Typografie

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T Y P O G R A F I E Typografie ist urspr체nglich die Kunst, richtige Abst채nde und Proportionen f체r Schriftzeichen zu finden. Heute versteht man darunter die Gestaltung der Schrift und der Leerr채ume. Typografie einfach gemacht - Nikola Pfeiffer



»V O L L K O M M E N E T Y P O G R A F I E I S T E H E R E I N E W I S S E N S C H A F T D E N N E I N E K U N S T. D E N N D E R S I C H E R E G E S C H M A C K , D E R D A S V O L L E N D E T E A U S Z E I C H N E T, B E R U H T A U F E I N E M K L A R E N W I S S E N U M D I E G E S E T Z E H A R M O N I S C H E R G E S TA L T U N G . « J a n Ts c h i c h o l d


Inhalt


4 6 8 Schrift/Font

Antiqua/ Grotesk

Schriftfamilie

10 12 14 Normal ?

Kursiv/ Oblique

Compressed


Schrift

Font


Sind Schrift und Font sprachliche Übersetzungen oder doch verschiedene Begriffe?

Schrift (lat. scriptura, scriptum: »Geschriebenes«; Englisch writing) ist die Form des graphischen Ausdrucks von Sprache (Metzler Lexikon Sprache). Eine Schriftart ist eine zusammengehörige Menge von Schriftzeichen, mit gemeinsamer Struktur und Gestaltbasis. Schriftart bezeichnet also das konkrete visuelle Abbild einer Schrift, beziehungsweise eines Schriftentwurfes, so wie er auf einem Beschreibstoff abgebildet ist. Das englische Wort für Schriftart ist demzufolge auch nicht font, sondern typeface (des Buchstabens Abbild).

wie vor der Träger des Schriftbildes, nur dass er nun digital ist. Die Bezeichnung Font lag also nahe. Eine sinnvolle Übersetzung für Font wäre demnach etwa »digitaler Schriftträger«, oder kurz »digitale Schrift«. Zusammengefasst bedeutet das also: Eine Schriftart ist eine Sammlung von grafischen Zeichen mit zusammengehörigem Formprinzip. Die Umsetzung dieser Schriftart in eine druckbare Form, wie sie von Schriftanbietern lizenziert und vom Anwender eingesetzt wird, nennt man Font. (Linotype verkauft Fonts der Optima, die die von Hermann Zapf entwickelte Schriftart am Rechner nutzbar machen.)

Und was ist nun also ein Font? Das Wort Font ist schon wesentlich älter als die Computertechnik. Es leitet sich wahrscheinlich vom französischen fonte (der Guss) ab. Im Bleisatz wurde so ein zusammengehöriger Satz Bleilettern einer Schriftgröße bezeichnet, wie er üblicherweise in einem Setzkasten abgelegt war. Im Englischen wurde das Wort als fount bzw. font weiterbenutzt. Im Gegensatz zur Schriftart bezeichnet Font also nicht das Abbild einer Schrift, sondern das Material, mit dem die Schriftart gedruckt werden konnte. Seit dem Einsatz der Rechentechnik werden Schriften nicht mehr in Blei, sondern in eine Datei »gegossen«. Dennoch ist diese Datei aber nach

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Antiqua/Gro Welche zwei großen Unterschiede können wir unterscheiden? ANTIQUA Antiqua (lat. antiquus »alt, einstig«) bezeichnet Schriftarten mit unterschiedlichen Strichdicken und abschließenden Endstrichen, den Serifen. Die unterschiedlichen Strichdicken stammen einerseits von den in Stein gemeißelten Schriften, wo die unterschiedlich breiten Meißelspitzen je nach Lage und Führung unterschiedliche Rillen erzeugten. Am Schluss einer Rille wurde als sauberer Abschluss oft eine Querrille geschlagen (Serife). Andererseits erzeugt auch die Feder (Füllfeder, Stahlfeder oder Gänsekiel) je nach Schreiblage und Druck unterschiedliche Strichdicken. Wie schon erwähnt hatte die Antiqua einige Vorbilder an denen sie sich orientiert. Zu einem die »littera antiqua«, die Hand- und spätere Druckschrift der Humanisten, entstand in der Frührenaissance in Italien aus der »Humanistica formata« (Humanistische Minuskel), einer Minuskelschrift (skriptographisches Kleinbuchstabenalphabet) u.a. von Coluccio Salutati (1331–1406) und

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Poggio Bracciolini (1380–1459) und aus der römischen Majuskelschrift (skriptographisches Großbuchstabenalphabet), der Capitalis quadrata (Römische Quadratschrift). Mit frühen »Archetypen« einer AntiquaSchrift im Minuskelalphabet experimentierten bereits um 1465 die deutschen Prototypographen Conrad Sweynheym und Arnold Pannartz im Benediktinerkloster von Subiaco in der Provinz Rom. Sweynheym und Pannartz verwendeten Majuskeln nur als in sich geschlosseneAuszeichnung. Die MinuskelZeilen waren in sich geschlossen, einzelne Großbuchstaben, sogenannte Versalien, hoben nur den Versbeginn hervor und hatten noch keine orthographische Funktion; zu dieser Zeit wurden Griechisch und Latein ausschließlich in Minuskeln geschrieben und somit auch in Minuskeln gedruckt. GROTESK Grotesk bezeichnet Schriftarten mit einfachen, geometrischen Grundformen ohne wesentliche Strichdickenunterschiede.


otesk Der Begriff grotesk kommt von «seltsam, grotesque (franz.), wunderlich, grillenhaft, sonderbar, verzerrt, überspannt (aus ital. «grottesco»)». Diese negative Bezeichnung stammt aus dem Beginn des 20 Jh., als für gedruckten Text vorwiegend Antiqua- und Frakturschriften verwendet wurden, und die Verwendung von neuen, einfachen Schriften einer neuen Typografengeneration (Bauhaus) als «grob» verurteilt wurde. Ursprünglich basierten die ersten griechischen und römischen Steininschriften wie die radikalen Groteskschriften auf einfache, geometrische Grundformen.

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SCHRIFTSCHNITT Typographischer Terminus aus dem gewerbespezifischen Sprachschatz deutscher Offizinen und Schriftgießereien für eine Schriftstilvariante einer physischen Druckschrift innerhalb einer Schriftfamilie; Schriftklassifikationsmerkmal bezugnehmend auf die Schriftbreite (siehe auch Dickte), Schriftstärke und Schriftlage eines Alphabets. Im Electronic Publishing auch als »Schriftstil«, international und in der Webtypographie als »Font Style« bezeichnet.

schnitt, ein Italics-chnitt, ein Light-schnitt, und so weiter.

Die Bezeichnung »Schriftschnitt« wird aus traditionellen Motiven in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz auch in der digitalen Typographie für eine Schriftstilvariante innerhalb einer Schriftfamilie verwendet. Beispiele für einen Schriftschnitt wären demnach ein Regular-schnitt, ein Bold-

Eine Schriftfamilie besteht mindestens aus einem Grundstil/schnitt (z.B. Normal oder Buch) für die Grundschrift, zwei leisen Auszeichnungsstilen (Auszeichnungsschriften), beispielsweise die kursive Schriftlage und Kapitälchen sowie einem lauten Auszeichnungsstil (z.B. halbfette oder fette Schriftstilvariante).

S C H R I F T FA M I L E Typographische Bezeichnung für eine Gruppe zusammengehörender Schriftstile bzw. Schriftschnitte in unterschiedlichen Schriftbreiten, Schriftstärken und Schriftlagen, die in der Regel vom gleichen Type Designer (Schriftgestalter) stammen und gemeinsame Formmerkmale in ihrer Typometrie (Letternarchitektur) aufweisen.

Haben Schriften ein Verw

Schnitt/Fam 10

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Schriftfamilien können aus bis zu mehreren Duzenden Schriftstilvarianten bestehen. Sehr umfangreich ausgebaute Schriftfamilien sind u.a. die Linotype Syntax™ von Hans Eduard Meyer (1922–2014), die Frutiger oder die Univers von Adrian Frutiger (1928–2015). Die Bezeichnungen für eine Schriftstilvariante innerhalb einer Schriftfamilie variieren je nach Land, Schriftgestalter und Font Foundry. Umfasst eine Schriftfamilie sämtliche Grundstile, mehrere Auszeichnungsstile sowie wissenschaftliche Sonder- und Satzzeichen etc., dann wird diese Schriftfamilie auch als Expertensatz bezeichnet (z.B. die Minion Pro von Robert Slimbach, *1956). SCHRIFTSIPPE Typographischer Terminus für eine Gruppe zusammengehöriger Hauptschriftgruppen, Schriftuntergruppen und Schriftschnitte (Schriftstilvarianten), die typometrisch aus

einem Grundkörper entwickelt wurden und deren Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen in der Regel die gleichen Grundformen und Proportionen besitzen, jedoch unterschiedliche Klassifikationsmerkmale aufweisen; auch als »Schriftgroßfamilie« bezeichnet. Etymologisch von lt. »scriptum« zu »scribere« für dt. »Schreiben« bzw. »Schrift« und »Sippe« von mhd. »sippe« bzw. got. »sibja« für »Verwandtschaft« bzw. idg. »sebho« für »eigene Art«. Im Deutschen wurde das Wort im 18. Jh. insbesondere in der Wissenschaft im Sinne von »Verwandtschaftsverhältnis« wiederbelebt. Schriftsippen, beispielsweise die Corporate A-S-E oder die Compatil®, werden heute als Schriftsysteme verstanden, um effizient komplexe typographische Anforderungen im Corporate Publishing zu lösen.

wandtschaftsverhältnis?

milie/Sippe Ty p o g r a f i e

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Normal Der ÂťnormaleÂŤ Schriftschnitt - was ist das eigentlich?

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Die »normale« Schriftart ist eine Bezeichnung eines bestimmten Schriftschnitts. Der »normale« Schriftschnitt gilt als die Ausgangsform der jeweiligen Schriftart, von dem sich die weiteren Schnitte, wie beispielsweise Bold oder Italic, ableiten. Dieser wird je nach kulturellen und sprachlichen Gegebenheiten anders bezeichnet. Beispiele für verschiedene Bezeichnungen sind Normal, Book, Regular, Buch, Werk, Medium, Plain und Roman.

In der Periode des materiellen Schriftsatzes (Bleisatz) auch als Brotschrift bezeichnet. Also die Schriftart, in welcher der Fließ- oder Mengentext gesetzt wird. In der Werbebranche wird die Grundschrift oft als Copy bezeichnet. Das ist falsch. Copy ist ein amerikanischer Werbefachausdruck und bedeutet »Anzeigentext«.

Der »normale« Schriftschnitt wird meist auch als Grundschrift bezeichnet. Dies ist allerdings nicht ganz korrekt, da es sich bei der Grundschrift um den Schriftstil handelt, der innerhalb einer Schriftsatzarbeit überwiegend, durchgängig und unabhängig von Auszeichnungen für den Mengentext verwendet wird.

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Kursive

Oblique schräg ist nicht gleich schräg

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»Kursiv« ist die deutsche Bezeichnung für schräggestellte Buchstaben. Das Wort stammt aus dem Lateinischen »currere«, das wiederum übersetzt »laufen« oder »rennen« bedeutet. Man unterscheidet bei schräggestellten Zeichen zwischen Italic und Oblique. Tatsächlich gibt es hier einen enormen Unterschied: Oblique heißt übersetzt schräg/ schief/geneigt – Italic übersetzt kursiv. Kursiv bedeutet rennend/laufend. Pauschal gibt es jedoch keine konkreten Aussagen, welche eine Schrift zur einen Oblique-Schnitt machen. Grundlegend ist jedoch der Unterschied das ein Italic-Schnitt neu gezeichnet wird. Einzelne Buchstaben (besonders die Kleinbuchstaben) erhalten somit einen völlig neuen Charakter: das a, f und g sind die Zeichen im Italic-Satz, die sich am stärksten ändern. Beim a wird meist aus einem offenen a ein geschlossenes, dass f bekommt beim Italic Schriftschnitt meist eine deutlich stärkere Unterlänge. Ein Oblique-Schnitt wird im Gegensatz meist nur »schräggestellt«. Dahinter steckt natürlich ebenfalls viel Arbeit – je nach Schriftart natürlich. Die Strichstärken und Formen müssen ebenso angepasst werden, um nicht ein computergeneriertes Oblique zu erhalten. Jedoch bleibt bei einem »typischen« ObliqueSchnitt das a, f oder g in der Grundform unverändert.

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Wann verwende ich welchen Schriftschnitt richtig?

Die drei Begriffe sind typographischer Termini aus dem Electronic Publishing für eine Schriftstilvariante einer Druck- oder Screenschrift (Font) innerhalb einer Schriftfamilie. Die Schriftklassifikationsmerkmale der Begriffe nehmen Bezug auf die Schriftbreite (Dickte) eines Alphabets. Im materiellen Schriftsatz (Bleisatz) als Schriftschnitt bezeichnet. COMPRESSED Compressed ist ein englischer Zusatz bei Fontnamen und bezeichnet einen kräftigen, sehr schmal-laufenden Schriftschnitt z.B. Helvetica Compressed. CONDENSED Condensed ist ebenfalls ein englischer Zusatz bei Fontnamen und ist die Bezeichnung für den schmalen Schriftschnitt, z.B. Helvetica

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Condensed. Weitere Synonyme für Condensed sind schmal, condensed, étroit, estrecha, stretto, smal, eng, strettissimo und trång. EXTENDED Extended kommt wie die beiden anderen Begriffe ebenfalls aus dem englischen Sprachgebrauch. Ein zweiter jedoch seltenerer Begriff ist Expanded. Im Deutschen wird Extended als breitlaufender Schriftschnitt bezeichnet. Weitere Übersetzungen sind breit, large, ancha, largo, bred und breitfett.

C


Compressed

Condensed

Extended Ty p o g r a f i e

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