MOZART BRUCKNER
18 NOV 2024
TONKÜNSTLER-
ORCHESTER
Marie-Ange Nguci . Fabio Luisi
mo 18/11
19.30 Uhr
Großer Saal
Festspielhaus St. Pölten
Gesamtdauer: ca. 2 Std. (inkl. Pause)
Einführung mit Klaus Laczika
18.30 Uhr, Kleiner Saal
Künstlerische Leiterin Festspielhaus St. Pölten: Bettina Masuch
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PROGRAMM
Klavier
MARIE-ANGE NGUCI Dirigent
FABIO LUISI
WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756 – 1791)
Konzert für Klavier und Orchester d-Moll KV 466 (1785)
Allegro Romance Allegro assai
32’ PAUSE
ANTON BRUCKNER (1824 – 1896)
Symphonie Nr. 9 d-Moll (1887-96)
Feierlich, misterioso Scherzo. Bewegt, lebhaft – Trio. Schnell Adagio. Langsam, feierlich
60 ’
Bitte beachten Sie, dass die tatsächliche Spieldauer von diesen Angaben geringfügig abweichen kann.
WOLFGANG AMADEUS MOZART
Konzert für Klavier und Orchester d-Moll KV 466
Allegro
Romance
Allegro assai
Wolfgang Amadeus Mozart arrangierte als zehnjähriger Bub drei Klaviersonaten von Johann Christian Bach für Klavier und Orchester. Damit erprobte er die Verbindung des Tasteninstruments mit einem Begleitensemble. Das war eine Vorstufe. Als 17-Jähriger begann er dann mit der Produktion von eigentlichen Klavierkonzerten, seiner erstaunlichsten Werkgruppe in der Instru ment almusik: Sechs Konzerte schrieb er in der Salzburger Zeit, ab 1782 folgte in Wien die Fülle von 17 weiteren Konzerten, mit denen Mozart die Öffentlichkeit für sich einzunehmen trachtete und einen konzertanten Kosmos erschuf. Wohin er mit seinen Klavierkonzerten gefunden hat, ist eindeutig: zu einer neuen Form des Konzertierens in einem tragfähigen Konzept, das von Komponistinnen und Komponisten bis ins 20. Jahrhundert in seinen Grundzügen beibehalten werden konnte. Woher er mit seinem Konzertstil kam, ist hingegen rätselhaft. Mozart brachte sofort einen ausgereiften Prototyp hervor, der sich von etwaigen Vorbildern wie Johann Christian Bach oder dem Wiener Rokokomeister Georg Christoph Wagenseil absetzte.
Das Soloinstrument erhält ein riesiges Sortiment an bis dahin ungekannten Äußerungsformen von speziellen Trillern bis zu dramatischen und einfühlsamen Floskeln. Das Orchester ist nicht nur Begleiter, sondern gleichwertiger Dialogpartner, sei es im farbenfrohen Miteinander oder in vielfältigen solistischen Aufgaben besonders der Holzbläser, die mit dem Klavier Frageund Antwortsituationen durchlaufen. Schließlich prägte Mozart die konzertierende Sonatenform mit Expositionen sowohl des Orchesters als auch des Soloinstruments und mit Themendualismus. In keiner anderen Gattung äußerte sich Mozart zudem
so privat. Er lebte in den Klavierkonzerten sein Verhältnis zur Umwelt aus, klärte Gefühlsangelegenheiten, erörterte geistige Fragen.
Nächtliche Welt, heftige Gemütsaufwallungen
Die Wiener waren verrückt nach den sogenannten «Akademien» mit dem jungen Musiker aus Salzburg, bei denen er sich vornehmlich mit Klavierkonzerten produzierte. Auch Mozarts Vater Leopold, der die Übersiedlung des Sohnes nach Wien eigentlich mit viel Argwohn zur Kenntnis nahm, konnte erfreut die Uraufführungen von mehreren Klavierkonzerten erleben, so auch am 11. Februar 1785 in der «Mehlgrube» vom Konzert d-Moll KV 466. Aus einem Brief des Vaters wissen wir, dass Mozart das Konzert gerade noch rechtzeitig fertigstellte. Die Musik ist offenbar in einer heftigen Gefühlsaufwallung innerhalb weniger Tage hervorgebrochen. Erstmals komponierte Mozart ein Klavierkonzert in Moll und drang damit in eine nächtliche Welt vor, in der später Don Giovanni seine Abenteuer erleben sollte.
Die düstere Einleitung im ersten Satz, Allegro , verheißt nichts Gutes. Über rollenden Bässen und zuckenden Synkopen in den melodieführenden Instrumenten braut sich ein Unwetter zusammen. Auch das zweite Thema, von den Holzbläsern in F-Dur angestimmt, kann die Wolken nicht vertreiben. Dann setzt das Klavier mit einem eigenen, klagenden Thema ein, das während des ganzen Satzes ihm alleine vorbehalten bleibt. Mozart stellt deutlich fest: Das ist die persönliche Welt, während das Orchester die Außenwelt ist. In deren Bedrohlichkeit wird das Soloklavier immer wieder schicksalshaft verstrickt. Düster-leise klingt der betroffen machende Satz aus.
Mit einem anmutigen, kindlich-unschuldigen Thema in B-Dur hebt das Klavier in der Romance an, man ist an den Tonfall bestim mter Klaviersonaten Mozarts erinnert. Die Streicher
entfüh r en das Thema in kantable Bereiche. Doch dann bricht unvermittelt das Unwetter los, das sich im ersten Satz zusammengebraut hat: Stürmische Akkordzerlegungen entfachen einen dramatischen Mittelteil in g-Moll. Innere und äußere Stürme prallen aufeinander. Tränen und Regen verwandeln sich in Sturzbäche. Doch nach letzten Tropfen in den Holzbläsern kehrt die idyllische Romanzenstimmung zurück.
Der auffahrende Gestus im Finale, Allegro assai , entfacht symphonische Re ak tionen. Das vom Klavier eingeführte, trotzige Thema wird vom Orchester sofort kontrapunktisch verdichtet. Im Mit- und Gegen einander werden Klavier und Orchester von Erschütterungen gebeutelt. Doch wie aus dem Nichts taucht dann plötzlich ein positives Zeichen auf: Die Holzbläser führen eine heitere, tänzerische Floskel in Dur ein. Die Musik steuert auf ein Happy End zu, die Trompeten trumpfen mit einem Signal im D-Dur-Dreiklang auf. Dem setzt allerdings das Klavier in seinem letzten Akkord mit den Tönen cis-d-e-g doch noch eine Dissonanz entgegen.
Rainer Lepuschitz
Der Autor, geboren in Salzburg, lebt in Graz. Dramaturgische und publizistische Arbeit u. a. für das Wiener Konzerthaus, die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, die Salzburger Festspiele, das Festspielhaus St. Pölten und das Grafenegg Festival.
ENTSTEHUNG 1785 — URAUFFÜHRUNG am 11. Februar 1785 in Wien unter der Leitung des Komponisten vom Klavier aus — VOM TONKÜNSTLER-ORCHESTER ZULETZT AUFGEFÜHRT im September 2018 in Grafenegg, Solistin: Yeul Eum Son, Dirigent: Dmitrij Kitajenko
MARIE-ANGE NGUCI debütierte im Mai 2022 bei den Tonkünstlern. Ihre Darbietung des G-Dur-Klavierkonzerts von Maurice Ravel fand im Musikverein Wien, im Festspielhaus St. Pölten und in Wiener Neustadt so viel Anerkennung, dass die junge Pianistin sogleich erneut in die Abonnementreihen des Orchesters eingeladen wurde.
ANTON BRUCKNER
Symphonie Nr. 9 d-Moll
Feierlich, misterioso
Scherzo. Bewegt, lebhaft – Trio. Schnell
Adagio. Langsam, feierlich
Der Komponist Anton Bruckner hatte sich bis in die Jahre um seinen 40. Geburtstag die Kirchenmusik zum Zentrum seines Schaffens erkoren, wodurch ihm sogar die kompositorische Selbstfindung gelungen war: nämlich in den drei großen Messen der 1860er Jahre in d-Moll, e-Moll und f-Moll, die zeitgleich mit seiner ersten «gültigen» Symphonie in c-Moll entstanden sind. In der Folge wandte er sich, nach Organistenstellen in Sankt Florian und Linz nunmehr in Wien ansässig und dort als Professor am Konservatorium und Hoforganist tätig, nahezu ausschließlich der Symphonik zu. Nicht nur durch die ihm selbstverständliche katholische Frömmigkeit, sondern auch durch musikalische Bezug nahmen blieb freilich der sakrale Aspekt in seinen großen Orchesterwerken ständig präsent: Unverkennbare zitathafte Wendungen in den Symphonien rufen nicht bloß geliebte, sondern wohl auch von ihrem Glaubensgehalt her für Anton Bruckner im jeweiligen Moment besonders wichtige, ihm nahe gehende Stellen aus den großen Messen in Erinnerung.
Doch darüber hinaus verweisen die Symphonien schon von Grund auf immer wieder unmissverständlich ins Transzendentale – ein Aspekt, der wohl in keinem Werk so deutlich wird wie in der unvollendeten Neunten. «Das Erlebnis göttlicher Präsenz, aber auch die Qual der in den Abgrund der Ewigkeit hinabschauenden Seele, die Entzückungen, durch göttlichen Anhauch verursacht, aber auch der nackte Schrecken und die gähnende Leere des menschlichen Gemütes im Zwiespalt des Zweifels – das sind die Urelemente der Musik Bruckners in seinem letzten Werk» : So poetisch treffend fasste einst der Musikwissenschaftler Hans Ferdinand Redlich den Gehalt des Werks zusammen. Sie darf
als eines jener Beispiele aus der Musikgeschichte dienen, die belegen, dass auch Fragmente einen Grad der Vollendung annehmen können, der nicht mehr steigerbar scheint.
Denn trotz einer fast zehnjährigen Arbeit an dem Werk – der Komponist hatte es im Herbst 1887 begonnen, nur sechs Wochen nach Vollendung der achten Symphonie in ihrer ersten Fassung, und ungeachtet schwindender Kräfte durch eine schwere Lungenentzündung praktisch bis zu seinem Tod am 11. Oktober 1896 daran gearbeitet – musste das Finale ein Torso bleiben: Während die ersten drei Sätze bereits im November 1894 abgeschlossen werden konnten, ist Bruckner beim letzten Satz, wie man heute weiß, zu vollständig (172 Takte), zumindest teilweise instrumentierten (über 200 Takte) und skizzierten Teilen bis wenigstens zum Beginn der Coda (insgesamt mehr als 500 Takte) gekommen –das heißt also, wesentlich weiter als lange Zeit angenommen. Die Quellenlage wird allerdings durch den Umstand erschwert, dass nach Bruckners Tod unter Vertrauten, Schülern und Reliquienjägern gerade die Notenblätter dieses unvollendeten Finales zu den begehrtesten Memorabilia gezählt und in zumindest dreißig Einzelteile aufgeteilt wurden – viele Seiten der fertigen Partitur sind somit heute verschollen.
Ausgewogene Dreiteiligkeit: Scherzo an zweiter Stelle
Müßig ist es freilich, darüber zu spekulieren, ob Bruckner die Neunte komplett hätte fertig stellen können, wäre er nicht wegen der Zurückweisung der Achten durch den Dirigenten Hermann Levi in eine neuerliche Phase der Umarbeitung seiner Symphonien geraten: In den Jahren 1888 und 1889 brachte er die Dritte in eine neue, verknappte Form, 1889/90 arbeitete er die Achte um und gab anschließend bis ins Frühjahr 1891 der Ersten eine alternative Gestalt – alles im Hinblick auf Aufführungen, die zu zentralen Daten in der spät sich einstellenden weitreichenden Anerkennung des Komponisten wurden, deren Vorbereitung
«
UM FABIO LUISI ZU
BESCHREIBEN, FINDE
ICH KAUM GENUG
SUPERLATIVE: EHEMALIGER
CHEFDIRIGENT, AUSSERGEWÖHNLICHER
MUSIKER, BRUCKNERKENNER UND WAHRER
VERFÜHRER
IN DER MUSIK. ICH BIN SEHR GLÜCKLICH UND DANKBAR, IHN
NACH FAST EINEM
VIERTELJAHRHUNDERT
ENDLICH WIEDER IM ABONNEMENT ZU HABEN!
»
Frank Druschel ist seit 2013 Geschäftsführer des Tonkünstler-Orchesters
Seit 2015 kamen an dieser Stelle die Orchestermitglieder mit sehr persönlic hen Wortmeldungen zu Komponisten, Mitwirkenden und zum jeweiligen Konzertprogramm zu Wort. Nun, anlässlich der letzten Saison mit Yutaka Sado als Chefdirigent der Tonkünstler, äußern sich hier die Mitarbeitenden der Verwaltung über ihre Arbeit – für das Orchester, das Publikum und die Musik.
aber viel Zeit und Kraft an sich band. Das vielleicht faszinierendste Faktum ist aber, dass die Aufführungspraxis – und das gewiss nicht nur aus praktischen Überlegungen – sich über Bruckners Ersuchen, notfalls möge sein grandioses «Te Deum» von 1884 als Finale erklingen, zum allergrößten Teil hinwegsetzt und diese seine letzte Symphonie mit den verklärten E-DurKlängen des Adagio enden lässt. Es scheint, als habe die Musik hier ihren verfrühten, aber doch logischen und befriedigenden Endpunkt erreicht, eine letzte Schwelle, die zu überschreiten nicht mehr nötig und möglich ist. Das liegt freilich ganz entscheidend daran, dass Bruckner, wie schon in der Achten, das Scherzo an die zweite Stelle rückt und somit eine ausgewogene Dreiteil igkeit entsteht: Breit ausgeführte, monumentale Ecksätze von großer Kühnheit und Ausdruckskraft umschließen einen lebhaften Mittelsatz, der die wohl exzentrischste und avancierteste Musik aus der Feder des Komponisten birgt.
ICH DER MAJESTÄT
ALLER
MAJESTÄTEN, DEM LIEBEN
GOTT, MEIN LETZTES
WERK UND HOFFE, DASS
ER MIR SO
VIEL ZEIT SCHENKEN WIRD, DASSELBE ZU VOLLENDEN .
Anton Bruckner (laut mündlicher Überlieferung)
«Ein eigenartiges Merkmal der drei Sätze dieser Symphonie (und damit auch ihres fragmentarischen Charakters) ist, dass die Grundtonart d-Moll eigentlich nirgends deutlich bestätigt wird» , merkte Attila Csampai einmal an. «Das Adagio pendelt zwischen den entfernten Tonar ten E-Dur und As-Dur, das Trio des zweiten Satzes ist gar in Fis-Dur, also noch weiter entfernt, angesiedelt, während im Kopfsatz im Bereich de s Hauptthemas Unisono und leere D-Klänge dominieren, so dass der eigentliche, warme Charakter ‘gefüllter’ d-Moll-K länge im ganzen Werk nicht zur Geltung kommt. Selbst « ... UND NUN WIDME
an seiner ureigensten Stelle, an jenem Platz, der sonst die Grundtonart der Symphonie bestimmt, am Schluss des Kopfsatzes nämlich, entbehrt der Grundklang eines Tongeschlechts: es erklingt ein leerer D-Klang.» Der verweist allerdings in seiner harten Archaik etwa auf Mozarts Requiem, in dem am Ende des «Kyrie» und damit auch am Schluss des Werks in Süßmayrs Ergänzung dieselbe kalte leere Quint D–A steht.
Geheimnisvolles Thema, angestimmt von acht Hörnern
Mögen die späten Bruckner-Symphonien einander auch in vielen Aspekten ähneln, so hat doch jede ihre scharf umrissene, eigene Kontur. Das gilt in besonderem Maße auch für diese Neunte. Gleich ihr Stirnsatz – Feierlich, misterioso – überrascht nicht nur durch besonders reiches Themenmaterial, sondern auch durch die ungewöhnliche formale Anlage eines modifizierten Sonatensatzes. Nicht weniger als vier Themengruppen fächern sich in eine große Zahl von Gestalten auf, von denen die erste Gruppe mit einem von den acht Hörnern angestimmten geheimnisvollen Thema angeführt wird, das sich über einem TremoloOrgelpunkt von der Tonika zuerst zur Terz, dann zur Quint erhebt und einen fanfarenartigen Aufschwung nimmt, der gleich darauf aber wieder zurücksinkt.
Langsam, aber stetig gerät sodann das ganze Orchester in Aufruhr und stellt schließlich in mächtigem Unisono ein monumentales zweites Thema heraus, das durch die abstürzende Oktav und fallende Chromatik ungemein gestisch wirkt. Eine ruhige Überleitung mit dialogischen Auftaktmotiven der Holzbläser über fallenden Streicher-Pizzicati führt zum dritten, dem «Gesangsthema», das sehnsuchtsvoll in den Streichern erklingt und breit ausgeführt wird. Schließlich kündigt sich in den eng geführten Holzbläsern ein viertes Thema an, das sodann in den Streichern in Umkehrung erscheint – eine d-Moll-Dreiklangszerlegung, die ebenfalls ausführlich in den Verlauf eingearbeitet
CD-TIPPS
Anton Bruckner
Symphonie Nr. 4
«Romantische» TON2002
Symphonie Nr. 8 TON2011
Symphonie Nr. 9 TON2004
Tonkünstler-Orchester, Yutaka Sado, erschienen im Tonkünstler-Eigenlabel
wird. Die enorme Komplexität bereits dieser Themenaufstellung macht nun eine eigentliche Durchführung überflüssig: Sie erscheint als zweiter großer Formteil gleich mit der Reprise verquickt, in der die Reihenfolge der Themen verändert ist und zunehmend TrauermarschElemente auftauchen. Eine vergleichsweise kurze Coda versammelt nochmals alle Kräfte zum gewaltigen Abschluss.
Wie eine Reminiszenz an längst vergangene Zeiten
Das dämonische Scherzo. Bewegt, lebhaft nimmt sodann von einem dissonant schwebenden Akkord seinen Ausgang, der Bruckners in dieser Symphonie deutliche Tendenz, «grundlegende Tonartenverhältnisse zu verschleiern» (H. F. Redlich), überdeutlich macht. Auf- und abwärts führende, geheimnisvolle Streicher-Pizzicati führen zu jenem grausam brutalen Stampfen des ganzen Orchesters, das alles unter sich zu zermalmen droht. Die «kleine pastorale Oboenmelodie» (Attila Csampai), die dem Dröhnen entkommt, wirkt wie die Reminiszenz an eine längst vergangene, gute alte Zeit.
Bleibt nur die irreal flirrende Fis-Dur-Traumwelt des Trios , in der ein vorbeihuschendes und ein melancholisches Thema einander abwechseln. Das Adagio. Langsam, feierlich hat Anton Bruckner einmal als das schönste aus seiner Feder bezeichnet –ein Epitheton, das die Katastrophe unterschlägt, die sich da unter wegs ereignet. Denn das Intervall der kleinen Non, mit dem sich das schmerzlich expressive Hauptthema zu Beginn aufbäumt, um dann chromatisch abzusinken und eine Oktave zu fallen, wird zum bestimmenden Element einer durch Mark und Bein gehenden sechstönigen Dissonanz am Höhepunkt, die in
einer bestürzenden Generalpause nachzittert. Doch die Zuversicht siegt auch diesmal – in einem Satz, der ansonsten freilich Sphärenklänge, durchaus hart tönende himmlische Fanfaren und irdische Abschiedsgesänge auf bewegende Weise einander gegenüberstellt und miteinander kombiniert.
Thematische Reminiszenzen an das Miserere aus der d-MollMesse, das Adagio der Achten und in den letzten Takten der Wagner-Tuben auch an den so vertrauensvoll nach oben führenden Beginn der siebenten Symphonie scheinen in der Coda einen Schlussstrich unter Bruckners Schaffen zu ziehen, das hiermit friedvoll verklärt ausklingt.
Walter Weidringer
Der Autor studierte in Wien Musikwissenschaft, Philosophie, Theaterwissenschaft und Geschichte. Er unterrichtete am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien, ist seit 1999 Musikkritiker der Tageszeitung «Die Presse», hält Einführungsvorträge, gestaltet Radiosendungen und ist als freier Musikpublizist und Konzertdramaturg tätig.
ENTSTEHUNG 1887-96 — URAUFFÜHRUNG am 11. Februar 1903 mit dem Wiener Concertvereinsorchester unter der Leitung von Ferdinand Löwe VOM TONKÜNSTLER-ORCHESTER ZULETZT AUFGEFÜHRT im August 2018 in Grafenegg, Dirigent: Ryan Wigglesworth
FABIO LUISI stand 1992 erstmals am Pult des Tonkünstler-Orchesters, von 1995 bis 2000 war er dessen Chefdirigent. Mit Gustav Mahler Zweiter, seiner «Auferstehungssymphonie», eröffneten er und die Tonkünstler im Februar 1997 das Festspielhaus St. Pölten. Jüngstes Beispiel ihrer Zusammenarbeit ist die Aufführung der achten Symphonie von Anton Bruckner 2022 beim Grafenegg Festival. Im Rahmen des Bruckner-Gedenkjahres kehrt Fabio Luisi nun erstmals seit 2000 wieder zum Abonnementpublikum der Tonkünstler in Wien und Niederösterreich zurück.
Marie-Ange
Nguci Klavier
Die in Albanien geborene Pianistin Marie-Ange Nguci debütiert in der Spielzeit 24–25 mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra unter Stéphane Denève, dem Royal Stockholm Philharmonic mit Alan Gilbert, dem Orchestre symphonique de Montréal mit Marie Jacquot sowie mit dem Orchestra della Svizzera Italiana und der Niederländischen Radiophilharmonie. In den vergangenen Jahren spielte sie ein umfangreiches Repertoire mit weltweit führenden Orchestern wie dem NHK Symphony Orchestra, dem Konzerthausorchester Berlin, dem BBC Symphony Orchestra, dem Sydney Symphony Orchestra, dem Danish National Symphony Orchestra und dem Orchestre de Paris. Sie arbeitete mit Dirigentinnen und Dirigenten wie Paavo Järvi, Fabio Luisi, Mirga Gražinytė-Tyla, John Storgårds, Nikolaj Szeps-Znaider, Krzysztof Urbański, Dalia Stasevska, Xian Zhang und Petr Popelka zusammen. In der Saison 23–24 war sie Artist in Residence des Sinfonieorchesters Basel und arbeitete als Associate Artist mit der Filarmonica Artu r o Toscanini in Parma zusammen.
Die hochbegabte Musikerin wurde im Alter von 13 Jahren in die Klavierklasse von Nicholas Angelich am Conservatoire de Paris aufgenommen. Sie studierte Orchesterdirigieren an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und wurde im Alter von 18 Jahren zum Doktoratsstudium an der City University of New York zugelassen. Außerdem hat sie einen MBA-Abschluss in Kulturmanagement.
Fabio Luisi Dirigent
Der italienische Dirigent Fabio Luisi ist in seiner fünften Saison Musikdirektor des Dallas Symphony Orchestra, in seiner achten Chefdirigent des Danish National Symphony Orchestra (DNSO) und in seiner dritten Chefdirigent des NHK Symphony Orchestra. In weiteren Funktionen wirkt er als Musikdirektor beim Festival della Valle d’Itria in Apulien und als Ehrendirigent des Teatro Carlo Felice in seiner Heimatstadt Genua. Zu den Höhepunkten der Spielzeit 24–25 zählen Uraufführungen neuer Auftragswerke sowie konzertante Vorstellungen von Richard Wagners «Der Ring des Nibelungen» mit dem Dallas Symphony Orchestra, Europatourneen mit dem DNSO und dem NHK Symphony Orchestra sowie die Rückkehr an die Mailänder Scala, zum Cleveland Orches t ra und zum Philadelphia Orchestra.
Fabio Luisi war unter anderem Generalmusikdirektor des Opernhauses Zürich, Chefdirigent der New Yorker Metropolitan Opera und der Wiener Symphoniker sowie Generalmusikdirektor der Staatskapelle Dresden und der Sächsischen Staatsoper. Sein mit dem DNSO aufgenommener Zyklus von Carl Nielsens Symphonien wurde mit den Limelight- und Abbiati-Awards für die beste Orchestereinspielung des Jahres 2023 ausgezeichnet. Für die DVD-Produktionen von «Siegfried» und «Götterdämmerung» aus der Metropolitan Opera erhielt er einen Grammy Award. Fabio Luisi wurde unter anderem mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet.
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Chefdirigent Yutaka Sado
Das Tonkünstler-Orchester mit seinen fünf Residenzen im Musik verein Wien und in Niederösterreich zählt zu den größten und wichtigsten musikalischen Botschaftern Österreichs. Eine 75-jährige Tradition verbindet das Orches ter mit den Sonntagnachmittags-Konzerten im Wiener Musikverein. In Grafenegg, im Festspielhaus St. Pölten und in der Kurstadt Baden treten die Tonkünstler als Residenz orchester auf, ebenso im Stadttheater Wiener Neustadt, das sie nach mehrjährigem Umbau im November 2024 mit einer glanzvollen Gala wiedereröffneten.
Den Kernbereich der künst ler ischen Arbeit bildet das Orchesterrepertoire von der Klassik bis zur Musik des 20. Jahrhunderts.
Alternative Programmwege der Tonkünstler werden von Musizierenden und Publikum geschätzt. Musikerpersönlichkeiten wie Walter Weller, Heinz Wallberg, Miltiades Caridis, Fabio Luisi, Kristjan Järvi und Andrés Orozco-Estrada waren Chefdirigenten des Orchesters. Seit der Saison 15–16 wird es von Yutaka Sado geleitet, Fabien Gabel folgt ihm 2025 nach. Tourneen führten die Tonkünstler zuletzt nach Großbritannien, Deutschland, Japan und Tschechien. Zahlreiche CD-Aufnahmen spiegeln ihr vielseitiges künstlerisches Profil wider: Im orchestereigenen Label erscheinen bis zu vier CDs pro Jahr, zumeist als Live-Mitschnitte aus dem Musikverein Wien.
Ausführliche Orchesterbiografie: tonkuenstler.at
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
KONZERTMEISTER/IN Lieke te Winkel, Alexander Gheorghiu, Vahid KhademMissagh 1. VIOLINE Alois Wilflinger, Xuan Ni, Susanne Masetti, Gerhard Fechner, Martha Wagner, Ines Miklin, Teodora Sorokow, Maria Fomina, Sophie Gansch, Sophie Kolarz-Löschberger, Yaromyr Babskyy, Maria Winkler, Aleksandra Martinoska, Elisabeth Gansch, AMarina Caputo, Miriam Magdalena Haniková 2. VIOLINE Julia Mann, Natalia Sagmeister, Kora Lemberg, Doga Altınok Zayranov, Liselotte Murawatz, Dora Huber, Gerald Hinterndorfer, Judith Steiner, Isabelle Reinisch, Yuka Bartosch-Murakami, Noriko Takenaka, Evelina Ivanova-Peham, Stephanie Grandpierre, Veronika Wincor, Angelika Wimmer, ASunniva Herland Monstad, ATaiga Sasaki VIOLA *Gertrude Rossbacher, **Nikita Gerkusov, Philip Nolte, Martin Fuchs, Christian Knava, Peter Ritter, Susanne Stockhammer, Stefan Sinko, Victoria Fónyad-Eitzinger, Terez Brandl, Liudmila Kharitonova, AAnton Borusan, AAgnes Oberndorfer VIOLONCELLO
*Georgy Goryunov, Eugene Lifschitz, Laura Szabó, Martin Först, Martin Dimov, Thomas Grandpierre, Sebastian Dozler, Iris Cho, Ion Storojenco, AMichael Sotriffer KONTRABASS Michael Seifried, Ern˝o Rácz, Bernhard Binder, Mathias Kawka-Rona, Simon Pennetzdorfer, Johannes Knauer, Lukas PalfyStröcker, AMartin Wagner FLÖTE Walter Schober, Ana Kaliˇcanin Radivojevi´c, Heidrun Lanzendörfer, Birgit Fluch-Latini, ASagit Zur OBOE Barbara Ritter, Andreas Gschmeidler, Johannes Strassl, Theresia Melichar KLARINETTE Helmut Wiener, Christoph Moser, Kurt Franz Schmid, Stefan Vohla FAGOTT Gottfried Pokorny, Szabolcs Sz˝oke, Andor Csonka, Barbara Loewe HORN Christoph Peham, Jonas Rudner, Sebastian Kolarz-Löschberger, Markus Hartner, Michel Gasciarino, Klaus Höpfler, AKatharina Paul TROMPETE Thomas Bachmair, Patrick Hofer, Josef Bammer, Thomas Lachtner POSAUNE Andreas Eitzinger, Gabriel Antão, Erik Hainzl, Wolfgang Gastager TUBA Michael Pircher HARFE Miriam Ruf PAUKE Gunter Benedikt, Margit Schoberleitner SCHLAGWERK Bence Kulcsár, Joachim Murnig, AJohanna Gappmaier
A Orchesterakademie des Tonkünstler-Orchesters
Instrumente zur Verfügung gestellt von der *Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung: Viola Giovanni Rota, 1809 Violoncello Joannes Florenus Guidantus, 1720 **Oesterreichischen Nationalbank: Viola Giovanni Paolo Maggini, Brescia, frühes 17. Jahrhundert
GESCHÄFTSFÜHRUNG Frank Druschel, Johannes Sterkl, Barbara Sorgner (Assistenz) ORCHESTERDIREKTOR Samo Lampichler ORCHESTER- UND BETRIEBSBÜRO Fateme Beytollahi, Julia Eder, Roswitha Wallisch-Gepart, Irmtraud Madl (Orchesterinspektion) DRAMATURGIE UND PRESSE Ute van der Sanden MARKETING Edith Schweitzer, Viktoria Bauer MUSIKVERMITTLUNG Sara Franchini, Sara Gregoriˇc, Barbara Maierl, Veronika Prünster NOTENBIBLIOTHEK Nikolaus Blach (Leitung), Viola Deme, Caroline Stevenson ORCHESTERLOGISTIK Emil Zitarevic (Leitung), Nenad Djordjevic, Christian Pehatschek VERKAUF Sandra Feichtinger, Doris Moutesidis, Julia Nendzig KARTENBÜRO Inga Freuis (Leitung), Tijana Adamovic, Sylvia Bestenlehner, Sonja Hanl, Myriam Khouri, Romana Köstler, Annemarie Nocker, Elisabeth Offenthaler, Kerstin Pachschwöll, Pia Ruthensteiner, Lea Schwarz, Doris Tempfer-Naar, Martina Wagerer
Aufdrehen!
Jeden vierten Freitag des Monats ab 21.03 Uhr auf Radio Niederösterreich:
«TONKÜNSTLER»
Der perfekte Audio-Guide! Eine musikalische Programmvorschau für vier Wochen mit ServiceInformationen, CD-Aufnahmen der Tonkünstler und BackstageGeschichten über das Orchesterleben aus erster Hand.
Die aktuelle Sendung ist zum Nachhören auf sound.ORF.at verfügbar.
ORCHESTER
GETANZTE HOMMAGE UND KREATIVE SPONTANEITÄT
Marcos Morau . CCN/Aterballetto . TonkünstlerOrchester
Notte Morricone
Tanz/Musik Marcos Morau, 2023 vom Magazin tanz zum „Choreografen des Jahres“ gekürt, kehrt wieder ins Festspielhaus zurück! Mit Notte Morricone verbeugt er sich gemeinsam mit dem TonkünstlerOrchester unter Leitung von Maurizio Billi vor Ennio Morricone, dem italienischen Großmeister der Filmmusik.
sa 23/11
EUR 14-65
ÖSTERREICH-PREMIERE
SHUTTLE-BUS aus Wien
Julia Hagen . Lukas Sternath
Debussy/Franck/ Rachmaninow
Musik/Klassik Julia Hagen begeistert mit ihrem Cello-Spiel, das technische Präzision mit kreativer Spontaneität vereint. Gemeinsam mit Pianisten Lukas Sternath präsentiert sie ein Programm mit spätromantischen und impressionistischen Werken von Komponisten wie Franck, Debussy und Rachmaninow.
do 12/12
EUR 32
November 2024
do 21
MARIE SPAEMANN
19.30 Uhr Kleiner Saal Circles Musik/Crosover
sa 23
19.30 Uhr Großer Saal
sa 30
MARCOS MORAU . CCN/ATERBALLETTO .
TONKÜNSTLER-ORCHESTER Notte Morricone Tanz/Filmmusik
YASMEEN GODDER . DIKLA
19.30 Uhr Großer Saal Shout Aloud Tanz/Live-Musik
Dezember 2024
mo 02
19.30 Uhr Großer Saal
do 05
15.00 Uhr Kleiner Saal
fr 06
TONKÜNSTLER-ORCHESTER
Schubert/Widmann/Brahms Musik/Klassik
DER NUSSKNACKER
Musiker:innen des Tonkünstler-Orchesters Musik/Kammermusik für junges Publikum
UKULELE ORCHESTRA OF GREAT BRITAIN
19.30 Uhr Großer Saal It's Christmas Time! Musik/Crossover
do 12
19.30 Uhr Kleiner Saal
sa 14
JULIA HAGEN . LUKAS STERNATH
Debussy/Franck/Rachmaninow Musik/Klassik
MICHAEL KEEGAN-DOLAN . TEAĊ DAMSA
19.30 Uhr Großer Saal MÁM Tanz/Live-Musik
mo 16
TONKÜNSTLER-ORCHESTER
19.30 Uhr Großer Saal Messiah
Musik/Klassik/Vokal
Das gesamte Saisonprogramm 2024/2025 finden Sie auf www.festspielhaus.at.
IMPRESSUM Herausgeber Niederösterreichische Kulturszene Betriebs GmbH, Kulturbezirk 2, 3100 St. Pölten, T: +43(0)2742/90 80 80, www.festspielhaus.at. Für den Inhalt verantwortlich Thomas Gludovatz, Andreas Gremel. Künstlerische Leiterin Bettina Masuch. Musikkuratorin Constanze Eiselt. Koordination Gülcan Simsek. Redaktion Kern Markus Hennerfeind, Ute van der Sanden. Redaktion Umschlag Marlene Jann. Gestaltung Kern parole, München. Fotos Christophe Bernard (Notte Morricone), Simon Pauly (Julia Hagen). Druck Walla GmbH. Produziert in Wien. Termin-, Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten. Fotografieren, Ton- und Videoaufzeichnungen nicht gestattet. Preis des Programmheftes: EUR 2,90.
Mit freundlicher Unterstützung
Ö1 Club. In guter Gesellschaft.
Mit Kunst, Kultur und Wissenschaft. Mit Menschen, die sich dafür interessieren. Mit Ermäßigungen für zwei bei 600 Kulturpartnern, dem monatlichen Ö1 Magazin gehört, Freikarten und exklusiven Veranstaltungen.
Alle Vorteile für Ö1 ClubMitglieder auf oe1.ORF.at/club
Karten & Information
+43 (0) 2742/90 80 80 600 karten@festspielhaus.at www.festspielhaus.at
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