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BIENVENIDO, ROBERTO

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Geschichte

Geschichte

können. Ein junger Musiker, der lernt, wie man recherchiert, wie man seine Neugierde kanalisiert und dass man eine Partitur sozusagen wie eine Landkarte liest und interpretiert, der wird sich selbst weiterentwickeln und daran wachsen.

«Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust», jammert bekanntlich Goethes Faust. Du hast eigentlich vier Seelen: Solist, Orchestermusiker, Kammermusiker und Dirigent. Dirigieren wird für Dich immer wichtiger – verlieren wir bald einmal den Geiger Roberto? Auf keinen Fall! Die Geige ist meine Stimme, mein Begleiter und mein treuester musikalischer Freund, und ich habe keineswegs vor, mit dem Geigenspiel aufzuhören. Es ist viel zu bedeutsam und wichtig für mich. Ich fühle mich enorm glücklich, dass ich wählen kann, wann ich dirigiere, spiele oder unterrichte. Und ich habe gelernt, dass es an mir liegt, all diese Seiten meiner musikalischen Tätigkeit lebendig und in Form zu halten. Ich habe das grosse Glück, dass ich der Liste jener Dinge, die ich liebe und beruflich mache, eine neue Tätigkeit – das Dirigieren – hinzufügen kann. Das ist alles!

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Du bist vom Ersten Konzertmeister beim Musikkollegium Winterthur nun zum Chefdirigenten aufgestiegen. Was reizt Dich am Dirigieren? Schon früh entwickelte ich das, was ich als «vertikales Denken» in der Musik bezeichne. Das heisst, ich interessierte mich weniger für die horizontalen Linien meines eigenen Instruments, sondern vielmehr dafür, wie die vertikale Kombination verschiedener Instrumente einen gemeinsamen Klang erzeugt. Davon bin ich immer noch leidenschaftlich fasziniert, und ich habe das grösste Vergnügen und die grösste Genugtuung, wenn ich entdecke, wie Orchesterwerke aufgebaut und konzipiert sind. Ich mag es, die Person hinter einer Interpretation zu sein, und ich liebe die Herausforderung, vor einem ganzen Ensemble zu stehen und dieses zu einer musikalischen Idee zusammenzuführen!

Vorläufig hat man Dich «nur» im Konzert erlebt. Könnte es auch einen Operndirigenten Roberto González-Monjas geben? Gibt es sogar bereits Projekte? Ich bin ein leidenschaftlicher Opernliebhaber und die Welt der Oper gehört definitiv zu meinen obersten Prioritäten. Allerdings bin ich mir bewusst, dass ich noch sehr wenig Erfahrung als Dirigent habe, und ich möchte nichts überstürzen. Eine Oper erfordert ein hohes Mass an Vorbereitung und Erfahrung und ich möchte sicher gehen, dass ich – wenn es denn so weit ist – in der Lage bin, absolut hundert Prozent zu geben. Ja, es gibt zukünftige Projekte, die mit der Oper zu tun haben; aber mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

Werner Pfister

SCHÜLER TANZEN

Ein wesentlicher Bestandteil des Festivals «Le grand rituel» im Juni 2022 bildet «Sacre», eine Produktion, die Jugendlichen aus Winterthur und Umgebung einen künstlerischen Zugang zu klassischer Musik ermöglicht. Rund 80 Oberstufenschülerinnen werden gemeinsam eine Choreografie zu Igor Strawinskys «Le Sacre du printemps» einstudieren und mitsamt grossem Orchester zur Aufführung bringen.

Pate des Projekts ist der britische Choreograf und Begründer des «Community Dance», Royston Maldoom. Spätestens seit dem Kinofilm «Rhythm Is It!» aus dem Jahr 2004, der die Arbeit Maldooms und Sir Simon Rattles mit den Berliner Philharmonikern und 250 Jugendlichen aus Berlin dokumentiert, ist das Genre «Community Dance» im deutschsprachigen Raum angekommen. Die Entwicklung, die sich innerhalb der vom Film-Team begleiteten Probenphase bei den Jugendlichen unterschiedlichster Herkunft vollzieht, zeigt die enorm positive Wirkungskraft dieser Arbeitsweise. Der mit vielen Preisen ausgezeichnete Film hat bis heute eine nachhaltige Resonanz und wirkt europaweit als Quell der Inspiration.

Die Uraufführung von «Le Sacre du printemps» fand im Mai 1913 in Paris statt. Dargestellt wird die rituelle Opferung einer Jungfrau zur Versöhnung des Frühlingsgottes im heidnischen Russland. Strawinsky schrieb selbst dazu: «Im ‹Sacre du printemps› wollte ich die leuchtende Auferstehung der Natur schildern, die zu neuem Leben erweckt wird, die Auferstehung der ganzen Welt.» Wegen seiner zahlreichen Dissonanzen, den wilden, treibenden Rhythmen und der damals als brutal empfundenen Expressivität stiess die Vorführung beim Pariser Publikum zunächst auf Ablehnung. Die Zuschauer hatten Harmonien und Bewegungsabläufe des klassischen Balletts erwartet. Das ungewohnte Musikerlebnis und die primitiv-expressive Choreografie Vaslav Nijinskys lösten einen Skandal aus. Noch während der Aufführung soll es zu Handgreiflichkeiten und Duellforderungen gekom-

Josef Eder

men sein – ein wahrer Tumult brach aus! Dabei ging es nicht nur um Kunst. Stefan Zweig, der neben vielen anderen Künstlern der damaligen Zeit im Premierenpublikum sass, erinnerte sich später, man habe gespürt, «dass eine Revolution oder zumindest eine Umstellung der Werte im Anbeginn war».

In Europa war gerade Karl Marx’ «Kapital» als Volksausgabe erschienen, während in den USA das Notenbanksystem eingeführt wurde. Das Zeitalter der «Moderne» stand vor der Tür – alles war im Um- und Aufbruch in diesem letzten Friedensjahr vor dem Ersten Weltkrieg. Trotz der skandalösen Uraufführung wurde Strawinskys Musik dennoch bald gebührende Anerkennung zuteil. «Le Sacre du printemps» gilt heute als ein Wendepunkt in der Musikgeschichte, Nijinskys Choreografie als eine wichtige Etappe des Modern Dance.

Als Choreograf für «Sacre» konnte Josef Eder gewonnen werden, der mit den Winterthurer Jugendlichen eine ganz neue Interpretation erarbeiten wird. Der Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens liegt seit mehr als 25 Jahren auf Tanzprojekten mit Kindern und Jugendlichen aus allen sozialen Schichten und unterschiedlichster kultureller Herkunft. 2005 kam es zur ersten Begegnung mit Royston Maldoom, die Eders Werdegang entscheidend geprägt hat. Seitdem haben die beiden als Team zahlreiche grosse Community Dance-Projekte weltweit realisiert. Seine Arbeiten führten Josef Eder unter anderem in soziale Randgebiete Europas, Rumänien, Albanien, über Palästina und Äthiopien bis nach Russland, China und Südafrika. Die musikalische Leitung übernimmt Roberto González-Monjas, der Chefdirigent des Musikkollegiums Winterthur. Parallel zu seiner Tätigkeit in Winterthur ist er künstlerischer Leiter beim kolumbianischen Jugendorchester «Iberacademy» in Medellín. Und so werden für diese Produktion rund 50 Jugendliche aus Kolumbien das Musikkollegium Winterthur verstärken.

Bei unserem Projekt kommt also vieles zusammen: Die Verbindung Strawinskys zu Winterthur, sein 140. Geburtstag am 17. Juni 2022 und die Tradition des Musikkollegiums Winterthur, mit

einem anspruchsvollen Kunstprojekt Jugendlichen klassische Musik und ihr eigenes Potential näher zu bringen – dieses Mal mit besonderem Fokus auf Tanz. Durch Tanz können Empfindungen und Emotionen gezeigt und erfahrbar gemacht werden, für die gesprochene Worte nicht mehr ausreichen. Jeder Schüler wird innerhalb seiner Möglichkeiten gefordert und gefördert und entdeckt neue Aspekte seines eigenen Wesens und das der anderen.

Sonja Kling, Dramaturgin «Sacre»

FACTS & FIGURES

80 Tänzerinnen und Tänzer aus Winterthur und Umgebung zwischen 12 und 20 Jahren Kunst- und Sportgymnasium Rämibühl (Klasse Elfi Schäfer-Schafroth) 55 Musikerinnen und Musiker des Musikkollegiums Winterthur 55 junge Musikerinnen und Musiker des Iberacademy Orchesters, Medellín Tanztraining ab August 2021 5 Intensiv-Probewochen im Frühjahr 2022 1. Community Dance-Projekt in Winterthur

Einmalige Location in der Industrie-Kathedrale Halle 53 Bestehende Architektur wird Teil der Choreografie 3 nächtliche Aufführungen ab 21.30 Uhr Tanzrituale um die Vier Elemente Einzigartiges Lichtdesign Tanzinstallation im Foyer

STERNSTUNDEN

WIDDER 21.03. – 20.04.

Abenteuerlustige Widder suchen stets das Neue. Das Wild Card-Abo ist für sie genau das Richtige: unkonventionelle Programme und viel Abwechslung. Siehe S. 152.

STIER 21.04. – 20.05.

Stiere haben eine Vorliebe für Kammermusik mit Streichern oder Klavier. Das Rezital am 04.12.2021 mit Violine und Klavier ist für sie das perfekte Konzert. ZWILLINGE 21.05. – 21.06.

Die fröhliche Natur der Zwillinge zeigt sich auch in ihrem Musikgeschmack. Beim Konzert mit Andreas Ottensamer am 06.02.2022 ist Heiterkeit garantiert.

KREBS 22.06. – 22.07.

Krebse sind altruistisch veranlagt und dienen gerne einem guten Zweck. Möglichkeiten gibt es dazu viele, z.B. eine Privatgönnerschaft. Mehr Infos auf S.140.

LÖWE 23.07. – 23.08.

Löwen gehen gerne auf Entdeckungsreisen, auch musikalisch. Das Konzert «Von Bukarest nach Wien» am 25.05.2022 bietet die perfekte Gelegenheit dazu. JUNGFRAU 24.08. – 23.09.

Jungfrauen planen ihre Termine gerne im Voraus. Ihnen empfehlen wir ein Abo 12. So sind nicht nur die Konzerttermine für die ganze Saison fixiert, sondern auch der Sitzplatz.

WAAGE 24.09. – 23.10.

Waagen sind naturverbunden und lieben die weiten Landschaften des Nordens. Musik von Sibelius ist wie für sie geschaffen. Unser Tipp: Das Konzert am 27.10.2021. SKORPION 24.10. – 22.11.

Temperamentvolle Skorpione mögen ebenso temperamentvolle Solistinnen. Unsere Empfehlung: Das Konzert am 23.10.2021 mit Patricia Kopatchinskaja und Sol Gabetta.

SCHÜTZE 23.11. – 21.12.

Schützen lieben unkonventionelle und theatralische Elemente in der Musik. Strawinskys «Geschichte vom Soldaten» am 18.06.2022 bietet ihnen genau das. STEINBOCK 22.12. – 20.01.

Steinböcke haben eine sprühende und dynamische Persönlichkeit. Sie geniessen den Austausch mit Gleichgesinnten. Gelegenheit dazu gibt es bei allen Konzerten mit einem Red Sofa im Anschluss. WASSERMANN 21.01. – 19.02.

Wassermänner haben einen ausgeprägten Sinn für Humor. Humor in der Musik? Genau das bietet das Konzert am 07.06.2022 mit Igudesman & Joo.

FISCHE 20.02. – 20.03.

Fische sind einfühlsam und sensibel und haben ein starkes Flair für das Romantische. Bei «Film & Musik – Drei Haselnüsse für Aschenbrödel» am 18./19.12.2021 kommen sie voll auf ihre Kosten.

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