Kaffee-Zeitung FAIRTRADE-Kaffee trinken – weil jede Tasse zählt! www.facebook.com/fairtrade.oesterreich
www.fairtrade.at
© Sean Hawkey
Herbst 2014
Jede Tasse zählt!
Für viele sind Transparenz und Fairness ein Gebot der Stunde – und das ist gut so. Im Boutiquehotel Stadthalle ist es noch mehr als ein „Gebot“, dem man sich verpflichtet (fühlt): Für uns ist Fairness eine Grundlage im alltäglichen Handeln. Das zieht sich konsequent durch das gesamte Konzept. Funktionieren kann das nur aus und mit Überzeugung. Dass da auch der Kaffee fair gehandelt wird, ist da nur ein kleiner – aber sehr logischer – Teil des großen Ganzen. Wir mussten uns ja für FAIRTRADE-Kaffee entscheiden: Unsere Gäste setzen das bei uns voraus. Aber wir tun es auch aus eigener Initiative, weil wir uns selbst gar nichts anderes vorstellen können.
Kaffee gehört zu den wichtigsten Welthandelsgütern. Im FAIRTRADE-System ist der Kaffeeanbau die Lebensgrundlage von rund 660.000 Kleinbäuerinnen/ -bauern und ihren Familien. Durch FAIRTRADE erhalten sie einen stabilen Mindestpreis, der eine nachhaltige Produktionsweise erlaubt – ein wichtiges Sicherheitsnetz angesichts der extrem schwankenden Weltmarktpreise für Kaffee. Die FAIRTRADE-Prämie Über den Mindestpreis hinaus bekommen die Produzentenorganisationen eine FAIRTRADE-Prämie, die sie in Gemeinschaftsprojekte investieren können. Die Mitglieder der Kaffeekooperative Sonomoro in Peru verwenden die Prämie zum Beispiel für ein wichtiges Klimaprojekt. Denn viele Kleinbauernfamilien kämpfen aufgrund starker Regenfälle, denen längere Dürreperioden folgen, mit Ernteverlusten. Mehr über den Kaffeeanbau und seine Herausforderungen erfahren Sie auf den Seiten 2 und 3.
© Sean Hawkey
Gemeinsam für nachhaltigen Kaffeeanbau Mitmachen: FAIRTRADE-Kaffee trinken Viele Menschen verbringen den Großteil des Tages an ihrem Arbeitsplatz. Kaffee ist hier ein oft unverzichtbarer Begleiter. Aber wie fair sind Sie, wenn Sie in einer Pause zu einer Tasse Kaffee greifen? Wie steht es um die Kaffeebäuerinnen/ -bauern, von denen der Kaffee stammt? Wenn der Kaffeepreis sinkt, können Millionen von Kaffeebauernfamilien in Lateinamerika, Afrika oder Asien nicht von ihrer Ernte leben. Eine Tasse FAIRTRADE-Kaffee in Ihrem Büro kann da viel verändern! Sie kann einen wichtigen Beitrag für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen leisten. Wenn viele Menschen ihr Verhalten nur ein klein wenig ändern, hat das eine enorme Wirkung. FAIRTRADE@work Machen Sie mit! Melden Sie sich für den FAIRTRADE@work-Award an, und engagieren Sie sich für faire Produktionsbedingungen! www.fairtrade.at/fairtradework
Unsere Stimme für FAIRTRADE Nachhaltige Produktion, fairer Handel und Regionalität sind Schlagworte, die längst auch die Gastrobranche erobert haben. Umsichtige Gastronomen, die sich damit auseinandersetzen, müssten es als Pflicht empfinden, durch ihren in der Regel zwangsläufig größeren Einkauf Akzente zu setzen und dazu beizutragen, die Welt ein wenig zu verbessern. Auch wenn es dem Endkonsumenten (vielleicht) manchmal egal sein mag, welcher Kaffee serviert wird, solange er schmeckt und nicht mehr kostet als anderswo, kann beim Einkauf darauf geachtet werden, dass die Produkte Kriterien der Nachhaltigkeit und des fairen Handels entsprechen. Von unserem Unternehmen, der Cate-
ring Company Brok, wird das Jahr hindurch schon einiges an Kaffee verbraucht. Deshalb haben wir uns für eine eigene Kreation entschieden. Unsere Kaffeehausmarke, ein FAIRTRADE- und Biokaffee, besteht zu 100 Prozent aus Arabica-Bohnen und wird im mittelamerikanischen Hochland angebaut. So bieten wir nicht nur ein eigenes Label, das um nichts teurer ist, sondern auch ein nachhaltiges Produkt, das unserem Geschmack und unserer Qualitätsvorstellung entspricht – und das eine Geschichte erzählt, die immer mehr Gäste gerne hören. Mark Chad Lewis Präsident F&B Manager Club Vienna
Seit wir auch noch mehr Lob für die Qualität des Kaffees (und auch für die vielen anderen fair gehandelten Lebensmittel!) bekommen, sehen wir uns bestätigt – und das freut das gesamte Team. Ob es sich in jedem Fall rechnet, kann ich gar nicht sagen. Als Gesamtkonzept übertrifft es in jedem Fall nicht nur meine Erwartungen, sondern auch die meiner Gäste. Indirekt bestätigt das mein Team: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus Überzeugung im und am Boutiquehotel Stadthalle arbeiten, als Botschafter meines Hauses fungieren und mich tagein, tagaus auf unserem gemeinsamen Weg unterstützen. Michaela Reitterer Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung ··················································· Verschaffen Sie sich einen Überblick über das vielfältige Angebot an Produkten mit dem FAIRTRADEGütesiegel! www.fairtrade.at/produkte/produktsuche www.fairtrade.at/produkte/gastrofinder ···················································
.................................................................................
Kaffee-Zeitung FAIRTRADE Österreich
.................................................................................
© TransFair e.V. / Santiago Engelhardt
Klimawandel: Schwierige Zeiten für Perus Kaffeebauern
FAIRTRADE als Sicherheitsnetz Benito Caso konnte einen Totalabsturz vermeiden, weil seine Kaffeekooperative Sonomoro unter FAIRTRADEBedingungen produziert. FAIRTRADEKaffee wird mit einem Mindestbetrag von 1,40 $ zuzüglich 0,20 $ Prämie vergütet. Biokaffee erhält einen Aufschlag von 0,30 $ pro Pfund. Das war in der Phase der Tiefstpreise an den Kaffeebörsen der Rettungsschirm für Tausende von Kleinbauernfamilien. Doch seit einigen Jahren droht neues Unheil. „Früher hatten wir in unserer Region keine so große Hitze und auch keine so heftigen Regenfälle“, erzählt Benito Caso. Zunehmende Dürren und Starkregen führen zu Erosion; die Nährstoffe werden aus dem Boden gewaschen, das Mikroklima der Kaffeefelder verändert sich. Kaffeebäume wachsen zwar nur in den Tropen, brauchen
Kaffeekooperative Sonomoro bedarf baut er Mandarinen und Bananen an, hinter seinem Holzhaus steht Bambus. „Der Boden ist sehr fruchtbar. Er hat immer besten Kaffee hervorgebracht“, sagt er. „Aber das Klima ist nicht mehr unser Klima.“ Das bestätigt auch Emilio Rojas, der FAIRTRADE-Berater vor Ort: „Die Lage ist kritisch. Nach Jahrzehnten skrupelloser Abholzung der Wälder in der Region hat sich das Klima verschoben. Die Holzkonzerne sind gegangen. Zurück bleiben die Kaffeebäuerinnen/-bauern. Und ihr Kaffee, der immer größere Probleme beim Wachsen bekommt.“
Rezas klarer Blick und ihre Stimme verraten Aufbruchsstimmung. Sie ist eine von rund 330 Mitgliedern der FAIRTRADE-Kooperative und eine von zehn Multiplikatorinnen/Multiplikatoren des Klimaprojekts. Nach ihrer Ansprache lehnt sich Magda Reza in ihren Plastikstuhl zurück. In einem staubigen weißen T-Shirt und blauen Jeans sitzt sie vor einem riesigen Berg schwarzroter Kaffeesäcke aus gewobener Kunststofffaser. Magda Reza ist eine entschlossene Vorreiterin, wenn es darum geht, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Vegetation und auf ihren Kaffee zu verstehen, verbesserte Produktionsverfahren zu erlernen und vor allem das Wissen aus den Workshops an möglichst viele Kleinbäuerinnen/-bauern weiterzugeben. Im Mittelpunkt des Projekts steht eine Modellfarm der Kooperative, auf der unter Fachanleitung Grundwasserschutz, Kompostierung, Aufforstung und Erosionssicherung trainiert sowie neue Kaffeesorten vorgestellt wer-
„Im Februar entdeckten wir weißen Staub unter den Blättern. Ich wollte irgendetwas tun, aber es gibt kein Mittel gegen den Pilz.” Benito Caso Mit Fachwissen gegen den Klimawandel Die Kaffeebäuerinnen/-bauern von Sonomoro sind längst alarmiert. Bereits 2012 wurde ein Klimaanpassungsprojekt gestartet. „Als ich 1974 nach Pangoa kam, bauten wir noch im Tiefland Kaffee an“, erzählt Magda Reza auf einer Versammlung ihrer Kooperative in einer großen Halle mit einer fauchenden Trocknungsanlage. „Nach dem Kahlschlag wurde es im Tiefland zu heiß dafür. Wir mussten mit den Pflanzungen immer weiter in die Berge gehen. Heute arbeiten wir sogar mit Hüten, Sonnencreme und langen Hemden. Das brauchten wir früher nicht.“ Magda
den. „Das Projekt mit der Modellfarm ist genau der richtige Weg“, sagt Raúl Caso, ein Sohn Benito Casos. „Aber ich befürchte, wir sind zu spät dran.“ Pilz vernichtet Kaffeepflanzen Wir gehen mit Benito Caso den Hang hinauf zu einer Anpflanzung. Dort bietet sich ein dramatisches Bild. Wir stehen vor einem großen Kaffeewald ohne Blätter. An den kahlen Ästen kleben kümmerliche grüne und faule braune Kirschen. Die normalerweise immergrünen Pflanzen sind tot, die Kirschen können nicht reifen. Was ist hier geschehen? „Es sah nach einer großartigen Ernte aus. Wir rechneten mit 35 Prozent mehr als im schwachen letzten Jahr“, berichtet Benito Caso mit gesenktem Blick. „Doch im Februar entdeckten wir unter den Blättern weißen Staub. Ich wollte irgendetwas tun, aber es gibt kein Mittel gegen den Pilz.“ Er erträgt es kaum, die abgestorbenen Pflanzen anzusehen. „Zwei Monate später waren die Blätter gelb.
* Seit Anfang 2014 steigt der Preis rapide. Der Grund dafür sind Spekulationen, weil man befürchtet, dass es wegen
klimatischer Bedingungen zu einem Ernteausfall in Brasilien kommen wird. Das „Wirtschaftsblatt” bezeichnete Kaffee als „heißestes Spekulationsobjekt 2014”.
Der Kaffeepilz hat einen Großteil der Kaffeeernte von Benito Caso und seiner Frau Donata zerstört. Ein paar Wochen danach waren die Bäume tot.“ Schuld an diesem Desaster ist der Pflanzenschädling „Roya amarilla“, ein im Tiefland vorkommender Blattpilz. Das veränderte Klima und die damit heißeren, feuchteren Böden bereiten diesem tödlichen Pilz den Nährboden. Möglicherweise ist er sogar mutiert. „Das ist das Ende“, sagt Benito Caso. „Ich habe nur die erste Ernte mit 27 Säcken eingefahren, und nun es ist schon vorbei.“ Benito Caso verlor im letzten Jahr etwa die Hälfte seiner Ernte, und in den kommenden Jahren wird es womöglich noch dramatischer werden. Denn er hat fast ausschließlich die in Peru am weitesten verbreitete und traditionelle Arabica-Sorte „Caturra“ gepflanzt. Genau die Sorte, die von dem Pilz unheilbar befallen wird.
Benito Caso wird eine neue Sorte aussäen müssen. Doch das wird er ohne Hilfe wirtschaftlich nicht überleben. „Ich bin 1990 von den Terrortrupps des ‚Leuchtenden Pfades‘ von meiner Finca vertrieben worden, musste acht Jahre oben in den Anden leben“, sagt er mit vibrierender Stimme. „Und jetzt ist zum zweiten Mal alles vorbei, alles verloren.“ Der Pilzbefall stürzt den größten Teil der über 44.000 peruanischen FAIRTRADE-Kaffeebäuerinnen/-bauern in eine verzweifelte Lage. 2014 wird ein Ernterückgang um 50 Prozent erwartet. Die Umstellung auf pilzresistente Sorten ist teuer und verspricht erst in frühestens vier Jahren stabile Ernten. Eine Katastrophe!
© TransFair e.V. / Santiago Engelhardt
„Der Kaffee ist – war unsere ganze Hoffnung“, meint Benito Caso resigniert. Die Lage der meisten Kleinbauernfamilien ist dramatisch. 2011 stürzten die Kaffeepreise an den Rohstoffbörsen gnadenlos in den Keller. Nach trügerischen Wohlfühltagen mit einem Weltmarktpreis von über 300 $ pro Zentner Rohkaffee verfiel der Preis binnen zwei Jahren auf ruinöse 120 $ und tiefer. Anders gerechnet bekamen die peruanischen Kaffeebäuerinnen/-bauern für ein Pfund geernteten, geschälten, fermentierten, gereinigten, getrockneten, verpackten und zum Hafen transportierten ArabicaSpitzenkaffee weniger als einen Euro. Das liegt heute unter den Produktionskosten. 2013 ernteten die meisten Kaffeebäuerinnen und -bauern in Peru kaum mehr zum Broterwerb, sondern lediglich zur Rückzahlung ihrer Kleinkredite, zur Pflanzenpflege und aus bäuerlichem Stolz.*
aber Schatten und kühle Durchlüftung. Benito Casos Finca ist daher üppig grün, keine Monokultur. Für den Eigen-
© TransFair e.V. / Santiago Engelhardt
„Ich wollte nicht zurück auf die Finca, ich hatte Angst“, erzählt Benito Caso, ein sympathischer Kaffeebauer mit einem zarten Lächeln im Gesicht. „Doch dann sind wir vor fünfzehn Jahren zurückgekehrt, denn wir mussten doch wieder Kaffee ernten. Das war immer unser Leben.“ Der 59-Jährige war einer der zahllosen Vertriebenen des blutigen Guerillakrieges in den 1990erJahren. Seine sieben Hektar große, idyllisch gelegene Finca liegt in Nuevo Jerusalém, einer etwa eine Autostunde von Pangoa entfernten Landgemeinde, dort, wo der Amazonas-Regenwald auf die östlichen Höhenzüge der zentralen Anden trifft. Im weiten Tal der grünen Hügellandschaft produziert Benito Caso heute mit seiner Frau Donata besten Arabica-Kaffee. Zwei seiner Söhne haben ihre Fincas gleich nebenan.
© TransFair e.V. / Santiago Engelhardt
In Peru sichert FAIRTRADE zwar das Überleben Tausender Produzentinnen/Produzenten, steht aber plötzlich vor einer großen Herausforderung: Das zunehmend heißfeuchte Klima und die damit verbundenen Folgen drängen die Kaffeebäuerinnen/-bauern Perus an den Rand ihrer Existenz.
Schulung zur Wasseraufbereitung auf der Übungsfarm
Kaffee-Zeitung FAIRTRADE Österreich
„Ich bin 1984 erstmals als Erntehelferin hierhergekommen. Ein paar Jahre später habe ich diese Finca gekauft, ungefähr 1150 Meter hoch gelegen, elf Hektar groß“, sagt Magda Reza, die 57-jährige Mutter von drei Töchtern und zwei Söhnen und leidenschaftliche Kaffeebäuerin. „Ich habe vieles gepflanzt, Yuccas, Kakao, Guaven, Bananen. Ich habe sogar Bienen. Aber nur Kaffee lässt sich verkaufen, nur mit Kaffee erwirtschaftest du ein Einkommen.“ Acht bis zehn Zentner Kaffee produziert ein Hektar pro Jahr, in einem normalen Jahr. Die übrigen Früchte sind für den Eigenbedarf. „Ich schenke sie meinen Töchtern, als Dank, wenn sie bei der Kaffeeernte helfen.“
Magda Reza ist ziemlich auf sich allein gestellt, eine Powerfrau, die für ihre Finca und den Kaffee lebt. Ihr Mann, ein Motorradmechaniker, hat sie vor langer Zeit verlassen, und unter einer der Kiefern hat sie vor drei Jahren ihren Onkel begraben. „Er war wie ein Vater zu mir. Vor seinem Tod meinte er: ,Du musst mich auf deiner Finca beerdigen, damit du das Land niemals verkaufst!‘“, erzählt sie nachdenklich in ihrer offenen Küche, einem Bambusverschlag mit wackelnden Holzbänken auf dem festen Lehmboden, verbeulten Aluminiumtöpfen an der Wand und einer offenen Feuerstelle.
Auf Vielfalt setzen
„Das erste Mal spürte ich die Klimaveränderung, als ich junge Kaffeepflanzen sehr früh im Jahr mit offenen weißen Blüten entdeckte. Zu früh. Da stimmte was nicht“, erinnert sich Magda Reza an den Beginn der dramatischen Veränderungen auf den Kaffeefincas. Da sie viel Erfahrung hat und schon immer in Frauengruppen und Gemeindegremien aktiv war, wählte ihre KaffeeKooperative Sonomoro sie aus, als
Frühzeitig hat Magda Reza nicht nur auf Diversifizierung ihres Anbaus gesetzt, sondern die Bedeutung Schatten spendender Bäume erkannt. „Schau her: Kiefer, Mango, Zeder, Chuncho und Tornillo. Diese Bäume sind jetzt 15 Jahre alt“, erklärt sie. „Kaffee braucht kühlenden Schatten. Und der Boden erholt sich besser, wenn du viele Bäume hast.“
„Promotorin“ für Sonomoro
Raúl Caso – ein Kämpfer für den Kaffee von morgen Wenn Raúl Caso heute zur Kaffeefinca seines Vaters fährt, schüttelt ihn nicht nur die Schlaglochpiste auf dem Weg in die ihm so vertraute Randzone des peruanischen Regenwaldes. „Dieser Ort, der Kaffee meiner Eltern, ich habe das immer geliebt“, sagt er. Raúl verspürt bei diesen Reisen in seine Vergangenheit zugleich Liebe, Wut und Angst. Gleich nach der Schule verließ der unternehmungslustige und heute 25-Jährige die Finca seiner Eltern. „Ich wollte immer ein Vorreiter sein, der die Sachen vorwärtsbringt, neue Ideen entwickelt“, sucht Raúl nach Rechtfertigung.
die Bauern hereinbricht, geht auch sein Geschäft schlecht. Dank seiner Freundin, die ihm hilft, kann er es noch offen halten, auch wenn kaum jemand noch Geld für Kacheln oder Eisen hat. Die ganze Region ist betroffen. Und Raúl sitzt sein Kredit wie ein Sandsack im Genick. „Ich muss zurück zu meinen Eltern. Ich habe sie in den entscheidenden Jahren allein gelassen“, erklärt Raúl. „Wir brauchen eine bessere Technik beim Kaffee-Anbau, mehr Effizienz. Wir müssen den Kaffee auch besser vermarkten, am besten direkt. Sonst überleben wir das hier nicht.“ Nachwuchsarbeit
Im Strudel der Kaffeekrise Raúl studiert zunächst Betriebswirtschaft in der Stadt, bricht jedoch nach vier Semestern ab. Er übernimmt von seinem Onkel ein Restaurant im Regenwald, doch es ist nicht sein Ort, nicht sein Ding. „In Satipo habe ich dann mein eigenes Restaurant aufgemacht. Mit einem Billardtisch!“ Und in dem staubigen, etwa zwei Stunden von den Kaffeefeldern der Eltern entfernten Städtchen holt ihn die Vergangenheit wieder ein. Raúl lässt sich überreden, das Restaurant zu schließen und eine Eisenwarenhandlung zu eröffnen, mit Werkzeugen, Zement und Wasserrohren. Als wenig später die seit Jahrzehnten größte Kaffeekrise Perus über
Im März 2013 – die Weltmarktpreise für Rohkaffee sind im Keller und ein verheerender Blattpilz vernichtet zahlreiche Kaffeepflanzungen – gründet Raúl Caso in der FAIRTRADE-Kaffeekooperative Sonomoro, der seine Familie seit fünf Jahren angehört, ein Nachwuchskomitee. „Die jungen Leute in der Kooperative sind in diesen Krisenzeiten nur schwer für Kaffee zu begeistern“, sagt Raúl. „Das bedeutet langwierige Überzeugungsarbeit, viele Trainings. Denn man könnte den Kaffee noch viel besser vermarkten, und die Anbautechnik unserer Eltern ist nicht die Technik von morgen. Das muss in ihre Köpfe rein.“ Raúl kämpft aus Überzeugung, und er weiß, dass faire Preise und eine ver-
eine von zehn „Promotorinnen/Promotoren“ eines neuen Klimaanpassungsprojektes zu wirken. Seit 2012 hat sie etliche Lehrgänge der FAIRTRADE-Initiative besucht, um sich und andere Kaffeebäuerinnen/-bauern fit zu machen: gegen das sich verändernde Klima, gegen Erosion, gegen Feuchtigkeit und Hitze in den Kaffeepflanzungen, für die Verbesserung der Produktionstechniken. „Wir brauchen dringend Hilfe!“ Im Frühjahr 2013 befiel der tödliche Blattpilz „Roya amarilla“ auch die Kaffeepflanzen von Magda Reza. Ein Schock! Sie musste nun etwas sehr Schmerzhaftes tun: „Aus all den alten Kaffeepflanzen der Caturra-Sorte musste ich Brennholz machen und neue Sorten aussäen. Nur die Sorten aus Kolumbien und Costa Rica überleben bei mir.“ Die begeisterte Erzählerin und unbändige Kämpferin wirkt plötzlich gebrochen. „Ich verliere in den nächsten fünf Jahren sechs Hektar meiner Produktion“, rechnet sie vor. „Mehr als die Hälfte meiner Kaffee-Ernte! Wir brauchen jetzt dringend Hilfe, denn wir müssen größtenteils neu anfangen.“
Magda Reza auf ihrer Finca in Peru
besserte Produktion die letzte Chance für die Kaffeebäuerinnen/-bauern der Kooperative sind. Tief verwurzelt in der Kooperative Raúl setzt sich für seine Eltern ein, die durch die pilzbedingten Ernteverluste kurz vor dem Ruin stehen und die Finca sogar verkaufen wollen. Und er kämpft für seine eigene Zukunft. „Ich will zurück. Ich muss zurück.“ Er blickt über das wunderschöne sanfte Tal, in dem die kleinen Kaffeefelder seiner Familie liegen. „Da oben habe ich meine sechs Hektar und alle meine Träume“, meint er und blickt auf einen üppigen grünen Hang. „Dort werde ich in Zukunft meinen Kaffee anbauen. Dort will ich mit meiner Familie leben.“ Die tiefen Wurzeln und die unbändige Willenskraft des jungen Raúl Caso erstaunen, bis er von diesem besonderen Moment seines Leben erzählt: „Es war am 8. Februar 1988, unten im Gemeindehaus, ziemlich genau um 9 Uhr morgens. Zum Glück war eine Hebamme anwesend, denn ich bin mitten auf einer großen Versammlung zur Welt gekommen.“ Texte: © by TransFair e. V. / Peter Korneffel
Raúl Caso in der Trocknungsstation für Kaffeebohnen auf der Finca seiner Eltern
KAFFEE-INFOS
4%
© TransFair e.V. / Santiago Engelhardt
Magda Reza – Kaffeebäuerin mit Herz und Know-how
.................................................................................
© TransFair e.V. / Santiago Engelhardt
.................................................................................
MARKTANTEIL FAIRTRADEKAFFEE IN ÖSTERREICH
402
FAIRTRADEKAFFEEKOOPERATIVEN LÄNDERN IN
72
ÜBER
50
30
DAVON IN PERU KAFFEEMISCHUNGEN UND -RÖSTUNGEN MIT DEM FAIRTRADE-SIEGEL IN ÖSTERREICH
1.600
CAFÉS, RESTAURANTS UND HOTELS IN ÖSTERREICH SCHENKEN FAIRTRADE-KAFFEE AUS
Kaffee-Zeitung FAIRTRADE Österreich
.................................................................................
.................................................................................
Kaffee-Materialien
Kaffee-Rätsel
FAIRTRADE verstehen, erklären, gestalten
Testen Sie Ihr FAIRTRADE-Kaffee-Wissen! Die Beiträge in dieser „Kaffee-Zeitung“ helfen Ihnen bei den Antworten. 1
2
3
Das Thema fairer Handel ist vielfältig – ebenso wie unsere kostenlosen Materialien, die Sie online bestellen oder herunterladen können:
4
• Kaffee-Produktblatt: informiert über die Auswahl an FAIRTRADE-Kaffeeprodukten sowie über den Kaffeekonsum in Österreich • FAIRTRADE-Kaffeeposter: setzt auf jeder Veranstaltung Akzente
5
6 FAIRTRADE-Netzwerk
FAIRTRADE Österreich
Gemeinnütziger Verein mit Sitz in Wien, Mitglied als Gütesiegelinitiative von Fairtrade International
Der Weg eines FAIRTRADE-zertifizierten Produkts
Vergabe von Produktlizenzen an Unternehmen Beratung von Unternehmen, die im fairen Handel aktiv werden möchten
n
Informationsarbeit über fairen Handel www.fairtrade.at
n
Prüfung der Einhaltung der FAIRTRADEStandards bei den Produzentenorganisationen in Entwicklungsländern
n
Kontroll-Audits entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis zu den österreichischen LizenzpartnerInnen
7
ISO-65-Akkreditierung www.flo-cert.net n
Verarbeitung und Verpackung durch Lizenzpartnerfirmen
Transport
FAIRTRADEEntwicklungsplan n
FAIRTRADE-Prämie für Soziales, Infrastruktur, Bildung
Soziales
= Verbesserung der Arbeitsbedingungen nach ILO Richtlinien
Ökologisches
=Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz
Ökonomisches
=Regelung des Waren- und Geldflusses
n
Schutz des Menschen vor den negativen Auswirkungen konventioneller Anbaumethoden
n
Vertragsgestaltung
n
Umwelt- und Pestizidmanagement
n
Allgemeine Anforderungen an die rechtliche Unternehmensform
n
direkte und indirekte Rückverfolgbarkeit
Faire Preise, ggf. Bioaufschlag
n
Schutz vor Diskriminierung
n
Vorfinanzierung der Ernten
n
n
Stärkung der Eigenverantwortung der Bauernfamilien
Verbot von Zwangs- und ausbeuterischer Kinderarbeit
n
Versammlungsfreiheit
n
n
langfristige Partnerschaften
n
Liste verbotener Substanzen
n
korrekte Produktkennzeichnung
demokratische und partizipative Entwicklung
Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften (z.B. Tragen von Schutzkleidung)
n
n
n
Schulungsmaßnahmen gegen Bodenerosion und Wasserverbrauch
n
Regelung zur Produktzusammensetzung
n
• FAIRTRADE-Kaffeekärtchen: einfach abreißen und in Cafés oder Restaurants zurücklassen, um auf den fairen Handel aufmerksam zu machen
n n
FLO-CERT GmbH
Unabhängige Zertifizierungsorganisation mit Sitz in Bonn
Gentechnikfreies Saatgut
Handel
GROSSES TUN MIT EINEM KLEINEN ZEICHEN
Export und Bezahlung nach FAIRTRADE-Standards
3 Produzentennetzwerke Mitbestimmung bei Fairtrade International zu 50% n
CLAC Lateinamerikanische/ Karibische ProduzentInnen
n
NAPP Asiatische ProduzentInnen
n
Fairtrade Africa
PRODUZENTENNETZWERKE
KonsumentIn
Fairtrade International
Gemeinnütziger Dachverband von 19 Gütesiegelinitiativen und 3 Produzentennetzwerken mit Sitz in Bonn n
Entwicklung der FAIRTRADE-Standards für Kleinbauernkooperativen, Plantagen und Vertragsanbau (Generic Producer Standards)
n
Entwicklung der FAIRTRADE-Handelsstandards für Exporteure, Importeure und Hersteller (Generic Trade Standards)
n
Entwicklung der FAIRTRADE-Mindestpreise und der FAIRTRADE-Prämie für Soziales, Infrastruktur und Bildung
n
Beratung der Kleinbauernkooperativen und Plantagen in Entwicklungsländern www.fairtrade.net
Plakat_A2___mehr randabstand.indd 1
www.fairtrade.at
08.04.13 16:27
• FAIRTRADE-Filme: Dokumentationen und spannende TV-Reportagen aus Kaffee-Produzentenländern über das Leben von Kaffeebäuerinnen/-bauern im FAIRTRADE-System
1. In welchem Gebirge arbeiten Benito und Magda?
4. Welches Produkt wird von der Kooperative für den Export verkauft?
2. Wie heißt ihre Kooperative? 3. Was hat sich durch die starke Abholzung der Wälder verändert?
5. Welcher Schädling befällt die Kaffeepflanzen?
6. Welche Kaffeesorte ist in Peru am weitesten verbreitet? 7. Welches System hilft den Kaffeebäuerinnen/-bauern durch stabile Mindestpreise?
Mailen Sie das Lösungswort an office@fairtrade.at! Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir zwei große FAIRTRADEProduktkörbe mit Kaffeespezialitäten. Einsendeschluss: 30. November 2014
Diese und weitere Materialien finden Sie auf www.fairtrade.at/produzenten/kaffee/ materialien.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Beschäftigte und Angehörige von FAIRTRADE Österreich sind nicht gewinnberechtigt. Bei mehrfachen Einsendungen mit gleichem Absender wird nur eine berücksichtigt.
Die Reise des FAIRTRADE-Kaffees Wie gelangt der Kaffee im FAIRTRADE-Netzwerk von den Produzentinnen/Produzenten zu den Konsumentinnen/Konsumenten? Das Poster mit dem FAIRTRADENetzwerk macht den Weg von FAIRTRADE-zertifiziertem Kaffee anschaulich.
GROSSES TUN MIT EINEM KLEINEN ZEICHEN
Verarbeitung und Verpackung FLO-CERT GmbH
Unabhängige Zertifizierungsorganisation
Export und Bezahlung nach FAIRTRADE-Standards
•
•
inklusive FAIRTRADEPrämie
Prüfung der Einhaltung der FAIRTRADE-Standards bei den Produzentenorganisationen in Partnerländern Kontroll-Audits entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis zu den österreichischen Lizenzpartnerinnen/-partnern
KonsumentIn Fairtrade International Gemeinnütziger Dachverband der 19 Gütesiegelinitiativen und 3 Produzentennetzwerke • Fairtrade International
Entwicklung der FAIRTRADE-Standards, der FAIRTRADE-Mindestpreise und der -Prämie für Achten Sie bei Ihrem Soziales, Infrastruktur und Bildung •Einkauf Beratungauf der Kleinbauernkooperativen und dieses Siegel: Plantagen in den Partnerländern
www.fairtrade.net
Impressum FAIRTRADE Österreich Neulinggasse 29/17 1030 Wien Tel.: + 43 1 533 09 56 Fax: + 43 1 533 09 56 DW 11 E-Mail: office@fairtrade.at www.fairtrade.at
Redaktion: Kristina Eggers, Veronika Polster Layout & Satz: Dreimalig, Köln Druck: Boyens MediaPRINT GmbH & Co. KG, Heide Papier: 100 % Recycling
TRINK FAIR!