Das Magazin für fantastisches Kino, Fantasy & SF-Literatur, Abenteuerspiele und PC-Adventures ISSN 0946-3534 ◆ C 13010 NAUTILUS - ABENTEUER & PHANTASTIK ◆ PROBEHEFT 2011
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Probeheft 2 2011 19. Jahrgang ISSN 0946-3534 C 13010
Nautilus-Abenteuer und Phantastik ▼
Willkommen an Bord der Nautilus Das Magazin NAUTILUS begrüßt Sie zu einer Reise in die vielfältigen Welten des Genres »Abenteuer & Phantastik«: Das sind phantastische Filme im Kino und auf DVD, Fantasy & Science Fiction-Literatur als Roman und Hörbuch, Adventure-Games für PC und Konsole und Online-Rollenspiele sowie Artikel und Berichte zu Mystery und Science. Damit Sie einen Einblick bekommen, was Ihnen die NAUTILUS als monatliches Magazin bietet, präsentiert Ihnen dieses Probeheft 60 Inhaltsseiten aus den Ausgaben der letzten Jahre, wobei jede Heftseite exemplarisch einen neuen Artikel vorstellt. Die Crew der NAUTILUS wünscht Ihnen ein phantastisches Lesevergnügen!
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Filme im Kino, im TV und auf DVD
Der Schwerpunkt der NAUTILUS ist der Blick hinter die Kulissen des Abenteuer & Phantastik-Genres: Interviews mit Filmemachern, Werkstattberichte von Autoren und Besuche bei Produktionen
Narnia, Alice im Wunderland, The Wolfman, Sucker Punch, Harry Potter, Sherlock Holmes, The Road, Pirates of the Caribbean, Werkschau Tim Burton, Filmgalerien zu Wahnsinn, Dystopien, Engeln, nordischen Mythen, Setbesuch bei Prince of Persia, Interviews mit Filmdarstellern u.a............... 4
Film-Features, SetBerichte, TV-Tipps, DVD-News und Interviews
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Mystery und Science
Literatur & Hörbuch
Adventure-Games und Online-Rollenspiele Warhammer Invasion, Die Abenteurer, The Witcher 2, Deus Ex: Human Revolution, Assassins Creed, Tales of Monkey Island, Rift ............................ 56
Wie gute Fantasyund SF-Geschichten funktionieren und was Autoren zu sagen haben
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Dystopien im Roman, Mythos Holmes, Steampunk, Grimmige Märchen, Cyberpunk, Das Lied von Eis und Feuer, Verschneite Phantastik, Wölfische Buchtipps, Zauberei im Internat, Interviews mit Christoph Marzi, Brandon Sanderson, Richelle Mead, Brent Weeks, Scott Westerfeld u.a. .................. 36
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Berüchtigte Piraten, Galerie der Serienmörder, Verführung und Schrecken, Faszination Irrsinn, Zombies, Kinderschreck, Der edle Räuber, Schnee und Eis, Wolf und Mensch, Traum und Wirklichkeit u.a........................................... 22
Spannende Infos und Berichte zu Mystery-Themen
Für Abonnauten gibt es Extra-Gimmicks wie Spiele, Hörbücher und Leseproben als Zugabe
Impressum NAUTILUS - ABENTEUER & PHANTASTIK ist das monatliche Magazin für fantastisches Kino und DVD, Fantasy & SF-Literatur, Abenteuerspiele und PC-Adventures ◆ ISSN 0946-3534 ◆ EAN 41913010 ◆ Pressepost C 13010 ◆ Verlag: Abenteuer Medien Verlag, Jaffestraße 6, D-21109 Hamburg, T: 040-2802886, FAX: 040-28054115 ◆ Internet: www.fantasymagazin.de ◆ EMail: nautil@abenteuermedien.de ◆ Herausgeber & Chefredakteur: Jürgen Pirner (verantw.) ◆ Ständige Mitarbeiter: Utz Anhalt, Daniel Bauerfeld, Sebastian Geiger, Christian Handel, Peer Kröger, Olga Krouk, Stephan Petersen, Carsten Pohl, Lars Schiele, Henry Schrieb, Robert Vogel ◆ Mitarbeiter dieser Ausgabe: Jens Altmann, Marco Behringer, Andrea Bottlinger, Christian Endres, Sabine Endruteit, Jyoti Guptara, Oliver Kotowski, Chris Peller, Stefanie Platthaus, Daniel Schröckert, Stefan Spatz ◆ Nautilus-Logo: Frank Gerwin ◆ Nautil-Icon: Michael Salow ◆ Cover: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes © Warner Bros. ◆ Anzeigenleitung: Jürgen Pirner, T: 040-2802886, FAX: 040-28054115; es gilt die Anzeigenpreisliste 10, Stand 01/2007 ◆ Satz, Layout & Reprographie: Abenteuer Medien Verlag & Catlin Design ◆ Erscheinungsweise: NAUTILUS erscheint monatlich ◆ Abonnement (Inland): EUR 20,- für sechs Ausgaben inkl. Porto & Verpackung ◆ Abonnement (Ausland): EUR 40,- für sechs Ausgaben inkl. Porto & Verpackung Copyright © 2011 für den gesamten Inhalt by Abenteuer Medien Verlag Jürgen Pirner, Hamburg. Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages. Die Verwendung eines geschützten Warenzeichens stellt keine Copyright-Verletzung seitens des Verlages oder der Redaktion dar. Das Copyright für alle genannten Produkte und Titel und die damit verbundenen Rechte liegen beim jeweiligen Hersteller bzw. Inhaber der Rechte. Die Redaktion weist darauf hin, dass sie grundsätzlich Interesse an Beiträgen aus dem Bereich des Abenteuergenres (Abenteuer, Phantastik, Fantasy & SF, Horror, Thriller) in den Medien Film, Literatur, Comic, Spiele und Computer-Games hat, bittet aber darum, diese vorher schriftlich oder telefonisch anzukündigen. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Bitte einen Freiumschlag beifügen, wenn eine Rücksendung gewünscht wird.
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ie Tore nach Narnia öffnen sich wieder, auch wenn es in den vergangenen Monaten am Set von Die Reise der Morgenröte einige Spannung gegeben hat. Nach einem etwas verpatzten zweiten Teil Prinz Kaspian, versuchen die Macher im dritten Teil der Chroniken von Narnia, die Magie von Roman-Autor C.S. Lewis wieder in ihrem Film einzufangen.
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Fotos: 20th Century Fox
Die Reise der Morgenröte gilt für viele Fans der Narnia-Reihe als das beste Narnia-Buch von C.S. Lewis. Zum ersten Mal erleben Edmund (Skandar Keynes)
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und Lucy (Georgie Henley) ein Abenteuer in Narnia ohne ihre älteren Geschwister. Kaum sind sie in der magischen Welt aufgetaucht, stellen sie fest, dass sich vieles zum Guten gewendet hat. Nach den Abenteuern, die Prinz Kaspian mit Edmund, Lucy, Peter und Susan erlebt haben, ist Frieden in Narnia eingekehrt. Ein Zeichen dafür ist die Morgenröte, das erste Schiff, das das Land seit Jahrhunderten gesehen hat. Mit ihm will Prinz Kaspian sieben weise Männer aufsuchen, die von seinem Vorgänger Miraz verbannt wurden. Von ihnen erhofft er sich Unterstützung für seine noch junge Regentschaft. Wie der Zufall es so will, tauchen zur selben Zeit auch Lucy und Edmund wieder in Narnia auf. Mit dabei ist ihr Cousin Scrubb (Will Poulter), der die beiden kurz vor ihrer Reise in das sagenhafte Land noch ausgelacht hat. Eustace will zunächst auch gar nicht in die magische Welt von Narnia passen. Lewis charakterisiert ihn in der Buchvorlage mit den Worten: »Es war einmal ein Junge, der Eustace Scrubb hieß und diesen Namen fast verdient hätte.« Während sich Lucy und Edmund wieder schnell in der Welt zurechtfinden, über die sie einmal geherrscht haben, reagiert Eustace ängstlich auf die sprechenden Tiere und Sagengestalten, die Narnia bevölkern: darunter auch die heldenhafte Maus Reepicheep, die schon im vergangenen Narnia-Abenteuer eine wichtige Rolle gespielt hat. Dieses Mal wird sie allerdings nicht mehr von Eddie Izzard ge-
Wächter und Lehrer, der die Helden von der Morgenröte darüber unterrichtet, was mit den sieben Schwertern zu geschehen hat. Edmund Pevensie Edmund (Skandar Keynes) ist der ältere Bruder von Lucy Pevensie. Während seines dritten Abenteuers in Narnia wird Edmund zum jungen Mann und wäre gern wieder ein König, muss sich aber damit abfinden, dass Narnia mit Kaspian schon einen König hat. Eustachius Knilch Der im englischen Original Eustace Clarence Scrubb genannte Cousin der vier PevensieGeschwister (Will Poulter) ist ein nerviger Junge, der sich ständig darüber beklagt, dass er mit seiner Familie in Cambridge leben muss. Der trotzige Bücherwurm spottet über die Idee von Narnia, aber als er mit Edmund und Lucy ins Abenteuer plumpst, werden seine Treue und sein Mut auf eine harte Probe gestellt - denn er verwandelt sich in einen Drachen. König Kaspian Der Prinz des zweiten Films ist nun König von ganz Narnia (Ben Barnes), und er bricht mit der Morgenröte auf, um die sieben verlorenen Lords von Telmar zu suchen. Auf seiner gefährlichen Seereise unterstützen ihn Edmund und Lucy Pevensie, ihr widerstrebender Cousin Eustachius und der tapfere Mäusekrieger Riepischiep.
Liliandil Liliandil, der blaue Stern (Laura Brent), ist die Tochter von Ramandos, dem Herrscher der gleichnahmigen Insel. Halb magischer Stern, halb Mensch, bringt die wunderschöne Frau Frieden und Harmonie über alle in ihrer Nähe. Sie warnt König Kaspian und seine Gefährten vor den Gefahren, die auf der Dunklen Insel lauern. Lucy Pevensie Lucy (Georgie Henley) ist die heimliche Heldin der ersten beiden Filme. In Reise auf der Morgenröte versucht sie, ihrem wahren Wesen, dem Löwen Aslan und dem Land Narnia auch weiterhin treu zu bleiben. Riepischiep Der Mausekrieger (gesprochen von Simon Pegg) ist ein tapferer Verteidiger Narnias und glaubt fest an Aslans Existenz in Aslans Land am Ende der Welt Narnia. Riepischiep ist ein hervorragender Degenfechter und überschlägt sich beim Anblick Lucys und Edmunds geradezu vor Freude, während er gegen Eustachius Vorbehalte hat. Erst im Verlauf der gemeinsamen Abenteuer erkennt er im Cousin der Pevensies eine verwandte Seele, die hervortreten will. Die sieben Lords Die Namen dieser Herrscher lauten Bern, Rhoop, Octesian, Restimar, Argoz, Revilian und Mavramorn. Diese unbedingt treuen Gefolgsleute von Prinz
Insel der Magier Der zweite Halt der Morgenröte bringt eine Begegnung mit den unsichtbaren Tölpelbeinern mit sich, die der weise Magier Koriakin unsichtbar gemacht hat. Lucy erhält von ihnen die Bibliothek des Magiers gezeigt, wo sie das rätselhafte Buch der Anrufungen findet, mit dessen Hilfe sie die Tölpelbeiner wieder sichtbar macht. Als Koriakin sich
Tavros Der beeindruckend kräftige Minotaurus (Shane Rangi) ist ein wertvolles Besatzungsmitglied der Morgenröte. Trotz seines bedrohlichen Aussehens behält er stets einen ein wenig boshaften Sinn für Humor. Die weiße Hexe Die wunderschöne weiße Hexe (Tilda Swinton) ist Aslans böse Gegenspielerin: Sie stammt von der sterbenden Welt Charn. Sie ist seit der Erschaffung von Narnia in dieser Welt. Zwischenzeitlich war sie so mächtig, dass sie Narnia mit ihren Armeen beherrsche und mit Frost und Schnee überziehen konnte. In Die Reise mit der Morgenröte kann sie dank ihrer magischen Kräfte über Eustachius’ unbewusste Ängste wirklich werden und Edmund erneut in Versuchung führen.
Einsame Insel
Die Inseln Einsame Insel Auf dieser ersten Insel finden die Reisenden der Morgenröte Lord Bern, als sie von skrupellosen Sklavenjägern gefangen genommen werden. Hier erfahren sie erstmals von den sieben Schwertern der sieben Lords.
Kaspians verstorbenem Vater sind von dessen bösem Onkel Miraz verbannt worden. Sie haben einen Pakt geschlossen, um den gefährlichen grünen Nebel zu finden und zu zerstören. Der erste Lord, Bern, den die Morgenröte entdeckt, offenbart, dass jeder der Lords ein Schwert erhalten hat. Die beiden Lords Octesian und Restimar sind den Versuchungen der Goldwasserinsel erlegen. Drei weitere schlafen an Aslans Tafel auf der Insel Ramandu. Und Lord Rhoop ist auf der Dunklen Insel, »wo Träume wahr werden«, dem gefährlichsten Ort der Reise mit der Morgenröte.
persönlich zeigt, erklärt er der Besatzung der Morgenröte die Bedeutung der sieben Schwerter (in den Romanen heißt die Heimat Koriakins auch »Insel der Stimmen«). Goldwasserinsel Auf der dritten Insel gibt es einen gewaltigen Vulkan, doch das küstennahe Wasser um die Insel glänzt golden. Auf dieser Insel werden sowohl Eustachius als auch Edmund geprüft. Edmund entdeckt, dass alles, was einer der Flüsse der Insel berührt, sich in Gold verwandelt - und er will dank dieses Reichtums nicht länger die zweite Geige unter Kaspian spielen. Und Eustachius findet einen gewaltigen Schatzhort.
Ramandus Insel Diese Insel (in den Romanen: »Insel der Schläfer«) ist der geographische Anfang vom Ende der narnianischen Welt, im äußersten Osten der östlichen Meere gelegen, und sie ist die letzte Insel vor Aslans Land, das die Grenze Narnias bildet. Die drei letzten der sieben verschwundenen Lords, die Prinz Kaspian sucht, gelangen bis hierher. In dem scheinbar menschenleeren Wald, der diese Insel bedeckt, entdecken die Reisenden Aslans übervolle Speisetafeln und die drei schlafenden Lords sowie die Tochter des Herrschers Raman-
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du, Liliandil, welche auch der blaue Stern genannt wird.. Dunkle Insel Hier stoßen die Helden auf den letzten lebenden Lord, den wahnsinnigen Rhoop, der ihnen erklärt, dass hier alle Träume und Albträume zum Leben erwachen. Als sie der Insel endlich entfliehen können, stellt sich der Morgenröte als letzte Prüfung eine gewaltige Seeschlange in den Weg.
TIM BURTONS NEUSTER STREICH
D Ein umfangreiches Feature zu Lewis Carrolls Wunderland sowie den bisherigen Verfilmungen findet sich in der NAUTILUS 57
er Film Alice im Wunderland markiert in mehrfacher Hinsicht eine Rückkehr: Disney bringt nach dem legendären Zeichentrickfilm von 1951 erneut Alice’ Abenteuer in der surrealen Fantasy-Welt von Lewis Carroll (1823-1898) in einer kostspieligen Verfilmung auf die Leinwand. Regisseur Tim Burton kehrt mit diesem Film nach über 30 Jahren zum mächtigen Multimedia-Konzern zurück, bei dem er 1979 als Trickzeichner seine Karriere begonnen hat. Und die siebzehnjährige Alice kehrt nach fast zehn Jahren erneut
ins Wunderland zurück. Tim Burtons Alice im Wunderland ist keine klassische Adaption der Buchvorlage. DrehbuchAutorin Linda Woolverton (Die Schöne und das Biest) vermischte die beiden Wunderland-Bücher - Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln - und reicherte sie mit diversen Fantasy— Handlungsmotiven an. Darüber hinaus macht die neue Wunderland-Verfilmung aus dem Mädchen Alice eine junge Frau - die sich zunächst nicht daran erinnern kann, schon einmal im Land jenseits des Kaninchenloches gewesen zu sein, als sie in die fantastisch-verrückte Welt der Wunder zurückkehrt.
Wunder über Wunder
Fotos: Disney
Tim Burton - neben Terry Gilliam der derzeit wohl visionärste Regisseur phantastischer Stoffe - hat sich in Carrolls Wunderland so richtig ausgetobt. Natürlich hat Burtons Wunderland-Verfilmung einen Soundtrack von Danny Elfman, und natürlich spielt Johnny Depp darin mit - natürlich in der Paraderolle des des verrückten Hutmachers. Burton verpasste dem Wunderland mit der heutigen Technik und all seiner Erfahrung mit Außenseiter- und FantasyGeschichten seinen eigenen Anstrich: »Es ist ein Teil unserer Kultur«, schwärmt der Edel-Phantast über Carrolls Kosmos, der schon in verschiedensten Medien mehrfach adaptiert oder
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verfremdet wurde. Dennoch schränkt Burton ein: »Aber ich habe noch nie eine filmische Interpretation gesehen, die mir wirklich gefallen hat. Es ging immer um ein kleines, passives Mädchen, das in einer Wunderwelt Abenteuer besteht und mit merkwürdigen Charakteren konfrontiert wird. Es fehlte ein gewisser Tiefgang. Unser Film ist der Versuch, die Ideen dieser Geschichten zu benutzen und damit etwas zu schaffen, das zwar nicht sprichwörtlich dem Buch entnommen ist, aber dessen Geist aufrechterhält.« Dabei mochte Burton von Anfang an den Ansatz von Drehbuchautorin Linda Woolverton, Figuren, Szenen, Handlungs-Elemente und Themen aus beiden Romanen des britischen Mathematikers und Rätselfreaks Lewis Carroll zu verwenden und um eine älter gewordene und aktivere Alice neu zu arrangieren, die in ein Wunderland zurückkehrt, das sich verändert hat - wo z.B. die böse Rote Königin die Macht an sich gerissen hat. Und wo man Alice bereits kennt, auch wenn sie zunächst keinen Schimmer hat, wo sie gelandet ist. Burton gefiel an dieser Idee besonders, dass es sich um eine vertraute, aber doch irgendwie neue Alice handelt, die weiter reifen muss. »Jeder hat eine ganz genaue Vorstellung von Alice«, sagt auch die zwanzigjährige Mia Wasikowska, die die Titelrolle spielt. »Deswegen war es wichtig, aus ihr einen wirklichkeitsnahen Teen-
DIE FILME VON TIM BURTON orbid und düster, oft auch phantastisch, bunt und außergewöhnlich sind die Filme von Tim Burton. Disneys Alice im Wunderland bildet da keine Ausnahme - das Makabre hat den Filmemacher schon in seiner Kindheit fasziniert: Der 1958 geborene Burton erzählt, er sei bereits als kleiner Junge von dem Friedhof in seiner Nachbarschaft fasziniert gewesen und habe dort gespielt. Ebenfalls begeistert war er von Monsterfilmen, TransformersActionfiguren sowie von den Stop Motion-Meisterwerken von Ray Harryhausen (Jason und die Argonauten, Kampf der Titanen). Inspiriert davon begann Burton im Hinterhof seines Elternhauses eigene, sehr einfache Stop-Motion Kurzfilme zu produzieren - ein Hobby, das ihn dazu verleitet hat, nach seinem Highschool Abschluss das California Institute of the Arts zu besuchen. An der Gründung dieser Kunstschule war Walt Disney selbst maßgeblich beteiligt. Es überrascht deshalb nicht, dass Burton 1979 eine Lehrzeit bei den Disney Studios begann. In den kommenden Jahren arbeitete er unter anderem an Cap und Capper und Taran und der Zauberkessel mit. Allerdings wurde keiner seiner zahlreichen Entwürfe monströser Schattengestalten im endgültigen Film Taran verwendet. Schließlich entschied Burton, dass seine künstlerischen Vorstellungen mit dem niedlichen Stil der Disney-Filme wenig gemeinsam hatten. Es war für Burton an der Zeit, eigenen Visionen zu folgen. Er eroberte sich einen Platz in der Traumfabrik Hollywood und entwickelte seinen eigenen Stil: Landschaften, die nicht immer physikalischen und logischen Grundsätzen folgen; schillernde und groteske Figuren; die morbide Schönheit skelettartiger, zusammengeflickter Körper. »Ich liebe extreme Charaktere, die absolut selbst an sich glauben.«, äußerte Burton einmal in einem Interview. Das sieht man als Zuschauer an so schillernden Personen wie Edward mit den Scherenhänden, Sweeney Todd und Jack Skellington. Zu dieser Figurenriege gesellt sich bald auch die rote Königin aus Alice im Wunderland. Für dieses Projekt hat Burton seine Beziehung zu den Disney Studios wieder erneuert. Der einzigartige Look, von Kritikern mittlerweile mit dem Kunstwort »burtonesque« geadelt, erlaubt es dem Filmemacher, in eindrucksvollen Metaphern auf soziale Missstände und alternative
Foto: Leah Gallo (Disney Enterprises. Inc.
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Tim Burton und Mia Wasikowska
Lebensweisen hinzuweisen. Seinem eigenen Stil treu zu bleiben, gelingt ihm nicht zuletzt dadurch, dass er mit vielen Künstlern vor und hinter den Kulissen eine Langzeitbeziehung pflegt. Neben der Kostümdesignerin Colleen Atwood, die an neun Burton-Produktionen beteiligt war, und dem Komponisten Danny Elfman, der bis auf zwei Ausnahmen für alle Burton-Streifen die Filmmusik beigesteuert hat, sind seine Lebensgefährtin Helena Bonham Carter sowie sein Freund Johnny Depp die besten Beispiele. Ein amerikanischer Essay beschreibt Burtons Filme sehr treffend: »Die einfachen Ideen hinter Burtons Filmen entfalten sich auf visuell komplexe Art und Weise.« Das mag das Erfolgsgeheimnis von Tim Burton sein: Geschichten, die jedermann ansprechen, im Rahmen kleiner Kunstwerke zu erzählen. Die Filme im Überblick: Pee Wee’s irre Abenteuer (1985) Protagonist dieses Streifens ist der Komiker Pee Wee Hermann, dem sein über alles geliebtes Fahrrad gestohlen wird. Der Slapstick-Klamauk ist ein für Burton eher untypischer Film, in dem die »burtonesque« Art noch nicht sichtbar ist. Lediglich die Optik lässt schon Ansätze an seine verspielte und andersartige Darstellung der Welt erkennen. In Deutschland ist der Film weitgehend unbekannt.
Lottergeist Beetlejuice (1988) In der Horrorkomödie entdeckt die junge Lydia (Winona Ryder), dass im Haus, in das sie mit ihren Eltern gezogen ist,
noch die Geister der verstorbenen früheren Eigentümer leben. Diese setzen alles daran, die Eindringlinge in ihr Territorium loszuwerden, und rufen dafür schließlich sogar den Geist-Exorzisten Beetlejuice auf den Plan. Keine gute Idee, wie sich bald herausstellt. In Lottergeist Beetlejuice beschäftigt sich Burton erstmals mit dem Tod in seinen unterschiedlichen Erscheinungsweisen. Ein Thema, dass eines seiner Leitmotive geworden ist. Batman (1989) Als Burton Ende der achtziger Jahre das Batman-Kinofranchise wiederbeleben
sollte, war dies sein erster Film mit einem wirklich großen Budget. Die Hauptrolle besetzte er - übrigens zunächst gegen den Willen der Geldgeber - mit Michael Keaton, mit dem er bereits in Beetlejuice zusammengearbei-
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tet hatte. Tim Burtons Batman konzentriert sich mehr auf seine Comic-Wurzeln als auf die cartoonartige TV-Serie der Sechziger und stellt der Fledermaus den beliebten Superschurken Joker (Jack Nicholson) gegenüber. Mit einem Einspielergebnis von ca 400 Millionen Euro gilt Batman auch heute noch als einer der erfolgreichsten Hollywood-Filme überhaupt. Edward mit den Scherenhänden (1990) Die Schöne und das Biest á la Burton: Der unsterbliche Edward (Johnny Depp) ist das unvollendete Meisterwerk eines Wissenschaftlers, ein künstlich geschaffener Mensch, der anstelle von Händen Prothesen aus zahlreichen Scheren besitzt. Vergessen von der Welt lebt er nach dem Tod seines Erbauers in dessen verwittertem Zuhause, bis eines Tages eine Avon-Beraterin an die Schlosstür klopft. Die freundliche Frau beschließt, Edward mit zu sich nach Hause zu nehmen. Nur langsam findet sich der Fremdling in der amerikanischen Vorstadtidylle zurecht. Als er sich jedoch in die schöne Kim (Winona Ryder) verliebt, revoltieren die kleingeistigen Mitschüler und Nachbarn.
Tim Burton bezeichnet die bittersüße Tragikromanze als seinen bis dato persönlichsten Film. In ihm habe er Gefühle aus seinen Kindheitsjahren in einer amerikanischen Vorstadt verarbeitet. Damals habe er sich selbst als Einzelgänger gesehen, dem es schwer gefallen sei, Kontakt zu anderen Menschen zu knüpfen. Batman Returns (1992) Im Licht der jüngsten Batman-Verfilmung The Dark Knight betrachtet, wirkt dieser Film fast harmlos. Tatsächlich aber musste sich Tim Burton seinerzeit Kritik wegen der Gewaltdarstellung gefallen lassen. Batman Returns beschäftigt sich streckenweise mehr mit den Gegnern Batmans als mit diesem selbst. Der Regisseur versucht, die Figuren der Superschurken Pinguin (Danny DeVito), Max Shreck (Christopher Wal-
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Der Film läuft am 20. Mai in den deutschen Kinos an
in Fluch lastet auf der Welt der Videospiele: der Fluch der Filmumsetzung. Angesichts vieler Fehlschläge wird der Erfolg von Verfilmungen bekannter Spiele mittlerweile schon im Vorfeld von Fans angezweifelt. Eine der wenigen finanziell erfolgreichen Ausnahmen stellt der Streifen Lara Croft: Tomb Raider (mit Angelina Jolie) von 2001 dar. Produzent Jerry Bruckheimer wagte sich
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nun an eine der bekanntesten Spieleserien überhaupt: Prince of Persia. Der Sand der Zeit soll für Spieleverfilmungen das werden, was die ebenfalls von ihm produzierte Fluch der Karibik-Trilogie für Themenparks darstellt.
Sandige Beute Die heilige Stadt Alamut im sechsten Jahrhundert: Die Armee unter Führung der drei Söhne des Sultans steht vor den Toren, denn Alamut soll Waffen an die Feinde geliefert haben. Tatsächlich dient diese falsche Anschuldigung nur
einer Verschwörung, um den Sultan zu töten und ein sagenhaftes Artefakt zu erbeuten, den Dolch der Zeit. Dessen mit magischem Sand gefüllter Griff ermöglicht es dem Träger, die Zeit zu kontrollieren und schon Geschehenes rückgängig zu machen. Ausgerechnet dem eigensinnigen jungen Adoptiv-Sohn des Sultans, Prinz Dastan (Jake Gyllenhaal), fällt dieses Objekt in die Hände, dessen Hüterin die kratzbürstige Prinzessin Tamina (Gemma Arterton) ist. Zusammen mit ihr muß er vor seinen Brüdern und dem intriganten Wesir Nizam (Sir Ben Kingsley) fliehen, denn Dastan soll der Schuldige am Tod des Sultans sein. Gehetzt werden sie von tödlichen Assassinen, aber sie bekommen auch unverhoffte Unterstützung durch den Sklavenhändler Amar (Alfred Molina).
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und nennt diese Gefahren »körperliche Herausforderungen«. Wegen der Schlangen und Skorpione wurde ein einheimischer Fachmann angeheuert, der das Gelände während der Drehzeit von den giftigen Tieren befreite - oder nötigenfalls zu Hilfe gerufen wurde. Prince of Persia ist fünf Monate lang an den beiden marokkani-
Fotos: Disney
m Set von Prince of Persia in Marokko herrschen 51 Grad im Schatten. Schlangen und Skropione sind allgegenwärtige Gefahren, für diesen Nachmittag ist ein Sandsturm angekündigt, und jederzeit ist eine Sturzflut möglich. Aber Produzent Jerry Bruckheimer (Fluch der Karibik) lässt sich davon nicht schrecken
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schen Sets Marrakesh und Ouarzazate sowie den Pinewood Studios in London gedreht worden. Über 1.800 Mitglieder der Crew und Schauspieler haben geholfen. Mehr als 7.000 Kostüme haben Kostümdesignerin Penny Rose und ihr Team für den Film entworfen und hergestellt (das übertrifft sogar den Aufwand für die Fluch der Kari-
bik-Filme, bei denen sie ebenfalls für die Kostüme verantwortlich war). Einige der größten Aufbauten der jüngeren Geschichte Hollywoods bilden die Kulisse für ein magisches Morgenland. Und Waffenschmied Richard Hooper und sein Team haben 3.500 Waffen und Accessoires hergestellt, darunter Schwerter, Schilde, Speere,
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HELDEN, SCHURKEN UND EHRENMÄNNER
MACHT UND VERRAT INTERVEW MIT SEAN BEAN
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Fotos: Central-Film
er britische Schauspieler Sean Bean kam als Alec Trevanian in James Bond: Goldeneye und als Boromir in Der Herr der Ringe zu Weltruhm. In der Fantasy TV-Verfilmung A Game of Thrones spielt er Eddard Stark, und im düsteren Mittelalter-Thriller Black Death spielt er Ulric, einen Ritter der Kirche, der eine Hexe jagt. Anlässlich der DVDVeröffentlichung von Black Death konnte NAUTILUS-Mitarbeiter Jens Altmann Bean persönlich interviewen: ■ Sie waren als einer der ersten bei Black Death an Bord. Was hat Sie gereizt?
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Es war ein interessantes Projekt, weil es auf etwas Wirklichem basiert, dieser Periode in der Vergangenheit. Ich glaube nicht, dass das auf der Leinwand schon wirklich gezeigt wurde. Das fand ich anziehend. Es war eine interessante Periode, voller Horror. Da war diese Panik. Dann schürte die Kirche auch noch diese Angst vor der Hexerei, und die Leute hatten die Köpfe voller furchterregender Gedanken. ■ Haben Sie Ulric eher als Schurken oder als Helden angelegt? Ob er ein Held ist oder ein Antiheld - er steht zu seiner Überzeugung. Er schwankt nicht in seinem Glauben. Aber sein Glaube ist fundamentali-
stisch, und dementsprechend handelt er. Man kann ihn auf die eine oder andere Weise betrachten: Man kann ihn als einen guten Mann sehen, oder als jemanden, der nicht besonders gut ist. Er hat gute Absichten. Und was er voraussieht, trifft ja auch ein. ■ Das war mein Eindruck von Ulric: dass er ein Ehrenmann ist, der davon überzeugt ist, das Richtige zu tun. Ja. Ob er fehlgeleitet ist, das muss jeder für sich entscheiden. Wie Sie sagen, er ist ein Ehrenmann, der einen festen Glauben hat, und das macht ihn interessant. ■ Sie spielen häufiger Ehrenmänner, die davon überzeugt sind, dass sie das
Richtige tun. Ist das etwas, das Sie anziehend finden, das Sie aus sich selbst einbringen? Ich schätze, schon. Ob man nun einen Helden oder einen Schurken spielt, sie haben ihre Überzeugungen und ihre Ziele. Sonst würden sie nicht machen, was sie machen. Wenn man einen Schurken spielt, dann versetzt man sich in seinen Kopf und findet heraus, warum er glaubt, dass er das Richtige tut. Auch wenn es Unrecht ist, Menschen umzubringen, diese Charaktere machen halt, was sie machen. Das ist der harte Teil, das herauszufinden. ■ Was spielen Sie lieber? Den ehrenhaften oder den schurkischen Typen? Ich glaube, Ihr einziger wirklich durchgeknallter Bösewicht war Alec Trevanian in Goldeneye. Oh ja. Es hat mir Spaß gemacht, den Bösen zu spielen. Mit den Zähnen knirschen und die Welt in Brand stecken. An die Grenzen gehen und damit spielen. Das hat Potenzial, mit solchen Figuren kann man etwas wirklich Interessantes machen, ohne dass man von
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INTERVIEWS MIT CAST UND CREW
scar-Gewinner Nicolas Cage (Con Air, Das Vermächtnis der Tempelritter) arbeitet bereits zum siebten Mal mit Jerry Bruckheimer zusammen. Cage spielt den Mentoren Balthazar Blake in Duell der Magier. Freundlicherweise stellte Disney uns das folgende Interview zur Verfügung:
■ Können Sie die Handlung von Duell der Magier kurz zusammenfassen?
Fotos: Disney
Duell der Magier handelt von dem einsamen Zauberer Balthazar Blake, der seit 1.000 Jahren nach dem einen Zauberer sucht, der Merlins Macht erben und die Welt retten soll. Jay Baruchel spielt Dave Stutler, der womöglich Merlins Erbe ist, da er als einziger den Drachenring tragen kann. Balthazar muss Dave in Form bringen und ihn für den Kampf gegen das Böse trainieren. Ich habe mich sehr für die Mythologie um König Arthur interessiert. Ich wollte Filme machen, die den ArthurSagen ähnelten: positive Filme über Heilung und Wiedergutmachung. Als ich während der Dreharbeiten an Next
Nicolas Cage und Jay Baruchel als Dave
MENTOR
Ich bin auch schon gefragt worden, ob es mich nervös macht, dass wir uns an einen Klassiker von Disney herantrauen. Aber ich bin mir sicher, dass Walt unseren Film gutgeheißen hätte.
INTERVIEW MIT NICOLAS CAGE
■ Wer ist Balthazar Blake?
KAMPF UM EIN GEFÄNGNIS
dem Produzenten Todd Garner davon erzählt habe, sagte der: »Verstehe, du möchtest den Zauberlehrling aus Disneys Fantasia spielen.« In dem Augenblick (schnippt mit den Fingern) habe ich es kapiert. Dann mussten wir aus dem acht Minuten langen Gedicht von Goethe in Fantasia einen abendfüllenden Film machen: Nach einigen Entwürfen gaben wir das Drehbuch Jerry Bruckheimer. Jerry kann Leute mitreißen. Als es ihm gefiel, wusste ich, dass es großartig werden würde.
und meine erste Begegnung mit klassischer Musik. Das hat mein Leben verändert und mich inspiriert. Ich liebe es.
Balthazar stammt aus dem Jahre 500 nach Christus. Sowohl er als auch Merlin als auch der von Alfred Molina dargestellte Maxim Horvath und die von
Foto: Robert Zuckerman/Disney
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■ Haben Sie Disneys Zeichentrickfilm Fantasia als Kind gesehen? Damals war ich noch sehr jung. Es war mein erster Disney-Zeichentrickfilm
Nicolas Cage (Balthazar) und Monica Bellucci (Veronica) Monica Bellucci gespielte Veronica waren dabei. Anfangs waren wir alle drei Merlins Lehrlinge. Aber Morgana lehnte sich damals auf. Also wollten wir Merlinsanhänger die Menschheit vor Morganas Gefolgsleuten schützen. Mit unserer Magie stärken wir die Menschen und verhindern, dass man sie versklavt. Nach Merlins Tod muss Balthazar den wahren Erben Merlins finden. Nach 1.000 Jahren findet er den von Jay Baruchel dargestellten Dave Stutler. Balthazar Blake mag unheimlich aussehen, aber er ist ganz sicher ein Guter. Das Grimhold ist ein Gefängnis für sehr bösartige Morgana-Anhänger. Es sieht aus wie eine russische Matrjoschka-Puppe: Es sind immer kleinere Zellen in dem großen Block verborgen. Die gefährlichsten Gefangenen sind ganz innen. Dave und Balthazar müssen verhindern, dass der Grimhold mit seinen
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Fotos: UPI
Wolfman startet am 11.2.2009 in den deutschen Kinos
010 ist das Jahr, in dem wir angeblich Kontakt aufnehmen werden. Schaut man auf die chinesischen Tierkreiszeichen, dann ist 2010 das Jahr des Tigers. Aber das Kinojahr 2010 steht gleich zu Beginn im Zeichen des Wolfes, da Regisseur Joe Johnston (Jumani, Jurassic Park 3, Hidalgo) sein Remake des Horrorfilmklassikers The Wolfman von 1941 nach diversen Verschiebungen am 11. Februar 2010 in die Lichtspielhäuser Deutschlands
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bringt. Da wird das Licht des Filmprojektors zum Vollmond.
Das Tier in mir Universal Studios holt 70 Jahre nach der Entstehung des Original-Films The Wolfman das Wolfskostüm aus dem Requisiten-Museum und bringt der Filmwelt einen neuen, technisch topmodernen Wolfman-Streifen. Das Original aus der klassischen Monsterfilm-Serie des Studios immer vor Augen, hat man die Handlung des Remakes aus dem walisischen Llanwelly in das englische, aber genauso neblige und unheimliche Blackmore bei London verlegt. Die Hauptrolle in Joe Johnstons 85 Mio. Dollar teurem Grusel-Remake spielt Benicio Del Toro (Sin City, Che, Angst und Schrecken in Las Vegas), der ein bekennender Fan des filmischen Wolfsmenschen ist und sogar Memorabilien des Originals sammelt: Del Toro spielt Lawrence Talbot, der nach vielen Jahren als verlorener Sohn in seine Heimat England zurückkehrt, die er nach dem traumatisierenden Tod seiner Mutter bereitwillig in Richtung Neue Welt verlassen hat. Zurück in England, erfährt Lawrence vom Tod seines Bruders, der von einer schrecklichen Bestie im Moor gerissen wurde. Lawrence tröstet Gwen (Emily Blunt), die hinterbliebene Verlobte, und macht sich auf die Jagd nach dem Untier. Dabei wird auch er eines Nachts im unheils-
schwangeren Moor von einer wilden Kreatur angefallen und gebissen. Lawrence überlebt - doch damit ist der Schrecken für ihn und alle anderen noch längst nicht ausgestanden. Die Situation spitzt sich zu, zumal sich die Familie Talbot mit Bestien im Menschen und Flüchen, die keine Ladung Schrot, sondern nur Silber beenden kann, auszukennen scheint, wie Gespräche mit Lawrence’ schrulligem Vater (Anthony Hopkins) nahelegen. Als Lawrence nach einer letzten Konfrontation mit den angerückten Ermittlern und Jägern von Scotland Yard sowie den aufgebrachten Dörflern in einem Londoner Sanatorium endet, nimmt das Übel endgültig seinen Lauf: Lawrence bringt nämlich den Fluch und die unbändige, animalische Wut und Kraft des Wolfes über ein auf beeindruckende Weise zum Leben erwecktes Film-London des späten 19. Jahrhunderts. Der Wolfman heult nun auch im Schatten der damals noch relativ jungen Tower Bridge den Vollmond über der Hauptstadt des viktorianischen Empires an und zeigt seinen Häschern die Zähne.
Effekte Neben Nervenkitzel und Gänsehautstimmung leben Monsterfilme auch stets von ihren Effekten, also von den Masken und Kostümen der zumeist titelgebenden Protagonisten. Die Kreaturen der Nacht sind der Fixpunkt der Zu-
GANGSTER IM MÄRCHENWALD
SEX UND GEWALT
FILM
BIG BAD WOLVES - INDEPENDENT-KURZFILM AUF ROTKÄPPCHEN-SPUREN
staunliches Projekt jenseits dessen, was man bei dem knappen Budget erwartet hätte. Die Dreharbeiten fanden an fünf Tagen zwischen April und Juli 2005 in Auckland statt. Dank der Hilfe verschiedener Filmfirmen konnte Big Bad Wolves 2006 fertig gestellt werden. NAUTILUS-Mitarbeiter Robert Vogel sprach mit Regisseur Rajneel Singh: ■ Was waren die größten Hindernisse bei der Produktion? Da war einfach alles gleichwertig eine Herausforderung, weil es unser erster professioneller Kurzfilm war. Das begann damit, wie wir unser geplantes Budget von ca. 10.000 US $ auftreiben würden - wir mussten ja alles selbst finanzieren. Die Dreharbeiten zogen sich deshalb über drei Monate hin, weil wir dauernd abbrechen mussten, um wieder an Geld zu kommen, um einen weiteren Teil des Films drehen zu können. Die Besetzung von Rotkäppchen war ein enormes Problem, da wir eine Schauspielerin benötigten, die talentiert und schön ist und keine Scheu hat, nackt vor der Kamera zu agieren. Wir inserierten in allen möglichen Magazinen.
Brooke Petersen war die Einzige, die sich bei uns meldete, und wir hatten das Glück, dass sie einfach perfekt war. Auch mit unseren Drehorten hatten wir es nicht einfach, da uns die Zeit in unserem Restaurant davonlief und wir einen Monat später noch mal wiederkehren mussten. Eine passende Hütte für die Großmutter war gar nicht zu finden, also bauten wir uns das Set selbst aus allen möglichen Materialien und Restholz. Ich nahm mir zwei Tage Urlaub von meiner regulären Arbeit, um einen Crash-Kurs als Handwerker zu nehmen, damit ich meinem Designer und ihrem Vormann dabei helfen konnte, das Set zu bauen und aus-
Fotos: Richard SJ Scholes; Posterdesign: Rajneel Singh, basierend auf Pulp Fiction
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us Neuseeland kommt eine ganz besonders orginelle Version des Märchens vom Rotkäppchen: 2006 entstand dort ein 13 Minuten langer Kurzfilm, der etliche Preise gewonnen hat. Die Kurzzusammenfassung lautet: »Gebrüder Grimm treffen Quentin Tarantino«. Die Story beginnt mit fünf kettenrauchenden Gangstern in einem Restaurant, die sich die Zeit zwischen ihren Aufträgen mit Diskussionen über die Welt im Allgemeinen vertreiben. Einer von Ihnen bringt die These auf, dass die Geschichte von Rotkäppchen in Wahrheit eine Moralgeschichte über Sexualerziehung darstellt, die die Gebrüder Grimm mit Hinzufügung eines Happy-Ends verwässert haben. Als die anderen ihm nicht glauben, erzählt er die Story so, wie sie eigentlich weitergegeben werden sollte - und das Märchen endet mit Blut, Horror und Gewalt. Nach dem Anschauen dieses schwarzen und trotzdem ungeheuer lustigen Kurzfilmes sieht man Märchen mit anderen Augen. Nicht umsonst hat Big Bad Wolves eine Altersfreigabe erst ab 16 Jahren bekommen. Das Projekt begann als Sketch von Chris Kerr, der 2004 in einem neuseeländischen Internet-Forum veröffentlicht wurde und nur den Dialog der Gangster enthielt. So wurde der Produzent Craig Parkes darauf aufmerksam, der mit Kerrs Genehmigung seinen Freund und Partner Rajneel Singh beauftragte, daraus als Drehbuchautor und Regisseur einen Kurzfilm zu entwickeln. Im Februar 2005 wurde das Drehbuch fertig. Die Begeisterung für das Skript und das Potential der Umsetzung sorgte bald dafür, dass beim Zusammenstellen der Besetzung und der Crew immer mehr talentierte Leute hinzukamen. So wurde aus dem ursprünglich angestrebten, mit ein paar Freunden zu drehenden Kurzfilm dank dieser Ansammlung von Freiwilligen ein er-
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VISUELLER OVERKILL VOM WATCHMEN-REGISSEUR ZACK SNYDER
Deutscher Kinostart: 31. März 2011
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euerspeiende Drachen, Samurai, B-52-Bomber, Zeppeline, haushohe Kriegsroboter mit aufgemaltem Häschenkopf, futuristische Städte, Schützengräben im Ersten Weltkrieg - und mitten dazwischen fünf Mädels, die sich mit Maschinengewehren und Schwertern ihren Weg durch die Widersacher bahnen. Willkommen bei Sucker Punch, dem neuesten Streich
von Regisseur Zack Snyder (300, Watchmen).
Babydolls Fantasie Die in den fünfziger Jahren angesiedelte Geschichte der angeblich 85 Millionen US-Dollar teuren Produktion dreht sich um das Mädchen Babydoll (Emily Browning), das von ihrem sadistischen
Stiefvater in eine Nervenheilanstalt gesteckt wird. Um den grauenvollen Alltag dort zu ertragen, flüchtet sie in eine Traumwelt. In dem Reich ihrer Fantasie kämpft sie zusammen mit vier Mitinsassinnen der Anstalt - der freimütigen Rokket (Jena Malone), der gewitzten Blondie (Vanessa Hudgens), der loyalen Amber (Jamie Chung) und der zögerlichen Sweet Pea (Abbie Cornish) - um die Freiheit. Die Girls müssen in dieser alternativen Wirklichkeit fünf Aufgaben erfüllen. Doch die Zeit ist knapp. Denn während die Grenzen zwischen Realität und Fiktion immer mehr verschwimmen, soll in fünf Tagen eine Lobotomie an Babydoll durchgeführt werden. Die Handlung klingt, als hätte Lewis Carroll seinen Klassiker Alice im Wunderland nach dem exzessiven Zocken brutaler Videogames geschrieben. Tatsächlich stammt die Story von Zack Snyder selbst, der zusammen mit Steve Shibuya auch das Drehbuch für Sucker Punch verfasst hat.
Fotos: Warner Bros.
Startschuss Erste Ideen zu Sucker Punch spukten Zack Snyder bereits 2007 durch den Kopf. Der Regisseur stellte das Projekt jedoch erst einmal zurück, um sich auf seine Arbeit an der Watchmen-Verfilmung zu konzentrieren. Anfang 2009 verkündete Warner Bros., dass das Studio den Verleih des Action-FantasySpektakels übernimmt. Finanziert wurde das Werk von Cruel And Unusual Films, der von Snyder und seiner Ehe-
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it Robert De Niro gelangte er zu Ruhm und Ehre. Mit Leonardo DiCaprio zur längst verdienten OscarAuszeichnung. Jetzt ist Martin Scorsese reif für die Insel. Nach Gangs, Gangstern und gestörten Geschäftsmännern widmet sich der Regie-Altmeister nun erstmals echtem Grusel-Stoff. Dabei darf sein aktueller Lieblingsschauspieler natürlich nicht fehlen. Shutter Island ist die Verfilmung des gleichnamigen Bestseller-Romans von David Lehane, für die das Dreamteam DiCaprio/Scorsese bereits zum vierten Mal zusammenarbeitet. Darin geht es um die beiden US-Marshalls Teddy Daniels und Chuck Aule, die im Jahr 1954 auf eine Insel vor die Ostküste der USA bestellt werden. Sie sollen das spurlose Verschwinden der mutmaßlichen Kindermörderin Rachel Solando klären, die aus dem dort ansässigen Ashecliffe Hospital für geisteskranke Straftäter entkommen konnte. Ein Fall, der besonders Daniels interessiert, da er auch Andrew Laeddis hinter den Mauern des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers vermutet - den Mörder seiner Frau. Sein Verdacht verhärtet sich, als ein Zahlenrätsel, das die verschwundene Solando hinterlassen hat, die Ermittler auf die Spur eines nicht registrierten Patienten bringt. Und auch ihre Annahme, dass in dem Gefängnis verbotene Experimente an den Insassen durchgeführt werden, verdichtet sich. Allerdings hat Daniels Wahrnehmung immer stärker unter dem Fall zu leiden. Die Suche nach Laeddis entwickelt sich für den von Migräne geplagten Marshall zur Besessenheit. So dringt er mit seinem Partner während eines Hurrikans, der die Insel von der Außenwelt abschneidet, in den abgetrennten Block C ein. Dort, wo nur die gefährlichsten Verbrecher untergebracht sind, finden sich erste Anhaltspunkte für die Anwesenheit
Laeddis’. Doch dann ist Aule plötzlich verschwunden, und Daniels Aufenthalt verwandelt sich endgültig in einen Albtraum. Einen Albtraum, den kritische Kenner des Buches einst als zu durchschaubar und stereotyp bezeichneten. Dabei ist es gerade Lehanes Umgang mit den Genrekonventionen, der seinen Mystery-Krimi so unterhaltsam wie leicht bekömmlich macht. Dunkle Flure, eine alte Festung, codierte Botschaften
und eine Hetzjagd im Hurrikan - klassische Bestandteile des Gruselkinos, an denen sich auch Scorsese orientiert hat und welchen er nun zu neuem Glanz verhilft. Dafür holte er sich mal wieder Kameramann Robert Richardson hinter die Linse, der sich unter Oliver Stone seine Sporen verdiente, inzwischen öfter von Quentin Tarantino rekrutiert wird und immerhin schon zwei Oscars sein Eigen nennt.
Erste offiziell gezeigte Filmszenen sehen vielversprechend aus. Die finstere Präsenz der Insel erwacht zu bedrohlichem Leben. Ob das Ganze auch inhaltlich der Vorlage und ihrem verstörendem Ende gerecht wird, bleibt abzuwarten. Drehbuchautorin Laeta Kalogridis hat zwar den hoch gelobten Nightwatch, aber leider auch enttäuschende Werke wie Pathfinder oder Alexander auf ihrem Konto zu verbuchen. Doch all zu schwer sollte ihr die Adaption nicht fallen: Lehanes Bücher gelten als besonders filmreif, was nicht zuletzt durch Ben Afflecks Gone Baby Gone und vor allem von Clint Eastwood und seinem großartigem Mystic River eindrucksvoll unter Beweis gestellt wurde. Zudem ist die Besetzung über jeden Zweifel erhaben. Neben Leonardo DiCaprio, der Teddy Daniels verkörpert, konnte Scorsese ein Ensemble verpflichten, das an Brillanz nur schwer zu übertrumpfen ist: Neben Mark Ruffalo als Daniels Partner Aule gibt Ben Kingsley den Klinikchef John Cawley, Max von Sydow dessen Kollegen Dr. Jeremiah Naehring und Emily Mortimer die geflohene Rachel Solando. Illustre Namen wie Jackie Earle Haley, Michelle Williams und Elias Koteas vervollständigen die Besetzungsliste. Ihre Rollen sollen hier aus Gründen der Spannung nicht weiter erläutert werden. Es sieht also ganz danach aus, als könnte der prominent besetzte Psychothriller Scorseses unheimlichster und ungewöhnlichster Beitrag zum Genrekino seit Kap der Angst werden. Das Potential dafür hat er. Die ziemlich unglückliche Startverschiebung des Films von Herbst 2009 auf Anfang 2010 dürfte dem Film jedoch den erwarteten Oscar gekostet haben. DiCaprio könnte einen gebrauchen. Scorsese sowieso. Daniel Schröckert b
Fotos: Concorde
Kinostart: 25.2.2010
Fotos: Warner Bros.
Der Film kommt am 28.1.2010 in die deutschen Kinos
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herlock Holmes und sein treuer Gefährte Dr. Watson müssen sich neuen Herausforderungen stellen. Guy Ritchie macht aus dem klassischen Detektiv einen modernen Draufgänger mit Witz, Sexappeal und Action.
Arthur Conan Doyle In den letzten Jahren haben Literaturverfilmungen mit unterschiedlichem Erfolg und Anspruch die Kinos überschwemmt. Bei Sherlock Holmes, dem
bekanntesten Ermittler aller Zeiten, hat Sir Arthur Conan Doyle die Vorlage verfasst. Aber für Guy Ritchie und sein Team sind nicht die Bücher die Vorlage, sondern ein Comic von Produzent Lionel Wigram, der einen neuen Helden zeichnen wollte. Mit Ritchie, der nach seiner Trennung von Madonna den Kopf wieder für Filmprojekte frei hatte, wurde ein Mann engagiert, dessen action- und humorgeladene Filme wie Snatch, Bube, Dame, König, Gras und RocknRolla einem Jason Stratham (Transporter) die Karriere ermöglichten.
Seine Markenzeichen: schnelle Schnitte, eine ordentliche Tracht Prügel, Gewalt und Explosionen, verschrobene und humorvolle Charaktere und Tempo. So sieht man dann auch ab Januar einen Holmes, der aus dem britischen Parlamentsgebäude in die Themse springt, sich wie in den besten Kampfsport-Filmen mit zwei Stöcken verteidigt und sich in einer Kampfgrube vor johlendem Publikum prügelt - mit einem waschechten Sixpack.
Mitspieler Die Besetzung ist überraschend, passt aber hervorragend zu Ritchies neuer Variante des Holmes-Universums. Mit Robert Downey Jr. bekommt er einen gutaussehenden, gut schauspielernden und skandalumwobenen Helden, der sich zusammen mit Jude Law auf die Suche nach Abenteuern macht. Dazu gehören Rachel McAdams als Irene Adler und Kelly Reilly als Mary Morstan (beide jung und gutaussehend), die bei Holmes und Watson für Romantik sorgen. Zum Team gehört auch eine Größe wie Produzent Joel Silver (u.a. Matrix). Wer sich also Basil Rathbone in den wundervollen Schwarzweißfilmen der Dreißiger und Vierziger als Holmes vorstellt oder die britischen TV-Produktionen rund um Jeremy Brett oder Douglas Wilmer erwartet, der wird sich in diesem Film nicht zurechtfinden. Zwar spielt der Detektiv weiterhin Geige und
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APOKALYPSE GRAU
Warum sollte man im Angesicht der Apokalypse überhaupt noch leben wollen? Eine Frage, die in den meisten Endzeitfilmen zugunsten von Action und Unterhaltung in den Hintergrund rückt. In der Literatur wurde sie dagegen selten so präzise gestellt wie in Cormac McCarthys Roman The Road. Dessen tiefsinnige Story und reduzierter Stil haben Kritiker weltweit begeistert. Regisseur John Hillcoat, der mit seinem blutig-poetischen Neowestern The Proposition auf sich aufmerksam machte, hat es glücklicherweise gar nicht erst versucht, alle Stärken der Vorlage zu behalten. Er erlaubt sich sogar einige Abweichungen wie das in Rückblenden erzählte Schicksal der Mutter oder gelegentliche Zugeständnisse an das Genrekino. Trotzdem verliert er den unbarmherzigen Selbsterhaltungstrieb nie aus den Augen. So verdichtet er seine Adaption zu einem Mix aus fundamentalem Drama und postapokalyptischem Horror, in dessen Mittelpunkt eine todtraurige Vater-Sohn-Beziehung steht. Dass sie so zu Herzen geht, liegt vor allem an den beiden Hauptdarstellern. Während Nachwuchstalent Kodi SmithMcPhee mit einer großen Palette an Emotionen überrascht, beeindruckt Viggo Mortensen als Vater allein durch sein Antlitz, das mehr über das Elend der beiden aussagt als jedes Wort des etwas unnötigen Off-Kommentars. Ausgemergelt und eingefallen legt er hier eine mitleiderregende Meisterleistung ab. Der Method Actor nahm sich nach den Dreharbeiten im März 2008 übrigens eine Auszeit bis Mai 2010.
Neben der Liebe zwischen Vater und Sohn berühren die eingestreuten Kammerspiel-Szenen mit Charlize Theron als Mutter am stärksten, weil Hillcoat hier hauptsächlich auf die einfachen, kleinen Gesten seiner Protagonisten setzt und dadurch ihre Verbundenheit am besten trifft. Darüber hinaus erfreuen die Kurzauftritte von Robert Duvall, der als alter Pilger zu Tränen rührt, und Guy Pearce, der als Familienvater die Hoffnung aufrechterhält, dass die Nächstenliebe in dieser Welt noch nicht ganz gestorben ist. Mit Letzterem erlaubt sich Hillcoat eine weitere Abweichung zum Roman, dem es an solch einer positiven
Kinostart: 07.10.2010
Viggo Mortensen und Guy Pearce
Fotos: Senator Film
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in Mann und ein Junge laufen eine Straße entlang. Sie sehen aus wie Obdachlose: Verwahrlost, abgemagert, von Kälte gezeichnet. Bemitleidenswert, aber irgendwo auch vertraut. Die beiden laufen durch eine verbrannte Welt - durch unsere. Vernichtet, verödet und ergraut durch eine nicht näher benannte Katastrophe. Deren Folgen sind allgegenwärtig: Hunger, Verzweiflung, Entartung. Der Mensch ist des Menschen Wolf. Marodierende Gruppen ziehen durchs Land auf der Suche nach der einzigen Nahrungsquelle, die es noch gibt: andere Menschen. Ein Albtraum, dem die zwei Wanderer, Vater und Sohn, entfliehen. In einem Einkaufswagen führen die zwei ihren letzten Besitz mit sich. Darunter ein Revolver mit zwei Patronen. Mit ihm bereitet der Mann sein Kind auf einen eventuellen Selbstmord vor. Die Ehefrau und Mutter hat diesen Ausweg bereits gewählt. Ihren Angehörigen bleibt nur die Hoffnung auf den Süden an der Küste soll es noch grünes Land geben. Oder zumindest irgendetwas, das anders ist. Während sie das Trümmerfeld, das einst ihre Heimat war, durchqueren, wollen sie möglichst keinem Menschen begegnen. Doch je weiter sie kommen, umso schwerer wird es für den Vater, gut zu bleiben. Was er den Jungen über Menschlichkeit, über »das Feuer im Herzen« lehrt, wird immer wieder von der brutalen Wirklichkeit widerlegt. Des Vaters Kampf um beider Überleben zwingt ihn immer öfter zur Gewalt. Und sein Sohn hinterfragt dies.
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Fotos: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
Siegfried zu Pferd (gr. Bild); Kriemhild und Siegfried (kl. Bilder)
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ritz Langs Die Nibelungen gilt als einer der spektakulärsten Filme der Stummfilm-Ära überhaupt. Mit dem in den Babelsberger Filmstudios im Auftrag der UFA produzierten Zweiteiler wollten der Regisseur und
die Geldgeber den Hollywood-Produktionen Konkurrenz machen. Von 1922 bis 1924 arbeiteten Lang und sein Team an den beiden Teilen Siegfried und Kriemhilds Rache. Mit acht Millionen Reichmark wurde die Verfilmung
WALHALLA IM KINO Das Weltbild der Wikinger unterteilte das Universum in Midgard (die Welt der Menschen), Asgard, die Welt der Götter, und Utgard, die Welt der Riesen. Die folgende Galerie ist nach Jahreszahlen geordnet und nennt die phantastischen Filme, die in der Welt der nordischen Götter spielen. Die Wikinger (USA 1958) Der stolze Wikinger Einar (Kirk Douglas), Sohn und Erbe des gefürchteten Häuptlings Ragnar, entführt die englische Prinzessin Morgana. Als die schöne Gefangene seine Leidenschaft entfacht, verzichtet Einar auf das Lösegeld,
um Morgana zur Frau zu nehmen. Aber auch der unter den Wikingern lebende Sklave Eric (Tony Curtis) verliebt sich in Morgana und entführt sie nach England. Eric liefert den Wikingerhäuptling Ragnar aus und fordert im Gegenzug, dass der englische König Aella die ihm versprochene Morgana freigibt. Als Ael-
zur teuersten deutschen Produktion ihrer Zeit - dieses Budget erlaubte es Lang, seine Vision zu verwirklichen: Mit akribischer Planung, Experimentierfreude, unter Einsatz mehrerer Kameras gleichzeitig und unter Verwendung
la sich weigert, verbündet Eric sich mit Einar - nicht ahnend, dass er nun an der Seite seines Halbbruders um die Gunst Morganas wetteifert. Kirk Douglas übernimmt hier die Rolle des Bösewichts. Neben guten Charakterdarstellern brilliert der Film mit Sachkenntnis. Um eine authentische Atmosphäre zu erzeugen, haben die Filmemacher die Langschiffe rekonstruiert. Regisseur Richard Fleischer hat einen actiongeladenen Wikinger-Film mit äußerst gelungener Story kreiert. Raubzug der Wikinger (UK/YUG 1963) Spanien: Auf dem Markplatz einer maurischen Handelstadt erzählt der Wikinger Rolf (Richard Widmark), der kurz zuvor sein Schiff verloren hat, von
einer großen Glocke. Die »Mutter der Stimmen« ist dreifach mannsgroß und aus purem Gold. Das wird dem maurischen Herrscher Ali Manush (Sidney Poitier) übermittelt, der sofort von der Idee besessen ist, diese Glocke zu besitzen. Doch Rolf flieht, weil er nicht weiß, wo sich die Mutter der Stimmen befindet. In seinem Heimatland überzeugt er seinen Vater und seine Brüder dazu, ihm ein Schiff und eine Mann-
ENGEL AUF DER LEINWAND EINE ÜBERSICHT ÜBER DIE WICHTIGSTEN FILME MIT HIMMELSBOTEN
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ngel haben eine lange Kinotradition, die man über Jahrzehnte zurückverfolgen kann.
1941-1950 Bereits 1941 sorgte ein übervorsichtiger Engel in der Komödie Urlaub vom Himmel für Probleme, als er den Boxer Joe Pendleton (Robert Montgomery) 50 Jahre vor dessen geplanten Todesdatum in den Himmel holen will. Mr. Jordan (Claude Rains) versetzt Joe in den Körper eines frisch verstorbenen Millionärs, um den Fehler wiedergutzumachen. Das Problem ist, dass der Millionär ermordet wurde, und seine Mörder beschließen, es so lange weiter zu versuchen, bis er endlich tot bleibt. Der Film bekam 1978 als Der Himmel soll warten ein Remake mit Warren Beatty als Joe und James Mason als Mr. Jordan. 1943 wird in Kampf in den Wolken der frisch verstorbene Kampfpilot Pete Sandridge (Spencer Tracy) als Schutzengel für den jungen Piloten Ted Randall (Van Johnson) rekrutiert. Die Angelegenheit wird haarig, als Ted sich in Petes Ex-Verlobte Dorinda (Irene Dunne) verliebt. Kampf in den Wolken wurde 1989 von Steven Spielberg unter dem Titel Always neu verfilmt. Always war die letzte Rolle Audrey Hepburns, die hier den Engel Hep spielte. Frank Capras Weihnachtskomödie Ist das Leben nicht schön aus dem Jahr 1946 ist einer der bekanntesten EngelFilme. Engel Clarence (Henry Travers), der sich seine Flügel erst noch verdienen muss, will dem Bankier George Bailey (James Stewart) seinen Wunsch erfüllen, nie existiert zu haben. Doch zuerst zeigt Clarence George, wie eine Welt ohne George ausgesehen hätte. Ist das Leben nicht schön ist ein
klassischer Weihnachtsfilm. Er fügt dem Engelsmythos den Gedanken hinzu: Jedes Mal, wenn eine Glocke klingelt, bekommt ein Engel seine Flügel. 1947 fanden die Kinogänger Cary Grant himmlisch in Jede Frau braucht einen Engel, als dieser in Gestalt des Engels Dudley den Bischof Henry Brougham (David Niven) auf den himmlischen Weg zurückführen will. Broughams Frau Julia (Loretta Young) reagiert auf diesen Engel, wie wohl alle Frauen dieser Zeit auf Cary Grant reagierten. Im deutlich weniger charmanten, jedoch viel kitschigeren Remake von 1996 wurden die Hauptrollen von Denzel Washington, Courtney B. Vance und Whitney Houston gespielt.
1951 - 1980 1959 verliebte die Stewardess Romy Schneider in Ein Engel auf Erden sich in einen Rennfahrer. Da dieser nichts von ihr wissen wollte, übernahm ein Engel ihre Gestalt, um der Liebe etwas nachzuhelfen.
1981 - 1990 Michael Landon schob 1984 die Engelswelle neu an: in seiner TV-Serie Ein Engel auf Erden spielte er den Engel Jonathan, der zusammen mit dem Ex-Polizisten Mark (Victor French) den Menschen auf der Erde hilft. In den fünf Jahren, die die Serie lief, wurden 111 Episoden produziert. 1985 kam Lewis Smith Zurück aus der Vergangenheit. Er spielte den jungen Rocker Bobby, der in den sechziger Jahren verunglückt ist. Jetzt soll er sich als Schutzengel bewähren, um in den Himmel zu dürfen. Als er Lenny zugeteilt wird, um dessen Selbstmord zu verhin-
dern, macht er zunächst alles falsch was ihm entsetzlich deutlich bewusst wird, als er herausfindet, dass Lenny sein Sohn ist. Die Schutzengel, die 1987 in Wim Wenders Himmel über Berlin über die Sterblichen wachen, verrichten ihre Aufgabe gewissenhafter. Als der Engel Damiel (Bruno Ganz) sich verliebt, will er jedoch aufhören und sterblich werden. Sein Wunsch wird wahr, und er entdeckt, dass er nicht der einzige ist. Die gleiche Erfahrung machte Nicolas Cage 1998, als er sich im Hollywood-Remake dieses Films, Stadt der Engel (City of Angels), in Meg Ryan verliebte. Müssen Engel unbedingt menschlich sein? Charlie - Alle Hunde kommen in den Himmel zeichnet ein anderes Bild. Der Zeichentrickfilm entstand 1989 unter der Regie von Don Bluth und er-
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Nicolas Cage und Meg Ryan in Stadt der Engel
BEDROHLICHE TECHNIK INTERVIEW MIT OLIVIA WILDE ■ Und wie war es für Sie, so einen Lichtanzug zu tragen?
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ie Theaterschauspielerin Olivia Wilde spielt die Kriegerin Quorra im neuen Film Tron: Legacy. GenreFans freuen sich auch auf ihre Rollen in der Comic-Verfilmung Cowboys and Aliens sowie dem SF-Thriller Now mit Justin Timberlake im Kinojahr 2011. Olivia Wilde wurde auf dem Comic-Con in San Diego von Disney interviewt:
Fotos: Disney
■ Was können Sie uns über Tron: Legacy verraten? Im Wesentlichen ist es eine Familiengeschichte. Ein Sohn sucht seinen Vater und wird zum Mann. Viele große Erzählungen handeln vom Erwachsenwerden, bei dieser geht es um das Erwachsenwerden in einer anderen Welt. Aber trotz unglaublicher Spezialeffekte funktioniert diese Erzählung als Familiengeschichte. Eine meiner Lieblngsszenen ist ein verkrampftes Essen im Kreis der Familie. Jeder hat so eine verkrampfte Mahlzeit schon mal erlitten, bei der man das Kratzen der Messer und Gabeln und das Klirren der Gläser hört. Diese Szene innerhalb dieser unglaublichen, futuristischen anderen Welt zeigt, wie sich der Film anfühlt. Tron: Legacy ist eine einfache Geschichte in einer unglaublichen Umgebung. Tron: Legacy sieht insgesamt sehr unorganisch aus: Unsere echte Welt wurde in ein futuristisches digitalisiertes Universum mit sehr starken Kontrasten, tiefem Schwarz und hellen Farben und Lichtern übertragen. Diese Welt ist sehr, sehr schön, sauber und brandneu. Diesen Stil zu verkörpern habe ich wirklich genossen. Vor allem, weil ich mich dafür vollkommen verändert habe. Ich glaube, selbst wenn jede Person im Universum sich diesen Film anschaut, könnte ich immer noch den Times Square entlanglaufen, ohne erkannt zu werden. Ich habe die morgendliche Verwandlung geliebt. Wenn ich an meinen drehfreien Tagen das Set besucht habe, haben mich Security-Leute gefragt, wer ich sei und wo meine Besuchermarke sei. Das heißt, dass wir die Verwandlung hinbekommen haben.
Es war fantastisch, weil noch niemals zuvor jemand so einen Anzug getragen hat. Was die Kostümabteilung hingekriegt hat, ist revolutionär. Der Anzug hat elektrisch leuchtende Lämpchen auf Neopren. Wir liefen wie kleine Stromhäschen mit Batterien auf dem Rücken herum. Wenn wir alle gleichzeitig eingeschaltet wurden, war das ein tolles Gefühl. Sobald die Lichter angingen, war man in Rolle. Die Anzüge selbst sind unbequem, aber es ist eine Ehre, sie getragen zu haben. Sie sind eine weiterentwickelte Version der Anzüge aus dem Film von 1982. Eines Tages wird es einen weiteren Tron-Film geben. Wer weiß, wie die Anzüge dann aussehen. ■ Und Sie müssen viele Action-Szenen spielen, während Sie diesen schweren Anzug tragen? Gleich nachdem ich die Rolle bekommen hatte, erhielt ich ein sehr anspruchsvolles Training von einem fan-
tastischen Stuntteam namens 87eleven. Dieses Team hat die Schauspieler auch in Filmen wie 300 und Watchmen auf die Kämpfe vorbereitet. Das Tolle an denen und der Grund, warum ich so gern mit Stunt-Leuten zusammenarbeite: Sie denken nur daran, uns Schauspieler für unsere Rollen selbstbewusst zu machen. Sie sorgen dafür, dass wir Schauspieler wie harte Knochen aussehen, wenn wir eigentlich nichts können. Das Training gibt uns Selbstvertrauen, einen körperlich fitten, geschmeidigen und starken Charakter darstellen zu können. Ohne mein monatelanges Training hätte ich meine Figur Quorra nicht verstanden. Nach dem Training habe ich verstanden, wie sie sich bewegt, warum sie so stark ist und warum sie sich um sich selbst kümmern und sich verteidigen kann. Ich habe leider mit flachen Sohlen trainiert, und als ich in dem Anzug das erste Mal kämpfen musste, hatte ich plötzlich zehn Zentimeter hohe Absätze. Das war ein unerwartetes Hindernis. Aber es hat Spaß gemacht - der Film sieht so unglaublich hübsch aus. Insbesondere wie Jeff Bridges sich
selbst im Alter von 35 und von 60 Jahren spielt, muss man gesehen haben. Das ist auch technisch eine Meisterleistung. Unser großartiger Special Effects Coordinator Eric Barba hat einen Charakter erschaffen, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Ich bin mir sicher, dass viele Zuschauer diese jüngere Version von Jeff Bridges für einen echten Schauspieler halten und sagen: »Den würde ich gern öfter sehen. Warum spielt der nicht bei den Twilight-Filmen mit?« ■ Was können Sie uns über Quorra verraten? Es macht immer Spaß, einen Charakter darzustellen, der ein großes Geheimnis hat. Quorra ist geheimnisumwoben und sehr kräftig. Sie ist eine Kriegerin, hat aber auch eine Art kindlicher Energie. Alle Wesen in der Welt von Tron sind Programme. Sie haben menschliche Züge, aber sie sind nicht ganz menschlich. Sie wissen von der Welt der User, wie sie unsere Welt nennen, und sind von ihr fasziniert. Quorra ist davon besonders fasziniert, weil sie vom User aller User, von Kevin Flynn, erzogen wurde. Als sie Sam Flynn trifft, ist das, als ob ihre Gebete erhört worden wären. ■ Wieso ist der erste Tron-Film heute überhaupt noch spannend? Er hat ein einzigartiges Aussehen, dieser von Hand kolorierte Schwarz-WeißFilm. Er ist wunderschön und cool. Er ist so außergewöhnlich einzigartig, dass unzählige Leute sich auf ihn bezogen oder ihn kopiert haben, von Musikern wie Daft Punk bis zur Zeichentrickserie Family Guy. Er hallt in unserer Kultur wider und bietet einen außergewöhnlichen, besonderen Look und eine einzigartige, fremde Welt. Und heute hat er auch einen gewissen nostalgischen Charme: Damals mussten sich die Charaktere Begriffe wie »bit« und »Programm« noch aneignen, heute gehören diese Begriffe zu unserem Alltagsleben. Tron hat einen scharfen Blick in unser aller Zukunft geworfen. Der neue Film ist düsterer. Vermutlich liegt das daran, dass wir Technologie heute etwas düsterer sehen, weil sie überall hinkommt. Wir sind süchtig danach und kommen ohne sie nicht klar. Das berührt der Film. Er wirkt etwas bedrohlicher, weil auch die heutige Technik bedrohlicher wirkt. Interview: Walt Disney Pictures Übersetzung Lars Schiele b
VERTRÄUMT UND WEISE INTERVIEW MIT EVANNA LYNCH (LUNA LOVEGOOD) Fan bin ich nach wie vor, doch versteckt. Früher war sogar mein Wortschatz mit Harry Potter angereichert; jetzt würde das eingebildet wirken.
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vanna Lynch (19, Luna Lovegood) ist die wichtigste Nebendarstellerin in den Harry Potter-Filmen. Mit der irischen Jungschauspielerin sprach während der Premierenfeier für die NAUTILUS Jyoti Guptara: ■ Hast Du aus Liebe zur Schauspielerei oder zu Harry Potter mitgemacht?
■ Wie eng gehören Bücher und Filme zusammen? J.K. Rowling hat gesagt, dass sie Deine Stimme beim Schreiben hört. Ja, das konnte ich zuerst nicht glauben. Ich war überaus glücklich darüber. Ich muss aber sagen, dass das bei mir nicht der Fall ist. Zwar konnte ich Buch
und Film am Anfang nicht auseinanderhalten. Als ich erfuhr, wie gut sich Dan Radcliffe und Tom Felton verstehen, dachte ich, das sei irgendwie nicht richtig. Inzwischen trenne ich das immer klar. Die Filme gehören für mich zur Arbeit, die Bücher sind eine Pause davon. Die Bücher liebe ich weiterhin - das ist, als wäre man zu Hause. ■ Also vermisst Du Deine Familie in Irland nicht? Ich habe neun Monate lang in London
Eindeutig Harry Potter. Ich habe gerne geschauspielert, aber ich war ein Fan, keine Schauspielerin. ■ Und heute? Ich habe einen Agenten und möchte schon Schauspielerin bleiben. Toll wäre es, jemanden zu spielen, der wütend und ein bisschen durchgeknallt ist, im Gegensatz zu der reifen, ihrer eigenwilligen Weltsicht gewissen Luna.
(NEVILLE LONGBOTTOM) ■ Was waren für Dich die lustigsten Momente bei den Dreharbeiten zu den Harry Potter-Filmen?
Fotos: Warner Bros.
Ich bin schneller und selbständiger aufgewachsen. Ich habe mehr Gelegenheit, zu reisen und Leute zu treffen. Allgemein bin ich freier, auch finanziell: Zum Beispiel habe ich mir gerade eine Menge Bücher und CDs gekauft, um Französisch zu lernen - früher musste ich meine Eltern darum bitten. Ich bin selbstbewusster, früher habe ich nicht viel geredet. Ich weiß, es ist dumm, aber die Leute hören dir mehr zu, du giltst als cool. ■ Möchtest Du so berühmt sein wie Daniel Radcliffe oder Emma Watson? Höchstens für einen Tag. Ich bin einmal mit Emma tanzen gegangen, und alle haben sich nach ihr umgedreht und geflüstert. Zwar sagt einem jeder, wie großartig man ist, aber dafür fühlt man sich die ganze Zeit beobachtet. Wenn man einen schlechten Tag hat, kommt jemand auf einen zu, und man muss immer freundlich sein, auch wenn man am liebsten schreien würde. Für die beiden ist das ein 24-Stunden-Job, für mich weniger. Da bin ich nicht neidisch.
Interview und Übersetzung: Jyoti Guptara b
INTERVIEW MIT MATTHEW LEWIS
er 21 Jahre alte Matthew Lewis spielt Neville Longbottom, den Hauskameraden von Harry, Ron und Hermine in der Harry Potter-Reihe. NAUTILUS-Mitarbeiter Jyoti Guptara konnte dem britischen Schauspieler während der Premierenfeier ein paar Fragen stellen:
■ Was hat sich sonst alles verändert?
■ Danke schön.
BEINAHE AUSERWÄHLT
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gelebt und es geliebt. Ich hoffe, meine Familie liest dies nicht, aber ich vermisse sie nicht. Ich habe zu viel Spaß.
Die gibt es immer wieder: Wenn Kinder neun Jahre lang zusammen sind, machen sie eine Menge Unfug. Kürzlich hat Dan Radcliffe ein Blatt auf den Rükken des Regisseurs geklebt, darauf stand etwas so Obszönes, dass ich es jetzt nicht wiederhole. Es war eine ernste Szene, aber alle konnten nur lachen. Gar nicht lustig war, als Helena Bonham Carter (Bellatrix) ihren Zauber-
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stab in mein Ohr gerammt hat. Ich konnte zwei Tage lang nichts hören. ■ Warst Du enttäuscht, dass Neville im sechsten Film kaum zur Geltung kam? Dafür habe ich im letzten Film nun eine Hammerrolle. Ich kann es kaum erwarten, Voldemorts Schlange zu töten. Das ist in der ganzen Reihe Nevilles größter Augenblick. ■ Wäre es nicht toll, wenn Neville doch der Auserwählte gewesen wäre und
Harry nur ein Köder? Im Buch hätte es tatsächlich so enden können. Ich war erstaunt, dass Neville so einen großen Part bekommen hat. In Heiligtümer des Todes (Band 7) beweist sich Neville als Anführer des Widerstands. Ich denke, dass er auch mit der Rolle als Auserwählter fertig geworden wäre. Das liebe ich an Neville. Er ist übergewichtig, hat krumme Zähne und ist unsicher. Und doch ist er ein Held im Herzen, und das zählt. ■ Wie geht es für Dich nach Harry Potter weiter? Gehst Du wie Emma studieren, oder machst Du wie Dan mit dem Schauspielern weiter? Es waren neun verrückte Jahre. Ich habe während des Filmens für meine Examen gelernt und habe alle gut bestanden. Von allen Universitäten, bei denen ich mich beworben habe, bekam ich Angebote. Aber ich denke mir:
Fotos: Disney
DIE SUCHE NACH DEM JUNGBRUNNEN
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aptain Jack Sparrows (Johnny Depp) Probleme lassen sich mit einem Wort zusammenfassen: Jungbrunnen. Der König von England ist hinter diesem sagenhaften Schatz her, und die Engländer glauben, dass Jack Sparrow weiß, wo er ist. Für den gefangenen Jack Sparrow ist das Verhör aber eine Gelegenheit, sein geliebtes Schiff Black Pearl zurückzubekommen. Also arbeitet er mit seinem alten Kumpan und Erzfeind Barbossa (Geoffrey Rush) zu-
Kinostart: 19.05.2011
sammen. Dieser ist inzwischen ein Korsar der Königlich-englischen Marine und er weiß, wer die Black Pearl hat: Blackbeard (Ian McShane) - ein Pirat, vor dem andere Piraten Angst haben. Seine Crew besteht aus Zombies. Und Blackbeard steht unter einem Fluch: Sein Tod naht. Und nur der Jungbrunnen kann sein Leben retten. Blackbeard hat allerdings mehr als nur eine Crew aus Zombies und die jetzt unter dem Namen Queen Anne’s Revenge segelnde Black Pearl. Er hat auch die reizende Angelica (Penelope Cruz), die behauptet, seine Tochter zu sein. Angelica, eine alte Flamme von Jack, verschleppt diesen an Bord der Queen Anne’s Revenge, damit er ihr und ihrem Vater hilft, den Jungbrunnen zu finden. Aber obschon Jack sich darauf einlässt, hat er natürlich Hintergedanken. Allerdings ist Angelica ihm in allen seinen Spezialgebieten ebenbürtig. Oder in fast allen. Denn schließlich ist er Captain Jack Sparrow.
Jack kapert einen Film Der Fluch der Karibik, der erste Film der Pirates of the Caribbean-Reihe, war sei-
nerzeit ein Überraschungserfolg. Piraten waren out, und der Film basierte bloß auf einer Attraktion eines Disney-Vergnügungsparks. Doch dann torkelte Captain Jack Sparrow an Land. Johnny Depps Figur war ursprünglich als Nebenrolle in der Geschichte von Will Turner und Elisabeth Swann gedacht. Doch Johnny Depp tobte sich aus und legte, mit Regisseur Gore Verbinskis Unterstützung, eine völlig untypische Parodie auf einen Piraten hin. Mit dem Ergebnis, dass aus der leicht gruselig angehauchten Piratenromanze von Will und Elisabeth ein Jack Sparrow-Film wurde - der Spaß, den Depp mit dieser Rolle hatte, übertrug sich auf das Publikum und machte Captain Jack zur Hauptfigur. Der angeberische Piratenkapitän hatte den ganzen Film gekapert. Entsprechend stellten die folgenden beiden Filme der Reihe Captain Jack Sparrow in den Vordergrund. Es stellte sich heraus, dass er unter einem Fluch stand, der ihn das Leben kostete, woraufhin er aus dem Totenreich flüchtete und ins Leben zurückkehrte, um in einem furiosen Finale seine Gegner zu versenken. Nebenbei entwickelte sich auch die Geschichte von Will und Elisabeth weiter, was aber angesichts von Johnny Depps grandioser Darstellung des ständig besoffenen Piraten und immer aufwendiger inszenierten Action-
Zeichnung: N. C. Wyeth
MEDIALE SCHRECKEN DER MEERE
BERÜCHTIGTE PIRATEN DIE BERÜHMTESTEN SEERÄUBER AUS FILM, ROMAN UND COMIC
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ie gefürchteten Seeräuber der Leinwand und anderer Medien basieren teils auf echten Menschen, teils sind sie reine Fiktion. Aber Piraten sind so oder so allgegenwärtig. Die folgende Auflistung stellt die berühmtesten oder am meisten gefürchteten Seeteufel aus Wirklichkeit und Fiktion vor: Blackbeard (Edward Teach) gehört zu den ganz großen Namen unter den Piraten. Der historische Blackbeard lebte von ungefähr 1680 bis 1718 und plünderte in der Karibik. Er entsprach aller-
James Purefoy als Blackbeard in der Fernseh-Dokumentation Blackbeard Der wahre Fluch der Karibik (2005)
dings nicht dem Bild, das man sich heute von Piraten macht: Er führte sein Schiff relativ demokratisch, und es gibt keine Berichte, dass er seine Gefangenen misshandelt hätte. Nach einer rela-
tiv kurzen Karriere akzeptierte er im Juni 1718 eine Begnadigung und ließ sich in der britischen Kolonie Amerika im heutigen Pennsylvania nieder. Vom Piratentum konnte er nicht lassen, was den umliegenden Gemeinden einige Sorgen bereitete. Im November 1718 wurde Blackbeard endgültig zur Strekke gebracht. Der Legende nach geht jedoch immer noch sein Geist in dieser Gegend um. Wenn für Film und Fernsehen ein Pirat als Schurke gebraucht wird, greift man gern auf Blackbeard zurück - nicht zuletzt wegen seines leicht erkennbaren Äußeren: Mit dem Namen gebenden wallenden schwarzen Bart erscheint er auch oft als Geist. Peter Blood stammt aus dem Roman Captain Blood von Rafael Sabatini. Blood ist ein englischer Arzt, der als Rebell verhaftet und als Sklave in die neue Welt, nach Barbados, verschifft wird. Als sich die Gelegenheit bietet, entkommen Blood und andere Sklaven und werden zu Piraten. Sie bekämpfen die Spanier. Nach dem Sturz des Königshauses wird Blood begnadigt und, weil er Barbados vor den Franzosen beschützt hat, zum neuen Gouverneur gemacht. Sowohl in den diversen Filmen als auch der Romanvorlage ist Blood ein Mann mit einem ausgepräg-
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Errol Flynn als Peter Blood in Unter Piratenflagge (1935)
ten Gerechtigkeitssinn, von patriotischer Gesinnung gegenüber England (er, der von Englands Gerichten versklavt wurde, kämpft nach seiner Flucht gegen Englands Feind Spanien) und dem für fiktive Piraten üblichen Sinn für Romantik. Sir Francis Drake ist der berühmteste aller echten Piraten. Der historische Drake lebte von etwa 1540 bis 1596 und begann seine Karriere bereits mit 20 Jahren, als er sein erstes Kommando erbte. Mit seinen Raubzügen quälte er die Spanier und wurde so zum meistgehassten Mann am spanischen Königshof. Er umsegelte die Welt, eine Tat, für die er 1580 geadelt wurde. Als die Spanier 1588 mit der berühmten Armada gegen England segelten, diente Sir Francis als Vizeadmiral in dieser Folge
von Gefechten, die die Engländer gewannen. Er starb 1596 im Alter von 55 Jahren während eines Beutezugs bei Panama an einer Erkrankung. Drakes Leben inspirierte viele Piratengeschichten. 1961 wurden seine Abenteuer mit Terence Morgan in der Titelrolle für das britische Fernsehen verfilmt. 1962 folgte eine Kinoversion mit Rod Taylor als
Adrian Paul als Francis Drake in dem TV-Film Die unglaubliche Reise des Sir Francis Drake (2009)
Sir Francis Drake, und 2009 spielte ihn Adrian Paul in einem TV-Film des amerikanischen Fernsehens. Captain James Hook ist wiederum eine fiktive Figur, er ist der Erzfeind Peter Pans. Er fuhr mit Blackbeard und war der einzige Mann, vor dem Long John Silver Angst hatte. Er ist ein verwöhnter, brutaler, hinterhältiger, gerissener Ganove, der nur für eines lebt: Rache an
BERÜHMTE KILLER
GALERIE DER SERIENMÖRDER
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erienmörder werden in Filmen und Romanen oft behandelt. Vielfach präsentieren die Erzählungen auch echte Fälle. Und meistens vermengen sie Authentisches mit Erfundenem. Zur Orientierung stellen wir die bekanntesten Serienmörder im Folgenden vor:
Deutschland: Fritz Haarmann Zwischen 1918 und 1924 soll der 1879 in Hannover geborene Friedrich Haarmann mindestens 24 Jungen oder auch junge Männer getötet haben. Die Leichen zerstückelte er und warf sie in die Leine. Insge-
stische und pädophile Serienmörder ermordete mindestens vier Jungen. Die Überreste der zerstükkelten Leichen fand die Polizei in einem alten Luftschutzbunker, nachdem Bartsch dank der Flucht eines weiteren Opfers gefasst werden konnte. 1967 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt, jedoch wurde das Urteil später auf zehn Jahre Jugendstrafe revidiert. Nach der Haft beantragte Bartsch seine Kastration. Während dieser Operation verstarb er 1976 an einem Narkosefehler.
zu Spekulationen. Ihm werden die Morde an bis zu sechs Prostituierten zur Last gelegt, welche zwischen dem 6. August und dem 9. November 1888 im East End von London verübt wurden. Vier der Mordopfer wurden regelrecht verstümmelt - ihnen wurden der Hals und der Unterleib aufgeschnitten. Das letzte Opfer wurde seziert und die entnommenen Organe neben der Leiche aufgebahrt. Der Name »Jack the Ripper« stammt aus einem Bekennerschreiben, das während der Mordserie an die Central News Agency geschickt wurde.
Jürgen Bartsch (eigentlich Karl-Heinz Sadrozinski) Der 1946 in Essen geborene sadi-
Der 1946 in Burlington (USA) geborene Bundy tötete seinen eigenen Angaben zufolge in mehreren amerikanischen Bundesstaaten über einhundert Menschen. Schät-
John Wayne Gacy Der 1942 in Chicago (USA) geborene Gacy ist auch als »Poco the Clown« bekannt, da er für Kinder
Ausland: Jack the Ripper samt wurden im Fluss 285 Knochen, darunter 22 verschiedene rechte Oberschenkelknochen, gefunden. Haarmann wurde »Der Vampir von Hannover« genannt, da er vor Gericht behauptete, seinen Opfern die Kehle durchgebissen zu haben. Er wurde wegen vierundzwanzigfachen Mordes zum Tode verurteilt und 1925 hingerichtet.
Ted Bundy
Dieser mutmaßliche Serienmörder wurde nie gefasst. Seine wahre Identität bietet noch heute Anlass bei Wohltätigkeitsveranstaltungen gerne den Clown spielte. Gacy vergewaltigte, folterte und tötete mindestens 33 Jugendliche in seinem Haus. Er liebte es, den Tod seiner Opfer hinauszuzögern. Die Leichen vergrub er unter dem Haus, in der Garage, im Garten oder warf sie in den nahen Fluss. Bei seiner Verhaftung war der Serienmörder erst 36 Jahre alt; 1994 wurde er durch eine Giftinjektion hingerichtet.
zungen gehen von 30 bis 260 Opfern aus, nachgewiesen wurden ihm jedoch nur 28 Morde. Bundy wird als gutaussehend, charmant und redegewandt beschrieben. So war es für ihn leicht, seine weiblichen Opfer zu überreden, ihm zu folgen. Hatten sich die Opfer darauf eingelassen, schlug der Mörder sie bewusstlos, vergewaltigte und tötete sie anschließend. Im Februar 1978 wurde Ted Bundy bei einer Verkehrskontrolle gefasst und im Januar 1989 durch den elektrischen Stuhl hingerichtet.
Zodiac Die Identität eines der legendärsten Serienmörder der USA, der zwischen Dezember 1968 und Oktober 1969 fünf Menschen kaltblütig erschoss, ist bis heute nicht geklärt. Die Bekennerbriefe, welche drei Tageszeitungen im August 1969 erhielten, waren mit dem Tierkreissymbol Zodiac unterzeichnet. Dies bildete von nun an das
TIPPS FÜR DEN PERFEKTEN MÖRDER PRAKTISCHE RATSCHLÄGE FÜR ALLE, DIE ALS SERIENMÖRDER BERÜHMT WERDEN WOLLEN
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Wähle deine Opfer nach einem möglichst absurden Muster aus: Töte z.B. nur Klofrauen, Literaturkritiker oder Menschen, die gerne rote T-Shirts tragen. Finde einen Grund für deine Opferwahl. Entweder hattest du in deiner Kindheit einen traumatischen Zusammenstoß mit einer Klofrau und einem roten T-Shirt, oder du bist auf einer Mission. Du findest sicherlich Argumente, warum die Welt ohne Literaturkritiker ein besserer Ort wäre. Schicke Päckchen mit Souvenirs deiner Tat an Polizei und Presse beide freuen sich über die Aufmerksamkeit. Schmiere mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten geheimnisvolle Botschaften an die Wände des Tatorts. Bibelzitate kommen immer gut an. Mache Polaroid-Fotos von der Tat und von den ermittelnden Beamten und lege sie deinen Souvenir-Päckchen bei.
das Blumenmädchen, das seine Zimmerpflanzen in ausgeschabte Schädel umtopft. Falls du Stücke deiner Opfer sammelst, drapiere sie möglichst effektvoll in deiner Wohnung. Je mehr Polizisten sich bei der Hausdurchsuchung übergeben müssen, umso besser hast du es gemacht. Falls du die Leichen deiner Opfer verstecken willst, vergrabe sie nicht im eigenen Garten. Das macht
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20 cebook- oder Twitter-Account an und verhöhne so auch die Polizei, indem du Fotos von dir am Tatort postest. Finde heraus, wer in deinen Fall ermittelt, und schicke dem Beamten persönliche Nachrichten, um ihm zu zeigen, wie sehr er und seine Familie dir am Herzen liegen. Führe Tagebücher, in denen du deine Abscheu der Menschheit gegenüber detailliert beschreibst. Mache »Die Stimmen« für deine Morde verantwortlich. Du kannst ihnen durchaus einen Namen geben; Klassiker sind Gott, der Teufel, Aliens, Jeanne d’Arc oder auch deine (tote) Mutter. Falls deine tote Mutter dich zu den Morden treibt, bewahre ihre Gebeine so auf, dass sie den ahnungslosen Beamter, der sie findet, möglichst stark schockieren. Oder trage bei den Morden ihre Kleidung. Lege dir in jedem Fall eine Verkleidung zu, zum Beispiel eine Maske oder ein Clownkostüm. Ein gestreifter Pullover tut es aber auch. Lass dich nicht erwischen! Wenn die Leute noch in 100 Jahren darüber spekulieren, ob du ein Alien, ein Dämon oder das uneheliche Kind einer berühmten Persönlichkeit warst, hast du es geschafft. Falls du dich erwischen lässt, dann
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wirklich jeder. Sehr viel origineller ist es, wenn du sie zum Beispiel an fleischfressende Haustiere verfütterst. So wird man auch noch Jahre nach deiner Tat darüber spekulieren, wie viele Menschen genau du getötet hast. Hinterlasse falsche, schier unmögliche Spuren am Tatort, zum Beispiel die Fingerabdrücke des aktuellen Friedensnobelpreisträgers oder Fußspuren an der Decke. Gib der Polizei verschlüsselte Hinweise auf deine nächsten Morde. Einfach sind beispielsweise Holzspäne, um darauf hinzudeuten, dass dein nächstes Opfer in einem Sägewerk sterben wird. Schwieriger wird es für die Beamten, wenn du neben deinem Opfer ein Stück Hundekuchen, Schmetterlingsraupen oder ein Quietscheentchen zurücklässt. Kündige als Mörder des 21. Jahrhunderts deine kommenden Untaten über einen anonymen Fa-
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Erscheine selbst auf Pressefotos vom Tatort, ohne dass es jemandem auffällt. Wenn die Presse das nicht macht, lege dir selbst einen spektakulären Spitznamen zu. Sei kreativ: Ripper und Schwarze Witwen gab es schon genug. Du könntest der Cowboy sein, der Reitsporen an unaussprechlichen Stellen der Körper seiner Opfer hinterlässt, oder
nur in einem Land, in dem es noch die Todesstrafe gibt. Nichts ist entwürdigender als ein Serienmörder, der in seiner Zelle an Altersschwäche stirbt. Stoße schwer verständliche Flüche aus, bevor du auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet wirst. Im zweitbesten Fall hast du Vorbereitungen getroffen, damit diese Flüche sich nach deinem Tod tatsächlich bewahrheiten. Im besten Fall hast du Ratschlag 18 befolgt. Andrea Bottlinger b
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einer Graphic Novel von Alan Moore sucht Johnny Depp nach dem wohl berühmtesten Serienmörder in der Geschichte. Der unter der Regie von Albert und Allen Hughes entstandene Thriller weicht allerdings von der gleichnamigen Graphic Novel von Alan Moore in etlichen Punkten stark ab. So bekommt der ermittelnde Inspector Abberline (Johnny Depp) eine eher überflüssige Liebesgeschichte, und die komplexe Rahmenhandlung der Graphic Novel, in
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der die Verwicklung allerhöchster Kreise des britischen Empires in die RipperMorde erzählt wird, wird zugunsten der Ermittlungsarbeit vor Ort zurückgestuft. Als Jack the Ripper wird schließlich der königliche Leibarzt, Sir William Gull, entlarvt. Um einen Skandal zu vermeiden, wird er von der Loge der Freimaurer, denen er angehört, einer Lobotomie unterzogen und verliert seine Persönlichkeit. Daniel Bauerfeld & Sonja Nolles b
Johnny Depp (hockend) in From Hell als Inspektor Abberline
HISTORY
»IST ES AUCH WAHNSINN, HAT ES DOCH METHODE«
FASZINATION IRRSINN
DIE WAHRHEIT ÜBER GEISTIGE STÖRUNGEN
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er Wahnsinn wirkt anziehend. Manche Menschen sehen in Wahnsinnigen Heilige oder Verfluchte, anderen erscheint der Zustand an sich faszinierend, weil er unkontrollierbar und unverständlich, also geheimnisvoll erscheint.
Religiös Verschiedene Religionen werten Zustände, die in der Psychoanalyse als wahnhaft gelten, als Kennzeichen von Heiligkeit, als Zeichen der Götter oder als Besessenheit. Dabei ist es möglich, dass Pychoanalytiker Phänomene als krank einordnen, deren kulturellen Zusammenhang sie nicht verstehen. Umgekehrt gehen wir oft davon aus, dass Anhänger von Religionen Phänome als göttlich einordnen, die irrsinnig sind. Arthur Koestler beschrieb Vahranassi (Varanasi/Benares), die heiligste Stadt der Hindus, als religiöses Irrenhaus. Dieser Eindruck drängt sich dem Besucher auf: Saddhus (heilige Männer) behaupten, seit Jahrzehnten nichts gegessen zu haben - und ihre Anhänger glauben ihnen. Die Götterwelt des Hinduismus ist verwirrend vielfältig: Der Hulmanaffe soll ein schwarzes Gesicht haben, weil
WAHNSINN IM KINO FILME MIT IRRENHAUS-SETTING
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rrenhäuser, verrückte Psychiater und normale Insassen - Nervenheilanstalten und faszinierende psychiatrische Krankheiten haben auf der Filmleinwand eine lange Tradition. Seit den Anfängen des Films dient die Psychiatrie als Hintergrund für realen und phantastischen Horror und als außergewöhnlicher Schauplatz für Thriller, aber auch zur Aufklärung über psychische Krankheiten sowie deren Behandlungsmöglichkeiten sowie zur kritischen Auseinandersetzung mit der medizinischen Praxis. Die nun folgende Übersicht nennt die wichtigsten Filme mit Irrenhaus-Setting:
Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) Ein Jahrmarktsbesucher kommt hinter die Machenschaften des Hypnotiseurs Caligari und findet sich daraufhin schnell als Insasse einer Anstalt wieder, die von Dr. Caligari geleitet wird. Der expressionistische Schwarzweißfilm beeindruckt durch ein kantig-bizarres Arrangement von Schattenverzerrungen. Das zeitlose Meisterwerk ist stilbildend und richtungsweisend sowohl für die Ära des Stummfilms als auch für den Horror- und Psychiatriefilm. Das Testament des Dr. Mabuse (1933) In dem Sequel zu Fritz Langs erstem
der Gott Hanuman durchs Feuer gelaufen ist; für Nichthindus klingt das irrsinnig. Für nicht religiöse Menschen ist es aber ebenso irrsinnig, dass eine Frau einen Sohn zur Welt bringt und ihre Jungfräulichkeit behält. Wahnsinn liegt auch im Auge des Betrachters. Heiligenerscheinungen lassen sich als kollektive Psychosen interpretieren. Der Begründer der Anthoposophie, Rudolph Steiner, litt vermutlich an paranoider Schizophrenie: Seine »Wurzelrassen«, aus denen die Menschheit wie ein Körper besteht, lassen sich als die Zersplitterung der Wahrnehmung bei Schizophrenen deuten. Menschen, die Stimmen hören, also von übernatürlichen Kräften Befehle empfangen, sind im psychiatrischen Sinne krank. Die Geschichte der Menschheit ist voll von Religionsführern, die im Auftrage von Göttern die Welt retten oder unterwerfen sollten. Größenwahn beinhaltet auch Wahn - trotzdem finden solche Größenwahnsinnigen immer Anhänger. Veitstänze, bei denen Hunderte von Menschen unter Zuckungen zusammenbrechen, lassen sich ebenso wie Hexenverfolgungen als Massenpsychosen deuten. Solche Massenpsychosen
Film um den genialen Superschurken und hypnotisch begabten Psychoanalytiker Dr. Mabuse ist dieser wahnsinnig geworden und wird in einem Irrenhaus verwahrt. Dennoch führen Verbrecherorganisationen in aller Welt seine Pläne aus - über seinen Tod hinaus. Ich kämpfe um Dich - Spellbound (1945) Alfred Hitchcock schreibt auf der Grundlage von Sigmund Freuds Psychoanalyse eine spannende und geheimnisvolle Kriminalgeschichte: Eine Psychiaterin (Ingrid Bergmann) hilft einem unter
Amnesie leidenden Kollegen (Gregory Peck), verdrängte traumatische Erinnerungen zurückzubekommen, und deckt dabei ein Verbrechen auf. Bedlam (1946) Dieser klassische B-Film spielt 1761 in Londons bekannt-berüchtigtem Narrenhaus, dem Bethlem Royal Hospital (auch Bedlam genannt), und zeigt Boris Karloff als grausamen und ruchlosen Anstaltsleiter, der Reformen in der Behandlung der Insassen mit allen Mitteln zu verhindern sucht. Die Schlangengrube (1948) Die Schlangengrube beruht auf dem gleichnamigen autobiographischen Roman von Mary Jane Ward: Die junge Virginia wird in die Psychiatrie eingewiesen. Ihr Ehemann Robert und ihr Arzt versuchen, die Ursache ihrer psy-
DYSTOPIA HAT LÄNGST BEGONNEN
DÜSTERE ZUKUNFT DER NEUE PHANTASTISCHE ROMAN-TREND
überraschend. Konformität, ständige Überwachung und der Zwang, das Richtige zu tun, sind zu ständigen Begleitern Jugendlicher und junger Erwachsener geworden. Dabei braucht es nicht einmal den Staat oder die Schule als Kontrollinstanz: Das favorisierte soziale Netzwerk reicht vollkommen.
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unge Leser mögen es düster - vor allem wenn es um ihre Zukunft geht. Denn die Welten, die Autoren wie Suzanne Collins in ihren Romanen entwerfen, sind meist totalitäre Überwachungsstaaten, in denen die Gesellschaft perfekt und glücklich wirken muss. Dass in den vergangenen Jahren ausgerechnet so viele Jugendbücher mit düsteren Zukunftsvisionen erscheinen, ist nur auf den ersten Blick
Panem Brot und Spiele regieren das künftige Nordamerika, in dem die 16 Jahre alte Katniss lebt. Unter dem despotischen Regime des Kapitols müssen die Menschen in den Provinzen Hunger leiden. Und jedes Jahr werden die »Hungerspiele« ausgetragen, ein Gladiatorenkampf auf Leben und Tod. Aus jedem der zwölf Distrikte werden dafür ein
DYSTOPIE IM KINO D
ie Dystopie ist die negative Form der Utopie. Statt einer Idealgesellschaft wird in diesen Zukunftsszenarien eine Verschlechterung der gesellschaftlichen Zustände bis zum Unerträglichen beschrieben. Die folgende Filmgalerie nennt, nach Jahreszahlen geordnet, die wichtigsten Science Fiction-Filme, bei denen eine dystopische Zukunftswelt das zentrale Thema ist. Metropolis (D 1925/26; restauriert 2010) Eine strikte Zweiklassengesellschaft herrscht in der Zukunftsstadt Metropolis. Unterirdisch lebende Arbeitermassen ermöglichen den Wohlstand der
Mädchen und ein Junge zwischen zwölf und sechzehn Jahren ausgelost. Sieger ist, wer bis zum Ende überlebt. Das Szenario, das Suzanne Collins in ihrer Reihe Die Tribute von Panem (Oetinger) entwirft, ist nicht neu. Totale Überwachung, düstere Zukunftsvisionen und Unterdrückung sind Themen, die Autoren schon seit jeher beschäftigen. Dass ihre Romane so viele begeisterte Leser gefunden haben und inzwischen sogar verfilmt werden, hat die Autorin einem anderen Umstand zu verdanken: Im Gegensatz zu den großen Klassikern der Dystopie wie 1984 (siehe Kasten) spricht sie vor allem junge Leser an und trifft perfekt deren Lebensgefühl. Nach Magiern, Vampiren und Werwölfen hat der Buchmarkt für Jugendli-
ein herausragender Science FictionFilm mit überzeugenden Spezialeffekten und Schauspielern. Planet der Affen (USA 1968) Die Besatzung eines amerikanischen Raumschiffs landet auf einer künftigen Erde, die von sprechenden Affen regiert ist. George Lucas’ Filmdebüt ist ein anspruchsvoller Science Fiction-Kunstfilm mit technischen Utopien und einem gesellschaftlichen Schreckensszenario.
Oberschicht. Ein Wissenschaftler initiiert einen Aufstand, indem er einen weiblichen Maschinenmenschen konstruiert, der die Arbeiter zur Revolution anstachelt. Regisseur Fritz Lang verbindet in seinem Stummfilmepos Elemente des Expressionismus mit politischer Spekulation und technischer Utopie. Fahrenheit 451 (GB/USA 1966) In einem Überwachungsstaat sind Bücher verboten. Feuerwehrmann Montag, der keine Brände löscht, sondern il-
legale Bücher verbrennt, rebelliert gegen das totalitäre System. François Truffauts Filmadaption von Ray Bradburys gleichnamigem Romanklassiker ist
wird. Die Menschen können nicht sprechen und werden dort von den Affen wie Haustiere gehalten. Verblüffend gestaltete Masken, überzeugende Schauspieler und eine fesselnde Story machten aus Planet der Affen einen kommerziellen Erfolg, weshalb vier Fortsetzungen (1969-1973) und ein Remake (2001) von Tim Burton folgten. 2011 startet Planet der Affen: Prevolution. THX 1138 (USA 1971) Eine vollcomputerisierte Stadt im 25. Jahrhundert: Das Individuum THX 1138 flieht vor dem unmenschlichen Verbotsstaat, in dem der Mensch eine Nummer und Glück ein Mechanismus
Der Schläfer (USA 1973) Ein Jazzmusiker wird nach einer Operation im Jahre 1974 eingefroren. Nach 200 Jahren erwacht er in einer völlig
technisierten und computergesteuerten Welt. Woody Allen hat für seine gelungene Science Fiction-Satire Motive aus H.G. Wells’ Romanklassiker Wenn der Schläfer erwacht aufgegriffen. Soylent Green - 2022 ... die überleben wollen (USA 1973)
WIR SIND DIE TOTEN
MYSTERY
DER ZOMBIE IN UNS EINE ANALYSE DES AKTUELL TRENDIGEN ZOMBIETUMS
und welche Ängste, Sehnsüchte und Anschauungen bedienen sie? Was verrät uns der Zombie über uns selbst?
Romero
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ombiewalks, die in den Großstädten als Events ähnlich wie Karnevalsumzüge stattinden, Musiker, die sich oder ihre Lieder nach den lebenden Toten benennen - und wo man nur hinsieht: schlurfende Untote auf Kalendern, in Filmen, Büchern, Comics, Spielen und Serien. Die modernden Leichen sind multimedial wiederauferstanden. Längst haben sie sich einen festen Platz in der modernen Populärkultur erobert. Selbst in höheren Literaturkreisen sind die Zombies inzwischen salonfähig geworden (siehe den Buchtipp auf Seite 36 dieser Ausgabe). Das Sachbuch Die Untoten und die Philosophie behandelt gar geisteswissenschaftliche Fragen mithilfe von Zombies und Vampiren. Was bedeuten die trendigen Zombies? Warum sind Zombies anarchisch, werden aber auch von Yuppies geliebt,
Das Besondere am modernen Zombiemythos, wie ihn George A. Romero in bislang sechs Filmen seit 1968 begründet hat: Der Zombie ist ein wiedererweckter Toter, der keine Intelligenz mehr besitzt und von der Gier nach Menschenfleisch getrieben wird. Er verfügt nur noch über eingeschränkte motorische Funktionen und kann sich daher nur langsam bewegen. Endgültig töten kann man einen Zombie nur durch Verletzung von dessen Gehirn oder indem der Kopf vom Körper getrennt wird. Wer von einem Zombie gebissen wird, stirbt nach wenigen Stunden und verwandelt sich dann selbst in einen Untoten. So gibt es bald immer mehr Zombies, und die Zivilisation ist dem Untergang geweiht.
Evolution Die Zombies haben im Gegensatz zu ihren lebenden Opfern selbst nie den Prozess der Evolution durchlaufen und werden es auch nicht mehr tun. Die
Vorherrschaft der wandelnden Leichen kann sogar das Ende der Entwicklung des Menschen bedeuten. Erst im vergangenen Jahr hat eine Gruppe von Mathematikern von der Universität Ottawa berechnet, wie gefährlich der Ausbruch einer Zombie-Infektion wohl tatsächlich wäre. Mit ihrem Modell kamen die Wissenschaftler zu dem gleichen pessimistischen Ergebnis wie Romero und Konsorten: Nur ein entschiedenes, extrem aggressives Vorgehen gegen die Untoten könnte der Analyse zufolge die Menschheit vor dem sicheren Untergang bewahren. Doch genau hier zeigt sich die Bedeutung der Evolution. Der Homo Sapiens ist als Jäger und Sammler von seiner genetischen Ausstattung und körperlichen Erscheinung her nicht für ein Leben geschaffen, wie wir es heute dank des industriellen Fortschritts führen. Während beispielsweise unsere Ahnen im Schnitt täglich 20 km liefen, bewegen wir uns am Tag oft nicht einmal mehr einen Kilometer weit fort. Das Überleben in der Zombiewelt erfordert viele Fähigkeiten, die der Mensch über Jahrtausende entwickelt hat, die aber in der heutigen technisierten Luxuswelt nutzlos geworden sind. Damit erzwingt die von Zombies eingeleitete Endzeit
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ie Geschichte des Zombies R im Roman Mein fahler Freund beginnt mit den Worten: »Ich bin tot, aber es ist nicht so schlimm. Ich habe gelernt, damit zu leben.« R ist es peinlich, dass er sich nur an den ersten Buchstaben seines Namens erinnern kann, doch als Zombie vergisst man vieles. Auf der Jagd nach Menschenfleisch trifft er das Mädchen Julie. Er hat gerade das Gehirn ihres Freundes gefressen, und irgendetwas scheint dabei hängen geblieben zu sein. Er kennt ihren Namen, und er nimmt sie kurzerhand mit nach Hause zu dem Flughafen, auf dem er zusammen mit den anderen Zombies seine Zeit mit Herumstehen und Stöhnen verbringt. Gemeinsam kommen die beiden dem Geheimnis hinter der Zombieapokalypse auf die Spur. Mein fahler Freund widmet sich mit viel Witz den großen Fragen des Lebens und gibt dabei dem Zombie-Genre eine ganz neue Richtung. Autor Isaac Marion hat seine Überlegungen NAUTILUS-Mitarbeiterin Andrea Bottlinger mitgeteilt:
Foto: Tiffany LaineDeMott
■ Sind Sie ein großer Zombie-Fan? Ich bin mir nicht ganz sicher, was es heißt, ein Zombie-Fan zu sein. So wie ich das sehe, bedeutet es, eine ganze bestimmte Story-Struktur zu mögen, der Zombiegeschichten folgen - die Infektion, der Zerfall der Gesellschaft, eine Gruppe Überlebender, die gegen Horden von Untoten kämpft. Nach dieser Definition bin ich kein Zombie-Fan. Aber als ich Mein fahler Freund geschrieben habe, war ich mir der Vorlagen und deren Hintergründe bewusst und dachte mir, es wäre Zeit, die mal umzukrempeln. ■ Was hat Sie auf die Idee gebracht, ausgerechnet eine Liebesgeschichte mit einem Zombie zu schreiben? Während ich versuchte zu ergründen, wie es wohl ist, ein Zombie zu sein, sind mir überraschend viele Ähnlichkeiten zwischen diesem Zustand und einer Phase meines eigenen Lebens aufgefallen: das Gefühl von Apathie und Hoffnungslosigkeit, die ständige Wiederholung täglicher Routinen und die emotionale Kälte. Dann war es nicht mehr schwer, mir vorzustellen, dass eine solche Person sich zu jemandem hingezogen fühlt, der sehr lebensfroh und unternehmungslustig ist, also das genaue Gegenteil. Sich vorzustellen, dass diese lebhafte Person von einem Klumpen toten Fleischs ähnlich faszi-
gen. Der Ton des Buches pendelt zwischen Satire und tief empfundenen Emotionen. Ich hoffe, den Lesern wird davon nicht schwindelig. ■ In Mein fahler Freund sind sich die Untoten und die Lebenden sehr ähnlich: Die Menschen haben keine Träume mehr und konzentrieren sich darauf zu überleben - genau wie die Zombies. Bewegt sich unsere Gesellschaft angesichts der Angst vor Terrorismus in diese Richtung?
EIN FRISCHER WIND IM ZOMBIE-GENRE
MEIN FAHLER FREUND INTERVIEW MIT ISAAC MARION
niert sein könnte, war schon schwerer. Obwohl sie Menschen fressen, hatte ich immer das Gefühl, dass Zombies tragische Figuren sind, verletzte und verwirrte ehemalige Menschen, Sklaven ihrer Triebe. Ich kann mir vorstellen, dass man Mitleid mit einem solchen Wesen haben kann. ■ Denken Sie, dass Ihre Zombie-Liebesgeschichte Nachahmer finden wird?
schrauben, wie es in Bis(s) (Twilight) mit den Vampiren gemacht wurde. Aber die Zombies in Mein fahler Freund entsprechen dem klassischen Bild - abgesehen davon, dass sie ein klein wenig gesprächiger sind. Sie sind grau, langsam und stinken, können keine Erektion kriegen und fressen Leute. Daher war es eine echte Herausforderung, diese Beziehung glaubhaft zu machen.
Die menschliche Gesellschaft hat schon immer auf Angst und Mangel basiert. Diese beiden Dinge sind der Grund dafür, dass sich die ersten Menschen zu Gruppen zusammengeschlossen haben. So konnten sie besser überleben. Da für uns das einfache Überleben keine so überwältigende Aufgabe mehr ist, haben wir die Chance, mehr Energie in andere Dinge zu stecken. Unsere Gesellschaft entwikkelt sich ständig in diese Richtung weiter, aber natürlich gibt es auch immer noch die angstbasierte Mentalität: wir gegen den Rest der Welt. Natürlich ist Überleben wichtig, aber es bringt einem nicht viel, am Leben zu sein, wenn dieses Leben leer und sinnlos ist. Wir dürfen uns nicht so sehr darauf konzentrieren, für jedermanns körperliche Sicherheit und Gesundheit zu sorgen, dass wir darüber unsere geistige Gesundheit vergessen. Dabei spielt es keine Rolle, wie schlecht es in der Welt gerade aussieht. Eines der Themen von Mein fahler Freund ist: egal ob Mensch oder Zombie - dass der Körper sich bewegt, bedeutet nicht, dass man lebt. ■ Wird es eine Fortsetzung geben?
Ich weiß von einer Liebesgeschichte zwischen zwei Zombies. Ich habe das Gefühl, die meisten Liebesgeschichten zwischen Zombie und Mensch funktionieren am besten als Komödie. Ich war mir auf jeden Fall des entsprechenden Potentials bewusst, als ich Mein fahler Freund geschrieben habe. Aber die Geschichte selbst ist keine Komödie. Wenn jemand eine ernste ZombieLiebesgeschiche schreiben würde, würde er vielleicht die Zombiehaftigkeit des Zombies ein bisschen runter-
■ War der Humor geplant, oder hat er sich eingeschlichen? Der Humor war von Anfang an geplant und auch ziemlich unvermeidlich. Man kann nicht über einen Zombie schreiben, der von seinem Leben in einem Flughafen erzählt, von seinen Freunden, seiner Frau, seinen Kindern und seiner aufkeimenden Liebe für eine menschliche Teenagerin, ohne dass es etwas zu schmunzeln gibt. Es war schwerer, auch emotionale Tiefe hineinzubrin-
Das ist die Ironie, wenn man ein Zombie ist: ❝ Alles ist komisch, aber man hat nichts zu lachen, weil einem die Lippen verrottet sind. ❞
Ich habe mich in die Welt verliebt, die ich für diesen Roman entworfen habe. Aber im Moment plane ich keine Fortsetzung. Die Geschichte wurde erzählt, und ich freue mich darauf, über etwas anderes als Zombies zu schreiben. Allerdings habe ich eine kurze Vorgeschichte geschrieben, die das Leben und Sterben einiger der Charaktere genauer beleuchtet. Sie wird in der Kurzgeschichtensammlung Flashlights in the Basement erscheinen, die ich bald selbst herausgeben werde, um hoffentlich das Interesse eines Verlags zu wekken. ■ Vielen Dank. Interview und Übersetzung: Andrea Bottlinger b
MYSTERY
WER HAT ANGST VORM SCHWARZEN MANN?
VOR WEM KINDER ANGST HABEN - UND WARUM
Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir, mit dem kleinen Hackebeilchen macht er Schabefleisch aus dir
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igentlich ist er ganz harmlos: Kinder rufen ihn beim Fangenspiel und fragen am Ende eines Abzählverses, wer Angst vorm Schwarzen Mann hat. Erwachsene sagen, dass der Schwarze Mann ein Kind holen kommt, wenn es unartig ist. Und unterm Bett oder der Kellertreppe können angeblich Monster sitzen. Dass sich hinter diesen vermeintlich harmlosen Kinderreimen und Kinderschrecken Abgründe nächtlichen Terrors und seelischer Qualen verbergen können, ist vielen Erwachsenen gar nicht klar:
Licht aus! Als sein Vater abends das Zimmer verlassen will, fleht Bill Wattersons ComicLausbub Calvin ihn an, das Licht anzulassen - wegen der Monster unter Calvins Bett, vor denen Calvin trotz seines Stofftigers Hobbes große Angst hat. Sein
Vater beschwichtigt Calvin, dass keine Monster unter seinem Bett seien, macht das Licht aus und schließt die Tür. Calvin ruft im Dunkeln unter sein Bett: »Heute Nacht irgendwelche Monster unter meinem Bett?« Er erhält keine Antwort, und das macht ihn misstrauisch. Er und Hobbes erzählen einander betont laut, wie vollgefressen und trotzdem zart und lecker Calvin heute doch sei. Als daraufhin eine Pfütze Sabber unter dem Bett hervorquillt, verknoten Calvin und Hobbes ihre Bettsachen zu einem Strick, um aus dem Zimmer zu fliehen. Bill Watterson thematisiert in diesem Strip viele Dinge: die kindliche Angst vor dem nicht Sichtbaren und Unbekannten, die Kinder in der Dunkelheit abends im Bett oft ausstehen, während ihre Eltern diese Ängste auf die leichte Schulter nehmen. Und wozu die Angst die Kinder treiben kann: zur Flucht aus dem eigenen Bett, klassischerweise in das der Eltern; oder zu unruhigen, marternden Albträumen. Denn im Schlaf verarbeitet unser Unterbewusstsein die Eindrücke des Tages. Und was könnte stärker und frischer sein als die Angst vor den bösen Wesen der Nacht und der Dunkelheit, die man kurz vor dem Umschalten auf das Unterbewusstsein empfindet?
Unterm Bett Es gibt viele klassische Beispiele für Schreckensgestalten im Kinderzimmer und in den eigenen vier Wänden. Oft sind sie schon viele Generationen und Jahrhunderte alt:
Die unscharf definierten Monster unter dem Bett und der Kellertreppe oder im Kleider- und Wandschrank lauern im eigenen Zuhause in abgelegenen, düsteren Ecken. Sie torpedieren das Sicherheitsgefühl der eigenen vier Wände. Aber es gibt auch viele konkret gestaltete, häufig bewusst eingesetzte Kinderschrecken. Teilweise gehen diese Schreckensgestalten auf reale Personen oder Dinge zurück, oder sie sind als Anthropomorphisierung zu verstehen um Kinder zu erziehen, damit sie einen schwierigen Sachverhalt einfach erfassen können. Die Herkunft der Schrecken ist oft mehrdeutig: Steht der Schwarze Mann nur für den zwielichtigen Fremden und dunkel gekleideten Räuber? Oder steht er für die Pest und die Leichensammler? Oder gar für Tod und Teufel? In jedem Fall half der Schwarze Mann Eltern dabei, Kinder zu erziehen: Sei artig oder schlaf jetzt; hör auf, deine Schwester zu ärgern, sonst holt dich der Schwarze Mann! Irgendwann war es egal, welche Bedeutung der Schwarze Mann einmal gehabt hatte - durch die ständigen Drohungen war er zu einem universellen Kinderschrecken geworden und als solcher häufig im Einsatz. Tagsüber arbeitete er gewissermaßen Teilzeit - wenn die Kinder bei Tageslicht mutiger wurden und ihn beim Spielen in Reimen anriefen. Ein ähnliches Schicksal teilen viele Kinderschrecken, etwa der Butzemann (der als Verwandter des Schwarzen Mannes ursprünglich eine Oger-Figur war), der fremde Mann (der Kinder davon abhalten sollte, mit Fremden mitzugehen), der Wassermann (der Kinder
DIE SCHÖNE DAME OHNE GNADE
VERFÜHRUNG UND SCHRECKEN VON DER DÖMONISCHEN FEMME FATALE ZUR ROMANTASY-IKONE
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er glaubt, dass nur Zwerge, Dämonen, Zauberer, Hexenmeister, Vampire und Trolle die phantastischen Bücherwelten beherrschen - also die Herren der Schöpfung - hat sich getäuscht. Zwar schlagen in etlichen Romanen Männer mit gezückten Schwertern als starke Helden ihre Gegner in die Flucht. Doch eine andere gefährliche Macht lockt ihre Opfer verführerisch ins Verderben: Weibliche Figuren in Fantasy-Geschichten gehorchen oft anderen Gesetzen als ihre männlichen Kollegen. Ihre stärkste Waffe ist die Versuchung, der selbst der Leser erliegt.
Dunkle Muse Woher stammen diese verführerischgefährlichen Frauen? Wenn wir eine kleine Reise in das Zeitalter der Romantik unternehmen, treffen wir dort auf
den englischen Schriftsteller John Keats. Von allen seinen Portraits blickt uns ein blasser, blutarm wirkender Jüngling verträumt an. Den vom Grübeln schwer gewordenen Kopf stützt er mit der Hand ab, sein Blick ist in die Ferne gerichtet. Da Keats als eingefleischter Romantiker zur Todessehnsucht neigt, also einen romantisch verklärten Blick auf die Abgründe des Lebens wirft, liegt es nahe, sich die Muse des Poeten als unbarmherzige und göttliche Schöne vorzustellen. Unnahbar und anbetungswürdig, aber auch gefährlich, scheint sie an der Schwelle des Todes zu stehen. Diese Muse ist zugleich eine Quelle der Inspiration und ein Wegweiser in Richtung Untergang. Sie bezirzt den Dichter, inspiriert ihn, raubt ihm im Gegenzug aber auch seine Lebenskraft. Keats hat genau dieses Zusammentreffen mit seiner Muse literarisch in dem Gedicht La belle dame sans merci (Die schöne Dame ohne Gnade) verarbeitet. Doch nicht erst Keats hat diese verhängnisvolle Frau, die Femme fatale, zum Leben erweckt. Er ist ihr lediglich erlegen und von ihr inspiriert worden. Die schöne Gnadenlose taucht schon viel früher in den Legenden und Sagen auf, welche die Menschen seit dem Altertum gesponnen haben. Werfen wir also den Blick auf die Vergangenheit. Denn die Dämonisierung des Weiblichen reicht bis in die Antike zurück.
Unten Der so genannte Succubus ist ein Dämon in weiblicher Gestalt und somit das Gegenstück zum mannsgestaltigen Inkubus. Die erste Erwähnung derartiger Wesen stammt aus Mesopotamien (der Name dort lautet Lilitu). Nach der Überlieferung erscheinen diese Dämonen
Männern als erotische Träume. Während der Mann der Lust frönt, entzieht die Lilitu ihrem Opfer die Energie: Der sexuelle Akt im Schlaf wird dem Opfer zum Verhängnis. Darum wurde empfohlen, die Gedanken vorm Einschlafen auf keusche Dinge zu lenken. Der Succubus tritt auch im jüdischen Glauben auf, das Christentum übernimmt ihn und gibt ihm seinen lateinischen Namen (succumbere = unten liegen).
Lilith Dieses schlimme Mädchen der Finsternis beschäftigt die Menschen schon lange Zeit. Im alten Orient ist Lilith ein weibliches Mischwesen, eine Chimäre, in Sumer ist sie eine uralte Gottheit, die an der Schöpfung beteiligt war. Die erste Namenssilbe Lil- (Wind) weist darauf hin, dass es sich ursprünglich um ein Luftwesen handelte. Lilith wird daher oft mit Flügeln dargestellt. In altbabylonischer Zeit war Lilith vermutlich auch die Göttin der Prostituierten. Die uns bekannte Lilith wird jedoch meist auf den jüdischen Talmud zurückgeführt: In der Schöpfungsgeschichtesind Lilith und Adam die aus Lehm geformten ersten Menschen. Doch Lilith wollte sich dem Mann Adam nicht unterwerfen und wurde dafür von Gott aus dem Paradies verbannt. Als Ersatz formte Gott Eva aus Adams Rippe. Lilith entwickelt sich von da ab zur Dämonin, die weder Gott noch dem Teufel dient. Teilweise wird sie auch als gefallener Engel oder als Ur-Vampirin interpretiert: Weil sie nie vom Baum der Erkenntnis isst, bleibt Lilith unsterblich. Sie gebärt tausende Kinder, die aber alle sterben müssen. So kam es zur Legende, dass Lilith nachts aus Rache die Kinder der Menschen tötet.
HELD ODER VERBRECHER?
HISTORY
DER EDLE RÄUBER ROBIN HOOD - MYTHOS UND WIRKLICHKEIT DES SOZIALBANDITEN
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War Robin Hood ein schnöder Bandit oder ein Rebell, eine historisch verbürgte Person oder nur ein literarische Erfindung?
obin Hood ist heute der Inbegriff eines Sozialbanditen, der um Gerechtigkeit kämpft. Dabei bleibt der Rächer der Enterbten gesellschaftskompatibel, er ist kein Revolutionär: Er kämpft gegen den unrechtmäßigen König Johann Ohneland, um den rechtmäßigen Richard Löwenherz wieder auf den Thron zu bringen. Hat es Robin Hood als historische Figur gegeben? Einerseits ranken sich Mythen auch um historische Personen wie Karl den Großen, Attila, den Hunnenkönig, Alexander den Großen oder den ebenfalls zum edlen Räuber verklärten deutschen Schinderhannes. Andererseits deutet vieles im Mythos von Robin Hood auf eine erzählerische Darstellung der englischen Geschichte im frühen Mittelalter. Der Rächer der Enterbten wäre dann eine rein fiktive Figur, ähnlich dem Zauberer Merlin oder dem Drachentöter Siegfried.
Die Ursprünge Robin Hood war im Mittelalter kein Familienname, sondern ein Ausdruck für einen Gesetzlosen, vergleichbar dem deutschen Halunke oder Galgenstrick. Zudem waren die Vornamen Robert oder Robin in verschiedenen Formen in England weit verbreitet. Im 13. Jahrhundert gibt es verschiedene Erwähnungen dieses Namens außer-
halb der bekannten Sage. 1377 erscheint der Name Robin Hood in einer Gedichtsammlung, 1420 finden wir einen Hinweis auf eine historische Person. Andrew Wyntoun erwähnte Robin Hood und Little John für das ausgehende 13. Jahrhundert. Walter Bower datierte Robin Hood auf die Zeit um 1266. 1520 schließlich findet Robin Hood seinen Platz in der Zeit, in der wir ihn kennen: John Major schreibt nämlich von einem Robin Hood in der Zeit von Richard Löwenherz, also viele Jahrzehnte früher als bei Bower. In den alten Balladen ist Robin Hood ein freier Bauer - aber keineswegs ein mittelalterlicher Che Guevara, der die Reichen bestiehlt, um die soziale Revolution vorzubereiten. Ein Robin Hood im Wortsinn ist er durchaus, nämlich ein Wegelagerer, ein banaler Waldräuber, der nicht die Reichen beraubt, um die Armen zu beschenken, sondern andere beraubt, um sich selbst zu bereichern. Das verwundert nicht, egal, ob es sich um eine fiktive oder eine wirkliche Person handelt. Denn in der englischen Gesellschaft im Mittelalter kam es häufig zur Anwendung von Gewalt. Der Adel definierte sich über Krieg, Fehden zwischen den Adligen gehörten zum Alltag - und ein Räuber brauchte auch in den Erzählungen nicht unbedingt eine moralische Rechtfertigung für seine Taten. Der Ort der frühen Robin Hood-Legenden verweist auf die damalige Wirklichkeit. Robin und seine Gesetzlosen leben nicht im Sherwood Forest oder in Nottingham (einer Region, die im 13. Jahrhundert bereits über eine entwickelte Infrastruktur verfügte). Die Outlaws der frühen Erzählungen machen stattdessen die Überlandstraße im Grenzgebiet zwischen England und Schottland unsicher, in Yorkshire. Im Sherwood Forest hätten erstens die wenigen Kaufleute, die durchreisten, nicht ausgereicht, der Bande ihren Lebensunterhalt zu finanzieren; zweitens wäre das Rückzugsgebiet nicht groß genug gewesen. Das
Grenzgebiet jedoch, wo Outlaws jederzeit nach Schottland fliehen konnten, entspricht den Notwendigkeiten einer mittelalterlichen Räuberbande viel eher. Nicht das romantische Bild eines dunklen Waldes, sondern ein anderes Land mit anderem Rechtssystem war auch in vergangenen Zeiten das Terrain, auf dem sich Gesetzlose bewegen konnten. Räuber brauchen in erster Linie keine Wildnis, in der sie sich verstekken können, sondern Absatzmärkte für ihr Diebesgut. Heute gilt das zum Beispiel für den Drogenhandel an der Grenze zwischen Mexiko und den USA. Aus historischen Überlieferungen ist bekannt, dass die Handelsstraße von England nach Schottland unkontrollierbar war, über Jahrhunderte hinweg als extrem gefährlich galt und Raubüberfälle zur Tagesordnung gehörten. Harte Belege finden sich kaum. Auf das Jahr 1450 lässt sich eine Ballade mit dem Titel Robin Hood and the Monk zurückführen. Robin Hood and the Potter von 1500 ist vollständig erhalten. Nur wenige Jahre später erschien Gest of Robyn Hode als Druckausgabe älterer Erzählungen. Robin Hood and Guy of Gisborne ist möglicherweise noch älter, aber erst aus dem 18. Jahrhundert vom irischen Bischof Thomas Percy überliefert. Der Sheriff von Nottingham tritt erst später in den Balladen auf. Da das Belegmaterial dünn ist, bietet sich somit viel Raum für Spekulationen.
Neuzeit Spätestens in den modernen Erzählungen wird Robin Hood zu einer fiktiven Figur. Im 16. Jahrhundert erklärt John Leland Robin Hood zum Adligen, im frühen 17. Jahrhundert meint Anthony Munday in ihm den Earl of Huntington zu erkennen. Um 1700 gab es dann vielfältige Varianten von Robin Hoods Abenteuern, insgesamt ungefähr drei Dutzend. Im 19. Jahrhundert fassten Mythenforscher die Robin Hood-Balladen in Sammlungen zusammen und fügten teilweise eigene Abwandlungen hinzu. Dabei verschmolzen Elemente
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ondon, November 1896. Das Licht der Gaslaternen wird von zähen Nebelschwaden gedämpft, die wie hungrige Raubtiere zwischen den Häusern lauern. Die Hufe eines Pferdes klappern laut auf dem feuchten Straßenbelag, als vor der Hausnummer 221 in der Baker Street eine kleine Droschke vorfährt, der eine verschleierte Frau in Schwarz entsteigt. Kurz nach Eintreten der Witwe ver-
CONAN DOYLE UND DIE FEEN VON COTTINGLEY 1917 behaupteten die Mädchen Elsie Wright und Frances Griffiths, Feen fotografiert zu haben. Conan Doyle, damals schon engagiert für Spiritismus und Übernatürliches, wurde einer der größten Fürsprecher der Fotos. Er schrieb als Gutachter einen Artikel, in dem er die Authentizität der Fotos betonte. 1981 wurden die Fotos als Schwindel entlarvt. Die Urheberinnen gaben zu, den Schwindel aufrechterhalten zu haben, um Conan Doyle nicht in Bedrängnis zu bringen, der sich ihnen gegenüber so ritterlich verhalten habe. Zur Ehrenrettung Conan Doyles wurde später gerne behauptet, er habe die Fotos verifiziert, um die Mädchen zu schützen. Es ist aber davon auszugehen, dass der in dieser Phase seines Lebens von allem Okkulten begeisterte Conan Doyle wirklich an die Echtheit der Bilder glauben wollte und sich täuschen ließ.
stummt das Geigenspiel, das bis dahin aus der Wohnung im ersten Stock des Hauses geklungen ist. Keine Viertelstunde später hört die alte Haushälterin Mrs. Hudson schließlich eine Männerstimme über ihr in 221B rufen: »Haben Sie Ihren Revolver, Watson? Ausgezeichnet. Kommen Sie, alter Knabe! Das Wild ist auf!« Wir wissen alle, wer da Hamlet zitiert und was gleich folgt: das Rätsel. Die Jagd nach Hinweisen. Die Deduktion. Der Sieg der Gerechtigkeit - und der Triumph des großen Sherlock Holmes, der anschließend jedoch gleich wieder in gelangweilte Lethargie verfällt und geistige Stimulierung durch eine siebenprozentige Kokainlösung sucht, bis der nächste Fall sein Interesse weckt. Dass man schon nach wenigen Sätzen und einer einzigen Szene ein genaues Bild vor Augen hat, zeigt, wie bekannt Sherlock Holmes ist. Doch wie wurde aus einer belletristischen Figur aus der britischen Literatur Ende des 19. Jahrhunderts ein popkulturelles Phänomen? Wir beginnen die Spurensuche in einem Hörsaal in Schottland und enden in der Gegenwart vorläufig bei dem Verdächtigen Guy Ritchie:
Vorbild Mit 28 Jahren schuf der damals noch als Arzt praktizierende Arthur Conan Doyle Ende der 1890er die geigespielende, kokainspritzende Verbrechensbekämpfungsmaschine Sherlock Holmes. Dazu ließ sich Conan Doyle von zwei Quellen inspirieren: einer literarischen in Form von Edgar Allan Poes Detektiv Auguste Dupin und Èmile Gaboriaus Inspektor Lecoq, und einer real existierenden, seinem Edinburgher Medizindozenten Dr.
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Joseph Bell: Bell war dafür berüchtigt, nur aufgrund von Beobachtungen Diagnosen abzugeben, bevor seine Patienten auch nur einen Ton sagten. Bell hat dem jungen Conan Doyle im Hörsaal als erster die Kunst der Deduktion nähergebracht. Diese Demonstration von Beobachtung und Schlussfolgerung beeindruckte Conan Doyle zutiefst. Sherlock Holmes debütierte 1887 in der Erzählung Eine Studie in Scharlachrot im Beetons’s Christmas Annual und bedeutete einen Quantensprung für den analytischen Detektiv in der Unterhaltungsliteratur. Der britische DetektivRoman erlebte mit, dank und nach Holmes ein goldenes Zeitalter. Der arrogante, dandyhafte Gentleman-Ermittler aus der oberen Schicht des britischen Kastensystems, der herabsteigt und die Arbeit auch gesellschaftlich gewöhnlicher Polizisten verrichtet, hat bis heute überlebt.
Zwei Freunde Es ist ihr gemeinsamer Bekannter Stamford, der Dr. John Hamish Watson und Mr. Sherlock William Scott Holmes das erste Mal im Chemielabor des Londoner St. Bart’s Krankenhauses zusammenführt. Der verwundete Veteran Watson ist gerade aus Afghanistan nach London zurückgekehrt, wo er eine neue Bleibe sucht. Stamford stellt Watson und Holmes einander vor, da auch der hochgewachsene, schlanke Mann mit dem Raubvogelgesicht einen Mitbewohner sucht, um die Miete zu teilen. So verschlägt es die beiden in die Obhut von Mrs. Hudson und die Wohnung 221B in der Baker Street. Holmes und Watson teilen sich die Räumlichkeiten am Ende der 17 Treppenstufen im er-
MYSTERY
WINTERSCHRECKEN UND WEIHNACHTSMÄNNER
SCHNEE UND EIS DIE KALTE JAHRESZEIT IN DEN MYTHEN, IN FESTEN UND IM BRAUCHTUM
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er Winter ist in den nördlichen Breiten die kalte Jahreszeit. Das Leben ist begraben unter einem weißen Mantel aus Schnee, die Seen sind zugefroren, die Sonne scheint nur wenige Stunden, die Nächte werden lang und dunkel. Alle Kulturen des Nordens kennen Mythen um diese Zeit der Kargheit, des Überlebens, des Zehrens von der Ernte, die der Sommer eingebracht hat, und um die Wärme des Leben rettenden Feuers. Die Stürme des Winters sind in diesen Mythen das Toben von zerstörerischen, mächtigen Geistern. Zugleich ist der Winter die Zeit der Besinnung, des Geschichtenerzählens. Die Hoffnung ist stets die Sonne. Das gilt aber nur für die Völker des Nordens: In der arabischen Folklore ist die Sonne kein Lebensbringer, sondern eine vernichtende Kraft. Das Lebenssymbol ist für sie das Wasser. Feste wie Weihnachten, aber auch Dämonen und dunkle Geister verdanken ihre Existenz
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sowohl der Dunkelheit als auch der Kälte des Winters.
Unbesiegbare Sonne Die heutigen Feste Nikolaustag, Weihnachten, Silvester und Karneval haben ihren Ursprung allesamt in heidnischen Kulturen: Der 25. Dezember galt im antiken Rom als Geburtstag des Sonnengottes: die Wintersonnenwende. Es war nach dem damals verwendeten Kalender der kürzeste Tag des Jahres, an dem die in der Dunkelheit versunkene Sonne neu auf die Welt kam. Die Wintersonnenwende hat sich heute auf den 21. Dezember verschoben, weil das Jahr nach dem Julianischen Kalender länger ist als das astronomische Jahr. Sol Invictus, der Sonnengott, galt den Christen als heidnischer Aberglaube. Sie übernahmen zwar Rituale des Sonnenkultes, setzten aber bewusst Jesus Christus an die Stelle der unbesiegbaren Sonne:
Die wahre Sonne sei erst mit dem Heiland zu den Menschen gekommen. Die Christen übernahmen die Strukturen des Kultes um den Sonnengott Mithras, verteufelten aber zugleich den Gott. An den Sonnengott Mithras erinnert heute noch die Mitra, der Bischofshut. Die Feiern zur Wintersonnenwende blieben aber bestehen, und im Weihnachtsfest zur Geburt des Erlösers haben sich unzählige heidnische Elemente erhalten.
Rauhnächte Die Wintersonnenwende war aber nicht nur in Rom, sondern auch bei den weiter nördlich lebenden europäischen Nachbarn, den Germanen, Slawen und Kelten eine wichtige Zeit. Diese Feiern sind für alle Kulturen des Nordens wesentlich, wo der Winter eine harte und kalte Zeit mit viel Schnee und Eis war. In der Zeit des christlichen Weihnachtens feierten die heidnischen Germanen die Rauhnächte von Ende Dezember bis Anfang Januar. Diese zwölf Nächte hatten auch einen rationalen Grund: Im Mondkalender fehlen zwölf Tage des Sonnenkalenders. Die heidnischen Vorstellungen sahen darin eine Lücke der göttlichen Ordnung, durch die die Dämonen in die Welt eindringen konnten. Die Rauhnächte sind die längsten und finstersten Nächte des Jahres. In diesen Nächten wurden die Grenzen zwischen der Welt der Dämonen, Geister, dunklen Götter und der Welt der Menschen durchlässig. Die Riesen, in der germanischen Religion Sinnbilder für entfesselte destruktive Kräfte, trieben in diesen Nächten ihr Unwesen in vernichtenden Winterstürmen. Thor, der Donnergott der germanischen Bauern, stellte sich den Riesen entgegen, und die Wintergewitter waren der Schlachtlärm dieses Kampfes. Auch Odin, der höchste germanische Gott, Gott des Todes und der Weisheit, zog mit seinen Scharen, mit der Wilden Jagd, durch die
MENSCHENFRESSER, MORD UND INZEST
GRIMMIGE MÄRCHEN WAS AUS DEN MÄRCHEN GETILGT WURDE
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ass Märchen auch eine sehr dunkle Seite haben, wird in den weichgespülten Versionen unserer Tage oft vergessen. Sowohl im ursprünglichen »Sneewittchen« (Schneewittchen) als auch bei »Hänsel und Gretel« gibt es beispielsweise keine Stiefmutter: Die leiblichen Mütter trachten ihren Kindern nach dem Leben. Der kleinen Meerjungfrau gelingt es in Hans Christian Andersens Kunstmärchen anders als im Zeichentrickfilm nicht, das Herz des Prinzen zu erobern. In der französischen Version von »Rotkäppchen« muss die Titelheldin nackt zum Wolf ins Bett klettern und wird anschließend von diesem aufgefressen - ohne Rettung durch einen hilfreichen Jäger. Märchenadaptionen streichen auch gern, dass die beiden Täubchen Aschenputtels Stiefschwestern bei der Hochzeit die Augen auspicken. Die Kinderhörspiele,
Bilderbuchadaptionen und Disneyfilme, die das heutige Bild von Märchen prägen, setzen eher auf Leichteres, Komisches und Niedliches. Man will die Kinder nicht ängstigen.
Starker Tobak Doch auch heute noch finden sich in Grimms Kinderund Hausmärchen Erzählungen, die wie Vorlagen für Horrorfilme wirken: In »Das Mädchen ohne Hände« schlägt der eigene Vater seiner Tochter beide Hände ab, um sein Versprechen dem Teufel gegenüber einzuhalten. Die schöne Prinzessin Allerleirauh flieht vor ihrem leiblichen Vater, der sie nach dem Tod ihrer Mutter auch körperlich zur neuen Frau begehrt. In »Der singende Knochen« macht ein Bursche seinen
jüngeren Bruder erst betrunken und erschlägt ihn anschließend, um sich selbst einer Tat rühmen zu können, die der Kleine vollbracht hat. Die Wahrheit kommt ans Licht, als später ein Hirte einen der Knochen findet und daraus eine Flöte schnitzt. Das Instrument tönt von selbst, klagt in einem traurigen Reim seinen verräterischen Bruder an und offenbart die schändliche Tat. In »Die zwölf Brüder«, das an Märchen wie »Die sieben Raben« oder »Die sechs Schwäne« erinnert, ist ein König bereit, seine zwölf Söhne zu ermorden, um den Reichtum seines neu geborenen Töchterleins zu mehren. Sie werden gerade noch rechtzeitig von ihrer Mutter gerettet und später von ihrer Schwester erlöst, nachdem sie Jahre in der Gestalt von Raben verbracht haben.
Vier neue Märchenfilme wird die ARD in der Weihnachtszeit austrahlen die NAUTILUS war bei den Dreharbeiten dabei
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ärchen sind unsterblich. Das hat auch die ARD erkannt und vor rund drei Jahren beschlossen, eine ganze Reihe Märchen neu zu verfilmen. An den Weihnachtsfeiertagen 2008 liefen deshalb sechs Neuverfilmungen bekannter Märchen der Brüder Grimm, vom Froschkönig bis hin zum Tischlein Deck Dich. Die jeweils einstündigen Filme produzierte die ARD zusammen mit unterschiedlichen Landesanstalten. Der Erfolg war überwältigend: Die Reihe 6 auf einen Streich ging 2009 in eine zweite Staffel. Die acht
neuen Filme konnten zum Jahreswechsel 2009/2010 an den beachtlichen Erfolg ihrer Vorgänger anknüpfen. Die Redakteurin Sabine Preuschhof von der ARD verrät, wie die Märchenreihe entstanden ist: »Manchmal ist das Leben ganz profan. Wir haben einen Sendeplatz, auf dem Märchenfilme laufen. Irgendwann haben wir festgestellt, dass wir nur noch alte Verfilmungen senden.« Der Sendeplatz, von dem Frau Preuschhof spricht, ist genau eine Stunde lang - das erklärt das 60-MinutenKonzept der neuen Filme. Schnell taten
sich die verschiedenen Sendeanstalten der ARD zusammen und investierten in die Reihe - Märchen sind ein Programmvermögen, das man lange verwenden kann. Die neuen ARD-Märchen bieten eine opulente Ausstattung und die besten deutschen Darsteller, um den ursprünglichen Zauber der Märchen auch in einem aktuellen Medium einzufangen. 2010 stehen nur vier neue Märchen im Programm der ARD, da das Budget eingeschränkt war (wegen einer Realverfilmung von Selma Lagerlöfs Nils Holgersson). Zudem hat man sich entschlossen, auch Märchen des dänischen Dichters Hans Christian Andersen zu verfilmen. Im Weihnachtsprogramm dieses Jahr werden ausgestrahlt Die Prinzessin auf der Erbse, Des Kaisers neue Kleider, Der Meisterdieb und Das blaue Licht. Die NAUTILUS besuchte im vergangenen Sommer das Set bei den Dreharbeiten von Das blaue Licht und unterhielt sich mit Schauspielern, Drehbuchautoren, der Produzentin und Programmverantwortlichen.
Malerisch Nicht weit von Fulda entfernt, in Eichenzell, liegt umgeben von freier Natur auf einer kleinen Anhöhe das im 18. Jahrhundert erbaute Schloss Fasanerie,
Fotos Hines: Bastei; Marzi: Jens Achtert; Toman: Photoarchive Lammerhuber
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ir haben drei Autoren, die sich in ihren Werken der Fairy Tale-Fantasy widmen, zu diesem Thema befragt: Jim C. Hines (JH) hat mit Drei Engel für Armand eine neue Romanreihe begonnen, in der sich Aschenputtel, Schneewittchen und Dornröschen zu einem schlagkräftigen Team zusammentun und sich parallel zur Erfüllung ihrer Missionen mit den dunklen Wurzeln ihrer eigenen Geschichten befassen. Teil zwei, Die fiese Meerjungfrau, erscheint Anfang 2011 bei Bastei Lübbe auf Deutsch. Christoph Marzi (CM), bekannt geworden mit seiner Romantrilogie um Emily Laing und die Uralte Metropole, gewinnt in Kurzgeschichten wie Erlkönigskinder (im Sammelband Fantastische Kreaturen) klassischen Märchen unvermutete Seiten ab und arbeitet an einem neuen Romanprojekt mit dem Arbeitstitel »Grimm«. Und Claudia Toman (CT) kreuzt freche Frauenliteratur mit Elementen der Grimm-Erzählungen und scheucht ihre Urban Fantasy-Heldin Olivia in ihrem Roman Jagdzeit (Diana) wie einst Rotkäppchen durch einen dunklen, unheimlichen Wald voller Geheimnisse. ■ In vielen Märchensammlungen hat man die dunklen Motive der alten Geschichten gestrichen. Sollte man sie wieder entdecken? CT: Unbedingt. Diese dunklen Motive sind das Herzstück der Märchen. Das sind tiefenpsychologische Auseinandersetzungen mit Urängsten. Lässt man sie weg, verlieren die Märchen ihre Funktion. CM: Es war nie an der Zeit, sie zu verschweigen. Märchen stellen oft Warnungen dar, und Kinder verstehen das, was dort geschieht, instinktiv. Man muss berücksichtigen, dass Kinder Märchen als Wahrheit empfinden und nicht als Erzählung. Insofern sollte man sich die Zeit nehmen, über die Ge-
AUTOREN UND DUNKLE MÄRCHEN DREI SCHRIFTSTELLER BERICHTEN
Jim C. Hines
Christoph Marzi
schichten zu reden. Überhaupt sollte man sich die Zeit nehmen, die Geschichten zu erzählen. Märchen gemeinsam mit den Kindern zu erleben das ist sehr wichtig. JH: Natürlich mag ich von Zeit zu Zeit helle, leichte Geschichten. Aber es ist wichtig zu erkennen, dass die Welt nicht nur Glückseligkeit und Freundlichkeit bereithält. Früher waren Märchen nicht nur zur Unterhaltung da, sondern auch, um Kinder zu lehren, dass es in der Welt Gefahren gibt und wie man diese Gefahren überwindet. Ich glaube, dass es wertvoll ist, diese Seite der Geschichten zu kennen. ■ Ist es für kleine Kinder besser, statt der ursprünglichen Versionen eher die helleren, gekürzten zu hören? CT: Nein, das glaube ich nicht. Als Kind war es für mich gleichzeitig schrecklich und ganz normal, dass die Hexe im Backofen endet, der Wolf erst alle frisst und dann mit Steinen im Bauch ersäuft wird oder dass jemandem die Zehen abgeschnitten oder die Augen ausgepickt werden. Keinesfalls kann man aber diese wichtigen Momente einfach
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Claudia Toman
weglassen und lauter Happy Ends dazudichten. Dann amputiert man eine zentrale Auseinandersetzung des Kindes mit der Furcht. CM: Ich finde es falsch, die alten Geschichten zu verniedlichen. Kinder sind durchaus dazu in der Lage, die düsteren Versionen zu verstehen. Außerdem ist es wichtig, dass Kinder ihrer Umwelt auch mit einem gesunden Maß an Vorsicht und angemessener Furcht begegnen. Märchen helfen dabei, diese Einstellung gegenüber dem Leben zu entwickeln. Eine Bearbeitung alter Märchen ist, wenn überhaupt, auf sprachlicher Ebene nötig (zumindest bei kleinen Kindern). Und: Wenn man ein Märchen erzählt oder vorliest, dann begleitet man die Kinder. Man lässt sie nicht allein mit den Schatten. Darauf sollte man unbedingt achten. JH: Meine Kinder sind gut darin, für sich selbst zu entscheiden, wann sie bereit für etwas sind. Mein fünfjähriger Sohn lässt uns klar wissen, wenn er eine bestimmte Geschichte nicht länger hören möchte, weil sie ihm zu unheimlich ist. Mit meiner neunjährigen Tochter habe ich mich darüber unterhalten, dass die
alten Märchen anders sind als die Disney-Versionen. Nicht weil ich ihr Angst machen will, sondern weil ich will, dass sie versteht, dass auch Böses in der Welt existiert, und dass sie darauf vorbereitet ist. ■ Was fasziniert Sie persönlich an den dunklen Motiven der Märchen? CT: Die dunklen Motive haben etwas Archaisches, in ihnen leben Symbole des Menschseins weiter. Faszinierend ist, dass sie nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt haben. Wir sind immer noch wie Rotkäppchen, wenn wir Ungewohntem begegnen: vertrauensselig und leicht zu verführen. Die Wölfe unserer Zeit tragen Nadelstreifenanzüge, aber die Verführung ist ähnlich. Auch die Sehnsucht nach Wunscherfüllung, die Eltern-Kind-Problematik oder die Notwendigkeit, sich weiterzuentwikkeln - all das ist kunstvoll in den dunklen Seiten der Märchen verpackt. CM: Märchen zeigen Lösungen: Wie kann ich Unheil vermeiden? Wie kann ich anderen helfen? Wie finde ich den rechten Weg? Die dunklen Motive sind eine Vorbereitung auf das wirkliche Leben. Insofern sollte man ihre Bedeutung nicht unterschätzen. Wie Chesterton bereits sagte (inhaltlich zitiert): Märchen sind nicht nur wichtig, weil sie uns zeigen, dass Drachen existieren. Sondern sie sind wichtig, weil sie uns zeigen, wie man Drachen besiegen kann. JH: Die dunklen Märchen sind wesentlich mächtiger als die weichgespülten Versionen. Zum Beispiel »Dornröschen«: Die alte Version ist die Geschichte einer Vergewaltigung. Diese Geschichte ist es, die mich beunruhigt und verfolgt. Die Vorstellung, wie das für sie gewesen sein muss, aufzuwachen und zu begreifen, was ihr angetan wurde das sind Motive, mit denen ich in meinen Romanen arbeiten möchte. Christian Handel b
MYTHOLOGIE
DIE MÄR VOM BÖSEN WOLF
WOLF UND MENSCH MYTHEN UND FAKTEN ZUM MENSCHLICHEN VERHÄLTNIS ZUM WOLF
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olf und Mensch stehen seit Zehntausenden von Jahren in einer Beziehung zueinander. Den größten Teil dieser Zeit waren die Menschen Jäger und Sammler - bis sie Pflanzen kultivierten und anbauten, bis sie Tiere domestizierten und hielten. Die Beziehung der Jäger und Sammler zu den Wildtieren war wesentlich unmittelbarer als in den späteren Staaten und Gesellschaften von Ackerbauern und Stadtkulturen: Für Jäger und Sammler sind Wildtiere Beute, Konkurrenten um die Beute und Fressfeind - denn auch der frühe Mensch war Beute. Diese Erfahrung als Jäger und Sammler, Jäger und Beute ist die elementare Erfahrung unserer Psyche. Dies zeigt sich in den Träumen und Ängsten von Kleinkindern: Kinder, die noch nicht kulturalisiert sind, also im Alter bis zu vier Jahren, haben Albträume, in denen reißende Tiere mit scharfen Zähnen und großen Mäulern sie verfolgen, und dieses Muster findet sich in unzähligen
Horrorfilmen. Diese Angstbilder kennen Kinder in Tokio und in New York - auch Kinder, die ein wildes Tier dieser Art niemals gesehen haben. Die Traumforschung hält es heute für wahrscheinlich, dass Träume Überlebensmechanismen trainieren: Die Katze träumt vom Jagen, der Hund vom Laufen. Weder die Höhlenmalereien der frühen Jäger noch heutige Wildbeuter deuten darauf hin, dass sich diese Kulturen als Krone der Schöpfung, Spitze der Nahrungskette oder Endpunkt der Evolution gesehen haben. Bei einigen Wildbeuterkulturen hat es sogar den Anschein, dass sie den Wildtieren gegenüber einen Minderwertigkeitskonflikt empfinden: Die Vorfahren der heutigen Löwen, die Kurzschnauzenbären und die Säbelzahntiger waren die Hauptpredatoren der Steinzeit, nicht der frühe Mensch. Nur die Zusammenarbeit in der Gruppe, seine Intelligenz und seine Waffen, die er den Tieren nachahmte, ließen ihn zum bestimmenden Räuber werden. Mit dem Speer hatte er das Horn der Antilope, mit dem Messer den Zahn der Großkatze, mit dem Pfeil den Sturzflug des Falken. Aber es gab einen anderen Beutegreifer, der ebenfalls in Familiengruppen jagte, bei dem ebenfalls eine hochdifferenzierte Kommunikation den Jagderfolg sicherte, der aber schneller laufen konnte und weiter entwickelte Sinne als der Mensch besaß: der Wolf. Der Wolf war derjenige unter den Beutegreifern, dessen Verhalten unseren Vorfahren am ähnlichsten war.
Wolf und Jäger Das Märchen »Rotkäppchen« zeigt den Jäger als Todfeind des (bösen) Wolfs. Jäger Mensch und Jäger Wolf waren und
sind aber nicht immer Feinde. Der domestizierte Wolf, der Jagdhund, ist der wichtigste Gehilfe des Jägers. Er stellt den Dachs in seinem Bau. Er umzingelt den Löwen, er zeigt an, wo sich das Wild aufhält, er jagt das Reh, den Hirsch, apportiert Rebhuhn und Ente. Ohne diese im Wolf angelegten Fähigkeiten wäre der Hund niemals zum Hund geworden. Der Hund ist unser ältestes Haustier und das einzige, das Teil der menschlichen Familie wurde. Der Übergang zwischen Jäger Wolf und Jäger Hund ist also fließend. Der wilde Wolf jagt für sein Rudel, der domestizierte Wolf im Interesse des Menschen. Bei traditionellen Jägerkulturen findet sich selten Hass gegenüber dem Wolf. Zwar ist der Wolf auch Konkurrent um die gleiche Beute. Doch in Wildbeuterkulturen jagten auch die Menschen dem Wolf die Beute ab oder ernährten sich von den Resten, und nicht nur umgekehrt - so schwer das für die durch Technik den Raubtieren überlegenen Menschen der Moderne vorstellbar erscheinen mag. Das entspricht zwar nicht dem Bild vom Herrenjäger Mensch, der Aasesser Mensch ist aber eine historische Wirklichkeit und verweist auf eine Ambivalenz dem Wolf gegenüber. So glauben die Koyukon in Alaska noch heute, dass einst ein Wolfsmensch mit den Menschen auf die Jagd ging. Deshalb hinterlassen die Wölfe ihren Menschenfreunden einen Teil der Beute oder treiben ihnen Wild zu. Die Koyukon legten dem Wolf aber auch für sie selbst unverdauliches Fett aus und behielten das essbare Fleisch für sich. Sie betrachteten den Wolf als eine Art Partner, nicht als Rivalen. Das Hinterlegen von den schwer verdaulichen Essensresten an den Wolf zeigt,
DER MIT DEM WOLF PHILOSOPHIERT
SCHARFE ZÄHNE
Die Bindung zwischen Mensch und Wolf wurde in der Fantasy immer wieder thematisiert, z.B. von Robin Hobb oder Dorothy Hearst. Aber es gibt solche Verbindungen auch im wirklichen Leben. So berichtet Philosophie-Professor und Buch-Autor Mark Rowlands in Der Philosoph und der Wolf von einer solchen Beziehung zwischen Mensch und Tier, über sein turbulentes Leben mit dem Wolf Brenin - und darüber, was man von einem Raubtier alles lernen kann, wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht. Was Rowlands als Philosoph natürlich tat, egal ob in Amerika, Frankreich, England oder Irland (wo Brenin Schulterhöhe 90 cm, Gewicht fast 70 kg - sogar sechs Monate in Quarantäne überstehen musste, ehe er auf die Doggen in Rowlands Elternhaus losgehen, sich in Käse verlieben und zum Pescetarier werden konnte). Der Trick an diesem Buch ist, dass Row-
Es gibt Romane, die sind anders als ihre Artgenossen, selbst wenn sie auf den ersten Blick zum selben Rudel zu gehören scheinen. Scharfe Zähne von Toby Barlow ist so ein Roman. Sicher, das vierte Buch in der Reihe exquisite corpse des Wiener Milena Verlags ist Urban Fantasy. Und mit seinem Konkurrenzkampf zwischen kleinen Werwolfrudeln in einer gegenwärtigen Großstadt wie L.A. gehört es sogar zum viel bemühten Genre-Trend. Das war es dann aber auch schon, was Barlow mit anderen Vertretern seiner Art gemein hat. Nicht nur, weil Scharfe Zähne dem Krimi Noir als Gattung vom Geist her näher ist als jedem durchgenudelten phantastischen Subgenre. Es ist vor allem Barlows Stil, der den Roman zu etwas Besonderem macht, zu etwas Großem und Schönem. Dem Hip Hop und der Beat Poetry modernem lyrischen Sprachgebrauch also - stark verbunden, hat Barlow sein
lands zwischen die mal lustigen, mal interessanten Kapitel mit dem Fokus auf Brenin immer wieder erhellende philosophische Betrachtungen einstreut. Diese Passagen sind nicht ganz einfach zu lesen (obwohl der derzeit in Miami unterrichtende Rowlands sie moderat abgefasst hat) - aber sie verleihen dem Buch eine tiefere Dimension, mit vielen Anstößen zum Nachdenken über Moral, Freiheit, Zusammenleben, die Definition von Glück oder den Tod. Wem das nicht gefällt, der kann sich auf Brenins Auftritte konzentrieren. Dann allerdings auf die Gefahr hin, dass ihm ein paar verdammt clevere Sätze über das Leben und den Affen in uns durch die Wolfsfänge gehen. Christian Endres b Der Philosoph und der Wolf ❙ Mark Rowlands ❙ Hardcover, 284 Seiten ❙ Rogner & Bernhard, 2009
Roman-Debüt in freier Versform abgefasst. Was auf den ersten paar Seiten noch ein bisschen sperrig wirkt, entfaltet schnell eine ganz eigene Wirkung irgendwo zwischen Prosa und Lyrik, mit vielen stilistisch wunderschönen Stellen, filmischen Charakteren und Szenen, reichlich Lässigkeit und einem kräftigen Sog. Scharfe Zähne findet rasch seinen eigenen Rhythmus - auch im Deutschen eine klangvolle Abfolge wohlgesetzter Worte - dem man sich nicht entziehen kann. Ein mutiger, stilistisch hochinteressanter und glänzender, außerdem toll aufgemachter Roman. Und trotz der ungewöhnlichen Versform nah am Puls der Zeit, der Menschen und sogar der müden Werwölfe der Urban Fantasy. Ein ebenso cooles wie modernes Stück Literatur. Christian Endres b Scharfe Zähne ❙ Toby Barlow ❙ Hardcover ❙ 360 Seiten ❙ Milena ❙ 2009
DER WOLF In seiner Novelle Der Wolf versetzt sich Joseph Karol Smith auf einfühlsame Art und Weise in seinen Ich-Erzähler: einen Wolf, der sich einem besonders harten Winter und dem Hunger stellen muss, der mit der Kälte und dem Schnee kommt. Dennoch verschließt sich Smith’ beredter Wolf nicht vor der rauen, aber eben auch klaren Schönheit seines wilden Lebens und der Natur, in der er sich als eleganter Jäger und überraschend tiefsinniger Denker bewegt. Smith bringt uns den Wolf als Wesen näher, das mit Rückschlägen umgeht, indem er sie zu etwas Positiven - nämlich Erfahrung in seinem Blick, wenn er dem seiner näch-
sten Beute begegnet wandelt. Überhaupt kommunizieren die Tiere bei Smith über das, was sie in den Augen des Anderen sehen. Ein faszinierender Ansatz. Ansonsten schildert uns Smith’ Wolf bildhaft das Gefühl in seinem Bauch, wenn der Hunger an ihm nagt; das Gefühl des Stolzes, wenn er ein würdiges »Viech« hetzt; das Gefühl der Angst, wenn der Hunger ihn Stück für Stück aus dem leeren Wald und zu den Menschen treibt, wo »ihrer
Würde und Instinkte beraubte« Schafe ein ambivalentes Mahl zwischen Gefahr und verlockender Einfachheit versprechen. Und dann sind da noch ein Fuchs und ein Schwan und zwei eigenartige Zweckgemeinschaften im rauen Winter, der alles verändert. Und natürlich die ewige Gefahr, die vom Menschen und den Dingen ausgeht, zu denen der Hunger einen Wolf treiben kann. Smith bringt uns mit viel sprachlicher Gewandtheit das Selbstverständnis und
die Gedankenwelt seines Wolfes näher, indem er seinen tierischen Ich-Erzähler immer wieder in sich hineinhorchen lässt. Das von John Spencer illustrierte Büchlein ist eine kurze, jedoch äußerst eindringliche Geschichte über die Natur und einen ihrer großen Jäger: ein Buch, das durch seine Perspektive und sein Einfühlvermögen überzeugt. Die eloquente Seelenschau eines Wolfes, der man beim Berlin Verlag zu Recht ein Hardcover spendiert hat. Christian Endres b Der Wolf ❙ Joseph Karol Smith ❙ Hardcover ❙ 154 Seiten ❙ Berlin Verlag ❙ 2009
MYSTERY
»Wir schlafen jede Nacht, und es kommt selten vor, dass wir nicht träumen; kann es uns dann wundernehmen, dass das, was wir träumen, manchmal eintrifft?« Cicero
E Im Traum verschwindet die Grenze zwischen Phantasie und Wirklichkeit - die unsichtbare Welt wird real. Und Träume sind immer wahr, denn sie spiegeln das Leben
in Sprichwort besagt: Träume sind Schäume. Aber das stimmt nicht. Für den, der die Sprache der Traumbilder deuten kann, bieten sie sinnvolle Lösungen für Lebensprobleme. Das ist vielen Kulturen auch bewusst. Einige interpretieren Träume als Botschaften von Geistern oder setzen, wie Schamanen, Visionen sogar in das Zentrum der Erkenntnis. Die Frage »Was ist wirklich?« und, weitergehend, »Was ist wahr?« beschäftigt die Philosophie und die Religion seit ihren Anfängen. Hier geht es um die Notwendigkeit jeder Kultur, für ihre Mitglieder klar zu bestimmen, welche Bewusstseinszustände wirklich und welche unwirklich sind. Für das Bestehen einer Kultur ist dabei weniger wich-
tig, ob die jeweilige Art, die Welt anzuschauen, in einem absoluten Sinne real ist, sondern, ob sich damit leben oder zumindest überleben lässt. Vorstellungen von Wirklichkeit, die gut zu handhaben sind, halten sich auch dann über einen längeren Zeitraum, wenn sie im Sinne der modernen Naturwissenschaft falsche Erklärungen liefern - im naturwissenschaftlichen Sinne richtige Erklärungen setzen sich erst durch, wenn ihre Zeit reif ist. Das heißt, eine Sicht auf die Wirklichkeit interessiert die in dieser Kultur lebenden Menschen erst, wenn sich in einer Kultur mit ihr leben lässt oder erst dann, wenn man mit den alten Vorstellungen von Wirklichkeit nicht mehr überleben kann. Die Verständigungsprobleme zwischen unterschiedlichen Kulturen entstehen nicht nur aus Feindseligkeit oder Arroganz. Oft liegt das Problem in der unterschiedlichen Wahrnehmung der Welt. Im Denken des modernen Europa wird das Materielle als wirklich angesehen, da es sich sehen und anfassen lässt; wir trennen diese materielle Welt
von der Welt der Fantasie und des Traumes. Die Jivaro-Indianer im Regenwald Südamerikas hingegen halten die materielle Welt für eine Täuschung und die unsichtbare Welt, die sich in dem zeigt, was die Moderne als Traum bezeichnet, für die Wirklichkeit. Ihnen zu erklären, dass die Pflanzen ihrer Rituale keine Sprachrohre der Geister, sondern Halluzinogene sind, bringt wenig: Die Erfahrung dieser Kultur hat sich auf eine Weltanschauung geeinigt, mit der es sich leben lässt. Die meisten Kulturen weisen weniger radikale Zuordnungen von Täuschung und Wirklichkeit auf. Künstler und Schauspieler lassen das Unsichtbare sichtbar werden. Der Künstler gestaltet als Maler oder Dichter das, was noch unbewusst, noch nicht definiert ist, und regt damit die Menschen in seiner Gesellschaft an. Seine Ausdruckskraft und seine Feinfühligkeit unterscheiden ihn von seinen Mitmenschen; das Gleiche gilt für Schamanen. Die Arbeit des Künstlers ist subjektiv und kommt aus der Eigenständigkeit seines Lebens, ebenso sind die Träume
SUCCUBUS BLUES
SEXDÄMON RICHELLE MEAD IM INTERVIEW
D
ie Schriftstellerin Richelle Mead schreibt Fantasy-Romane für Jugendliche und Erwachsene. Die aus Michigan (USA) stammende Mead lebt heute in Seattle und Washington, wo sie an mehreren Buchreihen gleichzeitig arbeitet. Mead studierte Englisch auf Lehramt und entschied sich erst später zum Schreiben. Doch ist sie sich sicher, dass das Studium eine gute Vorbereitung war. Als begeisterte Leserin interessierte sich Mead schon immer besonders für Märchen und Mythologie. Von Meads Succubus-Reihe um Georgina Kincaid erschien im Frühjahr bereits Band drei (Succubus Dreams - Verlangen ist ihre schärfste Waffe) im UBooks Verlag. Ab Februar 2011 kommen diese Bücher in einer überarbeiteten Auflage bei LYX neu heraus. Dort läuft ebenfalls sehr erfolgreich Richelle Meads Serie um die Vampire Academy. Mit der Autorin sprach unsere Mitarbeiterin Stephanie Platthaus:
wollte, dass meine Buchserie sich von anderen unterscheidet. Ein Succubus ist aber auch ein toller Charakter, weil ihre Natur es ihr so schwer macht, die Liebe zu finden. Das bringt viel Dramatik und viele Ränke mit sich. ■ Ist es nicht grausam, dass Georgina dieses Verlangen nach Sex hat, das nie befriedigt werden kann? Ich möchte, dass Georgina glücklich wird, aber sie muss für ihr Glück arbeiten. Es müssen einige schlimme Dinge geschehen, bevor es ein Happy End geben kann. ■ Ihre Hauptfigur ist eine Frau, die einen so großen Sexappeal hat, dass ihr kein Mann widerstehen kann. Wollten Sie damit die Probleme zeigen, die attraktive Frauen dabei haben, jemanden zu finden, der sie wirklich liebt? Nein. Georginas Attraktivität ist nur eine Kraft, die sie besitzt, um Männer zu ver-
führen. Vermutlich ist ihr größtes Problem mit der Liebe, dass sie sich selbst nicht vergeben kann, was in ihrer Vergangenheit geschehen ist und was sie alles für die Hölle tut. ■ Es ist irgendwie paradox, dass Georgina ausgerechnet in einer Buchhandlung arbeitet. Georgina arbeitet in einer Buchhandlung, weil sie Bücher liebt. Es war immer wichtig für mich, zu zeigen, dass sie ebenso intelligent und anspruchsvoll wie schön ist. ■ Succubus Blues ist Teil des neuen Genres romantische Fantasy. Wie denken Sie über diese Bücher? Ich halte dieses Genre für etwas Wunderbares, weil es das Potenzial hat, viele Leser zu erreichen. Diese Bücher haben ein bisschen von allem: Fantasy, Romantik und Spannung. Es werden daher Leser aus allen Bereichen von
■ Warum ist Georgina Kincaid ausgerechnet ein Succubus? Sie hätte doch auch ein Vampir sein können?
■ In Deutschland ist kürzlich der zweite Band der Succubus-Reihe erschienen. Wie viele wird es noch geben? Es wird insgesamt sechs Teile geben, also erscheinen noch weitere vier in Deutschland: Georgina wird noch viele romantische Probleme haben, und sie wird weiterhin die übernatürlichen Fälle in Seattle lösen müssen. Außerdem wird sie herausfinden, dass die Hölle ein großes Geheimnis vor ihr verbirgt. Georgina wird mehr über sich selbst lernen, und sie wird lernen, was es bedeutet, jemanden wirklich zu lieben. Sie wird sich aber auch mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und entscheiden, ob es möglich ist, ein guter Mensch zu sein, wenn man Böses getan hat. ■ Und welche Bücher lesen Sie selbst gern? Ich mag alle Arten von Büchern. Einige meiner Lieblingsbücher sind Fantasy, Science Fiction und historische Romane. Mein Lieblingsbuch ist Die Nebel von Avalon von Marion Zimmer Bradley. Es ist eine Nacherzählung der Sage um König Artus. Die Nebel von Avalon hat mein Leben verändert: Ich habe es mit vierzehn Jahren gelesen und lernte daraus viel über Religion und Spiritualität gelernt, was ich zuvor nicht wusste und mir nie hätte vorstellen können. ■ Vielen Dank für das Gespräch. Interview und Übersetzung aus dem Amerikanischen Stefanie Platthaus b
Ich habe mich für einen Succubus entschieden, weil das eine so ungewöhnliche Wahl für einen Charakter ist. Ich
LIEBE, OPFER, FANTASY
MAGYRIA INTERVIEW MIT LENA KLASSEN Foto: Emanuela Danielewicz
diesen Büchern angezogen. Dieses Genre ist aber auch großartig, weil es so viele exzellente Autoren vereint. Die Bücher werden immer besser.
E
nde 2009 ist bei Penhaligon unter dem Titel Magyria - Das Herz des Schattens der erste Teil einer Roman-
tasy-Trilogie aus der Feder einer jungen deutschen Autorin erschienen: Lena Klassen (Jahrgang 1971) schickt ihre
Heldin Hanna als Au-pair nach Ungarn, wo diese zwei ungleichen Brüdern begegnet, die ein gefährliches Geheimnis umgibt. Christian Handel traf die Autorin während der diesjährigen Leipziger Buchmesse zum Interview: ■ Ihr Roman wird mit den Worten beworben: »Was wirst du für deine Liebe opfern?« Daher sei die Frage erlaubt: Was würden Sie selbst für Ihre Liebe opfern?
VISION ALS ZEITGEIST VON DAMALS
LITERATUR
CYBERPUNK DIE SCIENCE FICTION ERLEBT IHRE EIGENEN VORHERSAGEN
H
äufig liest man, der Cyberpunk sei tot. Was ist denn da eigentlich gestorben und warum? War der Cyberpunk eine Bewegung oder ein Modewort, ein Subgenre oder eine Subkultur? Am besten schaut man sich den formalen Rahmen an und fragt sich dann, was aus den Themen und Bildern des Cyberpunk geworden ist:
Hacker Der Begriff Cyberpunk tauchte zuerst als Titel einer 1983 erschienenen Kurzge-
Brainstorm
schichte von Bruce Bethke um eine Clique von Hackern im Schulalter auf. Bethke wollte mit dem Titel eine Kombination von modernster Technik und jugendlicher Revolte zum Ausdruck bringen. Das Vorwort der von Bruce Sterling herausgegebenen Anthologie Spiegelschatten (1986) befindet dann, dass Cyberpunk gegenüber anderen Titeln - wie Radical Hard SF, Neuromantics oder Mirrorshades Group - die neue literarische Bewegung am genauesten treffe. Zu dieser Bewegung gehörten William Gibson, Bruce Sterling, John Shirley, Rudy Rucker und Lewis Shiner. Die Autoren hatten einen ähnlichen Grundduktus, zeigten gegenseitig Interesse an ihren Geschichten und halfen einander sowohl beim Schreiben als auch bei der späteren Verbreitung. Den Durchbruch erzielte Gibson mit dem Roman Neuromancer (1984). In den Kreisen eingeschworener SF-Leser und weit darüber hinaus erhielt der Roman große Aufmerksamkeit. Der Erfolg führte dazu, dass man weitere Autoren wie Pat Cadigan oder Michael Swanwick hinzuentdeckte, auch wenn sie sich dieser Bewegung gar nicht zugehörig fühlten. Die erweiterte Aufmerksamkeit ließ weitere Autoren Themen und Stil des Cyberpunk aufgreifen - Neuromantics ist eine Anspielung auf diese Nachahmer. Darko Suvin meinte in einem 1989 vom Übersetzer Horst Pukallus geführten Interview, dass das Label Cyberpunk nicht mehr als eine Verkaufshilfe sei. Und für viele Autoren war es das auch. Selbst Rudy Rucker bezeichnete sich für kurze
Zeit aus kommerziellen Gründen als Cyberpunk. Schon 1988 rückte er davon ab und schrieb wieder »Transrealismus«. Auch Gibson stand der Bewegung stets etwas skeptisch gegenüber. 1985 teilte er in einem Interview mit, dass das Punk-SF-Label wohl überholt sei. Sterling selbst kündigte das Ende mit einem seltsamen Stolz im definierenden Vorwort an, und schon 1987 erschien der Artikel »Requiem for the Cyberpunks« im Science Fiction Eye; es hat also schon eine lange Tradition, Cyberpunk für tot zu erklären. Trozdem blieben Autoren dabei, Geschichten in der Tradition von Neuromancer zu schreiben - populäre Nachfolger sind Neal Stephensons Snow Crash (1992) oder Tad Williams’ Romanreihe Otherland (19962001). Das Kino reagiert ohnehin verzögert - echte Cyberpunk-Filme erschienen erst in den neunziger Jahren: Richard Stanleys Hardware (1990), Robert Longos Johnny Mnemonic (1995), Gabriele Salvatores’ Nirvana (1997) oder Abel Ferraras zu recht unbekannter New Rose Hotel (1998). Auch wenn das Genre nicht tot war, ging in den späten Neunzigern klassischen Cyperpunk-Themen die Luft aus. Zwar wurden und werden weiterhin Cyberpunk-Geschichten geschrieben und veröffentlicht, im deutschen Sprachraum beispielsweise Myra Çakans Downtown Blues (2002) oder Frank Hebbens freudianisch betitelte Sammlung Prothesengötter (2008), doch das sind nur noch vereinzelte Liebhaberstücke.
a Einführung A
L
ondon 1897. Jonathan Kentham führt ein ganz gewöhnliches Leben als Reporter des Strand Magazine - bis er eines Nachts einen alten Mann sterbend in einer dunklen Gasse vorfindet. Dieser entpuppt sich als Albert Dunholm, der Erste Lordmagier von London, und sein Tod stellt Jonathans Leben völlig auf den Kopf. Unfreiwillig wird er in eine Welt der Magie hineingezogen eine Welt hinter den Fassaden des viktorianischen London, in der Fabelwesen, Geister und Menschen mit übersinnlichen Kräften existieren. Gemeinsam mit Dunholms Kutscher Randolph Brown und dem exzentrischen, dandyhaften Magier Jupiter Holmes versucht Jonathan herauszufinden, was hinter dem Mord an Dunholm wirklich steckt. Zur gleichen Zeit begibt sich die junge Hexe Kendra McKellen mit ihrem Großvater Giles auf eine Reise aus den
Highlands nach London. Giles will dort mit Dunholm, seinem alten Freund, über seltsame Veränderungen in der Magie beraten - Veränderungen, die Anlass zu großer Sorge geben. Sie alle müssen feststellen, dass eine Verschwörung von furchtbaren Ausmaßen im Gange ist. Eine Gruppe von Magiern will in den Ruinen des untergegangenen Atlantis ein uraltes Siegel öffnen, um ein neues Zeitalter der Magie einzuläuten. Jonathan, Randolph und Holmes versuchen gemeinsam mit Kendra und deren Großvater unter Aufwendung all ihres Geschicks die Welt vor dem drohenden Chaos zu bewahren. Doch sie vermögen gegen die Übermacht, mit der sie sich konfrontiert sehen, nichts auszurichten. Die Situation scheint aussichtslos, das Schicksal der Freunde besiegelt, als sie sich in den dunklen Verliesen der Guildhall, dem Hauptquartier der Magier, wiederfinden ...
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N A U T I LU S
FANTASY-ROMANE MIT DAMPF
DIE ENTSTEHUNG DES STEAMPUNK
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as Genre des Steampunk, wie die Leser es heute kennen und schätzen, ist eine farbenprächtig-anarchische Mischung aus Fantasy und SF, gewürzt mit einer kräftigen Prise an Abenteuer-Schmonzette und PulpStoffen sowie natürlich dem namensgebenden rebellischen Punk sowie der physikalischen Kraft des Dampfes. Angesiedelt sind die Geschichten dieser Gattung typischerweise in einer nostalgischen Ära des Gaslichts und damit in der von starken gesellschaftlichen, politischen, technischen und künstlerischen Umbrüchen geprägten Zeit der Belle Epoque, also von 1884 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Viele Geschichten reichen zeitlich aber auch bis in die wilden zwanziger und dreißiger Jahre, und die Übergänge zum Dieselpunk sind damit oft fließend. Die Requisiten und das Ensemple des Steampunk folgen der Epoche und dem Setting: Durchgeknallte Wissenschaftler und Tüftler bezähmen die Dampfkraft, sperren Blitze in Teslaspulen und erfinden obskure Maschinen aller Art wie Zeppeline und Flugboote, aber auch Wolkenkratzer, mechanische Golems, analoge Computer, den Teleklang und die Sprechmaschinen und nicht zuletzt verheerende Bomben, Panzer und Kanonen. Meisterdetektive jagen Superschurken, die nichts weniger als die Weltherrschaft im Sinn ha-
ben, und Kolonialmächte erobern mit Expedition und Großwildjägern die letzten weißen Flecken auf den Landkarte, egal ob in der Arktis, in Zentralafrika, unter dem Ozean oder auch auf dem Mond und dem Mars. Geschossen wird nicht nur mit Elefantenbüchsen, sondern auch mit Strahlenpistolen. Im Gaslicht feiern dekadente Adlige und Fabrikanten prächtige Bälle, wo sich charmante Ladys im Korsett und stocksteife Gentlemen mit Frack und Zylinder bei Walzerklängen drehen, während in den Fabrikhallen der Städte öl- und rußverschmierte Arbeiter die Öfen der Dampfmaschinen befeuern und in den Gassen hungernde Kinder als Taschendiebe unterwegs sind. Vor diesen Diskrepanzen warnen Scharlatane und Propheten, obskure Kultisten huldigen seltsamen Ritualen und uralten Göttern, Geheimgesellschaften gehören allgemein zum guten Ton, Suffragetten fordern die radikale Emanzipation, und Anarchisten und Revoluzzer sprengen Leute in die Luft. Und im übergreifenden Sinn der Alternate History vermischen sich dabei auf vergnüglichste und skurrilste Weise realhistorische Geschehnisse und Personen mit fiktiven Gestalten und Ereignissen, die auch vor Zauberei und Alchemie, Dschinnen- und Dämonenbeschwörung nicht Halt machen.
Über all dem schwebt das Versprechen einer unerschöpflichen, alles durchdringenden Energie und Quintessenz schier mystischer, ja spiritistischer Kraft, die neben Öl und Dampf die Zukunft vorantreibt und je nach Gustus und Temperament kosmischer Staub, Flux, Fludium, Pleunum oder Æther genannt wird. Damit ist dieser fabelhafte Stoff nicht nur brauchbar für Seancen und Beschwörungen, sondern auch geeignet als Antrieb für U-Boote, Roboter und Raumschiffe, womit sich der Kreis aus Fantasy und SF beim Steampunk auf wunderlichste Weise schließt.
Wurzeln des Dampfs Als die Vorväter des Steampunk werden gerne Jules Verne und H.G. Wells mit ihren Werken wie Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer (1874), Die Propeller-Insel (1895), Von der Erde zum Mond (1873), Die Zeitmaschine (1904) oder Die Insel des Dr. Moreau (1898) genannt. Doch diese Romane waren zu ihrer Zeit SF- und Abenteuer-Romane, blickten also in die Zukunft und beinhalteten dabei auch Gesellschaftskritik und Utopien. Der heutige Steampunk ist dagegen waschechte Unterhaltungsliteratur mit einem verklärten Blick zurück in eine aus moderner Perspektive obskure, märchenhafte und spinnerte Epoche.
K
urz vor dem Erscheinen des ersten Bandes der Steampunk-Trilogie Leviathan (CBJ) hatte unser Mitarbeiter Daniel Bauerfeld die Gelegenheit, mit dem 47-jährigen US-amerikanischen Autoren Scott Westerfeld zu sprechen.
Foto: Samantha Jones
■ Was bedeutet der Begriff Leviathan für Dich persönlich? Ist er als Referenz an das Meeresungeheuer der biblischen Mythologie zu sehen? Genau, es ist eine Referenz an das Monster aus der Mythologie. In der englischen Sprache bezeichnet der Ausdruck jedoch auch alles, was gewaltig und furchterregend sein kann. Das Flugschiff, nachdem die Romanserie benannt ist, ist mehr als 1000 Fuß lang und noch dazu eine lebendige Kreatur - daher dachte ich, dass der Name eines Monsters mehr als passend ist. Es gab übrigens in der Geschichte der Royal Navy bereits vier Schiffe, welche auf den Namen Leviathan getauft wurden. ■ Leviathan spielt an eher ungewöhnlichen Romanschauplätzen: im Deutschen Reich, in der Schweiz, in Österreich, Ungarn und auch im Osmanischen Reich. Wie schwierig war es für Dich als US-Amerikaner, sich in einem solchen Setting zurechtzufinden? Ich war wirklich sehr lange und ausgiebig für dieses Buch auf Reisen. Ich wanderte durch die österreichischen und Schweizer Alpen. Sogar bis nach Istanbul hat es mich verschlagen. Friedrichshafen, die Geburtsstadt der Zeppeline, habe ich ebenfalls besucht. Dabei bot sich mir sogar die Möglichkeit, eine Fahrt in einem modernen Zeppelin zu unternehmen. All die bekannten Abenteuergeschichten, die ich in meiner Kindheit so sehr liebte, boten den Lesern so großartige und exotische Schauplätze. Dieses Gefühl wollte ich durch meine Romane wiederaufleben lassen.
Illustrationen: Keith Thompson
■ Welchen Stellenwert nimmt Steampunk für Dich persönlich ein? Steampunk betrachte ich als nostalgische Aufarbeitung der Zukunftsfantasien der Vergangenheit - für die Science Fiction des viktorianischen Zeitalters eines H.G. Wells oder eines Jules Verne. Steampunk ist zudem noch als eine Erinnerung an die Zeit zu sehen, in der noch nicht jeder Winkel unserer Erde entdeckt war und als einsame Abenteurer noch die Möglichkeit besaßen, die Quelle des Nils zu entdecken. Oder
aber auch durch den Æther zu reisen, um auf dem Mars zu landen. Weiterhin sehe ich Steampunk als Nostalgie für die menschliche und noch wirklich handgemachte Technik, für barockes Design, für elegante Bekleidung und gutes Benehmen. Der Gegensatz also zu einer Welt, in welcher die Technik sich entweder dem Mikrokosmos zuwendet oder aber die gesamte Welt umspannt. Die Welt um uns herum ist hochmodern, die Kleidung der Menschen ist Schund, und ihr Benehmen lässt mehr
als zu wünschen übrig. Natürlich umfasst Steampunk auch das kindische Vergnügen, das industrielle Zeitalter der Geschichte gehörig durcheinanderzubringen, indem man etwa eine dampfbetriebene Maschine mitten in eine Tea-Party hineinplatzen lässt. ■ Verneigst Du Dich mit Deiner Geschichte vor Autoren wie Jules Verne und H.G. Wells? Kannst Du Dich an den ersten Kontakt mit dem Genre erinnern?
Ich muss zehn Jahre gewesen sein, oder so, als ich eine 20.000 Leagues Under the Sea-Fahrt in Disney World unternahm. Das war ein wirklich kulturelles Großereignis für mich. Die Fahrt basierte auf einem Kinderfilm, der eine Geschichte aus dem Jahr 1869 über ein nuklearbetriebenes Unterseeboot adaptierte. Der Film entstand 1954, also mitten im Kalten Krieg. Um es mit anderen Worten auszudrücken: Es war eine fantastische Visualisierung einer Technologie, welche beim Erscheinen des Buchs noch Zukunftsmusik war, aber bereits Realität, als der Film entstand. Das alles war eine mehr als seltsame Mischung aus Schönheit und Bedrohung zugleich. Das hat mich sehr beeindruckt und anscheinend auch geprägt. Und was nicht zu verachten ist: Die Fahrt in Disney World war einfach atemberaubend. ■ Was denkst du: Weshalb ist Steampunk auch noch im 21. Jahrhundert so populär? Steampunk muss als eine literarische Collage gesehen werden, die einem Autor Unmengen an Möglichkeiten bietet. In dem Genre lassen sich wundervolle Spielereien treiben, indem du die unterschiedlichsten und widersprüchlichsten Elemente zusammenmixt. Du kannst von der realen Vergangenheit ausgehen, aber auch von einer Zukunft, wie sie sich das Viktorianische Zeitalter vorgestellt hat. Dir bietet sich die Möglichkeit, ausführbare alternative Technologien zu präsentieren, aber auch total verrückte Erfindungen und pseudo-wissenschaftliche Vorstellungen in den Vordergrund zu rücken, wie etwa eine Erde, die im Inneren hohl ist, oder auch Geisterfotografien. Es steht dir einfach alles offen und du musst selbst entscheiden, auf welche Aspekte du deinen Fokus beim Erzählen legst - das geht hin bis zu deiner persönlichen politischen Einstellung. So sind etwa Kolonialismus und auch Sexismus noch heute starke Themen im Steampunk. Ich denke, gerade dieses Experimentieren und Vermischen passt wunderbar in das 21. Jahrhundert, weil es gleichzeitig auch eine Dosis Nostalgie herübertransportiert. ■ Erzähl den Lesern doch ein wenig über die Unterschiede der beiden sich gegenüberstehenden Parteien in Leviathan. Siehst Du in dem Gegensatz zwischen der technik- und der naturorientierten Gesellschaft eine Gemein-
SCHNEE, EIS, FROST UND BIBBERNDE KÄLTE
VERSCHNEITE PHANTASTIK PHANTASTISCHE ROMANE IN EINER WINTERLICHEN WELT - EIN ÜBERBLICK
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chnee und Eis sind für den Menschen faszinierend und bedrohlich zugleich. Wenn der Schneefall zu Weihnachten ausbleibt, ist man hierzulande enttäuscht. Doch gleichzeitig fordern Kälte, Schnee und Eis Jahr für Jahr Todesopfer. Die Eishänge und Gletscher der Alpen zeigen auch in Deutschland die gefahrvolle und menschenfeindliche Seite des Winters. Die besondere winterliche Gefahr und Stimmung nutzen auch eine Reihe von Autoren, aktuell beispielsweise Thomas Finn mit seinem Roman Weißer Schrecken (mehr dazu auf Seite 36). Der folgende Artikel zeigt weitere interessante phantastische Romane, die in Schnee und Eis spielen.
Fantasy-Welten »Der Winter naht!« Dies ist der Wahlspruch des Herrschergeschlechts Stark. Dieses nimmt in der beliebten Fantasysaga Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin eine Schlüsselposition ein (siehe NAUTILUS 60; mehr zur Fernsehserie und zu der Neuveröffentlichung der Bücher in einer der kommenden Ausgaben). Eddard Stark ist König des Nordens. In seinem Reich herrscht ein nahezu ewiger Winter. Die Bewohner haben sich auf Schnee und Dauerfrost eingestellt. Dementsprechend trägt die Königsfestung den passenden Namen Winterfell. Auf die Starks geht auch die Errichtung der sagenhaften Mauer zurück:
Dieses gigantische Bauwerk aus Eis und Stein schützt das Königreich gegen die unerforschten Gebiete nördlich der Mauer und die Kreaturen der Kälte: Wildlinge, Schattenwölfe, Mammuts und die noch weitaus gefährlicheren Anderen. Hinter der scheinbar unüberwindbaren Mauer zeigt der ewige Winter sein grausames Gesicht.
Märchenhaft Märchenhafter, aber nicht minder gefährlich, ist die Winterwelt von Der König von Narnia, in die uns C.S. Lewis im ersten Band seines Meisterwerks entführt (siehe auch NAUTILUS 31 und 53). Durch einen Wandschrank betreten die vier Geschwister Peter, Susan, Edmund und Lucy eine Welt, in der seit Hunderten von Jahren ewiger Winter herrscht. Für diesen Zustand ist Jadis verantwortlich, die Weiße Hexe. Durch ihren Zauber wird Narnia in einen winterlichen Mantel gehüllt. Doch eine alte Prophezeiung sagt der Hexe das Ende ihrer Herrschaft heraus. In ihren Grundzügen erinnert die schneebedeckte Welt von Narnia an eines der bekanntesten Märchen des dänischen Dichters Hans Christian Andersen: Die Schneekönigin. Auch sie ist eine schöne, aber dennoch kalte Herrscherin. Sie entführt den jungen Kay, der sofort ihrer kalten Schönheit verfällt und von da an mit ihr in ihrem Eispalast hoch im Norden leben muss. Während-
dessen macht sich das Nachbarskind Gerda auf die Suche nach Kay. Nach einer langen Reise und einer Reihe von Begegnungen (u.a. mit einer Lappin und einer Finnin) erreicht sie das Schloss der Schneekönigin, welches aus Hunderten leerer Eissäle besteht. Im größten Saal befindet sich der Thron der Königin, und in diesem findet Gerda auch Kay, nahezu vollständig gefroren. Sein Herz ist nur noch ein Eisklumpen. Er erkennt seine Freundin nicht einmal wieder. Doch Gerdas Tränen lassen sein Eisherz schmelzen, und sie fliehen aus dem Eispalast. Als beide zu Hause ankommen, sind sie bereits erwachsen geworden. Wesentlich grimmiger ist Alan Garners Der Zauberstein von Brisingamen (aktuell im Waldorf-Verlag Freies Geistesleben, frühere deutsche Ausgaben sind unter dem Titel Feuerfrost bei anderen Verlagen erschienen): In Der Zauberstein von Brisingamen entdecken die zwei Geschwister Colin und Susan bei einem Besuch in der englischen Provinz Cheshire, dass sie im Besitz eines verwunschenen Armbands sind, des Schlüssels zum Schlafplatz eines getreuen Königs und seiner Ritter. Um das Armband zu bewahren, müssen sie eine gefährliche Wanderung durch das durch einen bösen Zauber komplett verschneite, ländliche Cheshire unternehmen und gegen zahlreiche Monster bestehen. Eine Fortsetzung des spannenden Fantasy-Romans findet man in Der Mond von Gomrath.
GEORGE R.R. MARTIN:
DAS LIED VON EIS UND FEUER INTERVIEW MIT URBAN HOFSTETTER
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ank der kommenden Verfilmung als Fernsehserie durch den USPayTV-Sender HBO ist das Fantasy-Epos Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin in aller Munde (alles zur Fantasy-Sage siehe NAUTILUS 60). Im Dezember ist bei Blanvalet die vollständig überarbeitete Neuausgabe des ersten Bandes Die Herren von Winterfell erschienen. Dazu hat unser Mitarbeiter Daniel Bauerfeld Urban Hofstetter, Programmverantwortlicher für den Bereich Fantasy bei Blanvalet und zugleich deutscher Lektor von George R.R. Martin, ein paar Fragen gestellt. Hofstetter ist seit 2001 Lektor beim Blanvalet Verlag und seit 2008 Programmleiter bei Penhaligon und Blanvalet Fantasy. ■ Blanvalet wirbt mit dem Slogan »Die größte Fantasy-Saga unserer Zeit«. Doch seit der deutschsprachigen Erstausgabe 1997 präsentiert sich das Werk von George R.R. Martin mit einer Covergestaltung, die kaum jemanden zufriedengestellt hat. Wann und warum kam es zur Kehrtwende? Sie sprechen es an: Mit der Gesamtgestaltung der Erstausgabe konnten weder die Leser noch wir zufrieden sein. Das war uns schon lange klar. Daher hatten wir nur auf die richtige Gelegenheit gewartet, einen Neuanfang zu starten. Diese Gelegenheit wäre natürlich das Erscheinen des neuen Bandes der Saga (A Dance of Dragons, Anm. der Red.) gewesen. Da seit dem Erscheinen des bislang letzten Teils (Die dunkle Königin, Anm. d. Red.) inzwischen aber einige Zeit vergangen ist, wollten wir nicht länger warten. Es war uns wichtiger, dem großartigen Werk von George R.R. Martin auch in Deutschland den Rahmen zu bieten, der seiner Saga gebührt. ■ Wer musste zu einer solchen Entscheidung hinzugezogen werden? Gab es auch Kontakt zum Autor? Diese Entscheidung lag letztlich bei mir, dem deutschen Lektor von George R.R.
Martin und Programmverantwortlichen für die Fantasy bei Blanvalet. Wir haben für unseren Plan, die bislang sehr uneinheitliche Übersetzung zu überarbeiten, jedoch von Anfang an sehr viel Zustimmung von allen Beteiligten erfahren - allen voran vom deutschen Agenten des Autors.
sucht, es so zu machen, wie es hätte sein sollen. Natürlich ist uns klar, dass ein solches Unterfangen nicht perfekt gelingen kann. So etwas geht alleine schon auf Grund des Umfangs gar nicht. Aber ich finde, es ist ein rundes Ergebnis geworden, das sich durchaus sehen lassen kann.
■ Warum hat man sich für eine komplette Eindeutschung der Eigen- und Ortsnamen entschieden?
■ Wie stehen Sie grundsätzlich Eindeutschungen gegenüber? Es gibt sicherlich Knackpunkte. Ich denke dabei etwa an Jon Snow, der nun zu Jon Schnee wird - wie ist wohl der Vorname auszusprechen: komplett eingedeutscht oder eher an englisch John angelehnt?
Es war uns und vielen Lesern, die uns in den letzten Jahren angeschrieben haben, ein Dorn im Auge, dass bei der Namensfindung der ansonsten sehr guten Originalübersetzung einiges schiefgelaufen ist. Die Erstausgaben präsentierten sich mit einem sehr verwirrenden Mix aus englischen und deutschen Personen- und Ortsnamen. Es fehlte eine klare Linie. Dies fing schon bei der Karte von Westeros an, wenn Sie zur Mauer schauen, die den wilden Norden vom Süden der sieben Königreiche trennt. Dort sehen Sie an der Ostküste einen Wachturm in der Karte eingezeichnet. Sein Name lautet in der ursprünglichen deutschen Ausgabe: East Watch by the Sea. Gleich daneben liegt eine Bucht. Und was ist dort zu lesen? Seehundbucht! Das passt natürlich einfach nicht zusammen. Das Problem der alten Ausgaben war, dass nur die Hälfte der Namen übersetzt wurden, andere jedoch schlichtweg stehen blieben: so etwa der genannte Wachturm oder auch das Schwert von Eddard Stark, Ice. Ganz behutsam haben wir nun ver-
Wie schon gesagt, wir haben es so behutsam wie möglich versucht. Gerade bei der Vielzahl von Eigennamen fällt einem die Eindeutschung besonders schwer. In dem angesprochenen Fall gab es natürlich ein wunderbar deutsches Äquivalent zu Snow, nämlich Schnee. Daher wäre auch der Vorname eher als deutschsprachiger Vorname zu lesen, wie er etwa auch in Norddeutschland des Öfteren zu hören ist. ■ Nun gibt es die große HBO-Serienverfilmung, die am 17. April in den USA Premiere hat. In der deutschen Synchronisierung werden die englischen Namen wohl beibehalten. Kann dies für Verwirrung sorgen? Ein deutscher Sender für die Fernsehserie A Game of Thrones ist nach meinem Kenntnisstand noch nicht gefunden. Eigentlich verwunderlich, da die Serie be-
reits in viele Länder verkauft wurde. Aber ich bin zuversichtlich, dass bald ein deutscher Partner präsentiert wird. Dann wird sich zeigen, welchen Weg der betreffende Sender einschlagen wird. ■ Wen soll die Neuausgabe in erster Linie ansprechen? In erster Linie wollen wir für dieses großartige Epos neue Leser gewinnen. Diese sind unser erstes Zielpublikum. Daneben wollen wir mit der Neuausgabe aber auch die eingefleischten Fans der Saga ansprechen. Viele waren ja mit den Erstausgaben unzufrieden und sagten, völlig zu Recht, dass es so nicht weitergehen kann. Ihnen wollen wir eine Reihe anbieten, deren Qualität sich auch im Äußeren widerspiegelt. Wir haben sehr lange nach einer passenden Covergestaltung gesucht. Bewusst haben wir uns dafür entschieden, ein Schritt zurück von der Fantasy hin in Richtung gehobener historischer Romane zu gehen. Mr. Martin geht ja sehr zurückhaltend mit Fantasy-Elementen um. Daher ist es berechtigt, ein weiteres Zielpublikum anzusprechen, wie etwa die Leser der Epen von Ken Follett. Uns war natürlich klar, dass es für einige der alten Fans zunächst schwer sein würde, sich in einer geänderten Begriffswelt zurechtzufinden. Aber wir hoffen, dass sich gerade diese glühenden Fans daran gewöhnen werden und der neuen Ausgabe eine Chance geben. ■ Beschleicht Sie manchmal das Gefühl, dass Das Lied von Eis und Feuer unvollendet bleiben könnte? Eigentlich nicht. Ich denke da sehr positiv. Aber als großer Anhänger dieser Serie, werde auch ich ganz persönlich froh sein, wenn die lange Durststrecke ein Ende hat. ■ Ist die Übersetzung von bereits vorhandenen Kapiteln aus A Dance of Dragons schon in Vorbereitung? Uns liegt leider noch überhaupt nichts vor. Aber ich kann versprechen, dass der Übersetzer sich sofort an die Arbeit machen wird, sobald uns das Manuskript vorliegt. Das sind wir allen Fans schuldig und - nicht ganz uneigennützig - ich mir selbst natürlich auch. ■ Vielen Dank für das sehr informative Gespräch. Das Interview führte Daniel Bauerfeld b
HEXEREI UND HAUSAUFGABEN
LITERATUR
ZAUBEREI IM INTERNAT MAGISCHE SCHULGESCHICHTEN
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icht erst seit Harry Potter ist das Thema Magier-Akademien und Zauberschulen ein Dauerbrenner in der Fantasy: Ein Jugendlicher bekommt eine besondere Ausbildung, die er sich auch in seinen kühnsten und phantastischsten Träumen nicht vorstellen konnte. In den Vorschauen der Verlage sind Schulen und Internate immer noch sehr präsent. auch wenn Rowlings Erfolg kaum zu überbieten ist. Magische Ausbildungen gab es jedoch schon lange vor J.K. Rowlings siebenbändiger Harry Potter-Reihe: So erschien bereits 1971 der Roman Krabat von Otfried Preußler. Darin erlernt der vierzehnjährige Waisenjunge Krabat im 17. Jahrhundert in der Lausitz Magie in einer Mühle, die auch die Schwarze Schule genannt wird. Inzwischen ist das Grundthema mehrfach variiert worden: mit Vampirschülern und mit Teenies mit paranormalen Fähigkeiten. Im folgenden Artikel zeigen Autoren und Lektoren, warum es so viele Romane über magische Schulen gibt.
Schulen Mit Die Knochen der Götter schickt Boris Pfeiffer seine Helden, die Jugendlichen Rufus, Fili und No, in Die Akademie der Abenteuer. Dass diese Akademie etwas Besonderes ist, zeigt bereits ein Blick auf den Stundenplan. Denn welche Schule hat schon so seltsame Fächer wie »Gesetzmäßigkeiten der Fluten« oder »Seltene Anschwemmungsartefakte«? »Schule ist ein Ort, in dem wir lernen zu träumen«, so äußert Autor Boris Pfeiffer seine Begeisterung für dieses Thema. »Wer träumt nicht am hellichten Tage in der Schule? Ich habe es getan. In der Schule träumen wir. Und was wir dort träumen, das kann alles wahr werden.« Dass Träume und Realität miteinander verbunden werden, ist einer der
Aspekte, der Schul- und Internatsgeschichten so beliebt macht. Es hilft den Lesern, in einer vertrauten Umgebung Magisches zu entdecken. Der schulische Hintergrund ist ja jedem bekannt: Es gibt Lehrer, es gibt Noten, aber auch viel Magie, die eine reale Schule oft nicht bietet. Wer hat sich nicht schon Mal gewünscht, besonders zu sein? Etwas zu beherrschen, das andere nicht können? So beginnen viele dieser Geschichten: Der Protagonist entdeckt, dass er ein Zauberer ist - oder vielleicht sogar ein Superheld. In ihrem Roman Die Übersinnlichen widmet sich Susanne Rauchhaus Figuren mit paranormalen Fähigkeiten. Die Autorin erklärt ihre Begeisterung: »Stellen wir uns nicht alle gern mal vor, magische Fähigkeiten zu haben? Ich glaube, es ist besonders leicht, sich mit einer Figur zu identifizieren, die eine Fähigkeit erst erlernen muss. Eine Schulsituation kann jeder nachempfinden: Meist ist diese Kulisse ein langweiliges Bild, das wir aber wiedererkennen. Und wenn wir uns diese Kulisse dann bunt anmalen, also die Schule in eine magische Schule verwandeln, dann mischen sich Bekanntes und faszinierend Fremdes auf spannende Weise - wie immer in der Fantasy. Außerdem dürfen Lehrlinge Fehler machen und sind damit wunderbar sympathische Charaktere.« Rauchhaus bringt einen zweiten Aspekt zur Sprache: Eine magische Schule allein bringt noch keinen interessanten Roman hervor. Die Leser wollen von Figuren lesen, die sie mitreißen und erlauben, sich mit ihnen zu identifizieren. Der Protagonist darf nicht perfekt sein. Oft hat er mit seiner Außerge-
wöhnlichkeit zu kämpfen, er lernt, seine Kräfte zu beherrschen, er macht Fehler und - ganz wichtig - er kämpft weiter. Damit vermitteln diese Romane eine wichtige Lehre, die Notwendigkeit, sich den Schwierigkeiten zu stellen und sie zu meistern. Sei es in einem Mathe-Test oder im Besenreiten.
Schüler Autor Thomas Finn besteht darauf, dass auch eigenartige Fantasy-Welten eine reale, verständliche Basis haben müssen. Nur wenn der Leser in der Welt Vertrautes findet, kann er dem Autor bis zum Phantastischen folgen. Held der Trilogie Die Chroniken der Nebelkriege ist der junge Irrlichtjäger Kai, der an sich selbst magische Fähigkeiten entdeckt und erfährt, dass er der letzte Feuermagier ist. Er kann keine Schule besuchen, erhält aber zwischenzeitlich Einzelunterricht. Seine Entwicklung besteht zu einem Großteil in der Suche nach einem geeigneten Lehrer. »Mir war es wichtig, ein verzaubertes Umfeld zu schaffen, in das sich mein Zauberlehrling nahtlos einfügt«, betont Thomas Finn. »Zu diesem Zweck habe ich unser bekanntes Nordeuropa fantastisch verfremdet und zur magischen Bühne umfunktioniert.« Somit folgen viele der Zauberschulgeschichten ähnlichen Spielregeln. Das bestätigt Michael Peinkofer, Verfasser der Fantasy-Reihe Die Zauberer: »Ich denke, dass sich die Entwicklung der Zauberschüler und ihrer realen Gegenstücke in den Grundzügen entspricht. Natürlich mutet das, was die Zauberlehrlinge - bei mir heißen sie Novizen, Aspiranten und Eingeweihte - lernen, spannender an als Mathe, Deutsch und Englisch. Aber letzten Endes bekom-
WERKSTATTBERICHT
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ch liebe Magiesysteme. Wenn Sie meine Bücher gelesen haben, wissen Sie das wahrscheinlich schon. Ein tragfähiges, interessantes und neuartiges Magiesystem macht einen Roman für mich attraktiv. Die wahre erzählerische Stärke eines Buchs liegt natürlich in seinen Charakteren - aber die Magie bleibt ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Fantasy. Ich arbeite seit einiger Zeit an verschiedenen Theorien zu Magiesystemen. Dabei muss man viele Dinge berücksichtigen: Als Schriftsteller will ich ein System, das beim Schreiben Spaß macht, als Leser will ich, dass es beim Lesen Spaß macht. Als Erzähler will ich, dass es erzählerisch funktioniert und Geheimnisse enthält, die man aufdecken kann. Ein gutes Magiesystem sollte einerseits in der Vorstellung ansprechend wirken und andererseits die Grundstimmung einer Erzählung unterstützen. Es sollte die Erzählung fördern und Konflikte aufbauen. Ich werde im Folgenden in mehreren Abschnitten meine erzählerische Theorie der Magiekonzepte erläutern. Selbstverständlich spiegelt das Folgende lediglich meine persönliche Ansicht wider. Obwohl ich von Gesetzen spreche, handelt es sich nur um Grundregeln, die funktionieren, soweit ich sie nutze. So wie es manchmal nötig ist, gegen grammatikalische Grundregeln zu verstoßen, so können andere Autoren auch gegen meine Theorien versto-
NATURGESETZE FÜR ÜBERNATÜRLICHES
VERZAUBERT BRANDON SANDERSON ÜBER DIE MAGIE IN »DER WEG DER KÖNIGE« ßen und trotzdem gute Bücher schreiben. Im Großen und Ganzen glaube ich aber, dass jeder Magie besser in seine Erzählungen einbauen kann, wenn er die folgenden Regeln einhält: Gesetz Sandersons erstes Magiegesetz: Die Fähigkeit eines Autors, Konflikte mittels Magie zu lösen, ist direkt proportional dazu, wie gut die Leser diese Magie begreifen. Als ich mich zum ersten Mal beim Worldcon angemeldet habe (nachdem der Vertrag über Elantris unterzeichnet war, aber noch bevor das Buch im Handel war), habe ich gesehen, dass es eine Podiumsdiskussion zum Thema »Wie funktioniert Magie« gab. Ich habe mich eifrig dafür gemeldet und durfte zu meiner großen Freude teilnehmen. Es war meine erste Veranstaltung auf diesem Con. Nach einem langen Flug von Utah nach Boston war ich müde, fand aber irgendwie den Weg nach
vorn. Da saß ich nun mit meinen Notizen und meinen einsatzbereiten Ideen. Und schon fragte der Moderator: »Eine einfache Frage zuerst: Wie sollte Magie funktionieren?« Ich gab eine Antwort, die ich für selbstverständlich hielt. Schließlich hatte ich sie aus Orson Scott Cards Buch über das Schreiben (das Kapitel über Magie ist unbedingt empfehlenswert) und hatte sie schon seit einiger Zeit als Faustregel genutzt, daher war ich fest davon überzeugt, dass dies das erste Gesetz von Magiesystemen war. Ich antwortete: »Magie muss natürlich Regeln folgen.« Woraufhin alle im Raum mir überaus deutlich zeigten, dass sie nicht meiner Meinung waren. »Wenn Sie Ihre Magie einschränken, dann verliert sie das Wunderbare. In der Fantasy geht es um das Wunderbare. Sie dürfen sich und Ihre Fantasie nicht mit Regeln begrenzen.« Ich war fassungslos. Mir wurde klar, dass das Meiste, was ich zu diesem Thema gelesen hatte, von Leu-
ten stammt, die eine ganz bestimmte Art von Magie schätzen. Und dass es eine vollkommen andere Denkweise gab. Den Rest der Veranstaltung kämpfte ich darum, meine Sichtweise zu verteidigen. Als ich ging, dachte ich mir, dass all die anderen Teilnehmer anscheinend wirklich schwache Magiesysteme in ihren Büchern hätten. Als ich länger darüber nachdachte, wurde mir klar, dass man die Dinge auch anders machen kann, als ich es tue. Man kann Magie auftauchen lassen, ohne viele Regeln und Gesetze zu erklären - Tolkien hat seine Magie kaum erklärt. Aber wenn es keine Magiegesetze gibt, besteht doch das Risiko eines Deus ex Machina, eines unlogischen und erzwungenen Schlusses? Die fehlende innere Logik ist einer der Hauptvorwürfe von Kritikern des FantasyGenres. Der Science Fiction-Herausgeber John Campbell hat dazu geschrieben: »Der größte Unterschied zwischen Fantasy und Science Fiction ist, dass es bei Science Fiction nur eine einzige Setzung oder sehr wenige Setzungen gibt, die man strikt logisch weiterentwickelt. Fantasy hingegen stellt im Verlaufe einer Erzählung immer neue Regeln auf (...) Fantasy sagt im Grunde: Es gibt nur eine Regel: Mach eine neue Regel, wenn du eine brauchst. Science Fiction ist: Erstelle eine Setzung und entwickle sie konsequent weiter.« Ich bin ganz und gar nicht dieser Ansicht, muss Mr.
MAGISCHER ERMITTLER INTERVIEW MIT ANDREAS GÖSSLING ZU DER RUF DER SCHLANGE
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er 1958 geborene Schriftsteller Andreas Gößling hat bereits mehrere phantastische Erzählungen veröffentlicht. Anlässlich seines neuen Werks Der Ruf der Schlange beantwortete der Autor dank freundlicher Vermittlung durch den Verlag Klett-Cotta unserem Mitarbeiter Lars Schiele auf der Frankfurter Buchmesse 2010 ein paar Fragen zu Fantasy-Welten, Religion und Detektiven: ■ »Mit seiner Schlange zerbeißt und vertilgt er alles Gewürm« - warum ver-
birgt sich in heiligen Texten der jüngeren, siegreichen Religion wie den Linglu-Texten in Ihrer Romanwelt so oft ältere, überwundene Mythologie? Darauf kann man natürlich verschiedene Antworten geben: Eine lautet: Originalität ist rar gesät, selbst unter Göttern (lacht). Unsere Religion, die christliche, ist letztendlich auch eine synkretistische Religion, also eine, die sich aus dem Abschöpfen und Umwandeln besiegter älterer Stammesgötter und ihrer Priesterschaften langsam herausgebildet hat.
■ Der Detektiv ist die reine Vernunft. Ihre Hauptfigur Samu Rabov bedient sich aber zur Ermittlung gegen Verschwörer und Mörder auch seiner Intuition und sogar der Magie. Ist Zauberei notwendigerweise irrational? Sie ist, glaube ich, nicht notwendigerweise irrational. Der Gegensatz verläuft eher entlang der Freud’schen Linie zwischen Ich und Es: Man hat einerseits das rationale, sich selbst steuernde Subjekt. Aber die andere Seite kann einen auch weiterbringen, auch bei einem logischen Problem. Aber so vorzugehen, sich auf diese andere Seite zu verlassen, kann auch dazu führen, dass man sich im Wege der Ermittlungen selbst verliert. Deswegen sollten Detektive in der Welt von Der Ruf der Schlange mit dieser magischen Gabe vorsichtig umgehen. ■ Die menschliche Seele ist in Ihrem Roman zweigeteilt in Lichtich und Dunkeldu. Vorstellungen aus unserer Welt sind Schutzengel, die göttliche Stimme des Propheten oder sogar die Stimmen, die Schizophrene hören. Was steckt hinter der Vorstellung eines zweiten Ichs in uns? Diese Vorstellung ist während der Menschheitsgeschichte die längste Zeit eine ganz geläufige gewesen. Wir kennen sie aus vielen so genannten primitiven oder Naturreligionen bis heute: Zum Beispiel geht man im Voodoo von der kleinen und der großen Seele aus. Die große Seele ist (wenn ich die Reihenfolge jetzt noch richtig draufhabe), das, was die Persönlichkeit ausmacht. Die kleine Seele ist der Le-
bensfunke, die Vitalität, die Schlange in uns, sozusagen. Das ist die andere Seite, die wir einfach auch, weil wir natürliche Geschöpfe sind, immer in uns tragen. Unser modernes abendländisches Ich beruht darauf, dass es diese andere Seite entweder verteufelt oder ausblendet. ■ Wie viel beschädigter Detektiv, der das Beste will, steckt in Samu Rabov? Wie viel Sam Spade im Unterschied zu Sherlock Holmes? Ich denke, viel. Er hat beide Seiten in sich, wobei ich weniger an Sam Spade als an Chandlers Marlowe gedacht habe, der ja ein legitimes Kind von Sam Spade ist. Ich würde sogar noch weitergehen und sagen: Nicht nur trotz seiner Beschränktheit und Beschädigungen, sondern mithilfe der Sensitivität, der Idiosynkrasien, die er dadurch gewinnt, klärt er das Ganze auf beziehungsweise ist er so etwas wie ein Medium der ganzen Vorgänge. Er schwingt mit dieser Welt, und sie schwingt in ihm. Wenn er nur ein ungebrochenes, selbstherrliches Individuum wäre, dann würde er, wie manche seiner Antipoden im Roman, das gar nicht mitbekommen. So wie manche Leser, in deren Rezensionen ich gelesen habe, dass sie das auch nicht mitbekommen. Weil einzelne Leser die toughe Krimi-Story suchen und diese Dimension auch in sich selbst vielleicht gar nicht kennen. Aber es gibt auch viele Leser, die das nachvollziehen können, das will ich damit nicht gesagt haben. ■ Ja, Rabov folgt immer wieder seinen Intuitionen. Rabov sagt zu seinem Assistenten Port Sola: Hier denken Sie wie ein Zolltormann. Also wie ein klassischer Kriminalermittler. Aber der Geheimdienstseite geht es nicht darum, das alles aufzuklären, zu entlarven, sondern es geht darum, die magische Seite und die EgoSeite wieder ins Gleichgewicht zu bringen,. Das ist das Geheimnis dieses Ermittlers. Und letzten Endes auch dieser Welt. Vielleicht auch dieses Autors (lacht). ■ Glauben Sie, dass Religionen und Mythen, einen nachvollziehbaren, sogar naturwissenschaftlichen Kern haben? Den wahren Kern mag es geben. Aber er ist sicherlich nicht naturwissenschaftlich, sondern die Wahrheit liegt auf einer anderen Erfahrungsebene,
»Eine Erkundung dessen, was uns menschlich macht«
MAGIE UND SEELENFRESSER INTERVIEW MIT CELIA S. FRIEDMAN
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elia S. Friedmans erste Veröffentlichung war Ende der Achtziger die auf Deutsch in zwei Bänden erschienene Science Fiction-Erzählung um den endlosen Krieg (Der Sturm der Braxi/Die Ferse des Achill). Mit ihrer Kaltfeuer-Reihe, die Knaur zwischen 2003 und 2005 in sieben deutschen Taschenbüchern veröffentlichte, schuf die 1957 geborene Amerikanerin eine der besten und innovativsten Fantasy-Trilogien der Neunziger. Es folgte der umfangreiche Science Fiction-Roman Ein neues Babylon. Nun kehrt die Katzenliebhaberin, Freizeit-Schmuckschmiedin und passionierte Kostüm-Designerin mit einer neuen Trilogie zur Fantasy zurück, deren erster Band Die Seelenjägerin komplett im Paperback bei Piper erschienen ist. Unser Mitarbeiter Christian Endres sprach mit der Autorin über den Fantasy-Markt im Wandel und über die Magister-Trilogie:
Computer ermutigt uns, Textblöcke herumzuschieben oder sie für später aufzuheben, wenn sie uns an der aktuellen Stelle nicht gefallen. Früher hat man sie in den Papierkorb geworfen, und weg waren sie. Die Technologie hat den Trend zu dicken Büchern also befeuert. Ich glaube aber auch, dass Leser der dicken Schwarten, die straffer editiert gehört hätten, langsam müde werden. Verleger erzählen mir, dass es wieder einen Trend zu kürzeren, präziser geschriebenen Werken gibt. Und diese Trends berühren dich als Autor stark. Wenn du ein langes Buch schreibst, sollte das, was du zu sagen hast, diese Länge wert sein. Ich gehe davon aus, dass meine Bücher ihre Seitenzahl rechtfertigen, zumal mich Leser oft loben und mir sagen, dass in einem meiner Bücher so viel Inhalt steckt, dass es auch für zwei oder drei Romane gereicht hätte.
■ Sie sind über 20 Jahre als Autorin aktiv - was hat sich verändert, und wie berührt es Ihre Arbeit?
■ Ihre Wurzeln liegen in der Science Fiction. Ist es heutzutage besser, nur als Fantasy-Autorin wahrgenommen zu werden?
Als ich in den Achtzigern mit dem Schreiben anfing, waren dicke Bücher von brandneuen Autoren selten. Jetzt sind dünne Bücher selten, und die meisten neuen Autoren scheinen ihre Karrieren mit mehrbändigen Epen zu star-
Als Autor bevorzuge ich eigentlich die Science Fiction. Aber man kann nicht leugnen, dass Fantasy momentan das vitalere Genre ist, das eine größere Leserschaft besitzt und es leichter macht, seinen Lebensunterhalt als Autor zu
»Ein guter Autor überwindet sein Geschlecht und spricht die menschliche Seele direkt an.« ten. Ich habe einmal meinen Redakteur gefragt, warum sich das verändert habe. Er meinte schlicht, es liege an den Textverarbeitungsprogrammen. Eine überraschend einfache Antwort, aber einleuchtend: Die bloße körperliche Arbeit, ein 2.000 Seiten starkes Manuskript zu produzieren, hat sich um ein Vielfaches verringert. Die Arbeit am
bestreiten. Ich habe aber kein Interesse daran, speziell als »weiblicher SF-Autor« betitelt zu werden. Ich sehe mich selbst als jemanden, der Geschichten erzählt, die jedem gefallen. Als mein Geschlecht den Lesern noch unbekannt war und sie nicht wussten, wofür die ersten beiden Buchstaben in C.S. Friedman standen, schauten wir, was
die Leute aufgrund meines Schreibstils vermuteten. Es war ungefähr Fifty-Fifty zwischen männlich und weiblich. Darauf bin ich ziemlich stolz. Ein guter Autor überwindet sein Geschlecht und spricht die menschliche Seele direkt an. ■ In Ihren Romanen geht es oft um Macht und Verantwortung. Für mich vereint gutes Schreiben aufregende Geschichten mit einer Erkundung dessen, was uns menschlich macht. Fantasy und Science Fiction können uns besonders dabei helfen, unsere kulturellen Werte zu hinterfra-
gen und diese Dinge mit einer anderen Perspektive von außen zu betrachten. Die zwei Schlüsselthemen der Magister-Trilogie - der Hunger nach Macht und die Bereitschaft, sich für eine größere Sache zu opfern - sind mit die stärksten treibenden Kräfte unserer Art, und man findet sie oft in meinen Werken. ■ In Kaltfeuer gibt es eher dominante männliche Charaktere. In Magister liegt der Fokus eher auf starken Frauen. Ein bewusster Wechsel? Ja. Ich versuche, den Fokus meiner Bücher zu variieren, damit ich in jedem Werk etwas anderes tue als in dem davor. Nachdem ich in Kaltfeuer primär männliche Protagonisten hatte, waren nun weibliche dran. Eigentlich haben beide Werke ja eine volle Palette an Charakteren aus beiden Geschlechtern. Und im dritten Magister-Band stehen diverse männliche Figuren aus dem ersten Buch plötzlich im Mittelpunkt. Die Formel ist also nicht so einfach.
»EINE EIGENE MYTHOLOGIE ERSCHAFFEN«
KINDERDIEB INTERVIEW MIT DEM KÜNSTLER UND FANTASY-AUTOR BROM ■ Wie kamen Sie dazu, jetzt auch noch Bücher zu schreiben?
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er 1965 geborene US-Amerikaner Brom verbrachte einen Großteil seiner Jugend im Ausland, unter anderem in Japan und Deutschland, da sein Vater Pilot bei der Army war. »Ich hatte Glück, im Ausland gelebt zu haben. Die enorme kulturelle Vielfalt in unterschiedlichen Winkeln der Erde öffnet deinen Gedanken ein Tor zu einer Welt der Möglichkeiten«, so Brom über seine Jugend. An Deutschland erinnert der Künstler sich besonders gern: »Ich habe die High School in Frankfurt abgeschlossen. Einige meiner wärmsten Erinnerungen sind die an Deutschland. Die deutsche Kultur hat auch einen großen Einfluss auf meine Arbeit.« Nach seiner Rückkehr in die USA arbeitete Brom als Werbe-Illustrator, seit er 20 Jahre alt war. Schon bald zählten Firmen wie Coca Cola oder IBM zu seinen Kunden. Drei Jahre später wandte Brom sich von der Werbung ab und malte Fantasy-Kunst. TSR, der Mutterkonzern von Dungeons & Dragons, stellte Brom ganztags ein. In der Folge drückte der eigenwillige Künstler den Welten von Dragonlance, Vergessene Reiche und Ravenloft seinen Stempel auf. Die nächsten Jahre widmete sich Brom vor allem der Welt von Dark Sun. 1993 verließ er TSR und kanalisierte seine schöpferische Energie wieder in freien Arbeiten. Seitdem beinhaltet fast jeder große Phantastik-Verlag, jedes Fantasy-Franchise und jedes Rollen- oder Sammelkarten-Spiel irgendwo eine charakteristisch düstere Illustration von Brom. Er hat das Sammelkarten-Spiel Dark Age maßgeblich mitgestaltet und trägt zum Design vieler Computerspiele bei. Der mit seiner Familie in Pennsylvania lebende Brom ist einer der derzeit erfolgreichsten Phantastik-Künstler. Inzwischen schreibt Brom auch Romane. Anlässlich seines neuen Werkes Der Kinderdieb sprach unser Mitarbeiter Christian Endres mit Brom über den Mythos Peter Pan und seine düstere Fantasy-Interpretation:
Ich habe es schon immer geliebt, Geschichten zu erzählen: mit Bildern, mit Worten und besonders mit beidem. Als Kind fand ich es toll, kleine Bücher zu machen: Papier, Worte, Bilder, Tacker, und schwupps hatte man ein Buch. Heute ist es immer noch fast dasselbe: Papier, Worte, Bilder, Computer, und schwupps hat man ein Buch. Mein Kopf ist voller Visionen. Deshalb bemühe ich mich, neue Formen künstlerischer Ausdrucksweise zu finden, um diese Visionen zum Leben zu erwecken. ■ Der Kinderdieb ist nach The Plucker (2005) und Devil’s Rose (2007) Ihr drittes Werk als Autor und Illustrator in Personalunion. Was hat sich seit diesen Arbeiten verändert? Meine beiden früheren Bücher sind wesentlich stärker von den Bildern beherrscht. Inzwischen habe ich eine so große Leidenschaft für das Schreiben entwickelt, dass ich mit Der Kinderdieb einen Roman schreiben wollte, der mit seiner Prosa alleine für sich stehen könnte. Heute liegt der Fokus also klar auf dem geschriebenen Wort. ■ War die Umstellung schwierig? Die Prozesse des Malens und des Schreibens erscheinen mir ziemlich ähnlich, da sie beide aus dem Teil meines Gehirns kommen, in dem Bilder entstehen. Der Unterschied ist, dass das Schreiben wie das Ansehen eines Films ist, bei dem ich alle Rollen spiele. Malen dagegen bedeutet, einen Moment dieses Films zu nehmen und ihn in das stärkste Bild zu verwandeln, das ich mir vorstellen kann. ■ Wie schwer ist es, Ihre eigene Geschichte zu illustrieren, nachdem Sie so oft Werke anderer zum Leben erweckt haben? Es ist das, was mir am meisten Spaß macht. Die beiden Künste inspirieren sich gegenseitig. Selbst noch so vage Ideen kommen schon mit Bildern in
meinen Kopf. Ich mache ein paar Skizzen, dann schreibe ich ein bisschen, und dabei nutze ich Ideen, die ich in dem einen Medium entdecke, um das andere mit ihnen zu stärken. ■ Können Sie uns Ihre Arbeitsweise für eine Illustration von Der Kinderdieb schildern? Ich beginne mit einem lockeren Entwurf und gehe immer und immer wieder drüber. Schicht für Schicht verfeinere ich so das Motiv - fast so, wie man das auch mit einem Entwurf beim Schreiben macht. In jedem Fall schaue ich darauf, dass ich immer noch genügend Raum für Einfälle und Entdeckungen lasse, während ich mich dem Ziel nähere. ■ Wann haben Sie zum ersten Mal J.M. Barries Peter Pan gelesen? Ich habe das Buch als Kind gelesen. Obwohl ich es mochte, hat es keinen
großen Eindruck hinterlassen. Erst als ich es später als Erwachsener noch einmal las, konnte ich die Tiefe der Fantasie darin richtig würdigen. Vielleicht, weil ich als Erwachsener den Verlust meines jugendlichen Optimismus, der Freiheit und der Unbekümmertheit von damals betrauere. ■ Wie kamen Sie zu Ihrer eigenen Interpretation dieses Klassikers? Einfach dadurch, dass ich die Originalgeschichte gelesen habe. Ich war überrascht, was für eine verstörende Geschichte Peter Pan ist. Hier ist ein Originalzitat aus Barries Peter Pan: »Die Anzahl der Jungen auf der Insel schwankt, je nachdem, wie viele getötet werden und so weiter. Manchmal scheinen sie auch erwachsen zu werden, was gegen die Regeln verstößt, und dann dünnt Peter sie aus.« Dünnt sie aus? Was soll das heißen? Bringt Peter sie um, so wie man ein Herdentier keult? Schickt er sie irgendwohin? Oder setzt Peter sie so großer, zerstörerischer Verderbnis aus, dass er seine Bande ständig mit neuen Mitgliedern auffüllen muss? Dieser Abschnitt hat meine Wahrnehmung von Peter Pan für immer verändert und machte aus einem aufgeblasenen Schuft etwas Finstereres. »Dünnt sie aus«, die Worte blieben als Echo in meinem Kopf. Wie viele Kinder hat Peter gestohlen, wie viele sind gestorben, wurden ausgedünnt? Peter selbst sagt ja, dass Sterben ein großartiges Abenteuer sei. Während ich über diese verwirrenden Elemente nachdachte, begann ich mich zu fragen, wie das Kinderbuch wohl aussehen würde, wenn man den Schleier von Barries lyrischer Prosa entfernen und Gewalt und Grausamkeit grimmig und hart präsentieren würde. Wie reagieren Kinder, nachdem sie entführt und in so eine Situation gestoßen worden sind? Wie ist es für sie, einem charismatischen Soziopathen zu verfallen, die Moral der Zivilisation abzustreifen und eiskalte Killer zu werden? Diese Gedanken legten den Grundstein für Der Kinderdieb. ■ Das Urheberrecht von Peter Pan wird besonders behandelt und ist auf lange Sicht streng geschützt. Hat das Ihre Arbeit beeinflusst? In den meisten Ländern ist Peter Pan gemeinfrei. So oder so wollte ich aber nie eine Neuerzählung der Geschichte schreiben, sondern meine eigene Mythologie schaffen - die sagenhafte Ge-
INTERVIEW MIT BRENT WEEKS
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rent Weeks ist einer der zeitgenössischen Fantasy-Autoren, die eine erfolgreiche Buchreihe mit Assassinen als Hauptfiguren veröffentlichen. Der zweite Band seiner Night Angel-Trilogie erscheint im Juni 2010 als Paperback bei Blanvalet. Bereits in Der Weg in die Schatten, dem ersten Roman, erzählt Weeks von dem Gassenjungen Azoth, der nach einigen Rückschlägen beim Assassinen Durzo Blint das Handwerk des Tötens lernt - und mehr über seine magischen Fähigkeiten, die Azoths Tätigkeit als Meuchelmörder natürlich zugutekommen könnten, wenn er sie meistern könnte. Unser Mitarbeiter Christian Endres sprach mit Brent Weeks über das Faszinierende an Meuchelmördern. ■ Denken Sie, Ihre Leser kennen die Herkunft des Wortes »Assassine«? Ich glaube nicht, dass viele die Herkunft der Hashishin kennen, obwohl es eine tolle Geschichte ist - gruselig wie sonst was. Andererseits habe ich herausgefunden, dass Fantasy-Leser oft bemerkenswert belesen sind, und so würde ich darauf wetten, dass ein paar Leser mir sehr schnell mitteilen würden, wenn ich in meinen Büchern einen Fehler begehen würde. Vor Kurzem hat mich eine 70 Jahre alte Dame darauf hingewiesen, dass ich »Häkelnadeln« geschrieben habe. »Junger Mann, man benutzt immer nur eine Nadel beim Häkeln!« Glücklicherweise war das leicht zu korrigieren. ■ Ist der Asssassine ein Archetyp? Ich denke schon, dass der Assassine innerhalb der Popkultur ikonisch geworden ist. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich, da der Begriff inzwischen mehrere Bedeutungen hat. Ein Asssassine kann ein Verrückter sein, der ver-
sucht, den Papst zu ermorden. Oder ein Agent des Mossad, der einen HamasAgenten in Dubai tötet, oder John Wilkes, der Abraham Lincolm erschießt und Amerikas Heilung nach dem Bürgerkrieg um Generationen verlangsamte. Er kann auch jemand wie Gavrillo Princip sein, der Franz Ferdinand umbrachte und den Ersten Weltkrieg entfachte, oder ein von Stauffenberg, der versucht, Hitler zu töten. Oft ist ein Attentäter ein Niemand, der den Lauf der Geschichte verändert, wie Lee Harvey Oswald oder James Earl Ray. Das ist seltsam, machtvoll und auf eine düstere Art faszinierend - generell verändern Attentäter die Welt zum Schlechten: Attentäter sind meistens Schurken und Verlierer. Von der Faszination für das Verändern der Geschichte mit einem einzelnen Schlag abgesehen, denken die Leute eher an trainierte Assassinen: schattenhafte, gefährliche Figuren, die herumschleichen und das tun, wovor die anderen sich fürchten. Ein Assassine ist gefährlich. Er beherrscht die Nacht.
sche Probleme wegen ihrer Taten haben, aber Soldaten, die die Person sehen, die sie erschießen, wesentlich mehr. Wer im Nahkampf tötet, hat hinterher die meisten Probleme. In der mittelalterlichen Epoche geschah das Töten immer im Nahkampf, das verstärkt die Schwierigkeiten - und macht es so gut für eine Erzählung. Zumindest hoffe ich das. ■ Das Interessanteste an Assassinen-Stoffen ist also ihre moralische Zwickmühle? Die Night Angel-Trilogie ist jedenfalls voller moralischer Dilemmas. Wann soll man das Gesetz in die eigene Hand nehmen? Kann man es überhaupt rechtferti-
■ Was war für Sie der wichtigste Punkt, eine Assassinen-Fantasy-Trilogie zu schreiben? Als ich darüber nachdachte, Der Weg in die Schatten zu schreiben, habe ich es als Herausforderung betrachtet. Es ist leicht, sich einen Charakter auszudenken, der kein Gewissen hat - einen Psychopathen. Aber ich wollte einen Assassinen schreiben, der ein Gewissen hat und trotzdem ein Attentäter ist. Das Morden ist für den Mörder traumatisch, ein psychologischer Schock, besonders wenn es auf intime Art und Weise gemacht wird. Eine Studie ergab einst, dass Bomberpiloten selten psychologi-
In der Night AngelTrilogie geht es nicht nur um geheimnisvolle nächtliche Mörder, sondern auch um Moral und Gewissen
■ Vielen Dank. Das Interview führte Christian Endres b
Foto: Travis Johnson Photography
»DER ASSASSINE IST IKONISCH«
gen, wenn ein Mensch - außerhalb des Krieges - einen anderen tötet? Wenn man die Staatsgewalt ausübt und ein Freund ein Gesetz bricht, sollte man ihn dann bestrafen? Ich möchte Bücher schreiben, die schnell zum Punkt kommen, pointiert sind und einen tieferen Blick auf die Charaktere und die Konsequenzen werfen, als das in der Fantasy üblicherweise der Fall ist. Wenn du Menschen umbringst, nimmt das Einfluss auf dich. Wenn du es vergeigst, wirst du Unschuldige töten oder verstümmeln müssen. Wie lebst du damit?
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Fotos: Heike Ulrich
»Die Zwerge live« fand vom 9. bis 21. Februar 2010 im Theaterzelt »das Schloss« in München statt. Aktuell ist bei Osterwold der Live-Mitschnitt auf 2 CDs erschienen - und eine Deutschland-Tour ist in Planung
ie Romanreihe um Die Zwerge von Markus Heitz (Verlag: Heyne) ist eine der erfolgreichsten Fantasy-Reihen auf dem deutschsprachigen Markt. In diesem Jahr haben Schauspieler Johannes Steck, Regisseur Alexander May und die Könige der Spielleute, die Mittelalterband Corvus Corax, Heitz’ Werk dem Publikum in einer neuen Dimension zugänglich gemacht: Zwerge auf der Bühne. In einer Verbindung zwischen Lesung, Musik-Konzert und Show brachten sie Die Zwerge im Februar als LivePerformance auf die Bühne des Münchner Theaterzelts »das Schloss«.
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Stoff Ursprünglich sollten es gar nicht die Zwerge sein, die Johannes Steck aufführen wollte. »Zu Beginn dachten wir eigentlich an die Ulldart-Reihe«, erzählt er. Die Buchreihe sei wesentlich politischer und auch ein gutes Stück dunkler, erklärt der Schauspieler. Nach einem Gespräch mit Markus Heitz, in dem der Autor ganz klar sagte: »Nehmt die Zwerge, die sind wesentlich erfolgreicher«, entschlossen sich Johannes Steck und Regisseur Lutz Schäfer um. Schnell stand fest, dass Die Zwerge live mehr werden sollte als eine Lesung mit Musikbegleitung. »Schon beim Einlesen der Zwerge für die Hörbuchausgabe habe ich mir gedacht, wie toll es wäre, wenn man Musik dazu hören könnte«, sagt der Schauspieler Johannes Steck. Einige Monate später war er auf den Kaltenberger Ritterspielen, wo seit Jahren die bekannte MittelalterBand Corvus Corax auftritt. »Und da hat es Klick gemacht. « Die archaische Musik und die Präsenz, die die Gruppe auf der Bühne entfaltet, waren genau das, was Johannes Steck für seine Idee suchte. Und wie der Zufall es so wollte,
war Johannes Steck nicht der einzige, der die Zwerge mit Corvus Corax in Verbindung brachte. Während einer Veranstaltung erzählte er Markus Heitz von seiner Idee. Der antwortete darauf, dass er selbst oft während des Schreibens Corvus Corax gehört habe. Allerdings machte er sich keine großen Hoffnungen, dass die Musiker bei einem Projekt wie es Johannes Steck vorschwebte, mitmachen würden. »Er meinte nur, dass die Band nicht zu bezahlen sei und niemals mitmachen würde«, erzählt Johannes Steck. Allerdings hatte den Schauspieler die Idee inzwischen gepackt: Er überredete eine befreundete Hörbuch-Produzentin, eine Reihe von Fantasy-Kurzgeschichten mit der Musik von Corvus Corax zu unterlegen. Das Ergebnis kann man sich in Form der phantastischen Hörbibliothek aus dem Griot Verlag anhören. Johannes Steck war begeistert - und auch die Musiker von Corvus Corax, wie er bald erfahren sollte. Bei einem Treffen in Berlin begegneten sich der Schauspieler und die Musiker und stellten schnell fest, dass sie einen guten Draht zueinander hatten.
HÖRBUCHER
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er Magier X sucht nach dem Konzil der Elemente. Von den anderen Mitgliedern seiner Zunft wird er als Träumer und Spinner verschrien, denn der sagenumwobene Ort gilt als Mythos. Begleitet wird X vom Grafensohn Amon von Falkenfels, einem Heißsporn mit romantischen Vorstellungen von Ruhm. Aber höhere Mächte beobachten ihre Queste. Denn das Schicksal von Amon und X könnte mit dem Ende der Welt verknüpft sein. David Holys großes Fantasy-Hörspielepos Die Letzten Helden, dessen erste drei Episoden Mitte Juli erschienen sind, besticht durch eine gelungene Kombination aus klassischen Motiven, Humor und eigenen Ideen. In der ersten Episode (Über den Wolken Mordens; 2 CDs) spielt ein blutiger Krimi an Bord eines fliegenden Luftschiffes; in der zweiten Episode (Die Katakomben von Danbar; 1 CD) bringen Magier und Krieger in düsteren Katakomben einen leibhaftigen Drachen zur Strecke. In der dritten Folge (Die Wüste der Ewigkeit; 2 CDs) werden X und Amon in einem orientalischen Reich in die Sklaverei verkauft und müssen sich in einer Arena tödliche Schaukämpfe liefern. Die episodenübergreifende Handlung schreitet episch voran. Die Geräuschkulisse ist aufwendig und der Sprechercast riesig: In den bisher erschienenen Folgen wirken jeweils zwischen 30 und 40 Sprecher mit. Die meisten davon kennt man, zum Beispiel als deutsche Stimme von Harrison Ford, Keira Knightley, Leonardo Di Caprio, Bruce Willis oder Bette Midler. Vor allem Dietmar Wunder als X und Kim Hasper als Amon lassen ihre Figuren für den Hörer lebendig werden. Die ambitionierten Episoden machen Lust auf mehr. Produzent und Autor der Reihe ist David Holy. Seine
Mitarbeiter von der Produktion zu überzeugen, nahm etwas Zeit in Anspruch: »Die Angst und Furcht zu überwinden, nicht unter der Last der Herausforderung zusammenzubrechen, war nicht immer einfach«, gibt er heute zu. 2005 begann Holy, die Drehbücher zu verfassen, inzwischen über 2.000 Manuskriptseiten. Die ersten Episoden wurden bereits 2008 fertiggestellt. 24 Episoden sind geplant, die zwischen zwei und fünf CDs umfassen. Das bedeutet weit mehr als 30 Stunden Gesamtlaufzeit. »Ich habe mich beim Schreiben der Skripte für die einzelnen Folgen nicht an Seitenvorgaben gehalten«, betont Holy. »Es war für mich wichtiger, das Detail zu erzählen, die Geschichte rund zu gestalten.« Die 24 Folgen teilen sich in vier Akte zu je sechs Episoden. Sie alle stellen eine andere Charakterriege in den Mittelpunkt. Die Akte selbst können bis zum dritten Akt auch für sich allein stehen. Erst der vierte Akt vereinigt alle vorangegangen. Mehr noch, jede Episode mit Ausnahme der noch in weiter Ferne liegenden Nummer 15 - soll auch eine in sich geschlossene Geschichte erzählen. Die Entscheidung für dieses Erzählmodell hat mehrere Gründe: Wer mit dem ersten Akt nichts anfangen kann, ist vielleicht vom zweiten Akt begeistert: Während der erste Akt traditionelle Fantasy ist, geht der zweite Akt in Richtung Horror. Im dritten Akt wird es politisch, Mysteryelemente spielen eine Rolle, und den finalen Akt bezeichnet David Holy als »Ode an die Menschlichkeit«. Einer der Akte wird die Antagonisten in den Mittelpunkt der Handlung stellen. Holy will in erster Linie die Geschichte von den Charakteren her erzählen: vom Magier, der nach Wissen sucht; vom
Krieger, der nach Ruhm und Ehre strebt und herausfindet, dass es Wichtigeres gibt; von einem reinen und guten Knaben, der das Ende der Welt heraufbeschwören soll. Auch schwere Themen wie Alkoholismus werden nicht ausgespart. »Die letzten Helden sind keine Bilderbuchhelden, auch wenn es so scheinen mag«, so der Autor. Die Cover lehnen sich stilistisch an Animes an. Dazu Holy: »Einer meiner Zeichner favoriert diesen Stil. Zudem bin ich Anime- und Manga-Fan. Der Stil ist zugleich ein Hinweis auf die Zielgruppe: Jung und Alt.« In einer der CDs wird sogar ein kleiner Comic zur Serie beigelegt sein, und auch auf der Website zur Serie sollen ein paar Schmankerl zu Die Letzten Helden erscheinen. Pro Jahr soll ein Akt erscheinen - bis ins Jahr 2014. Holy: »Der größte Teil der Produktion wurde bereits gestemmt. Regisseur Björn Korthof und ich sehen das beide als Bestandteil unseres Lebenswerks. Von der Arbeitsaufnahme bis zum Erscheinen der letzten Folge werden zehn Jahre vergehen. Sicherlich schreibe ich noch die eine oder andere Zeile, aber nur, um ein runderes Bild zu erzeugen.« Das Ende hat er noch nicht geschrieben, gibt Holy zu. Exposé und Treatment sind fertig, aber noch hat Holy Respekt davor, das Werk in schriftlicher Form abzuschließen. »Vielleicht möchte ich auch nur verhindern, dass das Ende vor Erscheinen bereits veröffentlicht wird.« Ein weiteres Geheimnis, das Holy derzeit noch nicht lüften will, ist, warum seine Protagonisten die letzten Helden heißen. »Immerhin geht in der Serie angeblich die Welt unter. Braucht man da nicht letzte Helden?« Christian Handel b
AUF DEN SPUREN VON INDIANA JONES
ABENTEUER-SPIELE
WO IST DER SCHATZ? ABENTEUERSPIELEWELTEN - DIE ABENTEURER
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itten im guatemaltekischen Dschungel erforscht eine Gruppe Abenteurer den Tempel der Mayagottheit Chac. Insgesamt zwölf Forscher stehen dabei zur Auswahl. Jeder der bis zu sechs Spieler erhält zu Beginn zwei Charaktere - eine Hauptfigur und einen Ersatzmann, falls der Hauptspieler zu früh das Zeitliche segnet. Und dies kann schnell passieren, denn der Tempel bietet neben archäologischen Kostbarkeiten auch viele
meist tödliche Fallen und Gefahren. Neben den Abenteurern als detaillierten Spielfiguren besticht optisch auch das schön gestaltete Spielbrett mit seinen 3D-Elementen. So bewegen sich zum Beispiel im ersten Raum, dem sogenannten Wandraum, die beiden Außenwände unaufhörlich aufeinander zu. Die Forscher müssen diesen durchqueren. Am besten natürlich, ohne zerquetscht zu werden. Dabei müssen sie aber gleichzeitig auf ihrem Weg noch Schätze sammeln und sich eine Reihe von Symbolen merken. Denn diese werden im nächsten Raum, dem Lavaraum, wichtig: Hier ragen nur einige Steinplatten aus der glühenden Lava, die man hüpfend überspringen muss. Wohl dem, der die entsprechenden Symbole noch im Kopf hat und auf den festen Steinplatten landet. Hat man den Übergang geschafft, warten noch eine morsche Holzbrücke, ein unterirdischer Fluss und ein Wasserfall auf die Abenteurer. Zu allem Überfluss gibt es auch noch eine gigantische
Kugel, die durch das Betreten des Tempels in Gang gesetzt worden ist. Diese wird in ihrem Korridor stetig schneller. Die Spieler müssen versuchen, der Kugel erstens nicht in die Bahn zu geraten und zweitens den Ausgang des Tempels zu erreichen, bevor die Kugel diesen für immer versperrt. Die Abenteuer bietet einen wunderbar einfachen Einstieg ins Spiel und wartet mit einer ganzen Reihe stimmungsvoller und witziger Details auf: Neben den großen Hindernissen müssen die Spieler beispielsweise auch Zahlenkombination knacken, um an versteckte Schätze zu gelangen. Doch Vorsicht: Je mehr Schätze der Abenteurer zu tragen hat, umso langsamer kann er sich bewegen. Und in seinem Rücken rollt unaufhaltsam die Kugel. Man sollte sein Glück also nicht überstrapazieren, sondern stets auch die Wegstrecke bis zum rettenden Ausgang im Blick haben. Ein abwechselungsreicher Spaß für die ganze Familie. Auch Archäologen, ob echte Altertumsforscher oder Hauptfiguren aus Hollywoodfilmen, haben ihre Freude an Die Abenteurer. Daniel Bauerfeld b
DIE INVASION BEGINNT
ABENTEUERSPIELE
AUF IN DIE SCHLACHT! ABENTEUERSPIELEWELTEN - WARHAMMER INVASION
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uf der diesjährigen RPC in Köln stellte der Heidelberger Spieleverlag das neue Warhammer Invasion vor. Das Kartenspiel kann eine Vielzahl unterschiedlicher Spielertypen begeistern:
Lebend Warhammer Invasion ist ein Living Card Game, bei dem die Karten ausschließlich in festen, vorsortierten Sets erworben werden (im Unterschied zu Sammelkarten-Spielen). Diese werden bei Warhammer Invasion Battle Packs genannt und beinhalten insgesamt 40 Karten, welche das Grundspiel erweitern. Künftig wird das Format auf 60 Karten pro Battle Pack umgestellt. Warhammer Invasion ist ein taktisches Spiel für zwei Spieler, bei dem geschickte Kriegsführung und vorausschauende Verwaltung der eigenen Resourcen im Vordergrund stehen. Aus der Welt von Warhammer stehen im Grundspiel vier vorsortierte Startersets à 40 Karten für
Zwerge, Imperium, Orks und Chaos bereit. Diese bilden, ergänzt um zehn neutrale Karten, das Spieldeck. Später kann man das eigene Deck bis zu einem Maximum von 100 Karten selbst zusammenstellen. Die erste Erweiterungsbox Angriff auf Ulthuan enthält die Startdecks zweier neuer Völker, der Hoch- und Dunkelelfen, weitere Karten für die anderen Völker sowie neutrale Karten. Mittelpunkt des eigenen Spielfelds ist der Hauptstadtbogen, der in drei Zonen eingeteilt ist. Verwaltet wird das Reich in der Königreichzone, in welcher das Auslegen von Einheitenkarten zusätzliche Ressourcen verschaffen kann. Das Ausspielen von Karten in der Questzone sorgt dafür, dass der Spieler weitere Karten aus seinem Deck nachziehen darf. Zudem gibt es die Möglichkeit, seine Einheiten auf abenteuerliche Questen zu schicken. Und in der Schlachtfeldzone schließlich geht es zur Sache. Alle Einheiten dieser Zone greifen eine der drei gegnerischen Zonen gemeinsam an, welche von den dortigen Einheiten verteidigt werden. Das
Ziel des Spiels ist es, zwei von drei gegnerischen Zonen des Hauptstadtbogens in Brand zu setzen. Sobald einem Spieler jedoch die Karten im eigenen Deck ausgehen, hat er verloren.
Knifflig Warhammer Invasion ist ein schnelles und leicht zu erlernendes Kartenspiel. Dennoch gestaltet es sich taktisch anspruchsvoll: Die Spieler müssen sich immer wieder neu auf die Lage einstellen. Weitere Variationen und Möglichkeiten bieten die angesprochene Erweiterungsbox und die Battle Packs. Diese Sets erscheinen als zusammenhängende Zyklen. Der aus sechs Packs bestehende Zyklus der Verderbnis ist bereits komplett erschienen: Hier spielen die rattenartigen unterirdisch lebenden Skaven eine große Rolle. Die wichtigsten Karten sind jedoch die neutralen, mit deren Hilfe man das eigene Deck gezielt optimieren kann. Für weiteren Nachschub ist bereits gesorgt - der Zyklus der Feinde steht schon in den Startlöchern. Daniel Bauerfeld b
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GAMES
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as macht einen Menschen aus? Im Falle von Adam Jensen nicht, wie viele Augmentationen in seinem Körper stecken, sondern wie er sich seinen Mitmenschen gegenüber verhält. Mit tiefsinniger Handlung und packender Action gewann das Spiel Deus Ex vor mehr als zehn Jahren die Herzen seiner Fans. Nach einer verpatzten Fortsetzung will Eidos mit Deus Ex: Human Revolution an den Erfolg des Originals anknüpfen: Im Jahr 2027 hat sich Amerika in einen Albtraum verwandelt. Während wenige Reiche in ihren Wolkenkratzern sitzen und die Möglichkeit feiern, ihren Körper durch Technik und Cyberware zu verbessern, ist der Großteil der Bevölkerung arm und hat keine Aufstiegschancen. In den Kampf um die Rechtmäßigkeit dieser biotechnischen Verbesserungen wird der ehemalige Polizist
Adam Jensen verwickelt. Als Sicherheitschef der Firma Sarif Industries besteht seine Aufgabe eigentlich darin, die Gegner der biomechanischen Verbesserungen davon abzuhalten, in das Hauptgebäude von Sarif einzudringen. Kompliziert wird die ganze Sache allerdings dadurch, dass Adam mit Megan Reed, der Nichte des Chefs von Sarif Industries, ein Verhältnis hat. Zufällig ist sie auch einer der brillantesten Köpfe auf dem Gebiet der biomechanischen Augmentation, was sie zum Ziel einer Söldnergruppe macht, die Sarif angreift und Adam schwer verletzt zurücklässt. Sechs Monate später ist aus dem ehemaligen Polizisten ein äußerlich anderer Mensch geworden: Nach den Verletzungen hat Sarif Adams Körper biologisch modifiziert. Das Potenzial ist zu Beginn des noch nicht einmal ansatzweise absehbar. Ob und wie Adam seine geistigen Traumata verarbeitet, entscheidet der Spieler. Zur Trauer um die vermeintlich tote Megan hat Adam keine Zeit. Denn Firmeninhaber David Sarif will wissen, wer seine Zentrale in Detroit angegriffen hat, und Adam soll die mysteriöse Attacke aufklären. Schnell findet der ehemalige Polizist heraus, dass die Attacke auf Sarif Industries nur ein Teil eines weitaus größeren Plans ist.
Freiheit Wie Adam Jensen seinen Auftrag löst, liegt dabei allein in der Hand des Spielers. Deus Ex: Human Revolution erlaubt
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ie Renaissance ist eine besondere Epoche. Sie steht nicht nur für die kulturelle Wiedergeburt der Antike, sondern auch für den Beginn der Entwicklung des Menschen hin zu individueller Freiheit. In Assassin’s Creed Brotherhood kämpfen in dieser Epoche Angehörige zweier Geheimbünde gegeneinander um das Schicksal der Menschheit: Templer und Assassinen. Einer der talentiertesten Assassinen ist Ezio Auditore. Wie schon im Vorgänger-Game Assassin’s Creed 2 übernimmt der Spieler die Kontrolle über den Meuchelmörder. Der Schauplatz ist diesmal jedoch nicht das Oberitalien der Frührenaissance, sondern Rom. Nachdem Ezios Heimatort von der Borgia-Familie angegriffen wurde, stürzt sich der Assassine rachelüstern in die Höhle des Löwen, um in der Ewigen Stadt die Macht der Borgia zu zerstören. Dazu muss man zunächst den Einfluss der Borgia in den verschiedenen Stadtvierteln zurückdrängen. Jeder Stadtteil wird von einem Wachtturm und einem Borgia-Hauptmann samt Söldnern bewacht - der Hauptmann ist stets das erste Ziel. Die Eliminierung kann lautlos im Stil eines Meuchelmörders geschehen oder aber mit einem brachialen Frontangriff und anschließendem Kampf mit mehreren Gegnern. Ist die feindliche Zielperson ausgeschaltet, folgt ein kleines Feuerwerk auf dem Wachtturm. Wenn der Himmel der Ewigen Stadt dadurch hell erleuchtet ist, gilt das entsprechende Gebiet als von den Borgia befreit. Nun können in
der näheren Umgebung Geschäfte (Ställe, Banken, Ärzte, Schmiede, Schneider, Künstler) gegen die Zahlung von Barem renoviert werden. Das ist auch nötig, denn das verarmte Rom des Jahres 1500 hat wenig mit der glorreichen antiken Metropole gemeinsam. Die neu eingerichteten Geschäfte sorgen für ein kontinuierliches Einkommen und dienen zum Einkauf von Medizin, Rüstungen, Waffen sowie anderen nützlichen Gegenständen. Diese helfen Ezio in den zahlreichen Kämpfen sowie bei der Erfüllung von Aufträgen. Auch im neuesten Ableger von Assassin’s Creed wird bei den Missionen Abwechslung großgeschrieben. Neben der Hauptquest stehen zahlrei-
che Nebenmissionen zu Verfügung. Ein neues motivierendes Spielelement ist die titelgebende Bruderschaft (engl. Brotherhood). Mit ihrer Hilfe kann Ezio selbst Assassinen ausbilden und optional zur Erfüllung von Missionen einsetzen. Auch das neue Spielelement »Volle Synchronität« hat seinen Reiz: Nur wenn Ezio die Mission unter einer bestimmten Bedingung erfüllt, gilt der Auftrag als hundertprozentig abgeschlossen. Dadurch wird nicht nur eine neue Missionskette freigeschaltet, sondern auch die Herausforderung erhöht. Dennoch ist Assassin’s Creed Brotherhood wie schon sein Vorgänger stellenweise sehr leicht. Dies hängt zum einen mit dem Reichtum zusam-
men, den man recht schnell ansammelt. Zum anderen gehen die Gegner in den Kämpfen bei geschicktem Timing oft zu schnell in die Knie. Doch das ist Kritik auf ganz hohem Niveau, denn auch im neuesten Assassin’s Creed-Ableger bekommt der Spieler eine unglaublich dichte Atmosphäre sowie eine spannende Geschichte. Es ist außerordentlich motivierend, sich reitend, laufend oder kletternd durch das gigantische Rom zu bewegen. Die Steuerung funktioniert dabei mit Maus und Tastatur sehr präzise. Noch geschmeidiger hüpft Ezio mit einem Gamepad über die Dächer. Die Graphik glänzt mit unglaublichem Detailreichtum. Auch dank der hervorragenden Lichteffekte sieht die Spielwelt großartig aus. An jeder Ecke gibt es prächtige historische Gebäude zu bestaunen. So erwischt man sich hin und wieder dabei, dass man bloß durch das virtuelle Rom spaziert und sich an den Sehenswürdigkeiten sowie dem geschäftigen Straßenleben ergötzt. Auf Wunsch lässt sich Rom auch gemeinsam mit menschlichen Spielern auskundschaften: Erstmalig verfügt ein Spiel der Serie über einen MultiplayerModus. In abwechslungsreichen Spielmodi dürfen sich nun auch Spieler virtuell gegenseitig meucheln. Dank seiner spielerischen Vielfalt sowie seiner unglaublich dichten Atmosphäre und motivierenden Geschichte ist auch das neueste Assassinen-Abenteuer eine virtuelle Zeitreise wert. Stephan Petersen b
PC-GAME
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er Hexer ist zurück: Vier Jahre nach Veröffentlichung des letzten Spiels schlüpfen die Spieler abermals in die Rolle des weißhaarigen Monsterjägers Geralt von Riva. Gemäß der Romanvorlage von Andrzej Sapkowski erzählt The Witcher 2 keine vollständig neue Geschichte, sondern führt die Handlung aus dem ersten Teil fort: Geralt von Riva ist einer von wenigen übrig gebliebenen Hexern. Einst gab es viele von ihnen. Doch nun streift der professionelle Monsterjäger als Ein-
zelgänger durch die nördlichen Königreiche und verkauft seine Dienste an den Meistbietenden. Geralt ist aber keineswegs ein geldgieriger Söldner ohne Gewissen. Stattdessen hegt er als Mutant und Ausgestoßener Sympathien für die Außenseiter der Gesellschaft. Insbesondere die Elfen und Zwerge im von Rassismus geprägten Königreich Temerien bedürfen seiner Hilfe:
Königsmörder Durch die Vielzahl seiner Aufträge wurde Geralt in ein Komplott und einen Mordanschlag verwickelt. In letzter Sekunde gelang es ihm, Temeriens König Foltest vor einem Attentat zu bewahren. Doch diesmal gelingt der Plan der Verschwörer, und Foltest wird ermordet. Mit eigenen Augen sieht Geralt, dass ausgerechnet ein Hexer der Mörder des Königs ist. Da es keine weiteren Zeugen gibt, gerät der weißhaarige Mutant selbst in Verdacht und muss versuchen, seinen Namen reinzuwaschen und den
wahren Attentäter dingfest zu machen. Hierzu stehen ihm gelegentlich Freunde und Verbündete zur Seite. In der Regel tritt der einsame Wolf seinen zahlreichen Widersachern jedoch allein gegenüber. Aber keine Angst: Auch wenn Geralt sich im Verlauf des Abenteuers mancher Übermacht gegenübersieht, hat er Fertigkeiten und Tricks auf Lager. Diese Tricks sind keine Hexerei: So gibt es beispielsweise für jeden Gegnertypen das richtige Werkzeug. Menschliche Kontrahenten schmecken das Stahlschwert, Dämonen und sonstige Kreaturen bekommen hingegen die Silberklinge des Monsterjägers ab. Und natürlich versteht Geralt als waschechter Hexer auch etwas von Alchemie und Magie. Hierfür sind Rezepte und Zutaten notwendig. Beides erhält Geralt entweder durch das aufmerksame Durchforsten der Spielwelt - Diebstähle werden nicht geahndet - oder durch den Kauf bei Händlern. Für letzteres benötigt der Hexer Bares. Dies gibt es
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och vor Captain Jack Sparrow zeigte er, wie spannend und witzig Piraten sein können: Guybrush Treepwood, Held der Adventure-Reihe Secret of Monkey Island. Mit dem Original schufen Ron Gilbert und LucasArts eines der lustigsten Adventures, die es gibt. Jetzt hat Telltale-Games mit Tales of Monkey Island eine Fortsetzung der Abenteuerspiele-Reihe in die Läden gebracht: Auf den ersten Blick ist bei Tales of Monkey Island alles beim Alten geblieben. Guybrush Treepwood ist zu einem mächtigen Piraten geworden - glaubt er zumindest - und besegelt die Weltmeere auf der Suche nach Gold und Ruhm. Doch sein alter Feind, Geisterpirat Le Chuck, hat noch ein paar Rechnungen mit Guybrush zu begleichen. Kurzerhand kidnappt er Elain, die inzwischen Guybrushs Frau geworden ist. Nun muss der Pirat seine Liebste retten. Das ist nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe von skurrilen Ereignissen. Wieder spielen Voodoo, verrückte Mixturen und große Reisen eine Rolle. Zu allem Unglück ist ein Geist in Guybrushs Hand gewandert. Die Handlung ist erneut absolut gewaltfrei. Ron Gilbert hat zwar am neuesten Monkey Island-Teil nicht mitgewirkt, aber Adventure-Freunde kennen auch die Macher von Telltale Games: Die Spieledesigner haben sich erfolgreich darauf spezialisiert, alten Klassikern wie Sam und Max, Zurück in die Zukunft oder eben Monkey Island neues Leben einzuhauchen. Telltale Games wurde
RÄTSELRATEN IN DER KARIBIK
2004 von einer Gruppe ehemaliger LucasArts-Mitarbeiter gegründet, als sich das Studio entschlossen hatte, keine Adventure-Spiele mehr zu veröffentlichen. Das Team von Telltale Games hat auch schon an Grim Fandango mitgearbeitet. Tales of Monkey Island (und auch andere Spiele) erscheinen übrigens bei
ihrer Erstveröffentlichung zunächst im Episodenformat. Kapitel für Kapitel kann sich der Spieler so herunterladen und hat immer wieder ein wenig zu rätseln, bis der nächste Cliffhanger kommt und man wieder warten muss. Tales of Monkey Island gibt es inzwischen komplett, auch wenn die Episodenstruktur erhalten geblieben ist.
Lustig Die Story von Tales of Monkey Island ist, wie für Monkey Island typisch, absurd, lustig und spannend. Auch Spieler, die noch nie Monkey Island gespielt haben, kommen so gut ins Spiel. Etliche Anspielungen auf andere Computerspiele erfreuen die erfahrenen Spieler. Abgedreht und doch logisch präsentieren sich auch die Rätsel bei Tales of Monkey Island. Vom Schwierigkeitsgrad sind sie eher leicht. Ist man trotzdem mit seinem Piratenlatein am Ende, hilft ein Tipp-System, bei dem Guybrush selbst seine Beobachtungen dem Spieler mitteilt. So puzzelt er sich selbst durch haarigste Situationen - selbst wenn er seine verlorene Hand ersetzen oder gefesselt nur mit Händen, Füßen und Zunge versuchen muss, sich von einer Liege zu befreien. Abgerundet durch die gelungene Graphik ist Tales of Monkey Island ein würdiger Nachfolger der Serie. Die Steuerung ist zwar gewöhnungsbedürftig. Allerdings kommt Guybrush nie in eine Situation, in der die Reflexe des Spielers so wichtig sind, dass die hakelige Steuerung den Spielspaß verdirbt. In einem Interview sagte Ron Gilbert, die Idee zu Monkey Island sei ihm während einer Fahrt in der DisneylandAttraktion Pirates of the Caribbean gekommen, die auch die Filmabenteuer von Captain Jack Sparrow inspiriert hat. Genauso fühlt sich Tales of Monkey Island auch an: eine Fahrt mit der Achterbahn, die viel zu schnell vorbei ist. Sebastian Geiger b
ONLINE-SPIELE
KRIEG GEGEN DIE ELEMENTE DAS ONLINE-ROLLENSPIEL RIFT
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lles dreht sich um die Risse. Seitdem diese Risse in die Welt Telara eingedrungen sind, scheint die Apokalypse bevorzustehen. Alte Drachen, vor Jahrhunderten eingesperrt, kündigen ihre Rückkehr an - und die einzigen Helden, die Telara vor den elementaren Gewalten schützten können, sind untereinander zerstritten: Würden die himmlischen Wächter und die technologieaffinen Skeptiker zusammenarbeiten, wäre es ein Leichtes, die Armeen des dunklen Regulos und seiner Drachen zurückzuwerfen. So aber scheint die Welt verloren.
Eine Welt am Rande der Zerstörung und Beschützer, die sich gegenseitig mindestens genauso hassen wie ihre gemeinsamen Feinde, sind die Grundkonstanten des Online-Rollenspiels Rift der kalifornischen Spielentwickler von Trion Games. Auf die Frage, wozu man nach World of Warcraft noch ein MMORPG braucht, antworten die Spielentwickler selbstbewusst: Rift präsentiert sich ab dem Spielstart als eine fertige und auf Hochglanz polierte Spielewelt. Mit dem Spiel sollen Spieler ein hochwertiges Online-Rollenspiel der nächsten Generation präsentieren erhalten. Eine Revo-
lution wird der neue Titel von Trion zwar nicht auslösen. Eine innovative Alternative zu World of Warcraft stellt er aber auf jeden Fall dar. Auf den ersten Blick sieht Rift bekannten Online-RPGs wie World of Warcraft oder Everquest außerordentlich ähnlich, von der Nutzeroberfläche bis zu den Charaktermodellen. Im EntwicklerTeam sind zahlreiche Veteranen ver-
Ja, ich verschenke ein NAUTILUS-Abo! Hiermit bestelle ich ab der nächsten Nummer verbindlich folgendes Abonnement:
Nautilus Mini-Abo über 3 Ausgaben zu € 12,Nautilus Standard-Abo über 6 Ausgaben zu € 20,Nautilus Maxi-Abo über 12 Ausgaben zu € 40,Das Abonnement endet automatisch nach der jeweiligen Laufzeit und verlängert sich nicht.
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