Netcontact Werbung Weihnachtsgeschichte

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Diese Weihnachtsgeschichte ist anders! Weihnachten nähert sich mit großen Schritten und die vorweihnachtliche Ausnahmesituation hat oft nicht mehr viel mit Besinnlichkeit zu tun. Unser Geschenk an dich ist unsere selbst kreierte Weihnachtsgeschichte, mit vielen Zeilen zum Schmunzeln und Nachdenken.

Frohe Weihnachten wünscht Team Netcontact

PS: ...und vergiss nicht, nach dem ganzen Trubel wieder deine Akkus aufzuladen ;-)


Im Lungau ist es auch Nachts hell. Langsam, Schritt für Schritt, setzt Bernhard abwechselnd die schweren Winterstiefel auf den dicken Sprossen der knorrigen Holzleiter ab. Schnee hat sich auf den einzelnen Tritten gebildet und das dumpfe Knirschen unter den Sohlen begleitet ihn in einem peniblen Takt vom Dach des Hauses Richtung Garten hinab. Der starke Schneefall der vergangenen Tage im Lungau hat eine stattliche Schicht gebildet und den Rasen tief unter sich begraben, ein tiefes Dröhnen entweicht aus der unteren Schneelage, als Bernhard mit beiden Beinen auf dem Boden ankommt. Sein Blick schweift die Hauswand empor, stolz blickt er auf die funkelnde Lichterkette, die das Dach lieblich umspielt. "Mei is des sche woan...“, seufzt er ganz ergriffen und lässt die Bohrmaschine in seiner Hand erleichtert nach unten sinken. Dieses Jahr hat er sich wohl selbst übertroffen.


heilige Nacht


Nachbarn kann man sich NICHT aussuchen.


Über die Dächer der Nachbarschaft wälzte sich eine glitzernde Aura, welche vom gleißenden Blinklicht seiner überdimensionierten Lichterkette ausgeht. Ein penetrantes Flackern übertrumpft plötzlich das Spektakel, als Bernhard voller Stolz den Farbwechsel seiner Lagerhaus-Lichterkette mit der Fernbedienung aktiviert. "Gewaltig...“, schnaubt er zufrieden, während der funkelnde Supergau sich in seinen tränenden Augen spiegelt. Der andächtige Moment zwischen Bernhard und seiner saisonalen Traumdekoration ist nur von kurzer Dauer, denn mit fuchtelnden Fäusten nähert sich der "Nachbarstrottl“, vor Wut schnaubend und bereit zu morden. Zutiefst erzürnt schnappt er gierig nach Luft, doch noch bevor das erste grausame Wort seinen speichelnden Mund verlässt, holt Bernhard zum verbalen Gegenschlag aus: "Friedl – gfeut da mei Lichterkette? Do is dei Glitzer-Engerl vor der Haustür nix dagegen! Haha!“ Zufrieden grinsend zwinkert er seinem Nachbarn zu und stapft durch die kunterbunte Kulisse des Triumphes Richtung Haustür.


Mehl, Eigelb, Salz, 2 Päckchen Vanillezucker, Staubzucker, geriebene Mandeln und die Butter zu einem glatten Teig verarbeiten. Den Kipferlteig ca. eine Stunde zugedeckt oder in Folie gewickelt im Kühlschrank ruhen lassen. Anschließend den Teig zu einer Rolle formen, in kurze Stücke schneiden, zu Kügelchen drehen und dann zu kleinen Röllchen ausrollen. Aus den Röllchen Kipferl formen. Die Kipferl vorsichtig auf das Backblech legen (nicht zu eng beisammen). Je nach Größe im vorgeheizten Backrohr bei ca. 180°C ca. 10-15 Minuten backen. Die Kipferl nach dem Backen sofort – noch heiß – in einer Mischung aus Staubzucker und Vanillezucker vorsichtig wenden. Anschließend auskühlen lassen.

Zutaten 250 g Mehl 1 Eigelb 1 Prise Salz 2 Päckchen Vanillezucker 80 g Staubzucker 100 g geriebene Mandeln 200 g Butter Staubzucker und Vanillezucker zum Bestauben


Weihnachten. Wenn MÜTTER eskalieren.

"Du und dei Lichterkette,... der Hund wird scho gonz narrisch von dem Geblinke...“, keucht Karoline aus der Küche. Ihr langes Haar trägt sie zu einem unordentlichen Dutt, aus welchem sich im Laufe des Vormittages schon zahlreiche Strähnen gelöst haben und nun wirr in ihr schmales Gesicht hängen. Die Flecken auf ihrem T-Shirt lassen die Menüfolge des abendlichen Weihnachtsessens bereits erahnen und sichtlich gestresst wirft sie hastig das Geschirrtuch auf die Theke. "Jeds Joahr der gleiche Krompf! Putzn, herrichtn und kochn, damit de Familie a schönes Fest hat. Und helfen tut keiner!“ Die letzten Tage waren tatsächlich nicht einfach für die etwas überforderte Mutter.


In der vorweihnachtlichen Ausnahmesituation landete die mit Bedacht ausgewählte Nordmanntanne aus Platzgründen im Heizraum, um dort die Zeit bis zu ihrem Einsatz zu fristen. Ein fataler Fehler, welcher zu spät das Ausmaß der Katastrophe preisgab. Bereits beim Öffnen der dicken Metalltür erfüllte ein zartes Rasseln den verfliesten Kellerraum, ehe Karoline den knusprigen Baum in der Ecke erblickte. So kurzfristig noch einen Baum kaufen? Unmöglich, denn die eingezäunten Verkaufsflächen, welche den gesamten Advent über wie kleine Wälder aussahen, ähnelten zu diesem Zeitpunkt bereits einem verwahrlosten Acker, auf dem nur noch kleine, grüne Nadeln und Reste von weißen Nylonnetzen von seiner einstigen Bestimmung zeugten. Ein verzweifelter Schrei kroch Karolines Kehle empor, ehe sie von ihrer eigenen Wut übermannt wurde. Schadensbegrenzung war die Devise, energisch türmte sie sich auf und schritt entschlossen Richtung Auto. Die Säge im Kofferraum klapperte kühl vor sich hin, während Karoline ihr Fahrzeug rasant in einen etwa 5 Kilometer entfernten Wald, Nähe Tamsweg, lenkte.


Eilig irrte sie durch das Gestrüpp, knietief lag der Pulverschnee zwischen den kleinen Bäumchen im Jungwald und mit jeder Windböe rieselten frostige, messerscharfe Eiskristalle über den breiten Kragen ihrer Jacke in ihren Nacken. Die Zeit drängte bereits sehr, denn neben dem Baum hatte Karoline noch unzählige andere Dinge zu erledigen. Ihr Herz pochte wie verrückt, während sie schnellstmöglich nach einem würdigen Ersatz Ausschau hielt. "De sen doch olle schirch,...“, seufzte sie enttäuscht. Zwischen dem Dickicht aus schneebedeckten Ästen, welche schlapp unter der Last zu Boden hingen, entdeckte Karoline ein Bäumchen, welches wohl die gedörrte Nordmanntanne ersetzen sollte.

Ohne zu zögern setzte sie

die Säge an und nach nur wenigen Zügen sackte die halbwegs akzeptable Fichte sanft in den Schnee.


...vom Christbaum-Fladern und anderen Traditionen.


Geschafft. Ein kurzer Moment der Ruhe und Erleichterung, Zeit zum Durchatmen, um sich zu sammeln wurde von einem sonoren, äußerst streng hallenden "Grüß Gott!“ abrupt unterbrochen. Der Schreck fuhr ihr eiskalt durch die Knochen, während sie noch stammelnd nach Worten suchend, entsetzt einen weidmännisch gekleideten Mann ausmachen konnte. "Wild und Wald“ stand auf dem Label der dunkelgrünen Jacke und sein dunkelgrauer Vollbart war mit frostigen Schneeklumpen übersät, welche mit seinem sichtlich aufsteigenden Zorn synchron zu beben begannen. "Der Bam keat mir!“

- schrie der vermeintlich bestohlene

Mann Karoline an und stampfte gleichzeitig mit seinem langen Wanderstock brutal auf den schneebedeckten Waldboden. Ein heiserer Schrei entwischte ihr, während sie sich panisch aus dem nassen Schnee befreite, ohne zu Zögern nach dem Baum griff und hysterisch mit ihrer Beute die Flucht ergriff.


Das Blut pulsierte wie ein Wildbach in ihren Adern, keine Sekunde wagte sie sich umzudrehen. Karoline rannte so schnell sie konnte, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und das Adrenalin ließ sie die Kälte des Winterwaldes schon längst nicht mehr spüren. Hastig setzte sie ihre Flucht fort, das Auto war bereits hinter der Wegböschung in Sicht und nach einem letzten Satz das Abenteuer "Weihnachtsbaum“ wohl endlich überstanden. Schreiend rutschte Karoline die Böschung hinab, als der lose Schneeboden eine tiefe Furche unter ihr losriss und die Baumdiebin mitsamt ihrer kleinen Fichte knapp neben dem Auto zu liegen kam. Vom Verfolger keine Spur – Karoline raffte sich erleichtert hoch. Der Baum hatte dieses Abenteuer wohl nicht unverletzt überstanden. Ein scheußlicher Knick entstellte den Schaft des zukünftigen Weihnachtsbaumes und die kleineren Zweige wippten schlapp im Wind. "Wos sois...“ seufzte sie, packte den zerrupften Baum in den Kofferraum und trat niedergeschlagen die Heimreise an.


zu Weihnachten Alles ist so ruhig und still, jeder überlegt, was der andere will, wie kann man jemand eine Freude machen, am besten noch durch Kinderlachen. In der Küche liegt ein herrlicher Duft, und von draußen der Schneesturm ruft. Die Kerzen am Baum leuchten hell und Wunderkerzen spritzen grell. Weihnachten voller Freude und Glück, bringt uns die Kindheit zurück.


Beinahe lässt Laura das Tablet fallen, ihr überraschter Blick weicht rasch dem pubertären Genörgel, welches ihre Eltern in den letzten Monaten bereits zur Genüge kennengelernt haben. "Der Krüppel soll unser Weihnachtsbaum werden?“. Der Rhythmus, in dem sie auf ihrem Kaugummi kaut, wird schneller und unruhig. "Mama, das ist doch nicht dein Ernst!?“, doch Lauras Worte erreichen Karoline nicht. Die Erschöpfung nimmt inzwischen überhand und wortlos stellt sie die Fichte im Wohnzimmer ab. "Moch du des bitte, Laura, i hob an Stress!“ Widerwillig wirft Laura das Tablet auf die Couch und kniet sich zur vorbereiteten Schachtel mit dem Weihnachtsschmuck. Seufzend wendet sie sich Richtung Baum und lichtet ihn kurzerhand mit ihrem Smartphone ab. ‚Hashtag Opfer‘, ‚Hashtag Unser Weihnachtsbaum‘, ‚Hashtag worst christmas ever‘ tippt sie eilig in ihr Smartphone und schon wird der arme Baum auf Instagram zur Schau gestellt. Nur wenige Sekunden später folgen die ersten amüsierten Reaktionen von Lauras unzähligen Followern aus dem gesamten Mur- und Taurachtal und ihr mürrischer Blick wird umgehend von einem zufriedenen Lächeln verdrängt.


Kugel für Kugel hängt Laura den Schmuck mit kleinen Drahtschlingen auf den kleinen, lädierten Weihnachtsbaum. Manche Äste sacken durch das Gewicht weit nach unten, denn der Baum verbirgt noch zahlreiche, unentdeckte Bruchstellen. Der glänzende Kelch für die Christbaumspitze betont den unschönen, krummen Wipfel noch zusätzlich und ragt nun schräg Richtung Wohnzimmerdecke. Erneut zückt sie ihr Smartphone und knipst ein lächelndes Selfie mit dem Resultat. Entspannt lehnt sich Laura auf der Couch zurück, überkreuzt die Beine und beobachtet mit Begeisterung ihren explodierenden Instagram-Account. Beinahe im Sekundentakt kann sie neue Follower für sich verbuchen und entschließt kurzerhand, ihren "Fans“ noch mehr vom fürchterlichen Weihnachtsfest in ihrer Familie zu berichten. Wie bestellt, öffnet sich in diesem Moment die Wohnzimmertüre und Bernhard stapft mit etlichen zerdrückten Kartons bepackt herein.

#WorstChristmasEver


Der Apfel macht den Anfang. Diesen erst vierteln, um das Kerngehäuse zu entfernen, dann in kleine Stücke schneiden und mit Zitronensaft vermischen. Der Zitronensaft verhindert, dass die Apfelstücke unansehnlich braun werden. Im nächsten Schritt die Sahne steif schlagen. Anschließend Saft, Wein, Amaretto und Zucker in einem Topf mischen und zum Kochen bringen. Verteilen Sie die Apfelstücke auf vier Gläser und gießen Sie diese mit dem Punsch auf. Fürs Auge kommt nun noch je ein Klecks Sahne und eine Prise Zimt obendrauf.

Zutaten 500 ml klarer Apfelsaft 1 Apfel 400 ml Weißwein 100 ml Amaretto 100 ml Schlagobers 1 TL Zitronensaft 1 Päckchen Vanillezucker Zimtpulver


Hinter ihm baumelt ein dunkelgrünes Kabel hinab, welches mit jedem Schritt klappernd auf dem Parkett aufschlägt. Laura zückt ihr Smartphone.

"Jo Kreiz-Teifi und

Hollastaudn, wos isn des!?“ Bernhard starrt geschockt auf den Baum, während ihm die Kartons beinahe aus den Händen gleiten. "Papa, das ist unser Baum. Gefällt er dir?“, grinst Laura fröhlich und hält entzückt das Handy auf die sich wohl lustig entwickelnde Szene. "Seids es olle komplett narrisch? Der is jo grausig!“ Fassungslos starrt Bernhard mit offenem Mund die krumme Fichte an. Erst wenige Sekunden später kann er sich aus seiner Schockstarre befreien und wühlt anschließend hastig mit der Hand in einem seiner Kartons. "A Lichterkettn! A Lichterkettn wird’s aussareißn!“ Euphorisch beginnt er meterlanges Kabel rund um die unförmige Gestalt des Baumes zu wickeln, während der kleine Baum widerspenstig in seiner Halterung auf dem Boden hin- und herrutscht. Bernhard hat es sichtlich eilig, den entstellten Baum zu retten und springt aufgeregt mit hunderten von LED-Lichtern rund um das krumme Objekt. "Wirst sehn Laura, wenn da Bam leichtet, donn sigt ma goanimma wie schirch er eigentlich is!“


OMG Paps! Du wirst noch #fame Schnell befestigt er noch die letzten Zentimeter des dunkelgrünen Kabels, als der Baum wohl unter dem mehrere Kilo schweren Gewicht an Dekoration kapituliert. Erschrocken schreit Bernhard auf und fällt im selben Moment mitsamt dem Christbaum auf das gebürstete Eichenparkett im Wohnzimmer. Einige der gläsernen Kugeln zerspringen durch den unsanften Aufprall und erzeugen eine klirrende Geräuschkulisse, in der sich Bernhard erschrocken inmitten der Mischkulanz aus Ästen und Kabeln wälzt. Kreischend lacht Laura laut auf und hält mit Tränen in den Augen noch die letzten Sekunden des Videos fest. "O-M-G Paps, damit wirst du garantiert ein Insta-Star!“ Glücklich kichernd verlässt sie das Wohnzimmer, während sie munter bereits die ersten Zeilen in ihr Handy tippt. "A Insta-Woos?“, fragt sich Bernhard, während er noch verheddert zwischen den Kabeln am Boden liegt.



Es wird scho


Andächtig blickt Karoline durch die dunkle Glasscheibe in das Backrohr. Vielleicht wendet sich bis zum Abend noch alles zum Guten. Die Gans vom ‚Schader‘ sieht zumindest vielversprechend aus und brutzelt goldbraun vor sich hin. Schon etwas müde, schleift Karoline Bein für Bein über die Stufen der Holztreppe Richtung Badezimmer. Schlaff wirft sie die Hand auf die Messingklinke, welche ruckartig nach unten sackt und vom prellenden Geräusch der verschlossenen Badtür unterbrochen wird. Genervt legt Karoline ihren Kopf zurück und starrt entgeistert Richtung Decke. "Thomas!? Bist du no immer drinnen?“. Scheinbar hatte der älteste Spross der Familie bereits für unglaubliche 3 Stunden das Bad für sich beansprucht. Ein metallisches Geräusch dringt aus dem Schloss, eilig entsperrt sich die Türe und Thomas lächelt seiner Mutter freudig entgegen. Eine Front aus heißem Dampf, Duft von Unmengen an Parfum und Kosmetikartikel wälzt sich Karoline entgegen und raubt ihr für einen Moment den Atem.


Keuchend und hustend versucht sie mit fuchtelnden Bewegungen sich etwas Luft zu verschaffen. "Jo sog amoi wos hostn du vor?“, stellt ihn Karoline streng zur Rede. "Wos weat sein? Es is Samstag und i geh furt!“. Fassungslos starrt Karoline ihren Sohn an. An Weihnachten ausgehen? Selbstbewusst schiebt sich Thomas an Karolines erstarrtem Körper vorbei. "Ahjo und mei schwoazas Leibe is ba da Wäsch, oder? I brauch des!“. Karoline schnappt zornig nach Luft, unfähig ein Wort hervorzubringen und ihren Sohn in die Schranken zu weisen. Hastig heftet sie sich an seine Fersen und stemmt empört beide Hände in die Hüften. "Bersch?! Tickst du no gonz richtig? Heit is Weihnachten!“, brüllt Karoline den jungen Mann an. "Jo oba de ondan gengan a in de ‚Villa‘!“, entgegnet Thomas etwas eingeschnappt und sprüht sich noch eine ordentliche Ladung Haarspray auf sein frisch betoniertes Haupt. "De Weiber san heit sicher olle guat drauf! Haha. Wegen Weihnachten und den gonzn Schas.“


Girls, girls, girls,...


Karoline lässt entmutigt den Kopf hängen und trabt wehmütig zurück Richtung Küche. Das soll also das diesjährige Weihnachtsfest werden? Der Sohn verbringt diesen besonderen Abend lieber mit seiner Clique in einer Disco als mit seiner Familie. Lauras Instagram-Account wird im Minutentakt mit peinlichen Szenen aus dem Familienalltag gefüllt und während Karoline traurig ihr Gesicht Richtung Fenster wendet, zeichnen sich von draußen Epilepsie erregende, bunte Lichtmuster im Schnee ab. "Es wird scho alles gut werdn...“, tröstet sie vom Esstisch aus eine Stimme. Karoline fährt erschrocken zusammen. Sie hatte nicht bemerkt, dass Opa mit der ‚Lungauer Nachrichten‘ auf dem hölzernen Sessel sitzt und freundlich über das Brillengestell blickt. Unter seinem grauen Schnurrbart bildet sich ein warmes Lächeln, welches Karoline sofort ansteckt.


"Bleda Nochboa!“, brummt Friedl wütend. An seinen Stiefeln klebt Schnee und jeder Schritt im tiefverschneiten Feld scheint ein wahrer Kraftakt zu sein. Schnaubend hebt er ein Bein vor das andere und kämpft sich meterweit vor. Mit beiden Händen fasst er fest seine Motorsäge, während aus seinem vor Wut schnaubendem Mund weißer Dampf in die kühle Atmosphäre der unberührten Winterlandschaft dringt. Hartnäckig schiebt er den knietiefen Schnee vor sich her, bis er schließlich erleichtert sein Ziel vor sich erreicht. Der Leuchtkegel seiner Stirnlampe klettert heiter flackernd den dick lasierten Schaft des Strommastens hinauf. "Deppate Lichterkettn!“, knurrt Friedl, während er die Kettenbremse nach vorne drückt. Friedl atmet tief durch, tritt geübt mit den Spitzen seiner Stiefel in den hinteren Handgriff der Säge und zieht anschließend mehrfach das Anwerfseil. Laut dringt der unverkennbare Lärm der Säge durch die stille Winternacht, während sich eine hellbraune Schicht aus Sägemehl auf der perfekten, weißen Oberfläche des Schnees bildet.



Ein irres Lachen dringt aus Friedl hervor, die immer tiefer werdende Schnittkerbe vor Augen. Es dauert nur einen kurzen Moment, bis der Mast im Wind wippend die vorgegebene Richtung einschlägt und den weiten Weg Richtung Boden antritt. Die Stirnlampe verfolgt staunend den Fallradius des etwa 15 Meter hohen Mastens, ehe der Stamm dumpf auf den Boden knallt und tief in den Schnee eindringt. Friedl schützt hastig sein Gesicht vor den aufwirbelnden Eiskristallen, welche ihm schonungslos ins Gesicht schlagen. Grinsend schweift Friedls Blick über die Dächer der weit entfernten Siedlung, welche plötzlich in absoluter Dunkelheit verschwindet. Die zahlreichen, glitzernden Punkte der Lichterketten scheinen von der Finsternis verschluckt worden zu sein. "Jaaaaawoiiiiii!“, schreit Friedl begeistert und lässt sich erleichtert in den Pulverschnee sinken. "Bernhard! Des woas mit deiner scheiß Lichterkettn!“.

Baum fällt!


Sägt da Nochboa in Strommost o,...

Schwarz zieht die Nacht über die Häuser und Gärten der Siedlung. Durch die Fenster flackern vereinzelt Teelichter und Kerzen, welche die unvorbereiteten Bewohner notdürftig auf den Tischen aufgestellt hatten. "Mei schene Lichterkettn,...“, seufzt Bernhard enttäuscht, während er in der Schublade nervös nach einer weiteren Taschenlampe sucht. Auch das Licht im Backrohr musste der Finsternis weichen und aufgeregt hetzt Karoline zwischen Küche und Speisekammer umher. "De Gans! Ohne Strom gibt’s koa Gans! Alles umsonst!“. Tröstend nimmt Bernhard Karoline vorsichtig in den Arm und versucht sie mit wiegenden Bewegungen etwas zu beruhigen. "Du bist jo nid schuld,... Donn gibt’s heud a Jausn! Schmeckt uns olle genauso!“.


Bernhards Worte scheinen Wirkung zu zeigen und nur kurze Zeit später kann sich Karoline bereits wieder sammeln. "Hauptsoch wir hom uns, des is es wichtigste zu Weihnachtn“, ergänzt er noch aufmunternd. Karoline lächelt erleichtert und wischt sich die kleinen, glitzernden Tränchen aus dem Gesicht, welche nasse Linien auf ihren Wangen hinterlassen haben. Kichernd eilt Karoline erneut Richtung Speisekammer und ruft dabei vergnügt "jo donn hoima an Speck!“.

...bleibt es Gansl innen roh. #Bauernregel


Es ist eine ganz besondere Zeit, wenn es still wird und draußen schneit. Wenn alles voll mit Plätzchenduft und Mama in die Stube ruft, die Kerzen am Adventkranz brennen und Kinder es nicht mehr erwarten können. Dann ist Weihnachten nicht mehr weit, die besinnliche und stille Zeit.


Ein hysterischer Schrei bohrt sich durch die alte, steinerne Substanz des Bauernhauses, sodass Bernhard und Karoline vor Schreck erstarren. Kurz treffen sich ihre Blicke, ehe sie absolut synchron Richtung Wohnzimmer lossprinten. Aufgelöst finden sie ihre Tochter Laura vor, welche panisch weinend am Boden sitzt. Ihre zitternden Hände umklammern fest das Smartphone, sodass die Knochen ihrer zierlichen Finger weiß hervortreten. Schnell kniet sich Karoline zu ihrer Tochter auf den Boden und versucht das nach Luft ringende Mädchen zu trösten. "Wos is passiert Laura!? Wos is los?!“, bittet Karoline schockiert nach einer Antwort. Laura versucht zwischen den unregelmäßigen, hastigen Atemzügen ein Wort hervorzubringen, doch es scheint ihr nicht zu gelingen. "D.. da.. das,...“, schluchzt sie entkräftet. Auch Bernhard kniet sich zu Laura auf den Boden und streichelt ihr sanft über den Rücken. "Das WLAN geht nicht mehr.“, bringt sie schließlich in gequältem Tonfall hervor. Das Datenvolumen verprasst Laura üblicherweise, wenn sie unterwegs ist und das kostenlose WLAN zuhause ist wohl die einzige Chance, ihr Instagram-Gefolge ein ganzes Monat regelmäßig bei Laune zu halten. Nun ist der Ofen aus.


Bernhard rollt genervt mit den Augen, nimmt seinem Kind das Handy aus der Hand und zieht es vom Boden hoch. Langsam führt er Laura Richtung Küche und setzt sie behutsam auf der Küchenbank ab. Opa beobachtet das Szenario interessiert von seinem Platz aus. "Host du gweint?“, fragt er besorgt. Zögernd lässt er die ‚Lungauer Nachrichten“ auf den Küchentisch sinken und schaut Laura mit offenem Mund an.

"Issas wegen dera

Inkontinenz?“, hakt er wissbegierig nach, während Laura ein kindliches Kichern entweicht. "Instagram Opa! Nicht Inkontinenz!“. Jetzt muss auch Opa lachen, denn das verwechselt er immer.



Mit einer kleinen, blauen Taschenlampe bewaffnet, macht sich Bernhard auf den Weg Richtung Keller. Der hell leuchtende Lichtkegel schweift sanft über die Regalböden im Abstellraum, Schachtel für Schachtel mustert er und überlegt, welcher Inhalt sich wohl darin verbergen mag. "Wo sandn de Sternspritzer vom ‚Coop‘?“, brummt er tief und setzt seine Suche zwischen Tüten und Kisten fort. Aus dem Flur hört er schleifende Stritte über die verflieste Kellertreppe kommen. Zögernd drückt Thomas die Türe zur Seite und betritt mit der Taschenlampenfunktion seines Smartphones den Raum. "Suachst du wos, Papa?“, fragt er neugierig. "Kerzerl, Sternspritzer,... irgendwos!“, entgegnet ihm Bernhard etwas unrund. "De Lichterkettn geht jo nid, jetzt brauchma wos, wos ohne Strom geht!“. Thomas fährt ein breites Grinsen über das Gesicht und erheitert erinnert er sich an die Zeit zurück, bevor sein Vater an einem "Lichterkettn-Vogl“ erkrankte.


Sind Kerzen also RETRO? Das letzte Mal, als Thomas gemeinsam mit seinem Vater den Baum mit traditionellen Kerzen schmückte, war er gerade 8 Jahre alt. Er schleppte die schwere Schachtel am Abend des 6. Januars selbst in den Keller, nachdem sie gemeinsam den Baum abgeputzt hatten und Bernhard damit beschäftigt war, den ausgetrockneten Christbaum durch die Terrassentür nach draußen zu bringen. Thomas war noch recht klein, darum schob er die rote Schachtel in eines der unteren Fächer, bevor er eilig nach oben rannte. Sein Blick schweift nach unten, wo das Licht seiner Smartphone-Lampe eine rot-leuchtende Schachtel ausmachen kann. "Da!“, ruft er seinem Vater zu.



"Wir hom den Baum upgedatet!“, strahlen Bernhard und Thomas zur Küchentür herein. Lachend sitzen Karoline, Laura und Opa bereits am Küchentisch und schenken Getränke zum Abendessen ein. Zwischen der appetitlich vorbereiteten Brettljause flackern zahlreiche Kerzen, während die ganze Familie freudestrahlend und ausgelassen den Tag Revue passieren lässt. Sogar Karoline kann über das Erlebte inzwischen lachen und alle Ärgernisse des Tages scheinen dem weihnachtlichen Frieden gewichen zu sein. "Und donn bist mitn Bam oafoch weggrennt?“, fragt Bernhard erstaunt seine Frau. Er kann sich kaum noch halten vor Lachen und sein Körper hüpft wie wild auf der quietschenden Küchenbank umher. "Schod, dasst genau heit furtgeh musst, wo es so schön ist daheim,..“, erwähnt Karoline etwas vorwurfsvoll. "Ohne Strom koa Musi, Mama. I bleib heit eh do!“, entgegnet Thomas und wirft seiner Mutter ein versöhnendes Lächeln zu.


Ungewohnt munter gibt sich Laura, welche ihren Mitteilungsdrang nun ihrer Familie widmet, anstelle tausende Follower damit zu beglücken. "Ohne Inkontinenz bist so a Liabe!“, lächelt Opa sie an, sodass sich an seinen Wangen tiefe Falten bilden. Das fröhliche Treiben in der Küche wird vom hellen Klingen einer Glocke abrupt unterbrochen. Andachtsvoll bewegt sich die Familie aus der Küche Richtung Wohnzimmer. Durch die alte Glasfüllung der Türe schimmert bereits warmes, sanft flackerndes Licht, ehe die Sternspritzer mit ihrem prasselnden Klang den typisch verbrannten Geruch der Bescherung im Raum verströmen.


Frรถhliche



In den Augen der staunenden Familie spiegeln sich die kleinen Flammen der Kerzen, welche munter auf den Zweigen des Baumes tanzen. "Mahh is der sche...“ seufzt Bernhard. Der geknickte Baum funkelt in den warmen Strahlen des Kerzenscheines und die glückliche Familie ist lange damit beschäftigt, ihn einfach nur anzusehen. Eine heisere, leise Stimme untermalt plötzlich das flackernde Spiel auf dem Baum und mit "Stiiiiille Nacht, heilige Nacht,...“ setzt Opa voller Euphorie ein. "Jo singts heud mit!“, unterbricht er kurz. Nach und nach setzen Bernhard, Karoline, Thomas und Laura ein, reichen sich die Hände und besingen gemeinsam diesen besonderen Abend.

Weihnachten in seiner ursprünglichsten Form ist doch schließlich das schönste.


NETCONTACT WERBUNG ROBERT AIGNER GEWERBESTRASSE 594 5582 ST. MICHAEL


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