der Leib bebt und ein Zittern stellt sich ein, das so schnell nicht aufhören will. Ein Leben für ein Leben verstört, berührt, ergreift und lässt verändert zurück.
SHORT STORIES
ENFIN VEUVE
TEXT: JUDITH SCHACHT | BILD: ALAMODE
ENDLICH WITWE
REGIE: ISABELLE MERGAULT DREHBUCH: ISABELLE MERGAULT GENRE: TRAGIKKOMÖDIE LAND: FRANKREICH PREMIERE: 30. AUGUST 2008 (FESTIVAL, USA) DT.START: 05. FEBRUAR 2009 FSK: AB 12 JAHREN CAST: MICHELE LAROQUE (ANNE-MARIE GRATIGNY), LÄNGE: 97 MIN JACQUES GAMBLIN (LEO LABAUME), WLADIMIR YORDANOFF (GILBERT GRATIGNY), TOM MORTON (CHRISTOPHE GRATIGNY), VALERIE MAIRESSE (NICOLE), CLAIRE NADEAU (VIVIANE), EVA DARLAN (CATHERINE), AGNES BOURY (MADAME JOBERT)
terscheidet vom Laien: das Unerwartete, das ihm zum Markenzeichen wird. Dieses Gewisse etwas fehlt bei Endlich Witwe. Manchmal scheint es greifbar: einige Dialoge haben Rhythmus und gewinnen an Fahrt (z. B. die Gespräche im Dorfcafé, um die Bootsbauer herum). Aber es bleibt ein Aufblitzen. Das Potential mancher Nebenfiguren und -themen scheint nicht ausgeschöpft. Stattdessen beschränkt sich die Regisseurin auf ihre Hauptidee und spielt diese in allen denkbaren Variationen durch. Einen Moment lang wird man dem als Zuschauer überdrüssig, aber noch rechtzeitig gelingt Mergault der Absprung und sei leitet das Finale ein. Alles in allem braucht sich Isabelle Mergault mit ihrem zweiten Film nicht zu verstecken. Es ist eine solides und gut inszeniertes Werk. Dass Mergault noch mehr kann, weiß man von Sie Sind Ein Schöner Mann. Deshalb kann man schon gespannt sein auf ihren dritten Film.
»Et si tu n‘existais pas…« Diese bekannte Schlagerzeile interpretiert die »werdende Witwe« des Films Anne Marie Gratigny in der Eingangsszene des Films, und dies mehr schlecht als recht, während sie über den Strand joggt. Noch nicht einmal ein ganzer Satz, enthält er doch das ganze Grundthema des Films: »Wenn Du nicht existieren würdest«, und um dieses »Wenn« rankt sich die Probe, der sich die zukünftige Witwe stellen muss. Als sie sich zu einem neuen Leben mit dem Geliebten durchringt, und sie nicht weiß, wie sie diese Tatsache ihrem Mann unterbreiten kann, kommt Anne-Marie der Zufall zur Hilfe. Alle bekanntermaßen nötigen Zutaten, die man braucht, um leicht zu unterhalten und zum Schmunzeln zu bringen, sind vorhanden. Aber einen Meisterkoch un-
20
what s new
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: SONY PICTURES
CAPITALISM RULES
THE INTERNATIONAL REGIE: TOM TYKWER DREHBUCH: ERIC WARREN SINGER GENRE: THRILLER / DRAMA LAND: USA / D / GB PREMIERE: 03. FEBRUAR 2008 (BERLINALE) DT.START: 12. FEBRUAR 2009 FSK: AB 16 JAHREN LÄNGE: 118 MIN
CAST: CLIVE OWEN (LOUIS SALINGER), NAOMI WATTS (ELEANOR WHITMAN), ARMIN MÜLLER-STAHL (WILHELM WEXLER), ULRICH THOMSEN (JONAS SKARSSEN), BRIAN F. O BYRNE (DER BERATER), REMY AUBERJONOIS (SAM PURVITZ), TY JONES (ELI CASSEL), AXEL MILBERG (KLAUS DIEMER)
21
The International, der Eröffnungsfilm der Berlinale 2009, wurde mit Spannung erwartet. Zum einen interessierte uns natürlich „Tom Tykwers neuer Film“, in erster Linie wollten wir aber doch den fabelhaften Clive Owen sehen, der die Hauptrolle des Agenten Salinger spielt. Was folgt sind Meetings mit diversen Anzugträgern, die in den Fall involviert sind, einige tauchen später als Leichen wieder auf. Bei seinen Ermittlungen wird Salinger von der New Yorker Staatsanwältin Eleanor Whitman (Naomi Watts) unterstützt, die einem aber genausowenig im Gedächtnis bleibt. Was wohl niemand so schnell vergessen wird ist das Herzstück des Film, ein set piece einer Schießerei, die sich im nachgebauten Guggenheim Museum abspielt. Da fließt das Blut und splittert das Glas, da sorgt ein Handy für einen dringend nötigen Lacher. Eine lange Szene, die keinen Moment zu lange dauert. Dass unser erklärter Bad Guy dabei eine unsinnige Entscheidung trifft, die den nächsten Plotpunkt vorhersehbar macht, fällt dabei nicht in‘s Gewicht. Unangenehm fiel auf, dass ein Mann im Todessturz fällt und fällt und dann blinzelt die Kamera und voilá, ein kurzer Ruck und dann liegt er auch schon auf dem Boden. Hatte die Cutterin mal eben geniest, als sie den Fall zusammenschnitt? Egal, die Szene ist trotzdem das, worüber die Zuschauer reden. Banken gewinnen immer und haben Blut an den Händen - keine neue Erkenntnis. Selbst dass die anzugtragenden legitimen Zocker ab und an auf‘s falsche Pferd setzen bringt sie nicht, wie man gesehen hat, ins Armenhaus, sondern höchstens (eventuell) um den Jahresbonus. Multinationale dreckige Geschäfte, Blutgeld und Mord haben wir zuletzt in Ein Quantum Trost gesehen. Die Filme sind sich gar nicht so unähnlich - keiner von beiden überzeugt, keiner berührt, keiner hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Aktueller könnte der Drahtzieher nicht sein - als Repräsentant des Bösen fungiert eine internationale Bank.
SHORT STORIES
ROSSO COME IL CIELO
Die Toskana im Sommer 1971. Noch tollt der zehnjährige Mirco draußen unbeschwert mit seinen Freunden herum. Seine Neugier wird ihm zum Verhängnis: Als er das über dem Küchenschrank hängende Jagdgewehr seines Vaters in die Hände nehmen möchte, kippt der Stuhl, ein Schuss löst sich und trifft Mirco mitten ins Gesicht. Er verliert weitgehend sein Augenlicht, kann bis auf verschwommene Umrisse nichts mehr sehen. Damals bedeutete das nach italienischem Schulgesetz die Überstellung in eine Blindenschule. Mirco muss von seinen Eltern und den Schulkameraden Abschied nehmen. Das von der Kirche betriebene Blindeninternat Cassoni in Genua wird von einem verbitterten Direktor geleitet, der den Kindern jeden individuellen Freiraum und jede kreative Beschäftigung missgönnt. Gleich am ersten Tag legt sich Mirco mit seinem Mitschüler Valerio an, der im Internat den Ton angibt. Im gutmütigen Felice findet er aber auch den ersten Freund und in Francesca, der Tochter der Hausverwalterin, eine gute Freundin. Ein Hörbild im Radio über Melvilles Abenteuerroman „Moby Dick“ inspiriert ihn, eine Hausaufgabe über die Jahreszeiten als Toncollage herzustellen. Zu diesem Zweck entwendet er das Tonbandgerät der Schule und
CAST: FRANCESCO CAMPOBASSO (DAVIDE), LUCA CAPRIOTTI (ETTORE), SIMONE COLOMBARI (PADRE), ALESSANDRO FIORI (MARIO), SIMONE GULLI (FELICE), ANDREA GUSSONI (VALERIO), MICHELE IORIO (GIACOMO), PATRIZIA LA FONTE (SUOR SANTA), NORMAN MOZZATO (SCHULDIREKTOR),
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: ALPHA MEDIENKONTOR
REGIE: CHRISTIANO BORTONE DREHBUCH: PAOLO SASSANELLI GENRE: DRAMA LAND: ITALIEN PREMIERE: 30. AUGUST 2008 (FESTIVAL, USA) DT.START: 19. FEBRUAR 2009 FSK: AB 6 JAHREN LÄNGE: 96 MIN
ROT WIE DER HIMMEL
ein bespieltes Unterrichtsband. Dafür wird er vom Direktor hart bestraft. Don Guilio, ein wirklich auf das Wohl der Kinder bedachter Lehrer, erkennt jedoch Mircos außergewöhnliches Talent und schenkt ihm ein Tonbandgerät unter der Bedingung, dass sich der Junge nicht länger weigert, die Blindenschrift Braille zu erlernen. Zusammen mit
22
Francesca und Klassenkameraden, die er für seine Idee begeistert, macht sich Mirco nun an die Vertonung eines Märchenstücks. Der Direktor verweist ihn daraufhin von der Schule. In Don Giulio findet er jedoch einen starken Fürsprecher und in einigen Studenten, die gegen den restriktiven pädagogischen Erziehungsstil des Direktors öffentlich
what s new
protestieren, wichtige Verbündete. In Anwesenheit der eingeladenen Eltern der Schüler wird das Stück auf einer Schulfeier aufgeführt. Diese erkennen nun buchstäblich mit verbundenen Augen, dass in ihren Kindern weitaus mehr Potenzial schlummert, als ihnen in jenen Jahren allgemein zugetraut wurde. Wie ist der Film gemacht? „Rot wie der Himmel“ heißt der Film nach einer Beschreibung der Farben, die Mirco für seinen von Geburt an blinden Freund Felice gibt. Er entstand nach den Kindheitserinnerungen von Mirco Mencacci, der im Alter von zehn Jahren sein Augenlicht verlor und später einer der bekanntesten Tontechniker des italienischen Films wurde. Der Film von Cristiano Bortone ist in seinen Bildern ruhig und sensibel inszeniert, weitgehend aus der Sicht der Kinder erzählt. Als sich beispielsweise Mirco unter dem Bett versteckt, um der Strafe des Direktors zu entgehen, ist die Kamera unmittelbar bei ihm am Boden. Sie bleibt auch dort, als Schritte und die Stimme von Don Guilio zu hören sind, der Mirco ein Geschenk macht und einen Handel vorschlägt. Eine subjektive Kamera zeigt mehrfach Mircos eigene Wahrnehmung seiner Umwelt in stark verschwommenen Bildern, etwa wenn er seine Eltern aus dem Fenster beim Abschied beobachtet
und sie für ihn nur schemenhaft durch ihre Bewegung zu erkennen sind. Im Gegenschnitt zu ihnen werden die unterschiedlichen Wahrnehmungsformen zwischen Sehenden und Blinden besonders deutlich. An anderer Stelle relativiert sich das gängige Vorurteil, das Kino wäre nichts für Blinde. Bei einem heimlichen Kinobesuch, den Mirco mit seinen Freunden und Francesca unternimmt, entdecken die blinden Kinder gerade im Kino ein Stück Freiheit und Lebensfreude wieder. Schließlich wird auf der akustischen Ebene für Kinder besonders anschaulich die eigenständige Sinnesqualität des Tons vermittelt. Mircos fantasievoller Umgang mit Tönen und Geräuschen, sein Talent, unscheinbaren Gegenständen des Alltags überraschende, naturechte Geräusche zu entlocken und bestimmte Assoziati-
23
onen und Gefühle hervorzurufen, gibt Anlass zum Schmunzeln und Staunen. Und wenn die Kinder auf diese Weise ein ganzes Märchen intonieren, ist dies sehr beeindruckend.Was ist das Besondere an diesem Film? So wichtig gerade in unserer visuell geprägten Zeit das Sehen und die Bilder auch sein mögen, verdeutlicht der Film auf faszinierende Weise, dass der Mensch seine Umwelt nicht nur über den Sehsinn wahrnimmt, sondern auch andere Sinne wie der Hörsinn, der Tastsinn oder der Geruchssinn ihre besonderen Qualitäten haben. Und der Film zeigt auch, dass jeder Mensch besondere Fähigkeiten hat, aber das Glück und vor allem den Mut haben muss, diese auch weiter zu entwickeln und sie gegen äußere Widerstände zu bewahren.
zu wort
A
AN D
SO GE
BSOLU ANDRE
BRET
ERSTES MANIFEST DES SURREALISMUS
SHORT STORIES
ICH GLAUBE
DIE KÜNFTIGE AUFLÖSUNG DIESER SCHEINBAR
EGENSÄTZLICHEN ZUSTÄNDE VON TRAUM UND
UTER
TON
R
WIRKLICHKEIT IN EINER ART
EALITÄT
TEXT: PAUL MC DERMOTT | ILLUSTRATION: MONIQUE VOIGT
kurzfilm
26
SHORT STORIES
THE GIRL WHO SWALLOWED BEES DAS MÄDCHEN DAS BIENEN SCHLUCKTE THERE WAS A GIRL IN CONSTANT PAIN, WHOS STOMACH CHURNED AND CHURNED THROUGH IN HER LIFE, SHE NEVER FOUND THE PEACE FOR WHICH SHE YEARNED,
KURZBIOGRAFIE PAUL MC DERMOTT: GEBOREN AM 13.5.1962 IN ADELAIDE, AUSTRALIEN. STUDIERTE VON 1982 BIS 1985 AN DER KUNSTHOCHSCHULE IN CANBERRA. DANACH TRAT ER MIT DEM AUSTRALISCHEN KOMIKERTRIO DAAS AUF, DESSEN AUTOR ER WURDE. NACH TV SHOWS UND TOURNEEN DURCH AUSTRALIEN, EUROPA UND NORDAMERIKA SCHRIEB ER 1995 DAS MUSICAL „MOSH“, IN DEM ER AUCH AUFTRAT. ER ARBEITET ALS BÜHNENAUTOR, SCHAUSPIELER, KOLUMNIST UND KURZFILMREGISSEUR.
REGIE: PAUL MC DERMOTT DREHBUCH: PAUL MC DERMOTT GENRE: TRAGIKKOMÖDIE LAND: AUSTRALIEN CAST: PIA MIRANDA (GIRL), HUGO WEAVING (SPRECHER) LÄNGE: 9 MIN PREMIERE: 05. FEBRUAR 2009
So she commit to end it all, to make a fatal pact, from which there was no way out and never turning back. For this girl was more and bitter, she was bitter through and through, but what exactly made her bitter, no one really knew. To think these thoughts of suicide at such a tender age, who would have thought a girl of ten would be so damned depreved. The end must be dramatic to let everybody know, that although they loved her dearly,she really had to go. She filled her waking hours with thoughts of her demise and some of them were so pervers even she felt some surprise. Maybe something with a piece of rope or a sharp kitchen knife, there are more of a thousand ways to end a bitter life. Maybe tumbling down some stairs or the stuff that kills the rats, or going to the medicine cabinets and swallow some of that. Perhaps a tragic accident or a lifethreatening disease, but in the end, she thought it was best to simply swallow bees. She wandered down into the woods where bees are sat to hide, and on the brunch of an oak tree she found them in their hive. She swallowed half a duzend bees, then half a duzend more, she may have swallowed thousands, she was never really sure.They tang-
27
led in her raven hair and in her grey school coat, she let them crawl around her mouth and travel down her throat. They swarmed around her thorax and from where they had begun, they travelled around her spine and splin and began to fill her lungs. She felt them beneath her eyes and crawling underneath her skin, she wouldn t have to wait to long to feel that deadly sting. And when she had her fill of bees, she waited in the woods, she waited for the end to come, does like she knew it would. She heard that black bees buzzing, immediate to that craft, and she waited there to pass away until the sky turned dark. But when the sun relight the sky with brilliant bands of red, she was quite releaved to find that she was not yet dead. Something strange had happened something curious had transpired, not only was she not yet dead, she felt good to be alive.
SHORT STORIES
REQUISITE DIE ZIGARETTE
TEXT: PAUL MC DERMOTT | BILD: PANDORA VERLEIH
SEIT SEINER FRÜHESTEN ZEIT HAT DER FILM DAS MOTIV DER ZIGARETTE UND DER RAUCHSCHWADEN IMMER WIEDER DARGESTELLT UND MYTHISIERT.
28
requisite
SICHTBAR, WIE SEHR DIE FILMISCHE VERWENDUNG DER ZIGARETTE EBENSO ZEITGEIST UND MORALISCHE ODER ÄSTHETISCHE ANSICHTEN SPIEGELT
ABOUT DE SOUFFLE | AUSSER ATEM
LAND: FRANKREICH 1959 | REGIE: JEAN-LUC GODARD | CAST: JEAN-PAUL BELMONDO, JEAN SEBERG | LÄNGE: 88 MIN Die Geschichte vom kleinen Gauner Michel (Jean-Paul Belmondo) und seiner verführerisch-kindlich rauchenden Geliebten Patricia (Jean Seberg) Die Rolle des Michel ist selbst eine Hommage an Hollywoods „B-Filme“ und Humphrey Bogart, dessen Art des Sprechens, des Bewegens und Rauchens Belmondo mal imitiert, mal übernimmt.
EASY RIDER
LAND: USA 1969 | REGIE: DENNIS HOPPER | CAST: PETER FONDA, JACK NICHOLSON, DENNIS HOPPER | LÄNGE: 95 MIN Eines der bedeutendsten Roadmovies, in dem sich Rebellion und Befreiungsdrang der Zeit, dargestellt unter anderem durch Motorräder und Joints, beispielhaft artikulieren. Und die Zigarette als ultimatives Stilmittel des Freiheitsgefühls.
DER BLAUE ENGEL
LAND: DEUTSCHLAND 1930 | REGIE: JOSEF V STERNBERG | CAST: MARLENE DIETRICH, EMIL JANNINGS | LÄNGE: 108 MIN In ihrer ersten großen Kinorolle spielt die Dietrich eine Verführerin, deren maskuline Kleidung und Zigaretten neben der sexuellen Komponente auch auf die neue starke Stellung der Frau in der Weimarer Republik verweisen.
GIANT | GIGANTEN
LAND: USA 1956 | REGIE: GEORG STEVENS | CAST: JAMES DEAN, ELIZABETH TAYLOR | LÄNGE: 201 MIN In den 1950er Jahren kommt dem Rauchen oftmals die Funktion eines Symbols der Auflehnung zu, so in den Filmen James Deans. Eine der bedeutenden, kritischen Selbstdarstellungen der USA im Film – menschlich und atmosphärisch überaus glaubwürdig.
WARNUNG VOR EINER HEILIGEN NUTTE
LAND: BRD 1970 | REGIE: RAINER FASSBINDER | CAST: EDDIE CONSTANTINE, HANNA SCHYGULLA | LÄNGE: 103 MIN Die Zigarette betont dabei die eigenen Seinszustände, die von Langeweile und Gleichgültigkeit bis hin zu Aggression und Verzweiflung reichen. Im europäischen Kino der 1970er und 1980er Jahre ist das Rauchen Begleiter seiner Existenzkrisen und Identitätsverluste durchleidenden Figuren
CASABLANCA
LAND: USA 1942 | REGIE: MICHAEL CURTIZ | CAST: HUMPHREY BOGART, INGRID BERGMAN | LÄNGE: 102 MIN Ganz bewusst wird durch den Zigarettenrauch, dem Bogart nicht zuletzt seinen Mythos verdankt, eine Aura der Gefährdung und des Geheimnisvollen, aber auch der Tristesse erzeugt. Auch der neben Bogart zweitgrößte Raucher der Filmgeschichte, Peter Lorre, ist qualmend im Film zu sehen
29
SHORT STORIES
Oh! the days are gone when Beauty bright My heart’s chain wove, When my dream of life from morn till night Was love, still love. New hope may bloom, And days may come Of milder, calmer beam, But there’s nothing half so sweet in life As love’s young dream: No, there’s nothing half so sweet in life As love’s young dream. Tho’ the bard to purer fame may soar, When wild youth’s past; Tho’ he win the wise, who frown’d before, To smile at last; He’ll never meet A joy so sweet, In all his noon of fame, As when first he sung to woman’s ear His soul-felt flame, And, at every close, she blush’d to hear The one lov’d name! No, that hallow’d form is ne’er forgot Which first love trac’d! Still it lingering haunts the greenest spot Of memory’s waste. ’Twas odour fled As soon as shed: ’Twas morning’s wingéd dream: ’Twas a light, that ne’er can shine again On life’s dull stream! Oh! ’twas light that ne’er can shine again On life’s dull stream!
30
lyrik
LOVE’S YOUNG DREAM BY
THOMAS MOORE 31
filmplakat
JULES ET JIM DREHBUCH: FRANCOIS TRUFFAUT GENRE: DRAMA/THRILLER LAND: FRANKREICH PREMIERE: 20.06.1961
32
SHORT STORIES
PLAKATIV
FILMPLAKATE VON HANS HILLMANN
LA MARIÉE ÉTAIT EN NOIR DREHBUCH: F. TRUFFAUT GENRE: DRAMA LAND: FRANKREICH/ITALIEN PREMIERE: 22.03.1968 33
filmplakat
ALEXIS SORBAS DREHBUCH: FRANCOIS TRUFFAUT GENRE: DRAMA/MYSTERY LAND: FRANKREICH/ITALIEN PREMIERE: 04.04.1969
BAISERS VOLES DREHBUCH: FRANCOIS TRUFFAUT GENRE: DRAMA/MYSTERY LAND: FRANKREICH/ITALIEN PREMIERE: 04.04.1969
BEWEGLICHE ZIELE DREHBUCH: POLLY PLATT, PETER BOGDANOVICH GENRE/ LAND: THRILLER/ USA PREMIERE: 04.11.1968
ACCIDENT DREHBUCH: HAROLD PINTER GENRE: DRAMA/MYSTERY LAND: FRANKREICH/ITALIEN PREMIERE: 04.04.1969
34
SHORT STORIES
35
TEXT: PAUL MC DERMOTT | BILD: PANDORA VERLEIH
SHORT STORIES
36
anime
VALS IM BASHIR
WALTZ WITH BASHIR INTO THE HORRORS OF THE 1982 LEBANON WAR
Bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes erntete die israelische Animations-Doku „Waltz With Bashir“ zehnminütige stehende Ovationen und euphorische Kritikerlobpreisungen. Der Film wurde von der deutschen Produktionsfirma Razor Film (Paradise Now) initiiert und erzählt in beeindruckenden Bildern, wie sich Regisseur Ari Folman bedächtig an die verdrängten traumatischen Erlebnisse seines Kriegseinsatzes im Libanon herantastet. 26 furchteinflößende, ausgemergelte Hunde rennen – von treibender Musik untermalt – durch eine Stadt, bis sie vor einem erleuchteten Fenster zum Stehen kommen und ein klagendes Geheul anstimmen. Von diesem immer wiederkehrenden Albtraum erzählt Boaz seinem Freund, dem Regisseur Ari Folman. Boaz ist sich sicher, dass der Traum in direktem Zusammenhang mit ihren gemeinsamen Kriegserlebnissen steht. Beiden Männern wird klar, dass sie sich nur noch schemenhaft an ihren Kriegseinsatz im Libanon im September des Jahres 1982 erinnern können, dass sie ihre Ängste und die schrecklichen Bilder von Tod und Elend längst verdrängt haben. Forman beschließt, sich mit den damaligen Vorkommnissen erneut auseinanderzusetzen und die Fragmente seines Erinnerungspuzzles wieder zusammenzusetzen. Mit jedem Gesprächspartner kommt ein weiteres Stück verdrängter Vergangenheit zurück und immer mehr wird sich Forman seiner Verbindung zum Massaker von Sabra und Shatila bewusst Wieder fielen Bomben auf Beirut, dieselben Straßennamen fielen bei Berichten über die Bombardements und wieder mussten Unschuldige ihr Leben lassen. Ausgehend vom Drang des Regisseurs, seine eigene – in den beruhigenden Nebel der Vergessenheit geratene – Vergangenheit aufzuarbeiten, entstand mit „Waltz With Bashir“ eine animierte, autobiographische Dokumentation, die sich mit dem Phänomen der Verdrängung, dem ersten Libanonkrieg im Allgemeinen und dem Massaker von Sabra und Shatile im Besonderen auseinandersetzt. 1982 marschierten die Israe-
37
REGIE: ARI FOLMAN DREHBUCH: ARI FOLMAN GENRE:DRAMA/TRICKFILM LAND: ISRAEL/FRANKREICH/DEUTSCHLAND ANIMATION: YONI GOODMAN FSK: AB 12 JAHREN LÄNGE: 90 MIN PREMIERE: 06.11.2008
lis in den Libanon ein und unterstützten Bashir Gemayel bei seiner Wahl zum Präsidenten. Wenige Wochen später wurde der christliche Präsident in Beirut erschossen, was Gemayels Anhängerschaft mit Racheakten quittierte. Basierend auf den von Regisseur Ari Folman geführten Gesprächen mit seinen Kriegskameraden breiten sich die Ereignisse im Libanon, sowie die Albträume, die sie seit den Tagen des Krieges heimsuchen, vor den Augen des Publikums aus. Dank der Untermalung mit typischem 80erJahre-Sound, gepaart mit neuen Songs wie „I Bombed Beirut Today“ (nach „I Bombed Korea Today“ von Cake) und einem sphärischen, klassisch anmutenden Hauptthema entwickeln die erinnerten Bilderwelten einen Sog, der zu fesseln und zu schockieren versteht.
SHORT STORIES
TEXT: PAUL MC DERMOTT | BILD: PANDORA VERLEIH
FILMOGRAFIE ARI FOLMAN 1991 | COMFORTABLY NUMB 1992 | SAINT CLARA 2000 | SATURDAYS AND HOLIDAYS 2001 | MADE IN ISRAEL 2001 | THE THIRD EYE 2004 | THE MATERIAL THAT LOVE IS 2005 | CHAPTER OF THE WEEK 2006 | IN THERAPY 2008 | WALTZ WITH BASHIR
38
anime
DIE SELTENE FORM EINES ANIMIERTEN DOKUMENTARFILMES
ZUR PRODUKTION
Am Anfang war die Recherche. Das Hauptkonzept bestand darin, ein einzelnes Ereignis aus dem Libanon-Krieg 1982 zu analysieren. Autor und Regisseur Ari Folman war damals ein junger Mann von 19 Jahren und Sergeant in der Infanterie der Israelischen Armee. Je länger die Recherche andauerte, umso mehr erkannte Folman, dass er ein persönliches Konzept erschaffen musste, um dem gefundenen Material eine Form zu geben, die sich für die Handlung eines Spielfilms eignen würde. Nach und nach bildete sich die Idee heraus, die Struktur des Films nach Aris persönlicher Geschichte zu gestalten – einer Geschichte, die in seiner Erinnerung nicht mehr vorhanden war. Das Ziel des Films würde sein, die verloren gegangene Erinnerung durch die Reisen zu den Menschen, mit denen er im Krieg gedient hatte, wiederzubeleben. Die seltene Form eines animierten Dokumentarfilms wurde in der Tat für Waltz with Bashir erfunden. Auf der Grundlage der Recherchen wurde zunächst ein vollständiges Drehbuch geschrieben. Dieses Drehbuch wurde in einem Studio auf Video verfilmt. Es beinhaltete Interviews mit den Figuren des Films und Dramatisierungen der Geschichten, die sie in den Interviews erzählten. Dies diente später den Animatoren als Vorlage für ihre akkurate Arbeit. Innerhalb von acht Monaten wurde der Film geschnitten. Nach Testvorführungen und Abnahme des fertigen Videofilms wurde an Hand der Videoversion ein detailliertes und präzises Storyboard erstellt. Aus den Zeichnungen des Storyboards wurde dann ein Videoboard erstellt – in der Fachsprache „Animatic“ genannt. Die Animatic wurde geschnitten und auf eine große Leinwand projiziert, um zu prüfen, ob das Thema des Films und die Essenz des Dramas den Vorgaben und Vorstellungen entsprachen. Nach Abnahme der Animatic entstanden daraus dann einzelne Illustrationen, die von führenden israelischen und ausländischen Illustratoren gezeichnet wurden. Die fertigen Illustrationen wurden schließlich animiert, und sie sind es, die Waltz with Bashir zur ersten animierten Dokumentation der Filmgeschichte machen. Dieser ganze Prozess ist eine wahrhaft anstrengende Sisyphos-Arbeit. Eine Animatic, auch Story Reel genannt, ist ein gefilmtes Storyboard. Dabei werden die Einzelbilder des Storyboards zusammengeschnitten und gegebenenfalls rudimentäre Dialoge und ein Soundtrack hinzugefügt. Damit kann zum einen geprüft werden, ob das Timing der Dramaturgie im fertigen Film stimmt, und zum anderen, ob Soundtrack und Film zusammen passen.
39
SHORT STORIES
YHTRACCM MOT
G N UL H E F P M E H C U B
LIM 8 NENOIL
ILLUSTRATION: MONIQUE VOIGT
1 2/
MLIF MI HCON RUN SE TBIG ETSEG EHCSITNEHTUA EID
tnalp ,emmargaiD tenhciez ,treigagne dnu treitsevni ,guzneßartS neznag nenie rhemleiv redo suaH nie tfuak dnu thcus rE -sapuzna negnulletsroV nenies tiekhcilkriW egissäsfua eid mu ,nereihcsramfua nenosreP nov lhaznU enie tssäl dnu efuälbA
DNU ,EFIELHCSSOLDNE NI ,NELUPSKCÜRUZ DNU -ROV ,NETLAHCSSUA DNU -NA MUZ TÄTILAER SLA RED ,GUNEG EIN TSI SE HCOD .NELLIW TÄTIZITNEHTUA RED SNLEKCIRP NEZRUK SENEJ MU RUN SEID LLA ELLORTNOK RESSUA TÄREG GNAWZSGNUREISILAER RED ,GITHCÜS THCAM FFOTS
40
adaption
TOM MCCARTHY
8
BUCHEMPFEHLUNG
1 /2
MIL LIONEN DIE AUTHENTISCHE GESTE GIBT ES NUR NOCH IM FILM
Er sucht und kauft ein Haus oder vielmehr einen ganzen Straßenzug, investiert und engagiert, zeichnet Diagramme, plant Abläufe und lässt eine Unzahl von Personen aufmarschieren, um die aufsässige Wirklichkeit seinen Vorstellungen anzupas-
ALS REALITÄT ZUM AN- UND AUSSCHALTEN, VOR- UND ZURÜCKSPULEN, IN ENDLOSSCHLEIFE, UND ALL DIES NUR UM JENES KURZEN PRICKELNS DER AUTHENTIZITÄT WILLEN. DOCH ES IST NIE GENUG, DER STOFF MACHT SÜCHTIG, DER REALISIERUNGSZWANG GERÄT AUSSER KONTROLLE
41
SHORT STORIES
42
kulisse
DIE KULISSE ZU METROPOLIS
DIE VERMESSUNG DER EIGENEN IMAGINATION DAS BILD ZEITLOSER INTERPRETATION 43
SHORT STORIES
44
kulisse
SIE LEBT FORT ALS PROTOTYP DER BESEELTEN MECHANIK, DESSEN DESIGN DIE VORSTELLUNG VOM ARTIFIZIELLEN BILD DES MENSCHEN AUF DAUER GEPRÄGT HAT.
TEXT: PAUL MC DERMOTT | BILD: PANDORA VERLEIH
Ungeachtet der enttäuschenden Einspielergebnisse und eher zurückhaltenden Kritiken setzte der Film technische und ästhetische Maßstäbe. Die Filmarchitekten Otto Hunte, Erich Kettelhut und Karl Vollbrecht sowie die Kameraleute Karl Freund und Günther Rittau schufen für die an materiellen Superlativen reiche Großproduktion einen stilbildenden Look, der zum festen Bestandteil der internationalen Filmsprache und -geschichte wurde. Über die Jahrzehnte hat sich das Design von „Metropolis“ sogar im visuellen Gedächtnis derer verankert, die den Film noch nie gesehen haben. Denn seit dem Erscheinen von „Metropolis“ hat sich die Medienproduktion immer wieder in Rückgriffen auf Langs Zukunftsvision geübt. Wo immer in einem Science-Fiction-Film die "Stadt der Zukunft" visualisiert wird, wird fast zwangsläufig die himmelgreifende "Oberwelt"-Architektur aus "Metropolis" bemüht. Bei Lang sind Bauten und Maschinen jedoch mehr als nur Kulisse, sie sind mit charakterähnlichen Eigenschaften versehene Bedeutungsträger. So fand der urbane Organismus Metropolis in den Großstadtgemälden des amerikanischen Film-Noir der 40er Jahre seine psychologisch und stilistisch konsequenten Nachfahren. Und später trieb die Fusion aus Science-Fiction und Noir in Ridley Scotts "Blade Runner" (1982) den an "Metropolis" gemahnenden Retro-Futurismus auf eine vorläufige Spitze. Metropolis, die Großstadt der Zukunft, ist zweigeteilt: während die Reichen auf der Oberfläche leben, müssen die Arbeiter unter der Erde hausen. Noch viel eindeutiger lässt sich natürlich der Einfluss des Roboters Maria nachzeichnen, dessen goldene Gestalt zu einer Ikone der Popkultur wurde. Kaum ein Bericht über Roboter, Maschinenmenschen und künstliche Intelligenzen verzichtet auf eine Illustration mit der Kunstfigur des Bildhauers Walter Schultze-Mittendorf – sie lebt fort als Prototyp der beseelten Mechanik, dessen Design die Vorstellung vom artifiziellen Ebenbild des Menschen auf Dauer geprägt hat.
METROPOLIS REGIE: FRITZ LANG DREHBUCH: THEA VON HARBOU GENRE: SCIENCE FICTION/DRAMA LAND: DEUTSCHLAND PREMIERE: 10.01.1927
45
SHORT STORIES
46
szene
MASKERADE STANLEY KUBRICKS EYES WIDE SHUT
1 SZENE 3 MEINUNGEN
TEXT: PAUL MC DERMOTT | BILD: PANDORA VERLEIH
IN JEDER AUSGABE NEHMEN SICH DREI REGISSEURE EIN INTENPRETATIONSWÜRDIGES KAPITEL EINES FILMKLASSIKERS VOR UND VOLLZIEHEN AN DIESEM IHRE GANZ EIGENE ANALYSE DER SZENERIE UND DEREN AUSTRAHLUNG AUF DAS GESAMTWERK. DIESES MAL AUS STANLEY KUBRICKS EYES WIDE SHUT, ANALYSIERT DURCH SPIKE JONZE, SOFIA COPPOLA UND JIM JARMUSCH.
47
SHORT STORIES
Eyes Wide Shut ist eine ins New York der Gegenwart gelegte Verfilmung von Arthur Schnitzlers Traumnovelle. Der New Yorker Arzt Bill Harford und seine Frau Alice besuchen die Weihnachtsparty des gemeinsamen Freundes Victor Ziegler, auf der beide mit anderen Partygästen flirten. Am Tag darauf kommt es zwischen den beiden zum Streit über Untreue und Eifersüchtigkeit. Alice gesteht ihrem Mann eine Affäre, derer wegen sie bereit gewesen wäre, alles aufzugeben. Schockiert entflieht der gutsituierte Arzt aus seinem New-Yorker Luxusappartement in die Nacht und begibt sich auf eine Odyssee der Verführung.
48
szene
REGIE: STANLEY KUBRICK DREHBUCH: STANLEY KUBRICK GENRE: DRAMA LAND: USA 1999 CAST: TOM CRUISE (DR WILLIAM HARFORD), NICOLE KIDMAN (ALICE HARFORD), SYDNEY POLLACK (VICTOR ZIEGLER) LÄNGE: 159 MIN PREMIERE: 09.09.2009
DIE BESTE MASKE DIE WIR TRAGEN IST UNSER EIGEN GESICHT
49
SHORT STORIES
SOFIA COPPOLA FILMOGRAFIE 1989 | NEW YORK STORIES 1998 | LICK THE STAR 1999 | THE VIRGIN SUICIDES 2003 | LOST IN TRANSLATION 2006 | MARIE ANTOINETTE Die in der heutigen Zeit aufgelegte natürliche Facette einer Person kann also als Projektionsfläche betrachtet werden, auf der sich die ureigensten Wünsche und Wertevorstellungen von innen heraus mit den je spezifischen Erwartungen und Bedingungen der Außenwelt vermischen. Man sollte erkennen, dass es eigentlich niemals möglich ist, das wirkliche »Ich« eines Menschen zu sehen. Stattdessen kann man nur das sehen, was nach außen dargestellt wird und anschließend interpretieren unter den gegebenen und sich ständig verändernden Bedingungen. Interessant
ist die Frage, wie Kubrick die Figuren während der Schlüsselszene konzipiert hat, in der sich Bill und Alice ihrer scheinhaften Existenz und deren Ausweglosigkeit bewusst werden. Kubrick hat seine eigentlich ganz pragmatische Antwort in der Negativität gefunden. Er lässt beide Figuren so bitterlich weinen, wie sie es vielleicht das letzte Mal nach ihrer Geburt getan haben. Gleich nachdem Bill sieht, dass Alice die Maske gefunden hat, möchte er ihr alles beichten. Die Konturlosigkeit dieses Charakters verlangt vom Zuschauer eine aktivere Teilnahme am Dargebotenen, weil er die Leerstellen und Freiräume der Reflexion großenteils selbst füllen muss. Bill wird gewissermaßen zum Stellvertreter, zur Maske des Zuschauers,er blickt und wir blicken mit ihm, doch die Einordnung des Geschauten bleibt allein uns überlassen Ein harter Schnitt konfrontiert uns mit Alices Reaktion auf das soeben Vernommene. Eine frontale Großaufnahme ihres verweinten Gesichts zeigt ihre tiefe Enttäuschung, als sei eine Welt für sie zusammengebrochen. Das einzige Mal ist Nicole Kidmann hier ohne jegliche Maske zu sehen. Man sieht weder etwas von ihrer Kleidung, noch hat sie eine Brille auf, ist geschminkt oder gar frisiert. Lange halten beide inne und die Frage, die im Raum steht, was nun zu tun sei, nachdem sie festgestellt haben, nicht Herr über ihr Unbewusstes werden zu können, wird nicht beantwortet.
DIE 3 MEINUNGEN
VOM INNEN UND AUSSEN DER BLICKE
50
JIM JARMUSCH FILMOGRAFIE 1980 | PERMANENT VACATION 1982 | STRANGER THAN PARADISE 1986 | DOWN BY LAW 1989 | MYSTERY TRAIN 1991 | NIGHT ON EARTH 1995 | DEAD MAN 1997 | YEAR OF THE HORSE 1999 | GHOST DOG 2002 | COFFEE AND CIGARETTES 2005 | BROKEN FLOWERS 2009 | THE LIMITS OF CONTROL Das Wesen einer Maske liegt offensichtlich nicht allein in ihrer Form, die dem Betrachter keinen freien Blick auf das wahre Gesicht des Trägers lässt, sondern auch in dem Grad der Veränderung des Trägers selbst, der sich durch die Verkleidung hindurch als ein Teil von ihr versteht (verstehen muss). Die Wirkung ist also ambivalent. Sie erschließt sich aus der Wahl der Perspektive. Zum einen sprechen Masken „über sich hinaus, da sie überbringen, was sie
szene
ausdrücken, und demnach durch sich über sich hinweg tragen, was aus ihnen zu lesen ist, oder genauer gesagt, gelesen werden soll. Masken dienen einer Fracht und sind dafür die Fracht: Was sie bedeuten, wird durch sie bedeutet; was sie alles sagen, wird durch sie ausgesagt. Was immer sie vermitteln, dies enthalten sie zuerst, doch zu dem Zweck, dass es sich erraten, erschlossen, von ihnen abgelesen, schließlich mit ihnen, im Verstehen ihrer Formensprache verstanden wird“ (Schabert 2002, 11). Außerdem besteht auch auf Seiten der Umwelt eine veränderte Situation, denn der maskierten Person wird man automatisch auf eine andere Art und Weise begegnen, wie der gleichen unmaskiert. Dabei ist es gar nicht entscheidend wie durchsichtig oder undurchsichtig die Maske ist, das heißt, wie stark sie die Person verändert. Tatsache ist, dass ein Filter zwischen den Subjekten errichtet wird und wie viel vom wahren Ich des Trägers tatsächlich sichtbar bleibt, liegt allein in seinem Ermessen. Besonders starke Verdeckung und Veränderung bewirken jene starren Masken, die als Nachbildung fremder oder gar skurriler Gesichter das Antlitz des Trägers gänzlich verdecken. Solche »Vorsatzmasken« haben eines gemein. Sie alle verhindern natürlich das in der Körpersprache so wichtige Moment der mimetischen Rückkopplung. Wir alle kennen die erstaunliche und unendliche Vielfalt und den Nuancenreichtum der menschlichen Mimik.
SPIKE JONZE FILMOGRAFIE 1997 | HOW THEY GET THERE 1998 | AMARILLO BY MORNING 1999 | BEING JOHN MALKOVICH 1999 | TORRANCE RISES 2002 | ADAPTION 2009 | WHERE THE WILD THINGS ARE Ein Stirnrunzeln, ein kaum wahrnehmbares Zusammenziehen des Mundes, eine Entspannung im Unterkiefer, alles hat eine Bedeutung gemäß einer Hermeneutik, die wir seit unserer Kindheit vielleicht sogar noch vor der gesprochenen Sprache anzuwenden gelernt haben.“ Nicht umsonst dient das Gesicht heute als eindeutiges »Identifizierungsmerkmal«. „Dieselbe Geschichte des Individuums auch manchmal sein Charakter haben ihre Spuren auf dieser Oberfläche eingegraben.“ (Bodei 2002, 43). Ist das Gesicht hinter einer Maske verborgen, fehlt genau diese Interpretationsmöglichkeit. Der Maskenträger kann sich also verstecken während er mitten unter Beobachtung steht. Nicht unbegründet ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Bills ausdrucksloser Mimik. Fast die meiste Zeit wenn er zu sehen ist, vermisst man die affekthaften Reaktionen, die sich zuallererst in seinem Gesicht wieder finden sollten. Bill verzieht weder das Gesicht, wenn
51
er erfährt, dass seine Frau ihm um ein Haar fremd gegangen wäre, noch als er kurz davor ist, seine Frau mit einer Prostituierten zu betrügen. Zu Recht sollte man gerade von Tom Cruise als professionellem Schauspieler erwarten können, dass er in der Lage ist, den inneren Vorgängen Bills emotionalen Ausdruck zu verleihen und diese Stellen mit Leben zu füllen. Offensichtlich aber tut er dies über weite Strecken gerade nicht und dafür gibt es meines Erachtens nur zwei logische Erklärungen. Erstens wird der Zuschauer aufgrund der fehlenden Affekte umso mehr gezwungen, sich selbst und seine Reaktionen an die Stelle zu setzen, die Bill offen lässt. „Die Konturlosigkeit dieses Charakters verlangt vom Zuschauer eine aktivere Teilnahme am Dargebotenen, weil er die Leerstellen und Freiräume der Reflexion großenteils selbst füllen muss. Bill wird gewissermaßen zum Stellvertreter, zur Maske des Zuschauers,er blickt und wir blicken mit ihm, doch die Einordnung des Geschauten bleibt allein uns überlassen“ (Ruschel 2002, 66). Eine plausible These sicher nur wenn man davon ausgehen kann, dass der Rezipient willens ist, sich aktiv in die Rolle Bills einzufühlen. Die zweite Erklärung liefert die Möglichkeit, Bills Odysee als eine irreale zu begreifen. Untermauert durch seine Ausdruckslosigkeit, lässt sich die Vermutung anstellen, dass sich alles was während der Zeit der mimetischen Abstinenz passiert, mit einer Traumwanderung zu vergleichen ist. „Jede neue Begegnung mit der Frau [mit Alice] spaltet ihn erneut, und je mehr er den Bildern seiner Angst begegnet, destomehr versucht er, sich zu maskieren und wird umso unbarmherziger und genadenloser demaskiert“.
GENRE DES FILM NOIRS DIVEN & REGISSEURE ALTE MEISTER ALAIN RESNOIR LOST LETZTES JAHR IN MARIENBAD
GUS VAN SANT MILK MALA NOCHE GETTING PERSONAL
DIE BLUETE DER ILLUSION
54
MILK 55
56
57
58
59
60
61
62
63
milk
»MILK«, »PARANOID PARK« UND »MALA NOCHE« VON GUS VAN SANT
V
IM AKUUM DER MACHT DREI FILME, DREI ERZÄHLWEISEN, EIN REGISSEUR: DER UNERMÜDLICHE GUS VAN SANT BEWEIST KONSEQUENZ IN DER INDIVIDUELLEN GESTALTUNG EINES JEDEN SEINER WERKE. DAS 2007 IN CANNES AUSGEZEICHNETE TEENDRAMA »PARANOID PARK« UND »MALA NOCHE«, EIN FRÜHER FILM DES NEW QUEER CINEMA AUS DEM JAHRE 1985, SIND GERADE AUF DVD ERSCHIENEN. JETZT KOMMT MITTE FEBRUAR »MILK«, DAS BIOPIC ÜBER DEN 1978 ERSCHOSSENEN SCHWULEN AKTIVISTEN HARVEY MILK INS KINO RECHTZEITIG ZUR OSCAR-VERLEIHUNG.
Als am 4. November 2008 Barack Obama dazu bestimmt wurde, dem Pyromanen George W. hinterherzulöschen, konnte man das durchaus als eine Folge gewachsener Liberalität der US-Wähler begreifen. Umso ärgerlicher war das Ergebnis des zeitgleich stattfindenden Referendums über die »Proposition 8«. Ausgerechnet im traditionell liberalen Kalifornien entzog die Mehrheit der Wähler schwulen und lesbischen Paaren das Recht, zu heiraten. Da wäre es doch eine angemessene Reaktion, wenn am 22. Januar 2009, zwei Tage nach der Vereidigung des neuen US-Präsidenten, ein Film für den Oscar nominiert würde, der Harvey Milk, dem legendären Streiter für die Gay-Rights, ein Denkmal setzt. Das schlicht »Milk« benannte Biopic über die letzten acht Lebensjahre des ersten offen bekennenden schwulen Trägers eines politischen Amtes in Kalifornien hat nämlich alles, was ein heißer Kandidat für die Academy Awards braucht: schauspielerische Highlights, eine klare Botschaft und eine weithin zugängliche und einnehmende erzählerische Form. Zu Beginn des Films liegt der frühere Investmentbanker und gelegentliche Off Theater Macher Harvey (Sean Penn) neben seinem neuen Lover Scott (James Franco; Heath Ledger wie aus dem Gesicht geschnitten) im Bett. In dieser Stimmung stellt
Harvey fest: »Ich bin jetzt über vierzig und habe noch nichts gemacht, was von irgendeiner Bedeutung wäre.« Also zieht er mit Scott nach San Francisco, lässt sich die Haare wachsen und eröffnet in der Castro Street einen Fotoladen. Die Sonne steht tief, die beiden sitzen knutschend vor ihrem Shop; die Kamera fährt zurück und schwenkt gen Himmel. Ein Schild rückt ins Bild: »Yes, we‘re open« – eine Nachricht für die Götter. Was folgt, ist Geschichte. San Franciscos Szeneviertel rund um den Kinopalast »Castro Theatre« entwickelte sich seit den späten Sechzigern zu einem der wichtigsten Zentren der Schwulen- und Lesbenbewegung. Von Castro aus prägten Mode und Musik den queeren Lifestyle weltweit, und mittendrin avancierte Harvey Milks Fotoladen zum Treffpunkt und Kraftwerk der politisierten Bewegung. Hier wurde der »Gay Democratic Club« gegründet (mittlerweile in »Harvey Milks Lesbian, Gay, Transgender Democratie Club« umbenannt). Von hier aus organisierte Milk Proteste gegen eine Brauerei, die sich weigerte, Schwulenbars zu beliefern. Harvey Milk kandidierte mehrfach für einen Posten als Stadtrat, gewann 1977 schließlich die Wahl und initiierte die Reform des wenig demokratischen Kommunalwahlrechts. Er bekämpfte die »Proposition 6«, ein von der religiösen Rechten um die Sängerin Anita Bryant unterstütztes Referendum zur Ent-
64
THE THEME
lassung homosexueller Lehrer – mit Erfolg. Am 7. November 1978, fast auf den Tag genau dreißig Jahre vor dem herben Rückschlag für die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben mit der Ratifizierung der »Proposition 8«, scheiterte die »Proposition 6« dank Milks Engagement. Drei Wochen nach seinem größten politischen Triumph wurde Harvey Milk gemeinsam mit Bürgermeister George Moscone vom Stadtratabgeordneten Dan White erschossen. Dem Zug aus über 30.000 Trauernden, die ihre Kerzen von der Castro Street zum Rathaus trugen, gehört das letzte große Bild in »Milk«. Über den Fortgang der Geschichte informiert Van Sant in Texttafeln. Dan White wurde wegen Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilt. In den Augen der Milk-Sympathisanten eine unzulässige Verharmlosung, die zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei – bekannt als »White Nights Riots« – führte. White nahm sich 1985 das Leben, zwei Jahre nach seiner vorzeitigen Entlassung aus der Haft. Das tragische Aufeinandertreffen von Dan White und Harvey Milk schließt im Film indirekt an das Scheitern zweier Beziehungen Milks an. Gus Van Sant erzählt mit der gleichen dramaturgischen Sorgfalt von Milks Verbindungen zu seinen Lebensgefährten Scott Smith und Jack Lira wie vom Verhältnis zwischen Milk und seinem Mörder. Dan White suchte Milks Nähe, ob aus Sympathie oder aus karrieretaktischen Gründen, bleibt diffus. In seiner öffentlichen Ablehnung der zur Schau gestellten Unmoral auf der ersten Gay Freedom Day Parade im Juli 1978, erhob sich White zum homophoben Sprachrohr des Normalbürgers. Gus Van Sant lässt verschiedene Diagnosen zur Begründung des Mordanschlags zu: paranoide Schizophrenie, Depression, Existenzangst oder Whites unterdrückte Homosexualität. Eindeutig aber inszeniert der Regisseur die wechselseitige Anziehungskraft von
EINDEUTIG INSZENIERT DER REGISSEUR DIE WECHSELSEITIGE ANZIEHUNGSKRAFT:
DIESES JESUS JUDAS PRINZIP ÜBERHÖHT DIE KONJUNKTION MILK-WHITE UND ENTGEHT SO DER REDUZIERUNG AUF EIN INDIVIDUELLES SCHICKSAL Heilsbringer und Attentäter. Dieses Jesus-Judas Prinzip überhöht die Konjunktion Milk-White und entgeht so der Reduzierung auf ein individuelles Schicksal. Stattdessen bannt Van Sant das bittere Zeugnis eines fatalistischen Gesellschaftsbilds auf Film. Das gelingt ihm nicht zuletzt mit Hilfe von Harris Savides, der schon für »Elephant«, »Last Days« und »Gerry«, aber auch für David Finchers »Zodiac« hinter der Kamera stand. Savides zeigt den Menschen weniger als Träger mimischgestischen Ausdrucks, sondern als in seinem Umfeld determiniertes Wesen. So schrumpfen die gesichtslosen Politiker unter den hohen Kuppeln von Kirche und Rathaus zu Spielbällen im Vakuum der Macht. Eine der stärksten, klarsten Szenen in »Milk« ist dem Dokumentarfilm »The Times of Harvey Milk« von Rob Epstein entlehnt. In einer Rede berichtet Harvey Milk von einem Telefonanruf, den er an seinem
65
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: ALPHA MEDIENKONTOR
milk
66
THE THEME
zweiten Tag als Stadtrat erhalten habe. Ein Teenager aus Pennsylvania erzählte ihm, sein Vater würde ihn umbringen, wenn er erführe, dass sein Sohn schwul sei. Der Junge hatte in einer Zeitung von Harveys Wahlerfolg gelesen und neuen Mut gefasst. Im Film sieht man die Familie des Jungen in der Tiefe des Raumes, unscharf, unbeteiligt präsent. Harvey fordert den Jungen auf, zu ihm nach San Francisco zu kommen. Die Kamera fährt zurück. »I can’t«, sägt der Junge – er sitzt im Rollstuhl. Die Signalkraft der Forderung Milks nach einem Coming-out unter dem Schlachtruf »Privacy is the enemy« ist unumstritten, der Weg zur Durchsetzung seiner Ziele ein steiniger, nicht für jeden gangbar. Rob Epstein gewann 1985 mit »The Times of Harvey Milk« bereits den Oscar für den besten Dokumentarfilm.
SAVIDES ZEIGT DEN MENSCHEN WENIGER ALS TRÄGER MIMISCH GESTISCHEN AUSDRUCKS SONDERN ALS
IN SEINEM UMFELD DETERMINIERTES WESEN Im gleichen Jahr gab Gus Van Sant mit »Mala Noche« sein offizielles Spielfilmdebüt. »Keine Schnitte, keine Stars, kein Skript« – in dem Konzept von »Mala Noche« erkennt Van Sant selbst einen Vorläufer der zehn Jahre später von den Dänen Lars von Trier und Thomas Vinterberg propagierten Dogma-Ästhetik. Das Liebesdrama profitiert von der unglaublich rohen Berichterstattungsästhetik der nur partiell beleuchteten Bilder des Kameramanns John Campbell. Stärker noch als in seinen späteren Arbeiten für Van Sant, »Even Cocagirls Get the Blues« und »My Own Private Idaho«, sieht man Campbells Bildern hier den Sinn fürs Wesentliche an; sein Talent, mit einem Schwenk, einer Einstellung Atmosphäre spontan einzufangen, wird offensichtlich. Die Story ist dabei fast Nebensache. Ein Ladenbesitzer verliebt sich in einen mexikanischen Teenager ohne Aufenthaltsgenehmigung. Der nun folgende Road-Trip bringt die beiden einander näher, doch am Ende verlässt der Jüngere den Älteren. »Mala Noche« ist mit seinem lakonischen Off-Kommentar und polyrhythmischen Schnitt dem Geist der Beat-Generation, aber auch dem New Yorker Avantgarde-Film verpflichtet. Der einzige US-Verleih, der sich nicht an der schwulen Liebeziehung störte, missbilligte, dass der Film fast ausschließlich in Schwarzweiß geht worden war. »Das war eine Geschichte der Gosse, und die neuen Intellektuellen schwulen Mittelschicht wollten damals er ihr eigenes Leben im Kino wiederfinden«, erinnert sich Van Sant heute. Nicht zuletzt, weil Van Sant jene Sexualität thematisierte, die auch seine eigene ist, und das tat er selten so explizit wie in »Mala Noche«, wurde der Film zu einem wegweisenden Werk das New Queer Cinema der neunziger Jahre. Einflüsse auf Nachfolgewerke wie Wong Kar-Wais »Happy Together« sind nicht übersehen. Die Sonne steht tief, die beiden sitzen knutschend vor ihrem Shop; die Kamera fährt zurück und schwenkt gen Himmel. Ein Schild rückt ins Bild: »Yes, we‘re open« – eine Nachricht für die Götter. Was folgt, ist Geschichte. San Franciscos Szeneviertel rund um den Kinopalast »Castro Theatre« entwickelte sich seit den späten Sechzigern zu einem der wichtigsten Zentren der Schwulen- und Lesbenbewegung. Von Castro aus prägten
67
milk
Mode und Musik den queeren Lifestyle weltweit, und mittendrin avancierte Harvey Milks Fotoladen zum Treffpunkt und Kraftwerk der politisierten Bewegung. Hier wurde der »Gay Democratic
Cheerleaderin – alles zieht an ihm vorüber. Alex entkommt dieser Taubheit erst, als er mit dem Tod konfrontiert wird – auf besonders plastische und absolut schuldbehaftete Weise, und es braucht
»MALA NOCHE« IST MIT SEINEM LAKONISCHEN OFF - KOMMENTAR UND DEM POLYRHYTHMISCHEN SCHNITT
DEM GEISTE DER BEAT - GENERATION ABER AUCH DEM NEW YORKER AVANTGARDE FILM VERPFLICHTET Club« gegründet (mittlerweile in »Harvey Milks Lesbian, Gay, Transgender Democratie Club« umbenannt). Von hier aus organisierte Milk Proteste gegen eine Brauerei, die sich weigerte, Schwulenbars zu beliefern. Harvey Milk kandidierte mehrfach für einen Posten als Stadtrat, gewann 1977 schließlich die Wahl und initiierte die Reform des wenig demokratischen Kommunalwahlrechts. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass Wong Kar-Wais Stammkameramann Christopher Doyle von Gus Van Sant für die Bildgeltung von »Paranoid Park« verpflichtet wurde. Doyles spielerischer Umgang mit Videokamera und 16mm rückt die Dünenlandschaft der Weite Oregons, die Skateparks von Portland und endlose Schulflure mal in lebendiges, tanides, dann wieder in meditativ gedämpftes Licht. Die angestrebte Authentizität des ewig jungen Kamera-Punkspoyle schlägt mancherorts über die Stränge, etwa wenn er vorgibt, heimlich eine sehr wohl gespielte Polizeikontrolle zu filmen und die Gesichter der Beamten mit schwarzen Balken unkenntlich macht – Huuuh! »How real«! Geschenkt. Die Kamera rückt ganz dicht an die Seite von Hauptfigur Alex (Gabe Nevins). Wenn Alex im Bild ist, werden alle anderen Figuren zu Statisten; eigentlich werden sie unsichtbar. Die Eltern werden in einen Winkel abgedrängt, aus dem sie zwar reagieren, aber niemals die Szene bestimmen können. Das kann nur Alex, aber der atmet in seinem Pubertäts-Kokon nur vor sich hin. Sein Leben, die Lehrer, Skaterfreunde, sein erstes Mal mit einer
ein Mädchen namens Macy, um diese Erschütterung zu verarbeiten. Treffenderweise trägt Elliott Smith, der einen Abschnitt seines kurzen Lebens am Drehort Portland zubrachte, mit dem Song »The White Lady Loves You More« seinen Teil zum Soundtrack bei, auf dem auch Beethoven und Nino Rota zu finden sind. Die große Stärke von »Paranoid Park« ist seine Struktur. Wenn Alex auf Macys Zureden hin sein traumatisches Erlebnis in einem Tagebuch zu Papier bringt und so bruchstückweise in seine diffusen Erinnerungen zurückkehrt, bleibt unklar, was Gegenwart, was Vergangenheit oder Zukunftsvision entspricht. Es geht um die manchmal kaum erträgliche Gleichzeitigkeit von Erfahrungen, die das Leben gerade in der Adoleszenz zu einem Konglomerat aus Slow Motion und Zeitraffer formen. Schließlich folgt Alex Macys Rat, einfach mal die Zeitung zu lesen und sich über den Krieg »da draußen« zu informieren. Den Vorwurf eines gewollten Endes mit pädagogischer Patina muss »Paranoid Park«, aber nicht Gus Van Sant über sich ergehen lassen, denn mit »Milk« liefert Van Sant den Beweis, dass Meldungen am Rande der großen Schlagzeilen sich zu gesellschaftlichen und fundamentalen Umwälzungen auswachsen können.
68
THE THEME
»MILK« USA 2008 REGIE: GUS VAN SANT, CAST: SEAN PENN, EMILE HIRSCH, JOSH BROLIN, ALISON PILL,128 MIN., AB 19.2. IM KINO (CONSTANTIN) »PARANOID PARK« USA 2007 REGIE: GUS VAN SANT, CAST: GABE DEVINS, DANIEL LIU, LAUREN MCKINNEY, 85 MIN. (DVD ERSCHIENEN BEI PIERROT LE FOU) »MALA NOCHE« USA 1985 REGIE: GUS VAN SANT, CAST: TIM STREETER, DOUG COOEYATE, WALT CURTIS, 78 MIN. (DVD ERSCHIENEN BEI PIERROT LE FOU) 69
70
71
van sant
THE BIGGEST CHALLENGE
IN MAKING MI LK MR. VAN SANT?
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: ALPHA MEDIENKONTOR
IT’S GOING TO BE REALLY TRICKY TO MAKE IT WORK BECAUSE THE AUDIENCE USUALLY STARTS TO TUNE OUT WHEN THERE ARE TOO MANY POLITICAL IDEAS
72
THE THEME
people who were often much younger than he was-many of whom with stories much like his own-he very easily fell into the role of advocate, lobbying on behalf of the gay community both freely and loudly.
Gus Van Sant’s new film, Milk, tells the real-life story of Harvey Milk (played in the film by Sean Penn), who became the first openly gay person to be elected to a public office in the United States when he took his post on the San Francisco board of city supervisors in January 1977. Milk was a transplanted New Yorker who, at the age of 40, traded in his job as a Wall Street analyst for a gig working as a stage manager on the first Broadway production of Hair, and later moved to San Francisco where he and his partner opened a camera shop in the Castro district-then the flash point of the gay-rights movement in America. But Milk’s political awakening with regards to his sexuality in many ways mirrored what the country itself was going through at the time, in the wake of free love and before AIDS. It was a moment when singer Anita Bryant’s infamous state-to-state crusade to have laws repealed that prohibited discrimination on the basis of sexual orientation had inadvertently begun to crack open the proverbial closet door by inspiring an army of men and women to come forward and speak out against her. Though Milk had relationships with men in New York, he had shielded his personal life from his family and co-workers. But living in San Francisco, surrounded by
When Milk assumed his seat on the board of supervisors, it seemed a logical, even inevitable, next step in the sexual revolution of the decade. But his assassination just 10 months into his term, by former city supervisor Dan White-an early supporter of Milk’s from an Irish Catholic, working-class neighborhood adjacent to the Castro, who shot Milk in his City Hall office minutes after shooting and killing Mayor George Mosconeonly brought into even more stark relief the harsh, at times tragic, realities of America’s continuing struggle with sex and sexuality. For the 56-year-old Van Sant, Milk was a project nearly two decades in the making-one that went through multiple scripts and iterations. Writer Armistead Maupin, who, of course, lived through the Milk years in San Francisco, having so memorably captured them in his Tales of the City novels,
REAL-LIFE STORY OF HARVEY MILK
73
recently spoke to the director who was at home in Portland, Oregon.
ARMISTEAD MAUPIN: Watching Milk was an experience for me because I’ve never been to a film before where I knew maybe six or eight of the major characters in real life. There must have been huge pressure on you with this project from the beginning, at least in part because it belonged to somebody else for 16 years. The idea of making a film based on Randy Shilts’s book, The Mayor of Castro Street, was floating around Hollywood for a long time. You were even at one point considered as a director for that project, and then, when [Dustin] Lance Black came up with the script for Milk, I guess in 2007 you had a whole other direction to run in, in terms of getting the thing made. If you hadn’t succeeded, I suppose there would have been a serious shit storm. GUS VAN SANT: I think I first heard about the film project based on Randy’s book through Rob Epstein [who won an Oscar for his 1984 documentary The Times of Harvey Milk]. I might have been
GUS VAN SANT’S NEW FILM MILK TELLS THE
PLAYED IN THE FILM BY SEAN PENN, WHO BECAME THE FIRST OPENLY GAY PERSON TO BE ELECTED TO A PUBLIC OFFICE IN THE UNITED STATES WHEN HE TOOK HIS POST ON THE SAN FRANCISCO BOARD OF CITY SUPERVISORS IN JANUARY 1977.
van sant
aware of the book, but I hadn’t read it. At that time, there was talk that Oliver Stone was going to direct the film, but he sort of declared that he wasn’t going to make another assassination project after JFK [1991]. When I first talked to the people who were involved with the film at the time, they mentioned that you had been contacted by Stephen Frears about making it, and that you had advised him against it. This was about 17 years ago. I think what I heard was that you had advised him against doing it because you didn’t think he could ever show what actually went on in the Castro in the ‚70s.
Well, no, that’s not entirely true, but I did advise him against directing the particular script that he had. He never made an offer to me to write a script for him-if he had, I might have seriously thought about it. But what he showed me was extraordinarily cardboard and politically correct and uninteresting. It felt like a television biopic. He felt the same way about it, and, at that point, I guess he decided not to do it. Oh, too bad you didn’t write a version.
I don’t think I could have done any better than Lance Black did. It’s astonishing
THE BIOPIC IT’S ALSO A FORM THAT’S VERY POPULAR-THE STRAIGHT-AHEAD BIOPIC.
to think that someone of his age could understand the permutations of San Francisco in the ‚70s, but he did. How did he come to you exactly? Well, it had been a long time since I had thought of doing a story about Harvey. At one point, I’d thought of doing it in a sort of fictional fashion, where the character wasn’t named Harvey Milk and where we’d shoot it in Portland, Oregon, and make it about a guy who owned a camera shop-just to get away from the biopic element where you had to show the real guy, which was sort of frightening. The biopic also wasn’t a form that I necessarily believed in, because you can never really get it right, you know? It’s also a form that’s very popular-the straight-ahead biopic. So people were always sort of stirring the idea of what to do if they were to make a film about Harvey Milk. And then one day a number of years ago, Cleve Jones [one of Milk’s associates] told me that there were these two guys-he called them angels-who knocked on his door and announced to him that they were going to make a musical about Cleve’s life. One of them was Lance. Now, I had actually met Lance before at Bobby Bukowski’s house-Bobby Bukowski is a cinematographer who I knew through River Phoenix. Sometime
ALSO WASN‘T A FORM THAT I NECESSARILY BELIEVED IN, BECAUSE YOU CAN NEVER REALLY GET IT RIGHT, YOU KNOW?
around 2001, during a dinner one night at Bobby’s house, I had met Lance, who was introduced to me as a young, blondhaired film student who was working in commercials. Then, last year, Cleve called me again very enthusiastically and said that Lance had written a story. It wasn’t the musical any longer-it was a story about Harvey, and they wanted to come up to Portland from San Francisco to show it to me. I was going to L.A., so we met there, and that was where I first saw the script for Milk. It was sort of like what we have as our final script, and its focus was on the politics of the time. The personal parts of the story were always kind of filtered through the politics, which I’d never seen done before, really. But I was completely engrossed. Then, I thought, „Well, this is all politics. It’s going to be really tricky to make it work because the audience usually starts to tune out when there are too many political ideas.“ Yet the script didn’t really make you do that. So we went ahead and had faith.
How did you get the script to Sean Penn? After I read Lance’s script, we sort of conspired about who our favorite person to play Harvey would be, and we thought of Sean. These days, you can look up your actors on YouTube as you’re thinking about them, and we found a lot of YouTube instances of Sean speaking in front of different groups of people. He is always so secure when he’s speaking in public, which was one of the things that Harvey was really good at, and Sean, of course, is an amazing actor, so we thought we’d be well-served if he’d agree to do the film. So we just called him up. It was a very short phone call, as calls can sometimes be with Sean, and I said, „You know, we want to offer you this role playing Harvey Milk.“ And he just said, „I’m interested,“ which was pretty much positive, and then the next step was for him to read the screenplay.
One of the things that struck me when I saw the film was how you caught that 74
THE THEME
kind of gritty street thing that you did in Drugstore Cowboy [1989]. Well, that’s what I’m always trying for, but I never know whether it actually happens. There are all kinds of ways that people present their films, but that’s kind of a good feeling, if you can make it seem like the characters are really there.
Especially since you had such a responsibility to a number of living people who remember the characters and the events that are shown in the film. I guess Bryan Singer was attached to one of the other Milk projects in development, right? Yeah. I read somewhere that he wanted Kevin Spacey to play Harvey Milk and, at that point, I decided that he might not be the right director at all if he couldn’t see the irony in that. [Van Sant laughs] But I think that was back when Bryan
himself wasn’t out of the closet. What was it like while you were filming? You were working out on Treasure Island part of the time, right? We had a couple of sets out there. One of them was Harvey’s apartment in New York City. There’s a sex scene that takes place in that apartment, so we wanted to make it kind of rarefied in a sense. Treasure Island was a strange, very cold place. Was it a naval base at one point?
I processed out of the Navy there in 1970. You did?
Yeah. My first glimpse of San Francisco was from Treasure Island. That’s so interesting. I didn’t put it together while we were filming, but it makes a lot of sense. There was no heat, so it was kind of like working in a cave. But most of the rest of the film was shot on location.
75
Well, with Harvey’s camera store, it must have been a true rarity to be filming on the spot where something happened. You reconverted a rather stylish home furnishing shop into his funky, old digs. Yeah, we worked from a lot of pictures. There were scenes that took place at the camera shop during all these different periods of time, so we had the early-’70s look and then the more developed, mid’70s look. Tom Randall and Gilbert Baker are a couple of the folks who helped us bring it back to its original state.
I was extremely struck by your depiction of Dan White [the city supervisor who assassinated Milk in 1978]. Josh Brolin’s performance was so sensitive there are many times when you actually feel sorry for the guy, where you can see in his eyes some sort of envy for Harvey’s sense of direction and his leadership abilities and his certainty about who he was. All of that is there in
van sant
resting that he always had a pretty well acknowledged gay life, yet technically he was in the closet. And it worried him that his boyfriends belonged to organizations that were leafleting people in his building. He felt that was too much. But then I also think that he got kind of swept up in the ‚60s when he burned his BankAmericard and made that switch from conservative Wall Street analyst to becoming a theater stage director for Tom O’Horgan when they made Hair. He even grew his own hair long. I think that was a transformative period for him. Then, when he got to San Francisco and got to be with a lot of other guys who had sort of gone through that, the whole idea was to be yourself and not be in the closet or conceal parts of your life-to be up front.
the performance, and it makes it truly into a Greek tragedy when the assassination occurs.
resting parts of his life were over, finding himself with younger men in this new city leading a revolution.
Oh, that’s great.
I think Harvey always, at least in my understanding of the story, led a pretty gay life, but it was closeted in the face of his parents and in the face of his work-you know, there are all the stories of Fire Island in the early ‚60s and going out with Joe Campbell, who was one of the early Warhol Superstars. Harvey was conservative, but he was like a New York City conservative-he had a nightlife and a gay life. I think there are also stories of Harvey being rounded up in Central Park in the‚50s. There was even a scene in one version of the script where Harvey, at a young age, had sex in the balcony at the opera in New York. So it’s inte-
But another thing that struck me, I guess because of my advancing years, is the way you reflected the fact that Harvey was basically a middle-aged guy who landed in San Francisco and who had been quite conservative up to a certain point. He and I were both [Barry] Goldwater Republicans back in ‚64. We were both naval officers, and we both found a way out with the help of a theatrical troupe. In Harvey’s case, it was the cast of Hair in New York City. But it was fascinating to see this guy, who might have felt that the more inte-
76
He also had the good sense to know how to play the game politically. He got himself that little polyester suit that he could troop around in and look like a politician. He shaved his beard and made himself presentable in an effort to deliver a rather radical political agenda for the times. I think that early conservatism is something he maybe punished himself for a little bit, and it made him that much more adamant about people declaring themselves. His entire message was about coming out of the closet. There was one little aspect I thought we missed in our movie. We didn’t really get to comment on it, but there was a guy who told me that when Harvey shaved off his beard and put on a suit, the hippies really got on him for that. His friends who worked at his camera shop-some of them stopped working there -because they felt like he was selling out.
But even though Harvey was learning how to play the game, he never, ever, compromised himself politically, which was tremendously satisfying to those of us who were coming out at the time. Anita Bryant was the impetus for me to
THE THEME
come out-when she declared her antigay campaign, the next day in the San Francisco Chronicle I had my gay character hold forth on it. I think she may have launched Harvey’s career and the entire modern gay movement. She galvanized the movement.
Did Brokeback Mountain [2005] help you a great deal in terms of getting this film green-lit? It must have, simply in terms of Hollywood’s way of looking at things. Yeah, I’m sure it did. It’s hard to say, because Brokeback Mountain made money and was a critical success, and that always speaks to Hollywood. I was actually surprised to find that there weren’t many gay projects in the works in Hollywood when we started our movie. I was always under the impression that there were a lot of them out there because of Brokeback Mountain, but I guess not. It definitely helped that our distributor, Focus Features, is the same studio that did Brokeback Mountain.
So what for you was the biggest challenge in making Milk? I was always trying to get Lance to write a scene where the characters were just kind of talking about something other
than politics, which he was averse to doing.
Well, our lives were politics back then. But that was something that I was personally worried about, that the characters didn’t just kind of lay back and talk about anything else. But it’s interesting how that was one of my concerns-whether there was enough quote-unquote downtime. We didn’t have a lot of scenes in bars-or any actually. There was one celebration we filmed which isn’t in the final movie, so we never really see that side of the Castro, and I was always kind of afraid that would be a bad thing. I just think the responsibility of making this movie-of representing an entire generation, an entire new class of gay men that existed in the ‚70s-was scary.
AM: Well, the way you showed the class division between gay men was very astute. I thought that the way you showed David Goodstein [then-publisher and owner of The Advocate] and his support for the Democratic candidate Rick Stokes, who was running against Harvey Milk . . . Most people don’t know that Harvey ran against a gay man for city supervisor and that there was this sense of the good, respectable, suitand-tie gay man and then the hippies
in the streets who Harvey represented. Whose brilliant idea was it to cast Howard Rosenman [an executive producer of the Emmy-nominated documentary The Celluloid Closet, 1995] as David Goodstein? That was my idea. I was always looking for somebody who looked a little bit like David Goodstein, at least in the photographs that I’d seen.
Well, here’s a loaded question: How was it working with Sean Penn? Great. I think we were pretty well matched. We didn’t know each other that well beforehand. Sean has a lot of stuff that he does to get ready by himself. He puts a lot of work into things on his own, and I think that’s good in terms of allowing the actor to kind of bring what they’ve devised to the role.
Well, you could . . . We talked about sex scenes because originally Lance had written a very elaborate one between Harvey and Scott [Smith, Milk’s longtime partner] into the script. And then, as we sent the script out to different financiers and actors, we were afraid that the sex scene would put people off. But you kind of have to start big, you know, because otherwise-
There’s nowhere to come down from.
FILMOGRAPHIE 1985 | MALA NOCHE 1989 | DRUGSTORE COWBOY 1991 | MY PRIVATE IDAHO (MY OWN PRIVATE IDAHO) 1993 | EVEN COWGIRLS GET THE BLUES 1995 | TO DIE FOR 1997 | GOOD WILL HUNTING 1998 | PSYCHO 2000 | FORRESTER – GEFUNDEN! (FINDING FORRESTER) 2002 | GERRY 2003 | ELEPHANT 2005 | LAST DAYS 2006 | LE MARAIS (IN PARIS, JE T’AIME) 2007 | PARANOID PARK 2008 | MILK
77
Yeah. You have to get people to jump in the water early. So there was this sex scene, but we took it out because we didn’t want people to freak out and not read the rest of the script. So we sent the script to everybody without the sex scene. Sean read it, and then when we had our first big meeting with him, he said, „You know, we need a really big sex scene right up front.“ And we said, „Oh, we’ve got it!“
78
H
MEIN NAME IST
MILK ARVEY REKRU TIEREN
UND ICH MÖCHTE EUCH
79
background
DIE PERSON HARVEY MILK
getting personal DESPITE HIS SHORT CAREER IN POLITICS, MILK BECAME AN ICON IN SAN FRANCISCO AND „A MARTYR FOR GAY RIGHTS“. ANNE KRONENBERG, HIS FINAL CAMPAIGN MANAGER, WROTE OF HIM: „WHAT SET HARVEY APART FROM YOU OR ME WAS THAT HE WAS A VISIONARY. HE IMAGINED A RIGHTEOUS WORLD INSIDE HIS HEAD AND THEN HE SET ABOUT TO CREATE IT FOR REAL, FOR ALL OF US.“
Harvey Bernard Milk was born in Woodmere, New York, on Long Island on May 22, 1930, to William and Minerva Karns Milk, Lithuanian Jews. His grandfather, Morris Milk, owned a department store and helped to organize the first synagogue in the area. Harvey had an older brother named Robert. As a child, Harvey was teased for his protruding ears, big nose, and oversized feet, and tended to grab attention as a class clown. He played football in school, and developed a passion for opera; in his teens, he acknowledged his homosexuality, but kept it a guarded secret. Under his name in the high school yearbook, it read, „Glimpy Milk and they say WOMEN are never at a loss for words“. Milk graduated from Bay Shore High School in Bay Shore, New York, in 1947 and attended New York State College for Teachers in Albany (now the State
University of New York at Albany) from 1947 to 1951, majoring in mathematics. He wrote for the college newspaper and earned a reputation as a gregarious, friendly student. None of his friends in high school or college suspected that he was gay. As one classmate remembered, „He was never thought of as a possible queer – that’s what you called them then – he was a man’s man“.
EARLY CAREER After graduation, Milk joined the United States Navy during the Korean War. He served aboard the submarine rescue ship USS Kittiwake (ASR-13) as a diving officer. He later transferred to Naval Station, San Diego to serve as a diving instructor. In 1955, he was discharged from the Navy at the rank of lieutenant,
80
junior grade Milk’s early career was marked by frequent changes; in later years he would take delight in talking about his metamorphosis’ from a middle-class Jewish boy. He began teaching at George W. Hewlett High School on Long Island. In 1956, he met Joe Campbell at the Jacob Riis Park beach, a popular location for gay men in Queens. Campbell was seven years younger than Milk, and Milk pursued him passionately. Even after they moved in together, Milk wrote Campbell romantic notes and poems. Quickly growing bored, they decided to move to Dallas, Texas, but they were unhappy there and moved back to New York where Milk got a job as an actuarial statistician at an insurance firm. Campbell and Milk separated after almost six years; it would be his longest relationship. Milk tried to separate his early roman-
THE THEME
and with indecent exposure (the law required men’s swimsuits to extend from above the navel to below the thigh), he spent three days in jail. The relationship soon ended as Milk became alarmed at Rodwell’s official enormous tendency to agitate the police.
tic life from his family and work. Once again bored and single in New York, he thought of moving to Miami to marry a lesbian friend to „have a front and each would not be in the way of the other“. However, he remained in New York and secretly pursued gay relationships. In 1962 Milk became involved with Craig Rodwell, who was ten years younger. Though Milk courted Rodwell ardently, waking him every morning with a call and sending him notes,
MILK WAS DISCOURAGED BY RODWELL’S INVOLVEMENT WITH THE NEW YORK MATTACHINE SOCIETY, A GAY ACTIVIST ORGANIZATION. When Rodwell was arrested for walking in Riis Park, charged with inciting a riot
Milk abruptly stopped working as an insurance salesman and became a researcher at the Wall Street firm Bache & Company. He was frequently promoted despite his tendency to offend the older members of the firm by ignoring their advice and flaunting his success. Although he was skilled at his job, co-workers sensed that Milk’s heart was not in his work.He started a relationship with Jack Galen McKinley, and recruited him in the fight against the proliferation of big government by persuading McKinley to work on conservative Republican Barry Goldwater’s 1964 presidential campaign. Their relationship was troubled: McKinley was prone to depression and frequently threatened to commit suicide if Milk did not show him enough attention.To make a point to McKinley, Milk took him to the hospital where Milk’s ex-lover Joe Campbell was recuperating from a suicide attempt, after his lover – a man named Billy Sipple – left him. Milk had remained friendly with Campbell, who had entered the avant-garde art scene in Greenwich Village, and did not understand why Campbell’s despondency was sufficient cause to consider suicide as an option.
RISE OF CASTRO STREET The Eureka Valley of San Francisco, where Market and Castro Streets intersect, had for decades been a blue-collar Irish Catholic neighborhood synonymous with the Most Holy Redeemer Parish. Beginning in the 1960s, however, young families left the neighborhood and moved to Bay Area suburbs, and the city’s economic base eroded as factories moved to cheaper locations nearby.
81
Mayor Joseph Alioto, proud of his working-class background and supporters, based his political career on welcoming developers and attracting a Roman Catholic Cardinal to the city. Many bluecollar workers – often Alioto supporters – lost their jobs as large corporations with service industry positions replaced factory and dry dock jobs.
SAN FRANCISCO HAD BEEN „A CITY OF VILLAGES“: A DECENTRALIZED CITY WITH ETHNIC ENCLAVES THAT EACH SURROUNDED ITS OWN MAIN STREET. As the downtown area developed, neighborhoods suffered, including Castro Street. The Most Holy Redeemer Parish shops shut down, and houses were abandoned and shuttered. In 1963, real estate prices plummeted when most of the working-class families tried to sell their houses quickly after a gay bar opened in the neighborhood. Hippies, attracted to the free love ideals of the Haight–Ashbury area but repulsed by its crime rate, bought some of the cheap Victorian houses. Since the end of World War II, the major port city of San Francisco had been home to a sizable number of gay men expelled from the military who had decided to stay rather than return to their hometowns and face ostracism. By 1969 San Francisco had more gay people per capita than any other American city; when the National Institute of Mental Health asked the Kinsey Institute to survey homosexuals, the Institute chose San Francisco as its focus. Milk and McKinley were among the thousands of gay men attracted to San Francisco. McKinley was a stage manager for Tom O’Horgan, a director who started his career in experimental theater, but soon graduated to much larger Broadway productions. They arrived in 1969 with the Broadway touring company of Hair. McKinley was offered a job in the
background
New York City production of Jesus Christ Superstar, and their tempestuous relationship came to an end. The city appealed to Milk so much that he decided to stay, working at an investment firm. In 1970, increasingly frustrated with the political climate after the U.S. invasion of Cambodia,
MILK STARTED TO GROW HIS HAIR. WHEN TOLD TO CUT IT, HE REFUSED AND WAS FIRED. Milk drifted from California to Texas to New York without a steady job or plan. In New York City he became involved with O’Horgan’s theater company as a „general aide“, signing on as associate producer for Lenny and for Eve Merriam’s Inner City. The time he had spent with the cast of flower children had worn away much of Milk’s conservatism. A New York Times story about O’Horgan described Milk as „a sad eyed man–another aging hippie with long, long hair, wearing faded jeans and pretty beads“. Craig Rodwell read the description of the formerly uptight man and wondered
if it could be the same person. One of Milk’s Wall Street friends worried that he seemed to have no plan or future, but remembered Milk’s attitude: „I think he was happier than at any time I had ever seen him in his entire life.“ Milk met Scott Smith, 18 years his junior, and began another relationship. He and Smith, now indistinguishable from other longhaired, bearded hippies, returned to San Francisco and lived on money they had saved. In 1972 a roll of film Milk dropped off to be developed was ruined; with their last $1,000, Milk opened a camera store on Castro Street.
THE TIME HE HAD SPENT WITH THE CAST OF FLOWER CHILDRE MILKS CONSERVATISM
CHANGING POLITICS In the late 1960s, the Society for Individual Rights (SIR) and the Daughters of Bilitis (DOB) began to work against police persecution of gay bars and entrapment in San Francisco. Oral sex was still a felony, and in 1970, nearly 90 people in the city were arrested for it. Facing eviction if caught having homosexual sex in a rented apartment, and unwilling to face arrest in gay bars, some men turned to having sex in public parks at night. Mayor Alioto asked the police to target the parks, hoping the decision would appeal to the Archdiocese and his Catholic supporters. In 1971, 2,800 gay men were arrested for public sex in San Francisco. By comparison, New York City recorded only 63 arrests for the same offense that year. Any arrest for a morals charge required registration as a sex offender. Congressman Phillip Burton, Assemblyman Willie Brown, and other California politicians recognized the growing clout and organization of homosexuals in the city, and courted their votes by attending meetings of gay and lesbian organizations. Brown pushed for legalization of sex between consenting adults in 1969 but failed. SIR was also pursued by popular moderate Supervisor Dianne Feinstein in her bid to become mayor,
82
opposing Alioto. Ex-policeman Richard Hongisto worked for ten years to change the conservative views of the San Francisco Police Department, and also actively appealed to the gay community, which responded by raising significant funds for his campaign for sheriff. Though Feinstein was unsuccessful, Hongisto’s win in 1971 showed the political clout of the gay community. SIR had become powerful enough for political maneuvering. In 1971 SIR members Jim Foster, Rick Stokes, and Advocate publisher David Goodstein formed the Alice B. Toklas Memorial Democratic Club, known as simply „Alice“. Alice befriended liberal politicians to persuade them to sponsor bills, proving successful in 1972 when Del Martin and Phyllis Lyon obtained Feinstein’s support for an ordinance outlawing employment discrimination on the basis of sexual orientation. Alice chose Stokes to run for a relatively unimportant seat on the community college board. Though Stokes received 45,000 votes, he was quiet, unassuming, and did not win. Foster, however, shot to national prominence by being the first openly gay man to address a political convention. His speech at the 1972 Democratic National Convention ensured that his voice, according to San Francisco politicians,
THE THEME
EN HAD WORN AWAY
was the one to be heard when they wanted the opinions, and especially the votes, of the gay community. One day in 1973 a state bureaucrat entered Milk’s shop, Castro Camera, informing him that he owed $100 as a deposit against state sales tax. Milk was incredulous and traded shouts with the man about the rights of business owners; after he complained for weeks at state offices, the deposit was reduced to $30. Milk fumed about government priorities when a teacher came into his store to borrow a projector because the equipment in the schools did not function. Friends also remember around the same time having to restrain him from kicking the television while Attorney General John N. Mitchell gave consistent „I don’t recall“ replies during the Watergate hearings. Milk decided that the time had come to run for city supervisor. He said later, „I finally reached the point where I knew I had to become involved or ever had to shut up“.
CAMPAIGNS Milk, here with his sister-in-law in front of Castro Camera in 1973, had been changed by his experience with the counterculture of the 1960s. Dian-
ne Feinstein, who first met him in 1973, did not recognize him when she met him again in 1978. Milk’s reception by the gay political establishment in San Francisco was icy. Jim Foster, who had by then been active in gay politics for ten years, resented the newcomer’s asking for his endorsement for a position as prestigious as city supervisor. Foster told Milk,.„There’s an old saying in the Democratic Party. You don’t get to dance unless you put up the chairs. I’ve never seen you put up the chairs.“ Milk was furious at the patronizing snub, and the conversation marked the beginning of an antagonistic relationship between Alice and Harvey Milk. Some gay bar owners, still battling police harassment and unhappy with what they saw as a timid approach by Alice to established authority in the city, decided to endorse him.Though he had drifted throughout his life thus far, Milk had found his vocation, according to journalist Frances FitzGerald, who called him a „born politician“. At first, his inexperience showed.
HE TRIED TO DO WITHOUT MONEY, SUPPORT, AND STAFF, AND INSTEAD RELIED ON HIS MESSAGE OF SOUND FINANCIAL MANAGEMENT, PROMOTING INDIVIDUALS OVER LARGE CORPORATIONS AND GOVERNMENT. He supported the reorganization of supervisor elections from a city-wide ballot to district ballots, which reduced the influence of money and gave neighborhoods more control over their representatives in city government. He also ran on a socially liberal platform, opposing government interference in private sexual matters and favoring the legalization of marijuana. Milk’s fiery, flamboyant speeches and savvy media skills earned him a significant amount of press during the 1973 election. He earned 16,900 votes – sweeping the
83
Castro District and other liberal neighborhoods – coming in 10th place out of 32 candidates. Had the elections been reorganized to allow districts to elect their own supervisors, he would have won the whole party.
MAYOR OF CASTRO STREET Milk displayed an affinity for building coalitions early in his political career. The Teamsters wanted to strike against beer distributors–Coors in particular– who refused to sign the union contract. An organizer asked Milk for assistance with gay bars; in return, Milk asked the union to hire more gay drivers. A few days later, Milk canvassed the gay bars in and surrounding the Castro District, urging them to refuse to sell the beer. With the help of a coalition of Arab and Chinese grocers the Teamsters had also recruited, the boycott was immensely successful. Milk found a strong political ally in organized labor, and it was around this time he began to style himself „The Mayor of Castro Street“. As Castro Street grew, so did Milk’s reputation. Tom O’Horgan remarked, „Harvey spent most of his life looking for a stage. On Castro Street he finally found it.“ Tensions between the older citizens of the Most Holy Redeemer Parish and the gay immigrants entering the Castro District were heightened in 1973. When two gay men tried to open an antique shop, the Eureka Valley Merchants Association (EVMA) attempted to prevent them from receiving a business license. Milk and a few other gay business owners founded the Castro Village Association, with Milk as the president. He often repeated his philosophy that gays should buy from gay businesses. Milk organized the Castro Street Fair in 1974 to attract more customers to the area. More than 5,000 attended, and some of the EVMA members were stunned; they did more business at the Castro Street Fair than on any previous day. The announcement was picked.
background
SERIOUS CANDIDATE Although he was a newcomer to the Castro District, Milk had shown leadership in the small community. He was starting to be taken seriously as a candidate and decided to run again for supervisor in 1975. He reconsidered his approach and cut his long hair, swore off marijuana, and vowed never to visit another gay bathhouse again. Milk’s campaigning earned the support of the teamsters, firefighters, and construction unions. Castro Camera became the center of activity in the neighborhood. Milk would often pull people off the street to work his campaigns for him–many discovered later that they just happened to be the type of men Milk found attractive. Milk favored support for small businesses and the growth of neighborhoods. Since 1968, Mayor Alioto had been luring large corporations to the city despite what critics labeled „the Manhattanization of San Francisco“.As blue-collar jobs were replaced by the service industry, Alioto’s weakened political base allowed for new leadership to be voted into office in the city. George Moscone was elected mayor. Moscone had been instrumental in repealing the sodomy law earlier that year in the California State Legislature. He acknowledged Milk’s influence in his election by visiting Milk’s election night headquarters, thanking
Milk personally, and offering him a position as a city commissioner. Milk came in seventh place in the election, only one position away from earning a supervisor seat. Liberal politicians held the offices of the mayor, district attorney, and sheriff. Despite the new leadership in the city, there were still conservative strongholds. One of Moscone’s first acts as mayor was appointing a police chief to the embattled San Francisco Police Department (SFPD). He chose Charles Gain, against the wishes of the SFPD. Most of the force disliked Gain for criticizing the police in the press for racial insensitivity and alcohol abuse on the job, instead of working within the command structure to change attitudes. By request of the mayor, Gain made it clear that gay police officers would be welcomed in the department; this became national news. Police under Gain expressed their hatred of him, and of the mayor for betraying them.
RACE FOR STATE ASSEMBLY Keeping his promise to Milk, newly elected Mayor George Moscone appointed him to the Board of Permit Appeals in 1976, making him the first openly gay city commissioner in the United States. Milk, however, considered seeking a position in the California State Assembly. The district was weighted heavily in his favor, as much of it was based in neighborhoods surrounding Castro Street, where Milk’s sympathizers voted. In the previous race for supervisor, Milk received more votes than the currently seated assemblyman. However, Moscone had made a deal with the assembly speaker that another candidate should run–Art Agnos. Furthermore, by order of the mayor, neither appointed nor elected officials were allowed to run a campaign while performing their duties. Here, Milk (far right) is campaigning with longshoremen in San Francisco during his 1976 race for the California State
84
BY THE TIME OF MILK’S 1975 CAMPAIGN, HE DECIDED TO CUT HIS HAIR AND WEAR SUITS. Assembly.Milk spent five weeks on the Board of Permit Appeals before Moscone was forced to fire him when he announced he would run for the California State Assembly. Rick Stokes replaced him. Milk’s firing, and the backroom deal made between Moscone, the assembly speaker, and Agnos, fueled his campaign as he took on the identity of a political underdog. He railed that high officers in the city and state governments were against him. He complained that the prevailing gay political establishment, particularly the Alice B. Toklas Memorial Democratic Club, were shutting him out; he referred to Jim Foster and Stokes as gay „Uncle Toms“. He enthusiastically embraced a local independent weekly magazine’s headline: „Harvey Milk vs. The Machine“. Milk’s role as a representative of San Francisco’s gay community expanded during this period. On September 22, 1975, President Gerald Ford was visiting San Francisco, walking from his hotel to his car. In the crowd, Sara Jane Moore raised a gun to shoot him. A former Marine who had been walking by grabbed her arm as the gun discharged toward the pavement. The bystander was Oliver „Bill“ Sipple, who had left Milk’s ex-lover Joe Campbell years before, prompting Campbell’s suicide attempt. Sipple, on psychiatric disability leave from the military, lived in the Tenderloin neighborhood, and the national spotlight was on him immediately. Sipple refused to call himself a hero and did not want his sexuality disclosed. Milk, however, took advantage of the opportunity to illustrate his cause that public perception of gay people would be improved if they came out of the closet. He told a friend: „It’s too good an opportunity. For once we can show that gays do heroic things, not just all that ca-ca
THE THEME
about molesting children and hanging out in bathrooms.“ Milk contacted a newspaper. Several days later Herb Caen, a columnist at The San Francisco Chronicle, exposed Sipple as gay and a friend of Milk’s. The announcement was picked up by national newspapers, and Milk’s name was included in many of the stories. Time magazine named Milk as a leader in San Francisco’s gay community. Sipple, however, was besieged by reporters, as was his family. His mother, a staunch Baptist in Detroit, refused to speak to him. Although he had been involved with the gay community for years, even participating in Gay Pride events, Sipple sued the Chronicle for invasion of privacy. President Ford sent Sipple a note of thanks for saving his life. Milk said that Sipple’s sexual orientation was the reason he received only
a note, rather than an invitation to the White House. Milk’s continuing campaign, run from the storefront of Castro Camera, was a study in disorganization. Although the older Irish grandmothers and gay men who volunteered were plentiful and happy to send out mass mailings, Milk’s notes and volunteer lists were kept on scrap papers. Any time the campaign required funds, the money came from the cash register without any consideration for accounting.[50] The campaign manager’s assistant was an 11year-old neighborhood girl who joyfully ordered the volunteers to work. Milk himself was hyperactive and prone to fantastic outbursts of temper, only to recover quickly and shout excitedly about something else. Many of his rants were
85
directed at his lover, Scott Smith, who was becoming disillusioned with the man who was no longer the laid-back hippie he had fallen in love with. If the candidate was manic, he was also dedicated and filled with good humor, and he had a particular genius for getting media attention. He spent long hours registering voters and shaking hands at bus stops and movie theater lines. He took whatever opportunity came along to promote himself. He thoroughly enjoyed campaigning, and his success was evident. With the large numbers of volunteers, he had dozens at a time stand along the busy thoroughfare of Market Street as human billboards, holding „Milk for Assembly“ signs while commuters drove into the heart of the city to work. He distributed his campaign literature anywhere he could, including among one of the most influential political groups in the city: the Peoples Temple. Milk’s volunteers took thousands of brochures there, but came back with feelings of apprehension. Because the Peoples Temple leader, Jim Jones, was politically powerful in San Francisco (and supported both candidates), Milk allowed Temple members to work his phones, and later spoke at the Temple and defended Jones. But to his volunteers, he said, „Make sure you’re always nice to the Peoples Temple. If they ask you to do something, do it, and then send them a note thanking them for asking you to do it. They’re weird and they’re
A LOCAL INDEPENDENT WEEKLY MAGAZINE’S HEADLINE: „HARVEY MILK VS. THE MACHINE“
background
dangerous, and you never want to be on their bad side.“ The race was close, and Milk lost by fewer than 4,000 votes. Agnos, however, taught Milk a valuable lesson when he criticized Milk’s campaign speeches as „a downer... You talk about how you’re gonna throw the bums out, but how are you gonna fix things– other than beat me? You shouldn’t leave your audience on a down.“ He invited the press to Duboce Park to explain why it was necessary, and while cameras were rolling, stepped in the offending substance apparently by mistake In the wake of his loss, Milk, realizing that the Toklas club would never support him politically, co-founded the San Francisco Gay Democratic Club. However, after Milk learned more about the facility, he decided to switch his vote, ensuring that White would lose his cause–one he had championed while campaigning. The fledgling gay rights movement had yet to meet organized opposition in the
U.S. In 1977 a few well-connected gay activists in Miami, Florida were able to pass a civil rights ordinance that made discrimination based on sexual orientation illegal in Dade County.
A WELL-ORGANIZED GROUP OF CONSERVATIVE FUNDAMENTALIST CHRISTIANS RESPONDED, HEADED BY SINGER ANITA BRYANT. Their campaign was titled Save Our Children, and Bryant claimed the ordinance infringed her right to teach her children Biblical morality. Bryant and the campaign gathered 64,000 signatures to put the issue to a county-wide vote. With funds raised in part by the Florida Citrus Commission, for which Bryant was the spokeswoman, they ran television advertisements that contrasted the Orange Bowl Parade with San Francisco’s Gay Freedom Day Parade,
86
stating that Dade County would be turned into a „hotbed of homosexuality“ where „men ... cavort with little boys“. Jim Foster, then the most powerful political organizer in San Francisco, went to Miami to assist gay activists there as election day neared, and a nationwide boycott of orange juice was organized. The message of the Save Our Children campaign was influential, and the result was an overwhelming defeat for gay activists; in the largest turnout in any special election in the history of Dade County, 70% voted to repeal the law.
JUST POLITICS Christian conservatives were inspired by their victory, and saw an opportunity for a new, effective political cause. Gay activists were shocked to see how little support they received. An impromp-
THE THEME
tu demonstration of over 3,000 Castro residents formed the night of the Dade County ordinance vote. Gay men and lesbians were simultaneously angry, chanting „Out of the bars and into the streets!“, and elated at their passionate and powerful response. The San Francisco Examiner reported that members of the crowd pulled others out of bars along Castro and Polk Streets to „deafening“ cheers.Milk led marchers that night on a five-mile (8 km) course through the city, constantly moving, aware that if they stopped for too long there would be a riot. He declared, „This is the power of the gay community. Anita’s going to create a national gay force.“ Activists had little time to recover, however, as the scenario replayed itself when civil rights ordinances were overturned by voters in Saint Paul, Minnesota, Wichita, Kansas and Eugene, Oregon, throughout 1977 and into 1978. California State Senator John Briggs saw an opportunity in the Christian fundamentalists’ campaign. He was hoping to be elected governor of California in 1978, and was impressed with the voter turnout he saw in Miami. When Briggs returned to Sacramento, he wrote a bill that would ban gays and lesbians from teaching in public schools throughout California. Briggs claimed in private that he had nothing against gays, telling journalist Randy Shilts, „It’s politics. Just politics.“ Random attacks on gays rose in the Castro. When the police response was considered inadequate, groups of gays patrolled the neighborhood themselves, on alert for agressive attackers.
cause of homosexuals. Weeks later, 250,000 people attended the 1977 San Francisco Gay Freedom Day Parade, the largest attendance at any Gay Pride event to that point. In November 1976, voters in San Francisco had decided to reorganize supervisor elections to choose supervisors from neighborhoods instead of voting for them in city-wide ballots. Harvey Milk quickly qualified as the leading candidate in District 5, surrounding Castro Street.
LAST CAMPAIGN „The nongay community has mostly accepted it. What San Francisco is today, and what it is becoming, reflects both the energy and organization of the gay community and its developing effort toward integration in the political processes of the American city best known for
On June 21, 1977, a gay man named Robert Hillsborough died from 15 stab wounds while his attackers gathered around him and chanted „Faggot!“ Both Mayor Moscone and Hillsborough’s mother blamed Anita Bryant and John Briggs.One week prior to the incident, Briggs had held a press conference at San Francisco City Hall where he called the city a „sexual garbage heap“ be-
87
innovation in life styles.“ The New York Times, November, 1977. Anita Bryant’s public campaign opposing homosexuality and the multiple challenges to gay rights ordinances across the United States fueled gay politics in San Francisco. Seventeen candidates from the Castro District entered the next race for supervisor; more than half of them were gay. The New York Times ran an exposé on the veritable invasion of gay people into San Francisco, estimating that the city’s gay population was between 100,000 and 200,000 out of a total 750,000. The Castro Village Association had grown to 90 businesses; the local bank, formerly the smallest branch in the city, had become the largest and was forced to build a wing to accommodate its new customers.Milk biographer Randy Shilts noted that „broader historical forces“ were fueling his campaign. Milk’s most successful opponent was the quiet and thoughtful lawyer Rick Stokes, who was
background
backed by the Alice B. Toklas Memorial Democratic Club. Stokes had been open about his homosexuality long before Milk had, and had experienced more severe treatment, once hospitalized and forced to endure electroshock therapy. Milk, however, was more expressive about the role of gay people and their issues in San Francisco politics. Stokes was quoted saying, „I’m just a businessman who happens to be gay“, and expressed the view that any normal person could also be homosexual. Milk’s contrasting populist philosophy was relayed to The New York Times: „We don’t want sympathetic liberals, we want gays to represent gays ... I represent the gay street people–the 14-year-old runaway from San Antonio. We have to make up for hundreds of years of persecution. We have to give hope to that poor runaway kid from San Antonio. They go to the bars because churches are hostile. They need hope! They need a piece of the pie!“
OTHER CAUSES WERE ALSO IMPORTANT TO MILK: HE PROMOTED LARGER AND LESS EXPENSIVE CHILD CARE FACILITIES, FREE PUBLIC TRANSPORTATION, AND THE DEVELOPMENT OF A BOARD OF CIVILIANS TO
Milk had recently taken a new lover, a young man named Jack Lira, who was frequently drunk in public, and just as often escorted out of political events by Milk’s aides. Since the race for the California State Assembly, Milk had been receiving increasingly violent death threats. Concerned that his raised profile marked him as a target for assassination, he recorded on tape who he wanted to succeed him if he were killed, adding: „If a bullet should enter my brain, let that bullet destroy every closet door“.
SUPERVISOR Milk’s swearing-in made national headlines, as he became the first openly gay non-incumbent man in the United States to win an election for public office. He likened himself to pioneering African American baseball player Jackie Robinson and walked to City Hall arm in arm with Jack Lira, stating „You can stand around and throw bricks at Silly Hall or you can take it over. Well, here we are.“ The Castro District was not the only neighborhood to promote someone new to city politics. A single mother
OVERSEE THE POLICE. He advanced important neighborhood issues at every opportunity. Milk used the same manic campaign tactics as in previous races: human billboards, hours of handshaking, and dozens of speeches calling on gay people to have hope. This time, even The San Francisco Chronicle endorsed him for supervisor. He won by 30% against sixteen other candidates, and after his victory became apparent, he arrived on Castro Street on the back of his campaign manager’s motorcycle– escorted by Sheriff Richard Hongisto– to what a newspaper story described as a „tumultuous and moving welcome“.
88
(Carol Ruth Silver), a Chinese American (Gordon Lau), and an African American woman (Ella Hill Hutch) were all firsts for the city sworn in with Milk, along with Daniel White, a former police officer and firefighter, who spoke of how proud he was that his grandmother was able to see him sworn in. Milk’s energy, affinity for pranking, and his unpredictability at times exasperated Board of Supervisors President Dianne Feinstein. In his first meeting with Mayor Moscone, Milk called himself the „number one queen“ and dictated to Moscone that he would have to go through Milk instead of the Alice B. Toklas Memorial Democratic Club if he wanted the city’s gay votes–a quarter of San Francisco’s voting population. Milk, however, became Moscone’s closest ally on the Board of Supervisors. The biggest targets of Milk’s ire were large corporations and real estate developers. He fumed when a parking garage was slated to take the place of homes near the downtown area, and tried to pass a commuter tax so office workers who lived outside the city and drove into work would have to pay for city services they used. Milk was often willing to
THE THEME
vote against Feinstein and other more tenured members of the board. Initially he agreed with fellow Supervisor Dan White, whose district was located two miles south of the Castro, that a mental health facility for troubled adolescents should not be placed there in an old convent. However, after Milk learned more about the facility, he decided to switch his vote, ensuring that White would lose his cause–one he had championed while campaigning. White did not forget it. He opposed every initiative and issue Milk supported. Milk began his tenure by sponsoring a civil rights bill that outlawed discrimination based on sexual orientation. The ordinance was called the „most stringent and encompassing in the nation“, and its passing demonstrated „the growing political power of homosexuals“, according to The New York Times. Only Supervisor White voted against it; Mayor Moscone enthusiastically signed it into law with a light blue pen that Milk had given him for the occasion. The second bill Milk concentrated on was designed to solve the number one problem according to a recent citywide poll: dog excrement. Within a month of being sworn in, he began to work on a city ordinance to require dog owners to scoop their pets’ feces. Dubbed the „pooper scooper law“, its authorization by the Board of Supervisors was covered extensively by television and newspapers in San Francisco. Anne Kronenberg, Milk’s campaign manager, called him „a master at figuring out what would get him covered in the newspaper“. He invited the press to Duboce Park to explain why it was necessary, and while cameras were rolling, stepped in the offending substance apparently by mistake. His staffers, however, knew he had been at the park for an hour before the press conference looking for the right place to walk in front of the cameras. It earned him the most fan mail of his tenure in politics and went out on national news releases. Milk and Lira soon split, but Lira called him a few weeks later and
„IF IT WERE TRUE THAT CHILDREN MIMICKED THEIR TEACHERS, YOU’D SURE HAVE A HELLUVA LOT MORE NUNS RUNNING AROUND“.
demanded Milk come to his apartment. When Milk arrived, he found Lira had hanged himself. Already prone to severe depression, Lira had been upset about the Anita Bryant and John Briggs campaigns.
BRIGGS INITIATIVE Milk giving his „Hope Speech“ at the 1978 San Francisco Gay Freedom Day. John Briggs was forced to drop out of the 1978 race for California governor, but received enthusiastic support for Proposition 6, dubbed the Briggs Initiative. The proposed law would have made firing gay teachers–and any public school employees who supported gay rights–mandatory. Briggs’ messages supporting Proposition 6 were pervasive throughout California, and Harvey Milk attended every event Briggs hosted. Milk campaigned against the bill throughout the state as well, and swore that even if Briggs won California, he would not win San Francisco. In their numerous debates, which toward the end had been honed to quick back-andforth banter, Briggs maintained that homosexual teachers wanted to abuse and recruit children. Milk responded with statistics compiled by law enforcement that provided evidence that pedophiles identified primarily as heterosexual,
89
and dismissed Briggs’ points with oneliner jokes: „If it were true that children mimicked their teachers, you’d sure have a helluva lot more nuns running around“. Attendance at Gay Pride marches during the summer of 1978 in Los Angeles and San Francisco swelled. An estimated 250,000 to 375,000 attended San Francisco’s Gay Freedom Day Parade; newspapers claimed the higher numbers were due to John Briggs. Organizers asked participants to carry signs indicating their hometowns for the cameras, to show how far people came to live in the Castro District. Milk rode in an open car carrying a sign saying „I’m from Woodmere, N.Y.“ He gave a version of what became his most famous speech, the „Hope Speech“, that The San Francisco Examiner said „ignited the crowd“: On this anniversary of Stonewall, I ask my gay sisters and brothers to make the commitment to fight. For themselves, for their freedom, for their country ... We will not win our rights by staying quietly in our closets ... We are coming out to fight the lies, the myths, the distortions. We are coming out to tell the truths about gays, for I am tired of the conspiracy of silence, so I’m going to talk about it. And I want you to talk about it. You must come out. Come out to your parents, your relatives. Despite the losses in battles for gay rights across
background
the country that year, he remained optimistic, saying „Even if gays lose in these initiatives, people are still being educated. Because of Anita Bryant and Dade County, the entire country was educated about homosexuality to a greater extent than ever before.
THE FIRST STEP IS ALWAYS HOSTILITY, AND AFTER THAT YOU CAN SIT DOWN AND TALK ABOUT IT.“ Citing the potential infringements on individual rights, former governor of California Ronald Reagan voiced his opposition to the proposition, as did Governor Jerry Brown and President Jimmy Carter, the latter in an afterthought following a speech he gave in Sacramento. On November 7, 1978, the proposition lost by more than a million votes, astounding gay activists on election night. In San Francisco, 75 percent voted against it.
ASSASSINATION On November 10, 1978, ten months after being sworn in, Supervisor White resigned his position on the San Francisco Board of Supervisors, claiming that his annual salary of $9,600 was not enough to support his family.[106] Milk had also felt the pinch of the decrease in income when he and Scott Smith were forced to close Castro Camera a month before. Within days, White requested the position again and Mayor Moscone initially agreed. However, further consideration–and intervention by other supervisors–convinced the mayor to appoint someone more in line with the growing ethnic diversity of White’s district and the liberal leanings of the Board of Supervisors. On November 18, news broke of the murder of California Representative Leo Ryan, who was in Jonestown, Guyana to check on the remote community built by members of the Peop-
les Temple who had relocated from San Francisco. The next day came news of the mass suicide of members of the Peoples Temple. Horror came in degrees as San Franciscans learned more than 400 Jonestown residents were dead. Dan White remarked to two aides who were working for his reinstatement, „You see that? One day I’m on the front page and the next I’m swept right off.“ Soon the number of dead in Guyana topped 900. Moscone planned to announce White’s replacement days later, on November 27, 1978. Half an hour before the press conference, Dan White entered City Hall through a basement window to avoid metal detectors and made his way to Mayor Moscone’s office. Witnesses heard shouting between White and Moscone, then gunshots. White shot the mayor once in the arm, then three times in the head after Moscone had fallen on the floor. White then quickly walked to his former office, reloading his police-issue revolver with hollow-point bullets along the way, and intercepted Harvey Milk, asking him to step inside for a moment. Dianne Feinstein heard gunshots and called the police. She found Milk face down on the floor, shot five times, including twice in the head at close range. Feinstein was shaking so badly she required support from the police chief after identifying both bodies. It was she who announced to the press, „Today San Francisco has experienced a double tragedy of immense proportions. As President of the
Board of Supervisors, it is my duty to inform you that both Mayor Moscone and Supervisor Harvey Milk have been shot and killed,“ then adding after being drowned out by shouts of disbelief, „and the suspect is Supervisor Dan White.“ Milk was 48 years old. Moscone was 49. Within an hour, White called his wife from a nearby diner; she met him at a church and escorted him to the police, where White turned himself in. Many residents left flowers on the steps of City Hall. That evening, a spontaneous gathering began to form on Castro Street moving toward City Hall in a candlelight vigil. Their numbers were estimated between 25,000 and 40,000, spanning the width of Market Street, extending the mile and a half (2.4 km) from Castro Street. The next day, the bodies of Moscone and Milk were brought to the City Hall rotunda where mourners paid their respects. Six thousand mourners attended a service for Mayor Moscone at St. Mary’s Cathedral. Two memorials were held for Milk; a small one at Temple Emanu-El and a more boisterous one at the Opera House.
„CITY IN AGONY“ The headline of The San Francisco Examiner on November 28, 1978 announced Dan White was charged with first-degree murder, and eligible for the death penalty.Mayor Moscone had recently increased security at City Hall
RELOADING HIS POLICE-ISSUE REVOLVER ALONG THE WAY, AND INTERCEPTED HARVEY MILK, ASKING HIM TO STEP INSIDE FOR A MOMENT 90
THE THEME
back to back with updates of bodies being shipped home from Guyana. An editorial describing „A city with more sadness and despair in its heart than any city should have to bear“ went on to ask how such tragedies occur, particularly to „men of such warmth and vision and great energies“. Within a month of being sworn in, he began to work on a city ordinance to require dog owners to scoop their pets’ feces. Dan White was charged with two counts of murder and held without bail, eligible for the death penalty owing to the recent passage of a statewide proposition that allowed death or life in prison for the murder of a public official.
ONE ANALYSIS OF THE MONTHS AMONG THE MURDERS CALLED 1978 AND 1979 „THE MOST EMOTIONALLY DEVASTATING YEARS IN SAN FRANCISCO’S FABULOUSLY SPOTTED HISTORY“.
in the wake of the Jonestown suicides. Survivors from Guyana recounted drills for suicide preparations that Jones called „White Nights“. Rumors about Moscone’s and Milk’s murders were fueled by the coincidence of Dan White’s name and Jones’ suicide preparations. A stunned District Attorney called the assassinations so close to the news about Jonestown „incomprehensible“, but denied any connection. Governor Jerry Brown ordered all flags in California to be flown at half staff, and called
Milk a „hard-working and dedicated supervisor, a leader of San Francisco’s gay community, who kept his promise to represent all his constituents“.President Jimmy Carter expressed his shock at both murders and sent his condolences. Speaker of the California Assembly Leo McCarthy called it „an insane tragedy“. „A City in Agony“ topped the headlines in The San Francisco Examiner the day after the murders; inside the paper stories of the assassinations under the headline „Black Monday“ were printed
91
The 32-year-old White, who had been in the Army during the Vietnam War, had run on a tough anti-crime platform in his district. Colleagues declared him a high-achieving „all-American boy“. He was to have received an award the next week for rescuing a woman and child from a 17-story burning building when he was a firefighter in 1977. Though he was the only supervisor to vote against Milk’s gay rights ordinance earlier that year, he had been quoted saying, „I respect the rights of all people, including gays“.Milk and White at first got along well. One of White’s political aides (who was gay) remembered, „Dan had more in common with Harvey than he did with anyone else on the board“. White voted to support a center for gay seniors, and to honor Phyllis Lyon and Del Martin’s 25th anniversary and pioneering work. „The plaque covering Milk’s ashes reads, in part: [Harvey Milk’s] camera store and campaign headquarters at 575 Castro Street and his apartment
background
„GOOD PEOPLE, FINE PEOPLE, WITH FINE BACKGROUNDS, SIMPLY DON’T KILL PEOPLE IN COLD BLOOD“.
upstairs were centers of community activism for a wide range of human rights, environmental, labor, and neighborhood issues. Harvey Milk’s hard work and accomplishments on behalf of all San Franciscans earned him widespread respect and support. His life is an inspiration to all people committed to equal opportunity and an big and bitter end to bigotry.
AFTER MILK’S VOTE FOR THE MENTAL HEALTH FACILITY IN WHITE’S DISTRICT, WHITE REFUSED TO SPEAK WITH MILK AND ONLY COMMUNICATED WITH ONE OF MILK’S AIDES. Other acquaintances remembered White as very intense. „He was impulsive ... He was an extremely competitive man, obsessively so ... I think he could not take defeat,“ San Francisco’s assistant fire chief told reporters. White’s first campaign manager quit in the middle of the campaign, and told a reporter that White was an egotist and it was clear that he was antigay, though he denied it in the press. White’s associates and supporters described him „as a man with a pugilistic temper and an impres-
sive capacity for nurturing a grudge“. The aide who ran between White and Milk remembered, „Talking to him, I realized that he saw Harvey Milk and George Moscone as representing all that was wrong with the world“. When Milk’s friends looked in his closet for a suit for his casket, they learned how much he had been affected by the recent decrease in his income as a supervisor. All of his clothes were coming apart; all of his socks had holes. He was cremated and his ashes were split, most of them scattered in San Francisco Bay by his closest friends. Some of them were encapsulated and buried beneath the sidewalk in front of 575 Castro Street, where Castro Camera had been located. Harry Britt, one of four people Milk listed on his tape as an acceptable replacement should he be assassinated, was chosen by the acting mayor, Dianne Feinstein.
TRIAL Dan White’s arrest and trial caused a sensation, and illustrated severe tensions between the liberal population and the city police. The San Francisco Police were mostly working-class Irish descendants who intensely disliked the growing gay immigration, as well as the
92
liberal direction of the city government. After White turned himself in and confessed, he sat in his cell while his former colleagues on the police force told Harvey Milk jokes; police openly wore „Free Dan White“ T-shirts in the days after the murder.An undersheriff for San Francisco later stated, „The more I observed what went on at the jail, the more I began to stop seeing what Dan White did as the act of an individual and began to see it as a political act in a political movement“. White showed no remorse for his actions, and only exhibited vulnerability during an eight-minute call to his mother from jail. The seated jury for White’s trial consisted of white middle-class San Franciscans who were mostly Catholic; gays and ethnic minorities were excused from the jury pool. The jury was clearly sympathetic to the defendant: some of the members cried when they heard White’s tearful recorded confession, at the end of which the interrogator thanked White for his honesty. They’re weird and they’re dangerous, and you never want to be on their bad side. White’s defense attorney, Doug Schmidt, argued that he was not responsible for his actions, using the legal defense known as popular diminished capacity: „Good people, fine people, with fine backgrounds, simply don’t kill people in cold blood“. Schmidt tried to prove that White’s anguished mental state was a result of manipulation by the politicos in City Hall who had consistently disappointed and confounded him, finally promising to give his job back only to refuse him again. Schmidt said that White’s mental deterioration was demonstrated and exacerbated by his junk food binge the night before the murders, since he was usually known to have been health-food conscious. Area newspapers quickly dubbed it the Twinkie defense. White was acquitted of the murders on May 21, 1979, but found guilty of voluntary manslaughter of both victims, and he was sentenced to serve seven and two-thirds years.
THE THEME
With the sentence reduced for time served and good behavior, he would be released in five.
WHITE NIGHT RIOTS Rioters outside San Francisco City Hall, May 21, 1979, reacting to the voluntary
manslaughter verdict for Dan White.Acting Mayor Feinstein, Supervisor Carol Ruth Silver, and Milk’s successor Harry Britt condemned the jury’s decision. When it was announced over the police radio in the city, someone sang „Danny Boy“ on the police band. A surge of people from the Castro District walked again to City Hall, chanting „Avenge Harvey Milk“ and „He got away with murder“.
Pandemonium rapidly escalated as rocks were hurled at the front doors of the building. Milk’s friends and aides tried to stop the destruction, but the mob of more than 3,000 ignored them and lit police cars on fire. They shoved a burning newspaper dispenser through the broken doors of City Hall, then cheered as the flames grew. One of the rioters responded to a reporter’s question about why they were destroying parts of the city: „Just tell people that we ate too many Twinkies. That’s why this is happening.“ The chief of police ordered the police not to retaliate, but to hold their ground. The White Night riots, as they became known, lasted several hours. Later that evening, May 21, 1979, several police cruisers filled with officers wearing riot gear arrived at the Elephant Walk Bar on Castro Street. Harvey Milk’s protégé Cleve Jones and a reporter for the San Francisco Chronicle, Warren Hinckle, watched as officers stormed into the bar and began to beat patrons at random. After a 15-minute melee, they left the bar and struck out at people walking along the street. The chief of police finally ordered the officers out of the neighborhood.
BY MORNING, 61 POLICE OFFICERS AND 100 RIOTERS AND GAY RESIDENTS OF THE CASTRO HAD BEEN HOSPITALIZED. City Hall, police cruisers, and the Elephant Walk Bar suffered damages in excess of $1,000,000. After the verdict, the District Attorney Joseph Freitas faced a furious gay community to explain what had gone wrong. The prosecutor admitted to feeling sorry for White before the trial, and neglected to ask the interrogator who recorded White’s confession (and who was a childhood friend of White’s and his police softball team coach) about his biases and the support White received from the police because, he said, he did not want to embarrass the detective in front of his family in court. Nor did Freitas question White’s
93
background
frame of mind, lack of a history of mental illness, or bring into evidence city politics, suggesting that revenge may have been a motive. Supervisor Carol Ruth Silver testified on the last day of the trial that White and Milk were not friendly, yet she had contacted the prosecutor and insisted on testifying. It was the only testimony the jury heard about their strained relationship. Freitas blamed the jury who he claimed had been „taken in by the whole emotional aspect of [the] trial“.
AFTERMATH Milk’s and Moscone’s murders and White’s trial changed city politics and the California legal system. In 1980 San Francisco ended district supervisor elections, fearing that a Board of Supervisors so divisive would be harmful to the city, and that they had been a factor in the assassinations. A grassroots neighborhood effort to restore district elections in the mid-1990s proved successful, and the city returned to neighborhood representatives in 2000. As a result of Dan White’s trial, California voters changed the law to reduce the likelihood of acquittals of accused who knew what they were doing but claimed their capacity was impaired. Diminished capacity was abolished as a defense to a charge, but courts allowed evidence of it when deciding whether to incarcerate, commit, or otherwise punish a convicted defendant. The „Twinkie defense“ has entered American mythology, popularly described as a case where a murderer escapes justice because he binged on junk food, simplifying White’s lack of political savvy, his relationships with George Moscone and Harvey Milk, and what San Francisco Chronicle columnist Herb Caen described as pandemic police „dislike of homosexuals“. Dan White served a little more than five years for the double murder of Moscone and Milk. On October 22, 1985, a year and a half after his
release from prison, White was found dead in a running car in his ex-wife’s garage. He was 39 years old. His defense attorney told reporters that he had been despondent over the loss of his family, and the situation he had caused, adding „This was a sick man.“ Harvey Milk’s political career centered on making government responsive to individuals, gay liberation, and the importance of neighborhoods to the city. At the onset of each campaign, an issue was added to Milk’s public political philosophy. His 1973 campaign focused on the first point, that as a small business owner in San Francisco–a city dominated by large corporations that had been courted by municipal government–his interests were being overlooked because he was not represented by a large financial institution. Although he did not hide the fact that he was gay, it did not become an issue until his race for the California State Assembly in 1976. It was brought to the fore in the supervisor race against Rick Stokes, as it was an extension of his ideas of individual freedom. Milk strongly believed that neighborhoods promoted unity and a small-town experience, and that the Castro should provide services to all its residents. He opposed the closing of an elementary school; even though most gay people in the Castro did not have children, Milk saw his neighborhood having the potential to welcome everyone. He told his aides to concentrate on fixing potholes, and boasted that 50 new stop signs had been installed in District 5. Responding to city residents’ largest complaint about living in San Francisco–dog feces–Milk made it a priority to enact the ordinance requiring dog owners to take care of their pets’ droppings. Randy Shilts noted, „some would claim Harvey was a socialist or various other sorts of ideologues, but, in reality, Harvey’s political philosophy was never more complicated than the issue of dogshit; government should solve people’s basic problems.“ Karen Foss, a communications professor at the Uni-
94
versity of New Mexico, attributes Milk’s impact on San Francisco politics to the fact that he was unlike anyone else who had held public office in the city. She writes, „Milk happened to be a highly energetic, charismatic figure with a love of theatrics and nothing to lose ...
USING LAUGHTER, REVERSAL, TRANSCENDENCE, AND HIS INSIDER/OUTSIDER STATUS, MILK HELPED CREATE A CLIMATE IN WHICH DIALOGUE ON ISSUES BECAME POSSIBLE. He also provided a means to integrate the disparate voices of his various constituencies.“ Milk had been a rousing speaker since he began campaigning in 1973, and his oratory skills only improved after he became City Supervisor. His most famous talking points became known as the „Hope Speech“, which became a staple throughout his political career. It opened with a play on the accusation that gay people recruit impressionable youth into their numbers: „My name is Harvey Milk–and I want to recruit you.“ A version of the Hope Speech that he gave near the end of his life was considered by his friends and aides to be the best, and the closing the most effective:And the young gay people in the Altoona, Pennsylvanias and the Richmond, Minnesotas who are coming out and hear Anita Bryant in television and her story. The only thing they have to look forward to is hope. And you have to give them hope. Hope for a better world, hope for a better tomorrow, hope for a better place to come to if the pressures at home are too great. Hope that all will be all right. Without hope, not only gays, but the blacks, the seniors, the handicapped, the us’es, the us’es will give up. And if you help elect to the central committee and other offices, more gay people, that gives a green light to all who feel disenfranchised, a green light to move forward. It means hope to a nation that has given up, because if a gay person makes it, the doors
THE THEME
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: ALPHA MEDIENKONTOR
are open to everyone. In the last year of his life, Milk emphasized that gay people should be more visible to help to end the discrimination and violence against them. Although Milk had not come out to his mother before her death many years before, in his final statement during his taped prediction of his assassination, he urged others to do so: I cannot prevent anyone from getting angry, or mad, or frustrated. I can only hope that they’ll turn that anger and frustration and madness into something positive, so that two, three, four, five hundred will step forward, so the gay doctors will come out, the gay lawyers, the gay judges, gay bankers, gay architects ... I hope that every professional gay will say ‚enough’, come forward and tell everybody, wear a sign, let the world know. Maybe that will help.
THE „TWINKIE DEFENSE“ HAS ENTERED AMERICAN MYTHOLOGY, POPULARLY DESCRIBED AS A CASE WHERE A MURDERER ESCAPES JUSTICE BECAUSE HE BINGED ON JUNK FOOD 95
Milk’s assassination has become entwined with his political efficacy, partly because he was killed at the zenith of his popularity. Historian Neil Miller writes, „No contemporary American gay leader has yet to achieve in life the stature Milk found in death.“ His legacy has become ambiguous; Randy Shilts concludes his biography writing that Milk’s success, murder, and the inevitable injustice of White’s verdict represented the experience of all gays. Milk’s life was „a metaphor for the homosexual experience in America“. According to FitzGerald, Milk’s legend has been unable to be sustained as no one appeared able to take his place after his death: „The Castro saw him as a martyr but understood his martyrdom as an end rather than a beginning. He had died, and with him a great deal of the Castro’s optimism, idealism, and ambition seemed to die as well. The Castro could find no one to take his place in its affections, and possibly wanted no one.“ On the 20th anniversary of Milk’s death, historian D’Emilio said, „The legacy that I think he would want to be remembered for is the imperative to live one’s life at all times with integrity.“
GUS VAN SANT
96
face to face
AUSSENSEITER IN EINEM VERWUNSCHENEN KOSMOS
MALA NOCHE 97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: ALPHA MEDIENKONTOR
In den Sommern der ausgehenden siebziger Jahre sieht man sie durch die dunkelsten Ecken von Portland streunen. Junge Kerle mit weit aufgeknöpften Hemden, einer lässig im Mundwinkel hängenden Kippe und einem Gang so breit, als gehörte ihnen der Asphalt. Es ist die Mimikry der Straße. Die Mexikaner, die über die Grenze kommen, um hier in Oregon zu arbeiten, als Stricher, Lagerarbeiter oder Tagelöhner auf den Obstfeldern, verstehen zwar kaum ein Wort Englisch. Aber sie wissen nur allzu gut, dass sie Vogelfreie sind. Walt Curtis, ein Asphaltdichter aus Portland, hat diese Outlaws beschrieben. Er ist ihnen selbst auf der Straße begegnet, hat sich in Johnny, einen von ihnen, verliebt, wurde abgewiesen, hat sich angebiedert, übers Ohr hauen lassen und aus diesem Wechselspiel 1977 seinen ersten Roman Mala Noche verfasst. Gus Van Sant, ein anderer Independent-Star aus der gleichen Gegend, drehte aus dem Stoff 1985 seinen ersten Spielfilm. Und man kann es dem deutschen Verleih nicht hoch genug anrechnen, dass er Mala Noche, dieses Debüt, das – von ein paar handverlesenen Festivalvorführungen abgesehen – noch nicht im Kino zu sehen war, nach über zwanzig Jahren auf die Leinwand holt.
Van Sant, der die 25000 Dollar für den Schwarz-Weiß-Film selbst aufgebracht hat, inszeniert dieses »Little Mexico« als einen verwunschenen Kosmos der unrettbar Einsamen. Als eine Welt, in der nicht nur illegale Migranten, sondern auch alle legalen Nordamerikaner verloren durch das eigene Leben driften. Obdachlose, Kriegsveteranen, Verrückte, Säufer, Kranke, das Panoptikum eines Landes, das sein einst so euphorisches Glücksversprechen schon lange nicht mehr für jeden Einwanderer wahr machen kann. Es ist schon erstaunlich, mit welcher stilistischen und erzählerischen Sicherheit sich Van Sant durch dieses Terrain der jugendlichen Außenseiter bewegt, dem mit dem ersten Bild und fortan für die noch folgenden Filme seine ganze Sympathie gehören wird. 111
FILMLEXIKON
DIE DIVA UND DER DETEKTIV IM FILMLEXIKON LERNEN WIR IN JEDER AUSGABE WICHTIGE FAKTEN, DIE FILMGESCHICHTLICH BEDEUTSAM SIND UND DOCH VIEL ZU SELTEN THEMATISIERT WERDEN. DIESES MAL EIN KURZER ABRISS ÜBER DAS GENRE DES FILM NOIRS
HERKUNFT Der Begriff »Film noir« wurde von dem französischen Filmkritiker NINO FRANK geprägt. In seinem 1946 erschienenen Artikel geht er auf US-amerikanische Filme der 40er-Jahre ein, die aufgrund eines Importverbots erst nach Kriegsende den Weg in die europäischen Kinos fanden. Darunter waren neben drei der klassischen Hollywood Filmen auch Frau ohne Gewissen (1944), Laura (1944), Die Spur des Falken (1941) und Leb wohl, Liebling (1944). In diesen vier Produktionen glaubte Frank EINE NEUE SPIELART DES KRIMINALFILMS zu entdecken – eine, die grundsätzlich mehr Augenmerk auf die Charakterisierung der Figuren als auf die Handlung legte. Er wies auf den Einsatz von Off-Kommentaren hin, welche die Handlung fragmentierten und die »lebensechte« Seite des Films hervorhoben. Im Gegensatz zu Zuschreibungen wie Horrorfilm, Thriller oder Western wurde der Begriff auf
112
Seiten der Filmpublizistik entwickelt und mit Sinn gefüllt und im Nachhinein eine Gruppe an vormals lose wahrgenommenen Filmen zusammengefasst. In den USA wurden die Filme, die später »Noir« genannt werden sollten, oft als psychological melodrama oder psychological thriller bezeichnet.
GENRE ODER NICHT? Es besteht kein Konsens darüber, wie Film noir zu klassifizieren ist. In einem der ersten Aufsätze über Film noir, verfasst von RAYMOND BORDE und ÉTIENNE CHAUMETON, heißt es: Eine neue »Serie« war im Film entstanden. Eine Serie kann definiert werden als eine Gruppe von Filmen aus einem Land, die gewisse Eigenschaften wie visueller Stil, Atmosphäre, Thematik so überzeugend teilen, dass ihnen dadurch mit der Zeit ein unverkennbarer Charakter verliehen wird.
film noir
CHARLES HIGHAM und JOEL GREENBERG sehen den Film noir jedoch als eigenständiges Genre: »The visual mode was intensely romantic, and its precise matching to the stories of fatal women and desperate men […] gave Forties film noir its completeness as a genre. A world was created, as sealed off from reality as the world of musicals and of Paramount sophisticated comedies, yet in its way more delectable than either.«
Viele Filmwissenschaftler zählen Die Spur des Falken von 1941 als ersten und Im Zeichen des Bösen von 1958 als letzten Film noir der klassischen Ära. Doch sowohl Vorläufer des Film noir – wie etwa Blinde Wut (1936) – als auch jüngere Filme können unter den Begriff fallen. Das sind beispielsweise französische Kriminalfilme der sechziger Jahre und auch jüngere Produktionen aus beliebigen Ländern, die Noir-Elemente enthalten. Meistens werden sie
Die visuelle Form war stark romantisch, und ihre exakte Anpassung an die
GESCHICHTEN FATALER FRAUEN UND HOFFNUNGSLOSER MÄNNER gab dem Film noir der 40er-Jahre seine Vollkommenheit als Genre. Eine Welt wurde erschaffen, die so von der Realität abgeriegelt war wie die Welt der Musicals und Paramounts feinsinniger Komödien, aber dennoch auf ihre Weise köstlicher als beide. Dagegen heißt es bei dem Kritiker RAYMOND DURGNAT:
Der Film noir ist kein Genre wie der Western oder der Gangsterfilm, und er führt uns in den Bereich der Klassifizierung nach MOTIV UND FÄRBUNG. Einen weiteren Hinweis gab PAUL SCHRADER, als er den Film noir mit Stilrichtungen wie der NOUVELLE VAGUE ODER DEM ITALIENISCHEN NEOREALISMUS verglich. Wie diese sei auch der Film noir als ein zeitlich begrenztes und vorrangig durch motivische und stilistische Merkmale gekennzeichnetes Phänomen zu sehen.
ABGRENZUNG Es gibt keine allgemein anerkannte Definition für den Film noir, jedoch ist eine Reihe von Kriterien diskutiert worden. Zum einen ist der ZEITLICHE RAHMEN, in dem Films noirs entstanden, begrenzt.
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: ALPHA MEDIENKONTOR
»The film noir is not a genre, as the Western and gangster film, and takes us into the realm of classification by motif and tone.«
113
jedoch nicht ausdrücklich als Film noir, sondern eher als »Neo-Noir« oder Ähnliches klassifiziert. Wie der Zeitraum spielt auch die Herkunft eine sehr entscheidende Rolle. Zum klassischen Film noir werden in der Regel nur US-amerikanische Filme gezählt – so sehen es die Filmkritiker ALAIN SILVER und ELIZABETH WARD. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass auch nicht-amerikanische,
FILMLEXIKON
vor allem französische Filme Elemente des Film noir entweder vorwegnahmen oder wieder aufgriffen.Ein weiteres KRITERIUM IST DIE FARBE. Nach Ansicht vieler Kritiker müssen Films noirs zwingend in Schwarz-Weiß gedreht sein, die IMDb listet jedoch auch eine Handvoll Farbfilme als Film noir, darunter Todsünde (1945).Nicht zuletzt gibt es eine Menge von stilistischen Merkmalen, die mitunter zur Abgrenzung herangezogen werden. Diese werden im folgenden Abschnitt ausführlich behandelt.
MERKMALE DES GENRES THEMEN UND FIGUREN KRIMINALITÄT, insbesondere Mord, ist ein Kernelement fast aller Films noirs, wobei häufig MOTIVE WIE GELDGIER ODER EIFERSUCHT zum Tragen kommen. Die Aufklärung des Verbrechens, mit der ein Privatdetektiv, ein Polizeikommissar oder eine Privatperson befasst sein kann, ist ein häufiges, aber dennoch nicht vorherrschendes Thema. In anderen Plots mag es um einen Überfall, um Betrügereien oder um Verschwörungen und Affären gehen. Films noirs drehen sich tendenziell um HELDEN (EIGENTLICH ANTIHELDEN), die ungewöhnlich lasterhaft und moralisch fragwürdig sind. Sie werden häufig als alienated (dt. veräußert, entfremdet) beschrieben, oder in den Worten von Alain Silver und Elizabeth Ward, als »erfüllt von existenzieller Verbitterung«. Unter den archetypischen Charakteren des Film noir finden sich hartgesottene (»hardboiled«) Detektive, Femmes fatales, korrupte Polizisten, eifersüchtige Ehemänner, unerschrockene Versicherungsangestellte sowie heruntergekommene Schriftsteller. Von diesen sind, wie das Gros der Neo-Noirs zeigt, der Detektiv und die Femme fatale diejenigen Charaktere, die am ehesten mit Film noir assoziiert werden, obwohl bei weitem nicht alle der klassischen
Films noirs diese beiden Charaktere zeigen. Typisch für den Film noir sind die URBANEN SCHAUPLÄTZE, wobei Los Angeles, San Francisco, New York City und Chicago wohl zu den beliebtesten zählen. Die Stadt steht meist sinnbildlich für EIN LABYRINTH, IN DEM DIE PROTAGONISTEN GEFANGEN SIND; Bars, Nachtclubs und Spielhöllen sind die üblichen Schauplätze der Handlung. Besonders die Spannungshöhepunkte in einigen Filmen liegen in komplexen, oft industriellen Szenerien, so zum Beispiel die Explosion in Sprung in den Tod. Es ist nach weitläufiger Meinung zwar so, dass Films noirs quasi immer bei Nacht und im Regen spielen. Dagegen gibt es bei einer Reihe von Neo-Noirs jedoch den Trend, Geschichten über Betrug, Verführung und Verrat in hellen, offenen Szenen zu platzieren, beispielsweise in Der Tod eines Killers (1964) oder Todesstille (1989).
HELL-DUNKEL-KONTRASTE und AUFFÄLLIGE SCHATTENBILDER erzeugt. Insbesondere der Schatten einer geöffneten Jalousie, der auf die Szene fällt, ist eine ikonografische Eigenart des Film noir, die schon früh zum Klischee avancierte. Zwar wird die Schwarzweiß Kamera als essenziell für den Film noir angesehen, doch gibt es mit Todsünde (1945) oder Vertigo – Aus dem Reich der Toten (1958) auch Beispiele für Farbfilme, die mitunter als Film noir anerkannt sind. Außerdem ist der Film noir für seinen Gebrauch von SCHRÄGSICHTEN,
NIEDRIGER KAMERAPERSPEKTIVE SOWIE WEITWINKELN bekannt. Aufnahmen von Personen im Spiegel und durch gewölbtes Glas hindurch sowie andere bizarre Effekte kennzeichnen den Film noir. In den späten 40er-Jahren wurde es zudem üblich, an Originalschauplätzen und bei Nacht zu drehen.
WELTSICHT UND STIMMUNG
ERZÄHLTECHNIK Die Erzählweise vieler Film noirs bricht mit den damaligen Konventionen. RÜCK-
BLENDEN, VORAUSBLENDEN UND ANDERE VERZERRENDE TECHNIKEN wurden angewandt. In einigen Filmen wird eine VOICE-OVER-ERZÄHLUNG meistens durch die Hauptfigur, eher selten durch einen allwissenden Erzähler als strukturierendes Mittel verwendet. Rückblenden und Voice-over sind in sehr vielen Neo-Noirs zu entdecken. Des Weiteren sind Film noirs stärker als andere HollywoodProduktionen auf die Sicht des Protagonisten fixiert: In Die Dame im See (1947) ist jede einzelne Szene aus dem Blickwinkel der Hauptfigur gefilmt, sodass diese sich dem Betrachter lediglich in Spiegelbildern zeigt. Filme des NeoNoir bieten weitergehende experimentelle Ansätze in der Erzählweise.
VISUELLER STIL Der Stil des Film noir ist geprägt von einer LOW-KEY-BELEUCHTUNG, die KRÄFTIGE
114
Film noir ist grundsätzlich pessimistisch. In den Geschichten, die als charakteristisch angesehen werden, finden sich die Figuren in unerhofften SITUATI-
ONEN GEFANGEN UND KÄMPFEN GEGEN DAS SCHICKSAL, das ihnen in der Regel ein schlimmes Ende beschert. Die Filme beschreiben eine Welt, der die Korruption innewohnt. Von vielen Filmtheoretikern wird Film noir mit der Gesellschaft seiner Zeit in den USA, die infolge des Zweiten Weltkriegs von Angst und Befremdung gekennzeichnet ist, in Verbindung gebracht. Nicholas Christopher fasst es so: »Es ist, als hätten der Krieg und die danach auftretenden sozialen Missstände Dämonen freigelassen, die in der Psyche der Nation eingeflascht gewesen waren.« Der Film noir spiegelte also, wie auch die KOMMUNISTENANGST (RED SCARE) in den 50er-Jahren, gesellschaftliche Paranoia wider – eines der besten Beispiele hierfür ist der Film Rattennest
film noir
aus dem Jahre 1955. Anstatt sich auf einfache Gut und Böse Konstruktionen zu beschränken, baut der Film noir
MORALISCHE ZWICKMÜHLEN AUF, DIE UNGEWÖHNLICH UNEINDEUTIG SIND zumindest fürs typische Hollywood-Kino. Es sind keine Charaktere, die ihre Ziele nach klaren moralischen Vorgaben verfolgen: Der Ermittler in Die Spur des Fremden (1946), der wie besessen einen Nazi-Verbrecher aufspüren will, bringt andere Personen in Lebensgefahr, um die Zielperson zu fassen. »Das Kennzeichen des Film noir ist sein Sinn für in einer Falle sitzende Menschen – gefangen in einem Netz von Paranoia und Angst, unfähig, Schuld von Unschuld zu unterscheiden, echte Identität von falscher. Die Bösen sind anziehend und sympathisch […]. Seine Helden und Heldinnen sind schwach, verstört. Die Umwelt ist düster und verschlossen, die Schauplätze andeutungsweise bedrückend. Am Ende wird das Böse aufgedeckt, aber das Überleben der Guten bleibt unklar und zwiespältig.« Die pessimistische Stimmung des Film noir bezeichnen Kritiker auch als dunkel und »überwältigend schwarz« (Robert Ottoson). Paul Schrader schrieb, dass Film noir durch seine Stimmung definiert sei, eine Stimmung, die er als »hoffnungslos«bezeichnet. Auf der anderen Seite sind gewisse Filme der Schwarzen Serie jedoch berühmt für die SCHLAGFERTIGKEIT ihrer HardboiledFiguren, die mit sexuellen Anspielungen und selbstreflektivem Humor gespickt ist.
GESCHICHTE VORGESCHICHTE DES FILM NOIR Die Ästhetik des Film noir ist stark vom DEUTSCHEN EXPRESSIONISMUS geprägt, einer filmischen Stilrichtung der 10er- und 20er-Jahre, die eng mit
zeitgenössischen Strömungen in Theater, Fotografie, Malerei, Bildhauerei und Architektur verwandt ist. Die Möglichkeiten, die die expandierende Filmindustrie Hollywoods bot, und die aufkommende nationalsozialistische Gefahr führten dazu, dass bedeutende deutsche und österreichische Filmemacher, die mit dem Expressionismus vertraut waren, auswanderten. Hierzu zählen vor allem die Regisseure FRITZ
LANG, ROBERT SIODMAK, BILLY WILDER, OTTO PREMINGER, JOHN BRAHM, KARL FREUND, MAX OPHÜLS, DOUGLAS SIRK, FRED ZINNEMANN, WILLIAM DIETERLE, EDGAR G. ULMER, CURTIS BERNHARDT und RUDOLPH MATÉ, sowie die Filmkomponisten FRANZ WAXMAN und MAX STEINER. Sie brachten eigene Techniken der Bildgestaltung mit nach Hollywood, wo sie einige der berühmtesten Films noirs drehten. Schon seit den Zwanzigerjahren war der in Wien geborene JOSEF VON STERNBERG in den USA tätig. Seine Filme ShanghaiExpress (1932) und Der Teufel ist eine Frau (1935) nehmen mit ihrer Erotik und ihrem barocken Stil zentrale Elemente des Film noir vorweg. Der Erfolg von Sternbergs Unterwelt (1927) bei Kinokassen und Kritikern war verantwortlich für das Aufkommen des Gangsterfilms; dessen klassische Vertreter (z. B. Der öffentliche Feind) zeigten, dass es ein Publikum für Kriminalgeschichten mit moralisch verwerflichen Protagonisten gab. Vom Expressionismus beeinflusst waren auch einige Universal-Horrorfilme, von denen besonders Der Unsichtbare (1933) von Regisseur JAMES WHALE an spätere Films noirs erinnert. Auch aus Osteuropa importierten Filmkünstler ihren Stil nach Hollywood. So zum Beispiel der ukrainische Regisseur ANATOLE LITVAK , der ungarische Regisseur MICHAEL CURTIZ , oder auch der ungarische Kameramann JOHN ALTON, der unter anderem in den Films noirs Schritte in der Nacht (1948) und Geheimring 99 (1955) mitwirkte. Ein weiterer wichtiger Vorläufer des klassischen Film noir ist der POETISCHE
115
REALISMUS im Frankreich der 30erJahre, der mit seiner romantischen, aber fatalistischen Art dem Untergang geweihte Helden zeigte. Auch der ITALIENISCHE NEOREALISMUS mit seiner quasidokumentarischen Authentizität nahm Einfluss auf die Entwicklung des Film noir – so deutete Regisseur JULES DASSIN (Stadt ohne Maske, 1948) darauf hin, dass die Neorealisten ihn zum amateurhaften Filmen an Originalschauplätzen inspiriert hätten. Unter den Werken, die selbst nicht klar als Film noir angesehen werden, hatte wohl keiner einen größeren Einfluss auf das Genre als Citizen Kane (1941) von Regisseur ORSON WELLES. Dessen visuelle Verworrenheit und komplexe, durch Voice-over vorangetriebene Erzählstruktur wurden in zahlreichen Films noirs wieder eindeutig aufgegriffen.
LITERARISCHE VORLAGEN Den hauptsächlichen und literarischen Einfluss auf den Film noir hatte die
HARDBOILED- SCHULE AMERIKANISCHER KRIMINALLITERATUR , die in frühen Jahren von Autoren wie DASHIELL HAMMETT und JAMES M. CAIN geprägt und in Romanheften wie Black Mask bekannt gemacht wurde. Die klassischen Films noirs Die Spur des Falken (1941) und Der gläserne Schlüssel (1942) basierten auf Geschichten von Hammett; Cains Romane bildeten die Grundlage für Frau ohne Gewissen (1944), Solange ein Herz schlägt (1945), Im Netz der Leidenschaften (1946) und Straße des Verbrechens (1956, adaptiert von Love’s Lovely Counterfeit). Ein Jahrzehnt vor dem Beginn der »klassischen Ära« war eine von Dashiell Hammetts Geschichten Grundlage für das Gangster-Melodrama Straßen der Großstadt (1931) von Regisseur Rouben Mamoulian und Kameramann Lee Garmes, der regelmäßig mit Josef von Sternberg zusammengearbeitet hatte. Der Stil und die Story des Films, die sich mit Charakteristika des Film noir verbinden, machen
116
117
118
119
FILMLEXIKON
Straßen der Großstadt, der einen Monat vor Fritz Langs M – Eine Stadt sucht einen Mörder veröffentlicht wurde, möglicherweise zum ersten Film noir. Bald wurde RAYMOND CHANDLER, der sein Romandebut 1939 mit The Big Sleep hatte, zum bekanntesten Autor der Hardboiled-Schule. Nicht nur wurden Chandlers Romane zu herausragenden Films noirs verarbeitet – so etwa Leb’ wohl, Liebling (1944, adaptiert von Farewell, My Lovely), Tote schlafen fest (1946) und Die Dame im See (1947) – er war auch ein für das Genre wichtiger Drehbuchautor, der die Skripte zu Frau ohne Gewissen (1944), Die blaue Dahlie (1946) und Der Fremde im Zug (1951) verfasste. Während Chandler wie Hammett die meisten seiner Geschichten auf den Charakter des Privatdetektivs ausrichtete, stellte Cain weniger heldenhafte Protagonisten dar und fokussierte mehr auf die psychologische Studie als auf die Aufklärung des Verbrechens; dieser Ansatz von Cain wurde bald mit einem Unterbegriff der HardboiledSchule, der noir fiction, in Verbindung gebracht. Ein weiterer sehr erfolgreicher Autor dieser oft pessimistischen Sorte von Spannungsromanen war in den 40er-Jahren CORNELL WOOLRICH (auch unter den Pseudonymen George Hopley und William Irish bekannt). Kein anderer Autor steuerte so viele Vorlagen zu Films noirs bei wie Woolrich: insgesamt dreizehn, darunter Vergessene Stunde (1946), Deadline at Dawn (1946) und Angst in der Nacht (1947).
obwohl sie bereits so früh erschienen sind. Burnetts typische Erzählweise lag irgendwo zwischen derjenigen der essentiellen Hardboiled-Autoren und derjenigen der Noir-fiction-Schreiber – seine Protagonisten waren oft auf ihre Weise heldenhaft, ähnlich wie in den Gangsterfilmen. In derjenigen »klassischen Ära« war sein Werk, ob als Roman- oder Drehbuchautor, die Basis für sieben Filme, die nun weitgehend als Films noirs angesehen werden, darun-
Eine ausschlaggebende Quelle für den Film noir, die öfters übersehen wird, war W. R. BURNETT, dessen erster Roman, Little Caesar, 1929 veröffentlicht wurde – dieser sollte 1931 zum WarnerBros.-Klassiker Der kleine Caesar verarbeitet werden. Im darauffolgenden Jahr wurde Burnett engagiert, um Dialog zu Scarface zu schreiben, während gleichzeitig der Film The Beast of the City von einer seiner Geschichten adaptiert wurde. Manche Kritiker betrachten letztere beiden Filme als Films noirs,
120
ter Entscheidung in der Sierra (1941), Die Narbenhand (1942) und AsphaltDschungel (1950).
»SCHWARZE SERIE« Nachdem das klassische HollywoodKino Ende der Dreißigerjahre seine Blütezeit verlebt hat, entwickelt sich in den Vereinigten Staaten ein Filmstil,
film noir
der später als Film noir bekannt werden sollte. Wenngleich die Ursprünge dieses Stils durchaus weiter zurückreichen, wird nach Ansicht vieler Kritiker JOHN HUSTONS Detektivfilm Die Spur des Falken (1941) als ERSTER FILM NOIR angesehen. (Gelegentlich wird auch der kurz vorher erschienene, aber weniger bekannte Stranger on the Third Floor aus dem Jahr 1940 genannt.) Der Film, in dem Humphrey Bogart und Mary Astor als Hauptdarsteller auftreten, erscheint angesichts seines FilmstudioSettings zwar noch herkömmlich, besitzt jedoch mit dem Privatdetektiv und anderen Charakteren, sowie auch mit der schattenreichen Bildgestaltung, typische Merkmale späterer Films noirs. Damit beginnt auch die erste von drei PHASEN DES AMERIKANISCHEN FILM NOIR, die der Kritiker Paul Schrader unterscheidet, die »WAR PERIOD« (»Kriegsphase«) etwa von 1941 bis 1946. In diesen Jahren ist der Charakter des Privatdetektivs oder des so genannten »einsamen Wolfs« vorherrschend. Die Krimi- und Drehbuchautoren CHANDLER und HAMMETT dominieren den Kriminalfilm, und eine Reihe von Charakterdarstellern haben sich im Film noir etabliert: Humphrey Bogart und Lauren Bacall liefern mit ihrem Auftritt in Tote schlafen fest (1946) eine der besten schauspielerischen Leistungen des Detektivfilms; Alan Ladd und Veronica Lake spielten in den frühen Films noirs Die Narbenhand und Der gläserne Schlüssel (beide 1942) Seite an Seite. Allgemein sind die Films noirs dieser Phase noch sehr textlastig und stammen von Regisseuren, die schon länger hoch angesehen waren, wie zum Beispiel TAY GARNETT (Im Netz der Leidenschaften, 1946), FRITZ LANG (Gefährliche Begegnung, 1944) oder HOWARD HAWKS (Tote schlafen fest, 1946). Als zweite Phase der »Schwarzen Serie« nennt Paul Schrader die »POST-WAR REALISTIC PERIOD« (»realistische Nachkriegsphase«) etwa von 1945 bis 1949. Die Filme aus dieser Zeit handeln stär-
ker vom Verbrechen auf der Straße, von korrupten Politikern und normalen Polizisten. Die Helden waren weit weniger romantisch als ihre Vorgänger, und das Erscheinungsbild der Filme war sehr städtisch geworden. Ein geradezu wegweisender Film für diesen Stil war BILLY WILDERS Frau ohne Gewissen, der bereits 1944 erschien. Dessen stock finsteres Erscheinungsbild, gepaart mit einer schonungslos klaren Erzählweise, war Vorbild für viele Filme dieser Phase, darunter Rächer der Unterwelt (1946), Todeskuß (1947) und Spiel mit dem Tode (1948).
DES FILM NOIR – als zeitlich begrenztes
Die dritte und letzte Phase, etwa von 1949 bis 1953, ist laut Schrader die »PE-
Wie auch „Film noir“ war der Begriff „Neo-Noir“ ein im Nachhinein geprägter Begriff, der seit den frühen 80erJahren solche Filme zusammenfasste, die die Tradition des klassischen Film noir fortführten. Darunter fallen bis heute Filme, die visuelle, narrative und andere Elemente des Film noir entweder variierten (wie z. B. Außer Atem, 1959) oder schlicht reproduzierten (etwa L.A. Confidential, 1997). Gegner dieses Begriffes, die im Film noir ein zeitliches, abgeschlossenes Phänomen sehen, argumentieren, dass der Film noir durch seinen historischen Kontext, insbesondere den Zweiten Weltkrieg definiert sei und somit in jüngerer Zeit keine Grundlage mehr habe. Dennoch bestehen einige Kritiker wie z. B. Foster Hirsch darauf, dass es Filme mit den Charaktereigenschaften des Film noir nach wie vor gibt und sie daher auch als „Neo-Noir“ bezeichnet werden dürfen.
RIOD OF PSYCHOTIC ACTION AND SUICIDAL IMPULSE« (»Phase wahnsinniger Handlungen und selbstmörderischer Triebe«). Auf psychologischer Ebene sind der Entfremdung der Protagonisten nun keine Grenzen mehr gesetzt – was sich zum Beispiel in JOSEPH H. LEWIS Gangsterdrama Gefährliche Leidenschaft (1949) niederschlägt. Ebenso wurden die visuellen Eigenarten und die düstere Stimmung der vergangenen Jahre auf die Spitze getrieben. Der Film noir der Fünfzigerjahre gab sich häufig als B-Film zu erkennen, manchmal sogar mit Budgets unter 150 000 US-Dollar. Auf diese Weise mussten die Filme jedenfalls keinen großen Erwartungen hinsichtlich positiver Aussage oder Ähnlichem entsprechen. Typische Vertreter sind OTTO PREMINGERS Faustrecht der Großstadt (1950), GORDON DOUGLAS Den Morgen wirst du nicht erleben (1950) und FRITZ LANGS Heißes Eisen (1953). Als 1955 der mystisch-bedrohliche Film Rattennest von ROBERT ALDRICH herauskam, war das Phänomen Film noir schon in der Auflösung begriffen. Die pessimistische Stimmung der Nachkriegsgesellschaft legte sich langsam, und zugleich waren Fernsehen und Farbfilm auf dem Vormarsch. ORSON WELLES Meisterwerk Im Zeichen des Bösen aus dem Jahre 1958 wird meistens als SCHLUSSPUNKT
121
Genre bzw. Stilrichtung – angesehen. Trotzdem gab und gibt es auch danach noch Filme, die thematische, visuelle oder andere Elemente des klassischen Film noir wieder aufgriffen – diese fallen unter den Begriff »Neo-Noir«. Außerdem gab es früher wie später auch außerhalb der Vereinigten Staaten Filme, die als Film noir klassifiziert werden können.
»NEO NOIR«
FILMLEXIKON
| VIERZEHN JAHRE SING-SING (I WALK ALONE) BYRON HASKIN
1948
DER GENRE HORIZONT ÜBERBLICK ÜBER ALLE WICHTIGEN VERTRETER DES FILM NOIRS
AKT DER GEWALT (ACT OF VIOLENCE) FRED ZINNEMANN | THE DARK PAST RUDOLPH MATÉ | DU LEBST NOCH 105 MINUTEN (SORRY, WRONG NUMBER) ANATOLE LITVAK | FLUCHT OHNE AUSWEG (RAW DEAL) ANTHONY MANN | GANGSTER IN KEY LARGO (KEY LARGO) JOHN HUSTON | IM SCHATTEN DER NACHT (THEY LIVE BY NIGHT) NICHOLAS RAY | KENNWORT 777 (CALL NORTHSIDE 777) HENRY HATHAWAY | DIE MACHT DES BÖSEN (FORCE OF EVIL) ABRAHAM POLONSKY | NACHTCLUB-LILLY (ROAD HOUSE) JEAN NEGULESCO | SCHREI DER GROSSSTADT (CRY OF THE CITY) ROBERT SIODMAK | SKRUPELLOS (RUTHLESS) EDGAR G. ULMER | SPIEL MIT DEM TODE (THE BIG CLOCK) JOHN FARROW
1949
FILMS NOIRS DER »KLASSISCHEN ÄRA« 1940/ 41 UMLEITUNG (DETOUR) EDGAR G. ULMER NACHTS UNTERWEGS (THEY DRIVE BY NIGHT) RAOUL WALSH | STRANGER ON THE THIRD FLOOR BORIS INGSTER | ENTSCHEIDUNG IN DER SIERRA (HIGH SIERRA) RAOUL WALSH | DIE SPUR DES FALKEN (THE MALTESE FALCON) JOHN HUSTON | UFER IM NEBEL (OUT OF THE FOG) ANATOLE LITVAK
1942/ 43 DER GLÄSERNE SCHLÜSSEL (THE GLASS KEY) STUART HEISLER | DIE NARBENHAND (THIS GUN FOR HIRE) FRANK TUTTLE | IM SCHATTEN DES ZWEIFELS (SHADOW OF A DOUBT) ALFRED HITCHCOCK
1944 FRAU OHNE GEWISSEN (DOUBLE INDEMNITY) BILLY WILDER | GEFÄHRLICHE BEGEGNUNG (THE WOMAN IN THE WINDOW FRITZ LANG | LAURA OTTO PREMINGER | LEB’ WOHL, LIEBLING (MURDER, MY SWEET) EDWARD DMYTRYK | DIE MASKE DES DIMITRIOS (THE MASK OF DIMITRIOS) JEAN NEGULESCO | ZEUGE GESUCHT (PHANTOM LADY) ROBERT SIODMAK
1945 CORNERED EDWARD DMYTRYK | MORD IN DER HOCHZEITSNACHT (FALLEN ANGEL) OTTO PREMINGER | SOLANGE EIN HERZ SCHLÄGT (MILDRED PIERCE) MICHAEL CURTIZ | STRASSE DER VERSUCHUNG (SCARLET STREET) FRITZ LANG | TODSÜNDE (LEAVE HER TO HEAVEN) JOHN M. STAHL |
1946 DIE BLAUE DAHLIE (THE BLUE DAHLIA) GEORGE MARSHALL | FEIND IM DUNKEL (THE DARK CORNER) HENRY HATHAWAY | GILDA CHARLES VIDOR | IM NETZ DER LEIDENSCHAFTEN (THE POSTMAN ALWAYS RINGS TWICE) TAY GARNETT | RÄCHER DER UNTERWELT (THE KILLERS) ROBERT SIODMAK | DIE SELTSAME LIEBE DER MARTHA IVERS (THE STRANGE LOVE OF MARTHA IVERS) LEWIS MILESTONE | DIE SPUR DES FREMDEN (THE STRANGER) ORSON WELLES | TOTE SCHLAFEN FEST (THE BIG SLEEP) HOWARD HAWKS | WEISSER OLEANDER (DRAGONWYCK) JOSEPH L. MANKIEWICZ
1947 DIE DAME IM SEE (LADY IN THE LAKE) ROBERT MONTGOMERY | GEHEIMAGENT T (T-MEN) ANTHONY MANN | GOLDENES GIFT (OUT OF THE PAST) JACQUES TOURNEUR | JAGD NACH MILLIONEN (BODY AND SOUL) ROBERT ROSSEN | IM KREUZFEUER (CROSSFIRE) EDWARD DMYTRYK | DIE LADY VON SHANGHAI (THE LADY FROM SHANGHAI) ORSON WELLES | REITE AUF DEM ROSA PFERD (RIDE THE PINK HORSE) ROBERT MONTGOMERY | DER SCHARLATAN (NIGHTMARE ALLEY) EDMUND GOULDING | DIE LANGE NACHT (THE LONG NIGHT) ANATOLE LITVAK | DIE SCHWARZE NATTER (DARK PASSAGE) DELMER DAVES | SPÄTE SÜHNE (DEAD RECKONING) JOHN CROMWELL | DER TODESKUSS (KISS OF DEATH) HENRY HATHAWAY | ZELLE R 17 (BRUTE FORCE) JULES DASSIN
122
GEFÄHRLICHE LEIDENSCHAFT (DEADLY IS THE FEMALE) JOSEPH H. LEWIS| GEHEIMAKTION CARLOTTA (THE BRIBE) ROBERT Z. LEONARD | GEWAGTES ALIBI (CRISS CROSS) ROBERT SIODMAK | OPFER DER UNTERWELT (D.O.A.) RUDOLPH MATÉ | SPRUNG IN DEN TOD (WHITE HEAT) RAOUL WALSH | RING FREI FÜR STOKER THOMPSON (THE SET-UP) ROBERT WISE | DER STACHEL DES BÖSEN (BEYOND THE FOREST) KING VIDOR | ZWISCHEN FRAUEN UND SEILEN (CHAMPION) MARK ROBSON
1950 ASPHALT-DSCHUNGEL (THE ASPHALT JUNGLE) JOHN HUSTON | BOULEVARD DER DÄMMERUNG (SUNSET BLVD.) BILLY WILDER | EIN EINSAMER ORT (IN A LONELY PLACE) NICHOLAS RAY | FAUSTRECHT DER GROSSSTADT (WHERE THE SIDEWALK ENDS) OTTO PREMINGER | DIE RATTE VON SOHO (NIGHT AND THE CITY) JULES DASSIN | UNTER GEHEIMBEFEHL (PANIC IN THE STREETS) ELIA KAZAN
1951/ 52 DER FREMDE IM ZUG (STRANGERS ON A TRAIN) ALFRED HITCHCOCK | REPORTER DES SATANS (ACE IN THE HOLE) BILLY WILDER | MASKIERTE HERZEN (SUDDEN FEAR) DAVID MILLER | ENGELSGESICHT (ANGEL FACE) OTTO PREMINGER | ON DANGEROUS GROUND NICHOLAS RAY | UM HAARESBREITE (THE NARROW MARGIN) RICHARD FLEISCHER
1953/ 54 HEISSES EISEN (THE BIG HEAT) FRITZ LANG | ICH BEICHTE (I CONFESS) ALFRED HITCHCOCK | POLIZEI GREIFT EIN (PICKUP
film noir
ON SOUTH STREET) SAMUEL FULLER | DER ATTENTÄTER (SUDDENLY) LEWIS ALLEN | VON DER POLIZEI GEHETZT (CRIME WAVE) ANDRÉ DE TOTH
1955 AN EINEM TAG WIE JEDER ANDERE (THE DESPERATE HOURS) WILLIAM WYLER | BÖSE SAAT (THE BAD SEED) MERVYN LEROY | GEHEIMRING 99 (THE BIG COMBO) JOSEPH H. LEWIS | DIE NACHT DES JÄGERS (THE NIGHT OF THE HUNTER) CHARLES LAUGHTON | RATTENNEST (KISS ME DEADLY) ROBERT ALDRICH | DER TIGER VON NEW YORK (KILLER‘S KISS) STANLEY KUBRICK
1956 DIE BESTIE (WHILE THE CITY SLEEPS) FRITZ LANG | DER FALSCHE MANN (THE WRONG MAN) ALFRED HITCHCOCK | JENSEITS ALLEN ZWEIFELS (BEYOND A REASONABLE DOUBT) FRITZ LANG | DIE RECHNUNG GING NICHT AUF (THE KILLING) STANLEY KUBRICK | SCHMUTZIGER LORBEER (THE HARDER THEY FALL) MARK ROBSON
1957/ 58 DEIN SCHICKSAL IN MEINER HAND (SWEET SMELL OF SUCCESS) ALEXANDER MACKENDRICK | IM ZEICHEN DES BÖSEN (TOUCH OF EVIL) ORSON WELLES | DAS MÄDCHEN AUS DER UNTERWELT (PARTY GIRL) NICHOLAS RAY
ROBERT ALTMAN | CHINATOWN ROMAN POLANSKI | DER DIALOG (THE CONVERSATION) FRANCIS FORD COPPOLA | DAS GESETZ BIN ICH (MR. MAJESTYK) RICHARD FLEISCHER | EIN MANN SIEHT ROT (DEATH WISH) MICHAEL WINNER | ZEUGE EINER VERSCHWÖRUNG (THE PARALLAX VIEW) ALAN J. PAKULA | FAHR ZUR HÖLLE, LIEBLING (FAREWELL, MY LOVELY) DICK RICHARDS | FRENCH CONNECTION II JOHN FRANKENHEIMER | DIE HEISSE SPUR (NIGHT MOVES) ARTHUR PENN | DIE ERMORDUNG EINES CHINESISCHEN BUCHMACHERS (THE KILLING OF A CHINESE BOOKIE) JOHN CASSAVETES | TAXI DRIVER MARTIN SCORSESE | DRIVER (THE DRIVER) WALTER HILL
1980er HEISSBLÜTIG – KALTBLÜTIG (BODY HEAT) LAWRENCE KASDAN | FESSELN DER MACHT (TRUE CONFESSIONS) ULU GROSBARD | WENN DER POSTMANN ZWEIMAL KLINGELT (THE POSTMAN ALWAYS RINGS TWICE) BOB RAFELSON | BLADE RUNNER RIDLEY SCOTT | HAMMETT WIM WENDERS | TOTE TRAGEN KEINE KAROS (DEAD MEN DON’T WEAR PLAID) CARL REINER | BLOOD SIMPLE ETHAN UND JOEL COEN | GEGEN JEDE CHANCE (AGAINST ALL ODDS) TAYLOR HACKFORD | BLUE VELVET DAVID LYNCH | MURPHYS GESETZ (MURPHY‘S LAW) J. LEE THOMPSON | ANGEL HEART ALAN PARKER | HAUS DER SPIELE (HOUSE OF GAMES) DAVID MAMET | DIE SCHWARZE WITWE (BLACK WIDOW) BOB RAFELSON | D.O.A. BEI ANKUNFT MORD (D.O.A.) ANNABEL JANKEL, ROCKY MORTON | FALSCHES SPIEL MIT ROGER RABBIT (WHO FRAMED ROGER RABBIT) ROBERT ZEMECKIS | BLACK RAIN RIDLEY SCOTT
NACH 1958 („NEO-NOIR“)
1990
1959
AFTER DARK, MY SWEET JAMES FOLEY | GOOD FELLAS – DREI JAHRZEHNTE IN DER MAFIA (GOODFELLAS) MARTIN SCORSESE | GRIFTERS (THE GRIFTERS) STEPHEN FREARS | HOT SPOT – SPIEL MIT DEM FEUER (THE HOT SPOT) DENNIS HOPPER | MILLER’S CROSSING ETHAN UND JOEL COEN | DIE SPUR FÜHRT ZURÜCK – THE TWO JAKES (THE TWO JAKES) JACK NICHOLSON
DIE FALLE VON TULA (THE TRAP) NORMAN PANAMA | WENIG CHANCEN FÜR MORGEN (ODDS AGAINST TOMORROW) ROBERT WISE
1960er EIN KÖDER FÜR DIE BESTIE (CAPE FEAR) J. LEE THOMPSON | POINT BLANK JOHN BOORMAN | DER DETEKTIV (THE DETECTIVE) GORDON DOUGLAS
1970er DIRTY HARRY DON SIEGEL | FRENCH CONNECTION BRENNPUNKT BROOKLYN (THE FRENCH CONNECTION) WILLIAM FRIEDKIN | KLUTE ALAN J. PAKULA | HEXENKESSEL (MEAN STREETS) MARTIN SCORSESE | SERPICO SIDNEY LUMET | DER TOD KENNT KEINE WIEDERKEHR (THE LONG GOODBYE)
1991 KAP DER ANGST (CAPE FEAR) MARTIN SCORSESE | DER KUSS VOR DEM TODE (A KISS BEFORE DYING) JAMES DEARDEN | SCHATTEN DER VERGANGENHEIT (DEAD AGAIN) KENNETH BRANAGH
1992/ 3 BASIC INSTINCT PAUL VERHOEVEN | NIGHT AND THE CITY IRWIN WINKLER | RED ROCK WEST JOHN DAHL |
123
RESERVOIR DOGS – WILDE HUNDE (RESERVOIR DOGS) QUENTIN TARANTINO | AUF DER FLUCHT (THE FUGITIVE) ANDREW DAVIS | CARLITO‘S WAY BRIAN DE PALMA
1994 DIE LETZTE VERFÜHRUNG (THE LAST SEDUCTION) JOHN DAHL | PULP FICTION QUENTIN TARANTINO
1995 HEAT MICHAEL MANN | DIE KEHRSEITE DER MEDAILLE (UNDERNEATH) STEVEN SODERBERGH | SIEBEN (SE7EN) DAVID FINCHER | STRANGE DAYS KATHRYN BIGELOW | TEUFEL IN BLAU (DEVIL IN A BLUE DRESS) CARL FRANKLIN | DIE ÜBLICHEN VERDÄCHTIGEN (THE USUAL SUSPECTS) BRYAN SINGER
1996 BOUND – GEFESSELT (BOUND) ANDY WACHOWSKI, LARRY WACHOWSKI | FARGO ETHAN UND JOEL COEN | LAST MAN STANDING WALTER HILL
1997 COP LAND JAMES MANGOLD | IM KÖRPER DES FEINDES (FACE/OFF) JOHN WOO | L.A. CONFIDENTIAL CURTIS HANSON | U-TURN OLIVER STONE
1998/ 99 DARK CITY ALEX PROYAS | RONIN JOHN FRANKENHEIMER | FIGHT CLUB DAVID FINCHER | PAYBACK BRIAN HELGELAND, MEL GIBSON | THE TALENTED MR. RIPLEY ANTHONY MINGHELLA
2000er MEMENTO CHRISTOPHER NOLAN | THE MAN WHO WASN‘T THERE JOEL COEN | ROAD TO PERDITION SAM MENDES | OLDBOY PARK CHAN-WOOK | COLLATERAL MICHAEL MANN | BATMAN BEGINS CHRISTOPHER NOLAN | WAHRE LÜGEN ATOM EGOYAN | BRICK RIAN JOHNSON | KISS KISS BANG BANG SHANE BLACK | SIN CITY ROBERT RODRIGUEZ, FRANK MILLER, QUENTIN TARANTINO | LONELY HEARTS KILLERS TODD ROBINSON | THE BLACK DAHLIA BRIAN DE PALMA | DEPARTED – UNTER FEINDEN (THE DEPARTED) MARTIN SCORSESE | DIE HOLLYWOOD-VERSCHWÖRUNG (HOLLYWOODLAND) ALLEN COULTER | AMERICAN GANGSTER RIDLEY SCOTT | BEFORE THE DEVIL KNOWS YOU‘RE DEAD SIDNEY LUMET | FILM NOIR D. JUD JONES, RISTO TOPALOSKI | NO COUNTRY FOR OLD MEN JOEL & ETHAN COEN | THE LOOKOUT SCOTT FRANK
VON DER PROJEKTION ZUR REFLEKTION
BILD: ALPHA MEDIENKONTOR | BEARBEITUNG: MONIQUE VOIGT
WIR NEHMEN DAS BILD DES PROTAGONISTEN ALS EINEN GEIST WAHR - ABHÄNGIG VON SEINEM MEISTER. IN KEINEM ANDEREN GENRE WIRD DIESE BILDTECHNISCHE KONFRONTATION MIT DEN VORSTELLUNGEN DES REGISSEURS SO DEUTLICH WIE BEI DEN DIVEN DES FILMS NOIRS.
124
125
JACQUES TOURNEUR JANE GREER OUT OF THE PAST USA 1947
ICH BIN IHNEN ERNEUT BEGEGNET. SIE SAHEN NIE AUS, ALS OB SIE MICH GESUCHT HÄTTEN. ABER WIR FANDEN UNS ÜBERALL WIEDER. HINTER JEDEM STRAUCH. AM FUSSE JEDER STATUE. AM RANDE JEDEN BRUNNENS.
ALS OB ES IN DIESEM PARK NUR EINES GEGEBEN HÄTTE - SIE UND MICH. WIR SPRACHEN ÜBER IRGENDETWAS. DIE NAMEN DER STATUEN. DIE FORM DES STRAUCHWERKS. DAS WASSER DER BRUNNEN. DIE FARBE DES HIMMELS.
TAY GARNETT LANA TURNER THE POSTMAN ALWAYS RINGS TWICE USA 1946
ORSON WELLES RITA HAYWORTH THE LADY FROM SHANGHAI USA 1946
ODER, WIR SPRACHEN NICHT. SIE HABEN STÄNDIG EINE GEWISSE DISTANCE GEWAHRT. SIE HABEN GEZÖGERT. WIE AUF DER SCHWELLE, WIE AM EINGANG ZU EINEM UNBEKANNTEN ORT. KOMMEN SIE NÄHER. KOMMEN SIE NÄHER ZU MIR.
STÄNDIG DIESE FLURE, STÄNDIG MAUERN. IMMER TÜREN UND WIEDER MAUERN, FLUCHTEN VON FLUREN. BEVOR SIE WAREN, WELCHE FLURE HABE ICH DURCHSCHRITTEN? WAS HABE ICH GETAN, BEVOR ICH SIE ERREICHTE? ABER JETZT SIND SIE DA. UND SIE FLIEHEN WIEDER.
FRITZ LANG JOAN BENNETT THE WOMAN IN THE WINDOW USA 1944
ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL SCHREITET, DIESE FLURE ENTLANG, DURCH DIESES SÄA DIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, DIESEM GIGANTISCHEN HOTEL, LUXERIÖS, BAROCK SCHAUDERND DARSCHREITEND, WO ENTLO LAUTLOSE LEERE, ÜBERLADEN VON DÜSTEREM KALTEN ZIERRAT, VON GETÄFEL, VON STUCK, VON GESCHNITZTEN FÜLLUNGEN DER TÜRE VERBLICHENEN SPIEGELN, VERBLICHENEN GEMÄLDEN, VON SÄULEN, GESCHNITZTEN RAHMEN VON TÜREN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, GA TÜREN, DIE WIEDER IN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS, ÜBERLADEN VOM ZIERRAT EINER ANDEREN ZEIT, DIE SCHWEIGENDEN SÄAL CHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA DURCH DIESE SÄALE, DURCH DIESE GALLERIEN IN DIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, ALS OB ES KIES WÄRE, ALS OB ES DER FESTE SCHRITT, ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL SCHRITT, DIESE FLURE ENTLANG, DURCH DIESE SÄALE, DURCH DIESE GALLERIEN IN DIESEM BA DIESE GIGANTISCHEN DECKEN, SKURIL, BAROCK, SCHAUDERND DARSCHREITEND VON SÄULEN, VON GESCHNITZTEN RAHMEN VON TÜREN GALLERIEN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, DIE WIEDER IN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS, ÜBERLADEN VOM ZIERRAT EINER ANDERE SÄALEN, DEREN SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST DAS OHR DESSE WIEDER EINMAL SCHREITET VON SÄULEN, VON GESCHNITZTEN RAHMEN VON TÜREN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, GALLERIEN, VON FLUCH IN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS, ÜBERLADEN VOM ZIERRAT EINER ANDEREN ZEIT, DIE SCHWEIGENDEN SÄALEN, DEREN SCHWERE SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL SCHR STEIN WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL SCHRITT, DIESE FLURE ENTLANG, DURCH DIESE SÄALE, DURCH BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, DIESE GIGANTISCHEN DECKEN, SKURIL, BAROCK, SCHAUDERND DARSCHREITEND IN SÄALE, DEREN SCHW DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL OHR SO WEIT ENTFERNT WÄRE, SO WEIT ENTFERNT VOM GRUNDE, VON DEN SCHWEREN TEPPICHEN, SO WEIT VON DIESEM KALTEN DÜS JENEM FRIES AUS ZWEIGEN UND GIRLANDEN, ALTEM BLATTWERK GLEICH, ALS OB NOCH ES KIES WÄRE, ALS OB ES DER FESTE STEIN W ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL SCHRITT, ALS OB ICH ZU IHNEN SCHRITT, VORBEI AN DIESEN MAUERN VON TÄFELUNGEN, VON STUCKWER ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER SCHREITET, DIESE DENEN FLURE ENTLANG, DURCH DIESES SÄALE, DURCH GEMÄLDEN, VORBEI AN GERAHMTEN STICHENEINMAL SCHRITT ICH, ZWISCHEN ICH SIE ERWARTEND, EINST STAND, WEITDIE WEGGALLERIEN VON DIES ANDEREN ZEIT, DIESEM GIGANTISCHEN HOTEL, LUXERIÖS, BAROCK SCHAUDERND DARSCHREITEND, WO ENTLOSEN FLUREN FLURE FOLGEN, LAUTLOSE LEERE, ÜBERLA ERWARTEND, DER VON JETZT AN NICHT MEHR KOMMEN WIRD, DER NICHT MEHR ZU KOMMEN DROHT, UNS NEU ZU TRENNEN, KOMMEN ZIERRAT, VON GETÄFEL, VON STUCK, VON GESCHNITZTEN FÜLLUNGEN DER TÜREN, VON BLEICHEM MARMOR, VERBLICHENEN SPIEGELN, VERBLICHENEN GEMÄLDEN, RAHMEN VON TÜREN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, GALLERIEN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, DIE WIEDER IN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS, ÜBERLADEN VOM ZIERR SCHWEIGENDEN SÄALEN, DEREN SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA EINMAL SCHREITET DURCH DIESE SÄALE, DURCH DIESE GALLERIEN IN DIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, ALS OB ES KIES WÄRE, ALS OB ES DER FESTE STEIN W ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL SCHRITT, DIESE FLURE ENTLANG, DURCH DIESE SÄALE, DURCH DIESE GALLERIEN IN DIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, DI SKURIL, BAROCK, SCHAUDERND DARSCHREITEND VON SÄULEN, VON GESCHNITZTEN RAHMEN VON TÜREN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, GALLERIEN, VON FLUCHTEN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS, ÜBERLADEN VOM ZIERRAT EINER ANDEREN ZEIT, DIE SCHWEIGENDEN SÄALEN, DEREN SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES S OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL SCHREITET VON SÄULEN, VON GESCHNITZTEN RAHMEN VON TÜREN GALLERIEN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, DIE WIEDER IN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS, ÜBERLADEN VOM ZIERRAT EINER ANDEREN ZEIT, DIE SCHWEIGENDE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL SCH STEIN WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL SCHRITT, DIESE FLURE ENTLANG, DURCH DIESE SÄALE, DURCH DIESE GALLERIEN IN DIESEM BA DIESE GIGANTISCHEN DECKEN, SKURIL, BAROCK, SCHAUDERND DARSCHREITEND IN SÄALE, DEREN SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIG OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL SCHREITET, ALS OB DIESES OHR SO WEIT ENTFERNT WÄRE, SO WEIT ENTFERNT VOM G TEPPICHEN, SO WEIT VON DIESEM KALTEN DÜSTEREN ZIERRAT, SO WEIT VON JENEM FRIES AUS ZWEIGEN UND GIRLANDEN, ALTEM BLATTWERK GLEICH, ALS OB ES DER FESTE STEIN WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL SCHRITT, ALS OB ICH ZU IHNEN SCHRITT, VORBEI AN DIESEN MAUERN VON TÄF VON SCHNITZEREIEN, VON GEMÄLDEN, VORBEI AN GERAHMTEN STICHEN SCHRITT ICH, ZWISCHEN DENEN ICH SIE ERWARTEND, EINST STAND, WEIT WEG VON DIES ALS OB UNS SELBST OHR DESSEN, DER DASIE? SCHREITET, DER DA WIED ERWARTEND, DER VON JETZT AN NICHT MEHR KOMMEN WIRD, DER NICHT MEHR ZU KOMMEN DROHT, NEUDAS ZU TRENNEN, KOMMEN ANDEREN ZEIT,SCHREITET, DIESEM GIGANTISCHEN LUXERIÖS, BAROCKSÄA SC ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL DIESE FLURE HOTEL, ENTLANG, DURCH DIESES VON GETÄFEL, VONSCHAUDERND STUCK, VON GESCHNITZTEN FÜLLUNGEN DIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, DIESEM GIGANTISCHEN ZIERRAT, HOTEL, LUXERIÖS, BAROCK DARSCHREITEND, WO ENTLO RAHMEN VON TÜREN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, GALLERIEN,DER VONTÜRE FLU LAUTLOSE LEERE, ÜBERLADEN VON DÜSTEREM KALTEN ZIERRAT, VON GETÄFEL, VON STUCK, VON GESCHNITZTEN FÜLLUNGEN SCHWEIGENDEN SÄALEN, DEREN TEPPICHE DIE SCHRITTE VERBLICHENEN SPIEGELN, VERBLICHENEN GEMÄLDEN, VON SÄULEN, GESCHNITZTEN RAHMEN VONSCHWERE TÜREN, VON FLUCHTEN VON TÜREND SCHREITET DURCH DIESE DURCH GALLERIEN IN VON TÜREN, DIE WIEDER IN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS,EINMAL ÜBERLADEN VOM ZIERRAT EINERSÄALE, ANDEREN ZEIT,DIESE DIE SCHWEIGENDE ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL DAS SCHRITT, DIESE FLURE D TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST OHR DESSEN, DER ENTLANG, DA SCHREIT SKURIL, BAROCK,EINER SCHAUDERND VON SÄULEN, VON SCHREITET DURCH DIESE SÄALE, DURCH DIESE GALLERIEN IN DIESEM BAUWERK ANDERENDARSCHREITEND ZEIT, ALS OB ES KIES WÄRE, ALS OB LEERE SALONS IN SALONS, ÜBERLADEN ZIERRAT ÜBER DEN ICH SCHRITT, ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL SCHRITT, DIESE FLUREFÜHREN, ENTLANG, DURCH DIESE SÄALE, VOM DURCH DIESEEINER GALL OHR VERBERGEN, ALSDARSCHREITEND OB SELBST DAS VON OHR SÄULEN, DESSEN,VON DERGESCHNITZT DA SCHREIT EINER ANDEREN ZEIT, DIESE GIGANTISCHEN DECKEN, SKURIL, BAROCK, SCHAUDERND FLUCHTEN VON FÜHREN, TÜREN, DIE WIEDER IN LEERE SALO FLUCHTEN VON TÜREN, GALLERIEN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, GALLERIEN, DIE WIEDERVON IN LEERE SALONS IN SALONS, ÜBERLADEN VO TEPPICHE DIEDES SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEMOHR EIGENEN OHR VER ZEIT, DIE SCHWEIGENDEN SÄALEN, DEREN SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE SCHREITENDEN DEM EIGENEN VERBERGEN, A STEIN WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, ÜBER DEN ICH WIEDER EINMAL SEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL SCHREITET VON SÄULEN, VON GESCHNITZTEN RAHMEN VON TÜREN, VON FLUCHTEN DIESE GIGANTISCHEN SKURIL,EINER BAROCK, SCHAUDERND FLUCHTEN VON TÜREN, DIE WIEDER IN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS, ÜBERLADENDECKEN, VOM ZIERRAT ANDEREN ZEIT, DIEDARS SCH OB SELBST OHR DESSEN, DERSELBST DA SCHREITET, DA WIEDER SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR DAS VERBERGEN, ALS OB DAS OHRDER DESSEN, DER DAE TEPPICHEN, SO WEIT KALTEN DÜSTEREN ZIERRAT, EINMAL SCHREITET ALS OB ES DER FESTE STEIN WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, ÜBERVON DENDIESEM ICH WIEDER EINMAL SCHRITT, DIESESOFL ES DER FESTE STEIN GIGANTISCHEN WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, DEN SCHA ICH W SÄALE, DURCH DIESE GALLERIEN IN DIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, DIESE DECKEN, SKURIL,ÜBER BAROCK, VON SCHNITZEREIEN, VONVERBERGEN, GEMÄLDEN, VORBEI AN GERAHMTEN SÄALE, DEREN SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR ALS OB SELBST DAS OHRSTICH DES ERWARTEND, AN NICHT KOMMEN WIRD, DER N DA WIEDER EINMAL SCHREITET, ALS OB DIESES OHR SO WEIT ENTFERNT WÄRE,DER SO VON WEITJETZT ENTFERNT VOMMEHR GRUNDE, VON DEN SCHWERE
DIESEM KALTEN DÜSTEREN ZIERRAT, SO WEIT VON JENEM FRIES AUS ZWEIGEN UND GIRLANDEN, ALTEM BLATTWERK GLEICH, ALS OB ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DA DEN WIEDER EINMAL SCHREITET, DIESE FLUREEINMAL ENTLANG, DURCHALS DIESES SÄALE, DURCH DIE GALLERIEN ES DER FESTE STEIN WÄRE,DER ÜBER ICH 136 SCHRITT, ÜBER DEN ICH WIEDER SCHRITT, OB ICH ZU IHNEN SCHRITT, VORBEI ANDEREN ZEIT, DIESEM GIGANTISCHEN LUXERIÖS, BAROCK SCHAUDERND DARSCHREITEND, WO ENTLOSEN FLUREN FLURE FOLGEN, LAUTLOSE LEERE, ÜBERL FELUNGEN,HOTEL, VON STUCKWERK, VON SCHNITZEREIEN, VON GEMÄLDEN, VORBEI AN GERAHMTEN STICHEN SCHRITT ICH, ZWISCHEN DENEN ZIERRAT, VON GETÄFEL, VON STUCK, FÜLLUNGEN TÜREN, VON ERWARTEND, BLEICHEM MARMOR, VERBLICHENEN GEMÄLDEN, STAND,VON WEITGESCHNITZTEN WEG VON DIESEM ZIERRATDER STEHE ICH, DEN DER VONVERBLICHENEN JETZT AN NICHTSPIEGELN, MEHR KOMMEN WIRD, DER NICHT ME
ALE, DURCH DIE GALLERIEN IN OSEN FLUREN FLURE FOLGEN, EN, VON BLEICHEM MARMOR, ALLERIEN, VON FLUCHTEN VON LEN, DEREN SCHWERE TEPPIA WIEDER EINMAL SCHREITET E STEIN WÄRE, ÜBER DEN ICH UWERK EINER ANDEREN ZEIT, N, VON FLUCHTEN VON TÜREN, EN ZEIT, DIE SCHWEIGENDEN EN, DER DA SCHREITET, DER DA HTEN VON TÜREN, DIE WIEDER E TEPPICHE DIE SCHRITTE DES REITET ALS OB ES DER FESTE DIESE GALLERIEN IN DIESEM WERE TEPPICHE DIE SCHRITTE L SCHREITET, ALS OB DIESES STEREN ZIERRAT, SO WEIT VON WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, RK, VON SCHNITZEREIEN, VON NSEM IN DIESEM ZIERRATBAUWERK STEHE ICH,EINER DEN ADEN VON DÜSTEREM KALTEN N SIE? , VON SÄULEN, GESCHNITZTEN RAT EINER ANDEREN ZEIT, DIE A SCHREITET, DER DA WIEDER WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, IESE GIGANTISCHEN DECKEN, N VON TÜREN, DIE WIEDER IN SCHREITENDEN DEM EIGENEN N, VON FLUCHTEN VON TÜREN, EN SÄALEN, DEREN SCHWERE HREITET ALS OB ES DER FESTE AUWERK EINER ANDEREN ZEIT, GENEN OHR VERBERGEN, ALS GRUNDE, VON DEN SCHWEREN NOCH ES KIES WÄRE, ALS OB FELUNGEN, VON STUCKWERK, TEXT: LETZTES JAHR IN MARIENBAD SEM ZIERRAT STEHE ICH, DEN DER EINMAL SCHREITET, DIESE FLURE ENTLANG, DURCH DIESES SÄALE, DURCH DIE GALLERIEN IN DIESEM BAUWERK EINER CHAUDERND DARSCHREITEND, ALE, DURCH DIE GALLERIEN IN WO ENTLOSEN FLUREN FLURE FOLGEN, LAUTLOSE LEERE, ÜBERLADEN VON DÜSTEREM KALTEN DER TÜREN, BLEICHEM OSEN FLURENVON FLURE FOLGEN,MARMOR, VERBLICHENEN SPIEGELN, VERBLICHENEN GEMÄLDEN, VON SÄULEN, GESCHNITZTEN UCHTEN TÜREN,MARMOR, DIE WIEDER IN LEERE SALONS FÜHREN, IN SALONS, ÜBERLADEN VOM ZIERRAT EINER ANDEREN ZEIT, DIE EN, VON VON BLEICHEM DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS OB SELBST DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER N, GALLERIEN, VON FLUCHTEN NENDIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, ALS OB ES KIES WÄRE, ALS OB ES DER FESTE STEIN WÄRE, ÜBER DEN ICH SCHRITT, SÄALEN, DEREN SCHWERE DURCH DIESE SÄALE, DURCH TET, DER DA WIEDER EINMALDIESE GALLERIEN IN DIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, DIESE GIGANTISCHEN DECKEN, RAHMEN VON TÜREN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, GALLERIEN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, DIE WIEDER IN BGESCHNITZTEN ES DER FESTE STEIN WÄRE, RLERIEN ANDEREN ZEIT, DIEBAUWERK SCHWEIGENDEN SÄALEN, DEREN SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN IN DIESEM TET, RAHMEN DER DA WIEDER EINMAL TEN VON TÜREN, VONSCHREITET VON SÄULEN, VON GESCHNITZTEN RAHMEN VON TÜREN, VON FLUCHTEN VON TÜREN, ONS FÜHREN, EINER IN SALONS, ÜBERLADEN VOM ZIERRAT EINER ANDEREN ZEIT, DIE SCHWEIGENDEN SÄALEN, DEREN SCHWERE OM ZIERRAT ANDEREN RBERGEN, ALS OB DAS OHR DESSEN, DER DA SCHREITET, DER DA WIEDER EINMAL SCHREITET ALS OB ES DER FESTE ALS OB SELBST DASSELBST OHR DESSCHRITT, DIESE FLURE ENTLANG, DURCH DIESE SÄALE, DURCH DIESE GALLERIEN IN DIESEM BAUWERK EINER ANDEREN ZEIT, NL VON TÜREN, GALLERIEN, VON SCHREITEND INSÄALEN, SÄALE, DEREN DEREN SCHWERE TEPPICHE DIE SCHRITTE DES SCHREITENDEN DEM EIGENEN OHR VERBERGEN, ALS HWEIGENDEN SCHREITET, OB DIESES OHR SO WEIT ENTFERNT WÄRE, SO WEIT ENTFERNT VOM GRUNDE, VON DEN SCHWEREN AEINMAL SCHREITET, DER DAALS WIEDER WEIT ENTLANG, VON JENEM FRIESDIESE AUS ZWEIGEN UND GIRLANDEN, ALTEM BLATTWERK GLEICH, ALS OB NOCH ES KIES WÄRE, ALS OB LURE DURCH WIEDER EINMAL SCHRITT, ALS AUDERND DARSCHREITEND IN OB ICH ZU IHNEN SCHRITT, VORBEI AN DIESEN MAUERN VON TÄFELUNGEN, VON STUCKWERK, HEN SCHRITT ICH, ZWISCHEN SSEN, DER DA SCHREITET, DER DENEN ICH SIE ERWARTEND, EINST STAND, WEIT WEG VON DIESEM ZIERRAT STEHE ICH, DEN NICHT MEHR ZU KOMMEN DROHT, UNS NEU ZU TRENNEN, KOMMEN SIE? EN TEPPICHEN, SO WEIT VON
NOCH ES KIES WÄRE, ALS OB NI AN IN DIESEN DIESEM MAUERN BAUWERKVON EINER TÄDÜSTEREM KALTEN NADEN ICH VON SIE ERWARTEND, EINST , VONZUSÄULEN, GESCHNITZTEN EHR KOMMEN DROHT, UNS
137
resnais
ALTE MEISTER
DIE MANIFESTATION DES AUGENBLICKS LETZTES JAHR IN MARIENBAD ALAIN RESNAIS
IN DER REIHE » A LTE MEISTER « STELLEN WIR IN JEDER AUSGABE EINEN KLASSIKER DER FILMGESCHICHTE VOR. DIESMAL » LETZTES JAHR IN MARIENBAD « VON ALAIN RESNAIS.
REGIE: ALAIN RESNAIS DREHBUCH: ALAIN ROBBE-GRILLET GENRE: DRAMA/ FILM NOIR LAND: FRANKREICH/ ITALIEN CAST: GIORGIO ALBERTAZZI (X), SASCHA PITOEFF (A), DELPHINE SEYRIG (M) LÄNGE: 90 MIN PREMIERE: 05. FEBRUAR 1961
Zwölf Mal schlägt die Glocke hell zu Mitternacht. Zur Statue erstarrt, steht ein Gentleman im marmornen Treppenaufgang des barocken Hotels. Er hat auf diesen Augenblick gewartet und beginnt sich aus der Starre zu lösen. Sie sitzt in einem eleganten schwarzen Kostüm der 1920er Jahre am dekorierten Tisch. Dann steht sie auf und schreitet verhalten ein Stück zum Gentleman. Melancholische Orgelklänge. Er setzt sich mit ihr in das von Säulen und schweren Vorhängen eingefasste und mit uralten Gemälden versehene Foyer in Bewegung Richtung Ausgang. Die Beleuchtung ist spärlich, geradezu düster. Ein zweiter Mann tritt in den Treppenaufgang und schaut mit ausdruckslosem Blick den beiden Fortgehenden hinterher. Ein ruhig und kühl gesprochener Offtext hebt an: »Der Park dieses Hotels ist als ein französischer Garten angelegt - ohne Bäume, ohne Blumen, ohne jede Wucherung«. Schnitt. Der Park ist im Dunkel liegend zu sehen, im Hintergrund einige hell erleuchtete Fenster, die vom mo-
138
numentalen, schlossartigen Gebäude künden. Offstimme: »Kies, Säulen und Marmor und die rechtwinkligen Linien stecken eine rigide Raumordnung ab ohne jedes Mysterium in den Formen. So erscheint es auf den ersten Blick unmöglich, sich zu verirren. Doch dann: Inmitten dieser Steinpfade und Statuen, wo sie bereits gewesen sind, haben sie sich bereits verirrt; für immer, in der schläfrigen Nacht - allein - nur mit mir«. Der Film endet schließlich mit einem Schwarzbild. Er wolle nichts weniger als »den menschlichen Glauben an die Realität unserer Welt erschüttern«, erklärte Regisseur Alain Resnais zur Premiere seines noiresken Films »Letztes Jahr in Marienbad« 1961 bei den Filmfestspielen in Venedig. Der Film polarisierte das Publikum und Kritik aufgrund seiner inhaltlichen Vieldeutigkeit und wurde mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Der künstlerische Auftrag dieser Verfilmung eines Skripts von Romanautor Alain RobbeGrillet gibt sich erkenntnistheoretisch. Die konfuse, verstrickte Handlung, die um diesen Liebeshändel zwischen drei namenlosen Hauptfiguren kreist, zwei Männer und eine Frau, findet in einem Barockschloss statt. Es handelt sich um Herrschaftsarchitektur, deren stren-
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: ALPHA MEDIENKONTOR
ALTE MEISTER
ge Geometrien in Gebäude und Garten um ein adeliges/königliches Zentrum angeordnet sind, das einst als Quelle von Hierarchie und Ordnung diente, und um das herum Architektur ebenso wie Adels- und Dienstpersonal in rigide ritualisierten Formen im Miteinander und Tanz als Spielfiguren, als Spiegel und Verweise aufs Zentrum angeordnet waren. Von der sozialpsychologischen Seite hat Norbert Elias diese höfischen Konstellationen 1939 in seiner Zivilisationsgeschichte beschrieben, während Michel Foucault - sicher nicht unbeeinflusst von Resnais‘ Film - 1966 in »Die Ordnung der Dinge« unter der Epochenbezeichnung »Klassik« das zugrunde liegende und barocke Erkenntnismodell herausgearbeitet hat, das aufgrund der zwingenden Logik des Unterscheidens und Vergleichens von einer vollständigen Transparenz und Analysierbarkeit des Erkennbaren ausging -sprich: einer Welt ohne Mysterium.Einst Ort adeliger Lustbarkeit und Herrschaftsausübung, ist das Schloss in Resnais‘ filmgeschichtlicher Großtat zu einem Irrgarten mutiert, ein verwirrtes Hotel, in dem Repräsentation, Spiegelung und Herrschaftsausübung misslingen, scheinbar eindeutige Zeichen und Verweise Gegenstand von Missverständnissen und Mehrdeutigkeiten werden, sich die Ordnung und Verteilung der Räume und Personen fortwährend auf wundersame Weise ändert, die Spiegel nicht mehr spiegeln, Offtext und Bildebene immer wieder auseinanderdriften und nicht zueinander passen wollen und die verbleibende, spätbürgerlich höfische Besetzung wie als gruseliges Echo der glanzvollen Vergangenheit zuweilen unmotiviert zu unheimlich wirkenden Gesten erstarrt. Das organisierende Zentrum ist verloren gegangen. Der Kopf des Königs ist gerollt. Ebenso wie die Identität des Orts befindet sich die Identität der Protagonisten in ständiger Mehrdeutigkeit und Drift. Scheint es manchmal, der immer wieder einge-
SO WIE DIE IDENTITÄT DES ORTS BEFINDET SICH DIE IDENTITÄT DER PROTAGONISTEN IN STÄNDIGER MEHRDEUTIGKEIT UND DRIFT. DAS ORGANISIERENDE ZENTRUM IST VERLOREN GEGANGEN.
blendete und zuweilen unverständliche Voiceover sei als innerer Monolog einer der Figuren zuzuordnen, etwa jenem Gentleman, der nachdrücklich behauptet, er habe sich letztes Jahr im Schloss Marienbad (oder möglicherweise auch anderswo) mit der Dame zur Fortsetzung einer Affäre verabredet, die sich jedoch zumeist an keine Verabredung oder Affäre erinnern kann oder will. In anderen Momenten erscheint es hingegen glaubhaft, dass der Voiceover dem einen anderen Gentleman zuzuordnen ist, der als ihr melancholischer Ehemann firmiert - oder sind die beiden Männer möglicherweise ein und dieselbe Person - vielleicht sogar Halluzinationen der Dame? Es bleibt ungewiss. Auch die gezeigten Bilder sind in ihrem Realitätsstatus unklar und vom Subjekt entkernt. Weder klärt sich endgültig, ob hier reale Erinnerungen, ob hier Halluzinationen oder Wunschbilder gezeigt werden, und zu welcher Zeit die einzelnen Sequenzen spielen, noch klärt sich, welcher der Figuren diese Bilder zuzuordnen sein könnten. Die Einheit von Wort, Handlung und Bild, bis heute das gängigste Repräsentationsmodell im Tonfilm, ist aufgehoben und durch ein faszinierendes Spiel mit der Unentscheidbarkeit ersetzt, das allerdings - im Unterschied zum surrealen Film oder zu vielen Arbeiten von Resnais’ Nouvelle-Vague-Kollegen - alles andere als fragmentarisch wirkt, sondern mit seinem ruhigen, kühlen
141
Erzählrhythmus, der brillanten, noirgeschulten Kameraarbeit und dem dramaturgischen Leitfaden einer Dreiecksbeziehung wie ein geschlossenes Universum mit einer tragisch zwingenden Logik wirkt. So entsteht eine Art alteuropäisches Hotel California: »You can check out any time you like, but you can neuer leave«. Mit der Logik eines Uhrwerks bewegt sich alles darauf zu, dass die Dame zum Schluss mit dem Geliebten flieht, während ihr Ehemann, der bereits immer schon wusste, was passieren würde, ihnen hinterherschaut. Doch zugleich ist klar, dass sich jetzt die ganze Handlung auf, Neue wiederholen muss, denn einen Ausweg aus dem Labyrinth der Unentscheidbarkei ten findet keiner - weder in der Erkenntnis noch in der Liebe. Allein schlussendlich nick mit sich selbst, sondern mit niemandem, is doch das Subjekt bereits verschwunden wie( am Meeresufer ein Gesicht im endlosen weichen Sand.
FILMOGRAFIE ALAIN RESNAIS 1997 | DAS LEBEN IST EIN CHANSON 1986 | MELO 1984 | LIEBE BIS IN DEN TOD 1983 | DAS LEBEN IST EIN ROMAN 1977 | PROVIDENCE 1974 | STAVISKY 1963 | MURIEL 1959 | HIROSHIMA MON AMOUR 1955 | NACHT UND NEBEL
resnais
ALAIN RESNAIS
FANTASIE, TRAUM UND SURREALISMUS EINE KURZBIOGRAFIE
EBENSO WIE DIE IDENTITÄT DES ORTS BEFINDET SICH DIE IDENTITÄT DER PROTAGONISTEN IN STÄNDIGER MEHRDEUTIGKEIT UND UNSTETEM DRIFT. DAS ORGANISIERENDE ZENTRUM IST VERLOREN GEGANGEN.
»Wenn mir in meinen Filmen ein Bild einfällt, das ich nicht erklären kann, bin ich überglücklich«, sagte Alain Resnais auch nach seinem jüngsten Spielfilm »Herzen« (2oo6). Tatsächlich hat Resnais in seinem neuesten Film wieder ein paar surrealistische Momente eingebaut. So schneit es in »Herzen« z. B. nahezu die gesamte Zeit, sogar in den Innenräumen. Will man Alain Resnais mit seinem Filmschaffen verorten, so muss die etwas allgemeine Formulierung »bedeutender Vertreter der filmischen Moderne« genügen. Viel hat Resnais ausprobiert, viele Genres benutzt. Er war kein Vertreter der Nouvelle Vague, schätzte aber deren Engagement, Filme zu machen, anstatt nur darüber zu reden. Fantasie, Traum, Surrealismus aber auch dokumentarische Intensität sind Schlagworte, die helfen können, sich dem Regisseur zu nähern. Das Publikumsinteresse an Resnais‘ Arbeit ist mit den Jahren kontinuierlich gewachsen. Warum das so ist, vermag (oder will) er selbst nicht sagen: »Es ist pures Glück!« Alain Resnais wurde 1922 in Vannes in Frankreich geboren. Bereits mit 14 Jahren drehte er seinen ersten kleinen 8-mmFilm. An der später so berühmten Pariser Filmhochschule
142
»Institut des Hautes Sudes Cinematographiques« schrieb er sich noch im Gründungsjahr 1943 ein. Nach kurzer Zeit kehrte Resnais der Schule aber wieder den Rücken. Das Lehrangebot war zu theoretisch. Es folgten Anstellungen als Schauspieler und Cutter, bis er Anfang der fünfziger Jahre die Gelegenheit erhielt, Dokumentarfilme zu drehen. In Filmen über Maler wie Gauguin oder Picasso setzte er sich intensiv mit den Verhältnissen und Abhängigkeiten von Kunst, Sprache und Gesellschaftsgeschichte auseinander. Seinen 1951 realisierten Dokumentarfilm »Auch Statuen sterben« arrangierte er zu einem filmischen Essay über Kunst als Zeugnis der Geschichte. Im Off-Kommentar ließ er feststellen: »Wenn Menschen sterben, gehen sie in die Geschichte ein. Wenn Statuen sterben, werden sie Kunst. Diese Botanik des Todes nennen wir Kultur.« Vier Jahre später stieß sein Dokumentarfilm »Nacht und Nebel«, eine filmische Erinnerung an die deutschen Konzentrationslager, auf teilweise heftigen Widerstand. Die mit farbigen Gegenwartsaufnahmen des verlassenen Auschwitz montierten Archivaufnahmen wurden nach Protest der deutschen Bundesregierung aus dem Wettbewerb in Cannes genommen. In seinen dokumentarischen Arbeiten hatte Resnais zwei Prinzipien entwickelt, die auch für seinen ersten Spielfilm »Hiroshima, mon amour« (1959) entscheidend waren: einerseits die Zusammenarbeit mit modernen Autoren, andererseits ein Kamerastil, der auf stark komponierten Bildern beruhte. Das Drehbuch zu seinem Spielfilmdebüt stammte von Marguerite Duras – eine Geschichte über den Atombombenabwurf auf Hiroshima. Resnais zeigte in poetischen Bildern das Grauen und den Tod, inszenierte
ALTE MEISTER
ICH HABE NIE ABSICHTLICH VERSUCHT, SCHWERE FILME ZU MACHEN. JEDOCH WENN MIR IN MEINEN FILMEN EIN BILD EINFÄLLT UND ICH DIESES NICHT ERKLÄREN KANN, BIN ICH ÜBERGLÜCKLICH
TEXT: THOMAS WERNER | BILD: ALPHA MEDIENKONTOR
in vielen Detailaufnahmen das Siechtum der dem Tode geweihten Menschen. Mit diesem Film entwarf er auch einen persönlichen Zeitbegriff, indem er auf verschiedenen Erzählebenen, im Bild wie im Ton, Vergangenheit und Gegenwart komponierte. Nach »Letztes Jahr in Marienbad« (1961), ein Film, der mit seiner Radikalität und Experimentierfreudigkeit das Debüt sogar noch übertraf, widmete sich Resnais mit »Muriel oder die Zeit der Wiederkehr« (1963) einer Geschichte mit emotionalen Grundkonflikten, die er weniger stilistisch erzählte. Mit »Der Krieg ist vorbei« (1966), nach einem Drehbuch von Jorge Semprun, kehrte er zur experimentellen Erzählweise zurück, indem er durch eine Reihe von vorhersagenden »Zukunfts-Flashs« das Altern eines Revolutionärs thematisierte. Nach finanziell weniger erfolgreichen Produktionen nahm sich Resnais Anfang der siebziger Jahre eine Auszeit und kehrte erst mit »Stavisky«, der Geschichte eines Hochstaplers, gespielt von Jean-Paul Belmondo, 1974 in die Kinos zurück. Der Film »Providence« (1977) war wieder ein filmisches Vexierspiel aus Wirklichkeit und Fantasie. Die 198o entstandene Komödie »Mein Onkel aus Amerika« mit Gerard Depardieu, die vom stetigen Streben nach Glück, Liebe und Fortschritt handelt, gewann zahlreiche Preise. Resnais‘ bisher letzter Film »Herzen« (2oo6) erzählt über die Schwierigkeiten der Liebe zwischen sechs unterschiedlichen Charakteren im zeitgenössischen Paris und kann durchaus als retrospektives Alterswerk gelten.
143
DVD
144
lost
EINE EXISTENZIALISTISCHE BETRACHTUNGSWEISE DES SERIENPHÄNOMENS LOST
STÜRZE AB & WERDE DIE ÜBERLEBENDEN SIND » GEWORFENE « UND IHRE FREIHEIT BESTEHT DARIN, EIN LEBEN ZU BEGINNEN, WELCHES MIT IHRER VERGANGENHEIT NICHTS MEHR ZU TUN HAT: WIE SICH ANHAND DER AMERIKANISCHEN MYSTERY-SERIE » LOST « DER EXISTENZIALISMUS ERKLÄREN LÄSST.
LOST DIE KOMPLETTE 3. STAFFEL USA 2006 | NAVEEN ANDREWS, EMILIE DE RAVIN, MATTKIEW FOX, JORGE GARCIA U.A., | 7 DVDS | 946 MIN. (BUENA VISTA HOME ENTERTAINMENT)
Es ist ein bisschen erstaunlich, dass in den bisherigen drei in Deutschland gezeigten Staffeln der amerikanischen TV-Serie »Lost«, welche die Erlebnisse von Überlebenden eines Flugzeugabsturzes auf einer geheimnisvollen Insel schildert, noch kein Charakter namens Sartre, Camus, Heidegger oder Kierkegaard aufgetaucht ist. Denn die Macher der Serie haben eine etwas plakative Vorliebe für Namensallegorisierungen, deren Fährten häufiger in die Geschichte der Philosophie weisen. So heißt eine Figur wie der englische Aufklärungsphilosoph und Erkenntniskritiker John Locke. Eine weitere, die der Einsiedlerin Danielle, trägt den zivilisationskritischen Franzosen Jean-Jacques Rousseau in ihrem Nachnamen. Es gibt eine Figur, Desmond David Hume heißt, also nach dem schottischen Empiristen David Hume benannt wurde, während ein bösartiger einäugiger Helfershelfer der »Anderen« tatsächlich Mikhail Bakunin heißt - wie jener russische Revolutionär also, der als bedeutendster Theoretiker des Anarchismus in die Geschichte einging. Auch der konservative irische Staatsphilosoph und Gegner der Französischen Revolution,
145
Edmund Burke, findet in Gestalt des ExMannes der Reproduktionsmedizinerin Juliette Burke einen schnell an einem Unfall sterbenden Namensvetter. Aber vielleicht ist das Fehlen von Figuren mit Namen existenzialistischer Philosophen nicht ganz so verwunderlich, wenn man sich vor Augen hält, dass die bisherigen philosophischen Namensgebungen der »Lost«-Charaktere auch nicht gerade auf der Hand liegen. Was hat beispielsweise John Locke mit Aufklärung zu tun? Er ist geradezu das wandelnde Gegenteil von Erkenntniskritik. In entscheidenden Situationen folgt er seiner Intuition, seinem Glaubenswillen, der unberechenbaren Logik eines spirituellen Fundamentalismus, der wohl auf das Wunder seiner fleischlichen Wiedergeburt durch diesen Flugzeugabsturz zurückgeführt
werden muss: Seit dem Aufprall auf der Insel kann der als gelähmter Rollstuhlfahrer an Bord von Flug 815 der Oceanic Airlines gerollte Locke wieder laufen. Nachdem er sich im Dschungel zunächst als mit Anflügen von Altersweisheit versehener Besitzer entlegener Survivalkenntnisse profilierte, wird er im Verlauf der Geschehnisse durch seinen grenzenlosen Glaubensegoismus zum ernsten Sicherheitsrisiko für die Mitüberlebenden. Auch Desmond David Hume scheint seinem aufklärerischen Namensgeber zunächst wenig Ehre zu erweisen, wenn er von Zukunftsvisionen heimgesucht wird, die sich noch dazu in der Wirklichkeit erfüllen. Der des Klosters verwiesene Ex-Mönch und nach einem Gefängnisaufenthalt unehrenhaft aus dem Militär entlassene Soldat besitzt zudem die Kraft, diese Realität zu beeinflussen. Er kann gesehene Geschehnisse zwar nicht komplett verhindern, sie aber zumindest aufschieben. So rettet Desmond Hume dem Ex-Heroinisten Charlie, dessen Tod er mehrmals voraussah, wiederholt das Leben. Machte der kausalitätskritische Philosoph Hume die Kraft der vom Menschen erfahrenen Impressionen gegenüber einer Realität stark, über deren Vorhandenheit er - Immanuel Kant vorwegneh-
DAS MENSCHLICHE DASEIN IST, NICHT VON IHM SELBST IN SEIN DA GEBRACHT.
mend -nichts sagen zu können glaubte, so werden in Gestalt der Visionen Desmonds ebenfalls innere Vorgänge in ihrer Relevanz aufgewertet. Im Fall Desmonds mag also die Namensgebung der »Lost«-Macher nach ein paar interpretatorischen Dehnübungen nicht gar so abwegig scheinen - aber was ist mit Danielle Rousseau? Jean-Jacques Rousseau ist heute vornehmlich für seinen Ruf »Zurück zur Natur« bekannt, der eher als Kritik an seiner heuchelnden, verbildeten und verkünstelten RokokoZeitgenossenschaft zu verstehen ist denn als wahrhafte Aufforderung. Rousseau wusste, dass es mit einer Flucht in die Büsche keineswegs getan sein würde. Er spielte den edlen Wilden gegen den Zivilisationsmenschen aus, der zu keiner Herzensregung mehr in der Lage sei. Von Natur aus sei der Mensch gut, korrumpiert werde er durch die falschen gesellschaftlichen Prägungen. In Bezug auf Danielle Rousseau, die seit 16 Jahren im Dschungel isoliert ist und deren Tochter Alex von den »Anderen« entführt wurde, ist dieses philosophiegeschichtliche Namenserbe blanker Hohn. Sie überlebt dank ihrer Waffen und ihrer Vorsicht. Sie ist misstrauisch, und dieses Misstrauen ist narrativ völlig gerechtfertigt. Statt auf »noble savages« traf sie auf Feinde. Was ihr empfindsamer Namensgeber Jean-Jacques nicht wahrhaben wollte, nämlich dass sich auch in der Natur brutale Überlebenskämpfe und Selektionsprozesse abspielen, dass diese keinesfalls ein Paradies der Friedlichkeit ist, erfährt Danielle tagtäglich auf ihrer Nahrungssuche. Sie hat den Erkenntnisvorsprung der Praxis. Am Ende von Staffel drei äußert sie den Wunsch, auf der Insel zu verbleiben, aber nicht, weil diese eine ernsthafte Alternative zu der Gesellschaft wäre, die sie vor mehr als anderthalb Jahrzehnten zurückließ, sondern weil sie sich in dieser, wie sie
146
TEXT: TOBIAS HÜBENER | ILLUSTRATION: MONIQUE VOIGT
DVD
lost
glaubt, nicht mehr zurechtfinden würde. Weshalb aber müssten nun bei etwas mehr Stimmigkeit dieser philosophischen Figurennamen dringend auch Existenzialisten mit von der Partie sein? Weil, erstens, »Lost« wie keine TV-Serie zuvor das Thema der sogenannten »Geworfenheit« des Subjekts illustriert. Und weil, zweitens, in ihr das zentrale existenzialistische Theorem der unhintergehbaren ontologischen Freiheit des Menschen durchdekliniert wird. Geworfenheit meint den Umstand, dass sich kein Mensch das Ob und das Wann seiner Geburt ausgesucht hat. Das menschliche Dasein ist, um mit Heidegger zu sprechen, »nicht von ihm selbst in sein Da gebracht«. Das klingt zunächst trivial, aber ein Hauptanliegen der Existenzialisten besteht darin, das gerade aufgrund seiner vermeintlichen Selbstverständlichkeit nicht Wahrgenommene sichtbar zu machen - das dadurch fern erscheint, weil es uns so nah ist. Der Mensch also ist nicht Ursache seines Hierseins, das vielmehr erlitten ist. Eine ziemliche Kränkung für jeden Glauben an ein selbstbestimmtes autonomes Subjekt. Solche Geworfenheit, die Geworfenheit in den Tod ist, gilt für alle. Und alle leben so, als ob sie davon nicht wüssten. Den Insassen von Flug 815 aber wird ihre grundlegende Geworfenheit dadurch sinnfällig, dass sie gleichsam in Gestalt eines drama-
147
DVD
tischen Absturzes eine Wiederholung erfährt: Die überlebenden Passagiere sind sozusagen noch einmal geworfen, noch einmal geboren. Aber Geworfenheit ist nicht alles. Der Mensch ist auch zum Entwurf gezwungen. Heidegger spricht vom »geworfen-entwerfendenund dem In-derWelt-Sein« des Menschen. Der Mensch ist frei, »zur Freiheit verdammt«, wie es Jean-Paul Sartre in einer berühmten Formulierung ausdrückte. In »Das Sein und das Nichts« (1943) schrieb er: »Der Mensch ist keineswegs zunächst, um dann frei zu sein, sondern es gibt keinen Unterschied zwischen dem Sein des Menschen und seinem Freisein.« Das Wesen des Menschen ist es, kein solches Wesen zu haben. Anders als der Stein oder der Strauch hat er keine zuvor festgelegte Lebenswelt, er ist, wie Nietzsche sagt, das »nicht festgestellte Tier«. Solche Freiheit ist eine Last, weil sie bedeutet, immer wählen zu müssen und für sich selbst verantwortlich zu sein. So ist man kein Kellner, Mörder oder Trinker, sondern entscheidet sich mit jedem Arbeitstag, Mord oder Schluck, einer zu sein. Naheliegende Ausflüchte, die darauf hinauslaufen, sich, beispielsweise unter Berufung auf Erziehung oder Milieu, als Teil einer Kausalkette wahrzunehmen, lässt Sartre nicht gelten. Er nennt solche Leugnungsversuche sogenannte »mauvaise foi« (unaufrichtig).‘ Die Last der Freiheit besteht darin, ihr
nie entgehen zu können. Andererseits bietet sie den Vorteil, dass es, auch egal, was man getan hat,nie zu spät ist, um sein Leben zu ändern. So wie die gute Tat der Vergangenheit kein Garant für automatische (und damit freiheitslose) Kontinuität des Guten ist, so begründen auch schlechte Taten der Vergangenheit keine Vorbestimmung für das Jetzt. It‘s neuer too late! So auch die »Lost«-Figuren: Charlie ist frei, dem Ozean Heroinvorräte zu übergeben. Shannon, die sich zunächst als giftig-zickige Highschool-Beauty einführt -in einer der schönsten Szenen des Pilotfilms sonnt sie sich leicht bekleidet auf einem Badehandtuch, während im Hintergrund die Flugzeugtrümmer rauchen -, unternimmt die ersten Schritte zu ihrer Verwandlung mit der Übersetzung des vor
DIE LAST DER FREIHEIT LIEGT DARIN IHR NIE ENTGEHEN ZU KÖNNEN. 16 Jahren von Danielle auf Französisch gesendeten Notrufes. Mit der Liebesbeziehung zum Moslem Sayid, einem mit Foltertechniken vertrauten ehemaligen Kommunikationsoffizier der Irakischen Republikanischen Garde, überwindet sie Begrenzungen ihres eigenen kulturellen Horizontes und agiert das erste Mal in ihrem Leben auf reife, selbstbestimmte Weise. Selbst das selten zu Sentimentalitäten aufgelegte betrügerische Rauhbein Sawyer hört immer häufiger auf, »bad boy« zu sein, und ist eines Tages gar babywiegend zu sehen - eine Szene, so schön und ambivalent wie die in Werner Herzogs Dokumentation »Mein liebster Feind« (1999), in der sich ein bunter Schmetterling zu Klaus
148
Kinskis großer Verlegenheit partout auf ihm niederlassen will. Natürlich ist ein solcher positiver Durchbruch zivilisatorischer Beschränkungen und Tabus ein typisches Muster der Robinsonade: Postkatastrophische bunte Zusammengewürfeltheit mit ihrem resultierenden Ego-Clash (aber ohne den typischen USQuotenschwulen) plus eine gemeinsam zu lösende Aufgabe plus Isoliertheit von der Außenwelt plus ein oder mehrere Feinde sind einem solchen Durchbruch günstig. Es ist im Übrigen interessant, dass es zu keinem Abdriften der Gruppe in die Barbarei kommt, wie es William Golding stilbildend in seiner von einem ganz ähnlichen Nullpunkt ausgehenden pessimistischen Studie »Herr der Fliegen« (1954) beschrieb. Die Anspielungen auf Golding in »Lost« machen durch den Kontrast deutlich, dass der Firnis der Zivilisation zwar dünn sein mag, in der amerikanischen Serie aber keineswegs reißt. Der Krieg aller gegen alle, den der englische Philosoph Thomas Hobbes in seiner nachtschwarzen Anthropologie für den Fall befürchtete, dass man den menschlichen Machtdynamismen keinen Einhalt geböte, findet
lost
auch in der dritten Staffel von »Lost« nicht statt. Das liegt daran, dass sich die meisten auf die Autorität des charismatischen Arztes Jack einigen konnten, der die Anführerschaft schon im Namen trägt: Dr. Jack Shephard ist der
ES IST NIE ZU SPÄT, ALLES IST OFFEN, NUR DU MUSST DICH ENTSCHEIDEN. »shepherd«, der Gute Hirte der Überlebenden. Bezeichnenderweise ist die latente Kehrseite seiner Entschlossenheit und seiner Aufopferungsbereitschaft die Tendenz zu einer hitzköpfigen Wirgegen-sie Logik, die sich namentlich im Verhältnis zu den mysteriösen »Anderen«, den anderen Bewohnern der Insel, äußert. Die Interaktion der Überlebenden des Absturzes - dessen tiefere (oder höhere) Ursachen auch nach 69 mittlerweile auf DVD erhältlichen Episoden völlig unklar sind - mit diesen »Anderen« tritt im Verlauf der Serie mehr und mehr in den Vordergrund. Die präinsulare Vergangenheit der Überlebenden
ist in Gestalt von als Flashbacks dargestellten Erinnerungen immer präsent. Doch einen Fluch des Wiederholungszwanges in dieser Gegenwart bedeutet diese Vergangenheit nicht. Gerade weil die Figuren (wie alle Menschen) »lost« sind, haben sie - frei nach Sartre - die Chance, alles zu gewinnen. Das ist eine frohe und, falls man dem Christentum anhängt, vielleicht gar eine Frohe Botschaft. Sie stellt sich quer zu einem Zeitgeist, der den Menschen gern als unfreies und determiniertes Produkt seiner Verhältnisse und genetischen Anlagen darstellt, ohne dabei ins andere Extrem eines ins Gewand des American Dream gekleideten Neoliberalismus zu verfallen. Dass die Serie mit amerikanischem Patriotismus wenig zu tun hat, zeigt einer der wichtigsten Subtexte von »Lost«: die dilemmatische Herausbildung von Identität mittels der Konstruktion eines feindlichen Außen am Beispiel der Konfrontation der Überlebenden mit den »Anderen«. Dass ein möglichst entmenschlichter Feind hilfreich sein kann, um das eigene Selbstbild zu stabilisieren, hatten die USA kurze Zeit vor dem Start der Serie im September 2004 durch ihre
BIBLIOGRAPHIE J.P. SARTRE
federführende Rolle bei der propagandistischen und militärischen Irak-Offensive vorgeführt. Es liegt daher nahe, »Lost« auch als kritischen Kommentar zur chauvinistischen US-Außenpolitik zu lesen. Drei eher allgemein-menschliche Botschaften von »Lost« dagegen lauten: »Es ist nie zu spät.« »Alles ist offen.« »Du musst dich entschließen.« Sie klingen vielleicht ein wenig nach NewAge-Kitsch und dürfen auch nicht auf einen Preis für gesteigerte Komplexität hoffen. Vor allem aber aktualisieren sie einen Existenzialismus, der selten so hinreißend und untheoretisch war.
EINE AUSWAHL
1938 | LA NAUSEE (DER EKEL) 1943 | LES MOUCHES (DIE FLIEGEN) 1943 | L’ÊTRE ET LE NÉANT (DAS SEIN UND DAS NICHTS) 1947 | LES JEUX SONT FAINTS (DAS SPIEL IST AUS) 1948 | LES MAINS SALES (DIE SCHMUTZIGEN HÄNDE) 1946 | LES CHEMINS DE LIBERTÉ (DIE WEGE DER FREIHEIT) 1951 | LE DIABLE ET LE BON DIEU (DER TEUFEL UND DER LIEBE GOTT) 1964 | LES MOTS (DIE WÖRTER) 1959 | LES SÉQUESTRÉS D‘ALTONA (DIE EINGESCHLOSSENEN) 1960 | CRITIQUE DE LA RAISON DIALECTIQUE (KRITIK DER DIALEKTISCHEN VERNUNFT) 1971| L’IDIOT DE LA FAMILLE. LA VIE DE GUSTAVE FLAUBERT (DER IDIOT DER FAMILIE. GUSTAVE FLAUBERT) 1983 | CAHIERS POUR UNE MORALE (ENTWÜRFE FÜR EINE MORALPHILOSOPHIE)
149
RAPID EYE DAS MAGAZIN FÜR FILMLIEBHABER HINTER JEDEM FILM STECKT EINE GESCHICHTE, DIE WEITERERZÄHLT WERDEN MÖCHTE. DAS RAPID EYE MAGAZINE NIMMT SICH DIESEN GESCHICHTEN AN UND BIETET EINE PLATTFORM FÜR IHRE DARSTELLUNG UND ATMOSPHÄRISCHE AUFBEREITUNG MIT SCHWERPUNKT IN DEN BEREICHEN KUNST UND GESELLSCHAFT. DAS MAGAZIN ERSCHEINT ALLE 14 TAGE. AUS DEN AKTUELLEN FILMSTARTS NIMMT ES SICH EINEN FILM EXEMPLARISCH HERAUS, STELLT IHN THEMATISCH IN DIE MITTE DES REDAKTIONELLEN SEINS. FILMANALYEN AKTUELLER FILME STEHEN NEBEN SOLCHEN VON KLASSIKERN, GESELLSCHAFTLICHE UND HISTORISCHE HINTERGUNDBERICHTE FINDEN EBENSO BEACHTUNG WIE GENERELLE GENREDISKUSSIONEN. MIT LIEBE ZUM DETAIL WERDEN EINZELNE ASPEKTE DES FILMS AUSGEGRABEN, THEMATISIERT UND MIT LEUTEN DISKUTIERT, DIE KINO EBENSO SCHÄTZEN, WIE DER LESER DES MAGAZINS. DAS RAPID EYE MAGAZINE RICHTET SICH AN LEUTE, DIE VON FILMEN NICHT GENUG BEKOMMEN KÖNNEN UND AUF KURZWEILIGEM UND DOCH HINTERGRUNDIGEM WEGE SCHÄTZE RUND UM DAS THEMA KINO JENSEITS DES MAINSTREAMS ENTDECKEN MÖCHTEN.
IMPRESSUM HERAUSGEBER | THOMAS DITTRICH CHEFREDAKTION | ANNIKA BECKER REDAKTIONSLEITUNG | MARTIN MAGIELKA MITARBEITER | ANNA BAUR LINDA BEHNEN HANS-CHRISTIAN BUSSERT CARSTEN OLIVER MAHRET KUPKA ALEXANDRA LOOSER SARA MAGIELKA MARCUS STEWEN ANSGAR STRUCK ROMY UEBEL FRIEDERIKE VON BOCK GESTALTUNG | MONIQUE VOIGT FOTOGRAFEN | GEMMA BOOTH MAX BLAME ROLF BRENNER VERENA BRUMANN-CHRIST PATRICK TREFZ MARC DE GROOT MIRJA HARDERS NELA KÖNIG STEFAN MENTZ MONA SCHULZE FRANCA WRAGE FOTOREDAKTION | LAURA SCHRÖDER ANDRE WEINBERG SCHLUSSREDAKTION | FLORIAN BIEDERMANN
REDAKTION | SCHÄFERSTRASSE 22 20357 HAMBURG ABONNEMENT VERWALTUNG | JOINT FORCES MEDIA GMBH KÖPENICKER STRASSE 178 10997 BERLIN TELEFON 030 69 59 72 30 DRUCK | VEREINIGTE VERLAGSANSTALTEN GMBH VERTRIEB | ANNA SCHRÖDER B&D SERVICES GMBH OSTERFELDSTRASSE 12 22529 HAMBURG
DER ARCHITEKT BRIDE WARS FROST/ NIXON GLAUBENFRAGE DAS HUNDEHOTEL THE SPIRIT NICK & NORAH
PERESTROIKA BILLU BARBER ER STEHT EINFACH REVANCHE EFFI BRIEST 96 HOURS DER KNOCHENMAN YES MAN
H NICHT SO AUF DICH
NN
NEU STARTS
P
NEUSTARTS
REVIEW KINEMATOGRAPHISCHE FILMSTARTS IN DER ZEIT VOM O5| 02 BIS 19| 02| 09
DER ARCHITEKT
START | 05.02. REGIE | INA WEISSE DREHBUCH | INA WEISSE, DAPHNE CHARIZANI GENRE | DRAMA LAND | DEUTSCHLAND CAST | JOSEF BIERBICHLER (GEORG WINTER), HILDE VAN MIEGHEM (EVA WINTER), MATTHIIAS SCHWEIGHÖFER (JAN) LÄNGE | 90 MIN
BRIDE WARS | DER ARCHITEKT
Als er vom Tod seiner Mutter erfährt, bedeutet die Beerdigung für den 58jährigen Architekten Georg Winter nur einen leidigen Pflichttermin. Der Misanthrop fährt mit seiner Frau Eva und den längst erwachsenen Kindern Reh und Jan von Hamburg in sein Tiroler Heimatdorf. Die Begegnung mit Jugendfreunden konfrontiert ihn mit den Lebenslügen, das Testament enthüllt Peinliches. Eine scheinbar heile Familie zerpflückt die Schauspielerin Ina Weisse in ihrem reifen Regiedebüt nach allen Regeln der Kunst. Das stark besetzte wie gespielte Drama um die Fehler der Vergangenheit entfaltet seine Emotionen vor gewaltiger, metaphernreicher Winterlandschaft.
154
kino
BRIDE WARS
Seit ihrer Kindheit halten Liv und Emma in guten wie in schlechten Tagen zusammen wie Pech und Schwefel. Vielleicht hat man sich in punkto Brautkleid, Torte oder Einladungskarten und -listen das eine oder andere Mal umentschieden, eine Sache hatte über die Zeit jedoch Bestand: der Ort der Feierlichkeiten. Da haben sich die beiden auf das New Yorker Plaza Hotel festgelegt. Edel, altehrwürdig, repräsentativ, das Richtige, um den Bund fürs Leben zu besiegeln. Die Vorfreude auf die ultimative Edelfeier endet, als ein Buchungsfehler nur noch einen Termin frei lässt. Schlagartig konkurrieren beide Bräute um ihre Traumhochzeit. Die besten Freundinnen werden binnen Sekunden zu erbitterten Rivalinnen, die sich nach allen Regeln der Kunst um einen Hochzeitstermin streiten: Augenzwinkernde, heiter-flotte Komödie mit viel Gefühl.
FROST/ NIXON
FROST/ NIXON
START | 05.02. REGIE | GARY WINICK DREHBUCH | GREG DE PAUL, CASEY WILSON DAPHNE CHARIZANI GENRE | KOMÖDIE LAND | USA CAST | ANNE HATHAWAY (EMMA), KATE HUDSON (LIV), KRISTEN JOHNSTON (DEB) LÄNGE | 90 MIN
vid Frost bereit, der ihn zum TV-Duell herausfordert. Nixon sagt nur zu, weil er glaubt, den als wenig schlagfertig bekannten Journalisten mühelos zu beherrschen. Doch vor laufenden Kameras erweist sich Frost als bestens vorbereitet. Ron Howard („A Beautiful Mind“) hat mit diesem packenden Drama einen Oscarfavoriten generiert. Basierend auf dem legendären Interview, schrieb „Die Queen“-Autor Peter Morgan ein ZweiPersonen-Theaterstück, dessen beide Darsteller auch in der elektrisierenden Filmadaption auftreten.
GLAUBENSFRAGE
START | 05.02. REGIE | RON HOWARD DREHBUCH | PETER MORGAN GENRE | DRAMA LAND | USA CAST | MICHAEL SHEEN (FROST), FRANK LANGELLA (NIXON), KEVIN BACON (JACK BRENNAN) LÄNGE | 122 MIN
START | 05.02. REGIE | JOHN PATRICK SHANLEY DREHBUCH | JOHN PATRICK SHANLEY GENRE | DRAMA LAND | USA CAST | MERYL STREEP (SCHWESTER ALOYSIUS), PHILIP SEYMOUR HOFFMAN (PATER FLYNN), AMY ADAMS (SCHWESTER JAMES) LÄNGE | 104 MIN
Nach dem Watergate-Skandal trat USPräsident Richard Nixon zurück und hüllte sich drei Jahre lang in Schweigen. Erst 1977 erklärt er sich für ein Interview mit dem britischen Talkmaster Da-
Meryl Streep und Philip Seymour Hoffman liefern sich ein brillantes Darstellerduell im preisgekrönten Drama um einen Skandal an einer Klosterschule. Amerika 1964. Selbst an der katho-
155
lischen Schule St. Nicholas, Hort des Konservativen, geht der liberale Zeitgeist nicht spurlos vorüber. Der charismatische Priester Flynn will das unbarmherzige Regiment der gestrengen Schwester Aloysius Beauvier brechen. Als Schwester James Aloysius erzählt, Flynn kümmere sich zu sehr um den schwarzen Schüler Donald, beginnt diese einen Kreuzzug. Der schwelende Konflikt zwischen der konservativen Leiterin und dem liberalen geistlichen Neuzugang bricht aus, als eine unerfahrene junge Schwester eine Beobachtung macht, die mehrere Schlüsse zulässt, für ihre Vorgesetzte aber eindeutig ist. Pater Flynn, der in seiner Zuneigung gegenüber dem einzigen schwarzen Schüler vielleicht Grenzen überschritten, vielleicht aber auch nur den überholten Führungsstil der Nonne in Frage gestellt hat. Überzeugung oder Zweifel? Über Gerücht oder Gewissheit, Täter oder Opfer entbrennt eine packende Auseinandersetzung, bei der Persönlichkeiten und Lebensmodelle, Überzeugung und Zweifel kollidieren. Am Ende ist nur eines sicher: die Qualität eines Dramas, das mit Dialogduellen und darstellerischen Glanzleistungen einen Besuch wert ist.
NEUSTARTS
Bis zur letzten Konsequenz muss sich ein junger Revoluzzer im Talar gegen die Anfeindungen einer furchteinflößenden Oberschwester wehren, die ihm Pädophilie nachsagt. John Patrick Shanley inszeniert ein Moraldrama über eine erbitterte Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit.
DAS HUNDEHOTEL START | 05.02. REGIE | THOR FREUDENTHAL DREHBUCH | JEFF LOWELL, ROBERT SCHOOLEY, MARK MCCORKLE GENRE | KOMÖDIE LAND | USA CAST | EMMA ROBERTS (ANDI), DON CHEADLE (BERNIE), LISA KUDROW (LISA SCUDDER) LÄNGE | 100 MIN Die neuen Pflegeeltern verbieten der 16jährigen Andi und ihrem jüngeren Bru-
der Bruce, ihren Hund Friday als Haustier zu behalten. Eine neue Unterkunft für ihn muss her! Die ist rasch gefunden, denn sie entdecken ein leerstehendes Hotel, in das sie Friday einquartieren. Einfallsreich errichtet Bruce daraus einen Abenteuerpark, der für herrenlose Hunde schnell zur Attraktion wird - was den Nachbarn nicht verborgen bleibt. Die liebenswerte Abenteuerkomödie mit Julias Nichte Emma Roberts („Wild Child“) und Stars wie Lisa Kudrow („P.S. Ich liebe dich“) verzückt mit Erfindergeist, Kreativität und Wagemut
THE SPIRIT START | 05.02. REGIE | FRANK MILLER DREHBUCH | FRANK MILLER GENRE | ACTION/ KRIMINALFILM LAND | USA CAST | GABRIEL MACHT (THE SPIRIT), EVA MENDES (SAREF), SCARLETT JOHANSSON (FLOSS), SAMUEL L JACKSON (THE OCTOPUS) LÄNGE | 103 MIN Sin City Schöpfer Frank Miller taucht wieder ein in einen Stadt-Moloch und verziert den Kult-Comic mit Hollywoods schönsten Aktricen. Kaum ist ein junger Cop als mysteriöser „Spirit“ von den Toten wieder auferstanden, schon gibt es reichlich Arbeit: Nicht nur muss er aus der Schattenwelt das wuchernde Verbrechen in Central City bekämpfen. Auch sein Erzfeind, der eiskalte Killer Octopus verfolgt fatale Ziele. Indem er seine eigene Version der Unsterblichkeit entwickelt, will er die Stadt auslöschen. Spirits Mission wird von einer ganzen Schar heißer Frauen gefährdet. Frank Miller, Meister der Graphic-Novels und Kultautor phänomenaler Visionen wie „Sin City“ und „300“, entwirft nach Will Eisners Comic eine Welt jenseits des Todes. Hier gehen Action, Horror, Abenteuer und Romantik eine aufregende Allianz ein - verziert von Hollywoods schönsten Femmes Fatales.
156
BILLU BARBER START | 12.02. REGIE | PRIYADARSHAN DREHBUCH | MANISHA KORDE, MUSHTAQ SHEIKH GENRE | KOMÖDIE/ DRAMA LAND | INDIEN CAST | IRFAN KHAN, SHAH RUKH KHAN, LARA DUTTA, OM PURI, ASRANI, KREENA KAPOOR, DEEPIKA PADUKONE LÄNGE | 138 MIN Bilas Rao Pardesi ist Friseur und lebt mit seiner Familie ein einfaches Leben. Eines Tages ist das ganze Dorf aufgebracht, als der Filmstar Sahir Khan sich wegen Dreharbeiten für einen Aufenthalt ankündigt. Die Bewohner spielen verrückt, jeder versucht sich aus dem Ruhm des Stars einen Vorteil zu erhaschen. Lediglich Bilas bleibt auf dem Boden der Tatsachen, schließlich ist der Sahir Khan ihm auf eine besondere Weise verbunden: Sie sind Kindheitsfreunde. So gilt es für beide, sich zu ihrer Herkunft zu bekennen.
EFFI BRIEST START | 12.02. REGIE | HERMINE HUNTGEBURTH DREHBUCH | VOLKER EINRAUCH GENRE | DRAMA LAND | DEUTSCHLAND CAST | JULIA JENTSCH (EFFI VON BRIEST), SEBASTIAN KOCH (VON INNSTETTEN), MISEL MATICEVIC (VON CRAMPAS) LÄNGE | 118 MIN Preußen im späten 19. Jahrhundert. Die heißblütige Effie Briest wird gemäß den strengen Regeln ihrer Zunft von ihren Eltern dazu verdonnert, Baron Instetten zu heiraten. Der politische Karrierist ist emotional ein kalter Brocken und zieht mit der 17-Jährigen in ein Ostseeörtchen, wo sie ein eintöniges Leben erwartet. Sie beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit Instettens Kamerad Major von Crampas. Mit deutschen Stars reich bestückte Verfilmung von Theodor Fontanes Klassiker, bei dem
kino
REVANCHE
GLAUBENSFRAGE | REVANCHE | THE SPIRIT | EFFI BRIEST | BILLU BARBER
START | 12.02. REGIE | GÖTZ SPIELMANN DREHBUCH | GÖTZ SPIELMANN GENRE | DRAMA LAND | ÖSTERREICH CAST | JOHANNES KRISCH (ALEX), IRINA POTAPENKO (TAMARA), URSULA STRAUSS (SUSANNE), HANNO PÖSCHL (KONECNY) LÄNGE | 122 MIN
Hermine Huntgeburth nicht nur alle Leidenschaften von Liebe bis Hass auskostet, sondern ihrer Frauenfigur auch unkonventionelle, zeitgemäße Stärken zugesteht. Eine erstaunliche Literaturverfilmung unprätentiös und nahezu ohne Epos.
ER STEHT EINFACH NICHT AUF DICH START | 12.02. REGIE | KEN KWAPIS DREHBUCH | ABBY KOHN, MARC SILVERSTEIN GENRE | KOMÖDIE LAND | USA CAST | BEN AFFLECK (NEIL), JENNIFER ANISTON (BETH), DREW BARRYMORE (MARY), JENNIFER CONNELLY (JANINE), BRADLEY COOPER (BEN) LÄNGE | 129 MIN
Hollywoods schönste Grazien verzweifeln am anderen Geschlecht - in einer herzlichen Komödie über Beziehungsfrust und das Schweigen der Männer. Janine steckt in einer öden Ehe mit Ben fest und sehnt sich nach Abwechslung. Auch Gigi, Beth, Anna und Mary suchen verzweifelt nach Mr. Right. Doch die Männerwelt, bestehend aus Alex, Neil und Connor scheint entweder zu unentschlossen oder einfach nicht auf sie zu stehen. Munter dreht sich das Beziehungskarussell in einer höchst vergnüglichen und mit den hübschesten Gesichtern Hollywoods geschmückten Komödie über Missverständnisse. Ken Kweller nimmt sich den Bestseller von Greg Behrendt vor.
157
Ex-Knacki Alex arbeitet im Rotlichtmilieu und träumt davon, mit der ukrainischen Prostituierten Tamara ein neues Leben anzufangen. Ein Banküberfall soll Schulden tilgen und die Reise gen Süden ermöglichen. Aber Tamara wird auf der Flucht erschossen - unabsichtlich von dem zufällig anwesenden Polizisten Robert. Alex flieht auf den Hof seines greisen Vaters und entdeckt, dass Robert ganz in der Nähe wohnt. Eine Meditation über Schuld und Sühne vermittelt der Österreicher Götz Spielmann („Antares“) auf unkonventionellem Wege. Sein minimalistisches und grimmiges Selbstjustiz Drama birgt viel Thrill und Emotionen. Die ungeschminkte und ehrliche Darstellung der Wiener Halbwelt kennt keine Helden.
96 HOURS START | 19.02. REGIE | PIERRE MOREL DREHBUCH | MICHAEL ABRAMOWICZ GENRE | THRILLER/ ACTION LAND | USA CAST | LIAM NEESON (BRYAN), MAGGIE GRACE (KIM), FAMKE JANSSEN (LEONORE), LELAND ORSER (SAM) LÄNGE | 93 MIN Ex-Topagent Bryan Mills hat den Dienst quittiert, weil seine Ehe mit Lenore deshalb zerbrach. Nun will er wenigstens bei seiner Tochter Kim wieder Land gewinnen und zieht in ihre Nähe nach Los Angeles. Als die 17-Jährige bei ihrem Urlaub in Paris mit ihrer Freundin Amanda verschleppt wird, handelt der
NEUSTARTS
YES MAN START | 19.02. REGIE | PEYTON REED DREHBUCH | NICHOLAS STOLLER, JARRAD PAUL, ANDREW MOGEL GENRE | KOMÖDIE LAND | USA CAST | JIM CARREY (CARL ALLEN), ZOOEY DESCHANEL (ALLISON), BRADLEYCOOPER (PETER), RHYS DARBY (NORM) LÄNGE | 104 MIN Jim Carrey erlebt, was passiert, wenn man zu allem „Ja“ sagt - und schlittert in irrsinnig komische Situationen. Carl Allen steht in einer Sackgasse: Weil er beruflich wie privat alles ablehnt, was das Leben zu bieten hat, steckt er in einer existenziellen Krise. Da polt ihn ein Selbsthilfeprogramm um, das auf genau einem Prinzip beruht - zu allem
und jedem „ja“ zu sagen. Kaum folgt Carl dem Rat, aktiviert er erstaunliche Ressourcen. Aus dem pessimistischen Totalverweigerer wird ein optimistisch in die Zukunft blickender Mensch, der Gelegenheiten beim Schopf greift, wenn sie sich auftun, Möglichkeiten abcheckt und auch zur Liebe endlich Ja sagt. Für Carl scheint eine echte Glückssträhne zu beginnen, er wird nicht nur befördert, sondern verliebt sich auch noch in die bildhübsche Renée (Zooey Deschanel). Aber der „Ja-Sager“ merkt: Die neuen Möglichkeiten bieten nicht nur Vorteile. Gummigesicht Jim Carry, zuletzt im düsteren „Nummer 23“ zu sehen, besinnt sich wieder auf seine Slapstick-Stärken und zieht alle Register eines ComedyKings. Wie einst als „Dummschwätzer“, der nicht lügen konnte, stellt er sein Leben mit einer turbo-anarchischen Show auf den Kopf.
DER KNOCHENMANN START | 19.02. REGIE | WOLFGANG MURNBERGER DREHBUCH | WOLFGANG MURNBERGER GENRE | KOMÖDIE/ THRILLER LAND | ÖSTERREICH CAST | JOSEF HADER (BRENNER), BIRGIT MINICHMAYR (BIRGIT), JOSEF BIERBICHLER (LÖSCHENKOHL) LÄNGE | 126 MIN
YES MAN
entsetzte Vater sofort. Mit aller Härte geht er gegen albanische Mädchenhändler vor. Ungewöhnlich rabiater Nahkampf-Thriller, in dem Jedi-Ritter Liam Neeson den überzeugend hartgesottenen Rächerpart gibt. Für die intensive Action bürgt Hit-Garant Luc Besson, der mit dem „Transporter“Autor Robert Kamen das Drehbuch schrieb und auf glaubwürdigen Druck statt Explosionen setzt.
158
Ein mickriger Auftrag von seinem alten Freund Berti führt den Brenner in die schneebedeckte Provinz zur Grillstation Löschenkohl, die für ihre Backhendl berühmt ist. Der Schock: Im Knochenmehl der Hühner finden sich auch menschliche Spuren! Mit detektivischem Spürsinn deckt Brenner auf, was hier an Verbrechen vor sich geht. Doch dann verdreht ihm die fesche Köchin Gitti den Kopf. Kult-Detektiv Brenner erlebt wieder ein famos satirisch-komisches Abenteuer, das wie die originellen Vorgänger „Komm, süßer Tod“ und „Silentium“ aus der spitzen Feder von Wolf Haas stammt. Kabarettist Joseph Hader spielt den abgewrackten Schnüffler mit Wiener Schmäh.
NICK & NORAH START | 19.02. REGIE | PETER SOLLETT DREHBUCH | LORENE SCAFARIA GENRE | KOMÖDIE LAND | USA CAST | MICHAEL CERA (NICK), KAT DENNINGS (NORAH), ALEXIS DZIENA (TRIS) LÄNGE | 89 MIN Seit ihn seine Freundin hat stehen lassen, verarbeitet Nick, Bassist bei der Rockband „The Jerkoffs“, seinen Trennungsschmerz, indem er regelmäßig Mix-CDs erstellt. Die landen bei seiner Ex nur im Papierkorb, wo sie allerdings die sensible Norah aufsammelt, die davon so verzaubert ist, dass sie sich in Nick verliebt, ohne ihm je begegnet zu sein. Als ein Zufall die beiden schließlich zusammen bringt, kommen sie sich auf einer abenteuerlichen Reise durchs nächtliche New York näher. Als sich die beiden dann zufällig begegnen, können sie allerdings zunächst wenig miteinander anfangen. Das ändert sich gründlich im Verlauf einer Nacht, in der sie sich auf der Suche nach dem geheimen Ort, an dem ihre Lieblingsband ein Konzert geben soll, näher kommen. Romantische wie coole Teeniekomödie
kino
um zwei verlorene Seelen, die sich erst nicht ausstehen können, aber dann in einer langen New Yorker Nacht zueinander finden. Der unbeschwerte Spaß gibt sich sympathisch albern und feiert das Jungsein mit einer Ode, die mit angesagter Indiemusik rockt.
PERESTROIKA
In einer Wohnung in St. Petersburg teilen sich mehrere Familien je ein Zimmer und versuchen auf engstem Raum, miteinander auszukommen. Diese Lebensweise geht auf den Kommunismus zurück, wo staatliche Normzuteilungen statt Besitz den Alltag regelten. Noch heute keine ungewöhnliche Situation für viele Familien, die sich nun mit Marktwerten auseinander setzen müssen. Denn eigentlich möchten sie ausziehen - aber das geht nur, wenn alle mitmachen. Ein Gefühl von Marktwirtschaft im heutigen Russland verschafft Christiane Büchner in einer Dokumentation über auf engstem Raum zusammengepferchte Familien in St. Petersburg, die kooperieren müssen, um vom Kapitalismus zu profitieren. Eine erstaunliche Weltsicht.
WILD OCEAN 3D START | 19.02. REGIE | LUKE CRESSWELL, STEVE MCNICHOLAS DREHBUCH | LUKE CRESSWELL, STEVE MCNICHOLAS GENRE | DOKUMENTARFILM/ NATUR LAND | USA KAMERA | REED SMOOT, DJ ROLLER MUSIK | LUKE CRESSWELL LÄNGE | 40 MIN
PERESTROIKA | WILD OCEAN 3D
START | 19.02. REGIE | CHRISTIANE BÜCHNER DREHBUCH | CHRISTIANE BÜCHNER GENRE | DOKUMENTARFILM LAND | DEUTSCHLAND KAMERA | IRINA URALSKAJA, ANATOLJ PETRIGA PRODUZENTEN | TOBIAS BÜCHNER LÄNGE | 88 MIN
Jedes Jahr erlebt der Indische Ozean vor der Küste Südafrikas ein gigantisches Spektakel: Milliarden von Sardinen ziehen dann zur KwaZulu-Natal-Küste und lösen eine wahre Fressorgie aus - die gesamte maritime Tierwelt stürzt sich auf diese gedeckte Tafel. Wale, Haie, Delfine, Seehunde und Meeresvögel wie der Kaptölpel treffen aufeinander und jagen ihre Beute mit den erstaunlichsten Methoden. Das größte Raubtier allerdings ist wieder einmal der Mensch. Fressen und gefressen werden lautet das Credo dieser fulminanten Natur-Doku, die in 3D-Bildern von einem epischen Kampf entlang der Nahrungskette berichtet. Das Meer lebt, das beweist dieser eindrucksvolle 3D-Dokumentarfilm
159
in wundervollen Bildern.Vor der Küste Südafrikas im Indischen Ozean bietet sich einem unter Wasser eine völlig neue Welt: Die Artenvielfalt der Tiere kommt der überirdischen Parallelwelt problemlos gleich. Und ebenso vielfältig sind die Überlebensstrategien der einzelnen Tierarten, die sich als Einzelkämpfer oder in gewaltigen Schwärmen wie die Sardinen ihr Fortleben sichern. Doch auch hier hat der größte Feind der Tierwelt, der Mensch, schon alles verändert, in dem Glauben an unerschöpfliche Ressourcen. Atemberaubend bebilderter 3D-Dokumentarfilm über die bedrohte Unterwassertierwelt.
R NEUSTARTS
DVD NEUERSCHEINUNGEN O5| 02 BIS 19| 02| 09
DVD DIE PILOTEN
ERSCHEINUNG | 05.02. REGIE | CORDULA KABLITZ-POST GENRE | DOKUMENTARFILM LAND | DEUTSCHLAND 2007 CAST | CHRISTOPH SCHLINGENSIEF, ROLF ZACHER, JÜRGEN FLIEGE, GUNTHER GABRIEL, CLAUDIA ROTH, GOTTHILF FISCHER, SIDO LÄNGE | 95 MIN Und wir kennen ja alle Piloten, das sind so Fernsehsendungen, die gemacht werden, da wird etwas ausprobiert, und die werden dann gar nicht gesendet. Und er hat so was mit der Akademie der Künste gemacht. Christoph Schlingensief dreht 10 Jahre nach TALK 2000 Testsendungen für eine neue Talkshow. Obwohl zu dem Zeitpunkt noch nicht klar ist, ob diese Piloten jemals ausgestrahlt werden, kommen sie alle: von Jürgen Fliege bis Rolf Hochhuth, von Oskar Roehler bis Claudia Roth, von Lea Rosh bis Sido. Dazwischen werden Schauspieler gesetzt, die die Gäste verwirren und
ELEASE
die Talkshow-Band weiß nicht, was sie spielen soll. Und dann kommt der Talkmaster plötzlich mit ernsten Themen und persönlicher Betroffenheit.Aneinanderreihung chaotischer Momente der inszenierten TV-Talkshows des provokanten Künstlers. Turbulent geht es in dieser Runde zusammengewürfelter prominenter und nichtprominenter Talkshowgäste zu. Über Angriffe auf den echten Suhrkamp Gesellschafter Claus Grossner seitens einer gespielten Mitarbeiterin des Verlags bis hin zu Beiträgen des realen Sido: Es herrscht das pure Chaos, in dem sich ein mögliches, jedoch nicht vorgegebenes Leitthema vollends verliert. Eine „Talkshow von Kranken für Kranke“ lautet die Devise und mittendrin schwadroniert Christoph Schlingensief selbst als Talkmaster, mal im versöhnlichen Stil von Jürgen Fliege, mal intellektuell wie Harald Schmidt. In der Berliner Akademie der Künste aufgezeichnet, wurde das ohnehin konfuse Drehmaterial im Anschluss
160
dvd
zu einem sechsteiligen Gesamtbild der deutschen Talkshowlandschaft zusammengesetzt. Der provokante Theaterregisseur und Aktionskünstler Christoph Schlingensief („Mein Führer“) bleibt auch in „Die Piloten“ seinen bekannten Grenzüberschreitungen bis hin zur Geschmacklosigkeit treu und so entstand eine unterhaltsame Mischung aus grotesken und spitzfindigen Szenen, die nebenbei an sein Format „Talk 2000“ (1997) anknüpft. Also das hat mir schon imponiert, der Film BONUSMATERIAL | KAPITEL- / SZENENANWAHL, ANIMIERTES DVDMENÜ, DVD-MENÜ MIT SOUNDEFFEKTEN
KÜSS MICH BITTE ERSCHEINUNG | 06.02. REGIE | EMMANUEL MOURET GENRE | KOMÖDIE LAND | FRANKREICH 2008 CAST | VIRGINIE LEDOYEN, EMMANUEL MOURET, JULIE GAYET, MICHAEL COHEN LÄNGE | 100 MIN Während einer Dienstreise in Nantes begegnet Emilie abends zufällig Gabriel. Sie fühlen sich trotz ihrer glücklichen Beziehungen sofort zueinander hingezogen. Er möchte sie küssen, sie ihn auch. Aber etwas hält sie davon ab:
Eine Geschichte über die Konsequenzen eines Kusses, die Emilie Gabriel erzählt. Die Geschichte einer verheirateten Frau und ihres besten Freundes, deren Beziehung sich durch einen Kuss überraschend und grundsätzlich verändert. Alles dreht sich in diesem Film um die Frage: Kann ein Kuss harmlos sein oder kann er zu unvorhergesehenen Konsequenzen führen? Die Geschichte zeigt: Kein Kuss ist unschuldig. Und Emilie und Gabriel müssen entscheiden, wie sehr sie diesen einen Kuss begehren und ob sie das Wagnis eingehen. Unschuldige Küsse enttarnt die hinreißend leichte, aber hintersinnige französische Liebeskomödie als gravierende Fehler. Eine cineastische hochwertige Kombination aus Woody Allen und Eric Rohmer prädestiniert die Partie. BONUSMATERIAL | KINOTRAILER, TRAILER VON ANDEREN FILMEN, KAPITEL- / SZENENANWAHL
HOMO FABER ERSCHEINUNG | 06.02. REGIE | VOLKER SCHLÖNDORFF GENRE | DRAMA LAND | DEUTSCHLAND/ FRANKREICH 1991 CAST | SAM SHEPARD, JULIE DELPY, BARABRA SUKOWA, DIETER KIRCHLECHNER LÄNGE | 109 MIN Auf einer Flugreise trifft der 50-jährige UNESCO-Ingenieur Walter Faber auf den Bruder seines Studienfreundes Joachim Henke. Dieser hatte Fabers Jugendliebe Hannah geheiratet, doch bevor er ihn besuchen kann, begeht Joachim Selbstmord. Fabers Leben gerät ins Wanken. Auf einem Schiff nach Europa lernt er die 20-jährige Sabeth kennen. Fasziniert begleitet er die junge Frau und schläft schließlich mit ihr. Als Sabeth verunglückt, erfährt Faber, dass die Geliebte seine Tochter ist. BONUSMATERIAL | KINOTRAILER, KAPITEL- UND SZENENANWAHL, ANIMIERTES DVD MENÜ, DVD MENÜ MIT SOUNDEFFEKTEN,N ALTERNATIVE UND GESCHNITTENE SZENEN, FOTOGALERIEN
161
NEUSTARTS
anschaffen, und Jerzy treibt Geld für einen Kredithai ein. Eines Tages ist Ewa verschwunden. Jerzy kauft kurzentschlossen ein gefaktes Visum und geht nach New York. In einer Bar fällt sein Blick auf die Küchenhilfe..
ÜBERALL IST ES BESSER ERSCHEINUNG | 06.02. REGIE | MICHAEL KLIER, GUSTAV BARWICKI GENRE | DRAMA LAND | DEUTSCHLAND 1989 CAST | MIROSLAV BAKA, MARTA KLUBOWICZ, MICHAELKRAUSE LÄNGE | 74 MIN „Ich habe, wie der Hauptdarsteller meines Debütfilms, am Anfang in Westberlin gelebt. Völlig provisorisch, aber voller Enthusiasmus und Abenteuerlust. Das war der Motor für diesen amerikanischen Traum, diese Energie. Das ist auch das Interessante daran, nicht der Traum, sondern die Energie, die dieser Traum freisetzt, selbst, wenn er nur
noch Illusion ist“, bekräftigte Michael Klier: in der tat, traurig, tragisch und bewegend ist dieses Drama Überall ist es besser, wo wir nicht sind. Der Film wurde mit Miroslaw Baka, Marta Klubowicz und Michael Krause besetzt. Die Regie führte Michael Klier. Für viele Kinobesucher der Bundeshauptstadt sicherlich keine Überraschung. „Überall ist es besser, wo wir nicht sind“ basiert auf dem Script von Michael Klier. Auf dem Weg nach Amerika strandet der junge Pole Jerzy in Westberlin. Mit windigen und gefährlichen Geschäften hält er sich über Wasser. Als er die Aussiedlerin Ewa kennenlernt, scheint sich wenigstens etwas in seinem Leben positiv zu verändern. Doch die beiden haben kaum Zeit füreinander, Ewa geht
162
„Überall ist es besser, wo wir nicht sind“ symbolisiert eine tiefe Sehnsucht nach dem, was man nicht hat, für die Suche nach dem vermeintlich besseren Ort. Die Hochschule für Bildende Künste Dresden hat mit dem Oktogon und der Galerie Brühlsche Terrasse das Glück, großzügige Präsentationsflächen zu besitzen, die sich inmitten des historischen Zentrums der Stadt befinden. Dafür hagelte es Auszeichnungen: Auszeichnungen: Preis der deutschen Filmkritik 1990, Adolf Grimme-Preis für Drehbuch und Regie eines Fernsehspiel und der Hessische Filmpreis 1990 für Regie. Geboren am 16. Januar 1943 in Karlovy Vary (Karlsbad), Tschechien. Lebte dann einige Jahre in Paris. Kurze Filme über Roberto Rossellini, Alain Tanner, Alexander Kluge, Joseph Losey, Jean-Marie Straub, François Truffaut, bei dem K. volontierte. Nach seinem Umzug nach Berlin 1969 studierte er Geschichte und Philosophie. Er machte Kurzfilme und Filmporträts von Rossellini, Straub, Truffaut, Losey und über die Kameraleute von Godard. Eine Zeit lang war er auch Profi-Fußballer. Mit dem „Kleinen Fernsehspiel“ entstanden vor Ostkreuz seine Filme Der Riese (1984), En passant (1984) und Überall ist es besser, wo wir nicht sind (1989). Sein Film, Heidi M. kam 2001 in die Kinos. Für die beiden letztgenannten Filme bekam Michael Klier den GrimmePreis. Das Projekt Alter und Schönheit fokussiert die tragikkomische Story von vier Freunden, die sich jahrelang nicht gesehen haben. Einer von ihnen hat Krebs und möchte seine alten Freunde noch einmal sehen. BONUSMATERIAL | KAPITEL- / SZENENANWAHL, INTERVIEWS, KURZFILM FERRARI VON MICHAEL KLIER, FILMOGRAPHIE VON MICHAEL KLIER MIT ORIGINAL KINOTRAILERN
dvd
DIE FRAU UND DER FREMDE ERSCHEINUNG | 06.02. REGIE | RAINER SIMON GENRE | DRAMA LAND | DDR 1984 CAST | KATHRIN WALIGURA, JOACHIM LÄTSCH, PETER ZIMMERMANN, ULRICH MÜHE LÄNGE | 97 MIN Eine Frau zwischen zwei Männern in den Wirren des I. Weltkrieges: Die Soldaten Richard und Karl sind Kriegsgefangene im zaristischen Russland. Einzig die Erinnerung an seine Frau Anna nährt Richards Willen zu überleben. In der Einöde der Steppe erzählt er Karl alles über Anna, bis dieser die ihm fremde Frau heimlich zu lieben beginnt. Als Karl durch einen Zufall allein aus der Gefangenschaft entfliehen und nach Deutschland zurückkehren kann, gibt er sich bei Anna als Richard aus. Diese ist hin- und hergerissen zwischen Sympathie zu dem Fremden und Loyalität gegenüber ihrem Ehemann. Doch ihre anfängliche Skepsis gegenüber Karl, der so selbstverständlich Teil ihres Lebens wird, weicht einer tiefen Zuneigung. Sie teilt ihre Zwiegespaltenheit mit anderen allein gebliebenen Frauen, die zwischen der Treue zu ihren Ehemännern im Krieg und dem Wunsch nach einer neuen Beziehung stehen. Die junge Liebe von Anna und Karl wird auf eine harte Probe gestellt als Richard unerwartet aus der Gefangenschaft heimkehrt und seine Ehefrau zurückfordert. Anna steht nun zwischen den beiden Männern, deren Lebensinhalt von ihrer Liebe bestimmt ist. Der erfolgreichste Film des DEFA-Regisseurs Rainer Simon nimmt die Novelle „Karl und Anna“ von Leonhard Frank als Vorlage für ein sozial, historisch und psychologisch genaues Kammerspiel um eine Frau, die zwischen ihrem verschollenen Mann und einem mysteriösen Fremden steht. BONUSMATERIAL | KINOTRAILER, KAPITEL- / SZENENANWAHL, INTERVIEWS
JEDER SIEBTE MENSCH ERSCHEINUNG | 06.02. REGIE | EIKE GROEN, INA IVANCEANU GENRE | DOKUMENTARFILM LAND | ÖSTERREICH/ LUXEMBURG 2006 LÄNGE | 75 MIN Jeder siebte Mensch auf der Welt ist eine chinesische Bäuerin oder ein chinesischer Bauer. Jahrtausende lang haben sie die chinesische Geschichte und Kulturlandschaft geprägt. Sie waren es, die die Geburt des kommunistischen China 1949 und Maos Revolution entscheidend mitgetragen haben. Der Dokumentarfilm »Jeder siebte Mensch« erzählt vom Alltagsleben in China – ohne jede Zensur. Den Filmemacherinnen gelang ein einfühlsamer und sensibler Einblick in das innere Reich der neuen Supermacht. Jenseits der funkelnden neuen Megacities, die das westliche Bild Chinas prägen, erzählt »Jeder siebte Mensch« unmittelbar von den Wünschen, Hoffnungen und Ängsten in einem Land, das wie kein anderes zwischen Moderne und Vergangenheit gebrochen ist. »Jeder siebte Mensch« ist eine ungewohnt scharfsinnige, informative aber auch berührende Entdeckungsreise in eine faszinierende Kultur, einen umstrittenen Staat und eine bewegende Geschichte. Jeder siebte Mensch dieser Welt lebt
163
auf dem chinesischen Land - das sind 800 Millionen Bauern, zwei Drittel der Bevölkerung des Reichs der Mitte. Fernab der im Medienblickpunkt stehenden Megacitys des Olympia-Jahrs findet das Leben hauptsächlich in der unbekannten Welt kleiner, bescheidener Dörfer statt. In den drei ausgewählten, über das Land verteilten Orten wohnen je circa 500 bis 1500 Menschen zwischen Planund Markwirtschaft. Der lange Arm der Partei reicht ungeniert bis in die Wohnzimmer der Bürger, wo Geburten kontrolliert, Kinder erzogen und Redlichkeit bewertet wird. Privatsphäre ist ein dehnbarer Begriff, besonders, wenn das Individuum sich dem Kollektiv unterzuordnen hat. Doch die Zeiten von Mao und Kommunismus, wo Terror und Elend regierten, gehören der Vergangenheit an. Die Alten erinnern sich noch mit Schaudern und sind froh, dass sich die Verhältnisse gebessert haben. Elke Groen und Ina Ivanceanu haben für ihre Doku drei chinesische Dörfer und ihre Einwohner exemplarisch näher beobachtet. Interviews und Kurzfilme über den Alltag bringen uns die Protagonisten näher, wobei der Film allerdings größtenteils unkritisch bleibt. BONUSMATERIAL | KAPITEL- / SZENENANWAHL, ANIMIERTES DVDMENÜ, DVD-MENÜ MIT SOUNDEFFEKTEN
164
165
I GUESS
I COULD BE PRE PISSED OFF ABOUT WHAT HAPPENED TO ME.
BUT IT’S HARD TO STAY MAD, WHEN THERE’S SO MUCH BEAUTY IN TH
IT ALL AT ONCE AND IT’S TOO MUCH. MY HEART FILLS UP LIKE A BAL
REMEMBER TO RELAX AND STOP TRYING TO HOLD ON TO IT. AND TH
CAN’T FEEL ANYTHING BUT GRATITUDE FOR EVERY SINGLE MOMENT O
WHAT I’M TALKING ABOUT I’M SURE. BUT DON’T WORRY, YOU WILL SO 166
LESTER BURNHAM IN » AMERICAN BEAUTY«
D ETTY
HE WORLD. SOMETIMES I FEEL LIKE I’M SEEING
LLOON THAT’S ABOUT TO BURST. AND THEN I
HEN IT FLOWS THROUGH ME LIKE RAIN. AND I
OF MY STUPID LITTLE LIFE. YOU HAVE NO IDEA
OMEDAY. 167
168
169
170
TRUE, TO BEGIN WITH
171
172