MUSEUM
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Nr. 39 6,80 €
Winter 2019
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MAGAZIN M USEUM.DE
Canadian Museum for Human Rights Winnipeg, Kanada
www.rob-light.com
In diesem Heft
Seite
Schokoladenmuseum ab 2019 klimaneutral
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Field Museum, Chicago
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Mercedes-Benz Museum: 33 Extras
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Norwegisches Gletschermuseum
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Historisches Museum Saar
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DomQuartier Salzburg
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Max Ernst Museum Brühl des LVR
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Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke 66 Wieviel Digitalisierung braucht Museum?
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National Museum of Women in the Arts
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in Washington Canadian Museum for Human Rights
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Museo Larco – Tor zum alten Peru
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Museum of Anthropology, Vancouver
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Titelseite: Canadian Museum for Human Rights Foto: Aaron Cohen. © Courtesy of CMHR
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chokoladenmuseum Köln
Neben dem Dom gehört das Schokoladenmuseum wohl zu den Hauptattraktionen für Köln- Touristen aus aller Welt. Zu verdanken hat dessen Existenz der 2007 verstorbene Dr. Hans Imhoff. Er hat mit der Stollwerk-Sanierung schon zu Lebzeiten Unternehmergeschichte geschrieben. Mit der gleichen Leidenschaft für den süßen Glücksbringer widmet sich seine Tochter Annette Imhoff und ihr Ehemann Dr. Christian Unterberg-Imhoff um das Fortbestehen und die Weiterentwicklung der Einrichtung. Bei meinem Treffen mit Frau Imhoff habe ich gleich ihre innere Betriebsamkeit wahrgenommen. Unternehmergene vermischen sich hier mit Museumsgenen. Meiner Meinung nach ist es hier ein sehr gutes „Schokoladenrezept“, denn das Museum finanziert sich vollständig über die Eintrittsgelder. Besonders beein-
druckt hat mich, dass es hier keine befristeten Zeitverträge für die Mitarbeiter gibt. Das Aufsichtspersonal wird geschult und darf selbstverständlich auch Fachliches bei den Gästen kommunizieren. So entsteht wohl ein innerer Zusammenhalt wie bei einer Großfamilie. Gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein ist hier keine Angelegenheit des „guten Tons“, sondern ein Anliegen. Das Museum wird seit diesem Jahr klimaneutral betrieben, wozu u.a. 33.000 Bäume auf der Halbinsel Yucatan in Mexiko beitragen, die im Auftrag des Museums jährlich gepflanzt werden. Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind auch „die Themen“ bei den pädagogischen Angeboten des Museums. Ach wie sehr mag ich doch diese kleinen Museumsanekdoten: Beim letzten großen Hochwasser ließ sich die Museumsleiterin nicht von den Wassermassen abhalten und gelangte per Boot zum Schokoladentempel, um dort die Stellung zu halten. Herzlichst, Ihr Uwe Strauch
Annette Imhoff (Geschäftsleitung Schokoladenmuseum) und Uwe Strauch (Gründer museum.de) an einer historischen Ladeneinrichtung im Schokoladenmuseum Köln. Foto: © Klaus Schopen
MAGAZIN MUSEUM.DE
Ausgabe Nr. 39
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Winter 2019
Uwe Strauch, Dipl.-Inf. TU
46509 Xanten
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„Wir handeln jetzt!“ Das Schokoladenmuseum ist ab 2019 klimaneutral Autor: Klaus Schopen
Das Schokoladenmuseum Köln wird ab diesem Jahr klimaneutral betrieben. Mit konkreten Maßnahmen wie der Nutzung von Ökostrom, biologisch abbaubaren Verpackungen, der Stilllegung von CO2-Emissionsrechten und der Unterstützung eines Aufforstungsprojekts in Mexiko erreicht das Museum eine positive Klimabilanz. Als zertifizierte Bildungsstätte für nachhaltige Entwicklung werden die Themen Klimaschutz und Erhaltung der Ökosysteme zentraler Inhalt
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der Ausstellungen und Führungen. Bereits 2016 hatten Annette Imhoff und Dr. Christian Unterberg-Imhoff, Geschäftsführung des Schokoladenmuseums, sich zum Ziel gesetzt, ihr Museum bis spätestens 2023 klimaneutral zu betreiben. Denn die Themen CO2-Reduzierung und nachhaltige Entwicklung sind seit vielen Jahren ein sehr wichtiger Aspekt in der täglichen Arbeit und Strategie des Museums. Außenansicht Schokoladenmuseum Foto: © Schokoladenmuseum Köln
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Die vielfältigen Entwicklungen der letzten Monate waren nun der Auslöser, den ursprünglichen Plan zu beschleunigen. Nicht erst in 4 Jahren, sondern bereits in diesem Jahr wird das Schokoladenmuseum eine positive Ökobilanz erreichen. „Wir wollten nicht mehr warten und diskutieren, wir handeln jetzt!“, erklärt Annette Imhoff ihre Motivation. Um das gesetzte Klimaziel zu erreichen, wurden im Schokoladenmuseum zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Dazu gehören der ressourcenschonende Energieeinsatz von 100 % Ökostrom und Fernwärme aus hocheffizienten Kraft-WärmeKopplungsanlagen ebenso wie die Umstellung von Glühbirnen auf LED-Leuchten und der Einsatz neuer energieeffizienter Klimaanlagen. Ihren Beitrag leisten auch die kleinen Dinge: So werden beispielsweise ab sofort bei Führungen kompostierbare Zellglasbeutel eingesetzt und Kakaobohnen aus kontrolliert fairem und nachhaltigem Anbau verkostet. Nachhaltiges, dauerhaftes Engagement Da diese Maßnahmen aktuell den CO2-Fußabdruck des Museums noch nicht auf null reduzieren können, wurden „Gold Standard“-Zertifikate angekauft und dadurch CO2-Zertifikate dem Markt entzogen. Weiterhin wird das Schokoladenmuseum zukünftig gemeinsam mit seinem Partner Plant-for-the-Planet, www.plant-for-theplanet.org, jedes Jahr 33.300 Bäume pflanzen. 2019 und 2020 wird dies in Constitution auf der Yucatán-Halbinsel in Mexiko geschehen. Diese deutliche Überkompensation sorgt für eine dauerhaft positive Klimabilanz des Schokoladenmuseums Köln, das somit der Atmosphäre mehr CO2 entzieht, als es ausstößt. Plant-for-the-Planet bildet bereits seit vielen Jahren auf allen Kontinenten Schülerinnen und Schüler zu Botschaftern für Klimagerechtigkeit aus. Das Schokoladenmuseum ermöglicht zusammen mit der Imhoff-Stiftung, dass bis zu 540 Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren diese Ausbildung erhalten: 180 in Köln und 360 in anderen Ort der Welt.
Oben: Kakaofrucht Unten: Einer von 30 prächtigen Schokoladen-Automaten aus der Sammlung. Rechts: Der beliebte Schokobrunnen des Museums. Maitre Produktion mit Blick auf den Rhein Fotos: © Schokoladenmuseum Köln
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Umfangreiche Informationen für die Museumsbesucher Im Schokoladenmuseum sind jährlich mehr als 550.000 Besucher aus der ganzen Welt zu Gast. Annette Imhoff und Dr. Christian Unterberg-Imhoff setzen sich dafür ein, diesen Menschen Wissen und Werte für eine nachhaltige Entwicklung zu vermitteln. Letztendlich sollen die Museumsbesucher zu klimafreundlicher und bewusster Ressourcennutzung ermutigt werden. Ein wesentlicher Ansporn, sich für den Klimaschutz zu engagieren, ist das Kernthema des Museums: die Schokolade. Sie bezieht ihren wichtigsten Rohstoff den Kakao - aus den Tropen, einem der sensibelsten Ökosysteme unseres Planeten. Das Schokoladenmuseum ist das erste Museum, das vom Land Nordrhein-Westfalen als Bildungseinrichtung für nachhaltige Entwicklung zertifiziert wurde. Mit dieser Auszeichnung einher geht zugleich der Auftrag, Schülerinnen und Schülern, die das Museum besuchen, für die weltweiten Verflechtungen zu sensibilisieren und am Beispiel Kakao zu erklären, was jeder Einzelne zu Klimaschutz und fairen Lebensbedingungen beitragen kann. Das Engagement des Schokoladenmuseums geht aber noch weiter. Auch die Partner und Lieferanten werden animiert, an der klimafreundlichen Umgestaltung ihrer Unternehmen zu arbeiten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ebenfalls angehalten, sich in ihrem Alltag zunehmend ressourcenschonend zu verhalten. Das Schokoladenmuseum zu einem klimapositiven Unternehmen zu machen soll ein Zeichen setzen und darüber hinaus
andere Unternehmen motivieren, nach CO2-Einsparmöglichkeiten zu suchen. Aus diesem Grund ist das Schokoladenmuseum auch ein Gründungsmitglied der Allianz für Klima und Entwicklung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Wir handeln jetzt! „Wir möchten mit gutem Beispiel vorangehen und auch das Thema der Kompensation durch Wiederaufforstung bekannt machen“, betont Dr. Christian Unterberg-Imhoff.
Oben: Schokoschule mit Schokoladenprobe Mitte: Exponat Kakaohändler Unten links: Blick in die Ausstellung. „Braunes Gold“ Rechts: Trinkbecher aus der Kultur der Olmeken, Maya und Azteken. Fotos: © Schokoladenmuseum Köln
Schokoladenmuseum Köln GmbH Am Schokoladenmuseum 1a 50678 Köln Tel. +49 221 931888 - 0 service@schokoladenmuseum.de www.schokoladenmuseum.de
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H A R D WA R E
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Hintergrund: Die „Stanley Field Hall“ mit Titanosaurier Máximo und Carl Akeleys zwei kämpfenden Elefanten. © Field Museum, Foto von Lucy Hewett Unten links: Titanosaurier Máximos 2.000 Pfund schwerer Wirbel vor dem Field Museum. Foto: © Field Museum
Wissenschaft für alle – Das Field Museum in Chicago 10
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In Chicago, am Ufer des Lake Michigan, befindet sich das Field Museum. Das Naturkundemuseum ermöglicht seinen Besuchern eine Entdeckungsreise durch die Zeit, um Lösungen für eine bessere Zukunft zu finden, die reich an Natur und Kultur ist. Das Museum, das heute zu den größten Museen der Welt zählt, wurde 1921 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Geschichte des Museums begann jedoch Jahre zuvor. Die Sammlung entstand aus Exponaten der Weltausstellung, die 1893 in Chicago stattfand. Die Ausstellung begeisterte die Besucher mit 65.000 Exponaten voller Naturwunder und kultureller Artefakte, von denen viele später im neu geschaffenen „Field Columbian Museum“ in Chicago ein dauerhaftes Zuhause fanden. 1921 zog das Museum in das heutige Gebäude am Ufer des Lake Michigan um. Der Name des Museums ehrt immer noch Marshall Field, einen US-amerikanischen Unternehmer, der eine Million US-Dollar spendete, um den kollektiven Traum eines dauerhaften Museums Wirklichkeit werden zu lassen.
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Aufgabenfelder des Museums Seit der Eröffnung des Museums im Jahr 1894 ist die Sammlung auf fast 40 Millionen Exponate angewachsen. Auch die Aufgabenfelder des Museums haben sich erweitert. Weiterhin werden alle sich in der Sammlung befindlichen Objekte genauestens erforscht. Darüber hinaus werden bisher unbekannte Arten dokumentiert, es wird darauf Wert gelegt, Ökosysteme nicht nur im hauseigenen Garten, sondern auf der ganzen Welt zu bewahren, angehende Wissenschaftler erhalten die Möglichkeit einer umfassenden Ausbildung, interkulturelle Dialoge werden gefördert und vieles mehr. Das Streben des Field Museums zielt darauf, die Erde für kommende Generationen zu bewahren und weiter gedeihen zu lassen und so viel wie möglich über unseren Planeten zu lernen.
Oben: Ellen Jordan und J. Kae Good Bear, Konservierungstechnikerinnen des Field Museums, untersuchen ein Wiegenbrett. Mitte: Die Konservierungsassistenten Nicole Passerotti und Erin Murphy testen Kulturgüter auf schädliche Chemikalien, die aufgrund alter Sammelpraktiken möglicherweise vorhanden sind.
Unten: Das Konservierungsteam des Native American Journeys-Projekts des Field Museums kümmert sich im Regenstein-Labor um rund 300 deinstallierte Kulturgegenstände. Fotos: © Field Museum, John Weinstein Rechte Seite: Schädel des Tyrannosaurus Rex-Exemplars SUE. © Field Museum, Foto von Martin Baumgaertner
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Die mehr als 150 im Museum angestellten Wissenschaftler und Forscher reisen in die entlegensten Winkel der Welt, um nach neuen Entdeckungen und Hinweisen für das Leben vor Hunderten, Tausenden und Millionen von Jahren zu suchen. Die Ausstellung des Museums basiert auf vier Hauptbereichen: Anthropologie, Botanik, Geologie und Zoologie. Anthropologie Der bekannte Anthropologe Frederic Ward Putnam hatte den Traum eines Museums, das aus der Weltausstellung von 1893 hervorgehen und darüber hinaus weiter wachsen sollte. Putnam war der Anthropologie-Kurator der Messe und konzentrierte sich auf das Sammeln von
archäologischem Material aus Nord- und Südamerika, das nach Messeschluss in die Sammlung des Museums aufgenommen wurde. Im Laufe der Jahre weitete sich die anthropologische Forschung des Museums weltweit aus mit Feldprogrammen in Ozeanien und auf den Philippinen in den frühen 1900er Jahren und Expedi-
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tionen nach Süd- und Mittelamerika in den 1920er und 1930er Jahren. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein dehnten sich die Forschungsanstrengungen bis nach China, den Irak, nach Madagaskar, den Pazifischen Nordwesten und den amerikanischen Südwesten aus. Die Anthropologen des Field Museums erforschen und bewahren bis heute das
Botanik 1893 engagierte das Field Museum Charles Millspaugh als ersten Botanik-Kurator. Millspaugh war nicht nur Botaniker, sondern auch Arzt und Experte für Heilpflanzen. Nach dem Erwerb von Pflanzenmaterial auf der Weltausstellung begab er sich auf Reisen, um Pflanzen in der mexikanischen Region Yucatán zu sammeln. Diese Arbeit bereitete die Grundlage für eine lange Reihe botanischer Erkundungen im tropischen Amerika, die bis heute anhält. Spätere Expeditionen festigten das Field Museum als einen der weltweit führenden Aufbewahrungsorte südamerikanischer Pflanzen und als Ziel für neotropische Botanikforscher.
unersetzbare kulturelle Erbe der Menschheit. Mit ihrer aktiven Forschung in Griechenland, Ungarn, Peru, Mexiko, China, dem Pazifik und den Vereinigten Staaten orientieren sie sich an fünf allgemeinen Themen: Entstehung, Veränderung der politischen Hierarchie, Mensch-Umwelt-Interaktion, Wirtschaftsanthropologie und Stadtkultur.
Die Botanik- und Mykologieforschung des Museums wächst weiter, wobei sich die Mitarbeiter bisher auf asiatische Pflanzen, Pilze, Flechten, Bryophyten und Moose konzentrieren. Die im Museum angestellten Botaniker und Mykologen sind international anerkannte Führer in der Evolution und Ökologie von Pflanzen und Pilzen.
läontologen namens Elmer Riggs. Er wurde kurz nach der Eröffnung des Museums eingestellt und begründete die paläontologischen Sammlungen für Wirbeltiere.
Linke Seite, oben: Kindergruppe zu Füßen von Titanosaurier Máximo. © Field Museum, Foto von Lucy Hewett Mitte: Ägyptische Mumie. Obwohl die Ägypter erst von den Griechen und dann von den Römern erobert wurden, behielten sie viele ihrer Traditionen bei, einschließlich der Mumifizierung der Verstorbenen. © Field Museum, Foto von Ron Testa und Diane Alexander White Unten: Ägyptisches Amulett. Das Falken-Design dieses fein gearbeiteten Amuletts kann mit dem ägyptischen Gott Horus in Verbindung gebracht werden. Dies ist ein Beispiel dafür, wie Ägypten, obwohl es 332 v. Chr. von den Griechen und 30 v. Chr. von den Römern regiert wurde, einen Großteil seiner traditionellen Kunst und Kultur beibehielt. Es war üblich, dass Ausländer ägyptische Elemente annahmen und exportierten, darunter Kunst, Baustile und sogar Gottheiten. © Field Museum, Foto von John Weinstein Rechte Seite, oben links: „Ancient Americas“-Abteilung, Sonnenstein Oben rechts: „Cyrus Tang Hall of China“-Abteilung, Wächterlöwen
Geologie
Mitte links: „Inside Ancient Egyp“-Abteilung, Ägyptisches Boot
Die paläontologische Arbeit des Field Museums begann mit einem Wirbeltier-Pa-
Unten: Das „Maori Meeting House“ Alle Fotos: © Field Museum
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forschen heute auf dem neuesten Stand an frühen Säugetierverwandten, Meeresreptilien, alten Schildkröten, fossilen Fischen, kryptischen Wirbellosen und natürlich Dinosauriern.
Riggs sammelte Dinosaurier aus der Jura- und Kreidezeit in Colorado, Wyoming, Montana und im kanadischen Alberta. Auf der Suche nach fossilen Säugetieren führte er außerdem viele Expeditionen in den Westen der Vereinigten Staaten. Riggs ist dafür bekannt, das Holotypus-Exemplar des Brachiosau-
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rus entdeckt und benannt zu haben. Ein Abguss davon steht heute außerhalb des Museums. Zu Riggs‘ Erbe gehört auch die beeindruckende Sammlung von känozoischen Säugetieren, die er aus Bolivien und Argentinien in das Museum gebracht hat. Die Paläontologen des Field Museums
Im Jahr 2000 wurde SUE, das größte und vollständigste jemals entdeckte Tyrannosaurus Rex-Exemplar, einem begeisterten Publikum vorgestellt. Dieser T-Rex wurde nach Sue Hendrickson benannt, die ihn 1990 in South Dakota entdeckte. Seit 2019 kann man SUE nicht nur bestaunen, sondern auch hautnah erleben, denn die Installation wurde mit neuen multisensorischen Ergänzungen versehen. T-Rex-Enthusiasten können nun einen Hauch von SUEs verdorbenem Atem wahrnehmen, den furchterregenden Dinosaurier durch einen oberkreidezeitlichen Wald trampeln sehen, sein Knurren hören und die Textur der Haut des T-Rex spüren.
Oben: SUE in neuer Umgebung. © Field Museum, Foto von Martin Baumgaertner Unten: 17 Fuß hohes Quetzalcoatl, das vor dem sich entwickelndem Planeten steht. Foto © Field Museum Rechts: „Parasaurolophus“. Foto © Field Museum
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Zoologie Daniel Giraud Elliot, der erste Zoologie-Kurator des Museums, und der Präparator Carl Akeley begaben sich 1896 auf eine Expedition nach Somalia und brachten einen ersten Teil der heute umfangrei-
chen afrikanischen Vogel- und Säugetierbestände des Field Museums zurück. Akeley, neben seiner Tätigkeit als Tierpräparator auch Naturforscher, Bildhauer, Schriftsteller und Erfinder, unternahm für das Museum zwei weitere Expeditionen nach Afrika, um Exemplare zu sammeln, die die Öffentlichkeit über die verschwindende Tierwelt des Kontinents aufklären sollte. Seine Installation zweier kämpfender afrikanischer Elefanten überragt noch immer die Besucher in der Stanley Field Hall.
Genau wie das Leben auf der Erde entwickelt sich das Field Museum ständig weiter. Täglich erforschen die Wissenschaftler und Forscher des Museums die Welt, von Wüsten über Dschungel bis hin zu den Städten.
Akeleys 1902 erschaffene Serie von Dioramen, die den Weißwedelhirsch im Frühling, Sommer, Herbst und Winter zeigen, setzte jahrzehntelang den Standard für die Kunst der Tierpräparation. Akeleys wegweisende Techniken, sein vorausschauendes Denken und seine abenteuerliche Natur haben viele Wissenschaftler inspiriert und sein Erbe lebt in vielen Dioramen weiter, die noch heute in den Hallen des Field Museums zu finden sind. Das Museum wurde zu einer anerkann-
Ständig wird daran gearbeitet, neue Dinge zu entdecken: Arten, die untersucht werden, Rätsel, und Probleme, die gelöst werden müssen, Herausforderungen, über die nachgedacht werden muss. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Schon immer war die Arbeit des Museums bestimmt durch die Liebe zu unserem Planeten und den über 7,5 Milliarden Menschen, die ihn ihr Zuhause nennen.
Oben: „Audubon‘s Birds of America“-Abteilung. Foto: © Field Museum, Foto von Michelle Kuo
The Field Museum 1400 S. Lake Shore Dr. Chicago, IL 60605. USA Tel +1 s at 312.922.9410 www.fieldmuseum.org
Mitte: „Mr. Akeleys Filmkamera“. Foto © Field Museum Unten: „Mr. Akeleys Filmkamera“. Foto © Field Museum, Foto von John Weinstein
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ten Kraft in der zoologischen Forschung. Heute führen die dortigen Wissenschaftler Feldforschungen durch, die Carl Akeley vielleicht vertraut gewesen wären, nutzen aber auch modernste Technologien, um die Geheimnisse der Tierökologie und -evolution zu entschlüsseln.
Redaktion: Silvia Otto, museum.de
© Eloïse Legay © Eloïse Legay
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Im Museum geht die Sonne auf Neuartige Vollspektrum-LEDs sorgen für optimale Beleuchtung von Kunstwerken in Museen und stimulieren gleichzeitig den Betrachter. Autor: Thomas Berthel, LUMITRONIX® LED-Technik GmbH Ausstellungsraum Zeppelinmuseum Friedrichshafen. Linke Wand, Bild links: Franz Xaver Winterhalter, Damenportrait, 1827, beleuchtet mit Optisolis-Leuchte Foto: © Edmund Möhrle Photographie
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Das richtige Licht macht den Unterschied Licht ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer Kunstausstellung. Doch nicht jedes Licht eignet sich für die wertvollen Gemälde, Skulpturen und anderen Exponate. Das gilt sowohl für traditionelle Halogen-Lampen als auch die mittlerweile zunehmend zum Einsatz kommende umweltfreundliche LED-Technik. Denn gerade bei LEDs kann es beim falschen Zusammenspiel zwischen Lichtfarbe, Beleuchtungsstärke und die durch das Spektrum realisierte Farbwiedergabe zu einer Lichtatmosphäre kommen, die als nicht stimmig wahrgenommen wird und im schlimmsten Fall eine schädigende Wirkung ausübt. Entscheidend bei der Wahl der richtigen Lichtquelle ist, dass diese so wenig UV- und Infrarot-Anteile enthält wie nur möglich. Denn gerade die kurzwelligen UV-Strahlen sind es, die den Kunstwerken auf Dauer stark zu schaffen machen. Ein wichtiger Gratmesser ist der Farbwiedergabeindex (CRI), der beschreibt, wie die Farbwiedergabe einer künstlichen Lichtquelle verglichen mit 14 genormten Testfarben ausfällt. Je höher der Wert (100 ist das Maximum), desto natürlicher werden die Farben auch wahrgenommen. Optisolis Sonnenlicht-LEDs als ideales Museumslicht Aus diesem Grund hat das schwäbische LED-Unternehmen Lumitronix zusammen
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mit dem weltführenden LED-Hersteller Nichia und dem belgischen Leuchtenhersteller Eden Design in deutschen Museen „die Sonne aufgehen lassen“. Insgesamt drei Pilotprojekte im Bereich der musealen LED-Beleuchtung wurden in enger Kooperation in Deutschland durchgeführt. Ziel dabei war die Entwicklung und Installation einer LED-Museumsbeleuchtung
für die optimale Inszenierung von Kunstwerken in bester Lichtqualität. Realisiert wurden die Projekte in Friedrichshafen, Münster und Koblenz. Dabei sollte sich die Beleuchtung von den bereits vorhandenen LED-Lösungen auf dem Markt abheben. Lumitronix investierte viel Zeit in die Identifikation
von Beleuchtungsaufgaben in Museen. Es wurden vorab zahlreiche Gespräche mit Lichtplanern, Angehörigen der Museumsbranche und Technikern geführt, um die konservatorischen Vorgaben für Kunstwerke sowie die gestalterischen Ansprüche der Lichtplaner und die hochmodernen Möglichkeiten der LED-Technik in Einklang zu bringen.
Um die bestmögliche Lichtleistung garantieren zu können, setzte Lumitronix als Nichia-Distributionspartner in Europa bei der Projektentwicklung auf COB-Module mit den hocheffizienten Optisolis-LEDs. Die Vollspektrum-LEDs des LED-Weltmarktführers sind in der Lage, ein Lichtspektrum zu erzeugen, welches dem der Sonne am nächsten kommt. Dies wird
durch eine revolutionäre neue Phosphortechnologie und einen speziellen blauen LED-Chip erreicht.
Ausstellungsraum Zeppelinmuseum Friedrichshafen. Bild rechts: Johann Heinrich Schönfeld, Gideon mit seinen Kriegern am Jordan, nach 1650, beleuchtet mit Optisolis-Leuchte Foto: © Edmund Möhrle Photographie
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Beleuchtung. Auch die Besucher sind darüber sehr dankbar. Aufgrund der schädlichen Auswirkungen durch Tageslicht besitzen die meisten Museen und Kunstgalerien keine Fenster. Schnell fühlt man sich als Gast unwohl unter dem künstlichen, meist unnatürlich wirkenden Licht.
Das Spektrum des 420nm-Chips enthält nahezu keine UV-Emissionen und entspricht im sichtbaren Bereich nahezu dem des Sonnenlichts. Daher eignen sich die Optisolis-LEDs besonders für den Einsatz in Museen und Kunstgalerien, wo ein möglichst hoher CRI-Wert bevorzugt wird, aber UV-Strahlen die wertvollen Kunstwerke beschädigen würden. Künstliches Tageslicht für den Museumsbesucher Doch nicht nur die Exponate profitieren von dieser effizienten und natürlichen
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Die Vollspektrum-Technologie der Optisolis Leuchtdioden ermöglicht es indes, dass der menschliche Biorhythmus stimuliert wird und Menschen sich in einem Gebäude genauso wohl fühlen, als wären sie draußen in der freien Natur. Neben der Schaffung einer wohltuenden, natürlichen Atmosphäre ist das künstliche Sonnenlicht auch in der Lage, Aufmerksamkeit beim Gast zu erzeugen und gezielt dessen Blick zu lenken. Aus diesem Grund werden LEDs mit einem sonnenlichtnahen Spektrum auf dem Gebiet des Human Centric Lighting immer wichtiger. Und Nichia setzt neue Maßstäbe, indem es mit Optisolis eine LED-Serie mit einer Lichtqualität liefert, die seit langem bei anspruchsvoller Innenraumbeleuchtung wie zum Beispiel in Krankenhäusern, Bildungseinrichtungen und Büros gewünscht wird.
Die Auswahl der richtigen Leuchte Um die innovative LED-Technologie bestmöglich in einer fertigen Leuchte zur Geltung zu bringen, konnte man den sehr kompetenten und erfahrenen Leuchtenhersteller Eden Design gewinnen. Benötigt wurde ein Leuchten-Konzept, welches konservatorische Kriterien zum Schutz wertvoller Kunstgegenstände und zahlreiche gestalterische Möglichkeiten vereint, Flexibilität mitbringt, einfach zu installieren und zu bedienen ist und so leicht Einsatz in den unterschiedlichsten Raumsituationen finden kann – und zwar in immer wieder wechselnden Ausstellungen. Und da weniger oft mehr ist, entschied man sich einerseits für eine einfache, schlanke zylindrische Leuchte, die fokussier- und dimmbar ist und des Weiteren für ein dreh- und schwenkbares Downlight mit austauschbarer Optik. Letztes Feintuning mit App-Steuerung Über die in den genannten Museen eingesetzten Leuchten hinaus ist es möglich, intelligente Steuerungen zu installieren,
die es Kuratoren und Museumsdirektoren ermöglichen, mit dem Smartphone oder Tablet individuelle Justierungen (Helligkeit, Farbtemperatur) bequem per App einzustellen.
Linke Seite, oben: Ausstellungsraum Zeppelinmuseum Friedrichshafen. Foto: © Edmund Möhrle Photographie Unten: Downlight von Eden Design, eingesetzt in den Museen in Koblenz und Münster. Foto: © Eden Design Rechte Seite, oben: Letztes Feintuning ist noch kurz vor Ausstellungseröffnung möglich. LED-Leuchten können wahlweise per kostenloser App (iOs und Google Play) individuell eingestellt werden. Rechts: Spotleuchte der Firma Eden Design, eingesetzt im Zeppelinmuseum in Friedrichshafen Foto: © Eden Design Unten: Detailansicht Zeppelinmuseum Friedrichshafen, Franz Xaver Winterhalter: Damenportrait, 1827 Das linke Foto zeigt das mit der Optisolis-Leuchte angestrahlte Portrait. Die Farben wirken lebendiger, natürlicher und kontrastreicher. Auch der Rahmen erstrahlt in sattem Gold. Das rechte Foto, mit Halogen-Lampen beleuchtet, wirkt geradezu blass und leblos dagegen. Foto: © Nichia Corporation
Wirkung der Sonnenlicht-LEDs auf die Kunstwerke Der hohe Farbwiedergabeindex der Optisolis-LEDs sorgt für eine sehr realisti-
sche und naturgetreue Beleuchtung der Kunstexponate. Vor allem Gemälde können unter dem natürlichen Licht der Sonnenlicht-LEDs in exakt den Farben erlebt werden, wie sie der Künstler einst beabsichtigt hatte. Die Motive wirken kontrastreicher und damit lebendiger. Auch die meist aufwendig gestalteten Bilderrahmen kommen unter dem künstlichen Sonnenlicht viel besser zur Geltung. Viele Kunstwerke entstanden in der freien Natur und mithilfe der Optisolis-Technologie gelingt es, die ursprüngliche künstlerische Intention auch im Inneren eines Gebäudes zu realisieren.
LUMITRONIX® LED-Technik GmbH Brunnenstr. 14 72379 Hechingen Tel. +49 (0) 7471 96014 - 0 b2b@leds.de https://b2b.lumitronix.com
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33 Extras: Exponate der Automobilkultur im Mercedes-Benz Museum Die Schönheit des Automobils und der Straßenschmutz. Serie Teil I, II: Kotflügel, Mercedes Pullman.
Der Kotfügel Was haben Damenhut, Führerschein und Wackeldackel gemeinsam? Es sind drei von „33 Extras“, die in der Dauerausstellung des Mercedes-Benz
Das expressive Design des Mercedes-Benz 500 K Spezial-Roadster (1934 bis 1936) – hier im Mercedes-Benz Museum – drückt mit den gewaltigen Schwingen der vorderen Kotflügel Geschwindigkeit aus. Foto: © Daimler AG
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Museums den Blick auf faszinierende Details der Mobilitätsgeschichte lenken und Automobilkultur lebendig werden lassen. Eine dieser Geschichten widmet sich dem wichtigen Karosserieelement Kotflügel.
Überraschung für Museumsgäste Was hat der einzelne Kotflügel in einer Museumsvitrine zu sagen? Er betont, wie wichtig dieses unscheinbare Bauteil ist. Zwar hat sich sein Erscheinungsbild über
die Jahrzehnte erheblich gewandelt. Doch bis zum heutigen Tag schützt er Insassen und Automobile vor aufgewirbeltem Straßenschmutz und Nässe. Herkunft des Namens Über den Rädern der ersten Automobile wölben sich noch schmale Bänder aus Blech oder Holz. Wegen ihrer eleganten, an Vogelschwingen erinnernden Form werden sie Flügel genannt. Sie schützen gegen Verschmutzungen aller Art, wie etwa die Hinterlassenschaften von Pferden, die vor der Geburt des Automobils im Jahr 1886 die wichtigste Antriebskraft im Straßenverkehr sind.
Integration in die Karosserie Von den Pferdekutschen übernehmen frühe Automobile auch die Kotflügel. Funktion und Design begleitet sie seitdem: Mit breiter werdenden Rädern werden auch die Kotflügel breiter. Ab dem 20. Jahrhundert sind sie gestalterisch immer enger mit der Hauptkarosserie verbunden und werden schließlich vollständig in diese integriert. Straßenschmutz-Analyse Was hält der Kotflügel eigentlich genau ab? Schon Mitte des 19. Jahrhunderts untersucht der englische Chemiker
Oben: Ursache und Abhilfe? Der Kotflügel aus den „33 Extras“ im Mercedes-Benz Museum schützt vor aufgewirbeltem Straßenschmutz. Doch Pferde, lange Zeit die wichtigste Antriebsquelle im Straßenverkehr, sind keineswegs die einzige Quelle für den Schmutz auf der Straße. Foto: © Daimler AG
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Ausnahme Motorsport Viele Rennwagen und insbesondere Formel-Rennfahrzeuge haben bis heute meist freistehende Räder, damit der Motorsportler Kurven exakt anpeilen kann. Der Mercedes-Benz W 196 R aus den Jahren 1954/1955 geht da einen anderen Weg: Dieses Formel-1-Fahrzeug gibt es sowohl mit freistehenden Rädern als auch mit einer über die Räder reichenden Stromlinienkarosserie, die freilich über den Vorderrädern akzentuiert ist. Je nach Rennstrecke spielt die Rennabteilung die besondere Stärke der besseren Aerodynamik aus. Kotflügel als Designelement
Dr. Henry Letheby den Londoner Straßenschmutz: Der besteht längst nicht nur aus Pferdemist. Allein 30 Prozent des Schmutzes macht der Steinabrieb vom Straßenpflaster aus, weitere zehn Prozent sind Metallpartikel von Radreifen und Hufeisen. Die Straßen selbst und die Fahrzeuge produzieren also einen Großteil jenes Staubs, der sich bei schlechtem Wetter in Schlamm verwandelt.
langgezogenen Linien, dynamischen Kurven und expressiven Wölbungen erzählen von der Geschwindigkeit und Ästhetik des temporeichen Fahrens. So sind die von Mercedes-Benz hergestellten schönsten Karosserien jener Zeit weit entfernt vom nüchternen Grundgedanken des Kotflügels als Spritzblech. Sie lassen das Automobil mehr denn je ein Kunstwerk sein. Einfluss der Aerodynamik
Vom Feldweg zur Asphaltstraße Noch deutlicher tritt das Problem auf Landstraßen auf. Sie spielen eine Schlüsselrolle in der Erfolgsgeschichte des neuen Verkehrsmittels, seit Bertha Benz 1888 die erste Fernfahrt mit einem Automobil von Mannheim nach Pforzheim unternahm. Anders als in der Stadt gibt es über Land nur wenige gepflasterte Strecken, vorherrschend sind Fahrwege aus verdichtetem Schotter mit Oberflächen aus Sand und Kies. Zum Glück überschneidet sich die Innovationsgeschichte des Automobils mit den Fortschritten im Straßenbau. Heute sind gebundene Fahrbahndecken mit Oberflächen aus Asphalt oder Beton längst Standard.
Der Kotflügel entwickelt sich bei Personenwagen und Nutzfahrzeugen ständig weiter. Auch die Aerodynamik spielt bei dieser Evolution eine zunehmende Rolle. Ein frühes Beispiel dafür ist das strömungsoptimierte Design von Fahrzeugen
Der Kotflügel, früher freistehendes Element, wird in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts endgültig in die Karosserie integriert. Seine Gestaltung ist dennoch variantenreicher als je zuvor: beispielsweise vom Radhaus mit frechem Lidstrich beim 300 SL (W 198) und 190 SL (W 121) aus dem Jahr 1954 über die elegant den nordamerikanischen Zeitgeist aufgreifenden Peilstege der „Heckflossen“-Limousinen bis zu den glattflächigen Formen der klassisch-modernen Kompaktklasse der Baureihe W 201 reicht das Portfolio der Stilisten. Vielfalt wie nie zuvor Kotflügel sind innerhalb des Gesamtdesigns zu jeder Zeit ein wichtiges Element. Durch die Mercedes-Benz Modelloffensive und die Ausdifferenzierung der verschiedenen Karosserieformen ist diese Formen- und Stilvielfalt heute größer als je zuvor in der Markengeschichte. Den Weg hierher und in die Zukunft erzählt das Mercedes-Benz Museum mit seiner Dauerausstellung, die 160 Fahrzeuge seit der Erfindung des Automobils im Jahr 1886 zeigt – und 33 Extras.
Geschwindigkeit und Ästhetik Moderne Fahrbahnen machen den Kotflügel aber nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil, denn auf den neuen und ebenen Straßen können Autos im Alltag schneller fahren als je zuvor. Und mit steigendem Tempo schleudern die Reifen umso stärker Nässe und Staub auf. Dieser Zusammenhang lässt den Kotflügel zu einem Liebling der Automobildesigner in den 1920er- und 1930er-Jahren werden. Seine
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wie dem Mercedes-Benz 540 K Stromlinienwagen und dem Mercedes-Benz 320 „Autobahnkurier“ mit ihren fließenden Formen. Beide Fahrzeuge haben freilich noch klar von der Karosserie abgegrenzte Kotflügel. Ab den 1950er-Jahren hält mit den modernen Mercedes-Benz Personenwagen die Pontonform Einzug. Beginnend mit den Nutzfahrzeugen folgt in den 1960er-Jahren mit dem kubischen Design eine neue Formensprache.
Oben: Rudolf Caracciola mit dem Modell K, auf dem er 1926 am Klausenpass und beim Internationalen Semmering-Rennen die Tourenwagen-Kategorie für sich entscheidet. Unten:Serien-Objekt: Mercedes-Benz Automobile aus den 1920er-Jahren mit gestalterisch klar von der Karosserie abgesetzten Kotflügeln. Rechts: Automobildesign und Architektur: Mercedes-Benz 8/38 PS Roadster (1926 bis 1928). Aufgenommen vor dem Le-Corbusier-Haus in der Stuttgarter Weißenhof-Siedlung, 1928. Fotos: © Daimler AG
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Was haben Lederkappe, Benzinflasche und Wunderbaum gemeinsam? Es sind drei von „33 Extras“, die in der Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums den Blick auf faszinierende Details der Mobilitätsgeschichte lenken und Automobilkultur lebendig werden lassen. Eine dieser Geschichten erklärt den Begriff „Pullman“. „Pullman“ „Pullman“ heißen ursprünglich vor mehr als 100 Jahren die komfortablen und luxuriösen Schlaf- und Salonwagen der Eisenbahn. Entwickelt hat sie in den 1860er-Jahren der amerikanische Ingenieur und Unternehmer George Mortimer Pullman (1831 bis 1897). Genauso exklusiv wollen anspruchsvollste Kunden später auch im Automobil reisen. Klar, dass der Begriff „Pullman“ auf das Auto übertragen wird – das passiert im frühen 20. Jahrhundert. An diesen Ursprung erinnert im Mercedes-Benz Museum der Modellbahnwaggon einer Tinplate-Spielzeugeisenbahn vor der hochexklusiven Mercedes-Benz 600 Pullman Staatslimousine (W 100) aus dem Jahr 1965 im Raum „Collection 4: Galerie der Namen“.
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Ursprung Komfortables Reisen auf höchstem Niveau spielt schon sehr früh eine herausragende Rolle in der Geschichte von Mercedes-Benz, der ältesten Luxusautomobilmarke der Welt. Zum Beispiel für Emil Jellinek, den Wegbereiter der Marke Mercedes: Er lässt seinen Mercedes-Simplex 60 PS von 1904, das damalige Top-Modell von Daimler, 1907 zur luxu-
riösen Reiselimousine aufbauen. Heute ist das Fahrzeug im Raum „Mythos 2: Mercedes – Die Geburt der Marke, 1900 bis 1914“ des Mercedes-Benz Museums zu erleben. Den Namen „Pullman“ hätte es verdient. Anspruch Seit rund 100 Jahren und bis heute steht „Pullman“ für höchste Exzellenz in den
Fahrzeugen mit dem Stern. Das verdeutlicht auch der im März 2018 vorgestellte Mercedes-Maybach S 650 Pullman (Baureihe 222; Kraftstoffverbrauch kombiniert: 14,6 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 330 g/km*). Tradition Das Ideal des Mercedes-Benz Pullman als Name für die Spitzenkategorie des auto-
mobilen Luxus und Komforts ist fast so alt wie die Marke. Die Ahnenreihe reicht von Fahrzeugen wie der Mercedes-Benz „Nürburg“ Pullman-Limousine (W 08) ab 1928 und der Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“ Pullman-Limousine (W 07) aus den 1930er-Jahren bis zum legendären Mercedes-Benz 600 Pullman (W 100) als Limousine und Landaulet (1963 bis 1981) sowie den Luxusfahrzeugen der S-Klasse ab der Baureihe 140 bis heute.
Oben: Der Pullman-Eisenbahnwagen einer Tinplate-Modellbahn im Podest der Mercedes-Benz 600 Pullman Staatslimousine (W 100) gehört zur Serie „33 Extras“ in der Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums. Unten: Die Mercedes-Benz 600 Pullman Staatslimousine (W 100) im Hintergrund und der Pullman-Reisewagen einer Tinplate-Modellbahn aus der Serie „33 Extras“ des Mercedes-Benz Museum. Rechts: Für den repräsentativen Auftritt: Mercedes-Benz 600 Pullman Staatslimousine (W 100) aus dem Jahr 1967. Fotos: © Daimler AG
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Königlich Jeder Mercedes-Benz Pullman steht für einen geradezu royalen Auftritt. Dazu gehören ein exklusives Raumangebot, exzellenter Reisekomfort, eine Innenausstattung auf höchstem Niveau bei Technik und Material, Fond-Sitzanordnung vis-à-vis und natürlich eine kultivierte Top-Motorleistung. Stars Pullman-Automobile von Mercedes-Benz sind seit den 1920er-Jahren bei Staaten- lenkern und gekrönten Häuptern begehrt – aber auch bei Industriellen, Prominenten und Privatkunden mit allerhöchsten Ansprüchen. Beispiele: Papst Pius XI. (Mercedes-Benz „Nürburg“ 460 Pullman-Limousine, 1930), Kaiser Hirohito von Japan (Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“ Pullman-Limousine, 1935) Oben: Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“ Pullman-Limousine des japanischen Kaisers Hirohito. Das 1935 ausgelieferte Fahrzeug mit dem Chysanthemen-Wappen des Kaisers auf den Türen gehört zu einem halben Dutzend Pullmann-Limousinen des Typs „Großer Mercedes“, die der Kaiserhof in den 1930er-Jahren kauft. Heute gehört das luxuriöse Repräsentationsfahrzeug mit Sonderschutz zur Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums im Raum „Collection 4: Galerie der Namen“. Direkt daneben: Der nicht minder repräsentative Mercedes-Benz 770 „Großer Mercedes“ Cabriolet F von Kaiser Wilhelm II. aus dem Jahr 1932. Foto: © Daimler AG
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und John Lennon (Mercedes-Benz 600 Pullman-Limousine, 1970). Sonderklasse In jüngerer Zeit gehört die Pullman-Tradition seit der Baureihe 140 zur Mercedes-Benz S-Klasse. Die edlen Fahrzeuge entstehen weitgehend in Handarbeit. Den Anfang macht im Jahr 1996 die S 600 Pullman-Limousine mit 290 kW (394 PS) starkem Zwölfzylindermotor. Passagiere „Pullman“ ist nicht nur etwas für Prominente. Beispielsweise der erste serienmäßig gebaute Diesel-Personenwagen der Welt, der Mercedes-Benz 260 D (W 138) ist ab 1936 auch als großzügig geschnittene Pullman-Limousine zu haben. Ein solches Automobil steht im Raum „Mythos 3: Umbrüche – Diesel und Kompressor“ des Mercedes-Benz Museums. Der hohe Raumkomfort kommt bis zu sechs Fahrgästen zugute – als Taxi!
Jahr 1955. Zu den faszinierenden Fahrzeugen dieser Epoche gehört der LP 333 „Tausendfüßler“ mit zwei gelenkten Vorderachsen, wie er in der Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums im Raum „Collection 2: Galerie der Lasten“ zu bewundern ist. Serie Die Erfolgsstory der Pullman-Versionen von luxuriösen Mercedes-Benz Personenwagen lässt sich an den Repräsentationsfahrzeugen Mitte des 20. Jahrhunderts ablesen: Vom Mercedes-Benz 300 (W 189) entstehen 1960 noch lediglich drei Einzelstücke. Der Mercedes-Benz 600 (W 100) dagegen ist von 1963 bis 1981 serienmäßig als Pullman-Limousine und Pullman-Landaulet mit vier oder sechs Türen erhältlich. Individualisierung ist dabei Programm: Für Beatle John Lennon baut Mercedes-Benz nicht nur die Fondsitze in Längsrichtung ein, sondern installiert auch eine der besten Hi-Fi-Anlagen für Automobile, die damals zu haben ist – für Reise-Sound auf Pullman-Niveau.
Nutzlast Außergewöhnlichen Komfort markiert „Pullman“ auch bei den Mercedes-Benz Nutzfahrzeugen: Dafür steht der Buchstabe „P“ im Typkürzel der Frontlenker-Lastwagen mit dem Stern ab dem LP 315 im
Mercedes-Benz Museum Mercedesstraße 100 70372 Stuttgart Tel: +49 711-17 30 000 classic@daimler.com www.mercedes-benz.com/museum
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Das Norwegische Gletschermuseum Leitspruch des Norwegischen Gletschermuseums: „Gletscher und Klima – lernen und verstehen“
Teil des pädagogischen Spielplatzes: Die Mammutfamilie. Foto: © Das Norweigsche Gletschermuseum
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In unmittelbarer Nachbarschaft zum Gletscher Jostedalsbreen und zum Sognefjord, dem längsten und tiefsten Fjord Europas, erhebt sich vor dieser malerischen und majestätischen Kulisse das Norwegische Gletschermuseum & Ulltveit-Moe Klimazentrum. Das vom Architekten Sverre Fehn entworfene Gletschermuseum ist ein interaktives Museum für die ganze Familie, das auf neue und innovative Weise Wissen über Gletscher und Klima vermittelt. Dabei werden spannende Fragen, wie „Was ist ein Gletscher?“, „Warum ist Gletschereis blau?“, „Wie entstehen Fjorde und Gletscher?“ und „Warum ändert sich das Klima?“ beantwortet. Die Ausstellung, die in 13 Sprachen – darunter auch Deutsch – präsentiert wird, behandelt sowohl natur- als auch kulturhistorische Themen. Das Zusammenspiel verschiedener Faktoren in der Natur und zwischen Mensch und Natur wird durch Filme, interaktive Modelle und individuelle Experimente mit echtem Gletschereis beleuchtet. Die Ausstellung beinhaltet 24 Themen, die in vier Hauptkategorien unterteilt werden. Es wird unter anderem
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gezeigt, wie sich Gletscher aufbauen, wie sie die Landschaft formen und warum sie eine wichtige Rolle bei der Suche nach Wissen über das vergangene und zukünftige Klima spielen. Hautnah können die Besucher dabei anhand von Experimenten verschiedene Bereiche rund um das Thema Gletscher und Klima erleben.
Oben: Wunderschön anzusehen: Der Nationalpark Jostedalsbreen Unten: Besonders interessant für Schulklassen sind die verschiedenen Experimente mit echtem Gletschereis Rechts: Dieses vom Gletscher Supphellebreen stammende Eis ist schon mehrere hundert Jahre alt. Fotos: © Das Norweigsche Gletschermuseum
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So kann man beispielsweise versuchen, durch Radfahren selbst Strom zu erzeugen, wobei die eigene Leistung auf einem Bildschirm angezeigt wird. Der Besucher hat außerdem die Möglichkeit, ‚weiches‘ Eis herzustellen oder eine Eisschraube in echtem Gletschereis zu testen. Teil des Museums ist das Ulltveit-Moe-Klimazentrum, in dem seit Juli 2017 die Erlebnisausstellung „Klima im Wandel – eine Zeitreise“ untergebracht ist. Die Ausstellung beinhaltet zwei Teile: Im ersten Teil geht es um natürliche Klimaänderungen. Die Besucher können sich auf eine virtuelle Zeitreise begeben, angefangen mit der Beschaffenheit der Erde vor fast fünf Milliarden Jahren, weiter zum Tertiär,
als riesige Säugetiere die Erde, die damals wärmer war als heute, bevölkerten, bis hin zum kalten Klima der Eiszeit. Der zweite Teil der Ausstellung befasst sich mit der Zukunft unseres Planeten und der Einflussnahme des Menschen. In der Ausstellung werden Szenarien für die Jahre 2040 und 2100 erstellt und gezeigt, welchen Herausforderungen die Menschheit zukünftig gegenübersteht. Oben: Das Norwegische Gletschermuseum mit dem „Educational Playground“ Mitte: Exponat und Informationstafel zu Möglichkeiten der Energiegewinnung durch Gletscher Unten: Experiment mit Gletschereis Fotos: © Das Norweigsche Gletschermuseum Redaktion: Silvia Otto, museum.de
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Besonders interessant für Familien mit Kindern ist die im Mai 2014 eröffnete interaktive Freiluftausstellung „Educational Playground“. Der Spielplatz ist speziell für junge Besucher geschaffen worden, wo diese etwas über das Wollmammut, den Anstieg des Meeresspiegels und die
Entstehung von Moränen lernen können. Zu erkunden sind unter anderem eine Mammutfamilie sowie eine Miniaturlandschaft von Fjærland mit dem Gletschermuseum. Die Ausstellung enthält außerdem echte Gletschersedimente und drei ‚Gletscher‘, die die Kinder zwischen die ‚Bergen‘ schieben können, um so Moränen zu bilden. Versteckt in der Moräne können spannende Fossilien prähistorischer Tiere gefunden werden. Norwegisches Gletschermuseum Fjærlandsfjorden 13 NO-6848 Fjærland Tel. 47 57 69 32 88 postq@bre.museum.no https://deutsch.bre.museum.no
info@cls-led.com • www.cls-led.com
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Historisches Museum Saar Ausstellung „Die 20er Jahre. Leben zwischen Tradition und Moderne im internationalen Saargebiet“ Historisches Museum Saar , Saarbrücken, Schlossplatz, bis 24. Mai 2020. Autor: Reiner Jung Die Zwanziger Jahre, die man in Frankreich auch „Les années folles“, die verrückten Jahre, nennt, verbindet man gemeinhin mit Bubikopf, Charleston, Jazz und Art déco. Weniger bekannt ist, dass mit dem Inkrafttreten des Versailler Ver-
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trages im Januar 1920 auch die Geburtsstunde des Saarlandes schlug, das 2020 hundert Jahre alt wird. Als Folge des Ersten Weltkrieges wurden das Industriegebiet an der Saar und die Wohn-
gebiete der Arbeiter damals von Deutschland getrennt und unter internationale Verwaltung gestellt. Der Völkerbund ernannte eine fünfköpfige Regierungskommission, die aus einem Franzosen, einem aus dem Saargebiet stammenden Nichtfranzosen
und drei Mitgliedern anderer Nationen bestand. Als Ausgleich für die Zerstörung von Bergwerken in Frankreich gingen die saarländischen Gruben in französischen Besitz über. Nach 15 Jahren sollte eine Volksabstimmung über die die staatliche Zugehörigkeit des Saargebiets stattfinden. Wirtschaftlich wurde es an Frankreich angebunden. Ab dem 1. Juni 1923 war der französische Franc alleiniges Zahlungsmittel und am 10. Januar 1925 wurde die Region ins französische Zollgebiet integriert.
Die große Mehrheit der Bevölkerung empfand die Völkerbundsregierung und die französische Grubenverwaltung als einen Akt internationalen Unrechts und eine Form der Fremdbestimmung. Es kam zu Streiks, Konflikten und zu Demonstrationen der nationalen Zugehörigkeit zu Deutschland. Aber die 20er Jahre waren auch geprägt durch die Moderne in Architektur und Kunst, neue Freiheiten und Experimente. Die Menschen aus unterschiedlichen Nationen hinterließen ihre Spuren an der Saar und es kam zu interkulturellen Austauschprozessen.
Mit umfangreichem Medieneinsatz und zahlreichen Originalobjekten zeichnet das Historische Museum Saar die Zeit des ersten saarländischen Sonderweges bis zur Volksabstimmung 1935 nach. Die Ausstellungsarchitektur greift die Möglichkeiten der von Gottfried Böhm entworfenen Sonderausstellungshalle auf. Links: Museumsfassade bei Tag Oben: Ausstellung im Nachtmodus Fotos: © Historisches Museum Saar, Thomas Roessler Rechts: Fastnachtsfeier des Kaufmännischen Vereins im Café Kiefer, 1930. Foto: © Historisches Museum Saar
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Sie setzt die Themen der Ausstellung in einer 35 Meter langen Straße mit ca. 5 Meter hohen Gebäuden und einem Tag-/ Nacht-Wechsel in Szene. Neben der gut erforschten politischen Geschichte rund um die Besatzungszeit, die französische Grubenverwaltung und den Abstimmungskampf beschäftigt sich ein großer Teil der Ausstellung erstmals auch mit dem Alltag und dem Leben der Menschen im internationalen Saargebiet. Zusätzlich widmet sich ein Raum der Kinogeschichte jener Zeit. Im Fokus der Ausstellung stehen Themen wie zunehmende Mobilität und Elektrifizierung, die neuen Freizeitmöglichkeiten wie das Kino, die Mode sowie die Frage nach Realität und Mythos der „Neuen Frau“. Aber auch soziale Probleme wie Armut und Arbeitslosigkeit werden thematisiert. Unter den Ausstellungsstücken befinden sich Leihgaben aus dem UN-Archiv in Genf sowie Motorräder, Charleston-Kleider und elektronische Haushaltsgeräte, die den Besuchern das Lebensgefühl der Zeit vermitteln. Das Museum bietet ein umfangreiches Begleitprogramm mit Kostümführungen, Workshops für Kinder, Filmen und einer Vortragsreihe an. Die Ausstellung ist dreisprachig gestaltet: Besucherinnen und Besucher aus dem Ausland erhalten am Empfang Broschüren mit französischen
Oben: Regierungskommission 1926/27 Sitzend von links: Jacques Lambert (Belgien), Präsident George Washington Stephens (Kanada), Bartholomäus Koßmann (Saargebiet); stehend von links: F. Vezensky (Tschechoslowakei), Jean Morize (Frankreich) © Historisches Museum Saar Links: Baustelle des Kraftwerks Fenne in Völklingen, Mitte der 1920er Jahre. © Andreas Detemple
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und englischen Übersetzungen der Ausstellungstexte. Im Imhof-Verlag erscheint ein Begleitband mit 256 Seiten. Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Tobias Hans. Sie wurde im Rahmen des Projektes „Maschinenräume“ von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Fünf interaktive Module – vom Kino-Raum über eine Station zur Elektrifizierung bis zur Gestaltung der multimedialen Museumsfassade – der vom Historischen Museum Saar konzipierten Ausstellung wurden vom Saarbrücker K8 Institut für strategische Ästhetik entworfen und realisiert.
Oben: Wanderausflug des Rudervereins „Undine“ nach Heusweiler, 1927 Mitte: Radio Eigenbau, 1926/27. Holz, Metall Der saarländische Rundfunkempfänger, der im Eigenbau gefertigt wurde, war mit einer separaten Rahmenantenne versehen. In der damaligen Zeit wurden Radios häufig als Bausätze zum Selbstbauen angeboten, da die anderen Radiogeräte für den Großteil der Bevölkerung noch unerschwinglich waren. Am 28. Oktober 1923 wurde
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in Berlin die erste Radiosendung in Deutschland übertragen. 1924 gab es bereits mehrere Sender, beispielsweise in Frankfurt oder Stuttgart. Diese waren im Saargebiet allerdings kaum zu hören. Die Empfangsmöglichkeit verbesserte sich hier ab 1926 mit der Eröffnung eines näher gelegenen Senders in Kaiserslautern. VSE Stiftung Gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung von Bildung, Erziehung, Kunst und Kultur mbH. Rechts: Schnellrestaurant „eins, zwei, drei“ um 1932 Alle Bilder: © Historisches Museum Saar
Historisches Museum Saar Schlossplatz 15 66119 Saarbrücken Tel. 0681/506 45-06 www.historisches-museum.org
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DomQuartier Salzburg Mehr als ein Museum Türen und Herzen geöffnet: Das DomQuartier Salzburg feiert seinen fünften Geburtstag. Autorin: Dr. Sabine Krohn
Das DomQuartier eröffnete im Mai 2014 mit einem prachtvollen Fest und einem ersten Besucherrekord. „Hereinspaziert!“, hieß es am Samstag, dem 16. Mai, als sich die Türen des DomQuartiers zum ersten Mal für die Allgemeinheit öffneten. Seitdem konnten jährlich rund 120.000 BesucherInnen verzeichnetet werden. Das DomQuartier ist damit eines der bestbesuchten Museen in Salzburg. Hier ist bereits der Weg das Ziel: der DomQuartier-Rundgang vermittelt ein einzigartiges Zusammenspiel von 1300 Jahren Salzburger Herrschaftsgeschichte, Kunst, Musik und Architektur. Er eröffnet originale (früh)barocke Erlebnisräume und ermöglicht eine spannende Entdeckungsreise auf den Spuren der Fürsterzbischöfe. Die Besucher_innen erleben die ganze Bandbreite ihrer umfassenden geistlichen und weltlichen Macht in einer zusammenhängenden Erzählung. Barocke Macht, barocke Pracht Vor mehr als 400 Jahren begannen die mächtigen und vermögenden Fürsterzbischöfe, Salzburg nach italienischem Vorbild in ein barockes Juwel zu verwandeln. Sie schufen ein städtebauliches Meisterwerk, das heute zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Die Salzburger Fürsterzbischöfe regierten mit absolutistischem Anspruch über „himmlische und irdische“ Belange. Der Gebäudeverbund aus Residenz und Dom war sichtbarer Ausdruck dieser universalen geistlichen und weltlichen Macht. Mit der Säkularisation 1803 schlossen sich auch die Verbindungstüren.
erklosters St. Peter – wiederhergestellt und damit ein international einzigartiges Museumsprojekt geschaffen. Mehr als ein Museum
Mit der Einrichtung des DomQuartiers wurde die ursprüngliche architektonische Einheit des Dom- und Residenzbereichs – unter Einbeziehung des Benediktin-
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Das DomQuartier erzählt nicht nur von der großen Geschichte Salzburgs. Es ist auch ein Haus der Kunst. Neben
Architektur, Deckengemälden, Stuckarbeiten und dekorativer Innenausstattung werden Schätze aus den reichen Kunstsammlungen des Landes, der Erzdiözese Salzburg und der Erzabtei St. Peter dargeboten. Ergänzt werden die Präsentationen in Residenzgalerie, Dommuseum, Kunst- und
bernen Wolken-Vasen von Gerold Tusch („Irdene Vasen verbinden Himmel und Erde: eine zeitgenössische Intervention“, 2014), die den Durchgang von der Langen Galerie in das Museum St. Peter flankieren. Auch das Keramikrelief von Elmar Trenkwalder, das den Residenz-Eingangsbereich des DQs ziert, verbindet barocke Architektur mit zeitgenössischer Kunst. Im Moment sind zwei Sonderschauen zu sehen, die das Kernthema des DomQuartiers, den Barock, umspielen. „Von Bernini bis Rubens. Römischer Barock aus der Sammlung Rossacher“, bis April 2020 im Nordoratorium des Doms zu sehen, ist eine Kooperation mit dem Salzburg Museum. Die Ausstellung „Goldene Zeiten. Holländische Meisterwerke des 17. Jahrhunderts“ präsentiert hochkarätige Meisterwerke aus dem Sammlungsbestand der Residenzgalerie sowie der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien und gewährt einen umfassenden Einblick in ein einmaliges Phänomen der europäischen Kunst. Überall Musik! Mit den Prunkräumen der Residenz und dem Dombereich umfasst das DomQuartier Salzburg zudem bedeutende historische Spielorte weltlicher und geistlicher Musik. Die fürsterzbischöflichen Hofmusiker – unter ihnen Heinrich Ignaz Franz Biber, Georg Muffat, Vater und Sohn Mozart oder Michael Haydn – haben für diese Räumlichkeiten komponiert und hier auch selbst musiziert. Im DomQuartier ist man W.A. Mozart nah wie sonst fast nirgendwo in Salzburg. Hier mainifestiert sich auch die kulturelle Bedeutung Salzburgs als Musikstadt mit internationaler Ausrichtung und jahrhundertealter glanzvoller Tradition. Im Carabinierisaal fand die erste Opernaufführung nördlich der Alpen statt.
Wunderkammer sowie Langer Galerie und Museum St. Peter durch wechselnden Sonderausstellungen. In den 5 Jahren seines Bestehens bot das DQS ein facettenreiches Programm mit 30 Sonderschauen. Dabei setzte das Haus verstärkt auf seine Kernkompetenz, den Barock, sowie auf unmittelbare Themen und Inhalte des Rundgangs und der Sammlun-
gen. Mit großen Präsentationen waren LlECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Wien und die Sammlung Würth zu Gast. Es gibt aber auch spannende Zwiegespräche mit der Moderne. In einem eindrucksvollen Dialog zwischen Gestern und Heute stehen die zwei riesigen sil-
Linke Seite: Nach Giovanni Battista Gaulli, gen. Il Baciccio (1639-1709) Allegorie der Justitia, ca. 1670. © Salzburg Museum Rechte Seite, oben: Ausstellung „Goldene Zeiten“: die Geschäftsführerin des DomQuartiers, Dr. Elisabeth Resmann in der Ausstellung „Goldene Zeiten“ vor Cornelis de Heems (1631 Leiden – 1695 Antwerpen), Stillleben mit Austern, Zitrone und Trauben. Foto: © DQS Unten: Musik im DomQuartier (Hammerklavier im Rittersaal der Residenz). Foto: © DQS/Stürzenbaum
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Zwischen Himmel und Erde Auf den Spuren der Salzburger Fürsterzbischöfe Das italienischen Renaissancepalästen entsprechende Stiegenhaus der Residenz bietet ein fürstliches Entree in das DomQuartier. Die Prunkräume der Residenz dienten den Fürsterzbischöfen als Wohn- und Amtssitz. Üppige Interieurs, aufwändige Stuckarbeiten und prächtige Deckengemälde zeugen von einer meisterhaften Inszenierung der fürstlichen Macht. Vom Grünen Salon, einst Audienzzimmer für bürgerliche Bittsteller, steigt man in das dritte Obergeschoß. Insgesamt elf Räume beherbergen die Residenzgalerie Salzburg. Schon Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo ließ hier 1792 eine Gemäldegalerie einrichten. Die fürsterzbischöflichen Kunstsammlungen gingen in den napoleonischen Kriegen allerdings verloren, erst 1923 wurde eine neue Galerie begründet. Sie zeigt heute europäische Malerei des 16. bis 19. Jahrhunderts, mit einem deutlichen Fokus auf dem Barock: niederländische, italienische, französische und österreichische Meister gewähren Einblick in kraftvoll ausgestaltete barocke Lebenswelten. Das berühmteste Werk der Sammlung, Rembrandts „Betende alte Frau“, ist ebenso zu sehen wie bedeutende Stillleben, Landschaften und Porträts. Im Bestand des Hauses ebenfalls prominent vertreten ist eine Sammlung österreichischer Malerei des 19. Jahrhunderts, u.a. mit Werken von Hans Makart, der im Jahr 1840 in der fürsterzbischöflichen Residenz geboren wurde.
Links: Prunkräume der Residenz, Audienzsaal © SBSB/Kirchberger Rechts: Hermansz.Van Rijn Rembrandt, Betende alte Frau © RGS/U.Ghezzi
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Ausblicke auf die Stadt Von der Residenzgalerie führt der Weg auf die Terrasse über dem nördlichen Dombogen. Sie verbindet das weltliche mit dem geistlichen Zentrum: dem Dom. Zwischen Himmel und Erde eröffnet sich ein einzigartiger Blick auf die umliegende Altstadt mit Residenz- und Domplatz sowie ihrer Bürgerhäuser, Kirchen und ihre Stadtberge. Eine geschwungene Treppe führt in das Innere des Salzburger Doms. Erste Station sind die reich stuckierten Räume im Nordoratorium, die mit Sonderausstellungen bespielt werden - ein Ausstellungsort mit einem besonderen Ambiente.
Oben: Dombogenterrasse mit Brunnen © RGS/U. Ghezzi Unten: Dom zu Salzburg, Blick von der Orgelempore Foto: © Dommuseum/J. Kral Rechts: Kunst-und Wunderkammer Foto: © Dommuseum/J. Kral
Einblicke in das barocke Herz Von der Orgelempore eröffnet sich ein einzigartiger Blick in das imposante Hauptschiff des (früh)barocken Salzburger Doms, der 1628 von Fürsterzbischof Paris Lodron eingeweiht wurde. Hinter dem Spieltisch der Hauptorgel heraus windet sich der Weg in das angrenzende Dommuseum im Südoratorium. Der Domschatz umfasst Goldschmiedearbeiten, prächtige Textilien und liturgische Geräte, erweitert durch Gemälde und Skulpturen von der Gotik bis zum Barock, die aus dem Dom und der zur Erzdiözese
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gehörenden Kirchen stammen. Ältestes und wichtigstes Exponat ist das sogenannte Rupertuskreuz, das in die Zeit des hl. Virgil datiert. Eine schmale Wendeltreppe führt einen Stock tiefer in die Kunst- und Wunderkammer im südlichen Dombogen. Sie ist eine der wenigen in Europa, deren historische Einrichtung noch weitgehend erhalten ist. Nach der Säkularisierung Salzburgs 1803 wurden fast alle wertvollen Gegenstände außer Landes verbracht. Mit der Begründung des Dommuseums im Jahr 1974 bemühte man sich, die Kunstund Wunderkammer zu rekonstruieren.
Die originalen Schaukästen aus dem 17. Jahrhundert bergen eine Fülle staunenswerter Objekte und Kuriositäten aus Kunst, Natur und Technik.
genden Fenster geben den Blick auf den Domplatz frei, wo sich seit 100 Jahren jeden Sommer das Spiel vom Sterben des reichen Mannes wiederholt.
Direkt anschließend betritt man die Lange Galerie St. Peter, die schon den Fürsterzbischöfen als Gemäldegalerie diente. 1819 wurde sie der Abtei St. Peter zugesprochen, deren Klosteranlage sich dahinter erstreckt. Auf der 70 Meter langen Wand werden 17 großformatige Gemälde aus der St. Petrischen Sammlung präsentiert, etwa Paul Trogers „Christus am Ölberg“ und die zugehörige „Mater Dolorosa“. Die der Gemäldewand gegenüberlie-
Eine Rampe führt weiter in den sogenannten Wallistrakt. Dort, im Museum St. Peter, zeigt die Benediktinerabtei St. Peter, das älteste Kloster im deutschsprachigen Raum, eine Auswahl der schönsten Objekte ihrer umfangreichen Sammlungen. Eines der ältesten Exponate: das Rupertuspastorale, ein Abtstab aus dem 11./12. Jahrhundert. Durch eine schwere Doppeltür gelangt
man in den angrenzenden Kaisersaal, der seine Gestalt aus der Entstehungszeit von 1605 bewahrte. Links führt ein schmaler Gang zu dem 1610/11 an die Franziskanerkirche angebauten Trakt sowie in den direkt an die Kirche angrenzenden „Sintflutgang“. Rechts gelangt man zurück zum Ausgangspunkt des DomQuartier-Rundgangs, dem Carabinierisaal. DomQuartier Salzburg Residenzplatz 1/Domplatz 1a 5020 Salzburg +43 (0)662 8042-2109 office@domquartier.at www.domquartier.at
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Lange Galerie St. Peter. Foto: Š DQS/Kirchberger
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Max Ernst Museum Brühl des LVR: »MŒBIUS« – SURREALE COMICWELTEN Eine Ausstellung im Max Ernst Museum Brühl des LVR vom 15. September 2019 bis zum 16. Februar 2020
Das Max Ernst Museum Brühl des LVR zeigt das umfangreiche Œuvre von Max Ernst – die Sammlung gibt Einblicke in 70 Schaffensjahre des international bekannten Künstlers Das Max Ernst Museum Brühl des LVR widmet sich dem Leben und Werk des in Brühl geborenen Jahrhundertkünstlers, Bilddichters und Weltbürgers Max Ernst (1891-1976). Die ständige Sammlung gibt einen Überblick über rund 70 Schaffensjahre eines der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts: seine Zeit in Brühl und Bonn, seine dadaistischen Aktivitäten im Rheinland, die Beteiligung an der surrealistischen Bewegung in Frankreich, sein Exil in den USA und schließlich die Rückkehr nach Europa im Jahr 1953.
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Zahlreiche Werke lassen die Besucherinnen und Besucher in die fantasievollen Bildwelten von Max Ernst eintauchen und demonstrieren den Erfindungsreichtum des Künstlers. Ein Ensemble von über 70 Bronzeplastiken und Skulpturen als Leihgabe der Kreissparkasse Köln erschließt sein bildhauerisches Schaffen über Jahrzehnte hinweg; die Arbeiten stammen aus der Sammlung des Künstlers und schließen Hauptwerke wie das »Lehrerkollegium einer Schule für Totschläger« aus dem Jahr 1967 auf dem Plateau draußen vor dem Museum ein. Im ehemaligen Tanzsaal des Museumsgebäudes ist die wohl berühmteste Figurengruppe »Capricorne« aus der Sammlung der Deutschen Bank ausgestellt. Ebenfalls eine Leihgabe der Kreissparkasse
Köln und zugleich Herzstück der ständigen Sammlung sind die 36 »D-paintings«, Geburtstags- und Liebesgeschenke von Max Ernst an seine vierte Ehefrau, die Künstlerin Dorothea Tanning, mit der er über drei Jahrzehnte lang verbunden war. Weitere Werkgruppen veranschaulichen die indirekten Techniken des Künstlers, wie die Collage (Klebebild), die Frottage (Durchreibetechnik) oder die Décalcomanie (Abklatschverfahren). Zur Sammlung gehören auch die Arbeiten aus dem Besitz der Stiftung Max Ernst, Oben: Max Ernst Museum Brühl des LVR. Foto: © LVR-ZMB Dominik Schmitz Rechts: Mœbius, Le chasseur déprime, 2007/2008, Seite 29, Tusche auf Papier, digital bearbeitet © 2019 Mœbius Production
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die das nahezu vollständige druckgrafische Werk von Max Ernst umfasst sowie über 700 Aufnahmen, die seine Lebensstationen dokumentieren und von Fotografinnen und Fotografen wie Lee Miller oder Henri Cartier-Bresson stammen. Hinzu kommen die Bestände der Stiftung Schneppenheim zur Förderung des Max Ernst Museums und die Sammlung Peter Schamoni. Neue Perspektiven auf die Sammlung im Max Ernst Museum des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) eröffnen sich durch regelmäßige Sonderausstellungen mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern von der Klassischen Moderne bis in die Gegenwart. Neben Zeitgenossen wie Hans Arp, Man Ray oder Joan Miró veranschaulichten auch Gegenwartskünstlerinnen und -künstler wie Neo Rauch, Tim Burton oder zuletzt Joana Vasconcelos die Aktualität des Surrealismus in der heutigen Zeit. Begleitend zu den Ausstellungen, in die verstärkt auch digitale Formate eingebunden werden, gibt es ein breitgefächertes Themenangebot mit Führungen, Veranstaltungen und Workshops für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie Pro-
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gramme für Menschen mit Behinderungen. Die Workshops der Kunstvermittlung finden im Fantasie Labor im Geburtshaus von Max Ernst statt.
»MŒBIUS« – SURREALE COMICWELTEN Das Max Ernst Museum Brühl des LVR zeigt ab dem 15. September 2019 die in Deutschland bislang umfangreichste Ausstellung mit visionären Bildwelten des französischen Comiczeichners und Szenaristen Jean Giraud (1938–2012), der unter dem Namen »Mœbius« international bekannt geworden ist. Mœbius erforschte die Sphären der Träume und der Science-Fiction und inspirierte zahlreiche Filme etwa von George Lucas, Ridley Scott, Luc Besson oder Hayao Miyazaki. Bei Mœbius verschwimmen die Grenzen zwischen Comicstrip und bildender Kunst. In seinen Geschichten treffen utopische Architekturen und futuristische Megametropolen auf Wüstenlandschaften und schamanistische Reisen durch Raum und Zeit. Mit seiner immensen Imaginationskraft schuf er in präziser Strichführung surreale Welten im ständigen Fluss.
Oben: Portrait Jean Giraud, 2012. Foto: Isabelle Giraud Unten: Mœbius, 40 jours dans le désert B , 1999, Seite 11, Tusche auf Papier, 16 x 23,5 cm Rechts: Mœbius, Starwatcher, 1985, Tusche und Aquarell auf Papier Alle Fotos: © 2019 Mœbius Production
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Mœbius erfand und entwickelte über Jahre hinweg ikonische Figuren wie den stummen Krieger Arzak, Major Grubert, John Difool aus L’Incal (zusammen mit Alejandro Jodorowsky) oder die Raumfahrer Stell und Atan. Mit ihnen zusammen lässt er auch die Betrachtenden in die unendlichen Welten seiner Imagination reisen. Außerdem malte Mœbius abstrakte Kompositionen, die aufgrund ihres ungewöhnlichen Formenrepertoires und der zeichnerischen Dichte eine eigenständige Werkgruppe bilden. Die Ausstellung widmet sich Jean Girauds umfangreichem Schaffen. Sie versammelt rund 450 Arbeiten aus dessen zumeist unter der Signatur »Mœbius« entstandenen Bildgeschichten und ordnet sie verschiedenen Themenbereichen zu (wie »Natur und Metamorphose«, »Der Traum vom Fliegen und Fallen«, »Die innere Wüste und ihre Darstellung«, »Wanderer zwischen den Welten« oder »Die Utopie des Wunderbaren«). Ausgehend von grundlegenden Ideen in seinen Notizbüchern (»Carnets«) über kolorierte Zeichnungen, szenisch gegliederte Comicfolgen, Skizzen, abstrakte Gemälde bis hin zu populären Druckgrafiken und Objekten wird das Spektrum seiner Zeichenkunst ausgebreitet. Mœbius digital erleben Zu den acht Themenbereichen in der Ausstellung gibt es je ein großformatiges Foto an den Wänden, das sich mit dem Smartphone und der Augmented Reality App Artivive digital animieren lässt. Die interaktive App lässt sich kostenlos im Google Playstore und im Apple iTunes Store downloaden.
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„Die innere Wüste und ihre Darstellung“ Wandtext »Ich hatte wirklich ein inniges Verhältnis, eine ganz starke Neigung zur Wüste, vor allem zur nordamerikanischen, die sehr eigentümlich ist, ab und an getupft mit in regelmäßigen Abständen wachsenden Grasbüscheln, mit Kakteen, die wie reglose Wesen dastehen, und Felsblöcken in unwirklichen, fast schon organischen Formen.« (Mœbius)
Linke Seite, oben: Mœbius, Trait de génie: Giraud-Mœbius , 2000, Tusche und Aquarell auf Papier, 24 x 32 cm Unten: Moebius, L’Homme du Ciguri, 1994, Airbrush und Mischtechnik auf Papier, 39 x 29,5 cm © 2019 Les Humanoïdes Associés/Mœbius Production Besucherin animiert ein Wandbild mit Hilfe der Augmented Reality App in der Ausstellung Rechte Seite, oben: Mœbius, La Chasse au Major, 2009, Acryl auf Leinwand, 90 x 130 cm Unten: Ausstellungsansicht. Foto: © Uwe Weiser, LVR Alle Fotos: © 2019 Mœbius Production
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Linke Seite: Mœbius, Arzak le rocher , 1995, Gouache und Acryl auf Papier, 36 x 24,3 cm
für Arzak, l´Arpenteur, 2010, Acryl auf Leinwand, 130 x 90 cm, © Mœbius Production. Foto: Uwe Weiser, LVR
Rechte Seite, oben: Ausstellungsansicht, im Hintergrund Wandbild nach Les dents du désert, 2009, Cover
Unten: Ausstellungsansicht, mit Blättern aus Arzak l´Arpenteur, 2008, Tusche auf Papier, digital bearbeitet und
koloriert. Foto: © Uwe Weiser, LVR Alle Fotos: © 2019 Mœbius Production
„Der Traum vom Fliegen und Fallen“ Wandtext »Die eigentliche Geburtsstunde von Mœbius als einem etablierten Phänomen schlug mit Arzach. Als Junge hat mich im Alter von etwa 14 oder 15 Jahren die Entdeckung der Science-Fiction ungeheuer beeindruckt. Inzwischen ist sie Teil meiner Bildsprache und meines geistigen Gemeinguts, und das ganz spontan. So ähnlich verhielt es sich mit dem Western auch. Western und Science-Fiction kamen dann zusammen: Das in Arzach beschriebene Universum ähnelt in starkem Ausmaß einer Art imaginärem Wilden Westen, versetzt auf einen nicht weniger imaginären Planeten. Mit der Figur des Arzach trat eine Silhouette hervor, die zu so etwas wie einem Erkennungszeichen für mich wurde: eine Gestalt mit hoher phrygischer Mütze in Kegelform, versehen mit Ohrlaschen und Mützenschirm. Ihr wurde Tribut gezollt, indem es verschiedene Versionen, Wiederholungen, subtile Veränderungen gab, die hinzukamen und für eine Weiterentwicklung des
Charakters sorgten: Mal war er richtiggehend bösartig und beängstigend, extraterrestrisch und reptilienhaft. Dann wieder gab er sich engelsgleich. Oder er warf sich in symbolisch aufgeladene Posituren, entlehnt von den Präraffaeliten oder dem
Darstellungskanon klassischer griechischer Statuen. Er wurde ein Mann, androgyn, eine Frau. So hat sich die Persönlichkeit von Arzach im Laufe der Jahre leicht gewandelt. Es gab eine Zeit, da wurde er sogar zum Starwatcher.« (Mœbius)
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Linke Seite: Mœbius, Plasme Volant, aus: La Faune de Mars, 2007, Tusche auf Papier, digital bearbeitet und koloriert
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Rechte Seite: Mœbius, Inside Mœbius, 2007, Seite 82/83, Band 6, 2010, Tusche auf Papier, digital bearbeitet und koloriert
Übernächste/letzte Seite: Mœbius, Ayna, 1989, Seite 4, farbige Tusche, Gouache und Acryl auf Papier, 32,3 x 22,7 cm. Alle Fotos: © 2019 Mœbius Production
„Natur und Metamorphose“ Wandtext »Wir wandeln uns kontinuierlich, meist in Reaktion auf verschiedenste Reize, sichtbare wie unsichtbare, innere wie äußere, die zu einer Bewegung des Lebens, einer physischen und psychischen Metamorphose in uns führen. Für mich ist das Prinzip der plastischen Metamorphose, das meine Zeichnungen prägt, kein Fetisch oder zeichnerischer Einfall, sondern ein Sinnbild für den Wandel, der sich in unserem Inneren fortwährend vollzieht.« (Mœbius) „Abstraktionen“ Wandtext »Eines der Abenteuer der zeitgenössischen Kunst besteht darin, in den Teil seiner selbst abzutauchen, der nicht vollständig belegt ist von sozialer Domestizierung, Höflichkeitsformen und der Notwendigkeit, in einer komplex strukturierten Gesellschaft zu überleben. Beim Betrachten lösen die kleinformatigen Werke ungeheuer starke Gefühle in mir aus, weil ich unmöglich erkennen kann, was sie darstellen.
[Es gibt] Momente, da denkt man, das ist organisch, könnte aber auch mineralisch sein, vielleicht ja Basaltablagerungen oder halbtransparente Steine, in Lehmkrusten eingeschlossene Schmucksteine, mit Luftblasen, zwiebelförmigen Einschlüssen, teils auch Schlangen, allerdings mit keinen echten, denn sie besitzen keine Schuppen, bilden vielmehr röhrenartige Formen, so genau lässt sich das nicht sagen. Vielleicht sind es auch Organe.« »Das ist nichts weiter als eine chaotische Anordnung völlig beliebiger Formen. Und dann, im Bestreben, Elemente auszumachen, manövriert man sich allmählich in eine ausweglose Situation und stellt sich die Frage: Was mag das wohl sein? Also beginnt man, Formen zusammenzuführen, sie zu schließen, manche von ihnen auch zu erweitern, aber nicht so sehr aus einem Abenteuergeist heraus als vielmehr im Bemühen um Strukturierung, um Einordnung, um Sinnstiftung, um einen ästhetischen Sinn, der natürlich meinem eigenen Geschmack entsprechen soll, denn ich möchte mich nach keiner Schule richten. Da bin ich dann in der Blase meiner vollständigen persönlichen Zufriedenheit, egoistisch, dem Egoismus verfallen, total.
Aber stets mit der Fähigkeit, diese seltsame Ursuppe in etwas durchaus Lebendiges für diejenigen zu verwandeln, die sie betrachten und sich sagen: ›Eigenartig ist das schon, aber da steckt etwas dahinter, denn es ist gut gemacht. Man sieht, das ist in sich stimmig, das passt. Das ist genauso, wie es sein soll.‹ Was aber dort dargestellt ist, weiß man nicht. Etwas nicht Erkennbares, dafür aber wiedergegeben in vollendeter Weise. Das finde ich wunderbar. Vergleichbares findet sich etwa auch in der Arbeit der Surrealisten, im Bereich der Literatur und bei Texten. Die großen Dichterinnen und Dichter dieser Zeit experimentierten in diese Richtung. Den Automatismus erhoben sie zu ihrem Ausgangspunkt und schauten dann, in welchem Abenteuer sie gelandet waren. Sie kamen aus der Taucherglocke hervor und ließen – schwupp – den Schmetterling fliegen. Das gefällt mir.« (Mœbius) Max Ernst Museum Brühl des LVR Comesstraße 42 / Max-Ernst-Allee 1 50321 Brühl Tel +49 2232 5793 – 0 maxernstmuseum@lvr.de www.maxernstmuseum.lvr.de
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Lebendiger Gips Sonderausstellung des Museums für Abgüsse Klassischer Bildwerke in München vom 16. Oktober 2019 bis zum 24. Juli 2020 Autorinnen: Dr. Andrea Schmölder-Veit und Dr. Nele Schröder-Griebel, Kuratorinnen 66
Lebendiger Gips – gibt‘s das? Dass dies kein Widerspruch ist, zeigt die Schau zum 150-jährigen Bestehen eines der größten deutschen Museen für Abgüsse nach griechischen und römischen Antiken. Aber auf welche Geschichte blickt das Museum zurück und warum sammelt man überhaupt Abgüsse? Gründung des Museums Als Heinrich Brunn, Professor für Klassische Archäologie in München, 1869 erstmals Gelder für den Erwerb von Gipsabgüssen zugesprochen bekam, waren die Verhältnisse äußerst schwierig. Er hatte keine Räume, um die Stücke aufzustellen, und kein Personal, um die Sammlung zu betreuen. Nur mühsam konnte Brunn die zuständigen Ministeriumsbeamten davon überzeugen, dass er ein funktionierendes Museum von Abgüssen benötigte, um „die Geschichte der Plastik […] gründlich und erfolgreich“ zu lehren. Aufgrund seiner Beharrlichkeit erhielt er schließlich einen jährlichen Etat und 1877 auch eigene Räume in den nördlichen Hofgartenarkaden der Residenz. Rekonstruktionen in Gips
Blick in den ersten Lichthof des Museums für Abgüsse und in die Ausstellung „Lebendiger Gips“ Foto: © Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München. Foto: R. Hessing
Damit war der Grundstein für eine erfolgreiche Sammlungsgeschichte gelegt. Ab Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich im Münchner Museum ein neuer Schwerpunkt, nämlich das sorgfältige Vergleichen römischer Statuen, die auf ein und dasselbe griechische Vorbild zurückgehen. Mit der nunmehr hervorragend ausgestatteten Sammlung ließen sich sogar Rekonstruktionen verlorener Vorbilder herstellen. Dabei handelt es sich um antike, zumeist griechische Meisterwerke, die zwar nicht mehr erhalten sind, die allerdings in zahlreichen, nicht immer vollständigen römischen Kopien weiterleben. Um sich so weit wie möglich dem verlorenen Werk anzunähern, wurden Teilabgüsse, meist einzelne Körperteile, von verschiedenen Statuen neu zusammengefügt. Hierin war die Münchner Sammlung wegweisend. Zahlreiche Münchner Rekonstruktionen – ob Zusammensetzung aus mehreren Körperteilen von verschiedenen römischen Kopien oder aber Gruppenzusammenstellungen mit mehreren Skulpturen – fanden Verbreitung über ganz Europa: in Gips!
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Blüte und Zerstörung In den 1930er Jahren erhielt das Museum, das mittlerweile zu einer der größten Abguss-Sammlungen Deutschlands angewachsen war, zusätzliche, lichtdurchflutete Räume, sodass die Skulpturen besonders gut zur Geltung kamen. Doch trotz des damals begeisterten Presseechos wurde die Sammlung im Zweiten Weltkrieg nicht ausgelagert – und am 7. Januar 1945 zerstörten Bomben und Brände die Ausstellungsräume sowie nahezu alle 2400 Exponate. Wiederaufbau Der mühsame Wiederaufbau begann in den 1960er Jahren. Die wenigen neu angeschafften Gipsabgüsse stellte man in nächster Nähe zum Institut für Klassische Archäologie der Universität im Haus der Kulturinstitute am Königsplatz auf. Nach zaghaften Anfängen brachte 1976 Paul Zanker als Direktor Schwung, neue Ideen und vor allem Gelder ans Museum. In nur kurzer Zeit konnten hunderte Gipsabgüsse erworben werden. Gesammelt wurde zunächst nach „neueren Aspekten der archäologischen Forschung“, erst in zweiter
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Linie kamen Werke von allgemeiner Bedeutung für die antike Kunstgeschichte hinzu. Das Museum heute Anfang der 1990er Jahre war der Wiederaufbau weitgehend abgeschlossen. Seit
dieser Zeit wird die Sammlung nicht mehr nur als Forschungsinstrument der Universität, sondern verstärkt auch als öffentliches Museum genutzt. Dazu gehören regelmäßige Öffnungszeiten, häufige Sonderausstellungen und immer wieder publikumswirksame Events.
Linke Seite, oben: Der Gipsabguss des Diskobols ist eine Rekonstruktion aus verschiedenen Teilabgüssen – der Besucher darf hier selbst Statue spielen. Foto: © Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München. Foto: R. Hessing Unten: 1877 erhielt das Museum eigene Räumlichkeiten in den nördlichen Arkaden am Münchner Hofgarten. Foto: © G. Freihalter Rechte Seite, links: Seit 1949 befindet sich das Museum im Haus der Kulturinstitute am Königsplatz in München. Foto: © M. Dörrbecker Rechts: Rund 600 Kinder und Eltern besuchen jedes Frühjahr „Latein zum Anfassen“ im Abgussmuseum. Foto: © Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München. Foto: R. Hessing
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Reine Form Der Gipsabguss als reales Objekt steht aber natürlich immer im Vordergrund. Schon Johann Joachim Winckelmann schwärmte von der ‚reinen Form‘ antiker Statuen. Diese trete erst im Weiß des Abgusses zum Vorschein und wohlgemerkt nicht im Original aus Marmor oder Bronze, bei dem das Material mit seinen Verfärbungen, Polituren oder Beschädigungen das Auge des Betrachters zu sehr vereinnahmt.
stören antike Skulpturen und der Verkauf in Privatsammlungen kann zur Entziehung des Stückes aus dem Blick der Öffentlichkeit führen. Wenn zuvor aber eine Negativform hergestellt wurde, kann die archäologische Forschung auf die Abgüsse als letzte Zeugen zurückgreifen. Abgüsse umgeben uns überall und ständig, was zeigt, dass sie nicht nur für Forschung und Wissenschaft von Belang, sondern ein fester Bestandteil unser aller Alltag sind.
Gips neben Gips
Eine immer wichtigere Rolle spielen dabei im Museumsalltag auch digitale Medien – mit 3D-Modellen sowie Augmented- und Virtual-Reality-Komponenten –, die zwei Zielen dienen: die digitalen Kompetenzen von Studierenden im Bereich Kulturvermittlung und Museum zu fördern sowie ein junges Publikum durch digitale Ausstellungselemente anzusprechen und zu begeistern. Links, oben: Die Besucher tauchen in die Augmented-Reality-Welt rund um die Gipse ein. Foto: © Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München. Foto: A. Schmölder-Veit Unten: Ein Comic-Rundgang führt das junge Publikum parallel zu den gängigen Ausstellungstafeln durch das Museum. Rechts, oben: Der sog. Alte Fischer in einem weißen und kolorierten Abguss: Die Formen und Details sind am weißen Stück besser lesbar. Beide Fotos: © Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München. Foto: R. Hessing Unten: Der Apoll vom Belvedere in einem Schmuckladen zeigt, dass sich Abgüsse antiker Skulpturen nicht nur im Museum finden, sondern uns diese im Alltag ständig umgeben, sei es in Schaufenstern, Privathäusern oder Restaurants. Werden auch Sie Teil unserer Ausstellung und Sammlung! Halten Sie Abgüsse aus Ihrem Alltag in Schnappschüssen fest und senden sie uns per Mail (mfa@lrz.uni-muenchen.de): Die Bilder erscheinen dann an unserer Fotowand in der Ausstellung! Foto: © Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München. Foto: A. Schmölder-Veit Rechte Seite: Abgüsse aus historischen Formen stellen zuweilen die letzte Möglichkeit dar, sich mit dem Original zu befassen, wenn dieses verschollen oder zerstört ist. Letzte Seite: Die Werkstatt Gilliéron stellte in den 1920er und 30er Jahren Gipsabgüsse her und ahmte mit der Kolorierung die Farbigkeit der Originale direkt nach der Ausgrabung nach, wie hier die sog. Kore mit den Mandelaugen, eine Dauerleihgabe des Metropolitan Museums of Art in New York. Beide Fotos: © Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München. Fotos: R. Hessing
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Seit der Etablierung der Archäologie als eigene Disziplin dienen Abgüsse nach antiken Skulpturen und Reliefs als zentrales und unverzichtbares Arbeitsmittel. Denn das genaue Vergleichen der Skulpturen, die sich im Original in Museen der ganzen Welt befinden, wird nur durch Abgüsse ermöglicht. Sie stehen in Abguss-Sammlungen direkt nebeneinander und können so unter gleichen Licht- und Raumbedingungen und vor allem im Dreidimensionalen studiert werden – anders als auf Fotos. Archäologische Sehschule und die Kopienkritik dienen stets als Grundlage für das weitere Arbeiten mit antiken Skulpturen, wie z. B. das Rekonstruieren und Ergänzen.
Der Ausstellungskatalog steht auch online als E-Book kostenfrei zur Verfügung: https://doi.org/10.11588/propylaeum.549
Farbe für den Gips Genauso dienen Abgüsse als Arbeitsmittel in der Polychromieforschung. Zur Dokumentation noch erhaltener Farbspuren auf der Oberfläche antiker Skulpturen eignen sich Abgüsse mehr als jedes andere Medium, denn sie erlauben die dreidimensionale Dokumentation im 1:1 Format. Die Münchner Sammlung umfasst einzigartige historische Abgüsse aus der Form- und Aquarellwerkstatt der Gilliérons aus dem frühen 20. Jahrhundert. Diese kolorierten Abgüsse überliefern die vor rund 100 Jahren noch sichtbaren Farbspuren auf den archaischen Skulpturen von der Athener Akropolis. Letzte Zeugen Und schließlich sind historische Abgüsse auch dann von unermesslichem Wert, wenn ihre Vorbilder verschollen, zerstört oder verwittert sind. Wind und Wetter, Regen und Brände, Erdbeben und Verkehrsabgase nagen an den Oberflächen von antiken Werken, wenn diese über Jahrtausende unter freiem Himmel stehen. Aber auch Krieg oder Diebstahl zer-
Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke Haus der Kulturinstitute Katharina-von-Bora-Straße 10 80333 München Tel. 089 / 28927 - 690 oder 695 mfa@lrz.uni-muenchen.de www.abgussmuseum.de
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Wieviel Digitalisierung braucht Museum? All we need is change – Kulturelle Bildung und Veränderungsprozesse in Kulturbetrieben Symposium auf Schloss Augustusburg bei Chemnitz Schloss Augustusburg gehört mit seinen innovativen Konzepten und rund 200.000 Besuchern jährlich zu den erfolgreichsten Schlössern in Sachsen. Mit dem Edutainment-Event „Zeitreise 3D“ belegte das Schloss einen Spitzenplatz beim Kulturmarken-Award in der Kategorie Bildungsprogramm des Jahres. Aktuell entwickelt sich „Ausgetrickst! – Die spektakuläre Illusionen-Ausstellung“ mit Virtual- und Augmented-Reality-Mitmachstationen zum neuen Publikumsmagneten.
heim), Dr. Yvonne Pröbstle (Kulturmanagement Kulturgold, Stuttgart) und Dr. Florence Thurmes (Staatliche Kunstsammlungen Dresden) eingeladen.
Welche Möglichkeiten, Chancen und Risiken Kulturvermittlung auf Basis digitaler Anwendungen besitzt, will das Symposium „All we need is change – Kulturelle Bildung und Veränderungsprozesse in Kulturbetrieben“ ausloten. Die eintägige Veranstaltung widmet sich mit Vorträgen, Diskussionen und Praxisbeispielen der Frage, wie Kultureinrichtungen bei der Wissensvermittlung auf den digitalen Wandel im Kulturbereich reagieren und erfolgreich neue Zielgruppen gewinnen können.
Die Veranstaltung richtet sich vor allem an Bildungsbeauftragte, Pädagogen / innen, Museumspädagogen / innen, Museologen / innen, Kulturarbeiter/innen oder Museumsdirektoren / innen und an alle, die sich für die Thematik interessieren oder bereits nach Lösungen suchen.
Als Referenten sind unter anderem Prof. Dr. Birgit Mandel (Universität Hildes-
Für alle, die von weiter her anreisen und eine Übernachtung einplanen, gibt es am Vortag des Symposiums eine Führung durch Schloss & Park Lichtenwalde. Die Teilnahme ist kostenfrei. Anschließend ist ein gemeinsames Abendessen im Schlossrestaurant eingeplant (Selbstzahler).
Kontakt: Schloss Augustusburg, 09573 Augustusburg Tel: 037291 3800 Fax: 037291 38024 E-Mail: service@die-sehenswerten-drei.de www.die-sehenswerten-drei.de
Symposium Kulturelle Bildung Kulturelle Bildung und Veränderungsprozesse in Kulturbetrieben 3. März 2020 Vollständiges Programm und Anmeldung unter www.die-sehenswerten-drei.de/symposium Teilnehmergebühr: 45 Euro pro Person (für Mitglieder des Vereins Schlösser und Gärten in Deutschland e. V. kostenfrei) Anmeldeschluss: 10. Februar 2020. Foto: © Rainer Weisflog
Mit freundlicher Unterstützung und in Kooperation mit: Verein Schlösser und Gärten Deutschland e. V.
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National Museum of Women in the Arts Washington, USA 74
Hintergrund: Große Halle und Zwischengeschoss des NMWA Links: Außenansicht des Museums Fotos: © Tom Field, Courtesy of the National Museum of Women in the Arts
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Wo sind die Künstlerinnen? Aus dieser einfachen, offensichtlichen aber doch selten gestellten Frage entstand die Idee für das National Museum of Women in the Arts (NMWA). Die Gründer des NMWA, Wilhelmina Cole Holladay und Wallace F. Holladay, begannen in den 1960er Jahren mit dem
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Sammeln von Kunst, als Wissenschaftler und Kunsthistoriker damit anfingen, die Unterrepräsentation von Frauen und verschiedenen ethnischen Gruppen in Museumssammlungen und großen Kunstausstellungen zu diskutieren. Die Holladays setzten sich über 20 Jahre lang für die Zusammenstellung von Kunst von Frauen ein. Ab 1980 widmete Wilhelmina Cole Holladay ihre Kräfte und Ressourcen der
Schaffung eines Museums, in dem seitdem die Werke verschiedenster Künstlerinnen ausgestellt werden. Mit seinen Sammlungen, Ausstellungen, Programmen und Online-Inhalten regt das National Museum of Women in the Arts einen dynamischen Austausch über Kunst und Ideen an. Das NMWA setzt sich für eine bessere Repräsentation von
Fotos linke Seite: © Kevin Allen, Courtesy of the National Museum of Women in the Arts Fotos rechte Seite, oben und mitte: © Kevin Allen, Courtesy of the National Museum of Women in the Arts Foto rechts: © Tom Field, Courtesy of the National Museum of Women in the Arts
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Künstlerinnen ein und ist ein wichtiges Zentrum für Vordenker, gesellschaftliches Engagement und sozialen Wandel. Das NMWA begegnet dem Ungleichgewicht der Geschlechter bei der Präsentation von Kunst, indem wichtige Künstlerinnen der Vergangenheit ans Licht gebracht und gleichzeitig heutige Künstlerinnen gefördert werden. Die NMWA-Sammlungen umfassen mehr als 5.500 Werke aus dem 16. Jahrhundert bis heute, die von mehr als 1.000 Künstlerinnen geschaffen wurden. Die Installationen werden nach Schlüsselthemen geordnet gezeigt und betonen die Verbindungen zwischen historischer und zeitgenössischer Kunst. Bis heute hat das Museum mehr als 300 Sonderausstellungen präsentiert, die die kreativen Beiträge von Künstlerinnen aus der ganzen Welt zeigen. Seit dem 19. September 2019 bis zum 20. Januar 2020 ist die Sonderausstellung „Live Dangerously“ zu bestaunen. In dieser Ausstellung werden der Öffentlichkeit Werke von 12 Fotografinnen zugänglich gemacht, die den weiblichen Körper als skulpturales Material verwenden und Frauenfiguren in der Natur positionieren, um provokative Erzählweisen anzuregen. Die Fotografinnen setzen Humor, Drama, Ambiguität und innovatives Storytelling ein, um die Landschaft als Mittel der Selbstermächtigung und des persönlichen Ausdrucks zu beleuchten. Konventionelle kunsthistorische Darstellungen weiblicher Figuren haben traditionell Frauen gezeigt, die durch geschlechtsspezifische Assoziationen von Natur, Erotik und Fruchtbarkeit passiv mit der Landschaft verbunden sind. Im Gegensatz dazu zeigt „Live Dangerously“ wilde, verträumte und witzige Bilder von Frauen – alles durch die Linse des weiblichen Blickwinkels.
Janaina Tschäpe, Serie “100 Little Deaths”. Alle Fotos: Chromogenic color print. National Museum of Women in the Arts, Gift of Heather and Tony Podesta Collection; © Janaina Tschäpe; Image courtesy of Janaina Tschäpe studio Linke Seite, oben: „Frick Park“, 2000. 31 x 47 in. Mitte: „Fiji“, 2002; 31 x 47 in. Unten: „Weimar“, 1998; 31 x 47 in. Rechte Seite, oben: „Living Room“, 2002; 31 x 47 in. Unten: „Angervat“, 2002; 31 x 47 in.
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Ein großer Teil der Ausstellung zeigt die performativen und fantastischen Arbeiten von Janaina Tschäpe. Das NMWA stellt zum ersten Mal alle 100 großformatigen Fotografien in der Serie „100 Little Deaths“ (1996–2002) aus, in der die Künstlerin ihren eigenen Körper an Orten ihrer Reisen um die Welt inszeniert.
andere ihre Umgebung und bringen sie durcheinander. Justine Kurland fotografiert weibliche Teenager, die Rauchbomben abfeuern, nacktbaden und auf Bäume klettern, um gegen patriarchalische Institutionen zu rebellieren und geschlechtsspezifische Erwartungen zu demontieren.
Während einige der vorgestellten Künstlerinnen eine ruhige, reflektierende Beziehung zur Natur herstellen, verändern
Die Künstlerinnen der Ausstellung zeigen oft den weiblichen Körper, der vollständig in Berge, Ozeane, Täler und Wüsten
Oben: Louise Dahl-Wolfe, „California Desert“, 1948; Gelatin silver print, 14 x 11 in. National Museum of Women in the Arts, Gift of Helen Cumming Ziegler; © 1989 Center for Creative Photography, Arizona Board of Regents Rechts: Laurie Simmons, „Water Ballet (Vertical)“, 1981; Chromogenic print, 20 x 16 in. National Museum of Women in the Arts, Gift of Heather and Tony Podesta Collection; © 2019 Laurie Simmons
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getaucht ist. Einige der Fotografinnen halten diese Figuren in der Nähe von Wellen oder unter Wasser fest, als ob die Tiefen des Ozeans ihr natürlicher Lebensraum wären. Anstatt von den erhabenen Kräften der Natur entmutigt zu erschei-
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nen, wirken die in „Live Dangerously“ porträtierten Frauen unbekümmert, unerschrocken und wild. Linke Seite: Rania Matar, Yara, „Cairo, Egypt“, 2019 Archival pigment print, 44 x 37 in.; Courtesy of the artist and Robert Klein Gallery; © Rania Matar
Rechte S., oben: Justine Kurland, „Jungle Gym“, 2001 Unten: Justine Kurland, Slumber Party, 2000 Beide Fotos: Chromogenic color print, 30 x 40 in. National Museum of Women in the Arts, Gift of Heather and Tony Podesta Collection © Justine Kurland; Image courtesy of the artist and Mitchell-Innes & Nash, New York
Susan Fisher Sterling, Direktorin des National Museum of Women in the Arts, fasst die Ausstellung treffend zusammen: „Die Werke in „Live Dangerously“ stellen kunsthistorische Darstellungen von Frauenkörpern in der Natur auf den Kopf und schaffen neue, gestärkte Beziehungen, die uns herausfordern, uns selbst und unsere Umwelt auf neue Weise zu sehen.“
Rechts: Graciela Iturbide, Mujer Ángel, Desierto de Sonora (Angel Woman, Sonoran Desert), 1979 (printed 2014); Gelatin silver print, 16 x 20 in.; National Museum of Women in the Arts, Gift of Cindy Jones; © Graciela Iturbide; Image courtesy of Throckmorton Fine Art, New York
National Museum of Women in the Arts 1250 New York Ave NW Washington, D.C. 20005 Tel. 1-800-222-7270 https://nmwa.org
Canadian Museum for Human Rights Wie kann man Menschenrechte in einem Museum präsentieren? Inspirierende Geschichten können auf verschiedene Weise erzählt werden. Das Canadian Museum for Human Rights (CMHR) lädt seine Besucher zu einer bewegenden Reise ein, bei der Storytelling und der Einsatz von Technologie ineinanderfließen, um die Wichtigkeit von Menschenrechten für jedermann zu verdeutlichen. In dem Museum trifft das Neueste an interaktiver Technologie auf die älteste Form der Kommunikation – das Geschichtenerzählen. Gestikbasierte interaktive Exponate verbinden Kunst, Objekte und Bilder, um eine aussagekräftige Darstellung der Bedeutung der Förderung der globalen Menschenrechte zu erhalten. Die Besucher können – buchstäblich – eine Reise von der Dunkelheit ins Licht erleben, denn bei der Durchquerung der zwölf Galerien des Canadian Museum of Human Rights steigen sie auf glühenden Rampen aus spanischem Alabaster und beenden ihren Rundgang mit einem Panoramablick auf die Stadt vom sonnenbeschienenen Glasturm aus, der in der Nacht
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wie ein Leuchtfeuer der Hoffnung erstrahlt. Auch das Gebäude, in dem sich das Museum befindet, ist imposant anzusehen, denn eine riesige gläserne „Wolke“ mit 1.300 Scheiben wickelt sich um die westliche Fassade, die nach dem Vorbild von
Hintergrund: Panoramaansicht im Winter Links: Rampen aus Alabaster Oben rechts: Besucher auf den Alabaster-Rampen Unten rechts: „Spirit Panel“ und Themenwand Indigene Perspektiven Alle Fotos: © Courtesy of CMHR
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Taubenflügeln gestaltet ist und die oberen Ebenen mit natürlichem Licht durchflutet. Das Museum befindet sich in Winnipeg und damit an einem historischen Ort. Nahe der Stelle, an der der Red River und der Assiniboine River zusammenfließen, erhebt sich die Stadt – ein Ort mit einem inspirierenden Erbe die Menschenrechte betreffend: vom Konflikt um die Arbeitsrechte des Winnipeg-Generalstreiks von 1919, bis zum Kampf von Nellie McClung um das Frauenwahlrecht, die Verteidigung der französischen Sprache und den Kampf für die Rechte der indigenen Völker, lassen sich viele wichtige Ereignisse nennen, zu denen es in und um Winnipeg kam. Winnipeg ist eine Stadt der Vielfalt, in der die größte städtische indigene Bevölkerung des Landes, Einwanderer aus der ganzen Welt und die größte französischsprachige Gemeinschaft Westkanadas leben. Der verstorbene Israel Asper, ein Philanthrop und Unternehmer aus Winnipeg, träumte davon, einen Ort zu schaffen, an dem junge Kanadier lernen könnten, wie wichtig der Schutz der Menschenrechte ist. Über die Asper Foundation hatte er ein Programm ins Leben gerufen, um Kanadas Jugend über die Geschichte des Holocaust und den Wert der Menschenrechte für jedermann aufzuklären. Links: Besucher testen das „Lights of Inclusion“-Bodenspiel. Oben: „Canadian Journeys-Gallerie“ Alle Fotos © Courtesy of CMHR
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Asper war jedoch der Ansicht, dass noch mehr zu tun sei, und die Idee für das Museum war geboren. Nach seinem Tod im Jahr 2003 verfolgte seine Familie diese Vision weiter, wobei Tochter Gail Asper eine zentrale Rolle spielte. Im Jahr 2008 gründete die kanadische Regierung das CMHR als nationales Museum und Crown Corporation. Während ihres Aufenthaltes im Canadian Museum for Human Rights haben die Besucher die Möglichkeit faszinierende Exponate zu betrachten. Es werden verschiedene Geschichten zu den Themen Verstöße, Überleben, Widerstand und Belastbarkeit erzählt, die die Besucher dazu anregen, gemeinsam über unsere Zukunft nachzudenken und zu sprechen. Geschichten aus Kanada, aber auch der ganzen Welt werden durch Exponate zu Menschenrechtsthemen wie „Breaking the Silence“, „Inspiring Change“ und „Rights Today“ beleuchtet. Zu den Exponaten gehören über 100
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Stunden an Videomaterial, darunter sieben Spielfilme, über zwei Dutzend Filme im Kleinformat und über 500 Videoclips. Im Museum sind mehr als 300 Artefakte und Kunstwerke sowie um die 2.500 Bilder ausgestellt, die im Zusammenspiel mit dem Videomaterial sowie einer Klanglandschaft, 25 digital interaktiven Elementen und fünf Theatern dem Besucher ein immersives Multimedia-Erlebnis bieten. Dem Besucher eröffnet sich eine Vielzahl an Möglichkeiten tiefer in die Welt des Museums einzutauchen. Sie können sich beispielsweise auf das „Lights of Inclusion“-Bodenspiel einlassen: Durch Motion-Tracking-Technologie werden immersive farbige Lichtblasen aktiviert, die auf jede Person scheinen und sich verbinden, wenn Besucher zusammenkommen. Dies erleichtert die Diskussion über Inklusion und Kooperation. Das Circular Basket Theatre bietet ein 360-Grad-Theater, das einen von indigenen Völkern kuratierten Originalfilm über
ihre Perspektiven zu Rechten und Pflichten zeigt. Beim Betreten des Museums erscheint auf einer riesigen Mauer eine Begrüßungsprojektion, bei der projizierte Silhouetten verschiedener Personen in 36 Sprachen, darunter 12 indigenen Sprachen, das Wort „Willkommen“ schreiben. Aktiv in das Museumsgeschehen eingreifen können Besucher im interaktiven Kreis „Rights in the Courts“. Dort werden Menschenrechtsfälle auf Videobildschirmen gezeigt, während die Teilnehmer abstimmen, um ihre Ansichten mitzuteilen und ihre eigenen Urteile abzugeben.
Oben: Linke Seite: Das Holodomor Theater Rechte Seite, oben: Ehrenkanadier Mitte links: Zeitleiste der Menschenrechte Mitte rechts: Ausschnitt der „Breaking the Silence“Ausstellung Unten links: Interaktiver Kreis „Rights in the Courts“ Unten rechts: „Das 360-Grad-Theater“ Alle Fotos © Courtesy of CMHR
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Neben der Dauerausstellung kann man sich im Canadian Museum for Human Rights momentan unter anderem auf die Sonderausstellung „Time to Act: Rohingya Voices“ einlassen, die noch bis April 2020 läuft. Das Thema der Sonderausstellung ist das Volk der Rohingya, das aus der eigenen Heimat Myanmar (ehemals Burma), einem mehrheitlich buddhistischen Land, vertrieben wurde. Nach jahrzehntelanger gewaltsamer Verfolgung erlitt es den Genozid durch myanmarische Streitkräfte, gefolgt von einer anhaltenden humanitären Krise. „Rohingya Voices“ porträtiert mitfühlend die Notlage der Rohingya. Das Volk der Rohingya ist eine überwiegend muslimische ethnische Bevölkerung. Es hat eine eigene Sprache und Kultur mit tiefen Wurzeln im Rakhine-Staat, auch Arakan genannt.
Alle Bilder: Die Sonderausstellung „Time to Act: Rohingya Voices“ macht auf den Genozid an den Rohingya aufmerksam und auf deren gewaltsame Vertreibung aus ihrer Heimat. Alle Fotos © Courtesy of CMHR
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Seit Jahrzehnten verweigert die myanmarische Regierung den Rohingya ihre Rechte und ihre Staatsbürgerschaft. Militärkräfte verüben Massaker an ihnen und zerstören ihre Gemeinden. Die Gewalt eskalierte 2017, als eine kleine Gruppe von Rohingya-Rebellen örtliche Polizeibasen angriff. Das Militär revanchierte sich, indem es ganze Dörfer niederbrannte und Gräueltaten an der Zivilbevölkerung beging. Knapp eine Million Rohingya flohen in Flüchtlingslager in Cox‘s Bazar. Im September 2018 verurteilten die kanadische Regierung und die Vereinten Nationen die Gräueltaten und erklärten die Aktionen des myanmarischen Militärs zum Völkermord. Vertriebene Rohingya auf der ganzen Welt rufen zum Bewusstsein und Handeln auf.
Gruppe von Mitgliedern der Rohingya-Gemeinde und der burmesischen Gemeinde, die in Kanada lebt, entwickelt. Frayers Fotografien erscheinen in dieser Ausstellung als Ausschnitt eines größeren Teils seiner Arbeit aus dem Jahr 2017 mit dem Titel „Desperate Journey: The Rohingya Exodus“. Die Fotografien dokumentieren die Flucht von Rohingya-Flüchtlingen vor tödlicher Gewalt in Myanmar und die physischen Nöte des Lebens in den Flüchtlingslagern in Cox‘s Bazar. „Man hat immer das Gefühl, nie genug zu fotografieren. Oder genug zu sehen. Oder genug zu hören. Wenn die Bilder – so flüchtig sie auch sein mögen – dazu führen können, dass Menschen in irgendeiner Weise zum Beistand bewegt werden, dann ist es das wert.“ – Kevin Frayer Redaktion: Silvia Otto, museum.de
„Time to Act: Rohingya Voices“ fängt ihren Aufruf an die Welt ein, auf das Bestreben von Myanmar, sie zu entmenschlichen und auszurotten, aufmerksam zu machen. Die Sonderausstellung wurde vom CMHR in Zusammenarbeit mit dem Fotojournalisten Kevin Frayer und einer
Canadian Museum for Human Rights 85 Israel Asper Way Winnipeg, MB. R3C 0L5. Canada Tel. 204–289-2000 info@humanrights.ca humanrights.ca
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Das Museo Larco – Tor zum alten Peru Ein Muß für jeden Reisenden, der die Hauptstadt Lima besucht 92
Fotos: © Museo Larco, Lima – Peru
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Im Jahr 1532 erreichten die spanischen Konquistadoren die peruanische Küste und eroberten das Land Stück für Stück. Zu diesem Zeitpunkt regierten die Inka über das riesige Gebiet, das einen Großteil von Südamerika umspannte. Während der Jahrhunderte nach der spanischen Eroberung verfassten Chronisten Schriften und fertigten Zeichnungen über das Geschehen in Peru an und befassten sich dabei vor allem mit der Herrschaft der Inka.
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Diese Berichte gelangten nach Spanien, wurden in weitere europäische Sprachen übersetzt und verbreiteten sich über den europäischen Kontinent, da das Interesse an der Neuen Welt sehr hoch war. Für mehr als 400 Jahre, ausgehend vom 16. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, wurden zumeist nur die Inka erwähnt, die so nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt berühmt wurden.
Ausstellungsraum zu einem wichtigen Teil der präkolumbischen Hochkulturen: Der Keramik. Foto: © Museo Larco, Lima – Peru
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Hintergrund: Begräbnisbündel der Wari-Kultur Links: Goldener Kopfschmuck der Moche-Kultur Rechts: Goldene Begräbniskleidung der Chimú-Kultur Fotos: © Museo Larco, Lima – Peru
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In Peru gab es allerdings schon Jahrtausende vor den Inka ausgeprägte Zivilisationen. Rafael Larco Hoyle, ein Pionier der Archäologie, machte es durch seine Ausgrabungen und Forschungen möglich, mehr über diesen Teil der peruanischen Geschichte zu erfahren. Viele der ehemals als Nomaden lebenden präkolumbischen Hochkulturen wurden
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sesshaft, entwickelten Ackerbau, schufen monumentale Bauwerke und entwickelten komplexe soziale Hierarchien. Diese Hochkulturen drückten ihr Wissen und ihren Glauben in ihrer Architektur, ihren Stein-Schnitzereien, ihrer Keramik, ihren Textilien und ihren Metallarbeiten aus. Das 1926 von Rafael Larco Hoyle gegründete Museo Larco zeigt Ausstellungsstücke zu all jenen Bereichen und lässt so
seine Besucher die faszinierende und einzigartige Geschichte Perus erkunden. Das inspirierende Museum ist in einem Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert untergebracht und von wunderschönen Gärten umgeben. Die außergewöhnliche Sammlung von Gold- und Silberartefakten aus dem alten Peru und eine berühmte Sammlung erotischer Kunst sind eine der meistbesuchten peruanischen Attraktionen.
Seit seiner Gründung gilt das Museo Larco als Vorreiter dafür, der breiten Öffentlichkeit einen uneingeschränkten Zugang zu seinen Sammlungen zu ermöglichen. Als eines der ersten Museen der Welt öffnete es seine Lagerräume für die Besucher. In diesen Lagerräumen wird das Erkunden von 30.000 sorgfältig klassifizierten archäologischen Objekten zu einem einzigartigen Erlebnis. Außerdem ermög-
lichte das Museum den Online-Zugang zu seiner gesamten Sammlung, um auf diese Weise die multidisziplinäre Forschung zu fördern, für die sich schon sein Gründer, Rafael Larco Hoyle, einsetzte. Die Dauerausstellung des Museo Larco ist ein zum Nachdenken anregender und inspirierender Ort, an dem Besucher die faszinierende Geschichte des alten Peru kennenlernen und genießen können.
Das Museo Larco ermöglicht den Besuchern den uneingeschränkten Zugang zu seinen gesamten Lagerräumen. Fotos: © Museo Larco, Lima – Peru
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Oben: Die Kulturen des präkolumbischen Perus glaubten an Pacha, die Gesamtheit des Seins, das in drei Seinsebenen unterteilt wurde. Diese drei Köpfe symbolisieren je eine dieser Ebenen. Hanan Pacha, die „obere Welt“, Kay Pacha, die „irdische Welt“ und Ukhu Pacha die „untere Welt“. Mitte: Brustplatte. Unten links: Ausstellungsraum des Kopf- und Halsschmucks Rechts: Grabmaske der Moche-Kultur.
Rechte Seite: Ahnenpaar der Salinar-Kultur. Sexuelle Handlungen dienten als Weg der Kommunikation zwischen der Welt der Lebenden, der Toten und der Götterwelt. Darum spielte Erotik eine wichtige Rolle im präkolumbischen Peru. Fotos: © Museo Larco, Lima - Peru
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Oben: Silberkronen und Ornamente der Chimú-Kultur Mitte: Opferzeremonie der Moche-Kultur Unten: Ausstellungsraum zur Chimú-Kultur Fotos: © Museo Larco, Lima - Peru
Die Mission des Museo Larco ist es, seine Besucher zu inspirieren und sie zu ermutigen, das präkolumbische Peru zu entdecken, zu verstehen und zu schätzen. Im Wesentlichen möchte das Museum als Tor zum alten Peru dienen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde daran gearbeitet, den Museumsbesuch in ein umfassendes Erlebnis zu verwandeln. Das Museo Larco ist mehr als ein Museum, es ist eine komplette Erfahrung mit wunderschönen Gärten, einem Souvenirladen und einem Restaurant, in dem peruanische und internationale Küche in einer bezaubernden und einladenden Atmosphäre serviert wird. Redaktion: Silvia Otto, museum.de Museo Larco Av. Bolívar 1515, Pueblo Libre Lima 21, Peru Tel. +51 1 461 1312 info@museolarco.org www.museolarco.org
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Bei jedem Wetter erreichbar. 365 Tage im Jahr geĂśffnet. Museumslieferanten, Dienstleister und Planer.
Foto: Š Hannes
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„Remember your teachings“ – Das Museum of Anthropology Vancouver, Kanada
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Modern und doch zeitlos Die Fassade des MOA Foto: Cory Dawson CRD 6016. © Courtesy of UBC Museum of Anthropology, Vancouver, Canada
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Es gibt kulturell unterschiedliche Arten und Weisen, die Welt zu erleben. Das Museum of Anthropology (MOA) setzt sich dafür ein, durch herausfordernde und innovative Programme und Partnerschaften mit indigenen, lokalen und globalen Gemeinschaften, das Verständnis und den Respekt für die Künste und Kulturen der Welt zu fördern. Das MOA wurde 1949 gegründet und war zunächst im Keller der Hauptbibliothek der University of British Columbia untergebracht. Das heute größte Lehrmuseum Kanadas zog 1976 in ein spektakuläres, von Arthur Erickson entworfenes Gebäude um, eine preisgekrönte Beton- und Glaskonstruktion mit Blick auf die Berge und das Meer. Das Gebäude beherbergt das Museum sowie das Archäologielabor und dessen Lagereinrichtungen. Seit seiner Gründung ist das Museum of Anthropology führend darin, indigene Kunst populärer zu machen, indem traditionelle und zeitgenössische indigene Kunst auf eine Weise gesammelt und kuratiert werden, die die Künstler, die diese Kunstwerke schaffen, sowie deren Kulturen respektiert. Das MOA befindet sich auf dem traditionellen und unvergleichlichen Territorium der Musqueam, einem der vielen indigenen Völker Kanadas. Werke von Musqueam-Künstlern begrüßen die Besucher, wenn sie das Gelände betreten. Im Jahr 2011 feierten das Museum of Anthropology und die Musqueam die offizielle Benennung des „Welcome Plaza“. Bei dem neuen Namen des Platzes handelt es sich um eine Redensart auf Hun’qumi’num’, der Sprache der Musqueam. Ins Englische übersetzt bedeutet diese Redewendung „Remember your teachings“. Die Ausstellungen und Programme des Museums betonen die künstlerische Vielfalt und die Verbindungen zwischen Kunst, Gemeinschaft und dem gegenwärtigen sozialen und politischen Kontext, in dem Jugendliche, Künstler und Gemeinschaften ihre kulturellen Traditionen kommunizieren. Das Museum beherbergt über 42.000 Kulturobjekte und Kunstwerke aus fast allen Teilen der Welt, während das Archäologielabor weitere 535.000 archäologische Objekte im Gebäude untergebracht hat. Die Große Halle mit der First Nations Sammlung Foto: Cory Dawson CRD 4846. © Courtesy of UBC Museum of Anthropology, Vancouver, Canada
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Das Museum of Anthropology ist bekannt für seine umfangreichen Sammlungen von Kunstwerken, die von der Nordwestküste Kanadas stammen. Darüber hinaus hat die Hälfte der Werke ihren Ursprung in Asien und Ozeanien, während andere bedeutende Bestände die Arktis, Lateinamerika und Europa repräsentieren. Die Große Halle des Museums mit Skulpturen, Textilien, Bugholzkisten und Kanus von der Nordwestküste Kanadas ist ein spektakulärer Raum, der aus 15 Meter hohen Glaswänden besteht und große Pfähle, Hauspfosten und geschnitzte Figuren zeigt, die größtenteils aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, aber auch von zeitgenössischen Künstlern stammen. Teil des Museums sind unter anderem
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die Multiversity-Galerien. Diese Galerien beherbergen Tausende von Objekten aus den weltweiten Forschungssammlungen des Museum of Anthropology. Das Museum hat mit Mitgliedern der verschiedenen Gemeinden zusammengearbeitet, deren Verwandte und Vorfahren die ausgestellten Stücke hergestellt haben. Die Ausstellungsvitrinen bieten mit Bildern sowie Audio- und Videodateien auf Knopfdruck maximalen visuellen Zugang zu den Objekten. Innovative digitale Zugänge zum Museumskatalog geben eine zusätzliche Einsicht in die nicht öffentlich ausgestellten Teile der Sammlung. Das Museum of Anthropology verfügt über die weltweit größte Sammlung von Werken des Künstlers Bill Reid, der zum Volk der Haida gehörte, ebenfalls ein indigenes Volk Kanadas. Die „Bill Reid Rotunda“ zeigt seine berühmte Skulptur „The Raven and the First Men“ sowie einige seiner anderen Arbeiten in Gold, Silber, Argillit und Holz. Mit der Unterstützung mehrerer
weiterer Künstler schuf Reid dieses massive Werk aus einem riesigen Block aus gelber Zeder. Es zeigt die Schöpfungsgeschichte der Haida, nach der ein Rabe die ersten Menschen in einer Muschelschale am Strand fand. Über viele Jahre war diese Arbeit auf dem kanadischen 20-Dollar-Schein abgebildet. Oben: Die Multiversity-Galerien, David Campion_Multiversity Galleries High Cases Mitte und unten: Ausstellungsstücke der Multiversity-Galerien. Foto: Goh Iromoto MOA GREAT.HALL HIGH-25 Rechte Seite: Bill Reids berühmte Skulptur „The Raven and the First Men“. Foto: Goh Iromoto MOA BILL.REID HIGH-8. Alle Fotos: © Courtesy of UBC Museum of Anthropology, Vancouver, Canada
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Linke Seite: Die Multiversity-Galerien Foto: Cory Dawson MOA 140611 0101 Rechte Seite, oben: Multiversity-Galerien mit digitalem Zugang zum Museumskatalog. Foto: Cory Dawson MOA 140611 0117 Unten: Raum der Dauerausstellung. Foto: Kyla Bailey MG 5655 Alle Fotos: Š Courtesy of UBC Museum of Anthropology, Vancouver, Canada
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Aktuell präsentiert das MOA die Sonderausstellung „Playing with Fire: Ceramics of the Extraordinary“, die vom 22. November 2019 bis zum 29. März 2020 die Besucher mit ihren unkonventionellen Werken zum Nachdenken anregt. In dieser atemberaubenden Gruppenausstellung haben elf in British Columbia lebende Künstler eine Reihe von Installationen außergewöhnlicher Keramikarbeiten geschaffen, die den Zustand der Welt um uns herum kommentieren. Die Ausstellung zeigt die Werke von Judy Chartrand, Ying-Yueh Chuang, Gathie Falk, Jeremy Hatch, Ian Johnston, David Lambert, Glenn Lewis, Alywn O‘Brien, Bill Rennie, Debra Sloan und Brendan Tang. Diese international anerkannten Künstler arbeiten mit Ton, dem am leichtesten zugänglichen Medium, und lassen sich von Popkultur, Kunstgeschichte, Humor, Schönheit, Hoffnung und Natur inspirieren. Sie bringen frische, spielerische und herausfordernde Perspektiven der Kunstform zur Geltung. Linke Seite: Geschnitzte Figuren aus der First Nations Sammlung. Foto: Cory Dawson CRD 4738. © Courtesy of UBC Museum of Anthropology, Vancouver, Canada
Oben: Flower Series #1, by Ying-Yueh Chuang (2011). Collection of the artist. Photo courtesy of the artist.
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In der Ausstellung werden mehr als 35 Keramik-Installationen gezeigt, von denen einige von epischem Ausmaß sind, darunter Ian Johnstons „The Antechamber“ (2010–2012), in dem ein 25 Fuß langer Raum mit einem sich wiederholenden gitterartigen Motiv bedeckt ist. Das Ergebnis dieser überlappenden Elemente, die wie Dachziegel angebracht sind, erinnert an den massiven heutigen Verbrauch von Industriegütern.
Oben: Antechamber, by Ian Johnston (2010-2012). Collection of the artist. Photo courtesy of the artist. Mitte: Go back to your own Country, by Judy Chartrand (2016). Rennie collection. Photo by Alina Ilyasova, courtesy of the Museum of Anthropology at UBC. Unten: Haida-Haus und Totenhaus, vom Haida-Künstler Bill Reid und dem Namgis-Künstler Doug Cranmer geschaffen, Cory Dawson CRD 4923. © Courtesy of UBC Museum of Anthropology, Vancouver, Canada
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Die Gesamtheit der Werke ist spektakulär und verführt den Betrachter dazu, näher heranzukommen und festzustellen, dass nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Individuell mögen die ausgestellten Keramiken nostalgisch, humorvoll, zerbrechlich, schön oder unscheinbar erscheinen, doch bei näherer Betrachtung werden provokative Kommentare zu Themen wie sozialer Ungerechtigkeit, Rassismus, Identität und Zensur enthüllt. In „Playing with Fire“ stellen die Künstler kühn die Vorstellung in Frage, dass alle aus Ton geschaffenen Dinge funktional
sein müssen. Ton wird in ihren Werken von dieser Beschränkung befreit und zu einem Werkstoff für außergewöhnliche Kunstwerke erhoben. Redaktion: Silvia Otto, museum.de Museum of Anthropology at the University of British Columbia 6393 NW Marine Drive Vancouver, BC, Canada V6T 1Z2 Tel. +1 604.822.5087 info@moa.ubc.ca https://moa.ubc.ca
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KULDIGe TITELZEILE WEIHNACHTEN
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Das Jahr neigt sich dem Ende zu und es ist wieder Zeit, unseren Kunden und Projektpartnern für das entgegengebrachte Vertrauen zu danken. Wir freuen uns auf spannende Projekte im neuen Jahr und wünschen Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Start ins Jahr 2020.
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