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rauhe seelen
Der Burgschauspieler Peter Simonischek spielt seit Jahren den Superstar „Jedermann“ in Salzburg. Der Bonvivant liebt’s rassig – nicht nur mit der Buhlschaft, sondern auch beim Boliden: Nonkonformist trifft Charakter. Von Wolfgang Timpe und Christina Körte (Fotos)
Coole Freibeuter: Burgschauspieler Peter Simonischek mit 911er Porsche an der Elbe – „hier bekomme ich Gänsehaut“. Rubrik go sixt 35
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„Jedermann“-Star bei den Salzburger Festspielen: „Der Bonvivant ist leider in Vergessenheit geraten.“
er Mann ist aus dem Häuschen. „Das ist ja ein unglaublicher Zufall“, sprudelt es aus Peter Simonischek heraus. „Hier bin ich vor 40 Jahren als sogenanntes Messe-Kind, als Aushilfskraft im Offizierskasino auf der MS Oberhausen über Antwerpen nach Lissabon geschippert. Ich, der Junge aus dem kleinen Hartmannsdorf in der Steiermark, die große Elbe runter, am stolzen Feuerschiff 1 vorbei. Abenteuer! Alles war einfach nur aufregend.“ Der Burgschauspieler springt auf die Schiffsanlegepontons in seinem hippigen Samtmantel von Armani, nimmt seine türkisfarbene Hollywood-Designer-Sonnenbrille von Oliver Goldsmith ab und thront am Elbstrom vor den Kränen in Hamburgs Hafencity. Das freudige Wiedersehen mit seiner Seefahrerträumerei weicht der Nachdenklichkeit des „Jedermann“-Superstars. „Es ist ständig ein ungeheurer Rumor um einen herum“, sagt der Burgschauspieler, „im Festspiele-Sommer in Salzburg sowieso. Manchmal sehne ich mich nach Einsamkeit und Langeweile. Das ist für mich Luxus.“ Spricht’s und schaut sehnsuchtsvoll den sanften Wellen des Stroms hinterher. Peter Simonischek, ein romantischer melancholischer Schauspielhüne. Der Held des sommerlichen Gassenhauers „Jedermann“ von Hugo von Hoffmannsthal mit angeschlossener Paraderolle der Buhlschaft ist zur Vorpremiere des jüngsten Bella-Block-Krimis in der Hansestadt, in dem er einen „ekelhaften Sympathieträger“ spielt. Gutes dramatisches Fernsehkino von Julian Roman Pölsler, dem früheren Regieassistenten des großen TV-Filmers Axel Corti. Die Werbetour für den Thriller ermöglicht dem EKlasse-Mercedes-Fahrer den kleinen Kick eines Porsche-Mietwagens. „Ich bin ein langweiliger Familienvater mit Frau, drei Kindern und Hund“, schmunzelt der 1,95 Meter große Schauspieler selbstironisch und schielt dabei neugierig auf das 911er Cabrio im eleganten British Racing Green. „Porsche gehört für mich neben Bentley und Maserati zu den Marken, bei denen ich am Schaufenster stehen bleibe“, lächelt er. „Das ist ja irre, was der kann“, staunt Simonischek, als ihm der berühmte blecherne Porsche-Klang beim Gasgeben luftgekühlten Soundsex um die Ohren weht. Wobei ihm weniger die satten 345 PS und das flinke Drehmoment von 390 Newtonmetern imponieren, sondern die „angenehme Sachlichkeit“ des Cockpits. „Technik, die mehr kann als ich, und Armaturenbretter, die mit Instrumentencockpits von Flugzeugen konkurrieren, 36 go sixt Porträt
»schauspieler müssen das alte immer wieder neu zum leben erwecken.«
Lässige Sachlichkeit: Carrera-4-Doppelkupplungsgetriebe, Bi-Color-Cockpit und Edel-Sonnenbrille von Oliver Goldsmith.
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machen mich nervös.“ Hier das 911er Cabrio mit Porsche-Gütesiegel, dort der Charakterkopf Peter Simonischek mit Wiener Burgtheater-Meriten. Zwei rauhe Seelen genießen gelassen ihre Hamburger Affäre. Wie kommt der 62-Jährige zu seinen dramatischen Ecken und Kanten? Seine komödiantisch-nachdenkliche Paraderolle des „Jedermann“, den er in dieser Saison zum 76. Mal gespielt hat („ein Allzeitrekord“), verschleiert ein wenig die einzigartige Karriere des Peter Simonischek. Der Sohn eines Zahnarztes und einer Buchhändlerin wächst im Bauerndorf Hartmannsdorf in der Steiermark auf, soll, klar, Medizin studieren und die väterliche Praxis übernehmen. Gedacht, gesagt, gescheitert. Der Plan des Vaters hat sich erledigt. Nach der Zwergenschule am Ort besucht er ein Dominikaner-Internat, macht Abitur, lernt „tolle Padres“ kennen, auch einen, der mit den Schülern Theater spielt. Das lässt ihn nicht mehr los – auch die spirituelle Atmosphäre der Dominikaner-Schule erdet ihn. „Ich bin im katholischen Geist groß geworden und bete heute noch.“
Die spirituelle Atmospäre der Dominikaner erdet ihn.
»ich bin im katholischen geist groSS geworden und bete heute noch.«
Er studiert Schauspiel, macht die Ochsentour an Stadttheatern („große Rollen an kleinen Häusern“) und geht 1979 zum Kultregisseur Peter Stein an die Berliner Schaubühne, an der er 20 Jahre bleiben wird. Ob Tschechows „Drei Schwestern“ oder „Die Orestie des Aischylos“ – Peter Simonischek spielt große Rollen an einem großen Haus. Der Zahnarztsohn aus der Steiermark-Provinz ist im Theaterolymp angekommen. Die Familie nimmt keinen Schaden. Seine zehn Jahre jüngere Schwester studiert Zahnmedizin und „hat die Praxis des Vaters übernommen, noch einen Zahnarzt dazu geheiratet und die beiden verdienen sich eine goldene Nase“, stichelt der Bruder süffisant. Mit seiner zweiten Frau Brigitte Karner, auch Schauspielerin, hat er die Söhne Benedikt und Kasper, die sich bei den Wiener Sängerknaben musikalisch ausbilden, und der dritte Sohn Max, aus erster Ehe mit der Schauspielerin Charlotte Schwab, ist ebenfalls Theatermime. Ist denn der populäre „Jedermann“ nicht irgendwann langweilig? „Nie“, ruft er lauthals, „das Hoffmannsthal-Stück wird seit 1920 erfolgreich gespielt. Wir Schauspieler müssen das Alte immer wieder neu erwecken. Das ist unsere Kunst, unser Handwerk.“ Am Wiener Burgtheater spielt er diese Saison Klassiker: Shakespeares „Sommernachtstraum“ („das ungeheuer Geheimnisvolle entdecken“) und „Arsen und Spitzenhäubchen“ („eine angestaubte, aber perfekt funktionierende K omödie“).
Porsche 911 Carrera 4, Cabrio: 6 Zylinder und 3,6 Liter Hubraum steuern 345 PS und zaubern 284 km/h Spitze auf den Asphalt. Allrad-Antrieb mit 19-Zoll-Puschen schafft einen Durchschnittsverbrauch von 10,8 l/100 km bei 254 CO2 g/km. Der Lack strahlt in British Racing Green, während das Interieur in Sandbeige-Echtleder angelsächsische Kultur verströmt.
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as für ein pralles Theaterleben, was für pralle Dramen im wirklichen Leben. Simonischeks 26-jähriger Sohn Max, der als Koch im Salzburger „Jedermann“ seit 2004 mitspielt, kommt in diesen Sommer vor der letzten Aufführung zum Vater in die Garderobe und sagt ihm, dass dies heute seine letzter Gig sei. Schluss für Sohn Max. Er wolle nach Amerika, seine Sommer nicht mehr in Salzburg mit zwei lächerlichen Sätzen pro Festspielabend verbringen. Schluss, aus, Neuanfang. Peter Simonischek ist geschockt: „Gib die tolle Rolle nicht auf. Das hier ist Familie, Kontinuität“, habe er sich aufgeregt. Doch Max lässt nicht mit sich reden. Letzter gemeinsamer Auftritt in Salzburg, Sommer 2008, Domplatz unter freiem Himmel. Der übellaunige „Jedermann“ tritt dem Koch alias Max in den Hintern, jagt ihn von der Bühne und brüllt ihm samt Gesinde-Ge johle hinterher: „Du bist so vermessen, soll ich eine Bettlermahlzeit fressen?“ Der Koch zieht von dannen, dreht sich anders als alle Male zuvor urplötzlich um und ruft dem Vater zu: „Jedermann nimm dich in acht, hast deine Rolle nur gepacht, ich kenne deinen Sohn, der stößt dich bald vom Thron.“ Und verlässt die Bühne. Live, dazu gedichtet, improvisiert, einfach eingebaut – was für ein Abgang! Der noch junge Theaterrotzlöffel zeigt’s dem hochdekorierten Burgschauspieler und Papa, wie’s künftig weiter geht: nach den Regeln von Simonischek junior. Die Lektion kommt an. Peter Simonischek ist erst „entsetzt“ über die eigenmächtige Änderung des Stücks durch Max und zugleich „wahnsinnig stolz“ auf den Bühnenrevoluzzer: „Der ist mit seinen 26 Jahren schon viel weiter als ich damals. Um den mache ich mir keine Sorgen.“ Spricht’s und strahlt mit der Sonne an Hamburgs Elbe um die Wette. Der Sohnemann spielt inzwischen schon den Hamlet. Es duftet nach Theater-Dynastie. Nach seiner einzigartigen Karriere mit 20 Jahren Theater erfolg an der Berliner Schaubühne und als Burgschauspieler in Wien und Salzburger Festspiele-Held ist Peter Simonischek Nationalgut in Österreich. Dabei ist er kein Jedermann, sondern ein Mann mit Standpunkten. „Wenn schon Auto und Ästhetik“, lacht der undogmatische 68er im 911er auf dem Weg zum Flughafen, „dann unbedingt einen Porsche.“ Peter Simonischek und Porsche Carrera: Nonkonformist trifft Charakter.
Satzanfänge Genuss ist für mich ... ... die Schwester von Verzicht. Überfluss und Genuss sind Feinde. Schauspielerische Routine ist ... ... Johann Sebastian von Übel. Dieter Bohlens „Deutschland sucht den Superstar“ ... ... ist eine amüsante Brutalität. Musik kann anders als Worte ... ... die Seele ganz erfüllen. Wenn ich nicht mehr den „Jedermann“ spiele ... ... mache ich den Frosch in der „Fledermaus“. Das spannendste Buch für mich ist ... ... „Das Ende ist mein Anfang“ von Tiziano Terzani, in dem ein todkranker Vater seinem Sohn ein Interview gibt. Der aufregendste Film ist ... ... „Babel“ mit Brad Pitt und Cate Blanchett. Das tollste Musikstück ist ... ... Schuberts Streichquintett, das begleitet mich schon mein ganzes Leben. Da regt sich sofort alles. Wer Shakespeares Hamlet-Rolle nicht gespielt hat ... ... ist wie ein Formel-1-Fahrer, der nie bei Ferrari gefahren ist. Einsamkeit ist ... ... Luxus und kann kostbar sein wie Langeweile. Cabrio fahren ist ... ... ein ewiger Zwist – wie bei Eheleuten das offene Fenster im Schlafzimmer. Bei uns müsste das Verdeck geschlossen bleiben. Im Gegensatz zum Theater kann das Internet ... ... mehr Menschen erreichen.
Peter Simonischek (62) spielt seit über acht Jahren den „Jedermann“ im gleichnamigen Kultstück von Hugo von Hoffmannsthal bei den Salzburger Festspielen. Der heutige Wiener Burgschauspieler tritt 1979 ins Ensemble des der Berliner „Schaubühne“ von Theaterguru Peter Stein ein und bleibt 20 Jahre. Er ist in zweiter Ehe verheiratet mit der Schauspielerin Brigitte Karner und hat drei Söhne.
Mit 22 Jahren als „Messe-Kind“ auf der MS Oberhausen nach Lissabon: „Raus hier, Elbe, Abenteuer – alles war nur aufregend.“ 40 go sixt Rubrik
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