Malerische Momente
Roland F. Karl Eine Reise auf die Brioni-Inseln: Titos luxuriöses Erbe im Adriatischen Meer
Vierzehn Eilande umfasst der istrische Archipel, der seit 1900 für gehobene Lebensart steht: Vom Wiener Großindustriellen Paul Kupelwieser 1893 gekauft, wurden die Brioni-Inseln vom deutschen Bakteriologen Robert Koch von der Malaria befreit und gezielt zum Tummelplatz der High Society umfunktioniert durch den Bau einer Handvoll schöner Hotels, eines Spielbank-Kasinos, des ersten 18-Loch-Golfplatzes Europas sowie eines Polo-Platzes für standesgemäße Turniere.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Jugoslawiens Ex-Staats- und Parteichef Marschall Tito das Inselparadies der Belle Époque und erklärte den gesamten Archipel zur sommerlichen Regierungsresidenz. Nun soll es Pläne des gleichnamigen italienischen Modehauses geben, Brioni wieder zu einer Deluxe-Oase zu machen. Das Landschaftsbild der Brionis gibt sich bildschön: Zypressen, Steineichen, Pinien, Eukalyptus und Olivenbäume zeichnen adriatische Impressionen zwischen stahlblauen Buchten, in denen zahllose Wasservögel brüten. Eine Viertelstunde braucht das Fährschiff in die Welt der Normalsterblichen zurück, nach Fazana hinüber, der winzigen Hafenstadt des istrischen Festlands, wo sich im vergangenen Jahr 160000 Tagesbesucher zu den Brioni-Inseln einschifften. Wenngleich die Folgen des Untergangs des jugoslawischen Machtblocks in den 90er Jahren noch immer in den Köpfen der Einheimischen spuken, wärmt die Verursacher einer berauschenden Übernachtungsstatistik politisch betrachtet die kroatische Sonne: Sechs Millionen Betten belegte 2011 der deutsche Markt allein im Urlaubsparadies Istrien, dicht gefolgt vom nächstgrößeren Besuchersegment, den österreichischen Nachbarn. Ehrgeizig versucht sich das politische Teilstück der kroatischen Republik eigenständig zu vermarkten. Und vor allem sich vom Image des billigen Camping-Tourismus zu befreien. Das Déjà-vu eines Luxus-Brioni würde den Marktstrategen um Istriens Tourismusdirektor Denis Ivosevic wohlwollend in die Hände spielen. Stattliche Hotelpaläste werfen sich allerorts bereits in die Waagschale der gastronomischen Eitelkeit, zum Beispiel die Design-Herberge „Lone“ im Touristenmagnet Rovinj, das vor einigen Wochen als Kulisse im ZDF-Herzkino-Film („Ein Sommer in Kroatien“) umwerfend mit seinem historischen Erbe filmisch auftrat. In respektvollem Abstand setzen modernistische Kreationen kroatischer Architekten futuristische Maßstäbe: mit fast 300 Liegeplätzen der urbanen Marina in Reichweite, berauschendem Blick über die Bucht sowie dem aus der mittelalterlichen Kernstadt ragenden venezianischen Glockenturm der Kirche der Heiligen Euphemia. Schon liegt die Planung für weitere 350 Ankerplätze für Motorboote und Yachten in den Schubladen. Qualität sticht, da sind sich die Istrier sicher, und die lässt sich am steigenden Preisniveau am eindrucksvollsten ablesen. Immobilienwerte pendeln, vor allem in Strandnähe und in attraktiven Altstadtlagen, in astronomischen Höhen, erschwingliche Liegeplätze für Yachtensegler sind lange schon knapp, im 1000-Einwohner-Städtchen Porec drängeln sich Ausflugsboote vor der historischen Kulisse mit zu wenig Platz. Pittoresk grüßen Kirchtürme von sanften Kuppen, die Fahrt geht durch grünes Hügelland, bis das Künstlerdorf Grožnjan in luftigen Höhen erreicht ist. Durch das totgesagte historische Bergörtchen schwärmen während der sommerlichen Hauptsaison Fotobegeisterte durch enge Natursteingassen an rund zwanzig stylischen Galerien sowie urigen Kneipen vorbei. Außerhalb des touristischen Auftriebs bleiben die knapp hundert ständigen Einwohner der Künstlerkooperative weitgehend unter sich. Hie und da sitzt ein Maler in der Frühlingssonne, den Skizzenblock in der Hand, während sich tief unten Istriens Küstenlinien tiefblau gegen zart aufkeimendes Grün abzeichnen in einem Bild wie aus verwunschenen Zeiten!
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