Presse Politische Schönheit

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den Schlafgemachs (Bühnenbild von Ha-

fen, Karten gespielt, geliebt und vergewal-

weisen soll, in klitzekleine Fetzen zerris-

rald Thor), die ihm zum Verhängnis wird. wird. Mitten in diesem elenden Durch- sen, die dann Stück für Stück mit besesseFRANKFURTER ALLGEMEINEtigtZEITUNG, 1. JUNI 2010

che münden zu lassen. Das wäre keine schlechte Strategie, wenn all die bohren-

losem, vielleicht nur ein wenig zu blasJULIA SPINOLA sem Rodrigo.

Die Witwen von Srebrenica klagen an Ein Mahnmal soll an den Verrat und das Versagen der Vereinten Nationen beim Massaker vor fünfzehn Jahren erinnern ISTANBUL, Ende Mai Alle haben zugesehen, haben es passieren lassen. Dabei war die Gefahr bekannt, denn warnende Beispiele hat es schon damals genug gegeben. Dennoch hat niemand etwas unternommen. Jedenfalls keiner, in dessen Macht es gestanden hätte, den schrecklichen Lauf der Dinge zu ändern. Also wurde Srebrenica berühmt: Am 11. Juli 1995 marschierten die Soldaten des serbischen Generals Mladić in die von Beginn an nur so genannte Schutzzone der Vereinten Nationen im Osten Bosniens ein. Was folgte, war der größte Massenmord der jugoslawischen Zerfallskriege: Fast achttausend Männer und Jungen, die formal bosnische Muslime waren, obwohl viele Bosniaken mit dieser Katalogisierung bis heute wenig anfangen können, wurden umgebracht. Die Tat ist ein blutiges Denkmal, das der serbische Nationalismus sich selbst errichtet hat: Das Massaker von Srebrenica wurde mit serbischen Waffen von serbischen Soldaten unter serbischem Befehl begangen, doch es gab nichtserbische Helfershelfer, ohne die das Verbrechen nicht möglich gewesen wäre. Schändlich war die Rolle der Vereinten Nationen, und sie ist es bis heute, da sich die „Weltorganisation“ ihrer Mitverantwortung nie wirklich gestellt hat. Dass der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan zum zehnten Jahrestag des Massakers im Juli 2005 eingestand, die „Tragödie“ von Srebrenica werde „die Geschichte der Vereinten Nationen für immer verfolgen“, ist eine ebenso verharmlosende wie irreführende Formulierung, insinuiert sie doch, auch die Vereinten Nationen seien in Srebrenica Opfer geworden. Doch sie waren Mittäter. Der ehemalige polnische Dissident und spätere Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki wusste das und legte nach dem Fall Srebrenicas sein Mandat als UN-Menschenrechtsbeauftragter aus Protest nieder. Die Menschen in den UN-Schutzzonen, sagte er später, hätten sich verraten gefühlt, er sei in ihren Augen nur ein Vertreter der Organisation gewesen, die dem Gemetzel tatenlos zuschaute. Auch die Autoren eines 1999 veröffentlichten UN-Berichts waren nur zu dem Schluss bereit, die Vereinten Nationen hätten „durch die Unfähigkeit, den Umfang des Bösen zu erkennen“, ihren Beitrag zur Rettung der Bevölkerung von Srebrenica unterlassen. Bill Clintons ehemaliger Balkan-Unterhändler Richard Holbrooke hat das schmuckloser ausgedrückt: „Srebreni-

ca war das schwerste kollektive Versagen des Westens seit den dreißiger Jahren.“ Fünfzehn Jahre nach diesem Versagen soll den Vereinten Nationen nun ein Denkmal in Srebrenica errichtet werden. In New York wird man sich darüber allerdings nicht recht freuen, denn das Denkmal soll als „Säule der Schande“ an das Versagen der Organisation erinnern. Dass die Idee von deutschen Menschenrechtlern und der in Göttingen beheimateten „Gesellschaft für bedrohte Völker“ kommt, macht sie an sich noch nicht erwähnenswert. Dass das Mahnmal aber ein Wunsch der Organisationen ist, in denen sich die Witwen von Srebrenica zusammengeschlossen haben, dass es außerdem in der Öffentlichkeit in Sarajevo schon ausgiebig und zustimmend diskutiert wird, verleiht

dem Vorhaben Bedeutung. Denn die geplante Ausführung der Idee ist extrem plakativ provokativ: Von weitem sichtbar, sollen zwei mehr als acht Meter hohe Buchstaben, ein „U“ und ein „N“, über den Hügeln von Srebrenica thronen. „Gebrochen werden die Buchstaben von drei monumentalen Einschusslöchern, in denen Schuhe aus Massengräbern fest verankert sind. Die Säule der Schande wird eine Metapher für den gigantischen Verrat der Vereinten Nationen an Bosnien und eine Mahnung für alle zukünftigen Mitarbeiter der UN sein“, heißt es in der Projektbeschreibung. Über den genauen Aufstellungsort sowie die Namen westlicher Politiker und Generäle, die auf dem Monument zu lesen sein werden, sollen die Witwen von Srebrenica entscheiden.

Die Säulen der Schande: Das Mahnmal zum Versagen der UN soll 16 744 Schuhe aus den Gräbern aufnehmen. Sie stehen für die 8372 Opfer des Massakers. Foto Pillar of Shame

Zu revisionistisch Galerie in Schanghai geschlossen Wegen einer Ausstellung mit dem Titel „Re-visioning History“ haben die Schanghaier Kulturbehörden die Galerie „Oriental Vista“ geschlossen. Als offizieller Grund wurden fehlende Lizenzen für die Veröffentlichung eines Katalogs und für die an der Ausstellung teilnehmenden aus-

ländischen Künstler genannt. Doch da ähnliche Delikte sonst keine vergleichbare Konsequenz nach sich ziehen, ist es wahrscheinlich, dass der Inhalt der Ausstellung Anstoß erregte. Der Pekinger Künstler Zhang Dali zeigte eine Gegenüberstellung von Originalfotos aus der jüngsten chinesischen Geschichte und deren späteren Bearbeitungen, bei denen bestimmte Personen oder Slogans ausgetauscht wurden. Die Galerie forderte auch

„Die Vereinten Nationen haben uns verraten. Die UN-Schutzzone Srebrenica ist zum Friedhof unserer Kinder geworden“, sagt Hatidža Mehmedović, die im Jahr 1995 beide Söhne und ihren Ehemann verlor. Sie lebt heute wieder in Srebrenica, das seit Kriegsende mit Billigung des Westens Teil der „Republika Srpska“ ist, also zu jener Hälfte Bosniens gehört, die in den Jahren 1992 bis 1995 durch viele Srebrenicas zu einem von Serben dominierten Territorium wurde. Frau Mehmedović leitet dort den Verein der „Mütter von Srebrenica“, in dem sich überlebende Opfer zusammengeschlossen haben. Das Mahnmal, sagt sie, „wäre eine Mahnung an die Welt, dass in Srebrenica Menschen hätten gerettet werden können, hätte es einen Willen dafür gegeben“. Deshalb hoffe sie, dass „die Säule der Schande“ einen Sinneswandel bei den Vereinten Nationen bewirkt „und sie ihre Mitverantwortung eingestehen und Konsequenzen ziehen“. Natürlich wird es der komplizierten Lage vom Juli 1995 nicht gerecht, „die UN“ zum Gottseibeiuns von Srebrenica zu erklären, denn die Vereinten Nationen waren und sind nun einmal nie ein einziger Wille, sondern immer ein kompliziertes Geflecht aus einander überlappenden und sich zum Teil gegenseitig aufhebenden Willen ihrer Mitgliedstaaten gewesen. Darauf hat auch Tadeusz Mazowiecki im Jahr 1995 hingewiesen, als er sich beklagte, seine einzige Chance, die Menschenrechtsverletzungen dem UN-Sicherheitsrat direkt vorzutragen, sei von China und Zimbabwe abgeschmettert worden. Nicht besser als die beiden Diktaturen verhielt sich die britische Diplomatie, die ebenfalls eine Schandsäule bei Srebrenica verdient hätte. Der britische Historiker Brendan Simms (Cambridge) hat in seinem Buch „Unfinest hour – Britain and the destruction of Bosnia“ herausgearbeitet, wie London das Land zynisch und planvoll den Serben ans Messer liefer-

Künstler der Stadt auf, frühere Propagandaplakate wie „Die Zeit der Entscheidungsschlacht“ neu zu interpretieren. Diese Meta-Sicht auf die Fabrikation von Geschichtsbildern erschien den Zensoren offenbar um so schädlicher, als die Expo soeben ihrerseits eine Deutung der Zeit vornimmt. Die letzte Galerieschließung in Schanghai liegt zehn Jahre zurück; der Grund damals war Ai Weiweis „Fuck off“Ausstellung. Si.

te. Der amerikanische Publizist Taylor Branch beschreibt in seinem im Jahr 2009 erschienenen Buch „The Clinton Tapes“, das auf autorisierten Gesprächen mit dem amerikanischen Präsidenten während dessen Amtszeit beruht, die bosnische Tragödie aus Sicht Washingtons: Die meisten Politiker in Paris und London täuschten ihre Sorge um das Überleben der bosnischen Muslime nur vor, sagte Clinton und beschwerte sich über die „Heuchelei der Briten und der Franzosen, die ihre Soldaten an Ort und Stelle als Schutzschild benutzen, um die langsame Zerstückelung Bosniens zu überwachen“. Nach der Lektüre dieser Bücher könnte man geneigt sein, die UN vor der Blockadehaltung einiger ihrer Mitglieder in Schutz zu nehmen. Doch wird diese Neigung bei jedem schwinden, der das beste Buch gelesen hat, das bisher zu Srebrenica erschienen ist. In „Srebrenica: un génocide annoncé“ (Flammarion, Paris 2005), das leider immer noch nicht auf Deutsch vorliegt, spürt die Autorin Sylvie Matton akribisch den Dokumenten und Hauptdarstellern des Dramas nach. Das Ergebnis ihrer eleganten Fleißarbeit mündet in einen Bericht über die Vorgänge innerhalb der UN, der sich wie ein spannender Krimi lesen ließe, wenn nicht jeder Halbsatz und jedes Komma mit echtem Blut und wirklichem Tod in Verbindung stünde. Hasan Nuhanović, der als Übersetzer für die UN in Srebrenica arbeitete und deshalb überlebte, glaubt bis heute nicht, dass die Vereinten Nationen den Bericht über ihre Rolle in Srebrenica aus eigenem Wunsch anfertigten. Erst nach viel Lobbyarbeit sei der Druck so groß geworden, dass ein größtenteils zensierter Bericht erstellt wurde, sagt er. Nuhanović schreibt Jahr für Jahr einen Brief an den UN-Generalsekretär mit der Bitte, die Flaggen vor der UN-Zentrale in New York am 11. Juli auf halbmast zu setzen. Eine Antwort hat er nie erhalten. Auch er begrüßt ein Mahnmal für das Versagen der Vereinten Nationen in Srebrenica, doch müsste es nach seiner Ansicht noch weitere Elemente enthalten. Immer wieder kehrt er in seinen Gedanken auf das Lagergelände des niederländischen Blauhelmkontingents zurück, auf das sich viele Muslime in der vergeblichen Hoffnung geflüchtet hatten, die westlichen Soldaten würden sie beschützen. Über dem höchsten Gebäude des Lagergeländes sollten die Flaggen der Vereinten Nationen und der Niederlande im Wind flattern, sagt Nuhanović. So wie damals. MICHAEL MARTENS

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Der Künstler Philipp Ruch hat ein Mahnmal entworfen, das an das Massaker von Srebrenica erinnert.

Schuhe für Srebrenica Ein Berliner Künstler erinnert an das Massaker 2010 jährt sich das Massaker von Srebrenica zum 15. Mal. Tausende Muslime wurden im Juli 1995 von serbischen Tschetniks innerhalb weniger Stunden ermordet. Und das, obwohl die UN versprochen hatte, sie zu schützen. Nun will eine Gruppe Berliner Künstler an das große Versagen der Weltgemeinschaft erinnern. "Die Vereinten Nationen dürfen nie wieder einen Genozid wie bei uns in Srebrenica zulassen. Nirgendwo auf der Welt." (Hajra Catic vom Verein "Frauen von Srebrenica") "Von meinem älteren Sohn werde ich nur die Hälfte des Körpers beerdigen können, Kopf und Brustkorb fehlen. So habe ich ihn nicht geboren. (Hatidza Mehmedovic, Verein "Mütter von Srebrenica") "Ich klammerte mich an meinen Sohn. Doch er und mein Mann wurden fortgerissen." (Emina Cemo, verlor Mann und Sohn) "Wir verstehen dieses Mahnmal als eine Art Warnung an die UN. So ist es auch gemeint. An alle zukünftigen Mitarbeiter der Uno, sich dieser gravierenden Sache der Genozide besser anzunehmen." (Philipp Ruch, Künstler) Auf dem Dachboden des bosnischen Kulturzentrums in Berlin arbeitet der Künstler Philipp Ruch an einem kleinen Modell seines Denkmals. Das UN-Logo, gefüllt mit Schuhen, soll später acht Meter hoch und 16 Meter breit werden. Krankenhäuser, Schulen, Prominente - ganz Bosnien zieht derzeit seine Schuhe aus. 16.744 Exemplare braucht der Künstler - so viel Schuhpaare wie damals Menschen ermordet wurden.

Das Mahnmal soll weh tun "Das ist im Konzept angelegt, dass man dieses Bauwerk fotografiert und dass die Fotos weh tun sollen", erklärt Philipp Ruch. "Wo immer die Säule steht, man wird sie immer fotografieren können. Es wird Pressefotos geben, und wenn wieder ein Journalist einen kritischen Bericht über eine Uno-Mission macht, dann wird es natürlich gedruckt." Als die Emina Cemo hat die Schuhe ihres UN in Srebrenica ihre Fahnen hisst ermordeten Sohnes mitgebracht. und eine Schutz-Zone errichtet, denken die Menschen, nun seien sie gerettet. Jahrelang waren sie von den Serben eingekesselt, von der Außenwelt abgeschnitten. Auch Hatidza Mehmedovic und Emina Cemo vertrauten den Vereinten Nationen. 15 Jahre später bringen sie ihre Schuhe, um daran zu erinnern, dass ihre Familien ausgelöscht wurden. "Das sind die Schuhe meines ermordeten Sohnes", sagt Emina Cemo. "Ich habe sie immer bei mir gehabt. Auf meiner Flucht nach Sarajevo, sogar nach Wien habe ich sie mitgenommen. Immer trug ich sie bei mir, ich weiß auch nicht warum. Aber als ich von dieser Aktion hörte, wusste ich sofort, sie müssen in das Mahnmal." Als die Serben Srebrenica stürmen, flüchten Tausende zur UN-Basis. Doch statt zu schützen, liefern die Blauhelmsoldaten die Bosniaken wenig später an die Serben aus. Bereits vor der Basis kommt es zu ersten Erschießungen. Männer und selbst kleine Jungen werden selektiert, von den Frauen getrennt. Die UN schaut tatenlos zu. "Ich habe hunderte von Männern gesehen, alles Flüchtlinge aus Srebrenica, die Serben nahmen ihnen alles ab, warfen es zur Seite", erinnert sich Emina Cemo. "Die Männer und Jungen standen in Unterhosen da. Sie hatten ihnen die Rucksäcke weggenommen. Überall waren Haufen voller Taschen und Mäntel, riesige Haufen waren das." Weil es drückend heiß war, hatte Sohn Remzija seine Schuhe ausgezogen. Da führten ihn Soldaten ab. Seine Mutter sah ihn nie wieder. Jahre später wurde ihr Sohn in einem Massengrab gefunden. Nun legt Emina Cemo die Erinnerungsstücke zu Dutzenden anderer Schuhe.

Geschichte zum Anfassen

Philipp Ruch: "Eine Art Warnung an die UN"

Zur selben Zeit in Berlin arbeitet Philipp Ruch rund um die Uhr am Mahnmalprojekt. Gerade hat er ein neues Poster drucken lassen. Eine befreundete Animationsfirma produziert für das Projekt Werbeclips. Denn das Mahnmal wird viel Geld kosten. Mit rund 300.000 Euro rechnet Ruch. Durch Spenden muss er sie einsammeln. "Die Mütter von

Srebrenica überlegen, das Mahnmal auf den Friedhof zu stellen", sagt Philipp Ruch. "Und wenn ich als 16-jähriger, 17-jähriger Schüler da stehe und das sehe, dann will ich das auf jeden Fall anfassen und auch die Geschichte dazu hören.“ Hajra Catic ist eine dieser Mütter. In einem kleinen Gedenkzentrum in Tuzla erinnern Fotos an die Ermordeten. Täglich werden auch bei ihr Schuhe abgegeben. Auch Sohn Nino hoffte einst auf die UN. "Mein Sohn Nino war Journalist. Als Funkamateur berichtete er täglich aus Srebrenica. Das war die einzige Verbindung in die Außenwelt. Hier ist sein letzter Bericht. Danach habe ich ihn nie wieder gehört." "Srebrenica verwandelt sich in ein Schlachthaus. Verwundete und Tote werden unaufhörlich in das völlig überfüllte Krankenhaus gebracht. Es ist unmöglich, die Situation zu beschreiben. In Sekunden-Abständen werden wir beschossen. Gibt es da draußen in der Welt denn niemanden, der kommen kann, der diese Tragödie sieht?!“ (Nino Catic, Amateurfunker in Srebrenica)

Grausames Puzzle Das Ergebnis der gescheiterten UN-Mission von Srebrenica ist fürchterlich. Mehr als 4000 bisher nicht identifizierte Opfer liegen in einem Kühlhaus in Tuzla. In jedem Sack, jeder Tüte befindet sich ein Mensch - oft nur wenige Knochen. In einem grausamen Puzzle wird zusammengesetzt, was übrig blieb von den Menschen, denen die Eine Mutter sieht Bilder der Getöteten. Blauhelme Schutz versprachen. Auch Schuhe sind dabei. Einige von ihnen sollen später ins Mahnmal. "Dies ist ein italienischer Schuh", sagt Rifat Kesetovic, ein forensischer Pathologe. "Hunderte kamen davon mit einem Hilfskonvoi nach Srebrenica. Immer wieder finden wir sie in den Massengräbern. Viele Opfer trugen deshalb ein und dieselben Schuhe als sie ermordet wurden, so dass sie heute bei der Identifizierung leider nicht weiter helfen können.“ Die Welt schickte Schuhe statt die Menschen zu retten. Der einstige UN-Stützpunkt von Potocari. Hier hätten die Flüchtlinge überleben können. Aber der Weltsicherheitsrat verweigerte zusätzliche Truppen, den Blauhelmen vor Ort fehlte die Courage. Und so wurden in nur wenigen Tagen 8372 Menschen ermordet. Die Mütter von Srebrenica wissen genau, wo das Mahnmal stehen soll. "Hier wäre es am besten", sagt Hatidza Mehmedovic. "Dass es jeder sieht. Da hinter diesem Baum über den Gräbern." Am 11. Juli 2010 werden mehr als 700 weitere Opfer beigesetzt. Philipp Ruch plant am selben Tag die Schuhe ein erstes Mal in Berlin zu zeigen, vor dem Brandenburger Tor. Die Bosnier, so sagt er, haben ihre Schuhe gegeben. Nun müssen wir das Geld besorgen, damit das Mahnmal der Schande in Srebrenica Wirklichkeit wird.


Srebrenica massacre memorial to point finger at UN By AIDA CERKEZ-ROBINSON (AP) – Jul 11, 2010 SARAJEVO, Bosnia-Herzegovina — Phillip Ruch's monument to Srebrenica is a huge jumble of worn shoes, more than 16,000 of them, each pair representing a victim of Europe's worst massacre since World War II. Seen from afar it will spell out U.N. in gigantic letters. The "Pillar of Shame" is to be raised in the hills above Srebrenica with a controversial goal: singling out the United Nations and international leaders as the ones most responsible for failing to prevent the mass killings. Ahead of the 15th anniversary Sunday of the massacre, Ruch said he is looking forward to the debate the monument is almost certain to generate when it goes up at some point next year. The German activist describes his project as a "warning for all future U.N. employees never again just to stand by when genocide unfolds" — alluding to the failure of U.N. peacekeepers to protect the Srebrenica victims during the Bosnian war. On July 11, 1995, more than 8,000 Bosnian Muslim men and youths were slaughtered by Bosnian Serb troops in an enclave supposedly protected by U.N. peacekeepers. The United Nations had declared Serb-besieged Srebrenica, some 90 kilometers (60 miles) northeast of Sarajevo, a protected area for civilians. But the few hundred Dutch Blue Helmets on the ground were left short of credible weaponry or a clear mandate to protect the town. Srebrenica fell to the Serbs after senior U.N. commanders dithered on Dutch requests for air strikes and its overwhelmingly Bosnian Muslim residents swarmed the U.N. military base, seeking refuge. But the peacekeepers allowed the Serbs to take away the townspeople when Gen. Ratko Mladic, their leader, said they would not be harmed. The shootings began shortly after. While Bosnian Serb leader Radovan Karadzic is now being tried by the U.N. tribunal at the Hague for allegedly masterminding Srebrenica, Mladic remains at large. And the bodies, bulldozed into mass graves, keep turning up by the hundreds each year. U.N. spokesman Ari Gaitanis said the body had nothing specific to say about the project, but U.N. Secretary General Ban Ki-moon would be expressing sorrow for what happened at a commemoration on Monday. "In his remarks for the event, he's expected to pay tribute to the victims and commit to never forget and to never let it happen again, as well as note that for respect and trust to re-emerge after conflict, perpetrators need to be brought to justice and truth needs to be told," Gaitanis said. "Pillar of Shame" creator Ruch says worn shoes have been pouring into Bosnian collection centers since he launched his appeal for footwear six weeks ago. They will be encased in wire mesh, in 8-meter (nearly 9-yard) tall letters spelling out U.N and placed on a hill overlooking the graves of the Srebrenica victims. Also displayed — in a way still to be determined — will be names picked by Bosnian Muslims of U.N. and other international officials considered responsible for botching the task of protecting Srebrenica. Bosnian Muslim Zlata Konakovic is so fired up by the project she donated seven pairs of shoes, including ones mailed from Washington from her son and grandson. "I knew over 8,000 people were killed but only when you see this mountain of shoes do you get the picture of how many that is," she said. On Sunday, as the Srebrenica commemorations start, Ruch plans to dump 8,372 collected pairs in front of Berlin's Brandenburg Gate. In Srebrenica, the presidents of both Serbia and Croatia will for the first time pay respects to victims alongside Bosnian Muslims. Ethnic distrust continues to plague postwar Bosnia, but the leaders' joint presence at the Srebrenica ceremonies is meant to be a powerful sign of reconciliation 18 years after the eruption of Europe's fiercest post-World War conflict. The U.N. will not be represented. But the failure of U.N. peacekeepers to protect the Srebrenica victims is vividly etched in the collective Bosnian Muslim memory. "They watched genocide — live," said Srebrenica survivor Munira Subasic, who lost 22 relatives. Then-U.N. Secretary-General Kofi Annan said in a 1999 report that the United Nations failed at Srebrenica because of errors, misjudgment and "an inability to recognize the scope of the evil confronting us." He said the U.N. treated Serbs and Muslims equally when they should have made a "moral judgment" that ethnic cleansing — practiced mostly by the Serbs — was evil. An independent study by the Netherlands Institute for War Documentation cleared the Dutch troops of blame, noting they were outnumbered, lightly armed, undersupplied, and under instructions to fire only in self-defense. However, the Dutch government has accepted "political responsibility" for the mission's failure, and has given tens of millions of dollars to Bosnia, with a third earmarked for rebuilding Srebrenica. But for most Bosnian Muslims, that is not enough. "We are taking the United Nations to the Court of Human Rights," said Subasic, who heads the victims' association Mothers of Srebrenica. "We will never give up." Associated Press writers George Jahn in Vienna and Edith M. Lederer at the United Nations contributed to this report. Copyright © 2010 The Associated Press. All rights reserved.

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In this Wednesday, June 30, 2010 photo, a Bosnian activist displays shoes collected to make 'The Pillar of Shame', German activist's Phillip Ruch's monument to Srebrenica, in Sarajevo. A huge jumble of worn shoes, more than 16,000 of them, each pair representing a victim of Europe's worst massacre since World War II, will spell out "U.N." in gigantic letters. The "Pillar of Shame" is to be raised in the hills above the Bosnian town of Srebrenica with a controversial goal: singling out the United Nations and international leaders as the ones most responsible for failing to prevent the mass killings. (AP Photo/Amel Emric)




Ausstellungskataloge


Zentrum für politische Schönheit

politischer Expressionismus Die wohl außergewöhnlichste ’fotografische Position’ auf dem diesjährigen BERLINER KUNSTSALON präsentiert das ’Zentrum für Politische Schönheit’, - eine dreiköpfige Gruppe bestehend aus Tania Mourinho, Philipp Ruch und Firas Sabbagh, die sich wahlweise als ’Thinktank für politische Aktionskunst’ oder als ’politische Expressionisten’ beschreibt. Außergewöhnlich ist die Position der politischen und/ oder politisierten Gruppe im fotografischen Bereich deshalb, weil ihre Protagonisten selber nicht fotografieren, sondern Dritte dazu verleiten zur Kamera zu greifen: Sie kreieren durch ihre Aktionen derart wirkungsvoll gesetzte Bilder, dass diese von der Presse dankbar aufgegriffen werden und dann als Fotos in Zeitungen und Magazinen ihren Weg in die weite Welt hinaus nehmen. So kam es u.a. zur Veröffentlichung der von ihnen inszenierten Bilder in Medien wie Stern, Spiegel-Online, die Zeit, Tagesspiegel, der ARD-Mediathek, dem Tages Anzeiger und der Süddeutschen Zeitung, der Neuen Rheinischen Zeitung, der Basler Zeitung, dem ZDF und natürlich – das darf nicht fehlen: der Tagesschau. Genozide zählen zu den künstlerischen Schlüsselthemen der politischen Expressionisten, die nach eigenen Angaben versuchen, den “Anbruch des genozidalsten Jahrhunderts der Weltgeschichte“ vom 21. Jahrhundert abzuwenden.

56 extra:f 03/09 - Magazin für fotografische Angelegenheiten


Seerosen für Afrika / Water Lilies for Africa Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) / Center for Political Beauty

Das Seerosenprojekt widmet sich dem stillen Sterben der Flüchtlinge im Mittelmeer. Auf Initiative des Zentrums für Politische Schönheit soll die Bundesrepublik 1.000 schwimmende, fest verankerte Rettungsinseln im Mittelmeer errichten. Denn an Europas Außengrenzen sterben seit 1995 mehr Menschen als zur Zeit des Kalten Krieges am Eisernen Vorhang. Die Rettungsinseln (4 x 4 m) sind ausgerüstet mit Windschutz, Sicherheitsgeländer, Fahne (Masthöhe 10 m), Dachgerippe für Sonnensegel, Lebensmittel, Solar-Positionslichter und zwei Einstiegsleitern. Durch Ballons und Nachtbeleuchtung sind die Plattformen auch bei rauer See weithin sichtbar. In 16 Wochen können die 1.000 Plattformen ab Werk produziert werden. Kostenpunkt: 5.6 Millionen Euro. Im Sommer 2010 wird der erste Prototyp zu Wasser gelassen und verankert. Das Mittelmeer hat eine Fläche von 2,5 Millionen Quadratkilometern. Rechnerisch befände sich also jeweils eine Insel auf einer Fläche von 2500 Quadratkilometern, was einem Abstand zwischen den Inseln von 50 Kilometern entspricht. Da aber nicht alle Wege abgedeckt werden müssen (insbesondere aus Lybien dringen keine Boote mehr durch), geht es vor allem um die Seestrecken von Tunesien nach Lampedusa (150 km) und von Marokko zu den Kanarischen Inseln (120 km). Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) ist ein Thinktank, der Aktionskunst, Politik und Menschenrechte miteinander verbindet und eine große digitale wie mediale Öffentlichkeit für den Schutz von Menschenleben zu gewinnen versucht. Die Mittel sind genreüberschreitend: Theaterstücke, Initiativen, Ausstellungen, Installationen, Filme, Gedenktage. Bei öffentlichen Auftritten erkennt man die Mitglieder an Kohle- und Rußspuren im Gesicht. www.politicalbeauty.de

The Water Lilies project is dedicated to addressing the silent deaths of refugees in the Mediterranean. On the initiative of the Center for Political Beauty, Germany is called on to build 1,000 floating, anchored life rafts in the Mediterranean. Since 1995 more people have died at the edge of Europe’s outer borders than at the Iron Curtain during the Cold War. The life rafts (4 x 4 m) are equipped with windbreaks, safety railings, flags (mast height: 10m), a roof frame for awnings, food, solar navigation lights and two access ladders. Thanks to balloons and night lighting, the platforms are also visible from a great distance when the sea is rough. The 1,000 platforms can be produced within 16 weeks ex works. The project will cost 5.6 million euros. The first prototype will be put in the water and anchored in the summer of 2010. The Mediterranean covers an area of 2.5 million square kilometers. Therefore, there would be a calculated one life raft for every 2,500 square kilometers, which means a distance of 50 kilometers between each life raft. However, since all routes do not need to be covered (especially in the case of Libya, no boats are getting through anymore), the most important sea routes are from Tunisia to Lampedusa (150km) and from Morocco to the Canary Islands (120km). The Center for Political Beauty (ZPS) is a think tank which links interventional art, politics, and human rights and attempts to gain the attention of digital media in order to protect human lives. The mediums they use cross genres: theater pieces, initiatives, expositions, installations, films, and commemoration days. The members can be recognized by the coal and soot marks on their faces when they perform publicly. www.politicalbeauty.de

Friedensschauplätze / Theater of Peace

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Frieden und Sichtbarkeit in der asymmetrischen Welt / Peace and Visibility in an Asymmetrical World


Seerosen f端r Afrika / Water Lilies for Africa, Plot, 2010 Rettungsinseln / Life rafts, 4 x 4 m, Entwurfskizze / draft: Duwe & Partner, 2009

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f u a n e t i e s b n r e a s s s g e n g u r e g r V s Be e d s s u l F dem

che r Politis ü F m u s Zentr ter t sich da ber zugesicher e d n e w ener, a mben’ nder t? se ethe-Bo pfer n unterlass ht verhi L ic ‚ n it belanglo e h r M a p „ O b o : r n n t 0 i i s e 0 z Kata en sch r m aga haupt von 8.0 urde die da werd klär t und über r, Kult u gessen w r : e f e s i m u V a a u r s K s a a l, n r d e e Roland dem Zie n Frage: W ung des Wiss aketen ) gegen it S e R P d ’ m n Z s D ( e r le A it n h l e de alles bo e massive Beto sweise von ‚SE usgebreitet. A Schönh baut in ie S D P . Z g a s n n n a ei st u un ktio ätte. D n k riege Hilfelei sten Blick f ällt llt, die F nde der Balka inder t h . e h t r s r e e e v g s n h iehen tergr ü Auf de der alle ufe nac re n z u z hen Hin oment, he Ablä h c c e s m s i l zu i L e it r l s s ä s o u it ü p a l mi dar Töt ung wie Schl r m e n n r e u e h h , d i c a , s s n i e am iker au or re Polit g sein, t zu find kten ein Panor die hist e n n s u e n r e m U o : ig en M These en Fa Ver we den ein e s se n legende en mit d rfte die d it ü n e d u b s r r a an verg g id s z e m g o n n s i n a u e e d g t r G , z ffenen s s n Be n Betro es nicht fer eine nter glä e i t p d h b i O r a g e t D ie , n . d ß S e n. ei tu ohn f ür uft war r des ZP n noch nicht w t. Selbs H L e e e r n it t er e r e ß e d L t ö r n , n i I uch nier t, d its ma im e e R e r z g „ De r g g e s p lo n b n p i i a B l e l r i o g “ hrille , so Ph inem lugzeu „Aber s n kenwerkstatt ler nen“ ATO-F er Polit-T or tlichen, in e d gessen. N a r s d 0 e l e a 4 V G s d s „ s n a d einem ten, d a r z e rh a Verantw geißeln uch in s die nicht w uss uchs ku eiden sich die R R o s ie , g “ e e könnt entsch geben, u s de n e r de r R Abend ehren a inige ge nica“ wird unt e L m s e r chen i e n w e je b ha br e s se n . An 0 Mens e r ü r 0 a m S .0 w „ „ 8 , h e : k c r s ff r u se te d a 995 au Die Chi David M ebrenica bedeu 0. Juli 1 o 1 s , m l“ u l i z . r n Für S de r n w sie bis u ende e verhin enheit ziehen.“ rden können. G e n re z id z n e o r n e e d e g G n an r Verga e r et t et w Westen e g r d l e e d s t U n it n A „We per-G scher M ären Su militäri humanit h den Einsatz u rc hätten d


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ZENTRUM FÜR POLITISCHE SCHÖNHEIT

# SF

Philipp Ruch c/o Büro Zentrum für Politische Schönheit Dunckerstr. 59 B 10435 Berlin M +49 - (0)176 - 200 45 009 philipp@politicalbeauty.de www.politicalbeauty.de Tania Mourinho Philipp Ruch Firas Sabbagh

Das Zentrum für Politische Schönheit ist ein Thinktank für politische Aktionskunst, der zuletzt NATO-JDAM-Bomben aus dem „Fluss des Vergessens“ barg. Bomben, die im Jahre 1995 nicht zur Verteidigung der UN-“Schutzzone“ Srebrenica eingesetzt wurden. Genozide zählen zu den künstlerischen Schlüsselthemen der politischen Expressionisten, die nach eigenen Angaben versuchen, den „Anbruch des genozidalsten Jahrhunderts der Weltgeschichte“ vom 21. Jahrhundert abzuwenden.

The Center for Political Beauty is a think tank for political performance art, trying to prevent „the worst genocides in world history“ - genocides to come. Performances focused lately on forgotton events leading to the Srebrenica genocide. In „Rescue operations on Lethe“, the CPB presented NATO bombs in order to recollect the consequences of Western lethargy of acting“. The Center for Political Beauty takes action against the „End of history“.

1 1 Zentrum für Politische Schönheit, Bergungsarbeiten auf Lethe, Bundestag 2009 2 Bundeskanzlerin Merkel wird bei eBay versteigert, um „Seerosen für Afrika“ zu finanzieren




Schoenberner, Gerhard: Denkmalsdebatten. Ein R체ckblick auf 2010, in: Gedenkst채ttenrundbrief 158 (12/2010), Stiftung Topographie des Terrors


UPDATED ON: SUNDAY, JULY 11, 2010 17:16 MECCA TIME, 14:16 GMT

FOCUS: INTERVIEW

Srebrenica's lessons for the UN

On July 11, 1995, more than 8,000 Muslim men and boys were killed by Bosnian Serb troops [EPA]

German activist Philipp Ruch's monument to Srebrenica is a huge jumble of worn shoes - 16,744 of them in memory of the 8,372 victims of the massacre that took place 15 years ago when Bosnian Serb troops advanced on a Muslim enclave that was supposedly protected by UN peacekeepers. The 'Pillar of Shame' creator says worn shoes have been pouring into Bosnian collection centres since he launched his appeal for footwear six weeks ago. They will be encased in wire mesh in eight metre tall letters spelling out UN and placed on a hill overlooking the graves of the Srebrenica victims. Here Ruch talks about his project. You have been engaged in issues connected with Bosnia for quite some time now. How did you become interested in the country? My best friend escaped from a besieged Sarajevo when he was 13 years old. It was only during my studies that I got to understand what happened in Bosnia. The entire panorama of emotions poured down on Bosnia in the 1990s, from the horrific betrayal through cosmic abandonment, to episodes of radical humanity. Why did it take Europe so long to acknowledge the genocide? I am unsure that they did. Germany is so obsessed with itself that only a few events from the outside enter the medial sphere. One ought to be constrained to acknowledge what Europe has done in Bosnia - done, not failed [to do]. Part of this constraint will be the Pillar of Shame. What went through your mind when seeing pictures from Srebrenica for the first time or when speaking with the mothers of Srebrenica? The mothers of Srebrenica carry the burden of what had IN DEPTH been done to them with unique dignity. They are incredibly impressive, above all in their courage. First were the images of United Nations soldiers standing by - nonconforming civil courage in cinemascope. As if someone had shown Schindler's List to them and was curious to see how soldiers would react to a bad remake. We discovered footage for a documentary focusing on the United Nations crisis headquarters, where a soldier in Potocari yells "you have to keep the people calm!" over and over again. This is known - mass executions, mortal fear of tens of thousands of people.

Bosnia march for Srebrenica victims

Never forget Srebrenica Serbia offers Srebrenica apology Background: Srebrenica genocide Witness: Safe Haven

Talk to Jazeera: Boris Tadic

But what is most important is that no one cut off the way toward the slaughtering block. Auschwitz was built as we know it, with showers, due to this need. But pictures disclose mistakes. For example the Scorpion video alone can hardly catch what happened in Srebrenica: unleashed dogs, the human hunt, systematic extermination, deadly marching through forests laid with mines, rapes, universal fear, and the betrayal of the international community all over it. Why a Pillar of Shame fifteen years later? Six-thousand survivors are suing the United Nations. But the headquarters in New York are not even considering appearing in court. This is a terrible mistake.


If it is impossible to bring the United Nations to a court, then we have to find an unconventional and maybe more effective way. The United Nations' arrogance toward the survivors is beyond comprehension. The Pillar of Shame signifies a response to this arrogance. No one should be able to say: "What the United Nations do is not our business." It is our business. We are all representing the United Nations. We are standing by the survivors. They should not live with the feeling that no one in the West cares about how the United Nations treats them. This is one of the reasons why the bottom part of the Pillar bears the words "Decency made me". We would like to put the West into possession of a knowledge that [the] Bosnian population has [had for] more than a decade: the United Nations ruined their reputation, ambition and glory. The high esteem and great belief that the Germans ascribe to the United Nations is still striking. What does Srebrenica mean to you? I come from the generation of the "too-latecomers," as Nietzsche once formulated my problem. Srebrenica was the collapse of our humanistic ambitions. Following Srebrenica, it is no longer feasible to claim that we as a civilisation want to prevent genocide. The fact that Srebrenica entered the modern condition without any opposition [from] the world is incomprehensible for me personally.

The shoes represent the victims of the Srebrenica massacre [EPA]

In 1995, Srebrenica was for weeks transforming into a genocidal death zone with no escape out. And all this after the United Nations promised military protection, and after the disarmament of the people. The people of Bosnia believed our promises. We broke our promises. It is difficult to dismiss the lightness with which our politicians committed betrayal in Bosnia. Do you think we have failed to learn from history? Our constant remembering of the Holocaust, during which the events in Bosnia, Rwanda, Darfur and Congo were enacted shows what lesson we drew from the Holocaust: never again the Jews. All other peoples are negotiable. There is no time to witness another genocide, especially because genocides have been committed too many times since 1995. In 1999, Kofi Annan wrote: "Srebrenica is the biggest shame in the history of the United Nations". Isn't that enough? If I was secretary general of the UN, and if the mothers of Srebrenica made the big effort to bring my organisation to court, appearing in [the] courtroom and hearing the charges would be part of [my] policy. Looking at Srebrenica, it becomes ... clear that the UN as an international actor stands above the law. It is legally untouchable. Its representatives can do whatever they want. It is the perfect cloak. In all respects, Annan knew what he was talking about. In 1995, he was head of the DPKO, the "ministry of defence" of the UN. He was in charge already in 1994, when a not irrelevant genocide was carried out in Rwanda. The Blue Helmets, who are helplessly standing around on television, they were Annan's soldiers. Ascertaining shame does not suffice. It must be imparted further. Questions by Mirella Sidro.

Source: Al Jazeera and agencies




09.02.2010 INSELPROJEKT IM MITTELMEER

Seerosen für Afrika Eine Künstlergruppe und ein Ingenieur-Büro haben Rettungsinseln für Flüchtlinge entwickelt. Sie sollen im Mittelmeer installiert werden, um gekenterte Boatpeople zu retten. VON ARIANE LEMME

Diese Flüchtlinge hatten Glück. Sie wurden gerettet. Doch viele von ihnen sterben im Meer, wenn ihr Boot kentert. Foto: dpa

BERLIN taz | Zypern, Elba, Korsika… Eigentlich mangelt es nicht an Inseln im Mittelmeer. Bald könnten aber dennoch ein paar dazukommen. Tausend, genauer gesagt. Zumindest dann, wenn das Projekt 'Seerosen für Afrika’ gelingt. Eine Insel ist für viele etwas Fernes, ein Sehnsuchtsort, sie verheißt Rast und Erholung und ist somit immer auch ein Stück Utopie. Was das "Zentrum für Politische Schönheit" plant, klingt auch utopisch, und findet weit draußen an den Rändern Europas statt. Die Ausgangslage: Mehr als 100.000 Menschen versuchen jährlich, Afrika in Richtung Europa zu verlassen. Allein im Jahr 2008 sind 36.000 von ihnen im Mittelmeer ertrunken. Sie alle waren auf der Flucht vor Armut, Krieg und Verfolgung in ihren Heimatländern. Europa war ihre Utopie eines besseren Lebens. Das "Zentrum für Politische Schönheit", eine Gruppe von Aktionskünstlern, will deshalb 1.000 Rettungsinseln produzieren lassen, die schiffbrüchige Boatpeople vor dem Ertrinken retten könnten. 4x4 Meter groß wird jede der Inseln sein und ausgestattet mit einem Dachgerippe für Sonnensegel, Lebensmitteln, Sicherheitsgeländer und je zwei Einstiegsleitern. Bis zu 20 Menschen könnten auf einer dieser Rettungsplattformen Platz finden. Weil ein durchschnittlich trainierter Mensch bei schlechten Seebedingungen nicht weiter als 20 Km schwimmen kann, darf der Abstand zwischen den einzelnen Inseln nicht zu groß sein. Als Einsatzort kommen vor allem allem die Gebiete zwischen Tunesien und Lampedusa und zwischen Marokko und den Kanarischen Inseln in Frage. Das Ingenieurbüro DUWE produziert derzeit einen Prototyp, der am 1. August 2010 vor dem Kanzleramt in der Spree getestet werden soll. Der Preis der Utopie? 1.000 Inseln würden 5,6 Millionen Euro kosten, Philipp Ruch, Chefunterhändler des "Zentrums für Politische Schönheit" nennt diese Summe im Interview mit dem Stern "eine beschämende Zahl für die deutsche Außen- und Europapolitik." Unklar ist bislang allerdings, ob Europa bereit ist, die geretteten Flüchtlinge dann auch aufzunehmen. Dieser Text ist mir was wert:

[ ? ] [ taz-Kto ]


Poli t is che K u ns t

Wie geht politische Schönheit? Das Zentrum für Politische Schönheit, das wohl spannendste Projekt deutscher Künstler seit der Gruppe 47, wagt einen „Versuch eines poetischen Humanismus“. Auf der Suche nach einem neuen, moralischen Menschenbild bedient es sich vor allem der Aktionskunst, um die Menschen mit seiner Botschaft zu erreichen. Nur, wie lautet die? Text von David Schmidt

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Menschenrechtsbewegung | Feuilleton

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önnen Sie sich Jungminister Rösler vorstellen, wie er aus einem Bergschacht kriecht? Überall hätte er Ruß auf der Haut, im Gesicht, an den Händen, aber auch an den Kleidern, dem Jackett und dem weißen Hemd. Er käme aus dem Schacht gekrochen, richtete sich auf und brächte, mit nur zwei eingeübten Bewegungen, den Anzug flugs wieder in Form. Haben Sie das Bild? Dann denken Sie sich die gelbe Kravatte weg und den Liberalen irgendwo anders hin. Vor Ihnen steht Philipp Ruch, der Gründer des Zentrums für Politische Schönheit (ZPS). Das Zentrum ist das wohl spannendste Projekt von Künstlern in Deutschland seit der Gruppe 47; Ruch, Jahrgang `81, einer der vielversprechendsten jungen deutschen Intellektuellen. ZEIT Campus wählte ihn jüngst unter die 100 Studenten, von denen wir noch hören werden, Dutzende Nachrichtenblätter nehmen auf ihn und die Gruppe Bezug, sogar von Alexander Kluge hat Ruch bereits Lob für seinen Film Über das Verschwinden erhalten. Die ersten Begegnungen mit Aktionen des Zentrums für Politische Schönheit irritieren ein wenig: Wollen sie unterhalten, amüsieren, sind sie gar ernst gemeint? Aber wie? Vor dem Reichstag findet eine Inszenierung mit Schauspielern statt, die in Megaphone sprechen. Es geht um die letzten Stunden vor dem Massaker in Srebrenica 1995, und wir betrachten eine Sitzung der UN, die im Angesicht des Holocausts nichts unternehmen wollen: 8.000 Kinder, Männer und Frauen werden getötet. Ein anderes Mal werden Bombenhüllen vor dem Reichstag platziert. Als Angela Merkel symbolisch ihre Stimme zur vergangenen Bundestagswahl in die Urne wirft, steht neben ihr eine Figur ganz in schwarzem Tuch verhüllt, steht einfach nur da, folgt dann der Kanzlerin und den Kamerateams langsam in den nächsten Raum, gespenstisch. Und im Internet finden sich diverse Videos, auf denen eine bildschöne Frau Menschen auf der Straße befragt: „Was ist das Größte, was du im Leben erreichen willst?“ In ihr Gesicht ist schwarzer Kohlestaub geschmiert, das Erkennungszeichen des ZPS. Als auch die X-te Person die Frage damit beantwortet, sie wolle Kinder haben, Glück und Wohlstand, überreicht die politische Schöne ihr einen Umschlag, darin liegen zwei Stücke Kohle. Die Aktionen des ZPS sowie deren professioneller Auftritt im Internet und in den Medien zeugen sowohl von einer hohen poetischen Qualität als auch von gut beherrschtem Handwerk; vor allem die Videoproduktionen glänzen, deren Schmied anscheinend Bill van Bergen heißt. Die Aktionen, die Schriften, ja selbst die Portraitfotografien der Mitglieder des ZPS sind penibel durchdacht und aufwendig inszeniert. Die Gestalt im schwarzen Tuch: Das Gespenst der politischen Melancholie. Die Kohle, der Ruß, den die Artisten im Gesicht haben: Symbole für verbrannte Hoffnungen. Die Bomben vor dem Reichstag erinnern an das UN-Versäumnis, das Massaker von Srebrenica zu verhindern. Was wir sehen ist fraglos Kunst, aber nicht Kunst um der Kunst willen. Die beschriebenen Darbietungen teilen Inhalte mit, die über den Selbstzweck weit

hinausgehen, und als wir uns mit Philipp Ruch in Berlin treffen, dem Chefunterhändler des ZPS, sprechen wir nicht über Kunst, wir sprechen über Politik. Die anfängliche Irritation weicht der Einsicht, woher sie rührt: aus jenem Kunstverständnis nämlich, welches dominant im 20. und den Anfängen des 21. Jahrhunderts war. Ruch hält es eher mit Schiller denn mit Yves Klein: Die Kunst soll in ihrer Autonomie nicht bloß sich selbst bedienen, sondern die Menschen zu einem besseren Selbst erziehen, sie soll ihnen helfen, das Schöne zu denken und so zum schöneren Handeln führen. Dass das ZPS neben seinen politischen Ambitionen den dominanten Kunstbegriff der Gegenwart derart in Frage stellt, kann Philipp Ruch nur mehr als recht sein. Dennoch schwierig bleibt es, das Zentrum politisch einzuordnen. Am ehesten ließe sich vielleicht noch ein humanistischer Liberalismus attestieren; ein Liberalismus, der mit der Politik der FDP nur wenig gemein hat. Philipp Ruch, der das ZPS am 8. Mai 2009 ins Leben rief – dem Jahrestag der Befreiung Deutschlands –, ist ein Mensch mit gut durchdachten Ideen, der zu wissen scheint, wovon er spricht, der begeistern und überzeugen kann. Sieben Jahre lang studierte der Wahlberliner aus Dresden Philosophie und politische 93


Theorie, daneben Geschichte, Kulturwissenschaft und Germanistik. Mit Platon und Schiller ist er per Du, er zitiert viel, beruft sich dabei vor allem auf Schillers 9. Brief „Über die ästhetischen Erziehung des Menschen“. Nicht so gut kann er mit Marx. Der habe seine Politik nie erklärt. Es sei gefährlich, für eine Politik zu kämpfen, die eigentlich nicht weiß, wo sie hin will. Die liberale Marktwirtschaft hingegen wisse genau, was sie will. Unternehmer, stille Helden der Wirtschaft, die nicht der Gier verfallen, sondern durch Taten vorangehen: Das sind Menschen nach dem Gusto des ZPS. Überhaupt geht es vor allem um den Menschen, sein Selbstverständnis und sein Bewusstsein für richtiges Handeln. Ruch will in Deutschland keinen Systemwechsel herbeiführen, er ist kein Sozialist, aber er ist ein Verfechter moralischer Werte. Er glaubt nicht daran, dass Systeme, die davon ausgehen, der Mensch würde durch sie besser als er ist, für den Menschen besser funktionieren können als das unsrige. Er bemerkt eine große Resignation im Land, spricht von Lethargie und Verdrossenheit gegenüber dem Weltgeschehen. Insofern leben wir nach Ruch in einem System, dessen Dysfunktionalität erwiesen ist, das es aber nicht abzulösen, sondern zu verändern gilt. Nach einer „APO des 21. Jahrhundert“, wie sie die Berliner Zeitung entdeckt zu haben meint, klingt das nicht. Dem ZPS geht es nicht um eine andere Politik, sondern vor allem um einen anderen Menschen. „Ich ahne, dass im 21. Jahrhundert mehr Menschen sterben werden als im gesamten 20. Jahrhundert gestorben sind. An den EUAußengrenzen gibt es schon heute mehr Mauertote‘ als es jemals im Kalten Krieg an den Grenzen gegeben hat. Jeden Tag sterben weltweit 100.000 Menschen an Hunger, Krankheit und Krieg. Mindestens die Hälfte davon könnte gerettet werden, wenn wir es als Gesellschaft denn wollten. Unsere Kinder werden fragen: Was habt ihr damals eigentlich dagegen unternommen?“ Auch wenn er sich selbst nicht so bezeichnen mag – Ruch ist vor allem ein Künstler, und zwar einer, der genau weiß, welche Wirkung er beim Publikum erreicht, wenn er solche Zahlen nennt. Wachrütteln will Ruch und wachrütteln sollen die Aktionen, sie sollen an unsere Hoffnungen und Träume appellieren, uns zu mehr Verantwortungsbewusstsein führen, zu einem konsequent moralischen Handeln.

Seerosen für Afrika: „Ein monumentales Symbol des 21. Jahrhunderts“

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Politische Schönheit ist moralische Schönheit, so bringt es Ruch auf eine Formel. Für die Menschen, sagt er, müsse das Wichtigste auf diesem Planeten der Mensch sein, und es spielt dabei keine Rolle, wo dieser lebt. Genozide müssen verhindert werden, wenn man sie verhindern kann. Doch dazu sei die Gesellschaft nicht bereit: „Die Debatte darum, ob diese Gesellschaft bereit ist, Genozide zu verhindern, die wird nicht geführt.“ Auch der Krieg müsse in letzter Instanz legitimes Mittel zur Verhinderung des Holocaust werden, sagt er und verweist auf Fischer, der 1999 die Erinnerung an Auschwitz als Begründung für eine deutsche Beteiligung am Kosovo-Krieg heranzog. Schließlich könne es nicht „Nie wieder Krieg“ heißen, solange auch gilt: „Nie wieder Holocaust.“ Dass hierzu kein öffentlicher Diskurs stattfindet, sei aber kein Versäumnis der Politik, sondern müsse vor allem ein Thema werden, zu dem die Gesellschaft sich mittels der Kunst und der Presse äußert: eben so, wie das Zentrum für Politische Schönheit. Als ein „monumentales Symbol“ und „internationales Bekenntnis zur abendländischen Humanität“ wird dessen aktuelles Projekt „Seerosen für Afrika“ im Internet vorgestellt. Darin geht es um Menschen, die aus Verzweiflung den gefährlichen Weg über das Mittelmeer einschlagen, um in Europa ihr Glück zu versuchen. 67.000 Menschen versuchten allein im letzten Jahr, Europa auf dem Seeweg zu erreichen. Dieser immerwährende Flüchtlingsstrom kommt vor allem aus Libyen. Für viele der Menschen, die aufbrechen, um ein besseres Leben zu finden, endet die Reise im Tod, die Schiffe sinken oder bleiben auf hoher See liegen, weil sie zu wenig Treibstoff haben. Wer es doch bis an die Grenzen Europas schafft, den erwartet mit Sicherheit eines von 112 Schiffen der europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen Frontex, die den Auftrag hat, Flüchtlinge an der Einreise nach Europa zu hindern. Die sogenannten „Seerosen für Afrika“ stellen 1.000 schwimmende Plattformen dar, die im Mittelmeer platziert werden sollen. Auf sie sollen sich Schiffsbrüchige kurzzeitig retten können; Frontex hätte nunmehr die Aufgabe, die gestrandeten Flüchtlinge von den schwimmenden Plastiktellern zu retten. Natürlich ist dieses Vorhaben keines, von dem Ruch glaubt, es könne ernsthaft das Ertrinken Tausender Menschen verhindern, die ohne


Menschenrechtsbewegung | Feuilleton

Aktionskünstler Philipp Ruch und Nina Van Bergen: „Versuch eines poetischen Humanismus“ Treibstoff, Nahrungsmittel und Schwimmwesten, einhundert Seemeilen vom Festland entfernt, auf der rauen See treiben. Allein schon der für das Mittelmeer typische hohe Wellengang brächte das Projekt zum Scheitern. Auch mit dem Projekt „Seerosen für Afrika“ will das ZPS offenbar vor allem irritieren, Aufsehen erregen und ein Zeichen setzen, das ganz an und für sich ein moralisch Schönes ist. Dass die Aktionen der Politischen Schönheit von vielen falsch aufgefasst werden, zeigt schon ein kurzer Blick in die Presse. Derart dramatische Themen wie den Völkermord zu behandeln, sie aber nicht klipp und klar zu besprechen, sondern metaphorische Aktionen an ihrer statt sprechen zu lassen, bringt einige Schwierigkeiten in der Verständigung nach außen mit sich: Wer nimmt die Ideen zu wörtlich, wer erkennt sie als Bilder, sieht auch den wichtigen Ernst darin? Will man nicht nur provozieren, sondern jene Diskurse, an denen Ruch so viel liegt, tatsächlich anstoßen, dann kann es nicht sonderlich dienlich sein, die Interpretation des eigenen Tuns nur anderen zu überlassen. Ruch wird sein Anliegen in den kommenden Jahren immer wieder umfassend erklären müssen.

Immerhin, viele sind inzwischen aufmerksam geworden auf die Aktionen des Zentrums, täglich werden es mehr, die sich über facebook und twitter zu Anhängern des politisch schöneren Denkens bekennen. Irritation schafft eben auch Neugier, und die Anziehungskraft schöner Bilder ist hinreichend bekannt. Ob die Gruppe für ihre Themen mehr Gehör fände, wenn sie als Partei auftreten würde, ist fraglich. Alleine Ruchs Thesen zum Krieg als Mittel gegen den Holocaust enthalten genügend Sprengstoff, um jeden Stammtisch zu spalten. Das ZPS ist laut Ruch der „Versuch eines poetischen Humanismus’“. Nach allem was wir gehört haben, ist es besonders der Versuch eines moralischeren Menschen. Denn das Zentrum der Politischen Schönheit ist nach dem Prinzip der Menschheit organisiert: Viele denken, manche handeln. David Schmidt studiert Philosophie und Literaturwissenschaft. 2006 beteiligte er sich an der Gründung von fool on the hill und ist seitdem Mitglied der Redaktionsleitung.

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Das Leben ist schön Text: philipp-mattheis Fotos: www.political-beauty.de | 22 Interview |

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Das "Zentrum für politische Schönheit" will Politik ästhetischer machen. Zur Bundestagswahl tritt der "Think Tank für Aktionskunst" als Partei an. Am 8. Mai, dem Jahrestag der Kapitulation Hitler-Deutschlands, ritt ein junger Mann auf einem Pferd zum Reichstag und schlug zehn Thesen an die Tür. Darin standen Sätze wie "Hoffnungen sind nicht dazu da, aufgegeben zu werden" oder "In jedem Menschen steckt eine tiefreichende Sehnsucht nach dem Schönen". Anschließend vereidigte er die Wartenden als "Helden". Knapp zwei Wochen später, am 25. Mai, tauchte die Gruppe, die sich Zentrum für politische Schönheit nennt, wieder vor dem Bundestag auf und verlas ein Gedicht. Die Beamten hielten die Aktion für eine Demonstration und stellten gegen alle Beteiligten Strafanzeige. Philipp Ruch, 28, hat den offiziellen Titel "Chefunterhändler der Schönheit" und ist so etwas wie der Pressesprecher des Zentrums für politische Schönheit. jetzt.de: Ihr seht eher aus wie Models als wie Politiker. Ist das Teil des Konzepts? Philipp Ruch:Alle Interessen sind in Deutschland organisiert. Jetzt auch das Interesse an Größe und Schönheit. Schönheit als Begriff ist so gut wie ausgestorben. Es gibt nur noch einen Ahnungsrest. Die meisten verstehen unter „Schönheit“ Laufstegschönheit. Wir sind der Meinung, dass es so etwas wie politische Schönheit gibt und geben muss. Am 8. Mai habt ihr zehn Thesen an den Bundestag genagelt. In einer hieß es: „Ohne das Erlebnis von Schönheit sind die menschlichen Erfahrungen unvollständig“. Schönheit hat viel mit dem subjektiven Empfinden zu tun. Was bedeutet sie für euch? Der Auslöser von Schönheit mag subjektiv sein. Das Gefühl von Schönheit kennen alle Menschen. Jeder vermag Schönheit zu empfinden und die, die es nicht kennen, leben verdammt traurig. Sollte Politik nicht vor allem sinnvoll und nützlich sein? Warum nun auch noch schön? Wenn wir wollen, dass Menschen ernsthaft am politischen Leben teilhaben, muss Politik inspirieren und anziehen. Das geht nicht ohne poetische Kräfte. Zur Wahl des Bundestagspräsidenten habt ihr das Gedicht “An die Schönheit” von Ernst Stadler rezitiert. Gegen euch wurde dann Strafanzeige gestellt, weil die Aktion nicht als Demonstration angemeldet worden war. Meint ihr das mit Poesie? Gedichte können Menschen besser machen. Mit Poesie in der Politik meinen wir aber große Ziele, die unsere Zeit überdauern. Ziele, die für etwas Episches stehen, das die Welt besser macht. Etwas wie die „Obamania“? Keinen Personenkult, sondern so etwas wie eine Brücke von Afrika nach Europa, damit keine Flüchtlinge auf dem Weg zu uns ertrinken. Ein gutes Beispiel für einen Akt politischer Schönheit ist Ariel Scharon. Jahrelang war er als israelischer Ministerpräsident für seine harte Linie gegen die Palästinenser bekannt. Kurz vor seinem Ende leitete er den Rückzug aus Gaza ein. Scharons Entscheidung gehört mithin zum Größten, was politisch in letzter Zeit zu sehen war. Euer Bundeskanzlerkandidat ist Bill van Bergen. Tretet ihr denn als richtige Partei zur Bundestagswahl an?


Ja. Wir suchen derzeit Menschen, die gewillt sind, darüber nachzudenken, wie man etwas unfassbar Schönes tun kann. Das sind unsere zukünftigen Mitglieder. In den bestehenden Parteien gibt es nicht einmal eine Einrichtung, die dazu da ist, „herumzuspinnen“. Wir haben einerseits eine Denkfabrik gegründet, andererseits eine Partei, die für diese Entwürfe politischen Druck erzeugt. Wir brauchen größere, schönere und mutigere Visionen dessen, was wir als Gesellschaft erreichen wollen. Mutigeres als die Abwrackprämie. Wie viele Leute seid ihr denn momentan? Wir bestehen aus einem künstlerische Kernteam von sieben Leuten. Und wir haben derzeit 30 Partei- und Thinktank-Mitglieder. [plugin bildergalerie Bild13="Die Polizei hielt die Aktion für eine nicht angemeldete Demonstration und erstatte Strafanzeige" Bild4="Philipp Ruch, Pressesprecher oder -Chefunterhändler des Schönen" Bild5="Am 8. Mai schlug die Gruppen zehn Thesen an den Reichstag" Bild6="Die Wartenden wurden als Helden vereidigt" Bild7="Die Gruppe will mehr Begeisterung für unsere Zeit" Bild8="und sucht deshalb Mitglieder" Bild10="" Bild19="Kanzlerkandidatin 1 Nina" Bild18="Kanzlerkandidat 2 Bill van Bergen. Er gab sich schon mal für Joseph Beuys aus und wurde von dessen Witwe verklagt"] Seid ihr Kapitalismuskritiker? Nein. Wir glauben, dass sich die radikallinken Ideologen irren. Der Begriff „Kapitalismus“ ist eine Erfindung des frühen 20. Jahrhunderts. Marx selbst sprach nur vom „Kapital“. Der Vorgängerbegriff zum „Kapitalismus“ lautete: „Handel“. Es sollte jenen Ideologen zu denken geben, dass sich in 2500 Jahren Ideengeschichte kein einziger der großen politischen Philosophen gegen „Handel“ ausgesprochen hat. Globalisierungskritiker sind auch nicht gegen Handel, sie fordern nur einen faireren Handel… Die Vermeidung von Unrecht ist notwendig und schön. Die Wirtschaft quellt über vor Unrecht. Aber wenn man etwas in Frage stellen will, dann nicht das System, sondern den Menschen. Prinzipiell ist Handel etwas, das alle Beteiligten reicher machen kann. Wir handeln im Übrigen mit der Schönheit. Auf eurer Website steht: „Die westliche Wirklichkeit besteht nicht aus Ideologie, Propaganda oder Theorien. Unsere Wirklichkeit zeichnet sich gerade durch ihre Abwesenheit aus.“ Habt ihr Sehnsucht nach einer neuen Ideologie? Ja. Wir beklagen das Fehlen von geistiger Orientierung. Wir leben in einem geistig uninspirierten Vakuum. Aber nicht, weil dieses Vakuum nicht zu füllen wäre, sondern weil wir keinen Blick in die großen Bücher wagen. Orientierungsmöglichkeiten gibt es genug, es fehlt an Reiseführern. Euch geht es also eher um die Begeisterungsfähigkeit? Wir wollen tatsächlich junge Menschen zu politischem Handeln inspirieren. Wir glauben, dass das nur über eine glaubwürdige Quelle wie die Poesie wirklich funktioniert. Jedes Jahr werden Millionen investiert, um junge Menschen für die Politik zu begeistern. Aber man begeistert nicht durch Fördergelder, sondern durch Visionen und Ziele. Auch die Politik kommt um gewisse Anforderungen nicht vorbei. Wenn sie überzeugen will, muss sie episch werden. Dann brauchen wir den Willen zu epochalen Leistungen. Wer bei euch Mitglied werden will, muss pro Jahr eine Ideenskizze einreichen. Was meint ihr damit? Wir verlangen keinen monetären Beitrag, sondern einen politischen Interventionsbeitrag. Wir verstehen uns als Organisatoren von Schönheit und Größe. Das bedeutet, dass wir wirklich auf Mitglieder angewiesen sind. Quelle: http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/476552


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Cyril Capbarat, Philipp Ruch und 30

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"Das Material der Aktionskunst ist die jeweilige Gesellschaft selbst, das Ziel ist ihre Rettung." Was verbirgt sich hinter dem Begriff Aktionskunst? Beschreiben Sie dies ein wenig. Die Aktionskunst versucht, Formen für die Rettung der Gesellschaft zu gießen. Das gilt zumindest für eine Tradition, die von Diogenes über Duchamps bis zu Schlingensief gilt. Das Material der Aktionskunst ist die jeweilige Gesellschaft selbst, das Ziel ist ihre Rettung. Sie sind „Chefunterhändler“ des Zentrums für Politische Schönheit. Erzählen Sie uns etwas über dieses Zentrum, wofür steht dieses und welchen Aufgaben hat es sich verschrieben? Das Zentrum für Politische Schönheit hat sich zum Ziel gesetzt, die Gesellschaft nicht nur zu formen oder zu retten, sondern unser oberstes Ziel ist: die deutsche Politik zu veredeln. Uns geht es um die edlen Handlungen des Menschen und die fordern wir aktiv ein. Es geht darum, heroisches Gedankengut mit dem Anspruch auf Humanität zusammenzuführen, um den Kampf um Menschenrechte im Glanz aristokratischer Ideale. Wir wollen die Höhen des Menschen ausloten und vor allem: die Höhen von Politik, Staaten und Nationen. Wie ist Ihre Leidenschaft für die Aktionskunst entstanden, wie hat sich diese bis heute entwickelt und welche Rolle spielt sie mittlerweile in Ihrem Leben? Ich bemerke an mir selbst eine schleichende Abwendung von den Mitteln der Aktionskunst. Ich habe mich immer als „Menschenrechtler“ einer neuen Generation verstanden. Dem physischen Tod von Christoph Schlingensief ging ja sein künstlerischer Tod im Jahre 2004 voraus. Wir haben in Konkurrenz zu seinem „Operndorf“-Projekt, das wir für ein Fitzcarraldo-Plagiat hielten, 1.000 Rettungsplattformen für ertrinkende Flüchtlinge auf dem Mittelmeer beworben. Die Bundeskulturstiftung entschied sich für Schlingensiefs Namen, statt für unsere Ideen. Wenn es uns in den nächsten Jahren gelingt, den Kampf um Menschenrechte titanisch im Zentrum der gegenwärtigen Aktionskunst zu verankern, bin ich gerne bereit, das Zentrum für Politische Schönheit weiterhin als „Aktionskunst“ zu bezeichnen. Sollten wir versagen, bleiben wir Menschenrechtler mit Visionen. Menschenrechte und Aktionskunst auf Kollisionskurs zu bringen, halte ich deshalb für wichtig, weil die bisherigen Menschenrechtsorganisationen den konsequenten Verzicht von Rechtsbrüchen üben. Wir halten diesen Verzicht für unmoralisch. Es kann nicht sein, dass Tierschützer und Umweltschützer ihre Anliegen besser in die deutsche Politik einbringen, nur weil Menschenrechtler so nett sind, nicht auf Fabrikgebäude zu klettern, Atommeiler zu beleuchten oder Bauernhöfe zu ruinieren. Menschenrechtler müssen in ihrem Vorgehen entweder von Greenpeace oder von der Aktionskunst lernen. Das Zentrum für Politische Schönheit verkörpert diese Lernerfahrung. Woher holen Sie sich Inspirationen und Ideen für Ihre Performances und wie lange dauert die entsprechenden Vorbereitungszeit? Ich denke eigentlich permanent darüber nach, wie man das Wort „Humanität“ mit Leben füllt. Das hält mich wach. Eine gut geplante Aktion wie das Monument gegen die Verbrechen der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina benötigte neun Monate Vorbereitungszeit, unzählige politische Hintergrundgespräche, Abkommen mit der Presse. Wir sind etwas ratlos, weil sich das Monument zurzeit nicht finanzieren lässt. Wir sind wohl fünf bis zehn Jahre zu früh mit der Idee für ein Denkmal gegen die Schande des Westens. Was macht für Sie den besonderen Reiz und die Faszination an der Aktionskunst aus? Aktionskunst steht für das Überschreiten von gesellschaftlichen Grenzen, um diese kenntlich zu machen und über ihren Sinn oder Unsinn nachzudenken. Die Grenzen zu übertreten, die wir gegen die Rettung von Menschenleben errichtet haben, halte ich für die wichtigste und nobelste Aufgabe unserer Zeit. Deshalb ist unsere Forderung nach Menschenrechtlern eine Forderung nach Aktionskünstlern. Was mich etwas von der Aktionskunst abgebracht hat, ist ihre Selbstbezogenheit. Sie werden in der Welt der Kunst keinen Künstler finden wie Kumi Naidoo. Kumi Naidoo ist der internationale Chef von Greenpeace, eigentlich ein radikaler Menschenrechtler, der sich für seinen Glauben und gegen das Regime in Simbabwe zu Tode gehungert hat. Menschen wie Naidoo sind die größte Provokation für die Kunst der Gegenwart, weil sie all das verkörpern, was die Kunst für sich beanspruchen will: die Vorreiterschaft im Kampf um das Herz der Menschheit. Erzählen Sie uns abschließend welche tollen Momente Ihnen die Aktionskunst und das Zentrum für Politische Schönheit bislang beschert hat, woran denken Sie gern zurück? Als wir die Idee für ein Srebrenica-Mahnmal gegen die UNO lanciert hatten, schrieb jemand eine Email mit nur einem Satz: „God save the German people!“ – Das war, wenn ich mich richtig erinnere, der schönste Moment. Das Wissen darum, den Ruf Deutschlands in Bosnien gerettet zu haben. Zumindest in Teilen. Wenn sie einen zweiten hören wollen: wir haben einmal vor dem Kanzleramt ein antikes Forum für Flüchtlinge gebaut, das „Forum der verlorenen Hoffnungen“. Tatsächlich kamen ziemlich viele Einwanderer und verlasen Wünsche, Träume und Sehnsüchte an die deutsche Politik. Was ich in jener Nacht zu hören bekam, war stärker als alles, was die Deutschen je geäußert haben. Ich hoffe, dass die Kanzlerin in jener Nacht gut zugehört hat.


Banker gegen Kunst Der Aktionskünstler Philipp Ruch über die Schwierigkeiten, wenn Pressesprecher ihre Äußerungen zurücknehmen wollen meldungen über den Fall hagelte es Kritik auf der Facebook-Seite der Bank. Die Deutsche Bank wird aber eher wegen des Interesses von drei überregionalen Zeitungen eingelenkt haben.

Philipp Ruch ist Gründer des Zentrums für Politische Schönheit, in dem Aktionskünstler mit politischen Aktivisten zusammenarbeiten. Gegen ihren Film »Schuld – Die Barbarei der Privatheit« über Nahrungsmittelspekulationen wollte die Deutsche Bank juristisch vorgehen. Peter Nowak sprach mit dem Aktionskünstler, der wie alle Mitglieder des Zentrums bei öffentlichen Auftritten an Kohle- und Rußspuren erkennbar ist. Denn: Sie wühlen in den verbrannten politischen Hoffnungen Deutschlands. Foto: Jessica Wahl/wahluniversum.de

● Wurde nicht vor allen wegen der drohenden Eingriffe in die Kunst protestiert? Die Kunst war nur der Anlass. Es ging von Anfang an um die unmoralischen Geschäfte mit dem Hunger von Millionen Menschen. Bis heute hält der Proteststurm an. Ich fürchte, die Bank wird sich bald erklären müssen.

● Was störte die Deutsche Bank an Ihrem Film?

Ist das ein Erfolg der massiven Internetproteste?

● Gab es Einigungsversuche?

Die Passage ihres Pressesprechers Frank Hartmann, in der er die Menschen in Somalia für ihre Armut selber verantwortlich machte.

Das kann man so sehen. Nach Bekanntwerden eines Eingriffsversuchs der sonst so kunstaffinen Deutschen Bank in die Kunstfreiheit wurde der Film zum Gesprächsthema Nummer 1 im Internet. Nach den ersten Agentur-

Wir hatten im Vorfeld Gespräche mit drei verschiedenen Abteilungen der Bank, in denen wir eine nichtöffentliche Einigung erzielen wollten. Alle drei Stellen verhielten sich dabei ziemlich merkwürdig. Ich habe selten erlebt, dass Men-

● Der Bankkonzern zog inzwischen seine Ankündigung zurück.

schen, die professionell Öffentlichkeitsarbeit betreiben wollen, so wenig Sensibilität für die Bedeutung von Strafanzeigen gegenüber Aktionskünstlern besitzen. Insbesondere der Pressesprecher kam uns zeitweise wie eine schlechte Kopie von Achilles vor, der nicht weiß, wann man Gefühle zulässt und wann man schweigt. Er drohte mir ernsthaft mit zwei Jahren Gefängnis. Ich weiß ja nicht, in welchen Ländern er sich so herumtreibt. Aber in jedem Fall wäre ihm eine Welt genehm, in der Menschen für unliebsame Werke in Haft kommen. ● Wie konnten Sie den Banksprecher überhaupt zu einem Interview gewinnen? Indem wir anriefen, uns als Dokumentarfilmreporter zu erkennen gaben und nach einem Interview fragten. Danach hat er uns eine halbe Stunde mit dem Nutzen von Nahrungsmittelspekulationen voll-

gequatscht. Daraufhin habe ich ihm vom Nutzen gigantischer Freiluftgulags vorgeschwärmt, die so groß sind wie Staaten. Da war dann erst mal Ruhe. ● Hatten Sie Schwierigkeiten, Vertreter aus Wirtschaft und Politik für den Film vor die Kamera zu bekommen?

Nein. Die großen Akteure warten darauf. Das Thema findet keine Beachtung. Das Zentrum für Politische Schönheit nimmt sich generell nur schwersten Menschenrechtsverletzungen an. Wie kann es sein, dass Deutschland heute drittgrößter Waffenhändler der Welt ist? Wie kann es sein, dass in Kongo über sechs Millionen Menschenleben vernichtet werden, ohne dass wir es mitbekommen? Diese Fragen sind allesamt »under-reported«, wie es im Englischen heißt. Sprich – sie werden weit unter ihrer Bedeutung abgebildet.


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Nahrungsmittelspekulation

Deutsche Bank distanziert sich von Youtube-Video Aktualisiert am Freitag, 16.12.2011, 21:45

Ein Youtube-Video hat das Missfallen der deutschen Bank erregt. In dem Video wirft ein Sprecher der Bank Opfern von Nahrungsmittelspekulation scheinbar vor, an den Problemen selber schuld zu sein. Empfehlen

Die Zentrale der Deutschen Bank AG in Frankfurt am Main

dapd

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Wie die Produzenten des Videos am Freitag mitteilten, wurden sie aufgefordert, das Telefongespräch mit einem Bankensprecher in dem Film nicht weiter zu zeigen. Strittig sei, ob der Sprecher darüber informiert war, dass das Interview aufgezeichnet wurde, um es später zu

Ratingagentur stuft Banken herab Deutsche Bank verliert ihr „AA“ Briefbombe an Josef Ackermann Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen Relaunch der Videoplattform YouTube mit neuem Design und mehr Netzwerk

Deutsche Bank Nahrungsmittelspekulation Youtube

Die Deutsche Bank wollte sich am Freitag zunächst nicht zu dem Fall äußern. Am späteren Abend teilte dann ein Sprecher mit, das Unternehmen werde nicht klagen. Die Bank will dem Ersteller des Videos kein zusätzliches Podium bieten: „Damit würden wir ihm zu viel Ehre erweisen, denn es geht ihm offenbar vor allem um eine möglichst öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung mit der Bank.“ Das Unternehmen erklärte, das veröffentlichte Telefonat mit einem Pressesprecher der Bank sei nicht „zum Zitieren deklariert“ gewesen. Der Sprecher sehe sich nicht korrekt wiedergegeben. „Seine in dem Film wiedergegebenen Ansichten entsprechen jedenfalls nicht der Position der Deutschen Bank.“ Das Youtube-Video des Künstlerkollektivs „Zentrum für Politische Schönheit“ wurde bei Youtube schon mehr als 12 000 mal angesehen. Im Interview entsteht der Eindruck, der Deutsche-Bank-Sprecher mache die Menschen in Somalia für ihre Armut selbst verantwortlich.

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Wer hat Schuld am Hunger? Text: juliane-frisse | 39 19.12.2011 15:08

| VideoderWoche | Macht |

Aktionskünstler haben einen Kurzfilm über Nahrungsmittelspekulationen gedreht, in dem ein Pressesprecher der Deutschen Bank mit einer zynischen Bemerkung auffällt. Die Bank droht nun mit Straftantrag, sollte die Passage nicht herausgeschnitten werden. Die Hungersnot am Horn von Afrika ist inzwischen wieder aus den Nachrichten verschwunden, was leider nicht bedeutet, dass niemand mehr Hunger leidet. Die Ursachen der laut UNO größten Hungersnot seit 20 Jahren sind vielfältig: Eine lang anhaltende Dürre führte zu Ernteausfällen, der Bürgerkrieg in Somalia verschärfte die Situation. Wenn Menschen Hunger leiden, sind allerdings auch Spekulationen an Terminbörsen mit Schuld, durch welche die Preise für Nahrungsmittel und Agrarrohstoffe immer wieder in die Höhe getrieben werden. Das "Zentrum für politische Schönheit", eine Gruppe von Aktionskünstlern, hat einen Film gedreht, in dem die Künstler sich mit der Verantwortung für die Nahrungsmittelspekulationen auseinandersetzen: http://www.youtube.com/watch? v=rQ7cXnsCh0E&feature=player_embedded Die Künstler begleiten in dem Film eine offenbar fiktive Fondsmanagerin, die über sich selbst sagt: "Mein Geschäftsgebiet war der Hunger. Ich weiß nicht, wie viele Tote es sind - ich hab keine Ahnung. Aber ganz sicher habe ich mehr Menschenleben auf dem Gewissen, als all die Generäle und Politiker, die man wegen Kriegsverbrechen vor Tribunale gestellt hat." Schließlich stellt die Bankerin die Frage: "Warum hat diese Gesellschaft kein Interesse daran, Menschen wie mich zu verfolgen und zur Rechenschaft zu ziehen?" Das Zentrum für politische Schönheit hat aber auch mit einem echten Bankmitarbeiter über Nahrungsmittelspekulationen und Hungerkrisen gesprochen: dem Pressesprecher der Deutschen Bank. Im Film ist zu sehen, wie der Aktivist Philipp Ruch sein Handy vor sich auf dem Tisch liegen hat. Er hat in der Pressestelle der Deutschen Bank angerufen. Über die Lautsprecher-Funktion kann der Zuschauer mithören. Ruch fasst die Aussagen des Pressesprechers zusammen, dass also nicht die Banken, sondern die Menschen in Somalia für ihre Armut selbst verantwortlich seien. Daraufhin antwortet der Pressesprecher: "Natürlich sind die selbst schuld!" Der Deutschen Bank passt diese Aussage natürlich nicht in ihre Außendarstellung – und droht den Aktionskünstlern nun mit einem Strafantrag, sollte die Interviewpassage nicht aus dem Film entfernt werden. Die Deutsche Bank argumentiert in einem Schreiben an die Organisation, der Pressesprecher habe ein "vertrauliches Hintergrundgespräch zu Ihrer persönlichen Information" geführt, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. Das Zentrum für politische Schönheit hat inzwischen wiederum erklärt, dass der interviewte Pressesprecher über die Aufzeichnung des Telefonats sehr wohl informiert gewesen sei. In einer Presseerklärung der Organisation heißt es: "Der Kameramann des Films erklärt: ‚Der Deutschen Bank ist peinlich, was Seite 1 von 2


ihr Pressesprecher gegenüber dem Zentrum für Politische Schönheit öffentlich erklärt hat. Frank Hartmann wurde darüber aufgeklärt, dass das Gespräch aufgezeichnet wird.’" Und wenn es nicht so wäre? Das unangekündigte Mitschneiden eines Telefonats ist schließlich verboten. Der Anwalt Thomas Stadler hat in seinem Blog bereits eine juristische Einschätzung gegeben – und glaubt, dass die Argumentation der Bank auf "schwachen Beinen" steht: "Bereits die strafrechtliche Kommentarliteratur geht davon aus, dass bei Telefongesprächen im Geschäfts- und Behördenverkehr oftmals eine mutmaßliche Einwilligung in Betracht kommt. Das gilt m.E. in besonderem Maße für den Pressesprecher eines großen Unternehmens, der telefonische Auskünfte erteilt bzw. Fragen beantwortet. Nachdem gerade ein Pressesprecher immer damit rechnen muss, dass seine Aussagen veröffentlicht werden, ist schon die Frage, ob überhaupt von einer 'Vertraulichkeit des Wortes' ausgegangen werden kann." Nun ist die Aufregung groß, der Film verbreitet sich schnell im Netz. Durch ihre Androhung strafrechtlicher Konsequenzen hat die Deutsche Bank den eigenen Imageschaden also wahrscheinlich eher vergrößert als eingegrenzt. UPDATE: Ein Sprecher der Deutschen Bank hat uns folgendes Statement zu dem Fall zukommen lassen: "Wir werden nicht gegen Herrn Ruch klagen. Damit würden wir ihm zu viel Ehre erweisen, denn es geht ihm offenbar vor allem um eine möglichst öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung mit der Bank. Wir halten jedoch daran fest, dass Herr Ruch nach unserer Auffassung rechtswidrig gehandelt hat, indem er ein Telefonat mit einem Pressesprecher der Bank, das nach dessen Erinnerung als Hintergrundgespräch, also nicht zum Zitieren, deklariert war, nicht nur aufgezeichnet, sondern auch Passagen daraus veröffentlicht hat, in denen sich der Sprecher nicht korrekt wiedergegeben sieht. Seine in dem Film wiedergegebenen Ansichten entsprechen jedenfalls nicht der Position der Deutschen Bank" Quelle: http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/534280

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18.12.2011 13 Kommentare STREIT UM FILMZITAT

Deutsche Bank beugt sich Protest Die Deutsche Bank verzichtet darauf, einen Film wegen eines strittigen Zitats zu verbieten. Vorausgegangen waren Proteste VON SEBASTIAN FISCHER von Facebook-Nutzern.

Via Facebook zu beeinflussen, aber sonst? Deutsche Bank.

Bild: dpa

BERLIN taz | Noch am Freitagnachmittag wollte die Deutsche Bank einen Teil des Films "Schuld - Die Barbarei der Privatheit" verbieten lassen, der sich mit Nahrungsmittelspekulationen beschäftigt. Doch nachdem dies bekannt wurde und mehrere hundert Nutzer das Vorgehen der Bank auf deren Facebookseite kritisierten, erklärte die Bank am späten Abend, doch nicht gegen die Filmemacher klagen zu wollen. Auslöser für den Streit war eine Szene des Films, in der ein Sprecher der Deutschen Bank sagt, die Menschen in Somalia seien "selbst schuld" an der Hungersnot dort - und nicht die Banken. Laut einem Schreiben der Bank hätten die Filmemacher den Sprecher nicht darüber informiert, dass das Telefongespräch aufgezeichnet wird. Deshalb forderte sie die Filmemacher auf, die Passage nicht weiter zu veröffentlichen und den Film von YouTube zu löschen. Als Frist setzte die Bank den heutigen Montag fest und drohte mit gerichtlichen Schritten. Der Film wurde vom Zentrum für politische Schönheit produziert, einem Zusammenschluss von rund 70 Künstlern, die durch Aktionskunst auf politische Missverhältnisse hinweisen wollen. Neben einer fiktiven Rahmenhandlung zeigt der Film mehrere reale Interviews, unter anderem mit dem Sprecher der Deutschen Bank. Seit dem Hochladen am 9. Dezember wurde der Clip rund 37.000 mal geklickt. Rolle auf dem internationalen Markt für Nahrungsmittel Es ist nicht das erste Mal, dass die Deutsche Bank wegen ihrer Rolle auf dem internationalen Markt für Nahrungsmittel kritisiert wird. Die Organisation Foodwatch veröffentlichte im Oktober einen kritischen Report unter dem Titel "Die Hungermacher: Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten mit Lebensmitteln spekulieren". Laut einem Bericht des ZDF-Magazins Frontal21 habe die Bank in Deutschland die meisten Fonds aufgelegt, die auf steigende Preise für Nahrungsmittel setzen. Insgesamt seien es 35 Fonds mit über 4 Milliarden Euro Wetteinsatz.

Vor dem Einlenken der Bank hatte der künstlerische Leiter der Filmgruppe, Philipp Ruch, am Freitag gegenüber der taz angekündigt, nicht nachzugeben. "Wir wollen auf die Aufforderung der Bank erstmal nicht reagieren, weil wir darin einen Eingriff in die Kunstfreiheit sehen." Der Banksprecher sei vorab informiert worden, dass der Ton des Gespräches mitgeschnitten werde, sagte Ruch. Mit der Aufforderung, das Video zu entfernen, habe sich die Bank einen Bärendienst erwiesen, weil sie den Film so in die öffentliche Diskussion bringe. "Diese Hydra werden sie nicht mehr köpfen können", sagte Ruch. Ein Blick auf die Facebook-Seite der Deutschen Bank vom Wochenende gibt ihm Recht. Seit Freitag prügelten Kommentatoren im Minutentakt auf die Praxis der Nahrungsmittelspekulationen bei der Bank ein. "Arrogante Art gegenüber Kritiker" Kurz nach 22 Uhr am Freitagabend postete die Deutsche Bank schließlich eine Erklärung: "In eigener Sache: Wir werden nicht gegen Herrn Ruch klagen. Damit würden wir ihm zu viel Ehre erweisen, denn es geht ihm offenbar vor allem um eine möglichst öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung mit der Bank." Man halte jedoch daran fest, dass Ruch rechtswidrig gehandelt habe. Bis Sonntagnachmittag hatten diesen Post bereits 260 Nutzer zum überwiegenden Teil sehr zynisch kommentiert. Neben den direkten Reaktionen auf die Erklärung der Bank riss die allgemeine Kommentarwelle nicht ab. Auch in den folgenden Tagen kritisierten Hunderte Facebook-Nutzer das Institut. Vor dem PR-Desaster findet sich nicht einmal eine Handvoll Kommentare pro Tag auf der Seite der Deutschen Bank. Philipp Ruch sagte der taz am Sonntag, er habe mit Freude vernommen, dass die Bank doch keine rechtlichen Schritte einleiten will. "Meine Hoffnung ist jetzt, dass die Deutsche Bank insgesamt etwas an ihrer arroganten Art gegenüber Kritikern ändert."



DAS POLITISCH SCHÖNE

MENSCHENRECHTE ZU SCHÜTZEN, IST NICHT EINFACH. ES MIT KUNST ZU TUN, IST VIELLEICHT NOCH PROBLEMATISCHER. ABER GENAU DAS VERSUCHT DAS ZENTRUM FÜR POLITISCHE SCHÖNHEIT. IN SEINEM FOKUS STEHT DER VÖLKERMORD. UM AUF IHN AUFMERKSAM ZU MACHEN, IST ES AUCH BEREIT, GESETZE ZU BRECHEN. VON ALINA SCHÖPPACH UND LAURA ORLIK

KÜNSTLERISCHES MAHNMAL: EIN BERG AUS SCHUHEN SOLL AN DEN VÖLKERMORD VON SREBRENICA ERINNERN.

„Wir sind eine Art Menschenrechtler neuen Typs“, sagt Philipp Ruch stolz. Doch er ist nicht nur kreativ, sondern auch radikal. Wenn Ruch von Menschenrechten spricht, dann merkt man ihm die Begeisterung für sein Thema an. Er würde für die Bekämpfung von Völkermorden auch Gesetze brechen und tatsächlich wurde der Künstler bereits wegen einer Aktion verhaftet. Wenn er sagt, dass die Mitglieder der RAF richtig gehandelt hätten, bis sie angefangen haben, Menschenrechte zu verletzen, ist das nicht unbedenklich. Man merkt, dass er auch ein Radikaler ist. Denn so ehrenwert die Ziele seines Zentrums auch sein mögen: Wer Gesetze bricht, handelt illegal. Wenn das einmal legitimiert wird, dann steht dieser Weg fortan allen offen. KÄFER SCHÜTZEN, MENSCHEN ZERTRETEN

Hinter diesem Problem steht auch die Frage: Wie weit darf politische Beteiligung gehen und wann wird sie moralisch unvertretbar? Ruchs Position ist dazu klar: Wer politisch schön handelt, der handelt in jedem Fall auch moralisch gut. Das bedeutet seiner Meinung nach, auch in der Politik ethisch richtig zu handeln. „Wir alle könnten staatstragend sein“, sagt er und weist sogleich auf die Fähigkeiten jedes Einzelnen hin. Jeder kann über Völkermorde aufklären und neue Pfade der Menschlichkeit aufzeigen.

FOTO: NADA DZUBUR / ZENTRUM FÜR POLITISCHE SCHÖNHEIT

Der Mann, der uns entgegenkommt, sieht nicht aus wie aus einem Modekatalog. Philipp Ruch ist groß und besitzt den typischen Gang von Menschen, die immer zu ihren Gesprächspartnern hinabsehen müssen: Seine Schultern sind leicht nach vorne geneigt, hängen ein wenig. Dennoch ist er schön. Er besitzt politische Schönheit. Aber was ist das überhaupt? „Politische Schönheit ist moralische Schönheit“, erklärt Ruch. Er hat das „Zentrum für politische Schönheit gegründet“. Das Ziel ist es, Menschen durch Kunstaktionen und Poesie – also das Schöne – für die politische Teilhabe zu begeistern. Manche Menschen würden das Zentrum und Ruch als visionär bezeichnen, andere als radikal. Was werden die kommenden Generationen wohl von uns denken? Was wird über uns in ihren Geschichtsbüchern stehen? Das sind die Fragen, die einen festen Platz in seiner Gedankenwelt haben. „Unsere Generation wird ganz ganz schlecht abschneiden“, stellt er fest. Deshalb will Ruch die Bürger aufrütteln und antreiben. „WIR WÄREN EINEM HITLER HILFLOS AUSGELIEFERT.“

Im Fokus des Zentrums steht das Thema Genozid. Denn Ruch und seine Kollegen halten den Völkermord für das wichtigste Problem unserer Zeit. „Es ist einfach ein Thema, das Deutschland überhaupt nicht interessiert im Moment, obwohl wir die Täter des Holocaust sind.“

Überall hört man, dergleichen werde sich nicht wiederholen, weil wir so viel aus unserer Geschichte gelernt hätten. Ruch ist da anderer Meinung: „Wir wären einem Hitler hilflos ausgeliefert.“ MIT KUNSTAKTIONEN FÜR DIE GUTE SACHE

Tatsächlich kommt es weltweit immer wieder zu Völkermorden. Philipp Ruch hält es für die Pflicht des Menschen, jeden Tag vor solchen Massenmorden zu warnen und auf sie hinzuweisen. Dennoch thematisieren die großen Schlagzeilen nicht Genozide, sondern Ereignisse aus unserem Umfeld. „Die wichtigsten Themen im letzten Jahr waren Kachelmann, Stuttgart 21 und Google Street View“, kritisiert Ruch.

„Sogar Tiere und die Mutter Natur werden in Deutschland besser geschützt, als die Menschenrechte.“ Für jede bedrohte Käferart gibt es eine Rettungskommission, ein Genozidbeauftragter in der Bundesregierung fehlt dagegen. Dabei sind Umwelt und andere Themen nicht so in unserer Verfassung verankert, wie die Menschenrechte. Gerade für diese müsste man sich folglich einsetzen - auch über nationale Grenzen hinweg. Aber letztlich ist es schwer, diese Themen in die Öffentlichkeit zu bringen. Das stellen auch Ruch und seine Kollegen immer wieder bei ihren Aktionen fest. Ein Grund dafür könnte sein: Die Menschen wollen nicht wahrhaben, wie viel Mitschuld die westliche Welt am Tod hunderttausender Menschen in Srebrenica, dem Kongo oder ganz aktuell in Libyen trägt. „Da wird hohe Technologie, die wir auch noch geliefert haben, eingesetzt, um Zivilisten zu töten“, erklärt Philipp Ruch. Wütend wirkt er dabei, der Visionär und politisch Schöne.

Das Zentrum für politische Schönheit will auf Wichtigeres aufmerksam machen. Die Aktionen dazu sind groß, sie schocken. Vor dem Brandenburger Tor ließ es 16.744 Schuhe aufschütten, von denen jedes Paar für einen in Srebrenica ermordeten Menschen stand. In dieser Stadt wurden 1995 insgesamt 8.372 bosnische Muslime trotz der Anwesenheit von UN-Soldaten ermordet. Darauf will das Zentrum hinweisen. Dabei setzt es nicht auf klassische PR-Strategien sondern auf Theaterprojekte und Kunstaktionen. Sie sollen das Medieninteresse auf den Völkermord lenken und ihn so ins Bewusstsein der Menschen rücken.

7 // in: politikorange, Magazin zum Jugendmedienworkshop im deutschen Bundestag, Frühling 2011


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T ex ta rchi v Hier konnte der Wutbürger einen Wutchor dirigieren

Ein Themenwochenende im Maxim Gorki Theater Doris Meierhenrich

Das Herrliche an so einem Themenwochenende ist ja: war die eine Veranstaltung ein Flop, reißt die nächste es wieder raus. Vielleicht bekommt das Schwache sogar noch Gehalt durch das Stärkere, dessen Gedanken hinüber strahlen. Alle Dinge treten an solchen Tagen in Kommunikation miteinander, vertiefen, ergänzen, widersprechen sich, entlassen einen in jedem Fall klüger. Eine solche Verdichtung, ein solches Spiel produktiver Überschreitung ereignete sich am Wochenende auch im Gorki Theater, wo an die 20 Veranstaltungen - Vorträge, Gespräche, Performances - "Maßnahmen gesellschaftlicher Teilhabe" zu ergründen suchten. Dass diese Teilhabe und mit ihr die Gesellschaft gegenwärtig in einer Krise steckt, war Ausgangspunkt. Doch entblätterte sich kein Krisengejammer, sondern schlug die Stunde der "Öffnung der Gehirne". Der Soziologe Oskar Negt stimmte gleich zu Beginn diesen Ermunterungston an und stellte der begrifflichen Enge, in der die nur noch betriebswirtschaftlich denkende Politik festsitze, größere Fantasie und Denkweite entgegen. Das "Gemeinwesen" wieder wirklich umfassend in Blick zu nehmen und auch unbekannte Formen der Zusammenkunft zu wagen, das sei Chance dieser Krisenzeit. Und im Kleinen konnte man sich an diesen zwei Tagen selbst daran üben, galt es doch, sich in der Vielzahl der Veranstaltungen trotz Unsicherheit für wenige zu entscheiden. Eine Art Krisen-Prüfung für jeden also. Und ein Existenztest des soeben aus der Taufe gehobenen "Wutbürgers". Ob es diesen überhaupt gibt, darüber waren sich die Teilnehmer keineswegs einig. Ebenso wenig über das Bild der Krise selbst: Ist Deutschland mit seiner ständig wachsenden Produktivität tatsächlich davon betroffen oder doch nur die Welt ringsherum? Mit großer moralischer Empörung stellten der Performer Philipp Ruch und sein "Institut für politische Schönheit" ernsthaft diese Frage. Videoprojektionen, eine Deutschlandfahne und ein Rednerpult


verwandelten das Garderobenfoyer in seiner Performance in den Bundestag des Jahres 2051, wo die Chefin einer Historikerkommission (Ruth Reinecke) den Abschlussbericht ihrer Forschung vortrug. Thema: die Bild-, Begriffs- und Gefühlsverirrungen des Jahres 2010. Und so geschickt dieser Blick aus der Zukunft auch war, so plausibel die Anklage der "Kollektiverblindung" gegenüber Armut und Elend erschien, so blind blieb der Blick am Ende doch selbst. Armut nämlich liegt für Ruch nur außerhalb Europas. In dem "reichen Deutschland" (er zitiert das Bruttoinlandsprodukt) gebe es sie nicht, nur "Ehrvergessenheit", deshalb auch keine wahre Wut, nur "Wut"-Ideologie. Gut, dass man bei dieser Verblendungsnummer sogleich an die drei steil auseinander sausenden Linien denken konnte, die zuvor der Soziologe Rainer Land im großen Saal an die Wand projizierte: Die nach oben schnellende Linie zeigte die Einkommen der Unternehmen, die nach unten die der Erwerbstätigen in den letzten 30 Jahren. Dass die abstrakte Produktivität eines Landes nichts über die Teilhabe daran aussagt, ist eigentlich klar. Selten aber formte es sich so umfassend zum Gesellschaftsbild, wie in seinem Vortrag "das Ende des Teilhabekapitalismus" - intellektuelle Wegzehrung durch den gesamten Parcours. Überhaupt glänzten die wissenschaftlichen Beiträge weit mehr als die Performances, die vor allem Möglichkeiten der politischen und alltäglichen Teilhabe suchten. Im Foyer tauchte ein "Wutchor" auf, dem jeder seinen eigenen Wut-rhythmus andirigieren durfte. Mit dem Bühnenbildner Le van Bo konnte man einen multifunktionalen Holzhocker bauen und die Gruppe "Kulturmaßnahmen" lud zu Einzelgesprächen in den Fahrstuhl ein, wo man darüber nachdachte, wie aktiv man wirklich werden würde in der Beseitigung von Missständen: Würde man Aktivisten, die mit Hundedreck-Attacken auf den Bürgersteigen gegen die Gentrifizierung arbeiten, das Hundefutter kaufen? Manchem mochte da der Maulwurf wieder einfallen, den Oskar Negt tags zuvor als sein Lieblingstier beschrieb: sichtbar von dessen Arbeit würden ja nur kleine Hügel hier und da. Irgendwann aber, so Negt, könnte daraus ja was werden.



http://www.netzpolitik.org/2009/medienhack-dpa-faellt-auf-fa...

Medienhack: DPA fällt auf falsche Pressemeldung der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung herein von simoncolumbus um 16:33 am Dienstag, 8. Dezember 2009 | 15 Kommentare Die Presseagentur DPA hat heute unter dem Titel “Stiftung will Einfluss von Vertriebenen schmälern” über Pläne der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung berichtet, den Stiftungsrat um drei Personen mit aktuellem Flüchtlingshintergrund zu erweitern. Die zugrundeliegende Pressemitteilung ist allerdings nicht echt, sondern wurde von Aktivisten ausgesandt: Erweiterte Struktur des Stiftungsrates vorgeschlagen Berlin, 08.12.2009 – Die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung wird den vom Stiftungsrat um Prof. Dr. Hans Ottomeyer gefassten Beschluss zur Umstrukturierung der Stiftung in eine Interessenvertretung für die von Flucht und Vertreibung betroffenen Menschen in aller Welt rasch umsetzen. Bundespräsident Horst Köhler hatte bereits am vergangenen Mittwoch angemahnt “die Stiftung nicht zu einem Schaustück der Ignoranz verkommen zu lassen, sondern die historische Chance zu nutzen, etwas für die weltweit über 20 Millionen Flüchtlinge zu tun.” Der Stiftungsrat nimmt diese Aufforderung ernst und hat der Bundesregierung vorgeschlagen, den neu zu strukturierenden Stiftungsrat um drei Personen mit aktuellem Flüchtlingshintergrund zu erweitern, um so die Handlungs-, Kompetenz- und Glaubwürdigkeitschancen der Stiftung weiter zu erhöhen. Diese Idee war bereits in der Vorbereitungsgruppe im Gespräch, die vor der Ernennung von Prof. Manfred Kittel zum Stiftungsdirektor im Juli 2009 getagt hatte. Weil Deutschland aus den eigenen Erfahrungen mit Vertreibung gelernt hat, ist der Stiftungsrat überzeugt davon, dass es angemessen und zeitgemäß ist, so Anteilnahme am Schicksal von Flüchtlingen in aller Welt zu zeigen. Diese Entscheidung bringt ein weiteres Vorhaben der Stiftung erfolgreich zum Abschluss. „Im Geist der Versöhnung wollen wir nicht nur in Berlin ein sichtbares Zeichen setzen, um an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung international für immer zu ächten“ so Bernd Neumann, Staatsminister im Bundeskanzleramt, BKM. Hinter dem Medienhack steht das “Zentrum für politische Schönheit”, laut Eigenbeschreibung “ein politikberatender Thinktank des Aktionskünstlers und Menschenrechtlers Philipp Ruch”. Die Initiatoren des Medienhacks versuchen nach eigenen Angaben, den politischen Druck für eine Öffnung der Stiftung zu erzeugen, der die Stiftung mit dem unrühmlichen Kulturstaatsminister Bernd Neumann aus der Vergangenheit in die Gegenwart zurückkatapultiert, wo es um die Anteilnahme am gegenwärtigen Schicksal von Millionen dezidiert nicht-deutscher Flüchtlinge geht. Der Vorschlag, drei Menschen mit eigenen, aktuellen Fluchterfahrungen in den Stiftungsrat aufzunehmen, ist also durchaus als ernst gemeint zu verstehen. Man habe sich in Deutschland “etwas zu sehr daran gewöhnt, dass Vergangenheitsbewältigung nie etwas mit der gegenwärtigen politischen Lage zu tun hat und haben darf.” Offenbar hat die DPA die Pressemeldung der Stiftung ungeprüft übernommen. Dabei hätte man, wenn schon nicht über die Idee, über die angebliche Aussage des Bundespräsidenten stolpern können. Dass dieser eine Bundesstiftung als “Schaustück der Ignoranz” bezeichnet, wäre schließlich eine nie dagewesene Deutlichkeit für Horst Köhler. Nach Angaben von Ruch sind die Onlineangebote von FAZ, T-Online und Financial Times auf die Aussendung der DPA hereingefallen. Nachdem die Presseagentur auf seinen Hinweis hin eine Korrektur verschickte, sind die entsprechende Artikel allerdings schnell wieder verschwunden. Update: In Polen scheint die Aktion gut angekommen zu sein, wenn man der Pressemeldung des “Zentrums für politische Schönheit” glauben Schenken darf. Die falsche Pressemeldung der Stiftung hat es dort sogar bis in die Printmedien geschafft: “Mit Begeisterung hat die polnische Tageszeitung “Rzeczpospolita” den Vorschlag der vom Zentrum für Politische Schönheit initiierten Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung in seiner heutigen Berichterstattung aufgegriffen.”




Passanten hören am Brandenburger Tor Sprechern zu, die an einer improvisierten "Speakers' Corner" reden. (Bild: picture alliance / dpa)

Wir sind das (alte) Volk! Seniorenaufmarsch an der Speakers' Corner Berlin Von André Zantow Die weltberühmte Rede-Ecke im Londoner Hyde Park hat - zumindest zeitweise - ein Pendant vor dem Brandenburger Tor. Dort trafen sich Seniorinnen und Senioren im Rahmen der Aktion "Letzte Wünsche" und sprachen vor allem über die Situation in ihren Altersheimen. Peter Bradley: "Ich möchte zum Schluss noch den Athener Politiker Perikles zitieren. Er sagte, dass die Athener - im Gegensatz zu anderen Nationen - unpolitische Menschen nicht als wenig ambitioniert bezeichnen, sondern als nutzlos. Und die alten Griechen hatten ein Wort für diese Leute, die nicht teilnahmen am gesellschaftlichen Prozess und ihre Bürgerrechte nicht in Anspruch nahmen. Und dieses Wort war: Idiot!" Peter Bradley erhält vor dem Brandenburger Tor zaghaften Applaus von etwa 100 Schaulustigen. Der Engländer leitet eigentlich den "Speakers' Corner Trust" - die Organisation, die sich um die weltberühmte Rede-Ecke im Londoner Hyde Park betreibt. Nun hilft er, diese 150 Jahre alte Tradition der freien Meinungsäußerung nach Berlin zu exportieren: "Speakers' Corner ist ein besonderer Platz, aber es sind die Leute, die ihn besonders machen. Heute sprechen wir über den Fall der Mauer, aber eigentlich waren es die Leute, die die Mauer zum Einsturz brachten. Und das verbindet die Menschen auf eine wunderbare Weise in ihrem Durst nach Freiheit. Deswegen ist es so wichtig und besonders im Hyde Park und auch hier." Peter Bradley blickt auf ein Dutzend gestapelte Europaletten vor dem Brandenburger Tor. Sie sind die Bühne der ersten Speakers' Corner in Berlin: "Am Ende des Tages hoffe ich, dass die Leute sagen: Warum haben wir keine dauerhafte Speakers' Corner? Hier im Herzen unserer Stadt, direkt neben dem Parlament und dem Brandenburger Tor. Das wäre fantastisch!" Peter Bradley brennt für die Idee der freien Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit. Eine andere Motivation haben seine deutschen Mitorganisatoren vom "Zentrum für Politische Schönheit". Die Berliner Aktionskünstler um Philipp Ruch haben einen Missstand in der Politik ausgemacht: "Das Verhältnis von Politik und Kunst ist prekär. Wir haben wenige Künstler, die politische Kunst betreiben. Und wir haben gar keine Politiker, die künstlerische Politik betreiben. Und das ist unser Ziel. Wir suchen nach freierem Denken." Als ganz reale Krise hat Philipp Ruch die Situation der alten Menschen in Deutschland ausgemacht: "Heute haben wir versucht, alte Menschen hier her zu bekommen. Aus der Verborgenheit raus. Aus dieser gesellschaftlichen Unsichtbarkeit raus. In die Sichtbarkeit, dass sie sich hier präsentieren können. Und dass Sie hier über Ihre Wünsche, was sie auch Deutschland für die Zukunft noch wünschen präsentieren." Tatsächlich sprachen die Senioren vor allem über die Situation in ihren Altersheimen. Ein Rentner erzählte es gebe nur zwei Zeitungen pro Tag für 120 Heimbewohner. Eine andere klagte über das schlechte Mittagessen. Und die 93-jährige Helene Linde sprach vor dem Publikum über ihre Parkspaziergänge: "Da kommt eine Dame auf mich zu und schenkt mir eine Blume. Ich sage: Das glaubt mir niemand. Und dann hat sie mich auch fotografiert, mit dieser Blume. Und dann hat sie meine Adresse aufgeschrieben und ein Bild von mir gemacht und mir das auch geschickt. Da habe ich mich sehr gefreut darüber!" "Ist es Ihnen ein Bedürfnis wieder mehr mit Menschen in Kontakt zu kommen?" "Ja! Ja! Von der Außenwelt. Ich bin doch im Altersheim und da sieht man nur kranke Menschen. Und das ist schön, wenn man wieder richtige, normale Menschen sieht. Ich kriege sehr wenig Besuch. Nur ein Herr kommt immer alle 14 Tage zu mir und das ist zu wenig. Das ist zu wenig." Zumindest heute freute sich Helene Linde über genügend Kontakt. Mehrere Zeitungen dürften die 93jährige morgen in ihrem Rollstuhl vor dem Brandenburger Tor ablichten. Die prominenteste Rednerin im fortgeschrittenen Alter war allerdings eine andere. Gesine Schwan gebürtige Berlinerin und ehemalige Kandidatin für die Bundespräsidentschaft äußerte sich auch nachdenklich über Mitorganisator Google. Der Internetkonzern spricht sich für Meinungsfreiheit aus und das in digitaler Form. Denn die Redebeiträge bei der ersten Speakers' Corner in Berlin sollen auch via Youtube ins Netz gestellt werden. Gesine Schwan: "Meinungsfreiheit ist auch bedroht durch konzentrierte Wirtschaftsmacht. Und das muss man dann auch an dieser Ecke mit Google sagen."



"Hoffen wir darauf, dass die alten, reifen Völker Europas nicht nur die Tage des Ruhmes , sondern auch die Nächte der Schande der eigenen Geschichte im Gedächtnis zu behalten imstande sind." Bogdan Bogdanovic

Über den Titel („Der Berg aus Trauer“): Die Lastwagenfahrer Admir und Davor waren 30 Stunden ohne Pause unterwegs. Ihnen war wichtig aus Respekt vor den Opfern, dass sie die Schuhe pünktlich zum gewünschten Ort bringen. Ziemlich erschöpft stehen sie vor ihrem Lastwagen: „Wir hatten ja gar nicht geahnt, dass wir mit unserem Laster bis vor das Brandenburger Tor vorfahren dürfen, wir sind total überrascht. Wir konnten uns auch nicht so richtig vorstellen, was mit den Schuhen passieren sollte, aber der Berg so mitten in der Stadt ist sehr beindruckend, obwohl er aus Trauer besteht. Wir sind begeistert, dass ein junger Mann aus Deutschland für unser Land kämpft. Seine Tat beweist auch, dass ein EU-Land mit einem Nicht-EULand kommunizieren kann, vielleicht ist das Beweis genug, dass sich Bosnien gar nicht so sehr von den EU-Ländern unterscheidet und die EU uns doch als Mitglied bald aufnehmen wird. So ein Verbrechen wünscht man keinem auf dieser Welt." Auszug aus einem Artikel von Mirella Sidro.


Philipp Ruch - Zentrum für Politische Schönheit

Ein Manifest der Menschenrechte Wie schön sind unsere Medien? Vier esen über den Umgang der deutschen Medien mit Menschenrechtsthemen

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Manifest | Feuilleton

THESE 1: MeNScHeNRecHTSoRGANiSATioNeN fiNDeN iN DeN DeuTScHeN MeDieN KeiN GeHöR. Alle Menschenrechtsorganisationen kämpfen mit demselben Problem: die klassischen Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit versagen ihnen unter der Hand. Pressemitteilungen werden nicht gelesen, hartnäckiges „Lobbying“ versandet im Nichts, sogar Interventionen in den Chefredaktionen führen nur zu Verlegenheitsgesten. Die Berichterstattung über die Belange und Interessen von Krieg, Hunger und Verfolgung betroffener Menschen findet im besten Falle noch an der Medienperipherie statt. Journalistinnen und Journalisten erstatten ihrer Gesellschaft keinen Bericht mehr. Dadurch wird eine ganze Gesellschaft in den Zustand von Ahnungslosigkeit versetzt. Beispiel: Am 7. Januar 2010 warnten 140 Menschenrechtsund Hilfsorganisationen vor einem Krieg im Süden des Sudan. Am selben Tag vermeldete die UNO ein Massaker an 139 Zivilisten in einem Dorf im Südsudan. Die klassischen Muster für eine breit gefächerte Medienberichterstattung waren gegeben. Die deutsche Presse reagierte, mit ehrenwerten Ausnahmen wie dem Glocalist, dem Online-Angebot der Süddeutschen Zeitung und dem Berliner Kurier, mit Schweigen. Die Öffentlichkeitsarbeit von 140 Hilfsorganisationen konnte nichts ausrichten gegen die Selektionskriterien der deutschen Medien. Darauf müssen wir reagieren.

THESE 2: BeRicHTeRSTATTuNG iST Die MüNDiGSTe foRM DeR eRZieHuNG. Im selben Moment, in dem sich ein bis dato gänzlich unbekannter Fußballspieler der Nationalmannschaft im Herbst 2009 vor einen Zug wirft, verhaften Fahnder des BKA sozusagen im Schatten Ignace Murwanashyaka. Der Fall ist spektakulär: Murwanashyaka war Chef ruandischer Paramilitärs im Kongo. Er organisierte und steuerte die FDLR, so der Name der Truppen, von Mannheim aus. Jahrelang. Die deutschen Behörden versuchten, ihn wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsbestimmungsrecht dranzukriegen. Das ist so, wie wenn man einem Mörder den Prozess wegen unbezahlter Abfallgebühren machen wollte. Die Geschichte des Fußballspielers landet auf den Titelsei-

ten, der tote Nationaltorwart wird posthum zur Galionsfigur Deutschlands verklärt. Berichte über die erste Festnahme eines auf deutschem Staatsgebiet gefassten internationalen Kriegsverbrechers, nach den Bestimmungen des Völkerrechts, landeten im hinteren Teil der Zeitungen. Fernsehsender zogen erst Monate später nach und mussten alle Aufnahmen aus dem Kongo mit „Archiv“ überschreiben. Weder Justiz noch Journalisten haben die Ungeheuerlichkeit genozidaler Kriegsführung wirklich verstanden. Im Kongo sind in den vergangenen dreizehn Jahren mindestens fünf Millionen Menschen gestorben. UNO, Human Rights Watch und Amnesty International warnten die Behörden ab 2001. Aber die Justiz interessierte sich nicht für Ignace Murwanashyaka. Und die Medien, die auf die Behörden hätten Druck ausüben können, auch nicht. Wir beklagen uns nicht über die Boulevardmedien: Die „seriösen“ Medien haben jedes Maß für ausgewogene Berichterstattung verloren. Sie berichten über 13 Tote in Fort Hood, nicht aber über 138 Tote in Guinea (Massaker vom 28. September 2009). Sie berichten über fünf Opfer der Schweinegrippe, nicht aber über 50.000 Tote, die die weltweit grassierende „Hungergrippe“ Tag für Tag fordert. Unnötig Gestorbene. Wir hätten ihren Tod verhindern können. Die medialen Auswahlkriterien kommen in den Augen aller, die sich für die Menschenrechte einsetzen, einer Kriegserklärung gleich. Worüber einer Gesellschaft Bericht erstattet wird, ist eine Form der Erziehung. Womöglich die dezenteste. Was lernt ein Jugendlicher über den Wert des Menschen aus der Presse? Was ihm vorgelebt wird, ist dies: dass 13 Tote in Amerika „irgendwie“ mehr wert sind als 130 Tote in Guinea. Dass der Tod eines bis dato völlig unbekannten und unbedeutenden Nationalspielers der Fußballmannschaft „irgendwie“ berichtenswerter ist als der Tod von 100 Menschen am Tag, die vor der „Festung Europa“ ertrinken. Deutschland ist der drittgrößte Waffenhändler der Welt. Im Wahlkreis des Chefs der CDU/CSU-Bundestagsfraktion befindet sich ein Unternehmen, dass die zweitmeistgebrauchte Waffe nach der Kalaschnikow produziert. „Made in Germany“ bedeutet in den Krisengebieten dieser Welt eben nicht „BMW“ oder „Mercedes“, sondern „G3“: ein deutsches Sturmgewehr. Die Medien tanzen wie ein afrikanischer Stamm um die Fetische „CDU“ und „SPD“ (die sie mit Politik verwechseln). Politik ist die höchste Form der Kunst, hat Schiller einmal gesagt. Die Politiker dieses Landes sind in ihrem Fetischismus unerträglich: sie opfern sich monatelang für die weltweit

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„Wenn die Jugendlichen des reichsten und mächtigsten Landes der EU, eines Landes, dessen wirtschaftliche Leistung sich seit 1960 verdreifacht hat, überzeugt sind, in einer instabilen ökonomischen, politischen oder mentalen Welt zu leben, worin befinden sich geschätzte drei Milliarden der Weltbevölkerung, die von Hunger, Tod und politischem Wahnsinn verfolgt werden?“ 25.000 Angehörigen des Volksstammes „Opel“ auf, anstatt diese Energien in unser aller Zukunft zu investieren. Lange vor der „Finanzkrise“ sagte ein deutsches Mädchen, gefragt danach, wie sie die Zeit empfinde, in der sie lebe: „Seit ich denken kann, herrscht Krise.“ Uns würden die Gefühle dieses Mädchens heute, drei Jahre und siebzehn Krisen später, interessieren. Die Quittung für diesen Exzess, diese Hysterie, diese journalistische Maß-, Regel- und Verantwortungslosigkeit wird uns alle erreichen, wenn diese Generation politische Entscheidungen zu treffen hat. Eine Aufgabe, die von heutigen Politikern keineswegs beispielhaft vorgelebt wird. Wenn die Jugendlichen des reichsten und mächtigsten Landes der EU, eines Landes, dessen wirtschaftliche Leistung sich seit 1960 verdreifacht hat, überzeugt sind, in einer instabilen ökonomischen, politischen oder mentalen Welt zu leben, worin befinden sich geschätzte drei Milliarden der Weltbevölkerung, die von Hunger, Tod und politischem Wahnsinn verfolgt werden?

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vor Wilderern geschützt und bekommen regelmäßig zu fressen.“ Dieser Nachrichtenselektionsmechanismus kommt einer Kriegserklärung gleich. Ein Teil der Schuld liegt in der Natur der Sache: Menschenrechtsverletzungen, bei denen so viel mehr als „Rechte“ verletzt werden, müssen zunächst dokumentiert werden, sich den Weg aus der politischen Zensur bahnen. Danach erschöpfen sich die Kräfte der etablierten Menschenrechtsorganisationen. Amnesty International versendet als Gegenstrategie Briefe aus den reichsten Weltteilen an die Diktatoren der Welt. Human Rights Watch schreibt erstklassige Berichte. Aber keine dieser Organisationen trägt „Wissen“ auf die Straße. Keine hat es geschafft, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Präzedenzklage einzureichen gegen die EU-Mitgliedsstaaten wegen gezielter Tötungen zur „Sicherung“ der Außengrenzen. Keine Organisation ist auf die Idee gekommen, Rettungsinseln für die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer zu bauen.

THESE 3: SelBST TieRe weRDeN VoN DeuTScHlAND PoliTiScH BeSSeR GeScHüTZT AlS MeNScHeN.

THESE 4: iN DeuTScHlAND feHlT eiN GReeNPeAce DeR MeNScHeNRecHTe.

Es ist eine unausgesprochene Tatsache, dass im Jahre 2010 in Deutschland selbst Tiere politisch besser geschützt werden als Menschen. Es erinnert an den Zoo von Sarajevo, wo während der dreijährigen Belagerung ein Gorilla von einem serbischen Scharfschützen erschossen wurde. Der Tod des Gorillas brachte eine mediale Lawine ins Rollen, die 11.000 tote Bosnierinnen und Bosnier zuvor nicht in Gang bringen konnten. „Gorilla müsste man sein“, zitiert auch Hans Christoph Buch seinen ruandischen Fahrer 1994. „Heute geht es ihnen besser als uns Menschen; sie leben in Reservaten, sind

Wenn einen die Nachrichtenselektionsmechanismen anwidern, hat man zwei Möglichkeiten als Menschenrechtler: Entweder weiterhin an den Bildungsauftrag von Journalisten appellieren, dass Menschen tagtäglich sterben, gerade weil wir nichts dagegen unternehmen. Oder die Journalisten bedienen mit Lärm, Sensation und Hysterie. Eine eigentümliche Verbindung, wie sie Greenpeace in den 1990ern für die Umweltthemen erfolgreich vorgelegt hat. Deutschland besitzt heute die umtriebigsten Umwelt- und Tierschützer. Fehlt da nicht etwas?


Interview mit Dr. Christian Schwarz-Schilling, ehemaliger Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina WEDNESDAY, 16 JUNE 2010 10:08

„Man hätte den politischen Willen haben müssen, einen Genozid in unserer Nachbarschaft zu verhindern." „Ich schäme mich, diesem Parlament anzugehören, wenn es beim Nichtstun bleibt." Worte eines Politikers, der es bei Nichtstun nicht beließ. Sie stammen von Dr. Christian Schwarz-Schilling, dem ehemaligen deutschen Postminister, der 1992 aus Protest gegen die Haltung der Bundesregierung angesichts des Krieges in Bosnien-Herzegowina zurücktrat. Im Interview erzählt er, inwieweit sich die Haltung der Regierung gegenüber dem Krieg auf dem Balkan geändert hat und weshalb Aktionen in Form von Projekten wie die „Säulen der Schande", einem neuartigen Mahnmal gegen die Vereinten Nationen, wichtig sind.

Dr. Christian Schwarz-Schilling

M. Sidro: Sie sind 1992 von Ihrem Amt aus Protest gegen die Haltung der Bundesregierung im Bosnien-Krieg zurück getreten. Denken Sie, dass sich die damalige Denkweise der Regierung gegenüber dem Krieg auf dem Balkan geändert hat? Dr. Christian Schwarz-Schilling: Es hat sich eine Menge geändert. Die Politik hat zeitweise eine Umkehr in der Bosnien-Frage gemacht. Man denke an Joschka Fischer, der der Partei der Grünen angehört und den bislang üblichen Pazifismus vertrat, aber dann, als er merkte, hier geschieht Völkermord, sich auf dem Balkan engagierte. 1995 nahm sich die USA der Bosnienkrise an und beendete durch Intervenieren und den Dayton-Vertrag den Krieg. Aber dennoch muss ich sagen, dass die durchgeführten Veränderungen nicht genug sind, denn der Westen handelte erst, als die Katastrophen schon da waren. Dann ist es aber zu spät. Deutschland hatte eine völlig falsche Scheu an den Tag gelegt, denn eigentlich wäre es Deutschlands Pflicht gewesen, sensitiver und pflichtbewusster zu handeln. Man hätte den politischen Willen haben müssen, einen Genozid in unserer Nachbarschaft zu verhindern. M. Sidro: In einem Interview von 2007 sagten Sie, dass die Ungeduld und undifferenzierte Beschimpfung des Westens gegenüber den bosnischen Politikern eine Ausrede der internationalen Gemeinschaft sei, die eher ihr Geld für militärische Maßnahmen als für Konzepte einer friedlichen Nachkriegspolitik ausgibt. Ist es immer noch so? Dr. Christian Schwarz-Schilling: Ja absolut. Dem Staat Bosnien-Herzegowina wurden politische Lasten im Friedensvertrag von Dayton auferlegt, von welchen er sich selbst nicht befreien kann. Dann ist da die Entität der Republika Srpska, die sich als Sachwalter einer ethnischen Kriegspartei empfindet und deren Politik sich nach der Vergangenheit richtet. Wenn einer diktatorisch geprägten Obrigkeit in einem Teilstaat erlaubt wird, die Zukunft des Gesamtstaates zu blockieren, dann ist die Passivität der Int. Gemeinschaft, welche diesen Zustand schließlich geschaffen hat, fehl am Platze. Pauschalbeschimpfungen der gesamten bosnischen Politik seitens des Westens sind absolut das falsche Mittel! M. Sidro: Eines der schrecklichen Ereignisse im Balkan-Krieg war am 11.07.1995 der Genozid von Srebrenica, bei welchem innerhalb einer Woche mehr als 8000 moslemische Jungen und Männer unter den Augen der niederländischen Blauhelme ermordet wurden. Bis heute kämpfen die Mütter von Srebrenica, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Axel Hagedorn, um Gerechtigkeit vor dem Gericht in Den Haag, allerding vergeblich. Können Sie die Haltung des Gerichts nachvollziehen? Dr. Christian Schwarz-Schilling: Ein internationales Gericht hat die Taten von Srebrenica als Völkermord eingestuft, denn dort hatte eine politische Zielsetzung stattgefunden, die zum Ziel hatte, eine Ethnie (die muslimische Ethnie) auszulöschen. Diese Feststellung ist ein Fortschritt. Allerdings ist der Schritt nicht ausreichend,

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um Gerechtigkeit zu schaffen. Aber in Zukunft werden mehr Schritte unternommen werden müssen, denn je mehr Fakten ans Licht kommen, man denke nur an die zahlreichen Massengräber, die bis heute immer wieder gefunden wurden, wird jede weitere Leugnung indiskutabel sein. Als jüngstes Bespiel muss die Resolution von Srebrenica im serbischen Parlament genannt werden, die mit hauchdünner Mehrheit verabschiedet wurde. Hier wurde der Begriff „Völkermord" absolut umgangen, obwohl es das Schlüsselwort für die Untaten gewesen wäre. M. Sidro: Nun hat Philipp Ruch 15 Jahre nach dem Genozid das Projekt „16.744 Shoes: Weltorganisation vor Gericht" ins Leben gerufen. Er sammelt 16.744 Schuhe für die Säulen der Schande, in denen die Spender dem Westen Botschaften mitteilen sollen. Wie finden Sie die Idee? Dr. Christian Schwarz-Schilling: Ich bin kein geborener Revolutionär, ich versuchte in meinem politischen Leben durch politische Überlegungen und Handlungen, die mir aufgrund meiner Positionen gegeben waren, Fehlentwicklungen zu verhindern. Daher habe ich beschlossen 1992, zurückzutreten und damit ein Signal zu setzen. Aber aufgrund des Desinteresses, der Respektlosigkeit und des Egoismus, ja sogar Verantwortungslosigkeit, Menschenrechtsverletzungen gegenüber bosnischen Staatsbürgern zuzulassen, bedarf es einer spektakulären Aktion, die auf dieses Problem aufmerksam macht. Einerseits finde ich das Projekt insoweit gut, andererseits bin ich traurig, dass es solch einer Handlung heute noch bedarf. M. Sidro: Werden die Säulen für eine Veränderung in der Haltung der EU und der internationalen Gemeinschaft gegenüber Bosnien und Herzegowina beitragen können? Dr. Christian Schwarz-Schilling: Teilweise ja. Denn durch diese Aktion setzt sich auch bei uns die Zivilbevölkerung zur Wehr, dass die Politik Menschenrechtsverletzungen zulässt. M. Sidro: Wenn Sie einen Schuh für das Projekt spenden würden, welche Botschaft würden Sie zusammen mit den Schuh nach Europa schicken, damit es die Belange, Wünsche oder auch Leiden der Menschen aus einem der jüngsten Länder Europas versteht? Dr. Christian Schwarz-Schilling: Alle Menschen in Deutschland haben Grundrechte. So wollte es das Grundgesetz nach den furchtbaren Erfahrungen des Holocaust. Und so ist es auch eine unmittelbare Aufgabe eines jeden Staatsbürgers, Völkermord zu verhindern und zu bekämpfen. M. Sidro: Philipp Ruch meinte, es brauche eine neuartige Form des Kampfes um Menschenrechte: einen „aggressiven Humanismus". Was halten Sie davon? Dr. Christian Schwarz-Schilling: Sie ist erlaubt, denn wir leben in einem demokratischen Staat und es ist absolut erforderlich, dass der Staat auch Prioritäten zur Kenntnis nimmt, die von der Zivilgesellschaft geäußert werden. Man denke einmal an die Geschwister Scholl, die ihr Leben für den Kampf gegen den Nationalsozialismus geopfert haben. Im Vergleich zu einem diktatorischen Staat, in dem man sich mit solchen Aktionen in Lebensgefahr bringen kann, ist die Verpflichtung eines jeden Bürgers in einem Rechtsstaat umso größer, auf solche Ungerechtigkeiten auf friedliche Weise aufmerksam zu machen. M. Sidro: Dr. Schwarz-Schilling, vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Mirella Sidro Copyright © Balkan24.info

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11. Juli 2010

Srebrenica: "Das moralische Grab Europas"

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Der gigantische Schuhhaufen vor dem Brandenburger Tor. Mit der Aktion erinnern Künstler an das Massaker von Srebrenica vom 11. Juli 1995. Foto: Zentrum für politische Schönheit

Interview - Philipp Ruch ist Aktivist in der Künstlergruppe "Zentrum für politische Schönheit". Er und seine Mitstreiter haben zum 15. Jahrestag des Massakers von Srebrenica 16.744 Schuhe gesammelt, um sie in Erinnerung an die 8.372 Opfer vor dem Brandenburger Tor in Berlin aufzuschütten. Ruch richtet seinen Appell nicht nur die Gesellschaft, sondern vor allem an die Vereinten Nationen, denen er Tatenlosigkeit angesichts des Massakers von1995 vorwirft. Die Fragen stellte Cornelius Wüllenkemper

Herr Ruch, die Umstände des Massakers an 8372 Bosniern unter Führung des serbischen Generals Ratko Mladić sind weitgehend bekannt. Mladić muss sich derzeit vor dem UN-Kriegsverbrecher Tribunal in Den Haagverantworten. Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrer Aktion? Philipp Ruch: Die Vorbereitung und der Ablauf sind heute zwar bekannt, aber das Bewusstsein für das mörderische Ausmaß und die klare Benennung aller Verantwortlichen sind nach wie vor nicht ausreichend. Seit 2009 hat das EU-Parlament den 11. Juli zum offiziellen Gedenktag erklärt, aber außer in Deutschland und Holland scheint das niemanden zu interessieren. Wir haben im letzten Jahr in Berlin bereits mit Schauspielern die verhängnisvolle Sitzung des UN-Krisenstabs nachgespielt, infolge dessen das Massaker geschehen konnte. Zum 15. Gedenktag war uns, dem Zentrum für politische Schönheit (http://www.politicalbeauty.de/center/Aktionskunst_Politische_Schoenheit.html) , daran gelegen, etwas mehr Aufmerksamkeit zu wecken. Wie ist die Idee entstanden, 16.744 Schuhe zu sammeln? Ruch: Ursprünglich hatten wir vor, stellvertretend für die Opfer 8.372 Menschen in einem Raum zu versammeln. Leider ist es in Deutschland unmöglich, so viele Menschen für dieses wichtige Vorhaben zu motivieren. Schuhe spielen ja in der islamischen Welt eine große Rolle, denken Sie nur an den Schuhwurf auf G. W. Bush oder das obligatorische Ablegen der Schuhe in einer Moschee. Das Sammelprojekt stieß sowohl bei den Angehörigen der Opfer als auch bei unserem Partner, der Gesellschaft für bedrohte Völker, auf großen Anklang. Gemeinsam haben wir dann in Bosnien und der bosnischen Diaspora in Österreich, der Schweiz und Deutschland Menschen gebeten, uns ihre Schuhe zu überlassen - darunter viele bekannte Persönlichkeiten aus Kirche, Kultur, Politik und Sport. Das ganze war ein riesiger Erfolg. Ganz Bosnien nimmt großen Anteil, die Nachrichten sind voll von unserem Projekt. Was genau haben Sie mit den Schuhen vor? Ruch: Die Schuhe werden zunächst mit zwei LKW nach Berlin transportiert, um sie am Samstag vor dem Brandenburger Tor auszustellen. Derzeit sammeln wir noch Spenden, um die Schuhe im

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September nach Den Haag zu bringen – wir wollen Karadzic die Dimension seiner eigenen Tat bewusst machen. Einer der Hauptverantwortlichen bei den UN, der französische General Bernard Janvier, der sich als einziger weigerte, den rettenden Einsatzbefehl für die Luftwaffe zu unterzeichnen, lebt heute als Pensionär in Südfrankreich. Ich bin sicher, dass dieser Herr auch einen Vorgarten hat... Letztlich ist unser Ziel, am zentralen Opferfriedhof in Bosnien eine "Säule der Schande" zu errichten, so wie es sie auch in Hong Kong, Rom oder Brasilia gibt: die Schuhe sollen in zwei riesige Stahlbehälter gefüllt werden, die die Form der Buchstaben "U" und "N" haben. Was genau werfen sie den Vereinten Nationen denn vor? Ruch: Die serbische Armee hatte die 40.000 islamischen Einwohner von Srebrenica in BosnienHerzegowina bereits seit drei Jahren belagert. Die UN schickte daraufhin Truppen an diesen Ort, um Schlimmeres zu verhindern. Aber als ab dem 6. Juli 1995 die serbischen Truppen unter General Ratko Mladić die 40.000 Zivilisten in der so genannte Schutzzone angriffen, geschah: nichts. Damit ließ die UN den schlimmsten Völkermord in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu. Auch wenn das UN-Tribunal die Vorgänge in Srebrenica schon lange als Völkermord einstuft, weigert sich die UN bis heute strikt dagegen, die eigene Verantwortung für dieses furchtbare Massaker anzuerkennen. Zwei Klagen der 6.000 Angehörigen der Opfer gegen die UN wurden aus Gründen abgewiesen, die jeder Beschreibung spotten. Das Gedenken an Völkermord mittels der Schuhe der Opfer kennt man heute vor allem aus den ehemaligen KZs, zum Beispiel in Auschwitz. Wollten sie bewusst eine Parallele aufzeigen? Ruch: Nein, das war keine Absicht. In Massengräbern finden heute sie nur zwei Dinge: Knochenreste und die Schuhe der Opfer. Viele bosnische Mütter haben uns die Schuhe ihrer verstorbenen Angehörigen geschickt. Aber für mich gab es einen ganz anderen Grund, Schuhe für Srebrenica als Symbol zu nehmen. Wenn Sie einen herrenlosen Schuh auf der Strasse sehen, strahlt der eine Verlassenheit aus, die das doppelt, was eine ganze Nation drei Jahre lang während eines schrecklichen Krieges durchmachen musste. Das darf nicht vergessen werden. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Der Bosnienkrieg ist das moralische Grab Europas. Der 29-Jährige Berliner Philipp Ruch ist Aktivist in der Künstlergruppe "Zentrum für politische Schönheit". Er studierte von 2003–2009 bei Prof. Herfried Münkler und Prof. Volker Gerhardt politische Theorie und Philosophie, daneben Geschichte, Kulturwissenschaft und Germanistik. Er arbeitete im Forschungsbereich "Geschichte der Gefühle" am Max-Planck-Institut und wurde von der Zeit unter die "100 Studenten, von denen wir noch hören werden" gewählt. Cornelius Wüllenkemper ist freier Journalist in Berlin.

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What stands in the way of Bosnia reconciliation When will those involved in Srebrenica – including the UN – admit their responsibility and atone for the 1995 genocide? Heather McRobie guardian.co.uk, Monday 21 June 2010 14.30 BST

An UN investigator removes earth from bodies in a mass grave outside the village of Cerska, near Srebrenica, Bosnia on July 15, 1996. Photograph: Odd Andersen/Getty Images.

The admissions of the Saville report last week, and the government's apology for Bloody Sunday, remind us of the imperative to acknowledge responsibility for state crimes against civilians, however too little or too late. But in Bosnia, there's a palpable sense that justice for the brutalities of the 1990s is still lacking. The international criminal tribunal for former Yugoslavia (ICTY) has already begun to discuss what to do if key figures like Ratko Mladić cannot be tried before the ICTY closes. Almost 20 years after the start of the wars of the former Yugoslavia, accountability for war crimes still hasn't been delivered – not by the ICTY, whose narrow focus has always been limited to the top figures; not in the region's domestic courts, which should have been key to societal-level reconciliation yet still lack both capacity and transparency; and not against those who many feel were complicit in the Srebrenica genocide, the "international community", and the UN. The conviction of the Bosnian Serb officers for genocide at the ICTY last week was, as Slavenka Drakulić has written, a step in the direction of justice. But the same week, news came that Mladić's family are pushing to declare the wartime commander dead, and Mladić's continued evasion of justice is a reminder that the ICTY has failed even in its narrow aim of prosecuting those most responsible for war crimes such as Srebrenica. The absence of transitional justice mechanisms such as a South Africa-style truth commission "on the ground" means even the ICTY's modest successes are detached from the need for societal consensus on what happened, who did what. On top of this, the absence of accountability for the UN's own role in Srebrenica undermines the credibility of international justice as a whole. An initiative by a German NGO is currently under way to construct a "pillar of shame" intended to draw attention to the UN's failure to fully own up to its share of responsibility for the Srebrenica genocide 15 years after 8,000 unarmed Bosnian Muslim men and boys were murdered by Bosnian Serb forces in the UN "safe area". The pillar will spell out the letters UN using 16,744 shoes, representing the numbers of the victims of Srebrenica, and intends to "serve as a metaphor for the immense betrayal of the UN in Bosnia and Herzegovina". The pillar will be presented at The Hague on 1 July, and in Berlin on 11 July, the day Srebrenica fell to the Bosnian Serb army in 1995.


The pillar of shame project is supported by the Mothers of Srebrenica, the group representing survivors and relatives of those who were killed in Srebrenica, who filed a law suit against the UN at the Hague, accusing the peacekeepers of failing to take necessary steps to prevent the genocide. The case was rejected earlier this year on the grounds of the UN's immunity from prosecution, yet the UN itself has admitted its failure in Srebrenica – it just refuses to do so legally. Kofi Annan himself acknowledged that force should have been used to stop the killings, and that peacekeepers "must never again be deployed into an environment in which there is no ceasefire or peace agreement''. But on any attempts to bring legal redress for the UN's own admission of failure, the international organisation is unwilling to waive its own immunity from prosecution. The UN's desire to restore its credibility on the genocide was also undermined by its own admission that evidence from Srebrenica had been destroyed at the ICTY. The UN's reluctance to acknowledge its share of responsibility is compounded by the failures of domestic and regional transitional justice, which means the nature of the crime of Srebrenica is still not adequately acknowledged. In 2004, the ICTY ruled that the Srebrenica massacre was a genocide according to the definition of the 1948 genocide convention, and the International Court of Justice concurred with this verdict in 2007. But it has taken 15 years for neighbouring Serbia to pass a resolution condemning what happened in Srebrenica – and even in 2010, the word "genocide" was notably absent from Serbia's statement. The failure of transitional justice on the ground means that the basic facts of the war are still openly contested, from endemic "whatabboutery" to politicians in the Republika Srpska entity of Bosnia demanding Srebrenica figures be "recounted", which the OHR's Valentin Inzko has condemned as a "despicable attempt to question that genocide took place". In Bosnia, the lack of consensus on the war crimes committed by all sides is reinforced, among other things, by strictly segregated education, teaching children three different versions of their parents' war. And while EU conditionality has focused overwhelmingly on ICTY co-operation, rather than justice delivered through domestic courts, the vast backlog of domestic cases continues to pile up, and incomplete vetting of postwar judiciaries has understandably failed to foster faith in the rule of law. After many failed attempts, there has still not been a successful truth commission to establish a consensus of narrative that could allow the region to come to terms with its past; instead, divides are entrenched along the lines of contested recent history. It took the British government 38 years to acknowledge responsibility for Bloody Sunday. In the Balkans, where the conflict is more recent and the death toll far higher, there's little hope of moving forward until there is accountability for all involved – including the UN, and through both the ICTY and regional truth commissions – and a clear acknowledgement of who, exactly, is responsible for what. guardian.co.uk © Guardian News and Media Limited 2010


Gibt es genug Irre in Berlin? Der Speakers" Corner vom Hyde Park kommt nach Deutschland Ans Brandenburger Tor wird heute ein Stückchen London transferiert, das 'Speakers" Corner Berlin'. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts darf am Nordosteck des Londoner Hyde Parks jeder der will nicht weit vom Marmorbogen des Marble Arch seine Meinung kundtun. So stehen sie dort seither auf Kisten und Schemeln, um zu reden. Der Speakers" Corner Trust, eine britische Stiftung, versucht unter der Schirmherrschaft von Vaclav Havel seit 2007, die Idee der Hyde-Park-Ecke in andere Städte zu übertragen, um ein 'aktives, engagiertes Staatsbürgertum' zu fördern - in Großbritannien und 'in sich entwickelnden Demokratien'. Prominente Gastredner sind eingeladen, das mitorganisierende 'Zentrum für politische Schönheit' des politisch-philosophischen Aktionskünstlers Philipp Ruch will Bewohner Berliner Altersheime ihre 'letzten Wünsche' für Deutschland verkünden lassen - und dann soll, ganz wie in London, jeder der mag auf ein Podium steigen und über das sprechen, was ihn bewegt. Der Sponsor Google, der sich nach eigenen Angaben 'weltweit für die Rede- und Meinungsfreiheit' einsetzt, will Videoaufzeichnungen aller Wortbeiträge auf seinem 'Google Free Expression'-Kanal bei Youtube veröffentlichen. Eine wahrhaft schöne und noble Idee, und es kann gerade den Deutschen nie schaden, wenn sie sich in freier Rede üben. Aber der anglophile Mensch stellt sich mit Sorge die Frage: Ob sich auch genug Irre einfinden? Denn Speakers" Corner im Hyde Park ist vieles, aber ein Symbol der besonnenen Argumentation sicher nicht. Für eine Karriere in Westminster trainieren junge Engländer nicht am Marble Arch. Dafür gibt es die Debating Societies. Speakers" Corner ist seit 170 Jahren der Ort für UfoGläubige, Verschwörungstheoretiker, Erleuchtete, Rassisten, Anarchisten und Fundamentalisten jedweder Religion. Und für die 'hecklers', die Zwischenrufer, die ihnen laut krähend herbes Kontra geben. So schön es ist, dass endlich auch einmal jemand Gesine Schwan und Timothy Garton Ash ein öffentliches Forum bietet - aber erst das stoische Ertragen des Anstößigen macht Speakers" Corner ja zu einer so schönen Demonstration der Redefreiheit. Im Hyde Park dürfen natürlich auch Irre reden, schimpfen oder fluchen, so lange sie nicht zu Gewalt aufrufen. Und am Brandenburger Tor? Ausgerechnet am 9. November, dem Schicksalstag der Deutschen? 'Hate Speech' wollen die Veranstalter allerdings nicht dulden. Das ist auch richtig so. Gegen den gepflegten Ideenaustausch der Zivilgesellschaft auf Outdoor-Podien ist ja nichts einzuwenden. Nur das zeitgemäße Speakers" Corner, das ist dann doch vielleicht eh schon Youtube selbst. Irre und 'hecklers' gibt es da jedenfalls genug. NIKLAS HOFMANN

09.11.2011 06:30


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mercredi 04 août 2010

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10/07/10 Réagir

16:01

Il y a 15 ans, Srebrenica

SARAJEVO (AP) — De près, c'est un entassement gigantesque de 16.000 chaussures usées, chaque paire censée représenter une des 8.000 victimes du massacre de Srebrenica, le 11 juillet 1995. De loin, on verra émerger le nom de l'ONU: le mémorial de Phillip Ruch, pour le 15e anniversaire du pire massacre qu'ait connu le sol européen depuis la fin de la Seconde guerre mondiale, s'appelle le "Pilier de la honte", montrant du doigt l'organisation internationale et son terrible échec à l'empêcher. A la veille de ce quinzième anniversaire, le militant allemand attend avec impatience le débat que son mémorial ne devrait pas manquer de relancer lorsqu'il se dressera dans les collines surmontant Srebrenica, dans le courant de l'année prochaine. Et de qualifier son projet de "mise en garde pour tous les futurs personnels de l'ONU de ne jamais plus rester sans rien faire pendant un génocide". Car, à l'été 1995, c'est dans une enclave censée être sous la protection des casques bleus que plus de 8.000 hommes et adolescents musulmans furent massacrés par les forces du général bosno-serbe Ratko Mladic. Srebrenica, à quelque 90km au nord-est de Sarajevo, en Bosnie orientale, assiégée par les Serbes, avait été décrétée zone protégée pour les civils. Mais les casques bleus néerlandais censés assurer cette protection n'avaient guère d'armes, et aucun mandat clair, pour mener à bien cette mission. Srebrenica tombera sans coup férir le 11 juillet 1995, après que les hauts responsables onusiens à New York aient fait la sourde oreille aux appels des casques bleus de l'enclave réclamant d'urgence une intervention aérienne de l'ONU. Alors que la population affolée fuyait la ville pour se réfugier auprès d'eux, les casques bleus laissèrent les Serbes emmener les habitants, après avoir entendu le général Ratko Mladic assurer qu'il ne leur serait fait aucun mal et qu'ils seraient uniquement expulsés. Les massacres, principalement des hommes et des adolescents, traqués jusque dans les forêts, commencèrent peu après. Le chef politique des Serbes de Bosnie Radovan Karadzic est aujourd'hui jugé pour les avoir orchestrés, tandis que le général Mladic, principal responsable direct, court toujours. Et que de nouveaux cadavres, entassés au bulldozer dans des fosses communes, continuent d'être exhumés par centaines chaque année. Les chaussures des morts, emballées dans des barbelés, s'entasseront, sur près de huit mètres de haut, les lettres U - N (pour "United Nations", Nations unies), en guise de "piliers de la honte" surplombant le champ de la mort de Srebrenica. Dimanche, les auteurs du projet déverseront 8.372 paires de chaussures devant la Porte de Brandebourg à Berlin. Chaque paire représentant l'une des 8.372 personnes officiellement disparues à Srebrenica. A la même heure, dans l'ex-enclave, les présidents de Serbie et de Croatie viendront rendre hommage aux victimes aux côtés des responsables musulmans bosniaques au mémorial de Potocari. Ensemble pour la première fois. Si la méfiance entre communautés sévit toujours en Bosnie-Herzégovine, cette participation conjointe entend symboliser avec force la réconciliation, 18 ans après le début de ces guerres-gigogne de l'ex-Yougoslavie. L'ONU, elle, n'y sera pas représentée. Mais son inaction d'alors reste à vif dans la mémoire collective bosniaque. "Il ont regardé se dérouler le génocide -en direct", soupire Munira Subasic, présidente des "Mères de Srebrenica", qui y a perdu 22 membres de sa famille à Srebrenica. En 1999, le secrétaire général de l'ONU Kofi Annan avait admis l'échec de l'organisation à Srebrenica, l'attribuant à des erreurs d'analyse et à "l'incapacité à reconnaître l'ampleur du mal auquel nous étions confrontés". Responsable à l'époque du conflit bosniaque des opérations de maintien de la paix, il a qualifié ce drame de page la plus noire de l'histoire de l'organisation. Dimanche, parmi les diverses commémorations, se tiendront les funérailles les plus grandes de l'histoire de l'Europe moderne: 775 personnes seront officiellement enterrées à nouveau, dont la première victime catholique du massacre, un Croate. A ce jour, plus de 3.000 des victimes de Srebrenica ont eu de véritables funérailles, après avoir été identifiées par l'ADN. AP nc/v0/mw

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Print Date : Thursday, July 8, 2010

Srebrenica massacre memorial to point finger at UN

SARAJEVO (AP) – Phillip Ruch's monument to Srebrenica is a huge jumble of worn shoes, more than 16,000 of them, each pair representing a victim of Europe's worst massacre since World War II.

Seen from afar it will spell out UN in gigantic letters. The ""Pillar of Shame"" is to be raised in the hills above Srebrenica with a controversial goal: singling out the United Nations and international leaders as the ones most responsible for failing to prevent the mass killings. Ahead of the 15th anniversary Sunday of the massacre, Ruch said he is looking forward to the debate the monument is almost certain to generate when it goes up at some point next year. The German activist describes his project as a ""warning for all future UN employees never again just to stand by when genocide unfolds"" — alluding to the failure of UN peacekeepers to protect the Srebrenica victims during the Bosnian war. On July 11, 1995, more than 8,000 Bosnian Muslim men and youths were slaughtered by Bosnian Serb troops in an enclave supposedly protected by UN peacekeepers. The United Nations had declared Serb-besieged Srebrenica, some 90 kilometers (60 miles) northeast of Sarajevo, a protected area for civilians. But the few hundred Dutch Blue Helmets on the ground were left short of credible weaponry or a clear mandate to protect the town. Srebrenica fell to the Serbs after senior UN commanders dithered on Dutch requests for air strikes and its overwhelmingly Bosnian Muslim residents swarmed the UN military base, seeking refuge. But the peacekeepers allowed the Serbs to take away the townspeople when Gen. Ratko Mladic, their leader, said they would not be harmed. The shootings began shortly after. While Bosnian Serb leader Radovan Karadzic is now being tried by the UN tribunal at the Hague for allegedly masterminding Srebrenica, Mladic remains at large. And the bodies, bulldozed into mass graves, keep turning up by the hundreds each year. ""Pillar of Shame"" creator Ruch says worn shoes have been pouring into Bosnian collection centers since he launched his appeal for footwear six weeks ago. They will be encased in wire mesh, in 8-meter (nearly 9-yard) tall letters spelling out UN and placed on a hill overlooking the graves of the Srebrenica victims. Also displayed — in a way still to be determined — will be names picked by Bosnian Muslims of UN and other international officials considered responsible for botching the task of protecting Srebrenica. Bosnian Muslim Zlata Konakovic is so fired up by the project she donated seven pairs of shoes, including ones mailed from Washington from her son and grandson. ""I knew over 8,000 people were killed but only when you see this mountain of shoes do you get the picture of how

many that is,"" she said. On Sunday, as the Srebrenica commemorations start, Ruch plans to dump 8,372 collected pairs in front of Berlin's Brandenburg Gate. In Srebrenica, the presidents of both Serbia and Croatia will for the first time pay respects to victims alongside Bosnian Muslims. Ethnic distrust continues to plague postwar Bosnia, but the leaders' joint presence at the Srebrenica ceremonies is meant to be a powerful sign of reconciliation 18 years after the eruption of Europe's fiercest post-World War conflict. The UN will not be represented. But the failure of U.N. peacekeepers to protect the Srebrenica victims is vividly etched in the collective Bosnian Muslim memory. ""They watched genocide — live,"" said Srebrenica survivor Munira Subasic, who lost 22 relatives. Then-UN Secretary-General Kofi Annan said in a 1999 report that the United Nations failed at Srebrenica because of errors, misjudgment and ""an inability to recognize the scope of the evil confronting us."" He said the UN treated Serbs and Muslims equally when they should have made a ""moral judgment"" that ethnic cleansing — practiced mostly by the Serbs — was evil. An independent study by the Netherlands Institute for War Documentation cleared the Dutch troops of blame, noting they were outnumbered, lightly armed, undersupplied, and under instructions to fire only in self-defense. However, the Dutch government has accepted ""political responsibility"" for the mission's failure, and has given tens of millions of dollars to Bosnia, with a third earmarked for rebuilding Srebrenica. But for most Bosnian Muslims, that is not enough. ""We are taking the United Nations to the Court of Human Rights,"" said Subasic, who heads the victims' association Mothers of Srebrenica.


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Matanza de Srebrenica apunta a las Naciones Unidas Por : Agencia AP Share

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SARAJEVO, Bosnia-Herzegovina (AP). El monumento de Phillip Ruch a Srebrenica es un enorme conjunto de zapatos usados, más de 16,000, y cada par representa a las víctimas de la peor matanza cometida en Europa desde la Segunda Guerra Mundial. Visto desde lejos representará el anagrama de las Naciones Unidas con letras gigantescas. La "Columna de la vergüenza" se alzará en las colinas que rodean Srebrenica con un polémico objetivo: acusar a las Naciones Unidas y los líderes internacionales de ser los principales responsables de no haber En esta foto del miércoles 30 de junio del 2010, una activista de evitado la matanza. Bosnian muestra los zapatos reunidos para hacer la "Columna de la Vergüenza", monumemto del activista alemán Phillip Ruch a

Ante el 15to aniversario de la matanza, que Srebrenica, en Sarajevo. Foto/AP. se cumple el domingo, Ruch dijo que ansía Más de INTERNACIONALES el debate que casi con seguridad generará el monumento cuando sea inaugurado el En canje de espías, los agentes eran peones próximo año. Poblado palestino quedaría rodeado por valla israelí Informan contaminación con mercurio en predios de El activista germano considera su proyecto Petrobras una "advertencia para todos los futuros empleados de la ONU de que nunca más vuelvan a permanecer impasibles cuando ocurre un genocidio", en alusión a la pasividad de los cascos azules para proteger a las víctimas de Srebrenica durante la guerra bosnia. El 11 de julio de 1995, más de 8,000 musulmanes bosnios, hombres y adolescentes, fueron muertos por la tropa bosnio-serbia en el enclave que en teoría era protegido por las Naciones Unidas. La ONU había declarado Srebrenica, sitiada por los serbios y a unos 90 kilómetros (60 millas) al noreste de Sarajevo, zona protegida para los civiles. Empero, unos pocos centenares de cascos azules holandeses estaban apostados allí sin armamento pesado o siquiera órdenes contundentes de proteger la aldea. Srebrenica cayó en poder de los serbios después que los comandantes de la ONU retrasaran los pedidos holandeses de bombardeos y ataques aéreos y sus residentes mayormente bosniomusulmanes acudieran en masa a la base de las Naciones Unidas en busca de protección. Empero, los cascos azules permitieron a los serbios llevarse a los lugareños cuando el general Ratko Mladic, su líder, prometió que no serían maltratados. Los tiroteos comenzaron poco después. Mientras que el líder bosnio-serbio Radovan Karadzic es juzgado ahora por un tribunal de la ONU en La Haya por haber tramado presuntamente la matanza de Srebrenica, Mladic sigue prófugo. Y los cadáveres, empujados por tomadoras hasta las zanjas que sirvieron de fosas comunes, siguen apareciendo cada año por centenares. El creador de la "Columna de la Vergüenza", Ruch, dijo que zapatos usados han llegado sin cesar a los centros de recolección de Bosnia desde que emitió su pedido hace seis semanas.


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Publicado el domingo, 07.11.10

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Un monumento crítico de la ONU BY AIDA ROBINSON / AP SARAJEVO

El monumento de Phillip Ruch a Srebrenica es un enorme conjunto de zapatos usados, más de 16,000, y cada par representa a las víctimas de la peor matanza cometida en Europa desde la Segunda Guerra Mundial. Visto desde lejos representará el anagrama de las Naciones Unidas con letras gigantescas. La llamada Columna de la Vergüenza se alzará en las colinas que rodean Srebrenica con un polémico objetivo: acusar a Naciones Unidas y Occidente de ser los principales responsables de no haber evitado la matanza. Ante el décimoquinto aniversario de la matanza, que se cumple el domingo, Ruch dijo que espera con ansiedad el debate que casi seguramente generará el monumento cuando se inaugure el próximo año. El activista alemán considera su proyecto una ``advertencia a la ONU a no permanecer impasibles ante un genocidio'', en alusión a la pasividad de los cascos azules para proteger a las víctimas de Srebrenica durante la guerra en Bosnia. El 11 de julio de 1995, más de 8,000 musulmanes bosnios, hombres y adolescentes, fueron masacrados por militares bosnioserbios en un enclave protegido por Naciones Unidas. La ONU había declarado Srebrenica, sitiada por los serbios y unos 90 kilómetros al noreste de Sarajevo, zona protegida para los civiles. Pero unos pocos centenares de cascos azules holandeses estaban apostados sin armamento pesado o siquiera órdenes estrictas. Srebrenica cayó en poder de los serbios después que los comandantes de la ONU rechazaron los pedidos de las fuerzas holandeses de ataques aéreos y los habitantes, mayormente bosnios musulmanes, acudieran en masa a la base de Naciones Unidas en busca de protección. Pero los cascos azules permitieron a los serbios que se los llevaran cuando el general Ratko Mladic, su líder, prometió que no los maltratarían. Los disparon comenzaron poco después. Mientras el líder bosnio-serbio Radovan Karadzic es juzgado por el tribunal de la ONU en La Haya, acusado de planear la matanza de Srebrenica, Mladic sigue prófugo. Y cientos de cadáveres, echados con equipos pesados a las zanjas que sirvieron de fosa común, aparecen todos los años. Ruch dijo que han llegado sin cesar zapatos usados a los centros de recolección de Bosnia desde que hace pocos días los solicitó a la población.

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Ausgabe Nr. 272/2010

Kommentar Sudan

Über den eigentümlichen Versuch Deutschlands, einen Diktator mit dem Organigramm zu bezwingen Von Philipp Ruch

Die Kategorie des „Respekts“ ist bis heute keine politisch anwendbare. Am Donnerstag pilgerte die Bundesrepublik zur Amtseinführung eines international gesuchten, dreifachen Völkermörders. 21 Jahre brutalster Militärherrschaft im Sudan, Genozid im Südsudan, in den NubaBergen und in Darfur, Millionen ziviler Opfer mit schwarzer Hautfarbe, ein internationaler Haftbefehl. Aber Deutschland schickt Diplomaten („niederen Ranges“) nach Khartum. Weshalb?

Zunächst glaubt man an eine böse Verwechslung. Wenn man hört, dass die Chefs der militärischen UNO-Missionen nach Khartum reisten, nahm man instinktiv an: um ihn endlich zu fassen. Aber der ausgeklügelte Plan des Auswärtigen Amtes lautet anders: ein Diplomat „niederen Ranges“ soll den Diktator demütigen. Man schickt nicht den Botschafter, sondern eben den Hausmeister – oder so ähnlich. Deutschland glaubt an die Skalierungstaktik von Ämtern und Befugnissen. Das Auswärtige Amt hat sich fest vorgenommen, einen Kriegsverbrecher mit dem Organigramm zu demütigen. Es bleibt allerdings unklar, ob Omar al Baschir, „the World’s most wanted“, jemals ein Organigramm deutscher Außenpolitik in Händen gehalten hat, das Grundlage für seine Demütigung wäre. Was ihm am Donnerstag tatsächlich aufgefallen sein dürfte: er wird per Haftbefehl wegen genozidaler Kriegsführung gesucht, er verübt dreifachen Völkermord, er gewinnt zuletzt eine Wahl, aus der sich die gesamte politische Konkurrenz aus Misstrauen und Angst vor ihm zurückzog. Aber der Westen reist am Ende wieder an. Bashir kann tun und lassen, was er will. Sie kommen immer wieder, die „kleinen Würmchen“. Bashir ist ein international gesuchter Kriegsverbrecher, der Millionen Menschen vernichtet, der das Leben der schwarzafrikanischen Bevölkerung zur Hölle gemacht hat. Er ließ Menschen verkrüppeln, Frauen vergewaltigen und die Seelen verheeren. Die Wun6

den und Schreie werden im Sudan durch das ganze 21. Jahrhundert zu sehen und zu hören sein. Bashir führte Krieg gegen die schwarze Bevölkerung, vertrieb sie zu Hunderttausenden in Flüchtlingslager am Rande seiner Einflusszonen. Dorthin, wo bis heute keine Lösung für sie gefunden werden konnte. 2,5 Millionen Menschen vegetieren im Westen des Landes vor sich hin. Der neuste Vorschlag sind „Ansiedlungsprogramme“, finanziert von der arabischen Liga, in denen sie fernab der Heimat in neue Dörfer gesteckt werden sollen. Dass damit das Ziel des Genozids, ein ethnisch homogener Herrschaftsraum, zementiert wird, liegt auf der Hand. Die UNO spricht von „Friedensmissionen“ in den Darfur-Regionen. Das Max-Planck-Institut für Völkerrecht legte sogar einen Friedensvertrag vor, der von Diplomaten und Regierungsbeamten als Meilenstein gepriesen wird. „Frieden“ ist ein Schlagwort, das gut ankommt auf dem internationalen diplomatischen Parkett. Seit Jahren wird es eingesetzt. Bis die Realität gänzlich in Schutt und Asche lag. Die westliche Langzeitstrategie überging die Wirklichkeit: „Frieden“ für ein Land, das seit Jahrzehnten nur Krieg kennt. Die westliche „Langzeitstrategie“ gerät über einem international gesuchten Völkermörder ins Stolpern. Bashir ist nicht der erste Diktator, dem wiederholt „Frieden“ angeboten wurde. Die Resultate sind bekannt. Es gibt zwei Möglichkeiten der Deutung für das Schauspiel diplomatischer Aufwartungen am vergangenen Donnerstag: ent-


Ausgabe Nr. 272/2010

Kommentar Sudan

Aber es gibt noch eine zweite, düsterere Interpretation: die Gratifikation kommt präventiv und voreilig. Wir kennen sie aus der Geschichte. 1938 nannte sie sich „Appeasement“. Damals traf sie auf eine politische Gestalt, die den Westen verachtete für ein politisches Handeln, das allzu durchschauund kalkulierbar war. Mehr von der Sehnsucht nach „Frieden“ beherrscht als durch Verzweiflung an der Realität. Im Vollgefühl seiner Macht gestand Hitler gegenüber seinen Generälen, was auch Bashir durch den Kopf gegangen sein könnte: „Die Gegner haben nicht mit meiner großen Entschlußkraft gerechnet. Unsere Gegner sind kleine Würmchen. Ich sah sie in München. […] Nun ist Polen in der Lage, in der ich es haben wollte. […] Ich habe nur Angst, daß mir noch im letzten Moment irgendein Schweinehund einen Vermittlungsplan vorlegt.“

weder wurde im Hintergrund ein Deal geschlossen, von dem wir nichts wissen. Vielleicht hat Bashir im Stillen ein Papier unterzeichnet, in dem er auf den Süden des Landes verzichtet. Im Januar 2011 soll nach amerikanischem Fahrplan ein neuer Staat das Licht der Welt erblicken: ein zweites Sudan. Aber da der Süden große Mengen der Ölvorkommen hält, kann ein Angriffskrieg schon vom geopolitischen Standpunkt nicht ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu westlichen Politikern haben die südsudanesischen Verantwortlichen nicht vergessen, was für ein Mann Bashir ist. Nach Bashirs Machtübernahme 1989 verwandelte sich der Süden in eine genozidale Todeszone. Man schätzt die Zahl der getöteten Menschen in der „Ära Bashir“ auf mindestens zwei Millionen. Die schwarze Bevölkerung im Süden will sich jetzt möglichst rasch politisch selbständig machen. Seit drei Jahren rüstet man für den Fall, sollte Bashir angreifen lassen. Am 25. September 2008 wurde ein ukrainischer Frachter von somalischen Piraten entführt. An Bord waren 33 T-72-Panzer, 6 Luftabwehr-Geschütze, 150 Panzerfäuste, 6 Raketenwerfer und große Mengen Panzergranaten.

Der letzte Donnerstag könnte ein politisch schwarzer gewesen sein – statt Indikator für ein Regelwerk im politischen Hintergrund der letzte benötigte Fieberschub im emotionalen Untergrund des Diktators. Eines Diktators, der im Westen des Landes hunderte Dörfer mit Antonov-Bombern aus der Luft bombardieren, die Brunnen vergiften, die Häuser plündern, die Menschen erschießen und vergewaltigen ließ. Alles mit dem Ziel und Vorsatz: die schwarze Bevölkerung aus „seinem“ Staatsgebiet zu vertreiben. Bashir im Jahre 2010 zu trauen, verbietet sich nicht nur aus der uneingeführten Kategorie des Respekts (vor seinen Millionen Opfern), sondern aus ganz realpolitischen Erwägungen. Das wird man im Auswärtigen Amt erst begreifen, wenn es wieder zu spät ist. Sollten Nachrichten von einer Eskalation der Gewalt in den Wintermonaten das Ferne Europa erreichen, könnte der letzte Tabubruch auf dem Weg zu Krieg in diesem unwürdigen Schauspiel gelegen haben, an dem sich die Bundesregierung am vergangenen Donnerstag beteiligte. ■

Die Entführer, überrascht von der Ladung, reagierten mit der höchsten Lösegeldforderung, die jemals gestellt wurde: 35 Millionen Dollar. Die Waffen waren laut Frachtbrief für Kenia bestimmt. Über Kenia wurden schon früher Waffenlieferungen in den Südsudan abgewickelt. Im November 2007 entgleiste etwa ein kenianischer Güterzug mit 17 T-72-Panzern an Bord. Erst der Unfall gibt die Substanz preis – lehrte einst Aristoteles. Diese Unfälle zogen die Waffenlieferungen ans Licht. Es ist eindeutig, dass die Bevölkerung im Süden sich nicht auf den Westen verlässt. Schlimmer noch: nicht verlassen kann. Die Menschen fühlen sich vom Westen so verraten wie die Füchtlinge aus Darfur.

Philipp Ruch, künstlerischer Leiter des Zentrums für Politische Schönheit, eines "Handlungs-Thinktanks" für die Menschenrechte, studierte von 2003–2009 politische Theorie und Philosophie, daneben Geschichte, Kulturwissenschaft und Germanistik. Er arbeitete am Forschungsbereich Geschichte der Gefühle des MaxPlanck-Instituts. 2010 gewann er die Unterstützung der „Mütter von Srebrenica“ (6000 Hinterbliebene des Völkermords von Srebrenica) für eines der bislang größten Mahnmalprojekte ("Säule der Schande", http://www.pillarofshame.eu).

Die hoffnungsvolle Interpretation der westlichen diplomatischen Aufwartung ist also: Bashir hat ganz formell und jenseits aller Öffentlichkeit auf die Kriegskarte verzichtet. Er wird keine Truppen in den Süden verlegen. Die Ölvorkommen werden ohne Krieg aus seinem Land austreten. Der Westen schickt eine Armada von Diplomaten gen Sudan, um Bashir in einer Art Gratifikationsstrategie zu feiern, bis dieser am Ende selbst glaubt, ein legitimer Präsident zu sein. Zeremonie gegen „Frieden“.

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The European Krise im Sudan

Der vierte Genozid Im Sudan brodelt es. Nach dem Völkermord in Darfur steht die südliche Region Abyei vor der Abspaltung und der Unabhängigkeit. Das wird Präsident Bashir nicht zulassen. Das Morden wird aufs Neue losgehen.

Abyei ist eine kleine Grenzregion zwischen Nord- und Südsudan. Hier befindet sich das größte Ölfeld des Landes, “Heglig 2”. Die Menschen im Süden stimmen im Januar 2011 darüber ab, ob sie aus dem heutigen Sudan austreten und einem neuen Staat, einem zweiten Sudan, angehören wollen – und wie sie wollen! Umfragen sehen weit mehr als 90 Prozent der Stimmen für eine Staatsteilung. Seit 1993 erblickt erstmals ein neuer afrikanischer Staat das Licht der Welt. Aber die Geburt wird alles andere als geräuschlos verlaufen. Das Epizentrum von Schreien, Maschinengewehren und Bombenexplosionen wird Abyei heißen. Der Name eines weiteren Vorhofs zur Hölle. Ausgangspunkt des vierten Genozids im Sudan?

Inszenierte Unruhen als Schlüsselproblem Die Einwohner der Region sollten eigentlich am 9. Januar 2011 darüber abstimmen, ob sie zum Süden oder zum Norden des Landes gehören wollen. Das sieht der 2005 geschlossene Friedensvertrag vor, der einen 20-jährigen Bürgerkrieg mit mehr als 2 Millionen Toten auf Eis gelegt hat. Seit letztem Monat dämmert der westlichen Diplomatie aber, dass etwas nicht stimmt. Bislang wurde nicht einmal die Referendumskommission besetzt. Bashir verweigert jegliche Unterschrift. Der wiedergewählte Präsident des Sudans hat schließlich genug zu tun. Er wird wegen Völkermordes international gesucht. Den diplomatischen Anstrengungen, die wir dieser Tage erleben, darf eine Gewissheit entgegengehalten werden: Zu einer Wahl in Abyei wird es niemals kommen. Bashir wird jede Abspaltung Abyeis mit allen Mitteln verhindern. Selbst das Wie ist absehbar: Spätestens im Dezember 2010 kommt es wundersam, plötzlich und völlig überraschend zu “Ausschreitungen”. Diese nutzt Bashir dazu, die Region mit Truppen zu besetzen, die offiziell die Bevölkerung vor Gewalt “schützen”. Spätestens nach der Unabhängigkeit am 9. Januar 2011 marschiert dann auch der Südsudan mit Truppen in Abyei ein. Wenn Abyei Maschinenraum eines neuen Kriegs ist, wäre er auch zu verhindern: Was die Menschen brauchen, sind Beobachter, die jede Art von “Unruhen” beobachten und untersuchen. 5.000 Soldaten der Afrikanischen Union dürften genügen, um Wahlen zu garantieren. Sie würden den potenziellen Kriegsparteien verunmöglichen, sich als Retter in der Seite 1 von 2


Not zu inszenieren. Denn genau das ist ihr Plan.

Der gute Wille eines zweifachen Völkermörders? Abyei wirft einmal mehr die Frage auf, wie der Westen mit Völkermördern zu verfahren gedenkt. Wer ist eigentlich bereit, einem zweifachen Völkermörder zu vertrauen? Die Antwort: so gut wie alle. Die Verhandlungsführer setzen darauf, dass Bashir sich über Nacht in einen Gutmenschen verwandelt hat. Aber wo andere einen Krieg fürchten, sieht Bashir zwei der größten Ölfelder seines Landes. Seine Politik ist darauf angelegt, Rebellen im Südsudan auszurüsten, die den neuen Staat destabilisieren, bis er im Bürgerkrieg kollabiert. Unser religiöser Glaube an den guten Willen eines zweifachen Völkermörders hat etwas Verzweifeltes. Es reiht sich in ein politisches Erbe ein, das sich an Gestalten wie Hitler bis Milosevic die Zähne ausgebissen hat. Man ignoriert das Genozidinferno, das diese Männer anrichten. Genauso wie ein Gesetz der politischen Psychologie, nach dem die Verachtung eines Diktators in dem Maße wächst, wie man bereit ist, seine Bösartigkeit zu verdrängen. Dabei hatte die Regierung Bush vor Jahren einmal vorgemacht, wie mit Bashir umzugehen ist. Nach dem 11. September wollte Khartum keine Informationen zu Osama bin Laden offenlegen. CIA-Agenten trafen sich in London mit Vertretern Bashirs und drohten, Ölraffinerien, Häfen und Pipelines zu bombardieren. Umgehend wurden die gewünschten Informationen ausgehändigt. Aber der Krieg gegen Terror war wichtiger als der Krieg gegen Genozid.

von Philipp Ruch (/philipp-ruch) – 12.10.2010

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02.07.2011

Mind Your Own Business Im Sudan eskaliert die Gewalt. Hunderttausende wurden vertrieben. Mit der Eskalation schlägt die Stunde der Afrikanischen Union (AU) unter Thabo Mbeki. Der ehemalige südafrikanische Staatspräsident hat den Konflikt zum Schauplatz einer irrwitzigen Agenda auserkoren, die am Ende Tausende das Leben kosten könnte.

Thabo Mbeki, Gründervater der Afrikanischen Union (AU), will den afrikanischen Kontinent gegen die historischen Erfahrungen Europas abschotten und pocht auf das Recht Afrikas, eigene Erfahrungen zu machen. Er nennt es: „Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“. Vergangene Woche druckte eine große deutsche Zeitung seine Interpretation des Libyenkrieges, die ein Licht auf seine Pläne im Sudan wirft. Unter der Überschrift „Die Kolonialisten kehren zurück“ wettert Mbeki gegen die Überheblichkeit der westlichen Staaten, sich in Afrika (nicht: der arabischen Welt) „unverlangt“ einzumischen. Er führt den „Erfolg“ der Revolutionen in Tunesien und Ägypten auf die Nichteinmischung der afrikanischen Staaten zurück, den Krieg in Libyen dagegen auf die westliche Einmischung. Hätte man lange genug gewartet, wären Gaddafis Truppen nie bis Bengasi vorgerückt.

Eine kulturrelativistische Doktrin Was Mbeki aber so gefährlich macht, ist seine kulturrelativistische Doktrin. Er will – abgeschottet vom Westen – „afrikanische Erfahrungen“ machen. Doch diese sind nicht im Sinne der südsudanesischen Zivilbevölkerung und werden sich nur unmerklich von denen unterscheiden, die Europa in Bosnien machen musste. Auch damals verurteilte ein „Sicherheitsrat“ die rohe Gewalt. Auch damals besaßen die Mitglieder einen unerschütterlichen Glauben an die Macht von Pressemitteilungen. Mbeki will die blutigen Lehren der Geschichte erneut hören. Man möchte ihn für naiv halten, wäre da nicht die Karriere des 69-Jährigen, die zeigt, dass er bereits allerhand Diktatorenhände geschüttelt hat: die Komplizenschaft mit Mugabe gehörte zu den größten Lasten. Mbekis Darstellung gerät zur Komödie, wenn er gesteht, wozu die AU in der Lage ist. So habe der „AU-Sicherheitsrat“ beschlossen, eine Delegation nach Libyen zu schicken. Das sei aber nicht gelungen, wegen „der schwachen Kommunikation zwischen den afrikanischen Staaten, viele wussten noch Tage nach der Libyen-Erklärung des AU-Sicherheitsrates nicht, was dieser beschlossen hatte“. Wenn die Mitgliedstaaten die eigenen Beschlüsse nicht mitbekommen, wie wollen sie Sanktionen durchsetzen oder Kriege verhindern?

Europa soll sich heraushalten Zwar wünscht Mbeki nicht den Tod der Einwohner von Südkordofan. Aber um Menschen geht es ihm nicht. Es geht um die moralische Diskreditierung eines vermeintlich imperialistischen Westens. Europa soll sich endlich aus Afrika heraushalten. Wenn dafür Menschen in Bengasi abgeschlachtet oder aus Südkordofan vertrieben werden, sind das Opfer auf dem Weg zum Ziel. Der Sudan ist eine Bühne. Das Stück trägt den Titel: „afrikanische Lösungen“. Der erste Akt endete mit der Entmilitarisierung Abyeis. Aber das „afrikanische Problem“ – die Kriegsregion Südkordofan – blieb unangetastet. Ein Verdacht drängt sich auf: das Mandat der UN-Mission im Sudan läuft im Juli aus. Dabei decken sich die Interessen des Diktators Bashir mit denen Mbekis: Abzug der UN-Mission, dafür Truppen unter AU-Mandat. Mbeki ist besessen von Afrikas Unabhängigkeit – und blind für die Konsequenzen. Er interpretiert den Rückzug von UN-Truppen als Machtgewinn für die AU. Die politische Agenda hinter all seinen Aktivitäten ist die Verbannung des Westens, nicht die Verhinderung von Toten. Hinter den „afrikanischen Lösungen“ verbergen sich Leichenberge, die der Westen beerdigen, nicht verhindern soll. von Philipp Ruch


Luftschläge hätten Srebrenica verhindert | Leserartikel | ZEIT ONLINE

Luftschläge hätten Srebrenica verhindert 27.03.2011, 20.00 UHR

Seit die Alliierten sich durchringen konnten, die militärische Hightech-Macht des libyschen Diktators Gaddafi in die Steinzeit zurück zu katapultieren, wird wieder über den Sinn und Unsinn von Luftschlägen diskutiert. Dazu wird auch der Völkermord von Srebrenica als Beweis angeführt, dass Luftschläge gegen genozidale Verbrechen nichts auszurichten vermögen. Das Problem ist nur: Luftschläge hätten Srebrenica verhindert. So warf der Dirk Niebel, Bundesentwicklungsminister, in einer Gesprächsrunde des ZDF jüngst die durchaus interessante Frage auf: „Hat jemals eine Flugverbotszone ein Massaker verhindert?“ – Darauf antwortete der Minister, noch ohne Luft zu holen, höchstselbst, indem er meinte, nicht einmal Bodentruppen der Vereinten Nationen hätten dies in Srebrenica getan. Dirk Niebel spinnt dabei an einem westlichen Märchen, nach dem das Truppenkontingent von weniger als 400 Soldaten in Srebrenica als unterstützender, verlängerter Flügel der Luftschläge erscheint. Das Argument ist stets dasselbe: weder Luftschläge, noch Bodentruppen hätten in Srebrenica etwas auszurichten vermocht. Nichts könnte von der historischen Wirklichkeit ferner liegen. Um Niebels Frage mit allem ihr gebührenden Ernst durchzusprechen, muss man die Aufmerksamkeit von Srebrenica zunächst auf den Belagerungsring von Sarajevo lenken. Denn die serbische Art, den Krieg in Bosnien zu führen, war überall dieselbe. Die Truppen drangen mit paramilitärischen Truppen und „Snipern“ (Scharfschützen“) in die Städte ein und schürten Chaos und Angst. Um Sarajevo herum entstand ein Belagerungsring aus schwerer Artillerie, Panzern und Granatwerfern. Täglich erbebte in Sarajevo hundertfach die Erde von den Bombardements. Über drei Jahre hinweg starben durch diesen Belagerungsring, der der Metropole die Luft abschnüren sollte, über 11.000 Menschen. Carolin Fetscher bezeichnete dieses Vorgehen gegen die bosnische Bevölkerung einmal unnachahmlich als „Slow-MotionGenocide“. Aber nicht nur die serbische Kriegsführung, auch die Reaktionen des Westens lassen sich an Sarajevo besser ablesen als an Srebrenica. Die Hauptstadt lag immerhin drei Jahre lang im Zentrum der Weltaufmerksamkeit – was sich vom belagerten Srebrenica nicht behaupten lässt. Allabendlich wurden die Bilder dieses langsamen Dahinsterbens, Bilder von der „bosnischen Agonie“, von den Fernsehnachrichten in die westlichen Wohnzimmer und Bürokratiestuben geschickt. Über die westliche Reaktion auf diese Bilder kann man sich nicht genug wundern. Drei Jahre lang wurde die Bildproduktion einer gigantischen humanitären Katastrophe gen Westen geschickt, die durch Belagerungsringe verursacht wurde. Keiner der westlichen Zuschauer kam auf die Idee, die serbischen Belagerungsringe, die die bosnischen Städte einschnürten, aus der Luft anzugreifen und zu zerstören. Es war dieser Umstand, der den Sohn von Susan Sontag zu einer der eindrücklichsten Aussagen über die „Evolution der Genozide“ hinriss: „Noch heute glauben viele, wenn die Welt nur vom Holocaust gewusst hätte, hätte sie auch etwas dagegen unternommen. Zwei Jahre in Bosnien haben mich eines anderen belehrt. Hätte es Bilder aus Auschwitz in der Weltpresse gegeben, hätte die Welt genauso wenig gehandelt.“ Die Belagerungsringe, die das langsame Sterben ins Werk setzten, blieben über drei volle Jahre hinweg mehr oder weniger unangetastet. – Dies, obwohl sie im grellen Scheinwerferlicht der internationalen Medien standen. Der nie ausgesprochene Grund dafür war, dass sich die Weltgemeinschaft auf ein derart aggressives Vorgehen, die Belagerungsringe aus der Luft zu vernichten, nicht einigen konnte oder wollte. Man nahm die Bilder und Erzählungen von Völkermord, Vergewaltigungen und systematischen Vertreibungen lieber hin, als die Aggressoren zurückzuschlagen. Der serbischen Armee gelang es im Frühjahr 1995 sogar, westliche Soldaten in Geiselhaft zu nehmen und an strategisch wichtige Kriegsziele zu ketten. Eine Episode, die zur Erklärung des westlichen Verhaltens in Srebrenica maßgeblich beiträgt. Die in Bosnien stationierten Bodentruppen erscheinen deshalb weniger als verlängerter Arm der NATO, sondern vielmehr als Widersacher für westliche Luftschläge. Was eigentlich alle Kommentatoren der serbischen Kriegsführung beobachteten, war das vorsichtige Herantasten an die Grenzsetzung der internationalen Gemeinschaft. Auf Srebrenica rollten zunächst vier serbische Panzer vor. Was viele bis heute nicht wissen: Srebrenica liegt in einem Tal, in das nur eine einzige Strasse hineinführt. Vier Bomben für vier Panzer aus altsowjetischer Produktion hätten ausgereicht, um den Massenmord in Srebrenica, das schlimmste Verbrechen auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg, zu verhindern. 40.000 Zivilisten hatten sich in die „UNO-Schutzzone“ geflüchtet. Schlimmer noch als das Märchen, dass der Westen nicht in der Lage gewesen sei, eine einzige Strasse zu blockieren, ist


Märchen, dass der Westen nicht in der Lage gewesen sei, eine einzige Strasse zu blockieren, ist die Tatsache, dass 40 Kampfflugzeuge am Vorabend der Katastrophe über der Adria kreisten und auf ihren Einsatzbefehl warteten. Obwohl die UN-Einsatzregeln den Einsatz von Luftangriffen vorsahen, um die Zivilisten zu verteidigen, wurden die Kampfjets vom französischen General Bernard Janvier auf den Boden zurückbeordert. Der Westen konnte sich nicht dazu entschließen, die serbische Armee aus der Luft zu bombardieren und damit als Aggressor dazustehen. Das ist das gigantische Verbrechen, das der Westen in Srebrenica beging: ein Verrat an 40.000 Menschen, denen man zugesichert hatte, sie zu beschützen, die fest mit militärischem Schutz gerechnet hatten und auf die dann eine unaussprechliche Menschenjagd mit Hunden, Maschinengewehren, Minenwerfern und Panzern einsetzte, die über 8.000 von ihnen nicht überleben sollten. Das Schicksal Srebrenicas war dabei von Anfang an besiegelt. Es lag zu nahe an Serbien. Zu nah, um nicht als gallisches Dorf einen ethnifizierten, „gesäuberten“ Lebensraumes zu verschmutzen. Oskar Lafontaine beklagte in derselben Gesprächsrunde, die Menschheit habe in den letzten Jahrzehnten nichts dazugelernt. Was aus dem Munde Elie Wiesels als Provokation gemeint ist, nimmt sich vom Gründervater einer seltsamen Partei eher wie eine Drohung aus. Denn der Eingriff in Libyen ist genau das, eine eindrückliche Demonstration menschlicher Lernfähigkeit. Die politische Lektion, die man aus Srebrenica lernen kann, wurde gerade durch das Zustandekommen einer libyschen Intervention gelernt und lässt hoffen. Die effektive Verteidigung der Zivilbevölkerung in Bengasi im buchstäblich allerletzten Moment (China und Russland hatten zuvor für Gaddafi wertvolle Zeit herausgeschlagen und die Abstimmung über die Resolution verzögert), das Sinnbild von westlichen Bomben, die mitten auf eine Armee fallen, die bereits zum Großangriff auf Bengasi geblasen hatte, zeigt, dass wir doch nicht bereit sind, überall zuzusehen. Gerade im Beraterumfeld des französischen Präsidenten lassen sich Personen ausmachen, die das westliche Versagen Bosniens nicht nur begleitet haben, sondern schmerzlich daran litten. Und obwohl die Skeptiker bereits Stunden später kritisierten, der Einsatz geschehe „kopf- und ziellos“ und ohne jede „Strategie“, wird der Vormarsch der Rebellen aus Ostlibyen auf die Hauptstadt Tripolis vielleicht ein eindrucksvolles Ausrufezeichen ans Ende dieses Ein-Satzes setzen. Denn die vermeintlich fehlende Strategie ist mehr als offensichtlich: die westlichen Truppen tun alles, um die Übermacht Gaddafis zu zerschlagen, damit die Rebellen auf Tripolis vorrücken können. Diesem in der Geschichte der Menschheit allzu bekannten Plan jede „Strategie“ abzusprechen, ist zwar raffiniert, deshalb aber nicht richtig. Zuletzt eine Randbemerkung: Im Kosovo erwies sich der Angriff auf die dritte Division der jugoslawischen Volksarmee als wirkungslos. Die NATO rechnete mit einer Kapitulation Milosevics innerhalb von wenigen Tagen. Es sollte Monate und eine Ausweitung der Luftangriffe auf Ziele in Belgrad dauern, bis das „System Milosevic“ kollabierte. Für alle, die sich mit der Verhinderung von Genoziden beschäftigten, war dies ein Schock: die Ineffektivität von Luftschlägen im Kosovokrieg. Bis heute gibt es erschreckend wenig politikwissenschaftliche Spekulationen zur Frage, warum die Luftschläge derart wenig Zwangsgewalt besaßen. In Libyen steht deshalb tatsächlich nichts weniger als die Wirksamkeit von Luftangriffen bei der Verhinderung von Genoziden auf dem Spiel. Denn es gibt keine weitere Strategie, mit der die westliche Politik in den nächsten Jahrzehnten derart kostengünstig und für die eigenen Bevölkerungen schmerzlos Leben retten kann. Philipp Ruch ist künstlerischer Leiter des Zentrums für Politische Schönheit (http://www.politicalbeaut...), das am größten Mahnmal gegen die Vereinten Nationen im Namen von über 6.000 Überlebenden des Srebrenica-Genozids arbeitet (http://www.pillarofshame.eu) und Regisseur eines Films über die Detailabläufe bei der UNO, die zu Srebrenica geführt haben („Himmel über Srebrenica“). 2009 legte er vier Bombenattrappen der NATO in Originalgröße im Gedenken an Srebrenica vor den Deutschen Bundestag, um daran zu erinnern, dass die entsprechende Stückzahl ausgereicht hätte, um den Massenmord zu verhindern: http://www.politicalbeauty.de/lethe/Lethe.html


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Utopie

Elias Bierdel

ANDREJ HOLM

ARMIN PETRAS

*1960 in Berlin, von 1980 bis 1983 Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Bis Mitte der 1990er Jahre Tätigkeit als Journalist für die WAZ, Westfälische Rundschau und beim Deutschlandfunk war Leiter und Vorsitzender der Hilfsorganisation Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte e.V. (Cap Anamur). Im Jahr 2004 sorgte er mit der Bergungsaktion eines Flüchtlingsschiff im Mittelmeer für internationale Aufmerksamkeit. Seit 2007 ist er im Vorstand von "borderline europe - Menschenrechte ohne Grenzen e.V.". Für seine Einsätze erhielt er mehrere Preise. Heute lebt er in Österreich und bildet zivile Friedenshelfer am Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung aus.

ASTRID PROLL

PHILIPP RUCH

LUDGER SCHWARTE

ANDRES VEIEL

RÜDIGER ZILL

*1981 in Dresden, ist Menschenrechtler, Regisseur, Aktionskünstler und Leiter des Zentrums für Politische Schönheit. Von 2003 bis 2009 Studium der politischen Philosophie bei Herfried Münkler und Volker Gerhardt. Er arbeitete am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung im Forschungsbereich „Geschichte der Gefühle“. Derzeit ist er Stipendiat des Forschungskollegs "Bildakt und Verkörperung“.

Ruch Ich habe viele Fragen mitgebracht, Elias. Zu Beginn würde ich gerne darüber reden, wer sich heutzutage eigentlich für Menschenrechte einsetzt. Wenn man die Leute dazu fragt, heißt es immer: Amnesty International. Oder auch mal Pro Asyl. Es gibt sowas wie Zuständigkeiten oder Institutionen, die sich um dieses Thema kümmern. Wenn ich aber zu Amnesty gehe und mich wegen des Völkermords im Sudan erkundigen will, ob die da unten ein Büro oder sowas haben, dann wird das verneint. Das kann ich mir nur so erklären, dass die Angst vor solchen Konflikten haben. Bierdel Warum verlieren die Menschenrechte im öffentlichen Diskurs immer mehr an Bedeutung? Ist das Menschenrecht nicht mehr eine humanitäre Größe? In der Politik birgt dieses Thema ja keine Karrierechancen. Die wenigen Politiker, die sich in den Parteien mit Menschenrechten beschäftigt haben, waren immer die herausragenden Köpfe ihrer Parteien. Interessanterweise ist es außerdem so, dass in weiten Kreisen der Gesellschaft essentielle Probleme um das Menschenrecht nicht als solche erkannt werden. Wer macht sich denn heutzutage darüber Gedanken, dass beispielsweise Nacktscanner an Flughäfen etwas mit basalen Menschenrechten zu tun haben könnten? Das wird so ja gar nicht mehr diskutiert! Was aber wiederum im Zusammenhang mit den Menschenrechten passiert, ist das Zeigen auf andere – zum Beispiel China oder Guantánamo.


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S.27 Bei uns werden Menschenrechte auch missachtet, nur ist der Umgang da ein völlig anderer. Europa gibt an dieser Stelle seine Identität auf. Es wird inzwischen nur noch so getan, als sei Europa der weltweite Hort der Menschenrechte. Uns scheint klar, dass wir die Guten sind. Der Kontinent, der es sich erlaubt auf alle Verletzungen der Menschenrechte ständig hinzuweisen, hat selber zunehmend Dreck am Stecken. Wir haben uns also nicht schon verrannt, sondern verraten uns immer mehr selber. Ruch Ein Freund von mir hat neulich folgendes Satz gesagt: „Wenn Afrika die Wiege der Menschheit ist, dann ist Europa das Ende der Menschheit.“ Bierdel So würde ich das jetzt nicht sagen. Ich glaube eher, dass wir nicht fähig sind, uns aus diesem Korsett zu befreien. Die Kernthese ist: Wir sind die Guten in dieser Welt. Das Problem ist nur, dass diese Sichtweise Selbsterkenntnis verhindert. Bei Spendern für humanitäre Zwecke ist das Bedürfnis, sich selbst als den Guten zu erfahren oft so mächtig, dass die Frage egal wird, ob man mit den Spenden überhaupt noch irgendjemandem hilft. Das ist für Spender oft gar nicht mehr entscheidend. Das liegt daran, dass wir ja ahnen oder vielleicht sogar wissen, dass unser westlicher Lebensstil oder die Struktur unserer Gesellschaft so toll auch nicht ist. Ruch Ich will aber nochmal auf dein Beispiel am Anfang zurückkommen, denn es gibt ja auch Abstufungen in der Priorisierung der Menschenrechte. Beispiele wie der Flüchtling, der im Meer ertrinkt, oder eine im Sudan vergewaltigte Frau, haben eine andere Qualität als der Nacktscanner. Glaubst du, dass bei den Spendern das Bewusstsein für diese unterschiedlichen Dringlichkeiten da ist? Denn die kommen ja zu dir und sagen: „Elias, bitte kümmer' dich drum.“ Bierdel Es gibt eine Tendenz zu delegieren, ja. Das ist vielleicht die niedrigste Form von Aktivismus. Jemandem Geld für so etwas zu geben, finde ich ja gar nicht schlimm. Wenn wir aber die Ursachen untersuchen und diskutieren würden, kämen wir schnell zu den Punkten, an denen wir merken, dass wir sie an uns selber verändern könnten. Wenn wir die Bereitschaft hätten, Veränderungen zuzulassen, würde sich das auf unser Wohlbefinden und auch unseren Wohlstand usw. positiv auswirken. Schau mal auf die Klimasituation, schau auf die Wirtschaftspolitik, schau auf diesen wahnwitzigen Sicherheitsdiskurs… – Sorgen muss man sich machen! Die Frage ist nur, ob wir den aufgestellten

Wegweisern folgen wollen oder ob das nicht in eine ganz andere Richtung gehen müsste. Da kommt dann auch der Zorn zum Tragen. Ruch Im Optimalfall müsste man die Inhalte aus der SarrazinDebatte ersetzen und dafür sorgen, dass diese öffentliche Diskussion mit all der stattgefundenen Sorgfalt zum Beispiel über Flüchtlingsthemen geführt wird. Das Problem ist, dass es unheimlich viele gute Denker in unserer Gesellschaft gibt, die ganz tolle Lösungsansätze entwickeln können, nur beschäftigen die sich mit ganz anderen Themen, weil ihnen beruflich beispielsweise vorgegeben wird, etwas über den Vergleich zwischen der Evolutionstheorie und Sarrazins Thesen zu schreiben. Es fehlt also die Möglichkeit diese öffentlichen Diskussionen zu führen, denn die werden durch ein Gefühl verhindert, nämlich: Angst. Bierdel Es ist ja zu beobachten, dass die Autoritäten überall nach und nach fallen. Das betrifft die Kirchen, die Politik, die Wirtschaft… Das inspiriert und belebt mich ja. Viele Leute schüchtert das ein. Ich glaube, dass wir vor sowas wie einem Wende-Szenario stehen. Die Unruhe wird so groß, dass wir ausgerechnet in Stuttgart regelrechte Erhebungen des Bürgertums gegen eine Politik erleben, die als kaltschnäuzig und arrogant beschrieben wird. Das finde ich ja sehr gut. In der Tagespolitik werden die substanziellen Fragen unseres Zusammenlebens gar nicht mehr diskutiert. Zum Beispiel ist es doch erschreckend, festzustellen, dass die Leute, die uns 30 Jahre lang erzählt haben, Deutschland sei kein Einwanderungsland, heute behaupten, die Integration habe nicht funktioniert. Daraus kann man nur schließen: Wenn du Veränderungsprozesse ignorierst, kannst du sie auch nicht gestalten. Deshalb müssen sich diese Eliten nach und nach verabschieden, weil ihnen niemand mehr glaubt und ihnen deswegen auch keiner mehr folgen will. Ruch Diese Einschätzung teile ich nicht. Ich sehe die Umbruchphase nicht. Ich teile deine Einschätzungen hinsichtlich der Instrumentalisierungsfunktionen, sehe da aber kein Emporkommen eines neuen Paradigmas. Aber ich habe nochmal eine ganz andere Frage an dich, die mich brennend interessiert: Muss sich jemand wie du nicht völlig verarscht vorkommen, wenn wegen eines Bahnhofs Menschenmassen auf die Straße gehen? Ich beziehe das so direkt auf dich, weil du mit der Flüchtlingsproblematik eines der dringlichsten Themen des 21. Jahrhunderts auf dem Tisch hast. Mir graut da ja vor den Urteilen der Historiker aus der Zukunft. Um ein Beispiel zu nennen: An den Grenzen des Eisernen Vorhangs sind insgesamt so viele Menschen umgekommen wie momentan an den Grenzen Europas innerhalb eines Jahres oder vielleicht sogar nur eines halben Jahres. Darüber gibt es ja nur Schätzungen und keine Statistiken. Wir wissen es nicht. Was werden Historiker darüber sagen? Und die Menschen in Deutschland gehen auf die Straße wegen eines Bahnhofs!


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S.29 Was sagst du dazu? Müssten die Menschen nicht auf die Straße gehen wegen der Mauertoten des 21. Jahrhunderts? Bierdel Die Schandmauer von einst ist verschwunden, dafür steht die nächste nur ein paar Kilometer weiter. Und wie du richtig sagst, ist die Todesrate dort um einen beträchtlichen Faktor höher. Wir kennen die Todeszahlen nicht, weil es nicht einen Beamten in Europa gibt, der sich dafür interessiert. Die Schätzungen liegen bei 3000-4000 Menschen, die im Jahr an den europäischen Grenzen verschwinden. Ruch Du hast bei einem Vortrag ja mal folgendes Thema angesprochen: Die deutsche Marine ist am Horn von Afrika tätig – zwischen Somalia und Jemen. Du hast dann die berechtigte Überlegung angeschoben, dass die Marine nicht nur dort ist, um Piraten abzufangen, sondern auch um Flüchtlingsabwehr zu betreiben. Plötzlich kamen dann die Zahlen der UNHCR, einem offiziellen Instrument der UNO, raus: 92.000 im Jahr 2009! Das ist eine unfassbare Zahl. Bierdel Ja, das stimmt. Aber im Bewusstsein der Gesellschaft tut sich doch etwas. Bei der Atomenergie entwickelt sich zur Zeit ein interessantes Szenario: Die Bevölkerung wendet sich von der Regierung massiv ab und die versucht in diesem Moment dann umso heftiger, die alten Slogans zu bemühen. Die will aber keiner mehr hören! Und das beschleunigt die Erosion. Das haben wir in der DDR ja sehr deutlich gesehen. Das ist doch unglaublich, dass die Mächtigen ausgerechnet zu dem Strohhalm greifen, bei dem man sicher sagen kann: Das geht schief! Wir haben in Deutschland seit 40 Jahren eine stabile Mehrheit, die sich gegen die weitere Nutzung von Atom-Energie ausspricht. Dementsprechend wird das Verhalten der Politik diesen Protest beschleunigen. Warum ich diesen Vergleich mit der DDR bemühe: 1988 war ich in der DDR und beobachtete, dass die Parolen der Politiker im Angesicht der Entwicklungen immer heftiger rausposaunt wurden, was die Menschen nur noch mehr aufbrachte. Irgendwann braucht es dann nur noch einen zufälligen oder auch willkürlichen Auslöser und dann ändert sich was. Ruch Aber wo sind denn heute die Kräfte, die diese Politiker ersetzen sollen? Wer soll das sein? Bierdel Das ist eine Frage, die am Ende der DDR im Osten auch gestellt wurde. Es ist ein Kennzeichen historischer Umbruchssituationen, dass wir nicht genau wissen, was dann kommt! Hier brauchen wir also den Mut, eine Veränderung herbeizuführen, ohne am Ende im Detail zu wissen, wie das genau funktionieren soll. Ich bin aber überzeugt: Das, was danach kommt, kann nur besser werden. Ruch Ich sehe nirgends, bei keiner Partei, auch nicht bei den Grünen, eine Person oder vielleicht sogar einen ganzen Kreis von profilierten Menschenrechtlern, die die Kernthemen der Menschenrechte verkörpern und in der Politik umsetzen. Bierdel Du wirst doch nicht bestreiten, dass es in diesem Land ein paar Leute gibt, die klar denken können und die auch ganz

eindeutige Konzepte auf den Tisch legen könnten. Aber diese Leute können erst dann erscheinen, wenn das Alte verschwunden ist. Ruch Aber kannst du dir vorstellen, in dieser Phase danach Verantwortung zu übernehmen? Wenn ja, bin ich dein erster Helfershelfer. Bierdel Je mehr sich der Protest weiterentwickelt wie aktuell, desto mehr Menschen werden wir begegnen, die diese Visionen teilen. Und da wundert es mich, dass du als Repräsentant das anders siehst. Gerade du bist doch jemand, der mich ermutigt und bestärkt in dem, was ich da sehe. Ruch Aber wie veränderst du etwas? Wo ist dein Vehikel? Bierdel Ich laufe doch nicht wild durch die Straßen und bitte um Aufmerksamkeit. Ich warte, bis mich jemand fragt. Ruch Ich will das aber jetzt wissen. Sag doch mal, wie dieses Vehikel aussieht, mit dem du etwas bewegen wirst? Bierdel Es hat drei Räder und einen Kartoffelvergaser. Es hat bunte Ballons an beiden Seiten und die Menschen werden begeistert sein. Ach, Philipp, ich kann dir doch auch nicht sagen, was dann passiert, nur weil ich deutlich wahrnehme, dass wir einem Punkt entgegendriften, der vieles ändern wird. Die Leute werden nach und nach feststellen, dass sie gar nicht so einzeln und versplittert sind, wie sie denken. In 20 Jahren, Philipp, werden wir hier an diesem Tisch im „Fleischmöbel“ in der Oderberger Straße sitzen und wir werden sagen: „In Stuttgart hat es damals angefangen.“ (beide lachen) Bierdel Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es aktuell eine steigende Frequenz von Ereignissen gibt, die alle samt in die richtige Richtung gehen! Ruch Du bist da viel zu optimistisch. Bierdel Wir müssen diese Frage hier ja auch nicht beantworten. Mir ist nur wichtig festzuhalten, dass wir hier eine Krise des Parteienstaats haben und nicht eine Krise der Demokratie. Und dazu gehört, dass jeder an seiner Stelle Verantwortung übernimmt. Wir brauchen da zum Beispiel Künstler in diesem Zusammenhang, weil aus den Medien keine Fragen und Antworten mehr kommen. Und weißt du, was dann passiert? Auf einmal erfährt Theater eine Renaissance als Ort des Wesentlichen und der ernsthaften Debatte. Heute geht Theater entweder dem Ende entgegen wie durch die Kürzungen in Wuppertal oder Theater ist wach und da. Dann merken die Leute, dass es sich lohnt dort hinzugehen. Ich bin deshalb völlig gelassen und guter Dinge.*






Studierendenzeitung der HU Berlin

aus: UnAufgefordert, Nr. 200

Mit schönem Beispiel voran Das Zentrum für politische Schönheit inszeniert eine bessere Politik. Mit aufwendigen Aktionen lenkt es den Fokus der Medien auf verdrängte Probleme.

Die Sonne strahlt und am Abend wird die

einen gegen den inspirationslosen Wahl-

bei der WM in Südafrika um Platz drei

gegen den Politikverdruss der deutschen

deutsche

Fußballnationalmannschaft

kampf der Parteien und zum anderen

spielen – Wetter und Vorfreude sorgen

Bevölkerung. Das Höchstgebot für die

bei den Touristen vor dem Brandenbur-

Kanzlerin lag bei 45 Euro, Steinmeier war

ger Tor für gute Stimmung. Das krachen-

den Bietern 4,50 Euro wert.

de Motorgeräusch eines herannahenden

Mit medienwirksamen Inszenierungen

Lastwagens stört. Der LKW hält und die

der Aktionen versucht das Zentrum für

Ladefläche öffnet sich. 16.744 Schuhe

politische Schönheit Themen in den

werden abgeladen und zu einem Berg

Medien und somit im Bewusstsein der

aufgetürmt, auf dessen Flanke die aus

Öffentlichkeit zu platzieren. Sie pro-

Draht geflochtenen Buchstaben U und N

vozieren bewusst. Der künstlerische

aufgestellt werden. Die Schuhe gehörten

Leiter des Zentrums vertritt die These,

den Opfern des Massakers von Srebreni-

dass Medien die Menschen durch die

ca. Mit dieser Aktion vom 10. Juli 2010

Auswahl ihrer Themen erziehen und

wollte sich das Zentrum für politische

hält Inszenierungen für eine Notwen-

Schönheit anlässlich des 15. Jahres-

digkeit. Er hat keine Angst davor, durch

die mediale Inszenierung der Aktionen

Illu: Jadwiga Slezak

tages des Genozids mit der bosni-

schen Bevölkerung solidarisch zei-

gen – aber auch an das Versagen der Vereinten Nationen erinnern.

Das Zentrum für politische Schönheit

an Glaubwürdigkeit zu verlieren. So sagt Ruch, dass er liebend gern auf jede inszenatorische Leistung verzichten würde

für das Versprechen der Medien, sich um

ist eine Denkfabrik. Auslöser für die

bestimmte Themen zu kümmern. Auch

Gründung des Zentrums im Mai 2009

Wolfgang Mühl-Benninghaus, Medien-

war die Einsicht, dass es in der Partei-

wissenschaftler

enlandschaft keinen Platz für politi-

»Wenn Politik

sche Phantasie gibt, sagt Philipp Ruch, künstlerischer Leiter der Gruppe. Der

1981 in Dresden geborene Ruch studierte

so eine Handlungs-

Universität zu Berlin (HU) und arbeitet

ten.

politische Philosophie an der Humboldt-

inzwischen an seiner Doktorarbeit in politischer Ideengeschichte.

Die Mitglieder des Zentrums sehen sich

selbst als „Menschenrechtler einer neuen Generation“, sagt Ruch. Zum Kern

der Gruppe gehören sieben bis acht Mit-

glieder, für die Inszenierungen verfügt das Zentrum aber über ein Netzwerk von

rund 100 Aktivisten und Helfern. „Wenn Politik nicht gut ist, muss man sie gut spielen“, sagt Ruch.

Das erklärte Hauptziel der Organisation ist politische Schönheit. Ruch definiert

diese als Handlungen von moralischem Wert. Die Mitglieder des Zentrums su-

chen nach Menschen, Taten und Ereignissen von moralischer Schönheit und stellen diese heraus, sie wollen der Politik

alternative anbie-

nicht gut ist, muss man

darin einen klaren

sie gut spielen.

Ruch

sieht

Nutzen für die Politik: „Wir glauben

«

an

der HU, sieht in den inszenierten

Aktio-

nen kein Problem für

die Glaubwürdigkeit. „Alles

ist

Inszenie-

Jeder

Auftritt

rung, auch Politik. der

Kanzlerin oder eines Ministers ist insze-

durchaus, dass man seine Wahlchancen

niert“, sagt Mühl-Benninghaus. „Nur

setzen politischer Schönheit handelt.“

und man Menschen anspricht.“ Das Zen-

massiv erhöht, wenn man nach den Ge-

Um die Aufmerksamkeit der Medien und der Bevölkerung zu erhalten, bedient sich das Zentrum immer wieder dem Element

der Inszenierung, so geschehen bei der Versteigerung von Kanzlerin Angela Mer-

kel und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vor der Bundestagswahl 2009.

Die Gruppe bot die beiden Politiker auf der Auktionsplattform Ebay zum Kauf

an, nach kurzer Zeit wurden die Angebote allerdings wieder gelöscht. Das Zentrum wollte hiermit ein Zeichen setzen, zum

23

Z w e i hu n d e r t

so kann man hoffen, dass berichtet wird

trum wird auch weiterhin versuchen, über die Inszenierung von Problemen die Macht der Medien zu nutzen, um Men-

schen zu erreichen und ihr Bewusstsein zu schärfen. Als nächstes Projekt plant

das Zentrum für politische Schönheit

1000 Seerosen als Rettungsinseln im Mittelmeer zu installieren. Diese Plattformen sollen auf dem Meeresgrund verankert werden und Flüchtlinge aus Afrika vor dem Ertrinken bewahren.

Christian Meckelburg


Bosnien



INTERVJU

Philipp Ruch, aktivist

EVROPA NA STUBU SRAMA Pro{le godine u Berlinu je u organizaciji Centra za politi~ku ljepotu, ~iji je osniva~ Philipp Ruch, odr`an performans Istra`ivanje na Leti kojim je obilje`ena 14. godi{njica srebreni~kog genocida. Ovim ~inom Centar za politi~ku ljepotu je `elio ukazati na odgovornost Evrope i svijeta kada je u pitanju genocid u Srebrenici, a ove godine najavljen je novi projekt: skulptura Stub srama koja }e vje~no podsje}ati na krivicu zapadnih politi~ara i vojske za genocid u Srebrenici. Planirana je konstrukcija dva ogromna svijetle}a bijela slova u visini od preko osam metara, naru{ena rupama od metaka, te ispunjena autenti~nom obu}om prona|enom u masovnim grobnicama – sa 16.744 cipele za 8.372 `rtve. Philipp Ruch za Dane govori o ciljevima projekta, animiranju diskusije o odgovornosti UN-a koja ve} 15 godina nedostaje na Zapadu, te povezanosti politike i umjetnosti Razgovarala: Masha Durkali} Foto: D`enat Drekovi} DANI: Koji su ciljevi Stuba srama, novog projekta Centra za politi~ku ljepotu? RUCH: U Poto~arima je ispisana molitva koja me je pogodila: “Neka osveta postane pravda!” Mi poku{avamo skrenuti pa`nju Zapada na aroganciju Ujedinjenih nacija prema pre`ivjelima. Stub srama je odgovor na ovu aroganciju. Poku{avamo podr`ati Majke Srebrenice. One ne bi trebale `ivjeti s osje}ajem da nikome na Zapadu nije stalo do toga kako ih UN tretira. [est hiljada pre`ivjelih tu`i UN, ali sjedi{te u New Yorku ~ak i ne razmatra mogu}nost pojavljivanja na sudu. Hasan Nuhanovi} je svake godine pisao pisma UN-u zala`u}i se za to da se ispred sjedi{ta u New Yorku zastava spusti 11. jula. Nisu ~ak ni odgovorili. To su stra{ne gre{ke. Ako je nemogu}e UN dovesti na sud, onda moramo prona}i nekonvencionalne i efektivnije na~ine. To je jedan od razloga za{to }e se na dnu Stuba srama nalaziti rije~i: “Pristojnost me je napravila”. Vi{e od svega, Stub srama }e dati do znanja ~ak i naivnima da je ne{to unutar UN-a krenulo pogre{nim putem kada je u pitanju Srebrenica. @elimo to sje}anje upisati u kamen. Visoko po{tovanje i vjera koju Nijemci i dalje imaju prema UN-u je zapanjuju}a. DANI: Za{to ste se odlu~ili za ovakav tip umjetni~ke intervencije? RUCH: UN ni{ta nije nau~io od Srebrenice. Nemamo vremena da ponavljamo, da dopustimo da se desi jo{ jedan genocid kako bi “nau~ili” – posebno kada su sve

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“Mi na neki na~in poku{avamo baciti 16.744 cipela na UN” lekcije pred na{im o~ima. [to se ti~e simbolike, pomislite na cipelu koju su bacili na Georgea Busha u Iraku. Mi na neki na~in poku{avamo baciti 16.744 cipela na UN. @elimo ih ponovo povezati s genocidom. Djela koja uklju~uju cipele su uvijek imala efekt sramote, ali tako|er sadr`e i ~udnu kozmi~ku samo}u, {to je bio glavni razlog za{to smo se odlu~ili za njih. DANI: Mo`ete li objasniti vezu izme|u akcija Centra za politi~ku ljepotu i genocida u Srebrenici? RUCH: Ono {to ne mogu preboljeti kada je u pitanju Bosna je izdaja me|unarodne zajednice. Te{ko je zanemariti lako}u s kojom su na{i politi~ari po~inili izdaju koja je ko{tala toliko `ivota. Ova lako}a me duboko poga|a i zbog nje sam opsjednut Bosnom. Stub srama se mo`e po-

smatrati kao reakcija na nesvjesnost ove izdaje. Srebrenica je bila kolaps na{ih humanisti~kih ambicija. Nakon Srebrenice, ne mo`emo vi{e tvrditi da kao civilizacija `elimo sprije~iti genocid. ^injenica da se Srebrenica desila u modernom vremenu bez ikakvog protivljenja svijeta je za mene neshvatljiva. DANI: Va{ posljednji performans, Istra`ivanje na Leti, izveden u Berlinu 2009., obilje`io je 14. godi{njicu genocida u Srebrenici. Da li ste zadovoljni na~inom na koji ste tada upozorili na tragediju srebreni~kog genocida i prijemom javnosti? RUCH: Napravili smo Istra`ivanje na Leti (rijeci zaborava) kako bismo skrenuli pa`nju na to da su dvije ili tri bombe mogle sprije~iti genocid u Srebrenici. Na tri

GRE[KE UN-a “Mi poku{avamo skrenuti pa`nju Zapada na aroganciju Ujedinjenih nacija prema pre`ivjelima. Stub srama je odgovor na ovu aroganciju. Poku{avamo podr`ati Majke Srebrenice. One ne bi trebale `ivjeti s osje}ajem da nikome na Zapadu nije stalo do toga kako ih UN tretira. [est hiljada pre`ivjelih tu`i UN, ali sjedi{te u New Yorku ~ak i ne razmatra mogu}nost pojavljivanja na sudu. Hasan Nuhanovi} je svake godine pisao pisma UN-u zala`u}i se za to da se ispred sjedi{ta u New Yorku zastava spusti 11. jula. Nisu ~ak ni odgovorili. To su stra{ne gre{ke” DANI 21. 5. 2010.

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INTERVJU prometna mjesta u Berlinu smo postavili tri bombe. Nismo bili nimalo zadovoljni prijemom, posebno zato {to smo na tome radili mjesecima, ali kad smo na{u kancelarku stavili na prodaju na eBay, {to je trajalo dva dana, imali smo mnogo ve}e reakcije. Tada smo odlu~ili napraviti film o Srebrenici koriste}i materijal iz na{eg performansa kada smo odglumili sastanak kriznog {taba UN-a od 10. jula 1995. Rezultat je film Nebo iznad Srebrenice koji traje 100 minuta i ujedinjuje UNove zvani~nike koji su donosili odluke u sjedi{tu u Zagrebu s posljedicama srebreni~kog genocida. DANI: [ta mislite o na~inu na koji se srebreni~ki genocid tretira u zapadnoj Evropi i za{to se politi~ke lidere i javnost konstantno mora podsje}ati na zna~aj i te`inu tog doga|aja? RUCH: Trud EU da nas podsjeti na Srebrenicu ostaje prazan. Podsjetiti na{u civilizaciju na to implicira da ve} posjedujemo znanje o tome. Ja jedva da poznajem ikoga ko zna {ta se desilo u Srebrenici. Na{i napori na podsje}anje se fokusiraju na u`ase kojih nismo ni svjesni. Ne fokusiraju se na na{e ogromne gre{ke, na misao kako su ovi u`asi mogli biti sprije~eni. Stub srama je jedan od najbolje pripremljenih projekata koje sam ikad uradio. Projekt treba natjerati EU politi~are da se uklju~e na mnogo odgovorniji na~in. Apsurdna je ~injenica da 15 godina kasnije treba poduzimati mjere da se Srebrenica ne zaboravi. DANI: Kako je formiran Centar za politi~ku ljepotu i koji su njegovi glavni ciljevi? RUCH: Centar za politi~ku ljepotu sam osnovao prije godinu dana kao reakciju na ono {to sam vidio kod jedne od na{ih politi~kih partija. Imali su sobarice, imali su po{tu, ali kad sam upitao: gdje je think-thank koji }e potcrtati djela koja Njema~ka mo`e uraditi u svijetu, {utjeli su. Glavni cilj je da se izraz “politi~ka ljepota” ispuni vizijom. Pretpostavljao sam da }e nam trebati pet godina da prona|emo odgovor na pitanje {ta ovaj izraz

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mo`e zna~iti. Nakon godinu dana, ve} znamo {ta zna~i: politi~ka ljepota je moralna ljepota. @elimo oblikovati i ispuniti na{e vrijeme moralnom ljepotom. Histori~ari budu}nosti }e biti zga|eni na{om politikom ako ne{to ne u~inimo sada. Mo`e se re}i da je glavna tema na koju reagiramo nedostatak politi~ke akcije. Jedan od na{ih projekata je i Lokvanji za Afriku: 1.000 sigurnosnih platformi na Mediteranu kako bi se spasili `ivoti izbjeglica iz Afrike. Jean Ziegler je procijenio da se svake godine utopi 36.000 ljudi. Ove platforme bi ko{tale samo 5,6 miliona eura. DANI: Mo`ete li objasniti specifi~nu vezu umjetnosti i politike koju nastojite posti}i, odnosno kako se umjetnost mo`e povezati s politikom, jednom od moralno najupitnijih disciplina, posebno u 21. stolje}u? RUCH: Ja sebe ne posmatram kao umjetnika. Kao {to je Schiller jednom rekao: “Najve}a forma umjetnosti je politika.” Ono {to mi poku{avamo je da politiku obogatimo umjetno{}u kako bi se odmakla od vlastitih defekta. Jedna od najve}ih gre{aka njema~ke politike je potpuni manjak vizije, pripreme i inspiriraju}eg koncepta. Poku{avamo ponovo povezati umjetnost i politiku kako bismo rije{ili ono {to se mo`e smatrati moralno upitnim u vezi s politikom. Gre{ke jedne strane su {anse druge. Kako bi izgledao akt politi~ke ljepote? [ta bi mogla biti najbolja ideja jednog politi~ara? Ova pitanja nisu nijednom postavljena u proteklim dekadama. Doista me fascinira potpuni manjak idealizma. DANI: Mislite li da }e Va{ naredni projekt izazvati reakcije koje `elite? RUCH: Mo`da ne}ete vjerovati reakcijama njema~kih medija. Tri velike novine su nam poru~ile da ne}e objavljivati niti u~estvovati ni u ~emu {to krivi UN. Oni potcjenjuju na{u volju da otkrijemo istinu. Ali, mi smo dobro pripremljeni. DANI: Koji mediji? RUCH: Najve}i. Ra~unaju}i i BILD-Zeitung.

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dijaspora

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Dnevni avaz, subota i nedjelja, 19. i 20. juni/lipanj 2010.

Ususret 15. godi{njici genocida u Srebrenici

Podr{ka sa Ist Rivera Na{a je trajna obaveza da se `rtve genocida u Srebrenici nikada ne zaborave, kazao bh. ambasador Ivan Barbali} doniraju}i cipele za „Stub srama“

^lanovi misije UN-a: Znak po{tivanja `rtava

Predstavnici bh. i bo{nja~kih organizacija ispred zgrade UN-a: Da se ne zaboravi

Inicijativa web-magazina Barbali} i ^olakovi}: Solidarnost sa Srebreni~anima

Na Ist Riveru (East Riveru), ispred zgrade Ujedinjenih naroda u Njujorku, pro{log petka u 11 sati ~lanovi Misije BiH pri UN-u na ~elu s ambasadorom Ivanom Barbali}em i njegovom zamjenicom Mirsadom ^olakovi} iskazali su solidarnost prema `rtvama genocida u Srebrenici. Doniranjem cipela podr`ali su projekt „Stub srama“ koji je pokrenuo Centar za politi~ku ljepotu („Das Zentrum für Politische Schönheit“). Tom prilikom ambasador Barbali} je za Bo{njaci.net izjavio: - Na{a je trajna obaveza da se `rtve genocida u Srebrenici nikada ne zaborave. To isto mora da va`i i za me|unarodnu zajednicu!

Podr{ka diplomata

Ova podr{ka bosanskih diplomata sa Ist Rivera mjesec dana pred obilje`avanje petnaestogodi{njice genocida u Srebrenici puno }e zna~iti pre`ivjelim `rtvama genocida, majkama i `enama Srebrenice

Halilovi}: Uspio izbje}i sigurnu smrt

ma pobijenih ljudi, ovaj projekt su podr`ali i cipele tog dana ispred UN-a donirali Srebreni~ani Senahid Halilovi} i Sabahudin Harba{ koji su pre`ivjeli genocid u julu 1995. Ispred bh. Islamskog centra svoje cipele je donirao Mehdija Demirovi}, dok je Uzeir Rami} to uradio ispred Kongresa Bo{njaka Sjeverne Amerike; ispred Islamske zajednice i Kulturnog centra Plav-Gusinje cipele je donirao predsjednik Smajle Srdanovi}, dok su cipele isto tako donirali dr. Mersim Ziljki}, vlasnik zubne ordinacije „Euro-Dental“ sa Astorije i diplomirani in`injer [efkija Radon~i}. Ispred tima Bo{njaci.net cipele je donirao glavni urednik Esad Krci}. Sabahudin Harba{ imao je 13 godina kad je po~injen genocid u Srebrenici Jedva su mu uspjeli spasiti `ivu glavu. U konvoju kamiona i autobusa bio je sakriven izme|u `ena koje su s manjom djecom prognane iz Srebrenice. To dovoljno govori da zlo~inci ni-

Svojevrsne poruke Do 25. juna treba prikupiti 16.744 cipela koje }e ozna~avati 8.372 `rtve genocida u Srebrenici. Kako poja{njava inicijator projekta, obu}a }e u drugoj fazi projekta i @epe, ali i projektu „Stub srama“. Pored ambasadora Barbali}a i njegove zamjenice ^olakovi}, cipele su donirali ~lanovi Misije BiH pri UN-u: prvi sekretari Adi Durmi} i [ejla \urbuzovi}, te asistenti Azra Rudanovi}, Vlado Sesar, Maja Vukmirovi} i Emir ^engi}... Nakon ~lanova stalne Misije BiH pri UN-u ispred zgrade UNa, projekt su podr`ale pre`ivjele `rtve genocida, predstavnici bh. i bo{nja~kih organizacija. Solidariziraju}i se sa `rtvama Srebrenice, osu|uju}i UN koji je izdao za{ti}ene zone @epu i Srebrenicu, a posebno {to ne ukazuje nikakav respekt prema porodica-

biti na izlo`bi u Hagu i Berlinu, zato organizatori predla`u gra|anima da obu}u iskoriste kao sredstvo komunikacije i u nju stave poruku koju `ele da Evropa ~uje. su vodili ra~una koje dobi pripada bo{nja~ka mu{ka glava. Sve su redom ubijali. Na`alost, njegov otac [emso i brat [emsudin nisu bili te sre}e da se izvuku iz ruku krvoloka. Stradali su u genocidu, njihova imena se nalaze me|u 8.372 `rtve! Srebreni~anin Senahid Halilovi} je isto tako jedan u nizu koji je podr`ao projekt „Stub srama“. Nakon izdaje od UN-a i halandskog bataljona, te srpske okupacije Srebrenice u julu 1995. godine, Halilovi}a je izme|u `ivota i smrti dijelio neutabani d`ehenemski planinski puteljak koji je s pravom nazvan „Mar{ smrti put slobode“. Nakon vi{enedjeljnog

pje{a~enja po bosanskim vrletima provla~e}i se izme|u ~etni~kih zasjeda i granata artiljerije srbijanske soldateske, dokopao se slobodne teritorije BiH i uspio je da pre`ivi ovaj srpsko-crnogorski genocidni i istrebljiva~ki pohod na svoje kom{ije!

Otac i tri brata

Na veliku `alost, njegov otac Munib i tri brata Hamed, Zulfo i Hakija stradali su u genocidu. Na Senahidu se mogu prepoznati srebreni~ke rane koje ni petnaest godina nakon genocida ne zarastaju. Iako vidno skrhan kad god se spomene Srebrenica, ipak je smogao snage da do|e i podr`i projekt „Stub srama“. Senahid je donirao pet pari cipela. ^etiri nova para je donio; jedan par za oca i tri za bra}u, te jedne izno{ene za sebe.

Web magazin Bo{njaci.net iz Njujorka je pokreta~ inicijative doniranja cipela za projekt „Stub srama“ ispred zgrade Ujedinjenih naroda, ta~no mjesec prije Rekosmo mu da nije trebao ba{ nove donijeti. Neka, neka ih, moj otac i bra}a ionako ih vi{e nikada ne}e obuti re~e Senahid tiho spu{taju}i glavu kao da pomilova tu`nim pogledom ~etiri nova para cipela, i ponovo progovori: - I one koje su u masovnim grobnicama prona|ene uni{tili su ih ~elnici Ha{kog tribunala. Zar to nije opet zlo~in prema `rtvama genocida, ali ovog puta od me|unarodnog sudstva, koje uni{tavaju}i li~nu dokumentaciju i prona|ene stvari i predmete u masovnim grobnicama ustvari zatire tragove `rtvama genocida zastade Senahid pa nastavi: - A Ujedinjeni narodi i nakon svega se pona{aju kao 11. jula 1995.

obilje`avanja godi{njice genocida u Srebrenici. Sa 11. junom u bh. i bo{nja~koj zajednici u Njujorku po~inju memorijalni Dani genocida u Srebrenici i BiH. Zlo~inci {e}u na slobodi, a oni i dalje skr{tenih ruku sve to mirno posmatraju! Inicijator projekta Philip Ruch zamislio je da „Stub srama“ bude metafora ogromne prevare Ujedinjenih naroda u Bosni i Hercegovini, te ujedno opomena svima koji o~ekuju bilo kakvu humanu pomo} od organizacije koja je dozvolila genocid i istrebljenje pod njenom zastavom. Sama skulptura „Stub srama“ slu`it }e ujedno i kao direktan odgovor na nedostatak po{tovanja Zapada prema pre`ivjelim `rtvama genocida. Autor priloga je Esad Krci}, glavni urednik web-magazina Bo{njaci.net


OSLOBO\ENJE srijeda, 7. juli 2010. godine

INTERVJU

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Prof. dr. Christian Schwarz-Schilling, biv{i visoki predstavnik u BiH

Stub zapadnog

srama

Stidim se {to pripadam parlamentu koji ne reaguje, rekao je dr. Christian Schwarz-Schilling 1992. i dao ostavku na mjesto ministra za komunikaciju u vladi Njema~ke. Iako se kao visoki predstavnik u na{oj zemlji nije proslavio, i danas upozorava na pogre{an odnos prema BiH: ovdje govori o projektu Stub srama Razgovarala: Mirella SIDRO

• Ratne 1992. dali ste ostavku zbog odnosa njema~ke vlade prema ratu u Bosni i Hercegovini. [ta se sve u me|uvremenu u odnosu prema ratu na Balkanu promijenilo? - Dosta toga. Politika se po pitanju Bosne i Hercegovine mijenjala. Recimo, Joschka Fischer, pred sta vnik Ze le nih, imao je uobi~ajeni pacifisti~ki stav do momenta kada je shvatio da se na Balkanu de{ava etni~ko ~i{}enje i iz tog razloga promijenio je svoje ubje|enje anga`iraju}i se za Balkan. Godine 1995. su SAD po~ele svoj an ga`man u bo san skoj krizi i intervencijom i Dejtonskim ugovorom pomogle da se zavr{i rat u Bosni i Hercegovini. Ipak, moram re}i da sve te promjene nisu bile dovoljne, jer je Zapad reagovao tek kad se katastrofa ve} uveliko desila. Ali, tada je kasno. Njema~ka se potpuno nepotrebno bojala intervenirati mada je ustvari imala du`nost reagovati senzitivnije i savjesno. Morala je postojati politi~ka volja kako bi se sprije~io genocid u zemlji iz na{e regije.

UN pred sudom • U jednom intervjuu ste, 2007, rekli da Zapad svojim nestrpljenjem i vrije|anjem bo san skih po li ti~ara sa mo tra`i izgovor me|unarodnoj

zajednici koja radije tro{i novac na vojne intervencije nego na koncepte postratnih politi~ara. Da li je jo{ tako? - U svakom slu~aju. Dr`avi Bosni i Hercegovini su ugovorom u Daytonu natureni politi~ki tereti kojih se sama ne mo`e rije{iti. Zatim, tu je entitet Republika Srpska, ~ija politika i danas nastavlja svoj smjer iz pro{losti. Kada se diktatorskoj vlasti jednog dijela dr`ave omogu}i da blokira budu}nost cjelokupne dr`ave, onda je pasivnost svjetske zajednice, koja je ustvari bila kreator ovakvog stanja, potpuno pogre{an korak. Pau{alno vrije|anje cjelokupne bosanske politike od Zapada je sasvim pogre{an odnos!

POLITI^KA (NE)VOLJA Morala je postojati politi~ka volja kako bi se sprije~io genocid u zemlji iz na{e regije • Jula 1995. dogodio se genocid u Srebrenici: za samo sedam dana je pred o~ima holandskih plavih {ljemova ubijeno vi{e od 8.000 muslimanskih dje~aka i mu{karaca. Majke Srebrenice se sa svojim advokatom dr. Axelom Hagedornom i danas bezuspje{no bore za pravdu u Haagu. Kako to shvatiti?

- Me|unarodni sud je progla sio zbi va nje u Sre bre ni ci genocidom jer je cilj politike koja je stajala iza ovih ubistava bio uni{tavanje jedne cjeloku pne etni je, mu sli man ske etnije. Sama presuda je napredak. Me|utim, sve je to nedovoljno da bi se izborila pravda. U budu}nosti }e se morati i}i dalje. Svako negiranje je suvi{no pored niza dokaza koji postoje. Pomislite samo na bezbrojne masovne grobnice koje se jo{ pronalaze. Treba spomenuti i najmla|i primjer, Rezoluciju o Srebrenici u srbijanskom Parlamentu koja je postignuta sa veoma malom prednosti ve}ine. Naravno da se pojam genocid tu ne spominje, iako je to jedini izraz za u~injena nedjela i uvredu. • Philipp Ruch je 15 godina na kon ge no ci da po kre nuo projekat "16.744 cipele: Ujedinje ne na ci je pred su dom". Sa ku plje ne ci pe le }e ~ini ti Stub srama, a njihovi donatori }e tako poslati poruke Zapadu. Kakvom Vam se ~ini ova ideja? - Nisam ro|en kao revolucionar. U svojoj politi~koj karijeri sam poku{avao sprije~iti pogre{ne situacije razmatranjem i potezima omogu}enim mojom politi~kom pozicijom. Iz tog ra zlo ga sam 1992. odlu~io dati ostavku i na taj na~in poslati signal. Ali nedostatak interesa, nepo{to-

vanje i sebi~nost, zatim nedostatak odgovornosti da se sprije~i kr{enje ljudskih prava prema bosanskim gra|anima, tra`i upra vo spe kta ku lar nu akciju koja }e tematizirati ovaj problem. S jedne strane mi se projekat veoma dopada, a s druge mi je veoma `ao {to je je dna ova kva akci ja da nas uop{te potrebna.

Agresivni humanizam • Ho}e li Stub imati uticaja na odnos Evrop ske uni je i me|unarodne zajednice prema BiH? - Djelimi~no. Jedna ovakva akcija izaziva i ovdje potrebu da se civilno dru{tvo bori protiv politike koja podr`ava kr{enje ljudskih prava. • Kada biste donirali par cipela za projekat, koju poruku bi one nosile? - Svi ljudi koji `ive u Njema~koj u`ivaju osnovna prava. Ona su posljedica zakona o

osnovnim ljudskim pravima nas ta log na kon gro znih do ga|anja holokausta. Tako je i zada}a svakog dr`avljanina da spri je~i i da se bo ri pro tiv etni~kog ~i{}enja. • Philipp Ruch misli da borba za ljudska prava treba dobiti sasvim drugu formu. On je naziva agresivni humanizam. [ta Vi mislite o tome? - Ona je dozvoljena. Mi `ivimo u jednom demokratskom ure|enju i sasvim je neophodno da dr`ava sagleda prioritete koje joj postavlja civilno dru{tvo. Sjetimo se porodice Scholl, koja je dala svoj `ivot za borbu protiv nacionalnog socijalizma. U po re|enju sa di kta tu rom, gdje bismo se ovakvim akcijama izlagali opasnosti po `ivot, u je dnoj pra vnoj dr`avi je du`nost svakog gra|ana da na miran na~in ukazuje na nepravdu koja se doga|a. (autorica vodi kampanju projekta Stub srama)



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| Objavljeno 14.06.2011. u 09:53

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Philipp Ruch, "Stub srama"

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Pillar of Shame monument to ensure Bosnian genocide is not forgotten As part of a series of “pillars of shame” that serve as reminders of several atrocities committed around the world, the latest monument will remember the victims of the Bosnian War. The original idea for The Pillar of Shame Project came from the Mothers of Srebrenica group and will take the form of the letters of the UN. A memorial, not to honor the UN but to honor the Bosnians who suffered in the war, will act as a metaphor for the “immense betrayal” of the UN, which failed to intervene and prevent the Srebrenica genocide from happening. Turkey will also play a part in the project by hosting one of many events being organized to raise awareness of the project. The Pillar of Shame monument, when it is built, will consist of two steel-framed pillars in the form of the letters U and N. The monument will be 8,372 feet high and 16 feet wide. It will consist of 16,744 shoes, 8,372 of them belonging to victims of the genocide. Within the two letters, three holes will be pierced to symbolize bullet holes, which will highlight further the grave error of the UN in Bosnia and Herzegovina The project idea was launched on May 13, 2010, following nine months of preparation. The idea of the project came from the Mothers of Srebrenica and will be created by Phillip Ruch, an activist and founder of the Center for Political Beauty in Berlin. “The project idea has been widely gaining the hearts of Bosnians around the world. This is a very well known project, Bosnians love it,” Ruch said. According to him, there are many misunderstandings about what happened in Bosnia, where people tend to not associate it with genocide. A nongovernmental organization in Turkey called Genç Boşnaklar Derneği will help spread the word further about the project and what happened in Bosnia by acting as an umbrella organization for the Pillar of Shame project. Some of the shoes that were worn by those who were murdered during the Bosnian war will be displayed on July 9-10 in Taksim Square, İstanbul.

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When a young student, Kadir Bektic, was asked what his motive was behind his involvement in the project, he responded, saying, “The fact that I was born in Srebrenica and lost my loved ones is enough of a motive for me to be part of this project.” However, Ruch states they are still collecting money at the moment in order to finalize the project and that fundraising for the monument is not really progressing. “Everyone is enthusiastic about the idea, but people rarely contribute financially. We did receive more moral support than we could have ever imagined. But we did not get the financial support we actually need. … We calculate that we will be able to build the real Pillar of Shame within the next five years.” The location where the monument will be erected is still under discussion with the survivors of the genocide. “They can choose whether to put it up in the heart of Europe or at the memorial site of Potocari [near Srebrenica],” said Ruch. Ruch has made it clear what purpose he finds in creating this project; he wants to ensure the world will never forget the disaster and tragedy that happened in Bosnia. The Pillar of Shame is a “transformation of wounds,” trying to transform the worst atrocities that happened in Europe since World War II to be recognized with higher regard. “The monument will be seen as a permanent reminder of one of the biggest betrayals in history. A permanent reminder of our [Western] shame,” Ruch added. 2011- 07- 03 Muhabir: Melisa Hodzic


Polen


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„Widoczny znak” ma być inny Piotr Jendroszczyk 09-12-2009, ostatnia aktualizacja 09-12-2009 01:52 Powstaje nowa koncepcja muzeum wysiedlonych w Berlinie

źródło: Reuters Erika Steinbach

+zobacz więcej Muzeum wypędzonych bez zmian

Nieoczekiwaną zmianę zaproponował prezydent Horst Köhler w piśmie skierowanym do ministrów spraw wewnętrznych landów. Ostrzegł w nim przed sprowadzeniem „fundacji do spektaklu ignorancji”. Zasugerował wykorzystanie „historycznej szansy” i przekształcenie przyszłego muzeum w placówkę, która zajmowałaby się losami 20 mln uciekinierów na całym świecie. W odpowiedzi kierownictwo fundacji zaproponowało wczoraj rozszerzenie składu jej najważniejszego gremium decyzyjnego i włączenie do niego osób mających w tej dziedzinie świeże doświadczenia. Jak się dowiedziała „Rz”, w grę mogłyby wchodzić osoby z terenów byłej Jugosławii, które doświadczyły skutków czystek etnicznych. W radzie fundacji miałyby zasiadać o trzy osoby więcej: 16 zamiast 13. „Ta zmiana ma zwiększyć wiarygodność fundacji, jej możliwości działania i stopień kompetencji” – czytamy w oświadczeniu Fundacji Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie.

– Nie wyobrażam sobie, by mogło to utorować Erice Steinbach drogę do rady – skomentował propozycję Markus Meckel, były poseł SPD, który brał udział w przygotowywaniu ustawy o utworzeniu fundacji. Miejsce w radzie dla szefowej Związku Wypędzonych (BdV) blokuje Guido Westerwelle, wicekanclerz w rządzie Angeli Merkel i szef MSZ. W niedawnym wywiadzie dla „FAZ” dał wyraźnie do zrozumienia, że w sprawie Eriki Steinbach nie zmieni zdania. Nowe propozycje kierownictwa fundacji wymagają nowelizacji ustawy Bundestagu powołującej ją do życia. Zanim to nastąpi, sprawą musi się zająć rząd. Nie brak opinii, że nowe propozycje są poszukiwaniem wyjścia z patowej sytuacji wywołanej aspiracjami Eriki Steinbach, która chce zasiadać w radzie. Steinbach uważa, że musi się w niej znaleźć jako jeden z przedstawicieli kierowanego przez nią BdV, któremu obecna ustawa gwarantuje trzy miejsca w radzie. Oświadczenie było zaskoczeniem dla wszystkich osób zajmujących się projektem upamiętnienia wypędzeń w Niemczech. Zaangażowana w przygotowanie ustawy posłanka SPD Angelica Schwall-Düren nie była w stanie skomentować proponowanych zmian, podobnie jak Karl Georg Wellmann zajmujący się w CDU relacjami z Polską. – Za wcześnie na ocenę inicjatywy fundacji. To sprawa wewnątrzniemiecka. Mogę tylko powiedzieć, że uważnie obserwujemy rozwój wydarzeń – powiedział „Rz” Władysław Bartoszewski. —Piotr Jendroszczyk z Berlina Rzeczpospolita

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Oświadczenie, którego nie było Katarzyna Zuchowicz , Piotr Jendroszczyk 09-12-2009, ostatnia aktualizacja 10-12-2009 01:15

Oświadczenie władz Fundacji Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie okazało się fałszerstwem. Jednak zanim prawda wyszła na jaw, zacytowały je media w Niemczech i Polsce

Informacja dotyczyła planów zmian w strukturze fundacji. Z biura prasowego ministra stanu ds. kultury Bernda Neumanna otrzymała ją również „Rzeczpospolita”. Do e-maila załączony był link do rzekomego oświadczenia kierownictwa fundacji. Była w nim mowa o tym, że pod naciskiem prezydenta Horsta Köhlera fundacja zostanie przekształcona w taki sposób, by przyszłe muzeum wypędzonych w Berlinie uwzględniało w większym stopniu losy ofiar czystek etnicznych na całym świecie. Liczba członków rady fundacji miałaby zostać zgodnie z tym oświadczeniem zwiększona o trzy osoby.

źródło: www.bundestag.de Bernd Neumann

Podobną informację nadała agencja DPA. Później ją wycofała, jednak biuro prasowe ministra Neumanna zapewniało jeszcze we wtorek wieczorem o autentyczności oświadczenia. Wszyscy rozmówcy „Rzeczpospolitej” byli zaskoczeni rzekomymi zmianami i nie chcieli ich komentować.

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– Nie ma żadnych planów zmiany struktury Fundacji Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie. Nasze wcześniejsze informacje opierały się na sfałszowanym oświadczeniu – poinformowała wczoraj rzeczniczka Neumanna. Jak się okazuje, stronę internetową fundacji sfałszowało stowarzyszenie o nazwie Centrum Politycznego Piękna (Zentrum für Politische Schönheit). Jest to lewicowa organizacja walcząca o prawa człowieka. Na stronie internetowej umieściła także depeszę DPA. „Cała sprawa dowodzi, z jak wielką przestępczą energią występują przeciwnicy projektu, by go storpedować” – napisał w oświadczeniu Klaus Brähming, przewodniczący grupy roboczej CDU/CSU Wypędzeni, Uciekinierzy i Przesiedleńcy w Bundestagu. – Zorganizowaliśmy całą akcję, aby zwrócić uwagę na to, że wbrew głoszonym zamiarom fundacja nie jest projektem pojednania w skali europejskiej, lecz przedsięwzięciem germanofilskim. W gremium decyzyjnym fundacji zasiadają sami Niemcy. Uważamy, że jest to absolutnie niedopuszczalne. Nasza akcja była protestem przeciwko niemieckiemu rządowi. Obecność Eriki Steinbach w radzie fundacji oznaczałaby, że zamiast pojednania mamy do czynienia z szyderstwem – powiedział „Rz” Philipp Ruch, szef Centrum Politycznego Piękna. Dodał, że tak myśli wielu ludzi jego pokolenia, czego rząd nie bierze pod uwagę. – Mam nadzieję, że zmienimy sposób myślenia polityków, przede wszystkim z CDU/CSU – tłumaczył Ruch. Nie była to pierwsza polityczna akcja Centrum. Kilka miesięcy temu umieściło na portalu eBay ofertę sprzedaży „używanej Angeli Merkel”. Gdy urząd kanclerski zwrócił się z prośbą o wycofanie obraźliwej oferty, zaproponowali szefowej rządu, aby sama siebie kupiła za 5 mln euro. Tyle potrzebuje Centrum na realizację swego projektu budowy na Morzu Śródziemnym kilku sztucznych wysp, na które mogliby przypływać imigranci z Afryki. Rzeczpospolita OnLine


Niemcy/ Projekt muzeum wysiedleń ofiarą dziennikarskiej mistyfikacji 2009-12-09 12:36

09.12. Berlin (PAP) - Zamieszanie w mediach i oburzenie niektórych polityków wywołała akcja niemieckiej grupy artystycznej "Centrum Politycznego Piękna", która opublikowała fałszywy komunikat prasowy na temat rzekomych zmian w projekcie muzeum wysiedleń w Berlinie, zmierzających do ograniczenia wpływu Związku Wypędzonych (BdV). Jak wyjaśnił w środę jeden z pomysłodawców akcji Christoph von Dueren, była to forma krytyki pod adresem fundacji "Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie", która - jako projekt wyłącznie niemiecki - nie będzie w stanie należycie zmierzyć się z problemem losu milionów współczesnych uchodźców na świecie. Informację, opartą na sfałszowanym komunikacie, opublikowała we wtorek niemiecka agencja prasowa dpa, a za nią niektóre media elektroniczne. "Fundacja +Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie+ chce uszczuplić wpływy Związku Wypędzonych (BdV), kierowanego przez Erikę Steinbach, w planowanym muzeum wypędzeń" - podała dpa. Według tego komunikatu 13-osobowa rada fundacji miałaby zostać rozszerzona o kolejne trzy osoby, które współcześnie doświadczyły ucieczek i wypędzeń, np. na terenach dawnej Jugosławii. "Ponieważ Niemcy wyciągnęły naukę z własnych doświadczeń, związanych z wypędzeniami, rada fundacji jest przekonana, że stosowne do czasu i okoliczności jest ukazanie losów uchodźców na całym świecie" - głosił komunikat. Informacja zawierała także słowa prezydenta Niemiec Horsta Koehlera, ministra kultury Bernda Neumanna, fałszywe numery telefonów do zmyślonego rzecznika prasowego fundacji "Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie", a także odesłanie do strony internetowej fundacji, którą faktycznie utworzyli pomysłodawcy akcji. Doniesienia o propozycjach zmian w projekcie wywołały jednak zdumienie członków rady fundacji, a także jej dyrektora naukowego Manfreda Kittela, który w końcu we wtorek po południu zdementował te rewelacje. Dpa ustaliła, że komunikat był mistyfikacją dziennikarską. Odpowiedzialna za zamieszanie grupa "Centrum Politycznego Piękna" określa siebie jako "thinktank" zaangażowanej sztuki, który poprzez rozmaite akcje, spektakle teatralne, interwencje i wystawy zwraca uwagę na problemy humanitarne, w tym los afrykańskich uchodźców. Grupa postanowiła wykorzystać tym razem zainteresowanie mediów fundacją "Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie". Wokół fundacji, która stworzyć ma w Berlinie muzeum poświęcone powojennym wysiedleniom Niemców, toczy się obecnie koalicyjny spór związany z kandydaturą przewodniczącej Związku Wypędzonych Eriki Steinbach (BdV) do władz placówki. "Fundacja utrzymuje, że ma wymiar europejski, co nie jest prawdą: w jej radzie zasiadają wyłącznie niemieccy członkowie. Dlatego jest czysto germanofilskim projektem" - ocenił Christoph von Dueren w oświadczeniu przesłanym PAP.


"Nie można mówić o pojednaniu, gdy jedynie Niemcy rozmawiają ze sobą. Przegapiono szansę upamiętnienia losu milionów uchodźców na całym świecie, chociażby tych, którzy toną w strefach śmierci na Morzu Śródziemnym u granic Unii Europejskiej" - dodał. Akcja artystów oburzyła polityka niemieckiej chadecji Klausa Braehmiga, który przewodniczy grupie ds. wypędzonych, uchodźców i przesiedleńców we frakcji CDU/CSU. "Przeciwnicy fundacji +Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie+ posunęli się nawet do fałszerstwa" - oświadczył. "Brakuje słów wobec tego, z jaką częściowo przestępczą energią próbuje się storpedować ten projekt" dodał Braehmig. Zapowiedział, że chadecja będzie nadal angażować się na rzecz powstania muzeum wysiedleń w Berlinie jeszcze w tej kadencji parlamentu, czyli do 2013 r. Anna Widzyk (PAP) awi/ ro/ mag/


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Muzeum wypędzonych bez zmian Piotr Jendroszczyk 09-12-2009, ostatnia aktualizacja 09-12-2009 10:32

- Nie ma żadnych planów zmiany struktury Fundacji „Ucieczka, Wypędzenie, Pojednanie”.

Nasze wczorajsze informacje na ten opierały się na sfałszowanym oświadczeniu - poinformowała dziś rzeczniczka ministra stanu ds. kultury Bernda Neumanna.

źródło: AFP Erika Steinbach

+zobacz więcej „Widoczny znak” ma być inny

„Rzeczpospolita” otrzymała wczoraj informację o propozycjach zmian z biura prasowego ministra wraz z linkiem do rzekomego oświadczenia kierownictwa fundacji. Była w nim mowa o tym, że pod naciskiem prezydenta Horsta Köhlera fundacja zostanie przekształcona w taki sposób, by przyszłe muzeum wypędzonych w Berlinie uwzględniało w większym stopniu losy ofiar czystek etnicznych na całym świecie. Liczba członków rady fundacji miałaby zostać zgodnie z tym oświadczeniem zwiększona o trzy osoby.

Podobną informację nadała agencja DPA. Później ją wycofała, jednak biuro prasowym ministra Neumanna zapewniało jeszcze wczoraj wieczorem o autentyczności oświadczenia władz Fundacji. Wszyscy rozmówcy „Rz” byli zaskoczeni rzekomymi zmianami i nie chcieli ich komentować. Jak się okazuje, stronę internetową Fundacji sfałszowało stowarzyszenie o nazwie Centrum Politycznego Piękna (Zentrum für Politische Schönheit). Jest to lewicowa organizacja walcząca o prawa człowieka. Na swojej stronie internetowej umieściła także depeszę DPA o restrukturyzacji fundacji. - Cała sprawa dowodzi, z jak wielką energią występują przeciwnicy projektu, by go storpedować - napisał w oświadczeniu Klaus Brähming, przewodniczący grupy roboczej CDU/CSU Wypędzeni, Uciekinierzy i Przesiedleńcy w Bundestagu. Projekt muzeum wypędzonych w Berlinie jest od kilku tygodni przedmiotem ostrych kontrowersji w Niemczech ze względu na osobę Eriki Steinbach, przewodniczącej Związku Wypędzonych (BdV). Przeciwko jej obecności w radzie fundacji wystąpił Guido Westerwelle, wicekanclerz w rządzie Angeli Merkel oraz minister spraw zagranicznych. Podkreśla, że celem całego projektu jest pojednanie z Polską i sąsiadami Niemiec, co może podważyć obecność w radzie szefowej BdV. Przede wszystkim dlatego, iż jest w Polsce osobą niewiarygodną, bo w 1991 roku głosowała w Bundestagu przeciwko ratyfikacji polsko-niemieckiego traktatu granicznego. Rzeczpospolita


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