Biologie
Junge Wanderer Die ehemals heimische Tierart Wolf kehrt nach Deutschland zurück. Junge, einzelne Tiere wandern aus anderen Ländern (z.B. Polen und Italien) wieder ein und streifen auch in Niedersachsen umher. Junge Wölfe verlassen ihre Eltern und deren Territorium spätestens mit dem Erreichen der Geschlechtsreife als zweijährige Tiere. Sie begeben sich auf die Suche nach einem eigenen Territorium und einem Paarungspartner. Auf der Wanderschaft können pro Tag Strecken bis zu 70km zurückgelegt werden. Ein eigenes Territorium zeichnet sich durch genügend Beutetiere sowie einen Rückzugsbereich aus, in dem die Welpen großgezogen werden können. Der Wolf benötigt keine pure Wildnis, er geht dem Menschen aus dem Weg. Bereiche, die tagsüber von Menschen genutzt werden, können nachts durchaus von Wölfen belaufen werden. Die Territoriumsgröße einer Wolfsfamilie beträgt in Deutschland ca. 250350km². Das Gebiet wird mit Kot und Urin markiert und gegen fremde Wölfe verteidigt. So bleibt die Anzahl der Wölfe in einem Gebiet relativ konstant.
Das Wolfsrudel Hat ein Jungwolf ein geeignetes Gebiet sowie einen Paarungspartner gefunden, gründet er eine Familie, das Wolfsrudel. Diese grundlegende soziale Einheit besteht aus einem fortpflanzungsfähigen Paar, dem Rüden und der Fähe, sowie deren Nachwuchs von ein bis zwei Generationen. In dieser Gruppe besteht keine strenge Rangordnung, wie es von Beobachtungen bei Gehegetieren bekannt ist. Nach der Ranzzeit im Januar bis März werden nach der Tragzeit von 63 Tagen bis zu 11 Welpen in einer Wurfhöhle gewölft. Die blind und taub geborenen Welpen werden die ersten drei Wochen von der Fähe im Bau gesäugt, danach sind sie außerhalb des Baus aktiv. Das gesamte Rudel beteiligt sich an der Welpenaufzucht. So werden die Welpen zum Beispiel mit Fleisch versorgt, indem die Eltern oder die älteren Geschwister an einem Riss fressen, zu den Welpen laufen und es dort das gefressene
Fleisch wieder hervorwürgen. Als Helfer lernen die Jährlinge so alle Verhaltensweisen, die sie später in der Selbstständigkeit benötigen.
Beutetiere Die Wölfe in Deutschland ernähren sich überwiegend von den drei Schalenwildarten Rehwild, Rotwild und Schwarzwild, wobei Rehwild über 50% der gefressenen Biomasse ausmacht. Sie fressen aber auch Aas, Früchte und Kleinsäuger. Nahrungsanalysen zeigen, dass Wölfe bei ihren Beutetieren selektieren: Der überwiegende Teil der Beutetiere weißt mäßige bis schlechte Kondition auf. Wölfe tragen also dazu bei, den Wildbestand gesund zu halten. Zudem wird z.B. beim Rotwild auch nach Altersklassen selektiert. Über 65% der Beutetiere sind Kälber. Ein Wolf benötigt pro Tag ca. 4kg Fleisch. Aufs Jahr gerechnet entspricht das ca. 65 Rehen, 9 Stück Rotwild und 16 Wildschweinen. Für ein Rudel bestehend aus zwei Elterntieren, zwei Jährlingen und vier Welpen und einem Streifgebiet von 300km² ergibt sich ein theoretischer Bedarf von 1,3 Rehen, 0,18 Stück Rotwild und 0,33 Wildschweinen pro Jahr auf 100ha.
Quelle: Wildtiermanagement Niedersachsen
Forschung Die Landesjägerschaft Niedersachsen beteiligt sich aktiv am Wolfsmonitoring und bittet Hinweise auf Wolfsvorkommen im eigenen Revier an die zuständige Mitarbeiterin (hier) zu melden. Des weiteren wird die Wiederbesiedelung Niedersachsen durch den Wolf wissenschaftlich begleitet: In Kooperation mit dem Institut für Wildtierforschung (IWFo) an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover wird neben der wissenschaftlichen Dokumentation des Wolfsvorkommens an einem Schalenwildmonitoring gearbeitet, in Zuge dessen die potenziellen Beutetiere des Wolfes untersucht wreden. Zahlen und Verhalten des Wildes sollen erfasst werden um im weiteren Verlauf der Rückkehr des Wolfes neben weiteren Faktoren (Erholungs- und Nutzungsfunktion des Waldes) auch Basisdaten zum Einfluss des Wolfes auf die Schalenwildpopulation zu erhalten. Das IWFo wird verschiedene Erfassungs- und Beobachtungsmethoden einsetzen, die zusammen mit kundigen Personen vor Ort (Förster, Jäger) durchgeführt werden und regelmäßig die Erhebungen evaluieren. Alle Aufgaben werden in enger Zusammenarbeit mit den Nds. Landesforsten und privaten Revierinhabern durchgeführt. Interessierte können beim IWFo weitere Informationen erhalten.
Human Dimension In der Zeitschrift zum Walsroder Stadtfest am 6.+7. September 1986 ist folgende Geschichte zu finden: "Früher hausten in hiesiger Gegend viele Wölfe. Alte Leute erzählen darüber folgendes: Zum Wegfangen der Wölfe hatten die Nordkämper eine Wolfsgrube ("Wulfskuhle") gegraben. Diese wurde mit Zweigen bedeckt. In der Mitte war ein Pfahl eingegraben, der aus den Zweigen herausragte. Um die Wölfe herbeizulocken wurde am oberen Ende des Pfahles ein Tier, Schafe, Gänse etc. festgebunden. Einst hatten die Kämper die Einrichtung getroffen, dass jeder Bauer der Reihe nach eine lebende Gans liefern musste, die während der Nacht an den Pfahl über den Zweigen befestigt sein sollte. Auch eine alte Frau, -"Röpkes Mudder"- musste eine Gans liefern. Nachts aber, als die Leute im Dorfe zur Ruhe gegangen waren, machte sich "Röpkes Mudder" auf, ihr Gänschen wiederzuholen. Dabei muss sie wohl etwas unvorsichtig zu Werke gegangen sein, auch mag sie große Angst gehabt haben, genug, sie fiel in die für Wölfe bestimmte Grube. Kurze Zeit darauf versuchte ein Wolf die Gans zu holen, allein er hatte dasselbe Schicksal. Die Frau duckte sich nun in die eine Ecke der Grube und der Wolf in die andere. Beide fürchteten einander. "Röpkes Mudder", welche glaubte allein Furcht zu haben, suchte auch den Wolf in Angst zu setzen und sich denselben vom Leibe zu halten, indem sie fortwährend "Zipp, zipp" schimpfte ("Zipp" Bezeichnung für Hündin). Am anderen Morgen wurde die vor Angst fast gestorbene Frau aus der Grube gezogen und der Wolf erschossen" . (Vielen Dank für die Bereitstellung des Textes an Hans Scheele)
Diese Geschichte zeigt, wie der Wolf seit jeher die Gemüter und Emotionen des Menschen bewegt. Während der Hund als bester Freund des Menschen gilt, wird dessen Stammvater Wolf oft in negativem Licht gesehen. Wie es um die Einstellung zum Wolf innerhalb der niedersächsischen Jägerschaft bestellt ist, soll in einer Studie erhoben werden. Die Suche nach den Ursachen von Einstellungen und Meinungen soll helfen, Konfliktfelder zu erkennen und zu bearbeiten
Quelle: Wildtiermanagement Niedersachsen
Nachweise in Niedersachsen
A: 2007: Fotos eines Wolfes im Bereich Unterlüß B: 2007: Ein Wolf wurde im Bereich der Lüchow-Dannenberg erlegt Wolf im Reinhardswald/Solling: C: 2008: Fotos eines Wolfes im Solling D: 2008: Schafsrisse durch einen Wolf bei Uslar April 2011: Der ca. 6 Jahre alte Rüde wurde im Reinhardswald tot und bereits stark verludert aufgefunden. Ergebnisse über die Todesursache stehen noch aus. "Maschener Wolf": E: März 2011: Fotos eines Jungwolfes Bei Maschen
F: April 2011: Fotos eines Wolfes auf dem Truppenübungsplatz (TÜP) Munster-Nord Mai 2011: Fotofallenbilder eines Wolfes auf TÜP Munster-Nord Jungwölfin aus dem Rudel in Sachsen-Anhalt: G: Mai 2011: Ortung einer besenderten Jungwölfin aus dem Rudel in Altengrabow (S-A) im Kreis Lüchow-Dannenberg Verbreitung Ursprünglich zählte der Wolf weltweit zu den am weitesten verbreiteten Säugetieren und kam auch in ganz Europa flächendeckend vor. Aufgrund starker Konflikte zwischen Mensch und Wolf wurden die Populationen jedoch stark dezimiert. Deutschland war um 1850 weitestgehend wolfsfrei. Einzelne, in den folgenden Jahren einwandernde Tiere wurden erlegt. Der für Niedersachsen wohl berühmteste Wolf ist der "Würger von Lichtenmoor", der 1948 von Hermann Gaatz erlegt wurde. Seit 1980 gilt der Wolf in Deutschland als streng geschützte Art und mit der Wiedervereinigung 1990 gilt dieser Status auch in Ostdeutschland. So konnte sich 1998 das erste Wolfspaar wieder in Sachsen, im Bereich der Muskauer Heide ansiedeln. Im Jahr 2000 wurden dort die ersten Welpen nachgewiesen. Mittlerweile leben in der Lausitz, im Grenzgebiet Sachsen/Brandenburg auf einer Fläche von über 2500km² sechs Rudel und zwei welpenlose Paare. In Brandenburg sind weitere Paare bekannt, in Sachsen-Anhalt ist ein reproduzierendes Rudel nachgewiesen. Einzelne Wölfe sind in Mecklenburg-Vorpommern, SchleswigHolstein, Bayern, Hessen und auch in Niedersachsen nachgewiesen worden. Die Wiederbesiedlung ist keine aktive Wiederansiedlung sondern nur die natürliche Ausbreitung des Wolfes!
Wolfsmonitoring in Niedersachsen In Niedersachsen gibt es seit 2006 wieder Hinweise auf, seit 2007 auch definitive Nachweise für Wolfsvorkommen. Daher wurden 2009 vom Ministerium für Umwelt 42 ehrenamtliche Wolfsberater benannt. Ihre Aufgaben bestehen darin, Wolfshinweisen aus der Bevölkerung nachzugehen, Spuren zu dokumentieren, Interessensgruppen zu informieren und eventuelle Wolfsrisse zu begutachten. Weitergeleitet werden diese Daten an die Landesjägerschaft Niedersachsen, bei der zur Unterstützung des Wolfsmonitorings eine Biologin (s. hier) mitarbeitet, oder an die zuständige Behörde, den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Von hier aus werden die Daten an die EU weitergereicht.
Quelle: Wildtiermanagement Niedersachsen